Full text: Newspaper volume (1896, Bd. 2)

Schrauben und Verschlüsse gelockert waren 
und der Verband der Locomotiv-Theile 
gelöst war, wodurch große Gefahr vor 
handen war, daß der Hofzug, der mit 
Eilzugsgeschwindigkeit fuhr, entgleiste. Die 
Zarin-Wittwe, sowie die Großfürstin Olga 
und die Großfürsten Michael und Nikolaus 
verließen daher den Salonwaggon und 
begaben sich zu Fuß nach der nächsten 
Station Michailow. Der Hofzug wurde 
-genau untersucht und setzte nach einer 
Stunde mit einer anderen Locomotive die 
Fahrt fort. Mehrere Eisenbahnbeamte der 
Station Sumbatowo sind wegen Verdachts 
eines beabsichtigten Attentats verhaftet 
worden. 
Graz, 9. Nov. Nachdem schon einige 
Tage vorher leichtere Stöße verspürt 
worden waren, wurdş gestern früh 4 Uhr 
34 Min. ein von unterirdischem Dröhnen 
begleiteter Erdstoß mit deutlichem Nach 
stoße allgemein wahrgenommen. Die 
Dauer des von Osten nach Westen sich 
hinziehenden Stoßes betrug ungefähr ein 
und eine halbe Sekunde. 
Inland. 
'— Der Staatssekretär im Reichsjustiz 
amt, Nieder ding, leidet an einer starken 
Halsafsektion. Es ist demnach fraglich, ob 
er morgen bei der zweiten Berathung der 
Justiznovelle im Reichstag erscheinen kann. 
Berlin, 9. Nov. Das S t a a t s m i 
n i st e r i u m hat sich, wie der „Reichs 
anzeiger" meldet, mit Rücksicht auf die 
Lage der inländischen Landwirthschast da 
mit einverstanden erklärt, daß die für die 
Zeit vom 1. März 1895 bis 1. Mai 1897 
gewährten 20 pCt. Tarifermäßi- 
gungen für Düngemittel auf 
weitere 5 Jahre bewilligt werden. 
Berlin, 9. Nov. Die Freisinnige Volks 
Partei bat die beiden Anträge, in denen 
der Reichskanzler ersucht wird, Auskunft 
zu geben über die beabsichtigten Maß 
nahmen gegen das Duellunwesen 
und über die Erhebungen in dem Falle 
Brüsewitz, jetzt in Form von Jnterpella 
tionen eingebracht. Es war dies bisher 
nicht möglich, weil die Freisinnige Volks 
Partei für sich allein nicht 30 Mitglieder 
zählt. Durch ven Anschluß der Deutschen 
Volkspartei ist die für die Einbringung 
von Interpellationen erforderliche Zah! 
von Unterschriften ergänzt worden. Die 
Form der Interpellation sichert die Ver 
Handlung über die beiden Gegenstände schon 
in den nächsten Tagen. Der dritte Antrag 
der Partei betr. den Erlaß einer Novelle 
zum Strafgesetzbuch (Aberkennung öffent 
licher Aemter für Duellanten) behält die 
Form eines Gesetzentwurfs und wird 
infolgedessen als Initiativantrag weiter 
behandelt werden. 
— Die bundesräthlichen Bestimmungen 
über den Gewerbebetrieb in den 
Bäckereien haben im Großen und 
Ganzen recht wenig Anerkennung gesunden. 
Auch im Schooße der einzelnen Bundes 
regierungen giebt man sich über diese 
Beurtheilung der neuen Verordnungen 
keiner Täuschung mehr hin. So hat sich 
jetzt auch die sächsische Regierung dahin 
geäußert, daß sie, wenn es nothwendig 
sein sollte, im Bundesrathe für eine Re- 
Vision der Bäckereiverordnung einzutreten 
entschlossen sei. Seit Kurzem läßt sie im 
Lande Ermittelungen über die Wirkung 
der Bestimmungen anstellen. Soweit das 
Urtheil der Bäcker dabei in Frage kam, 
haben dieselben fast überall, wo man ihre 
Erfahrungen einforderte, sich gegen die 
bundesräthlichen Bestimmungen erklärt. 
