sein. — Damals hatte diese Notiz wenig
Wahrscheinlichkeit für sich. Allein jetzt, nach
den Enthüllungen in den „Hamburger
Nachrichten", gewinnt der Inhalt der an
geführten Nachricht an Wahrscheinlichkeit."
— Die offiziös e „Karl sr.Z ei tung"
schreibt in Bezug auf den Sonnabend
Artikel der „Hamb. Nachr.", derselbe ent
ziehe auch der Behauptung, daß man in
Wien und Rom offiziell von der Existenz
des deutsch-russischen Neutralitätsvertrages
unterrichtet war, den Boden, und sie lasse
damit den deprimirenden Eindruck,
den das Hamburger Sprenggeschoß in den
dreibundfreundlichen Kreisen Oesterreich-
Ungarns hervorrief, und der den slavi
schen Gegnern des Deutscht hums
die Waffen schärft, begreiflich er
scheinen. Es sei selbstverständlich nicht die
erfolgreiche Politik, die dem Deutschen
Reiche die Sicherheit und den Frieden nach
zwei Seiten verbürgte, gegen welche sich,
mit verschwindenden Ausnahmen, die ge
sammte deutsche Presse wende. Es sei
vielmehr die durch keinen äußeren Anlaß
begründete und niemals zu begründende
publizistische Indiskretion, die thatsächlich
einen Augenblick unsere Beziehungen zu
Oesterreich und Italien trübte, die deutsche
Politik dem Verdacht der Doppelzüngigkeit
aussetzte und unsere die deutsche Weltpolitik
leitenden und für ihren Gang verantwort
lichen Staatsmänner bewußterweise bloß
stellen sollte.
— Die Erklärung i nt „Reichs-
anzeige r", so wird offiziös noch aus
drücklich im „Hamb. Corr." geschrieben, ist,
wie dies nicht' anders zu erwarten war,
von dem Reichskanzler Fürsten
Hohenlohe selbst veranlaßt worden.
— Das Hamburger Organ des Fürsten
Bismarck reproducirt an hervorragender
Stelle folgendes Telegramm, das aus
Hamburg an den Fürsten eingetr osfen ist:
Hurrah! Du kühner Fechter!
Wie jeder Hieb da sitzt,
Wenn sich die Officieuse
Darüber auch erhitzt.
Schlag sie nur auf die Köpfe,
Du Fechter deutscher Art,
Schirm uns mit diesem Schilde,
Du deutscher Ekkehard.
Aus der auffallenden Form der Ver
öffentlichung geht hervor, daß Fürst Bis
marck damit einverstanden ist, wenn man
in ihm den Urheber der Enthüllungen und
der Fehde mit dem Reichsanzeiger erblickt.
In einem Gespräch, welches ein Mitar
beiter der Leipz. N. N. mit dem Fürsten
hatte, sagte dieser:
„Ja, ich habe mir wohl gedacht, daß
der Stein, welchen die Hamburger Nach
richten in den Entenpfuhl geworfen haben,
ein lautes Gequak hervorbringen würbe,
aber daß der Lärm so arg werden würde,
ist mir doch überraschend. — Was mit der
Veröffentlichung bezweckt wird, möchten die
Blätter wissen?" Und Bismarck beant
wortete diese Frage selbst in dem Sinne,
daß dies lediglich Sache derjenigen sei,
welche die von Hamburg aus erfolgten
Mittheilungen über das deutsch-russische
Abkommen für nöthig gehalten hätten.
Auf eine weitere Frage antwortete der
Fürst: „O, Sie überschätzen meine poli
tische Leidenschaft. Ich habe ja auch ebenso
wenig Verantwortlichkeit wie Einfluß, und
ich erlebe auch schwerlich die Folgen dessen,
was jetzt geschieht oder unterbleibt. Aber
ich bedaure doch, daß, nachdem wir dreißig
Jahre im Aufschwung gewesen sind, jetzt
die Sache rückwärts geht. Ich erlebe ja
-.as Ende nicht, aber für meine Söhne
thut es mir leid. Nun, sie mögen sehen,
wie sie fertig werden." — Jemand wies
auf die jetzigen und früheren Preßdrohun
gen an die Friedrichsruher Adresse hin,
daß dem Fürsten „der Prozeß gemacht
werden müsse". — Dazu meinte der Fürst:
„Ja, ich meinerseits habe gar nichts da
gegen, wenn sie mir einen dramatischen
Abschluß gestalten wollen." Dadurch wurde
das Gespräch wieder auf das hohe Alter
des Fürsten gelenkt und auf die Hoffn un
gen, die seine Feinde und Gegner darauf
gründeten. Mit gutmüthigem Lächeln
äußerte der Fürst; „Gegen das Alter bin
ich freilich machtlos; aber ich fühle mich
doch noch nicht so hinfällig, wie die Herren
glauben, daß ich bin. Es geht ja abwärts
auf meinem Lebenswege, aber doch nur
langsam."
