Full text: Newspaper volume (1896, Bd. 2)

■ ' ‘/k.'ïà ì':’n ; \ < - , : ■ 
Erscheint tägLich. 
zum 
ochenblalt 
1V 2 
>th 
Be- 
nsse 
:hen 
: u. 
hen. 
eres 
die 
iges 
elbst 
von 
e. 
then. 
3. 
Ä- 
>rne, 
Bezugspreis: 
Vierteljährlich 2 Haus gek.c,ert 
şir Auswärtige, durchs die Post bezogen 
ìncl. Postprovision jebo| ohne Bestellgeld. 
nrg 
hen. 
Wo. 264. 
Aeltestes mid gelesenstes Klatt im Kreise Rendsburg. 
Anzeigen fir die Tagesnummer werden bis 12 Uhr Mittags erbeten. 
GSster Jahrgang. 
Dienstag, den 10. November 
Bei BernedSsiörungen 
irgend welcher Art ist die regelmäßige Lieferung 
dieses Blattes vorbehalten. 
Ws Beilagen 
werden dem Blatt „Der Landwirth" sowie das 
Blatt „Mode und Heivi" gratis beigegeben. 
3000 Abonnenten. 
HņşcrtionspreiS: pro Petttzeile 15 Ş 
1896. 
m 
Morgen-Berichte 
Plön, 9. Nov. Hofprediger grommet 
ist, nachdem sich sein Zustand in der heu- 
tigen Nacht rapide verschlimmert hatte, 
heute Morgen 8>/ 2 Uhr verschieden. 
Emil grommel, geb. 5. Januar 1828 
in Karlsruhe, ftudirte in Halle, Erlangen 
und Heidelberg Theologie, bekleidete in der 
golge Pfarrämter in Karlsruhe und Bar 
men und wurde 1869 als Garnisonpfarrer 
nach Berlin berufen, wo er 1872 zum 
Hofprediger ernannt wurde. Außer zahl 
reichen Predigten hat er eine große Reihe 
von Volksschriften veröffentlicht, die ihm 
wegen ihrer schlichten Frömmigkeit, ihrer 
gesunden Sprache und des köstlichen Hìl' 
mors einen weit geachtete» Namen machten. 
Berlin, 9. Nov. Der Kaiser empfing 
gestern Mittag im Neuen Palais den 
kommandirenden General des VI. Armee 
corps, Erbprinzen von Sachsen-Weimar, 
,ur Entgegennahme einer dienstlichen Mel 
dung. Heute Vormittag nahm der Kaiser 
den Vortrag des Geh -Raths Dr. von Lu 
: -.'anus entgegen und hörte darauf die Ma 
nnevorträge. — Die Kaiserin, welche sich 
heute früh auf die Nachricht, daß der Ober 
hofprediger Dr. grommel in Plön schwer 
krank darniederliege, um 8 Uhr über Berlin 
-ach Plön begeben hat, empfing unterwegs 
; ie Nachricht von dem bereits eingetretenen 
^.vde des hochverdienten Geistlichen. 
Berlin, 9. Nov. Zu den morgen wieder 
-- beginnenden Sitzungen des Reichstages 
' schreibt die „Nordd. Allg. Ztg.": In der 
setzt kommenden Tagung werden sehr hohe 
Anforderungen an die Arbeitskraft und die 
politische Einsicht des Reichstages gestellt 
fein. Im Hinblick darauf, daß der Reichs 
tag jene Zweifel durch die That widerlegt 
bat welche an seinen Ursprung anknüpften, 
ist die Erwartung gegeben, daß er sich der 
Größe seiner Aufgaben auch jetzt gewachsen 
zeiqen und namentlich der Nation ein 
Vorbild sein wird, durch Arbeit die Geister 
zu sammeln, die politischen Bestrebungen 
auf sichere erreichbare Ziele zu lenken und 
jenen Halt zu gebieten, welche ihre Zwecke 
zu erreichen hoffen, indem sie die Zerfahren- 
heit mehren. Daß der Reichstag dieser 
Erwartung entsprechen möge, ist der auf- 
richtige Wunsch aller, denen das Vaterland 
und die Wohlsahrt der Nation höher stehen 
als Einzelbestrebungen und Sonderwünsche. 
