und die Sache schien hiermit abgethan zu
sein. Jetzt scheint indessen der Grund
eigenthümer, Hufner Nissen-Sterupgaarde,
die Angelegenheit weiter betreiben zu
wollen. Vielfach ist noch unbekannt, daß
die etwa im Grunde ruhenden mineralischen
Schätze nicht dem Grundeigenthümeer ge
hören, sondern erst durch Muthung für
ein bestimmtes Grubenfeld erworben werden
müssen. Hufner Nissen hat nun eine be
zügliche Eingabe an das zuständige Ober-
bergamt zu Klausthal i. H. gerichtet und
ihm ist die Mittheilung geworden, daß
ihm das Recht zum Abbau für ein Gruben
seld von 220 Hektar zuerkannt werde
falls er für die Besichtigungsreise eines
Ober-Bergbeamten nach hier deponire
Nachdem dies geschehen, wird in den
nächsten Tagen ein Ober-Bergbeamter hier
eintreffen, um an Ort und Stelle die
Untersuchungen vorzunehmen. Jedenfalls
wird es sich nun zeigen, ob die Hoffnungen
auf eine „Quecksilbergrube Sterupgaarde"
in Erfüllung gehen, oder, wie schon an
so vielen Stellen, sich als eitel Trug
schlösser erweisen.
Der Flensburger Werftarbeiter-Streik
hat für die Arbeiter einen Lohnausfall von
ea. 300 000 Mk. erbracht, während die
erlangte Lohnerhöhung etwa 4000 Mk. pro
Jahr ausmacht.
Der Händler Eduard Meggers verkaufte
auf dem Flensburger Pferdemarkt am
Donnerstag mit einem Handschlag drei
„gesunde, muntere" Pferde für zusammen
65 Mk. an einem Händler aus Schleswig.
Schwer geprüft wurde der Arbeiter
Wesemann in Elmshorn. Demselben
wurden nacheinander vier seiner Kinder
im Alter von 1, 4, 9 und 16 Jahren
durch Diphtheritis hingerafft.
Vermischtes.
— Ueber die Hochzeitsgcschcnke, welche
Herzogin Elisabeth von Mecklenburg an-
läßlich ihrer Vermählung mit dem Erb
großherzog von Oldenburg erhalten hat,
verlautet: Bei der Kürze der Zeit, welche
zwischen Verlobung und Vermählung lag,
haben die kostbaren Geschenke für die
Herzogin nicht fertig gestellt werden können.
So wurde der überreichten Adresse die
Zeichnungen der Gegenstände beigefügt,
welche bestehen in einem herrlichen Lustre,
einem Kaminspiegel, zwei Wandcandelabern,
zwei Tischcandelabern und einem Tafel-
aufsatz, alles aus echt venetianischem Glas
gearbeitet. Hoflieferant Krefft übersandte
der Herzogin ein überaus kostbares
Schlummerkissen von Seide, rings mit
prächtigen Spitzen geschmückt. Das Kissen
zeigt in herrlicher Stickerei das Monogramm
der Herzogin und ihre eigenen Worte, die
sie anläßlich einer Huldigung im Balkon
des Marienpalais sprach: „Muß ich auch
scheiden von meinem geliebten Mecklenburg,
so bleibt ihm doch meine Treuei" Hof-
bildhauer Buchholz überreichte der hohen
Frau das große, in kunstvoller Weise aus
Holz gearbeitete Reliefbildniß ihres ver
storbenen Vaters, des Großherzogs Friedrich
Franz II., auf goldenem Grunde. Der
Rahmen, der das Bild umgiebt, trägt das
meklenburgische Wappen. 60 junge Damen
Schwerins überreichten einen Paravent,
der aus drei Feldern besteht und in
Malerei und Stickerei ausgeführt ist. Das
Mittelfeld zeigt das Schweriner Schloß in
Abendbeleuchtung von der Wasserseite, das
linke das Schloß zu Rabensteinfeld, das
rechte den Aussichtsthurm des Kaninchen
werders bei Schwerin. Ein anderes, sehr
originelles Geschenk ist ein Frühstücksservice
von sechs Theilen. Ein Plateau mit dem
oldenburgischen und dem mecklenburgischen
Allianzwappen und reicher, goldener
Arabeskenverzierung. Kaffeekanne, Zucker
dose und Sahnentops mit demselben Wappen
geschmückt, während die Tassen die Mono
gramme des Paares E. und F. A. zeigen
Ein anderes Service ist in eigenartiger
Weise mit den wohlgetroffenen Bildnissen
derjenigen Personen geschmückt, die der
Herzogin besonders nahe stehen. Die Kanne
trägt die Portraits ihrer Eltern, des öer
storbenen Großherzog Friedrich Franz II
und der Großherzogin Wittwe Marie, die