— Das eigentliche Ziel der Ent
hüllungen des Fürsten Bismarck,
so schreibt auch der offiziöse „Hamb.
Korr.", war ein höheres. Graf Caprivi
war nur die Deckadresse. Der Artikel der
„Neuen freien Presse" läßt — wie auch
in diesem Blatte gestern hervorgehoben wurde
—- darüber nicht den mindesten Zweifel:
„er wendet sich so offen, wie es ohne
Namensnennung nur möglich, an Kaiser
Wilhelm II. als Urheber der Absage
an Rußland im Jahre 18 90.
— Vor einigen Tagen machte, so be
merkt die „Nationalztg.", ein militärischer
Mitarbeiter des Pariser „Figaro" beiläufig
die Bemerkung, die Stunde sei nicht mehr
ferne, da der Minister genöthigt sein wird,
200 Millionen für die Umgestaltung des
Artillerie-Materials in Anspruch zu nehmen;
es würde zu nichts führen, sich über solche
Forderungen zu beklagen; der „beio affnete
Friede" sei nur um diesen Preis zu haben.
Man hat aus dieser Äußerung geschlossen,
daß die Herstellung von Schnellseuerge-
schützen für die französische Artillerie
bereits im Gange sei. Ob dem so ist,
wissen wir nicht, aber wir haben Grund
zu der Annahme, daß auf deutscher Seite
alle Vorkehrungen getroffen sind, um, falls
von Frankreich aus den europäischen Völ
kern diese neue Last aufgenöthigt wird,
uns wenigstens den rechtzeitigen militäri
schen Vortheil derselben zu sichern. —
Angesichts der Möglichkeit einer kostspieligen
Umgestaltung des Artilleriewesens sollte
man um so mehr sich in den Forderungen
für neue Schiffsbauten begrenzen.
— Das von der sächsischen M i -
litärv erwaltung seit einigen Iah-
ren befolgte Verfahren, den Bedarf
des Heeres an Körnerfrüchten
von den s ä ch s i s ch e n L a n d w i r t h e n
möglichst direkt zu kaufen, hat sich nicht
bewährt. Die sächsischen Proviantämter
klagen darüber, daß ihnen, infolge des
schlechten Erntewetters, von Seiten der
Landwirthe neuerdings fast gar keine An
gebote gemacht werden. Um den Bedarf
an Körnerfrüchten zu decken, sieht sich da
her die Militärverwaltung genöthigt, sich
an andere Bezugsquellen zu wenden und
außersächsisches Getreide zu kaufen.
— Gegen den D i st r ikts kom missar
v. Carnap ist, wie das „Pos. Tagebl."
erfährt, wegen der in der Schwurgerichts-
Verhandlung zur Sprache gebrachten, noch
nicht verjährten Mißhandlung des
Nachtwächters und des Arbeiters
Grygiel in Pszenica bereits ein straf
rechtliches Verfahren eingeleitet
worden.
Der Druckfehlerteufel hat der
„Königsberger Hart. Ztg." in ihrer poli
tischen Uebersicht zu einer sensationellen
Nachricht verholfen. Darnach herrschte in
den leitenden türkischen Kreisen die Absicht,
sich einen Kriegsschauplatz anzulegen.
Einen Kriegsschauplatz mit allem Komfort
der Neuzeit — keine üble Idee! Vielleicht
ließe er sich sogar, so lange er von den
Unternehmern nicht selbst gebraucht wird,
an andere kriegslustige Nationen ver-
miethen! Es sollte natürlich nicht Kriegs
schauplatz, sondern Kriegsschatz heißen.