Berlin, 9. Nov. Die „Post" spricht ihr 
Bedauern darüber aus, daß die Angelegen 
heit der „Enthüllungen der Hamburger 
Nachrichten" in der Presse immer noch 
nicht zu Ende geführt ist und meint, die- 
elbe werde es auch wohl nicht eher sein, 
bevor nicht eine Besprechung im Reichstage 
Klarheit in die Sache gebracht habe. Und 
das sei im Interesse der Angelegenheit 
sehr nothwendig. Das Blatt hofft, daß 
eine offene Aussprache in den nächsten 
Tagen den gordischen Knoten, der immer 
mehr verschlungen wird, mit einein Schlage 
lösen und damit den unerquicklichen Zwischen- 
fall endlich aus der Welt räumen wird. 
Berlin, 9. Nov. Laut der „Bert 
Corresp." hat der Kaiser den Schillerpreis 
dem Dichter Ernst von Wildenbruch zu 
Berlin für die Tragödie „Heinrich und 
Heinrichs Geschlecht" verliehen. Der Preis 
besteht in einer Summe von 6800 Mark 
und in einer goldenen Denkmünze im 
Werthe von 300 Mark. 
Berlin, 9. Nov. In der bekannten Be 
leidigungsangelegenheit gegen den Journa- 
listen Leckert und Genossen ist jetzt die An 
klage erhoben ioorden. Sie richtet sich 
nicht allein gegen die beiden bisherigen 
Beschuldigten Heinrich Leckert und Carl 
von Lützow, sondern auch gegen die Re 
dakteure Dr. Plötz und Berger, gegen den 
Gerichtsberichterstatker Oscar Föllmer und 
den Vater des inhaftirten Journalisten 
Leckert, Kaufmann Bruno Leckert. Redak 
teur Berger ist wegen zweier Artikel über 
„Offiziöse Preßwirthschast", Gerichtsbericht 
erstatter Föllmer und Kaufmann Leckert 
sind als Urheber dieser Artikel wegen 
öffentlicher übler Nachrede des Staatsse 
kretärs Freih. v. Marschall und des Lega- 
tionsrathes Prinzen Alexander Hohenlohe 
unter Anklage gestellt. 
Berlin, 9. Nov. Am gestrigen Tage 
sind wegen Uebertretung der neuesten Be 
stimmungen über die Sonntagsruhe 
gegen Zuwiderhandelnde mehr als 500 An- 
zeigen ergangen. In den meisten Fällen 
wird Widerspruch erhoben werden. 
Köln, 9. Noobr. Der „Köln. Ztg." 
zufolge hat die deutsche Regierung amtlich 
in Rom mitgetheilt, daß das deutsche 
Mittelmeergeschwader mehrere italienische 
Häsen, zunächst Tarent, Neapel und Spezia, 
anlaufen werde. Am ersteren Orte werden 
bereits von den Einwohnern großartige 
Vorbereitungen zum Empfange der deutschen 
Seeleute getroffen. 
Landcck i. Schlesien, 9. Noobr. Heute 
Morgen wurden fünf Bahnarbeiter, die 
ein gemeinschaftliches Zimmer bewohnten, 
infolge von Vergiftung durch Kohlen 
oxydqas erstickt ausgefunden. 
Karlsruhe, 9. Noobr. Dem „Badischen 
Landesboten" zufolge ist Lieutenant von 
Brüsewitz zu sechs Jahren Festung und 
zur Entfernung ans dem Heere verurtheilt 
worden. Brüsewitz soll bereits in Civil- 
' leider» nach der Festung Ehrenbreitstein 
überführt worden sein. (Es ist kaum an 
zunehmen, daß der Prozeß soweit gediehen 
ist oder gar ein Erkenntniß die Bestätigung 
des Kaisers erhalten hat. Red.) 
Basel, 9. Nov. Der Direktor der 
Handelsbank in Neuenburg, Nicolas, wurde 
wegen Unterschlagung von V/ 2 Millionen 
Francs zu 6 Jahren Gefängniß, der Sub 
dieekior Schäublin wegen Beihülfe dazu 
zu 1 Jahr Gefängniß verurtheilt. 
Nom, 9. Nov. Der frühere Direktor 
der Bologneser Filiale der Bank von 
Neapel, Favilla, ist heute auf Grund von 
Unregelmäßigkeiten, die bei einer Revision 
entdeckt wurden, verhaftet worden. Die 
Blätter hatten bereits Monate lang über 
diese Unregelmäßigkeiten geschrieben. 