Tassen das ihre und das des Erbgroß
Herzogs von Oldenburg, die Milchkanne
die verschlungenen Namenszüge des neu
vermählten Paares. Die Beiträge der
Schweriner Damen zu einem Hochzeits
geschenk für die Erbgroßherzogin von
Oldenburg, sind in so reichem Maße
geflossen, daß es möglich gewesen ist, ein
überaus reiches silbernes Thee- und Kaffee
service zu wählen. Erwähnenswerth unter
den Geschenken ist noch eine von mecklen
burgischen Landständen dargebrachte Prunk
kanne aus Gold und Silber, an welcher
die Münzen des Reiches in ihren mannig-
achen Prägungen angebracht sind, ferner
eine große aus Silber und Gold bestehende
Schale, eine vom Offiziercorps des olden
burgischen Dragoner < Regiments ihrem
rüheren Regiments- und Brigade-Comman
deur dem Erbgroßherzog gestifteten Visiten
kartenschale mit einer ganzen Anzahl ein-
gravirter Wappen, einem mecklenburgischen
Grenadier in Bärenmütze vom Osfizier-
corps des Grenadier-Regiments, eine Bibel
und ein Gesangbuch in blauem Sammet
mit reichem Silberbeschlag und einem
tarken silbernem Kreuz auf dem Deckel,
ein Geschenk hiesiger Damen, eine von
Herrn Professor Malchin gemalte Ansicht
der Stadt Schwerin und des Seegeländcs
von Rabensteinfeld aus aufgenommen. Auch
eine Photographie des Hausvaters, seiner
Familie und der Knaben des von der
Erbgroßherzogin hier begründeten Waisen-
tifts war unter den Geschenken. Der
Hausvater mit seinen Zöglingen war vor
der Abreise der Erbgroßherzogin zur Ver
abschiedung in's Palais befohlen.
Ein kostbarer Sonnenschirm. Aus
Venedig wird berichtet: Venezianische
Damen haben der Braut des Prinzen von
Neapel zur Hochzeit einen Sonnenschirm
geschenkt, der ein wahres Wunderwerk an
Pracht und Geschmack ist. Der Ueberzug
besteht aus einem einzigen Stück alter
venezianischer Spitzen. Er ist so geschickt
gefaltet, daß jeder Schnitt vermieden wurde.
Im Innern ist der Schirm mit weißer
Seide gefüttert. Der Griff wird von einem
einzigen Stück blonden Schildkrots gebildet,
um den sich eine diamantene Schlange
windet. Der Schlangenkopf ist nach oben
gerichtet, nach der Königskrone zu, die,
aus Gold, Brillanten, Saphiren und
Rubinen hergestellt, den Abschluß des
Griffes bildet Am unteren Ende des
Griffes ist eine goldene Schleife angebracht,
auf der mit kleinen Brillanten die Worte
eingelegt sind : „Le signore veneziane 1896.“
Der Schirm ist in ein Etui aus Olivenholz
mit Silberbeschlag eingeschlossen. Den
Deckel der Etuis schmücken überdies zwei
Medaillen der Dogareffa Morosini (aus
dem Jahre 1597) und der Dogareffa
Quirini (aus dem Jahre 1694).
— Musterhafter Satzbau. In Nr. 269
des amtlichen „Braunschw. Anz." findet
sich folgendes Satzungeheuer: „Da Seine
königliche Hoheit, der Prinz Albrecht von
Preußen usw., Regent des Herzogthums
Braunschweig, gnädigst
der auf Grund des Artikels 50 der Ver
fassung des Deutschen Reiches unter dem
14. ds. Mts. seitens Seiner Majestät des
Deutschen Kaisers verfügten Ernennung
des kommissarisch mit der Verwaltung der
bei der kaiserlichen Ober-Postdirektion hier
selbst durch die Pensionierung des Postraths
Magalle erledigten Postrathsstelle beauf
tragten Geheimen expedierenden Sekretärs
Jung zum Postrat und zu der nunmehr
stattgehabten endgiltigen Uebertragung der
gedachten Stelle an denselben die landes
herrliche Bestätigung zu ertheilen, so wird
solches hierdurch bekannt gemacht."—Trotz
aller Examina.
—• Gedankensplitter. Zeit ist Geld heißt
es, und dabei wird doch das meiste Geld
hinausgeworfen, um die Zeit zu vertreiben.
(„Flieg. Bl.")
Butter-Bericht
von Ahlmann & Boysen, Hamburg
Hamburg, den 30. October 1896
Butt»;. Notirung der Notirungs-Cr nmisüon
oereinigt.Butterkau skew e der Hamburger Börse
(«tu Netto «ewtchtt
I. Classe pr. 60 Kilogr Ji 108—110
II. „ „50 „ 105-107
Tendenz: „ruhig".
pr. 50 Ko.