Weil er nicht die Konzession für
eine „Altdeutsche B ierstube" erhielt,
hat der Zimmermeister Meyer in Gleiwitz
sein im Jahre 1872 zu Gunsten seiner
Vaterstadt gemachtes Testament zerrissen
und verbrannt. In demselben hatte er
10000 Mk. für das Bürgerhospiz, 10000
Mk. für die neue katholische Kirche jin
Gleiwitz und 10000 Mk. für einen andern
wohlthätigen Zweck vermacht. Das Testa
ment war gerichtlich deponirt.
Pforzheim, 29. Oct. Eine richtige
Robinsonade scheinen zwei Schüler
einer hiesigen Lehranstalt ausführen zu
wollen. Sie entfernten sich nach der
„Neckarztg." vorgestern von hier, indem
sie die Richtung nach Calw einschlugen,
woselbst ihre Spur, vorläufig wenigstens,
verloren ging. Die unternehmenden Jungen
rüsteten sich vor ihrer Abreise mit einem
Zelttuche, einem „Tomahawk" in Gestalt
eines Küchenbeils, sowie mit „Proviant"
aus, was darauf schließen läßt, daß sie
ihr „Wigtvam" im Freien aufzuschlagen
gedenken. Lange wird das „Wildsein"
wohl nicht dauern.
Aus dem Rheingan, 1. Nov. Bei dem
denkbar schlechtesten Wetter hat der dies
jährige Herbst seinen Anfang genommen
und scheint auch so endigen zu wollen.
Die Weinlese liefert der Menge nach
durchgehends ein recht günstiges Resultat,
denn die ausgelaufenen Trauben fallen
nicht sehr in's Gewicht. Die Trauben
sind durchgehend dünnhäutig und geben
viel Most. Die Qualität ist gering, eine
Folge der ungünstigen Witterung im letzten
Vierteljahr, in der Zeit, in der die Trauben
reifen und edel werden sollten. Einen
Mittelwein giebt es, der über den 1891er
zu stellen sein wird.
Nürnberg, 1. Nov. In Fürth kam
gestern die bekannte Beleidigungsklage
des volksparteilichen Lehrers Mähr lein
gegen Magistratsrath Kurz Verhandlung,
der geäußert haben sollte, daß M. aus
einem von der Straßenbahngesellschaft ver
anstalteten Festmahle bei dem Hoch auf
den Prinz-Regenten sitzen geblieben sei.
Das Schöffengericht hatte Kurz freige
sprochen, weil er es als festgestellt er
achtete, daß M. während der an das Hoch
anschließenden Königshymne sitzen geblieben
sei. Bei den einander widersprechenden
Zeugenaussagen einigen sich auf Vorschlag
des Vorsitzenden der Strafkammer beide
Parteien in einem Vergleich
Kassel, 2. Nov. Das Kindermädchen
Möller, welches einem Säugling ihrer
Herrschaft auf Wilhelmshöhe Phosphor/
köpfe von Schwefelhölzern in eine Milch,
flasche gethan und das Kind diese Sub-
stanz trinken ließ, wurde wegen versuchten
Giftmordes, weil das Mädchen erst 15
Jahre alt ist, zu einem Jahre Gefängniß
verurtheilt. Das Kind wurde durch die
Aerzte gerettet.
Hildcsheim, 2. Nov. Ein nächtliches
Abenteuer eigener Art war die Ursache,
daß der in den 50er Jahren stehende
Thierarzt Haar strick, ein bekannte,
und angesehener Bürger unserer Stadt,
sich heute vor der hiesigen Strafkammer
wegen Uebertretung der Straßenpolizei
oerordnung, B e a m t e n b e l e idig un g,
Widerstandes gegen die Staats
gewalt und w i s s e it t l i ch falscher
Anschuldigung zu verantworten hatte.
Als H. auf der Rückkehr von einer Ge
schäftstour am 17. Juni d. I., Abends
nach 11 Uhr, innerhalb der Stadt mit
seinem Gefährt in schneller Gangart eine
schlecht beleuchtete Bahnunterführung pas-
sirte, stürzte aus dem Halbdunkel hervor
mit erhobenem Stocke und dem Rufe Halt!
ein ihm unbekannter Mann und fiel dem
Pferde in die Zügel. Als der Unbekannte
das Pferd nicht zum Stehen zu bringen
vermochte, schwang er sich hinten auf den
Wagen, ergriff mit der linken Hand die
Zügel und, nach Angabe des H., mit der
Rechten dessen Kragen und zog diesen so
fest an, daß dem Angegriffenen fast der
Athem ausging und der Hals mehrere
Tage geschwollen war. H, der glaubte,
daß es sich um einen Ueberfall handelte,
hielt seine goldene Uhr nebst Kette fest,
schleuderte dem vermeintlichen Räuber ein
derbes Schimpfwort entgegen und begann
dann laut um Hülfe zu rufen, während
das scheu gewordene Pferd mit dem Gefährt
aus der Bahnunterführung hervor auf den
vor dieser befindlichen freien Platz raste.