Citta di CasteUo, 9. Nov. Das Hoch 
waffer hat eine Höhe von 4 m über der 
Tiberbrücke erreicht. Der vierte Theil der 
Wohnungen ist überschwemmt; mehrere 
Brücken sind fortgerissen, darunter die 
Eisenbahnbrücke. Nach den bisherigen 
Feststellungen sind 4 Personen ums Leben 
gekommen. Nachdem das Wasser jetzt fast 
ganz zurückgetreten ist, bieten die Felder 
einen trostlosen Anblick dar. 
Madrid, 9. Nov. Wie aus Sevilla 
gemeldet wird, ist ein Dampser, an 
dessen Bord sich eine Passagier-Gesellschaft 
von 17 Personen befand, die auf dem 
Guadalquivir Enten jagen wollte, nachts 
infolge eines Zusammenstoßes gekentert. 
Hierbei fanden im Ganzen 21 Personen 
den Tod in den Wellen. 
Cherbourg, 9. Nov. Seit gestern Abend 
herrscht an der Küste heftiger Sturm, durch 
welchen mehrere Schiffe vor dem Hafen 
in Noth geriehen. 
Laibach, 9. Novbr. Schon seit einigen 
Tagen wurden hier Erdstöße verspürt, der 
letzte gestern früh gegen 4V« Uhr. Der 
selbe dauerte zwei Sekunden. 
New-Aork, 9. Novbr. Der Dampfer 
„Tiber" ist bei St. John Terrenenol mit 
dem Schooner „Maggie" kollidirt. Letzterer 
sank; 13 Personen, darunter der Kapitän, 
dessen Frau und Kinder sind ertrunken. 
New-Iork, 9. Nov. Während der letzten 
4 Monate überwogen die Zurückziehungen 
aus elf New-Iorker Sparbanken die Neu 
einlagen um 12 000 000 Dollars. Dieser 
Zustand hat sich nun gänzlich geändert. 
Seit Dienstag herrscht im ganzen Lande 
eine erneute Thätigkeit. Fabriken mit einer 
Gesammt-Arbeiterschaft von 100000 Mann 
haben seit der Wahl ihre Betriebe wieder 
eröffnet. 
Ausland. 
Außereuropäische Gebiete. 
Ncw-Aork, 8. Nov. Halb 
Nov. Halb Canton 
brachte die Nacht vom Dienstag auf Mitt 
woch vor Mac Kinletz's Wohnung zu. 
Die ersten Siegesnachrichten empfing er 
mit einem Lächeln, bat aber seine Mit 
bürger, nicht zu voreilig zu jubeln. Nach 
Mitternacht war aller Zweifel gehoben. 
Dann entstand eine Kundgebung, wie sie 
das Städtchen sicher niemals erlebt hat. 
Hunderte von Fackelträgern standen vor 
Mae Kinley's Hause. Ringsherum auf 
dem Rasen brannten eine Menge farbiger 
Lichter. Da ließen alle Fabriken in dem 
Städtchen ihre Dampspfeifen ertönen; 
Kanonen, Gewehre und Pistolen wurden 
abgeschossen. Der betäubende Lärm dauerte 
eine halbe Stunde. Mac Kinlcy blieb die 
ganze Nacht auf. Um ihn saßen seine 
vertrauten Freunde und öffneten die ein 
gehenden Depeschen. Ein Berichterstatter 
des „Daily Telegraph" erzählt, daß Mac 
Kinley's 86jährige Mutter, die sich in 
feiner und feiner Frau Nähe befand, bei 
der Verkündigung der Siegesnachricht mit 
Thränen in den Augen zu ihrem Sohn 
ging, ihm in das Antlitz schaute mw mit 
gebrochener Stimme sagte: „Mein Sohn, 
oh! mein Sohn!" Mac Kinley heirathete 
1871 Ida Saxton, die Tochter eines 
Bankiers in Canton. Seine beiden Kinder 
sind jung gestorben. Frau Mac Kinley 
ist seit langen Jahren schwer krank. — 
Bryan empfing die Wahlresultate in 
seinem Hause in Lincoln in Nebraska. 
Nachdem die Telegramme von den großen 
Städten den Sieg Mac Kinley's der- 
kündet hatten, hoffte er noch immer, daß 
das flache Land den Ausschlag zu seinen 
Gunsten geben werde. Bryan's eigenes 
Stadtviertel, seine Vaterstadt und seine 
Grafschaft haben gegen ihn gestimmt. 