Ueber zweckmäßige Einrichtungen in ihren 
Bäckereien dürften die Bäckermeister aber 
doch die berufensten Richter sein. Auch 
nach dem Resultat der Erhebungen einiger 
anderer Bundesstaaten kann es kaum noch 
als zweifelhaft gelten, daß die neuerliche 
Bäckereiverordnung eine gründliche 
enderung im Sinne der davon 
Bedrängten erfahren wird. 
In der gegenwärtigen Zeit, wo 
wiederum der Streit für und gegen die 
Zünfte aufs Neue entbrannt ist und etliche 
Leute dem Handwerk durch Wiederein 
führung des alten Zunftzwanges auf die 
Beine helfen zu können glauben, dürfte 
zur Widerlegung der Ansicht, daß in 
siüheren Jahrhunderten die Zünfte nur 
segensreich gewirkt hätten, ein Bescheid 
des Landgrafen Ludwig IV. von Hessen 
(Marburg) von Interesse sein, den dieser 
Fürst, bekanntlich der zweite Sohn Philipp's 
des Großmüthigen, am 5. Juni 1589 an 
die Bäckerzunft des oberhessischen Städtchens 
Grünberg erlassen hatte. Als nämlich die 
Mitglieder dieser Zunft sich bei dem Land 
grafen darüber beschwerten, daß ihnen 
beim Verkauf des Brotes die auswärtigen 
Bäcker, insbesondere diejenigen der Stadt 
Alsfeld, schädigende Konkurrenz bereiteten, 
ertheilte ihnen der Fürst in landesväter 
licher Huld und Gnade die „Resolution", 
daß ihrer Beschwerde keine Folge zu geben 
und den auswärtigen Bäckern der Verkauf 
ihres Brotes auf den Grünberger Märkten, 
auch auf dem Sonnabend - Wochenmarkt, 
nach wie vor erlaubt sein solle. Dieser 
Bescheid enthält die bemerkenswerthe Mo- 
tivirung: „Das Zünfft in den Städten 
dem gemeinen Mann keine beschwerung, 
sondern Vortheil bringen sollen, wie man 
den befindt, daß fast alle Zünfft mehr- 
beschwerlich als nützlich seien." Was 
sagen die Vertheidiger der Zwangsinnungen 
zu dieser Kundgebung eines kompetenten 
fürstlichen Verurtheilers aus dem Jahre 
1589 ? 
— Die Untersuchung gegen Peters 
ist der „Post" zufolge nach Vernehmung 
einer Reihe von Zeugen in den letzten 
Tagen jetzt soweit gefördert, daß die 
Eröffnung des Disziplinar 
Verfahrens in absehbarer Zeit zu 
erwarten steht. 
Berlin, 9. Novbr. Ein gefälschtes 
Loos der Gewerbe-Ausstellungs 
Lotterie, dessen Nummer mit dem zwei 
ten Hauptgewinn der Serie A, einem 
Juwelenschmucke im Werthe von 15000 .M, 
gezogen worden ist, ist heute Bormittag 
an der Ausgabestelle der Gewinne präsew 
tirt worden. Durch einen glücklichen Zw 
fall ist die Aushändigung des Gel 
winnes unterblieben. Die Angelegen 
heit ist der Crimiualpolizei zur Klarstellung 
übergeben worden. 
An Stelle des bisherigen Distrikts 
Kommissars zu Opalenitza Herrn von 
Carnap, der sein Abschiedsgesuch ein 
gereicht hat, ist der Distrikts < Kommissar 
Berger mit der einstweiligen Führung 
der Amtsgeschäfte beauftragt worden. 