Auf die fortgesetzten Hülfernfe des H.
kamen aus einer nahen Gastwirthschaft die
Wirthsleute nebst zahlreichen Gästen herbei
und brachten das Pferd zum Stehen. Der
auf dem Wagen stehende Unbekannte fragte
jetzt nach dem Namen des H., während
dieser wissen wollte, wer sein ungebetener
Fahrgast wäre. Dieser zeigte eine Polizei
liche Erkennungsmarke und fügte hinzu,
seinen Namen könne H. am anderen Morgen
auf dem Rathhause — dort befindet sich
das Polizeibüreau — erfahren. Das Bor
zeigen der polizeilichen Erkennungsmarke
hat aber weder H. noch haben es die
Umstehenden bemerkt, mit Ausnahme eines
Nachtwächters, der auf einen Pfiff des
Polizeibeamten in Civil, denn ein solcher
war es, herbeigeeilt war. H., der noch
immer glaubte, daß es sich um einen
Ueberfall gehandelt hätte, erstattete am
andern Morgen der Polizeibehörde und am
zweiten Tage auch der Staatsanwaltschaft
schriftliche Anzeige von dem Vorfall, erfuhr
dann aber von dem erwähnten Nachtwächter,
daß er es mit einem Polizeibeamten zu
thun gehabt habe, der ihn angehalten hatte,
weil nach seiner Meinung das Fuhrwerk
des H. nicht erleuchtet war. Die Folge
war die oben erwähnte Anklage. Der
Angeklagte bestritt heute, daß sein Fuhr
werk bei der Durchfahrt unter der Bahn
unterführung unbeleuchtet gewesen sei und
behauptet, das Licht sei erst während der
Fahrt mit dem Beamten in Folge einer
dabei vorgekommenen Beschädigung der
Laterne erloschen. Diese Behauptung wurde
durch Zeugen unterstützt, welche die Laterne
wieder angezündet und dabei bemerkt hatien,
daß sie noch warm war. Der Angeklagte
will auch nicht, wie der Beamte aussagt,
beim Anrufen durch diesen sein Pferd zu
einer schnellen Gangart angetrieben, sondern
die Gewalt über das Pferd verloren ge
habt haben Zahlreiche Zeugen bekundeten,
daß das Pferd sich immer scheut, die frag-
liche Bahnunterführung zu passiren, und
daß es, wenn es sich endlich dazu entschließt,
stets in die schnellste Gangart zu verfallen
pflegt. Der Staatsanwalt hielt die Anklage
in vollem Umfange aufrecht und beantragte
außer einer Geldstrafe für die Nichtbeleuch
tung des Fuhrwerks 8 Monate und 3
Wochen Gefängniß. Der Gerichlshof ver-
urtheilte den Angeklagten nur wegen Be-
amienbeleidigung zu 100 Mark Geld
strafe und in die Kosten.
Zwickau, 2. Novbr. Die Wenzel'sche
Papierfabrik in Hundshübel ist sammt der
Fabriktischlerei niedergebrannt. Die Ent-
stehung des Feuers ist unaufgeklärt. 150
Arbeiter sind brodlos.
Hamburg, 2. Nov. Graf W i l h e l m Bis
marck weilt seit Anfang voriger Woche
in Friedrichsruh. Man bringt die An
wesenheit mit den letzten Vorgängen in
Verbindung.
Hamburg, 2. Nov. Am gestrigen Um
ziehtage wurden bei dem hiesigen Amts
gericht 30 Räumungsklagen anhängig ge
macht. Es sind das Klagen gegen Miether,
die trotz ordnungsmäßiger Kündigung die
Wohnung nicht verlassen wollten. Um
diese Geschäfte zu erledigen, waren 6 Amts
richter beauftragt, von 10 Uhr morgens
bis 7 Uhr Abends Termin abzuhalten.