Bryan erhielt nebenbei zahlreiche, ihn 
verhöhnende Depeschen. Viele führten 
die Bibel an. Eine Depesche empfahl ihm, 
das 20. Kapitel im Hiob zu lesen. Alle 
großen amerikanischen Städte haben für 
Mae Kinley gestimmt. 
Bombay, 9. Nov. In Scholapur, Pro- 
vinz Bombay, fanden ernste Unruhen 
statt. Ein aus 1500 Sack bestehendes 
Getreidelager wurde von einem Volkshaufen 
von ungefähr 5000 Mann geplündert. 
Die Polizei, die alsbald herbeigeeilt war, 
versuchte vergeblich, der Plünderung Ein 
halt zu thun, und war gezwungen, Feuer 
zu geben. Dabei wurden 4 der Pkünderer 
getödtet und 6 verwundet, woraus der 
Haufe auseinanderging. Man hält weitere 
Unruhen in derselben Gegend für wahr- 
cheinlich. 
Serbien- 
Man berichtet aus Belgrad: Wie die 
hiesigen Blätter melden, stürzte sich im 
Walde von Takowa ein Lämmergeier aus 
einen Bauer und verwundete ihn schwer 
im Gesichte und an den Händen. Erst 
als ein zweiter Bauer dem Angegriffenen 
zu Hilfe eilte, konnte der gefährliche Raub- 
vogel überwältigt werden. Die Wunden, 
die der Bauer im Kampfe mit dem Geier 
davongetragen, sind so schwer, daß er an 
einer Hand gelähmt bleiben wird. 
Schweiz. 
Ueber die Tödtung eines Arztes 
durch einen Patienten bringt der Berner 
„Bund" eine nähere Mittheilung, durch 
welche indessen der tragische Vorfall noch 
nicht aufgeklärt worden ist. Darnach 
machte Dr. Burnier, Arzt am Sanatorium 
in Ley sin, am Donnerstag Abend einen 
Spaziergang mii seinem Kollegen Dr. 
Stefani. Ein Pole, Pensionär des Hotels 
Mont Blanc, dem Dr. Burnier vor einigen 
Tagen den Rath ertheilt hatte, sich an 
einen anderen Kurort zu begeben, näherte 
sich ihnen mit den Worten: „Bezahlen 
Sie einen Luftwechsel?" — Dr. Burnier, 
überrascht, erwiderte einfach: „Nein!" 
Hierauf gab der Pole aus nächster Nähe 
fünf Revolverschüsse auf den Arzt ab, 
deren letzter von Dr. Stefani abgelenkt 
werden konnte. Von vier Kugeln zu Tode 
getroffen, sank Dr. Burnier nieder und 
starb bald darauf. 
Oesterreich-Ungarn. 
Wien, 9. Nov. Der Lemberger Dziennik 
Polski meldet aus Petersburg: Am 27. 
October wurde der russische Hofzug, worin 
die Zarin Wittwe mit der Großfürstin 
Olga und den Großfürsten Michael und 
Nikolaus reiste, zwischen den Stationen 
Sumbatowo und Michailow im Gouver- 
nement Rjäsan plötzlich auf freiem Felde 
angehalten. Der Maschinenführer hatte 
bemerkt, daß an der Locomotive alle 
Asr Milter von Woksßeim. 
Roman von Gras Eugen HaussonVille. 
„Das ist also der alleinige Grund Ihres Herkom- 
fragte der Kommissar weiter. 
Jawohl," bestätigte Laube. „Ich sagte es Ihnen 
ja schon Ich warte darauf, daß der maskierte Man» 
sieb »eiaen'wll und wenn ich ihn dann sasse, dann will 
ich ihn niederschmettern, verstehen Sic mich — nieder 
schmettern. „Diese letzten Worte des riesenhaften Men- 
"Vielleicht, vielleicht auch mcht. DaS Blumenge- 
Pans bezüglichen Fragen, welche Laube ganz über«»- 
stimmend mit Louise beantworte. 