Danzig, 9. Novbr. Unter dem Vorsitz 
des Ober-Präsidenten v. Goßler fand heute 
die Conferenz zur Berathung über die 
Errichtung von Kornsilos statt, an welcher 
der Vorstand der westpreußischen Landl 
wirthschastskammer, Vertreter der Kauf 
Mannschaft, der städtischen Behörden und 
Landwirthe theilnahmen. Vom Landwirth 
schaftsministerium -war Dr. Thiel und 
Ober-Baurath Conrad, vom Ministerium 
der öffentlichen Arbeiten Ober-Regierungs 
rath Möllhausen und Bauraih Ehler zur 
Conferenz entsandt worden. 
Ein Steuerhinte rziehungs- 
fall erregt in Breslau nicht geringes 
Aufsehen. Bei der Revision der Bücher 
eines Bankgeschäfts zeigte es sich, daß ein 
großer Posten ausländischer Werthpapiere 
dem Bankier schon seit längerer Zeit ge 
hörte und daß die Papiere als Vermögen 
nicht versteuert worden waren. Die Folge 
war die Einleitung eines Strafverfahrens 
gegen den Besitzer der Papiere und die 
Festsetzung einer Strafe in der zehnfachen 
Höhe des hinterzogenen Steuerbetrages, 
der auf 5000 Mk. angenommen wurde. 
Die Strafe wurde demnach auf 50000 Mk. 
bemessen. 
Wie der „Niederschles. Anz." aus Glogau 
mittheilt, ist bei der diesjährigen Kartoffel- 
lieferung dem Lieferanten, der seit sechs 
bis acht Jahren ohne die geringste Be- 
anftandung geliefert hatte und der Mindest- 
vrdernde mit einem Gebot von 3,40 Mk. 
wo 100 Kilo gewesen ist, der Zuschlag 
nicht ertheilt worden. Der Zuschlag 
wurde einem Gutsbesitzer zum Preise von 
80 Mk. ertheilt. Bei einem Kartoffel 
bedarf von 1000 Centnern handelt es sich 
also um eine Zuwendung an den Guts 
besitzer von jährlich 200 Mk. Offenbar 
ist dies die Folge der allgemeinen An 
ordnung, die Angebote der Produzenten 
gegenüber denen der Zwischenhändler zu 
bevorzugen. Solches kann aber doch nicht 
gelten, wenn die Produzenten höhere 
Preise stellen. Wer trägt den Schaden 
daran? Für die Viktualienverpflegung der 
Soldaten wird bekantlich ein bestimmtes, 
nach den Marktpreisen pro Semester be 
rechnetes Aversum pro K o p f ver 
gütet. Je mehr die Kartoffellieferung 
hiervon in Anspruch nehmen, desto weniger 
bleibt für Fleisch und sonstige Bestand 
theile der M i t t a g s p o r t i o n übrig. 
Begünstigung der Landwirthschaft kann 
man dies auch nicht nennen. Die Be 
günstigung wird doch immer nur einem 
einzelnen Lieferanten zu Theil. 
Konitz, 6. Nov. Die Eröffnung des 
onkursverfahrens über das Ver 
mögen des Rechtsanwalts und Notars 
Tartara in Schlochau und dessen Flucht 
beschäftigt alle Kreise unserer Bürgerschaft 
nicht minder als die Schlochauer. Unter 
den Geschädigten befinden sich eine größere 
Anzahl Konitzer Bürger, die mit 1000 
bis 20000 Mark an dem Fallissement 
betheiligt sind. Ein Besitzer der Umgegend 
soll sogar um 6 0 000 Mark gebracht 
worden sein. Inwieweit sich die Unter 
schlagungen namentlich an Mündelgeldern 
und deren Höhe bestätigen wird, muß 
natürlich erst abgewartet werden, da die 
Muthmaßungen bedeutend auseinander 
gehen und eine thatsächliche Feststellung 
nach Lage der Dinge eben noch nicht 
möglich ist. Tartara soll, umlansenden 
Gerüchten zufolge, bereits am Donnerstag 
vor acht Tagen sich in Leipzig bei Ver- 
wandten aufgehalten und dort die Absicht 
geäußert haben, daß er sich nach Holland 
zu begeben gedenke. (D. T.) 