In den nächsten Tagen wird am Alten
wall in Hamburg das neue Fernsprech,
amt eröffnet werden, welches nach amtlicher
Mittheilung das größte der Erde sein
wird, da es ungefähr 10 000 Leitungen
von Hamburg und den entfernteren
Stationen aufnehmen kann. In den großen
Sälen des umfangreichen Amtes sind 200
Telephonistinnen thätig.
Provinzielles.
Der bekannte Margarinefabrikant A.
L. M o h r in Bahrenfeld wird eine neue
C a c a o f a b r i k ins Leben rufen. Die
Vorbereitungen sind schon so weit gediehen,
daß die Fabrik zum Frühjahre in Betrieb
gesetzt werden kann.
WandSbeck, 3. Nov. Eine wohl
habende Dame, eine Rentiere, hat
aus einem Garten verschiedene Blumen
entwandt, außerdem aber die gärtnerischen
Anlagen auf dem Familiengrab des Be
stohlenen gänzlich verwüstet. Während der
Amtsanwalt nur einen Tag Gefängniß be
antragte, erkannte das Gericht auf fünf
Tage.
Altona, 1. Nov. Die hiesige Kriminal
polizei hat hier gestern Nachmittag einen
guten Fang gemacht, indem sie zwei raffi-
nirte Schwindler, einen Commis Jsenberg
und dessen Schwager Elkan aus Hamburg er-
mittelte und verhaftete. Diese beiden saubern
Herren machten auf folgende Weise ein groß
artiges Geschäft. Sie hatten sich hier in der
Gustavstraße 14 ein Komptoir gemiethet
und erließen in Hamburger und andern
Blättern der Nachbarschaft Inserate, in
denen sie bekannt gaben, daß ein Hamburger
Kapitalist 100 000 Mk. gegen Sicherheit
oder Bürgschaft in Posten bis 5000 Mk.
mit 6 Prozent Zinsen verleihen wolle.
Auskunft würde in der Gustavstraße ertheilt.
Natürlich eilten und schrieben viele Hülfs-
bedürftige dorthin, denen dann bedeutet
wurde, daß sie vorher für einzureichende
Erkundigungen, Bemühungen u. s. w. Be
träge von 2 bis 10 Mk. je nach Höhe
des gewünschten Darlehns zu zahlen hätten.
Die meisten erklärten sich hierzu auch
bereit und infolge dessen erwuchs diesen
unternehmenden Jünglingen daraus eine
Tageseinnahme von 50 Mk. und mehr.
In drei Fällen sollen sie kleinere Beträge
thatsächlich auch gegen hohe Zinsen ver
liehen haben. Jsenberg hat vor einiger
Zeit in Hamburg erst den Offenbarungseid
geleistet. (D. T.)
Neustadt, 1. Nov. Der heutige „Bündel-
tag" hatte einen lebhaften Verkehr durch
an- und abziehende Dienstboten im Gefolge.
Die Löhne sind gegen früher ganz dieselben
geblieben, an Knechte zahlt man je nach
der Stel
300 Mk
180 Mk
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Vermischtes.