Der Beamte steckte daSSchi" g a "A ?$ 
Und legte seine Papiere zniainmtN. Ȕ H 
Vormund brauchen nunmehr morgen ich em 
Korrektions-Tribunal zu erscheine» und hàn a v.:me 
Vorladung nicht zu erwarten," sagte er, z" L me gr 
wendet, indem er vom Tische ausstand, 
t August Laube war über den ; 
ehmuug sehr erfreut. „Wenn daS Gericht und die 
Polizei mit ihren Fragen stets so rücksicht-voll 'va en, 
wie Sie. Herr Kommlyar, dann qäbe eS weMg^V.r 
brecher in der Welt." sagte er. Damit «ahm er de 
Beamten »nt sich hinaus in die Küche, UM ihmdafelvj 
ein Glas Bier anzubieten. 
Die alte Frau und die Katze folgten ihnen ünd der 
Kapitän blieb mit Louise allein zurück. 
„Sie sind sehr gefällig und gütig gegen un» - - - 
gegen mich gewesen, Herr von Molsheim," lag^e 1", 
indem sie ihn errötend anblickte. „Ich danke Ihnen 
den Herzen dafür." ' t t .« 
Sie reichte ihm ihre Hand, die er zögernd ergriff, 
dann aber eine kleine Weile in der seinen hielt, Vh" 
Finger begannen nun zu zittern und sie zog dieselben 
»Jhr^Vormviid hat also beschlossen, den Wettkamp? 
mit dem maskierlen Ringer z» wagen?" iragle er, um 
der Situation möglichst ein anderes Ansehen zu geben. 
„Wagen ist hier nicht das rechte Wort," eiugeg- 
uete sie. „Er wagt dabei nichts. Ec ist so stark wie ein 
Löwe. Ich würde ihn verachte», wenn er die Heraus 
forderung nicht annehinen wollte. Ich h'.be eine lei 
denschaftliche Verehrung für starke Männer, und er ist 
so stark, o so stark, wie »eben ihm keiner auf der Welt!" 
Sie sagle dies mit einem stolzen, triumphierende» 
Ausdruck, alS ob des Mannes physische Kraft eine» ge- 
beinlulsvolle» Bau» um sie gezogen hätte. Mölsheim 
sand jedoch keine Zeit, die Art dieses Bannes näher zu 
ergründen, da Laube, der den Kounuissar bi§ zur Gar 
tenpforte geleitet und sich dort von demselben verab 
schiedet hatte, jetzt in das Zimmer zurückkehrte. 
Während der ganzen Zeit dieses Besuches hatte 
Molsheim nur den einen Hauptgedanken gehabt, zu 
erfahren, ob die Verschwörer bereits am nächsten Tage 
ihren Anschlag gegen den Prinzen auszuführen gedach 
ten. Er glaubte nunmehr endlich daS Mittel gefunden 
z» haben, sich hierüber Gewißheit zu verschaffen. 
„Sie sind beide musikalisch, w-e ich sehe," sagte er 
mit einem Blick aus das Klavier, auf dessen Decke! ein 
Geigenkasten stand. 
„Je nachdem die Zeit ist," antwortete Laube. 
„Louise spielt ziemlich viel und auch ich fidele ab und 
zu einķ der Lieder meiner Heimat. Louise singt auch 
zmveileu . . ." 
„Ich hörte die Stimme des Fräuleins, als ich vor- 
hin den Gartenweg heraufkam," unterbrach ihn Möls 
heim, und zu Louise gewendet, sägte er hinzu: „Würde 
es Ihnen und Ihrem Vormund Vergnügen bereiten 
morgen abend die Adeline Patti in der Oper zu hören?" 
Louise ließ einen Ruf der Freude hören, Laube 
aber schüttelte heftig den Kopf. 
„Wir sollen in die Oper'gehen? Das könnte mir 
fehlen!" sagte er unwillig. „Alle die Narren, die so 
genannten vornehmen Herren, würden sich nach dem 
dem Botanischen Garten die Au 
Blumenmädchen aus .. W v„«,uuc» uicau- 
gen aussehen und die Hälse verrenken und ich hätte 
nachher, anstatt des einen Wichtes von heute nachmit 
tag, von jenen Lasten mindestens ein Dutzend durchzu 
prügeln." 
„Im Parquet oder in den öffentliche» Logen wür 
den Sie allerdings einiges Aufsehen erregen," antwor 
tete der Kapitän, „in meiner Privat loge aber könnten 
Sie der Oper völlig ungesehen und unbeobachtet bei 
wohnen." 
Louises Gesicht erglänzte vor Freude. „Aber wür 
den Sie uuS anet, begleiten ?" fragte sie, und der Eifer, 
den sie bei diese» Worten zeigte, ließ eine drohende 
Wvtke aus Laubes Stirn heraufziehen. 