Der Thäter des am 23. Oct. d. I. im 
Walde bei Ebcrsbach an einen elfjährigen 
Mädchen begangenen Lustmordes ist jetzt 
entdeckt worden, und zwar ist es ein bei 
dem in Offenbach stehenden dritten Bataillon 
118. Infanterie-Regiments dienender Re 
krut Namens Georg Weygang, der in 
seinem Civil-Verhältniß Gärtner ist und 
aus Heppenheim an der Werra stammt. 
Derselbe war flüchtig und ist nun durch 
den Wachtmeister Fitting aus Worms in 
der Nähe von Heppenheim, wo er sich in 
einem Strohhaufen versteckt hatte, entdeckt 
und verhaftet worden. 
1 der Nähe von Ems, der Stätte 
ihres höchsten Triumphes, in dem am 
Fuße der Montabaurer Höhe gelegenen 
Neuhäusel, schied eine zur Zeit ihres 
größten Glanzes vielgenannte und bewun 
derte Persönlichkeit aus dem Leben: Miß 
an da, die gefeierte Luftseil-n. Trapez 
künstlerin, welche, nachdem sie in den 80er 
Jahren in Ems vor Kaiser Wilhelm I. 
und seinem Gefolge, sowie einer tausend- 
köpfigen Zuschauerschaft eine Vorstellung 
gegeben, die ihr ein Empfehlungsschreiben 
aus dem Kaiserlichen Civilcabinet eintrug, 
überall durch ihre großartigen Leistungen 
auf dem von ihr kultivirten Gebiete Aus 
ehen erregte. Als die zunehmenden Jahre 
die Künstlerin zum Aufgeben ihres Berufes 
zwangen, kaufte ihr Ehemann, Schwandtke. 
genannt Frankloff, ein Karoussel, mit 
dessen Betrieb er seine Familie ernährte. 
Mit demselben kam er auch zu dem im 
Herbste in Eitelborn abgehaltenen Gesang- 
wettstreite. Hier erkrankte die Frau und 
tarb, wie erwähnt, in Neuhäusel in dem 
der ganzen Familie zur Wohnung dienen 
den „Künstlerw agen" . . . 
Aachen, 9. Nov. In der Paulskirche 
entstand infolge des Eindringens eines 
Betrunkenen eine große Panik. Bon den 
ich flüchtenden Kindern wurden viele ge 
treten und verletzt. 
Düsseldorf, 9. Nov. Der Prozeß gegen 
den homöopathischen Arzt Dr. Bolbeding 
und Genossen wegen fahrlässiger Tödtung, 
Bestechung und Betruges hat heute Vor 
mittag vor der zweiten Strafkammer des 
hiesigen Landgerichts und großem Andränge 
des Publikums begonnen. Die Angeklagten 
bestreiten die ihnen zur Lust gelegte Schuld. 
Die Majestätsbeleidigungs-Pro 
zesse nehmen in erschreckender Weise zu. 
Erfurt wurde sogar ein 19jähriges 
Dienstmädchen von der Strafkammer wegen 
Beleidigung der deutschen Kaiserin zu 
einer Strafe von 9 Monaten Gefängniß 
verurtheilt. 
In München wurde ein Arbeiter vom 
Amtsgericht daselbst zu 3 Mark Strafe 
wegen „Blaumontagmachens" ver 
urtheilt, trotzdem der Verurtheilte sich aus 
den Standpunkt stellte, daß wohl Dienst 
boten oder landwirthschaftliche Arbeiter, 
nicht aber gewerbliche und industrielle Ge 
Hilfen wegen Blaumontagmachens zwangs 
weise zur Arbeit geführt oder bestraft 
werden können. 