— Der arme Fürst BiSmarck! Das hat
er nun davon, daß er sich in sein Lauen-
burger Herzogthum einschließt und nichts
von der Welt wissen will, Niemanden
empfängt und sogar Deputationen, die ihm
einen Ehrenbürgerbrief überbringen, ver
geblich antichambriren läßt! Kaum hat er
den chinesischen Trubel mit Li-Hung-Tschang
hinter sich. kaum kann er sich von diesen
endlosen Strapazen, in die er durch den
Träger der gelben Jacke und geknickten
Pfauenfedern hineingezogen wurde, endlich
ein wenig erholen, so sind schon spleen
behaftete Amerikanerinnen hinter ihm her,
ihm den letzten Rest seiner beschaulichen
Ruhe zu stören und zu rauben. Auf solche
ingeniöse Ideen kann aber auch nur ein
amerikanisches Gemüth verfallen; welcher
Sterbliche sonst ist im Stande, europäisch
gebildete Ohren, noch dazu denen des
großen Weltevneert - Capellmeisters, ein
durch einen Petroleum - Motor zu be
treibendes Orchestrion zuzumuthen? Es ist
kein Scherz, sondern bittere Wahrheit:
amerikanische Damen haben dem Fürsten
ein Orchestrion geschenkt, das 36 Stücke
spielt und das von solch' wahnsinnig großen
Dimensionen ist, daß es durch einen Motor
betrieben wird Der Maschinen-Jngenieur,
der den Motor montirt, ist aus Amerika
mitgekommen. Armer Fürst, wie wird
das werden, wenn dieses unglückliche
Orchestrion seinen „Yankee Doodle“ oder
„Mc. Kinley ist the smartest man“ oder
gar „Hiddeli-titi, hi-ti-ti“ zu brüllen anfängt,
wie wird das enden, wenn es im ganzen
Herzogthnm Lauei-.bnrg von nichts Anderem
denn „Daisy, Daisy", „After the bal“
oder ,,Trara-ra-boom-de-ay‘‘ tönt? Wie,
wenn diese amerikanische Maschine verrückt
wird, und aus einmal alle 36 Lieder los
läßt? Dieser Gedanke ist zu schwarz und
niederträchtig, — wir haben auch nicht
den Muth ihn sorlzuspinnen. Eines ist
aber sicher, es wird nicht lange dauern,
und Dr. Chrysander wird nach Amerika
um den Maschinen-Jngenieur kabeln, daß
er das Teufelswerk wieder abhaue, — oder
aber die Lauenburger werden alle taub.
— Der ehemalige Rechtsanwalt Fritz
Friedmann, Docteur en droit, Chevalier
da l’Ordre de St. Stanislas de Russie,
Paris, bietet sich jetzt, wie der „Fränk. K."
berichtet, als . . . Zeitungskorrespondent
an, und zwar in einem Briefe, worin er
behauptet, daß sein Name den Zeitungs
redactionen „nicht unbekannt sein"
dürfte.
— Ein Fraucnduell. Die Frauen-
bewegung macht in Italien gewaltige
Fortschritte; sebst das Duell ist dort
nicht mehr ein Vorrecht der Männer, wie
folgender Vorfall beweist, der uns aus
Salerno gemeldet wird: Maria Antoniello
und Maria Lullo aus Oliveto Citra sind
Todfeindinnen. Eine von ihnen hatte der
Anderen den Liebsten abwendig gemacht.
Dieser Tage geriethen die beiden Damen
ans der Straße hart an einander;
Drohungen flogen herüber und hinüber,
und schließlich schrie die Antoniello der
Lullo in's Ohr: „Auf dem Kirchplatze
sehen wir uns wieder!" — „Jawohl, in
einer halben Stunde", bekräftigte die Lullo.
Eine halbe Stunde später standen sich die
beiden Kämpinnen, mit Aexten
bewaffnet, auf dem Kirchplatze gegenüber
und schlugen tapfer auf einander los. Die
Lullo verließ den Kampfplatz mit einer
schweren Kopfwunde; aber auch ihre
Gegnerin war etwas arg „zerzaust", ivas
die königlichen Carabinieri jedoch nicht
verhinderte, sie zu verhaften und in das
Gefängniß zu führen.
— Der Mann mit dem Hundertmark
schein, von dem wir jungst eine ergötzliche
Geschichte erzählten, hat einen Doppel
ganger, wie uns geschrieben wird. Dieser
leidet ebenfalls an der nicht weiter gefähr
lichen Renommier-Krankheit und „arbeitet"
nach einem Prinzip, das mindestens ebenso
originell ist. Unser Renommierbruder ist
Versicherungs-Beamter, unverheirathet und
bezieht ein Gehalt, von dem er ganz gut
leben kann. Aber er bildet sich ein oder will
es vielmehr Leuten glauben machen, einen
steinreichen Erbonkel zu besitzen, und that
sächlich langen von diesem „Erbonkel" alle
Augenblicke größere und kleinere Geld-
sendungen an. Das geht folgendermaßen
zu: Hat Herr X. sein Monatsgehalt in
der Tasche, so giebt er zwei Hunderter an
seine eigene Adresse auf. Das ist der
„Hauptzuschuß vom Erbonkel" ! Am andern
Mittag ist die erste, an die „Schlafmutter"
gerichtete Frage: „Hat mein Onkel schon
Geld geschickt?" Natürlich, ja, wie immer,
zweihundert Märker! So wiederholt sich
das im Monat unter Umständen noch
mehrere Male; nur werden die Beträge
immer kleiner, und einmal soll sogar der
Onkel kurz vor dem Letzten „bloß einen
lumpigen Zwanziger" geschickt haben. Die
„Schlafmutter" müßte keine rechte Evas
tochter sein, wenn sie nicht der ganzen
lieben Nachbarschaft von ihrem wohl
habenden Chambregarnisten erzählen wollte;
was Wunder also, daß auch Herr 3fc\ eine
„vielumworbeneParthie" ist. Indeß glauben
wir, daß ihm ebenfalls die Stunde schlagen
wird, in welcher das kunflvoSe Karten
gebäude zusammenstürzt und der „Erb
onkel" sich vor aller Welt in eitel
Dunst auflöst.