„DaS ist mir ganz unmöglich," antwortete Möls 
heim. „ich habe etwas anderes zu thun." 
Seine beiden Zuhörer würden in das höchste Er 
staunen geraten sein, wenn sie getvußt hätten, welcher 
Besehäftigmig der Kapitän sich am nächsteit Abend hin 
zugeben gedachte. 
„Aber darf ich um Ihren Entschluß bitten," fragte 
er nochmals. 
Er wartete mit Herzklopfen aus die Antwort. Wenn 
Louise und ihr Vormund sein Anerbieten auch nur so 
lveit beachteten, um dasselbe in Ertvägung zu ziehen, 
so war nicht anzunehmen, daß sie schon morgen früh 
den Anschlag gegen das Leben des Prinzen auszuführen 
beabsichtigen; entweder würden sie dann nicht in der 
Stimmung und in der Lage sein, noch an demselben 
Abend die Oper zu besuchen, oder die Vorstellung tvürde 
wegen des plötzlichen Todes des jungen Thronerben 
ausfallen müssen. ' 
Er fühlte sich wesentlich erleichtert, als er wahr 
nahm, wie ernsthaft man seinen Vorschlag besprach. 
Das Mädchen blickte ihren Vormund an und sagte: 
„Ich glaube wohl, daß ich noch ein Kleid herausfände, 
das für eine solche Gelegenheit ivohl passen wurde." 
„Das glaube ich selber, erwiderte der Schweizer 
lächelnd. „Was sollte Dir wohl nicht gut stehen. Aber 
„Nun, hast Du denn nicht noch den Anzug, den 
Du immer trugst, wenn Du Deine Reisen machtest? 
Ich sollte meinen, der wäre noch gut genug, besonders 
wenn die Großmutter ihn morgen ein wenig aufbügelt. 
Aber so sage doch ja," schloß sie halb ungeduldig und 
halb mit schmeichelnder Bitte. 
„Nun meinetwegen," sagte Laube. „Es soll gelten. 
Sie können die Karte oder den Schein, oder war im 
mer dazu nötig ist, morgen in meinem Kiosk abgeben 
lassen und mögen dasür auch schön bedankt sei». Hier 
ist die Adresse." 
Ec reichte dem Ritter von Molsheim eine kleine 
Karte, ohne zu ahnen, daß derselbe bereits sehr genaue 
Kenntnis sowohl von demBlnmen-KioSk, als auch von 
allerlei anderen mit demselben zusammenhängende» 
Dingen besaß. 
Der Schweizer ging hinaus, um mit seiner Mutter 
über die beste Art der Instandsetzung seiner Kleider 
für den Opernbesuch Rücksprache zu nehmen. 
Der Kapitän sagte sich jetzt, daß er eine Ausführ 
ung des Mordanschlages für morgen wohl nicht mehr 
zu befürchten habe. Er sollte hierin sogleich noch be 
stärkt werden. 
„Sie gehören zur Armee, Herr von Molrheim," 
sagte Louise plötzlich und ganz unerwartet. „Morgen 
soll eine Besichtigung der Garden stattfinden, wie ich 
gehört habe. Der Kaiser wird dort sein; wissen Sie 
vielleicht, ob, „sie zögerte ein wenig, „ob der Kaiserliche 
Prinz ebenfalls zugegen sein wird?" 
Diese Frage erweckte in dem Kapitän einen Sturm 
von Gedanken. Als Adjutant des kommandierenden Ge 
nerals der Garnison von Paris rief sein Dienst auch 
ihn zu dieser Besichtigung, er hatte auch bereits die 
entsprechende Ordre erhalten; durch die Begebenheiten: 
des heutigen Tages jedoch war ihm diese Sache gänz 
lich aus dem Gedächtnis gekoinmen. 
Diese Gärtnersleute aber beobachteten den Prinzen 
so sorgfältig, daß sie ihre Gedanken bereits aus etwas 
gerichtet hatten, was ihm selber noch gar nicht einge 
fallen war. Er überlegte einige Augenblicke und dann 
antwortete er: „Der Prinz wird bet der Parade sicher- 
lich nicht fehlen, denn der Kaiser versäumt keine Ge 
legenheit, seinen Sohn den Truppen zu zeigen, um ihn 
bei denselben beliebt zu machen." 42,16*
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.