Harburg, 6. Nov. Wenig Glück hatten 
vorgestern Abend zwei Soldatinnen der 
Heilsarmee, die während des üblichen 
Jahrmarkttanzes aus dem Rathskeller den 
„Kriegsruf" verkaufen wollten, obgleich 
ihnen davon abgerathen wurde. Die Sa 
lutistinnen hatten kaum den Saal betreten, 
als sie von übermüthigen jungen Leuten 
umfaßt und nach den Klängen der 
Musik i ni T a n z e g e d r e h t w u r d e n 
Sämmtliche übrigen Tanzenden hörten so- 
fort auf und überließen den beiden selt 
samen Paaren allein das Feld. Der Vor 
fall erregte begreiflicher Weise allgemeine 
Heiterkeit. 
Schwerin, 5. Nov. Abermals einen 
Beleg für die Dehnbarkeit des juristischen 
Begriffes „grober Unfug" lieferte 
eine heute hier stattgehabte Gerichtsver 
Handlung: Tie kleine Strafkammer ver 
handelte in der Berufungsinstanz in der 
Strafsache wider die unverehelichte Anna 
Unzelmann Hieselbst, welche am 25. Sept 
d. I. unter Verwerfung des Einspruchs 
gegen eine vom StadtPolizeiamte wider sie 
erlassene Strafverfügung vom Schöffenge 
richte wegen groben Unfugs in eine 
Woche Haft, sowie in die Kosten verur 
theilt war. Gegen dieses Urtheil hatte 
sie Berufung eingelegt und Rechtsanwalt 
Zickermaun als Vertheidiger legitimirt. 
Am 15. August hatte die in einer offenen 
Droschke über den Markt fahrende Ange 
klagte einer Dame, welche in Begleitung 
von zwei Herren in der Gaststube des 
Rathskellers saß, im Vorbeifahren 
eine lange Nase gemacht. Das 
Landgericht erblickte in dem Verhalten der 
Angeklagten nicht den Thatbestand des 
groben Unfugs, es erkannte daher auf 
Einstellung des Verfahrens, da kein Straf 
antrag wegen Beleidigung vorlag; die 
die Kosten des Verfahrens, einschließlich 
die der Angeklagten erwachsenen Auslagen 
wurden der Staatskasse auferlegt. 
Die Stufenbahn aus der Berliner Ans 
tellung ist von einem Konsortium in 
Hamburg angekauft worden und soll als 
Sehenswürdigkeit in der Hansastadt für 
dauernd aufgebaut werden. 
Hamburg, 6. Novbr. Der Senat legte 
der gestrigen Bürgerschaft den Entwurf 
zum Staatshaus für 1897 vor. Derselbe 
chließt mit einer Ausgabe von 75 967 263 
Mk. und mit einem Fehlbeträge 2 614 651 
Mk. ab. Nach den bisherigen Erfahrungen 
hat sich das Defizit noch immer schließlich 
in einen Ueberschuß verwandelt. 
Hamburg, 9. Nov. (F. N.) Der dä 
nische Dampfer „Riberhuus" ist beute auf 
der Unterelbe bei Juelsand aufgelaufen 
und sitzt in bedenklicher Lage. 
Provinzielles. 
Gegen die Einfuhr dänischen 
Viehes nach Schleswig-Holstein richten 
sich Kundgebungen aus der Prvvinz, 
die dadurch bemerkenswerth sind, daß die 
in ihnen formulirten Forderungen sich 
keineswegs decken, sondern einen zum Theil 
diametral entgegengesetzten Standpunkt 
vertreten. 
Eine dem Reichstag bei seinem Wieder 
zusammentritte von dem Abg. Dr. Böckel 
vorzulegende Petition lautet: 
Einem hohen Reichstag gestatten sich 
die unterzeichneten Landwirthe und andere 
Interessenten nachstehendes Gesuch zu 
unterbreiten: Außer den allgemeinen 
Schwierigkeiten, mit denen die Landwirth 
schast zu kämpfen hat, machen sich für di« 
Landwirthe des Regierungsbezirks Schles 
wig-Holstein die Nachtheile immer schwerer 
fühlbar, die sie durch Offenhaltung 
der L aud-Quarantäncanstalt an 
der dänischen Grenze fortgesetzt erleiden. 