— Durch Felsstürze auf der Brenner-
bahn wurde ein Zug um ein Haar in
einen Abgrund geschleudert. In der Nacht,
so schreibt man aus Franzensfeste, stürzten
drei überhängende, sehr große Felstrümmer
den Hang herunicr .und kollerten in dem
Augenblick auf das Geleise, als der Postzug
von Innsbruck an diese Stelle kam. Ein
Felsstück schlug den rechtsseitigen Cylinder
der Locomotive weg, so daß die Weiter-
fahrt unmöglich >oar. Es Ivurde sogleich
ein Bote nach Aßwang gesandt, wo der
Nachtschnellzug nach München stand, und
dieser wurde zurückgehalten. Ein Glück
ist es zu nennen, daß die übrigen Fels-
trümmer den Zug nicht berührten, und
daß trotz der Wucht, mit welcher der eine
Block auf den Cylinder der Locomotive
auffiel, das Bedienungspersonal derselben
unbeschädigt blieb. Mit dreieinhalbstündiger
Verspätung konnte endlich der Postzug
mittels einer Hilfsmaschine die Fahrt
fortsetzen.
— Ocffentlichc Schlachthäuser bestehen
in den Regierungsbezirken Königsberg 23,
Gumbinnen 13, Danzig 4, Marienwerder
20, Berlin 1, Potsdam 12, Frankfurt
a. O. 9, Stettin 6, Köslin 8, Stral-:
fund 4, Posen 16, Bromberg 16, Breslau 17,
Liegnitz 14, Oppeln 19, Magdeburg 7,
Merseburg 6, Erfurt 2, Schleswig 1,
Hannover 2, Hildesheim 6, Lüneburg 3,
Stade 1, Osnabrück 2, Aurich 4, Münster 6,
Minden 7, Arnsberg 23, Kassel 11, Wies-
baden 4. Koblenz 5', Düsseldorf 17, Köln
Trier 8, Aachen 3, Sigmaringen 2,
' .11 •>, ^vyuiumijjwi Aj f
zusammen in 307 Städten. In 248 Orten
ist mit dem Schlachthause eine Freibank
verbunden, in 53 dagegen nicht. Die Zahl
der Schlachtungen in den vorgenannlen
307 Schlachthäusern betrug: 23 790 Pferde,
662 164 Rinder, 972,500 Kälber unter
6 Wochen, 1 056 524 Schafe und Ziegen,
2 630 841 Schweine. Außerdem wurden
in die bezüglichen Städte eingeführt: 355%
Pferde, 104 342% Rinder, 225 940 Kälber
unter 6 Wochen, 100 034'/., Schafe und
Ziegen, 298 622'/., Schweine.
— Drusche Treue und englische Aus-
spräche. Hausfrau: „Aber Trine, warum
weinen Sie denn?" — Köchin: „Ach,
Madame, mein L-chatz hat mir betrogen!
Er wollte nach Amerika gehen und mir
später nachkommen lassen und jetzt schreibt
er mir, er wäre mit der Red-star-„iitite"
abgefahren!"
— Missverstanden „Herr Kommerziell-
rath, ich preise mich glücklich, in Ihrer
Tochter meine zukünftige Fran gefunden
zu haben!" — „Glaub's bei einem Finder-
lohn von zweimalhunderttausend Mark!"
Unangenehm Fräulein A.: „Wie,
Du bist noch nicht verheirathet? Du hast
mir doch schon vor einem Jahre gesagt,
daß Dein Verehrer Dir einen Heiraths-
amrag machen wollte?" — Fräulein B.:
„Ja, weißt Du, der arme Mensch stottert,
und da ist er bi» heute noch nicht damit
fertig geworden."