Insbesondere werden die Interessen der 
Züchter dadurch wesentlich geschädigt, da 
gerade die schlechten Qualitäten unmittel 
bar an der Grenze sich billiger einführen 
lassen. Dazu kommt, daß zeitweilig in 
Hvidding die Einfuhr so große Dimensionen 
annimmt, daß die Quarantäne nicht mehr, 
wie vorgeschrieben, in den Stallungen, 
sondern, im Freien abgehalten wird. Da 
durch wiederum wird eine genaue und 
scharfe thierärztliche Grenzcontrole aufs 
äußerste erschwert, die Garantien gegen 
eine Seucheneinschleppung werden illusorisch 
und sind bald gar nicht mehr vorhanden. 
Da obendrein genügend Seeguaran- 
täne-An st alten vorhanden sind, die 
nach übereinstimmendem Urtheil der Be 
hörden und Interessenten die Bedingungen 
der Quarantäne auss beste und sicherste 
erfüllen, liegt gar kein Bedürfniß 
vor, außerdem noch Landquarantäne-An- 
stalten offen zu halten. Zudem ist das 
Vermischtes. 
— Der Kaiser als Jäger. Nach einer 
Zusammenstellung eines königlichen Büchsen 
spanners hat der Kaiser bisher ins 
gesammt 25 372 Stück Wild- und Raub 
zeug erlegt. Davon entfallen auf das 
Jahr 1895: 29 männliche und 1 weib 
liches Rothwild, 13 männliches und ein 
weibliches Dammwild, zwei geringe Sauen, 
56 Rehböcke, 1 Fuchs, 401 Haser, 8 Auer 
Hähne — 512 Stück. In den Vorjahren 
erlegte der Kaiser insgesammt einen Wal 
fisch, zwei Auerochsen, drei Renn 
thiere, sieben Stück Elchwild, drei 
Bären, 709 männliches Dammwtld, 
1524 grobe und 179 geringe Sauen, 
121 Gemsen, 413 Rehböcke, 16 
Füchse, 11066 Hasen, 7387 Fasanen, 
407 Rebhühner, 29 Auerhähne, 
4 Birkhähne, 56 Enten, 2 Schnep 
fen, 638 Kaninchen, 698 Reiher und 
Kormorane und 559 Stück verschiedenes 
Wild — 24 860 Stück. Diese Resultate 
gehören zu den besten, deren sich ein Jünger 
des Hubertus überhaupt rühmen kann. 
— Eine furchtbare Fahrt machten die 
Schreiber Kopsch und Degen auf dem 
Rummelsberger See bei Berlin. Als 
sich die jungen Leute etwa auf der Mitte 
des Sees befanden, bemerkten sie, daß das 
Boot stark Wasser zog. Gellende Hilfe 
rufe ausstoßend, suchten sie schleunigst dem 
Ufer zuzurudern, jedoch schon nach wenigen 
Minuten versank das Boot unter ihren 
Füßen. K., ein guter Schwimmer, packte 
seinen Freund mit der linken Hand und 
suchte ihn über Wasser zu halten. So 
mochte der Kampf um das Leben eine 
Viertelstunde gedauert haben, ehe Schiffer 
mit ihren Kähnen die Unfallstelle erreichten, 
gerade als K., dessen Glieder in dem 
eisigen Wasser erstarrt waren nnd der den 
D. schon hatte loslassen müssen unterging. 
Es gelang nach einigen Mühen K. zu 
retten, während D. ertrank. 
— Eine interessante Entschädignngsktage 
gelangte vor dem 9. Civilsenat des Kammer- 
gerichtS durch ein von der Putzmacherin 
'Fräulein Ella Selminski gegen den durch 
die Eisenbahn-Direction zu Berlin vertretenen 
preußischen Eisenbahnfiscus angestrengter 
Proceß zur Verhandlung, der sowohl für die 
Verwaltung der Eisenbahnen wie für das 
die letztere benutzende Publikum von weit 
gehender Bedeutung ist. Am 25. August 
v. I. machte die Klägerin in einem Wagcn- 
abtheil zweiter Klasse allein eine Fahrt aus 
der Stadtbahn. Als sich der Zug in voller 
Fahrt nach der Station Thiergarten zu be 
wegte, sprang plötzlich eine Eoupeethür auf. 
Während sich Fräulein S. bemühte, dieselbe 
zu schließen, brauste von der entgegengesetzten 
Seite ein Zug herbei, wobei in Folge des 
Luftdrucks die Wagenthür, welche die Klägerin 
noch nicht hatte schließen können, zum Theil 
aus den Angeln gerissen und gegen daS 
Coupee geschlendert wurde. Durch Glas- 
und Holzsplitter erlitt die Klägerin mehrere 
Verletzungen am Kopf, Gesicht und Auge 
und wurde in Folge des Schmerzes und 
Blutverlustes ohnmächtig. Sie nahm hierauf 
den Eisenbahnfiscus wegen des an Kleidern 
erlittenen Schadens von 66 Mark, ferner 
wcgen Arzthonorars, Verbands und Kurkostcn 
mit 33 Mark, wegen des durch die nach 
folgende längere Krankheit entgangenen 
Arbeitslohns von 230 Mark und schließlich 
wegen Gewährung einer lebenslänglichen 
Rente von 1800 Mark in Anspruch. Durch 
den Unfall habe sie nämlich einen großen 
Theil der Sehkraft auf einem Auge ein 
gebüßt und leide daher andauernd an hoch 
gradigen, stechenden Kopfschmerzen, habe auch 
eine sic entstellende Narbe im Gesicht zurück 
behalte». Durch die erlittenen Verletzungen 
habe sie eine Einbuße an ihrer Enverbs- 
nhigkeit in Höhe von mindestens fünf Mark 
täglich, und es sei zu fürchten, daß diese 
Erwerbsunfähigkeit sich noch steigern werde. 
Die 23. Civilkammer des Landgerichts I 
erachtete den Anspruch auch dem Grunde 
nach für gerechtfertigt, die Höhe desselben 
einem besonderen Verfahren vorbehaltend. 
Die hiergegen eingelegte Berufung wurde 
vom Kammergericht zurückgewiesen. 
- Hoya, 8. Nov. Dem „Hoyaer 
Wochenblatt" entnehmen wir folgende 
Geschichte: Moses Silberstein, ein in der 
Gegend wohlbekannter Viehhändler, kam 
neulich zu Jan Dierk Meyer in dem nahen 
Es entspann sich folgendes Zwie 
gespräch: „Hest Du wat sör mi?" — 
„Jo een Rind." „Mis' mal". Mit der 
ail ihm vielgerühmren Sachkenntaiß prüft 
er das Rind. — „Wat wult Du hebben?" 
„Säbentig Dahler!" — „Du büst woll 
meschugge l" — Jan Dierk hat einen sehr 
harten Kopf, er geht nicht herab von seiner 
Forderung. Mehr als 50 Thaler will 
Moses nicht geben. Aus dem Rinder 
Handel tvird also nichts. Im Weggehen 
fragt Moses noch: „Heft Du süs nicht'?" 
— „Dree fette Schape", war die Antwort 
Nach langem Hin und Her kaufte Moses 
die Schafe für 20 Thaler, bezahlte in 
!blanken Goldstücken, lud die Thiere auf 
seinen Wagen und fuhr ab. —- In einem 
Wirthshaufe an der Straße, das den 
Namen eines bekannten großstädtischen 
Etablissements führt, wurde ihm doch der 
Handel leid gemacht. „Wenn du di man 
nich verkofft heft; de Schape hebbt up ne 
natte Wisch gähn, wenn de man reine 
iünd!" sagte ein Gast zu Moses. — 
Denn Dünner ok, dat könn' mi passen, 
rief Moses aus, drehte um und fuhr in 
einer Angst, daß die Schafe rentzig sein 
könnten, nach Jan Dierk s Hofe zurück. 
„Du, ik hebb' mi besunnen, wullt Du de 
Schape wedder nehmen, wenn wie up dat 
Rind eenig weerd'?" — „Oh. worum nich", 
ngte Jan Dierk. — „Wat wullt Du to 
hebben?" — „Je, watt ick seggt hebbe, 
giff drüttig Dahier to und dat Rind is 
din't!" —Moses guckte den schlauen Jan 
Dirk ganz sonderbar an. aber „jo nicks 
marken laten"; endlich sagte er mit einem 
vernehmlichen Seufzer: „Na denn mutt 
ick datt woll dohn", zog seinen Beutel, 
zahlte 30 Thaler, gab Jan Dierk die drei 
Schafe wieder und fuhr mit dem Rind ab. 
— Die Hände in der Hosentasche schaute 
ihm Jan Dierk lange nach, dann ging er 
ins Haus, erzählte seiner Frau, die im 
Wochenbett lag, den Handel und gab ihr 
die Goldstücke in die Hand. „Ick heff dat 
Rind verkofft, ick heff ok kregen, wat m 
verlangt hebb. Düsse Moses is doch su° 
so floor, dütmal was he to hitzig in n 
Hanneln." - „Wat hest Du denn ver 
langt?" fragte die Frau. — „Säbentig 
Dahler." — Die Frau zählte die Gold 
stücke auf der Bettdecke, guckte ihren theuren 
Eheherrn recht merkwürdig an und sagte 
dann: „Rek'n mi dat mal vör!" — „Oh, 
bat is jo licht", sagte Jan Dierk und 
machte dann folgendes Exempel: Twintig 
Dahler kregen, sünd 20 Thaler, dree 
Schape wedderkregen, fund 20 Thaler, 
drüttig Dahler to, sünd 30 Thaler, tohope 
70 Thaler. 
- Lieblingsspeisen berühmter Männer. 
Goethe aß gern Rebhühner und ^Austern, 
Schiller verlangte häufig ""ch Schinken, 
Herder zog, gleich dem schwedischen König 
Karl Xü„ ein Butterbrod jedem anderen 
Leckerbiffen vor, und Wieland war, ivie 
die Athener, ein besonderer Freund von 
Kuchen und Backwerk, und liebte er sehr 
die Alpenforellen, die er so überaus 
köstlich fand, daß er noch nach Jahren von 
dem Schmause reden konnte, bet dem sie 
aufgetischt waren. Lessing mar ein leiden- 
Ichaftlicher Liebhaber von Linsen, Klopstock 
von Trauben. _ Trüffel-Pasteten, Lachs, 
geräucherten Fleisch und Erbsen. Kant's 
Lieblmgsspeisen waren rin Linsenbei, ein 
mit Bauchspeck bereiteter Pastinakbrei, ein 
Speckpndding,einPndving öoix weißenErbsen 
mit Schweinefüßen und Backobst aus 
Pommern. Was das Getränk betrifft, 
so zog man den Wein, besonders Bordeaux, 
Rheinwein und Champagner, dem Biere 
entschieden vor. Nur Jean Paul machte 
keinen Hehl daraus, daß ihm Bier über 
alles ginge. Nur des Bieres wegen wohnte 
er in Bayreuth. 
— Zukunftsbild. Beamter (einer Lebens 
versicherung-Gesellschaft zu den um eine 
Versicherung Nachsuchenden): „Fahren Sie 
Rad?" — Applikant: „Nein, ich gehe 
immer zu Fuß." — Beamter: „Thut mir 
sehr leid, aber Fußgänger versichern wir 
nicht mehr." („Puck.") 
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