Livland, und Estland, frische Meierei-
Butter JL 82-102
Gestandene Parthien Hofbutter und
fehlerhafte „100-105
Schleswig-Holstein, u. ähnliche frische
Bauernbutter „ 70— 80
Frische Böhmische, Galizische und
ähnliche 2 72-74
F.nnländische Winter- IS! 98-102
Ame..kanische und fremde Butter 60—80
Schmier- und alte Butter aller Art «1 30- 10
Auch in dieser Woche verlief das Buttergeschäft
ehr ruhig; trotzdem die Zufuhren nur klein sind,
konnten sie doch nur mit Verlust verkauft werden
und ist wohl noch manches stehen geblieben. Die
Qualität bietet ja auch leider vielen Anlaß zu
Klagen, da viele ölige, fischige und rübige Butter
herankommt. Sekunda und ältere Waare, mit
Ausnahme von feinster Stoppelbutter, finden gar
keine Beachtung. Bauernbutter, von welcher
glücklicher Weise nur sehr wenig kommt, ist fast
;ar nicht los zu werden. Fremde Sorten sind ent
brechend flau. Unsere Notirung wurde um 8
Mark ermäßigt, während Kopenhagen 4 Kronen
erniedrigte.
No.e-367.,
Königstr. 503, Königstr. 503,
empfiehlt:
Msckrii». Ditititcii
(doppelt gereinigt),
0.40, 0.75, 1.10, 1.50, 1.80, 2.00,SJ
2.20, 3.00, 4.50 Mk.
Fertige Betten
von 22 Mk. an.
Marktbericht für Heu und Stroh.
Hamburg, 30. Oct.
He« bleibt ruhig bei behaupteten Preisen.
Die Anstellungen vom Jnlande sind unbedeutend
und lassen ein lebhafteres Exportgeschäft nicht
zu. Priina Waare ist sehr knapp und würden hier
für verhältnißmäßig gute Preise zu bedingen sein.
Stroh ruhig aber eher besser verkäuflich. Der
Begehr ist jedoch nicht allgemein und einlaufende
Orders können schlank ausgeführt werden. Nach
Beendigung der Feldarbeiten wird ein stärkeres
Angebot erwartet.
Zn Neparatnren
für Tischler, sowie zum Aufpoliren alter
Möbel empfiehlt sich
C. Köster, Tischler, Provianthaussir. 349
Franz Alb r echtTilHr |t rn b r if,
empfiehlt täglich:
Wiener Würstel,
Delikatesse.
lnnģê leûerìnnrst,
a P,d. 80 Pfg.
Special-Arzt
Dr. Meyer ļ
Berlin
Kronenstr. No. 2
I Tr.,
heilt Syphilis u. Mannesschwäche, Weissfluss
u. Hautkrankh n. langjähr. bewährt. Methode,
bei frischen Fällen in 3—4 Tagen; veraltete
u. verzweis, Fälle ebenf. in sehr kurzer Zeit.
Nur V. 12—2, 6—7 (auch Sonntags). Aus
wärt. mit gleichemErsölge briefl. u. verschwieg.
GD Husumer Biehmarkt
vom 29. Oct. 1896.
Die heutige Zutrift bestand aus 1647 Stück
Hornvieh, darunter 37 Zütochsen und 128 Ton-
dernsche Landochsen. Das Uebrige war Landvieh
aus der Umgegend. Die schlechte Witterung,
fortwährend Regen, veranlaßte einen nachtheilrgen
Einfluß auf das Geschäft. Der Markt verlief
äußerst flau und es wurde wohl kaum die Hälfte
umgesetzt. Einige der besten Parthieen Ton-
dernscher Landochsen fanden zum Preise von
270—325 Mk. das Stück Abnehmer. Hiesige
Landochsen kosteten 210—300 Mk., Jütochsen
200—225 Mk. Für l'/,-jähr. Landvieh wurde
150—210 Mk, Ijähriges 100—150 Mk. und für
halbjähriges 75—120 Mk. das Stück bedungen.
Nach Kalbkühen war heute wenig Nachfrage, da
die auswärtigen Händler bereits gestern und
vorgestern ihren Bedarf gedeckt hatten. Bedungen
wurde für Kalbkühe l. Qual. 270—360 Mark,
2. Qual. 180—250 Mk. das Stück — Der Ge-
sammtauftrieb zu den dieswöchigen hies. Märkten
betrug 5997 Stück Hornvieh und 760 Schafe.
Im Contumazstall waren diese Woche 50 Stück
Vieh eingestellt, die vom Rothenhöfer Markt
bezw. aus Süderdithmarschen auf hier gebracht
- „ „ - .und nach stattgehabter Untersuchung dem freien
geruht haben, zu > Verkehr übergeben wurden.
Werkstatt ».Lager
von
großer Auswahl,
in allen
Holz- u. Stilarten,
eigenes Fabrikat,
wie auch
einfache billige
Möbel
empfiehlt
Friedrich La
Bahnhofstr.
8.
Broschüre gratis und franco über
Nervenleiden,
Schwächezustände,
Schnelle, sichere u. dauernde
Heilung von Haut-, geheime
und Frauenleiden, Wunden, Ge
schwüren. mitN ervenleiden ver
bundene Magenleiden, Rheuma
u. s. w. nach langjährig bewährter
Methode ohne Berufsstörung.
DtSr Auswärts brieflich.
Heilanstalt „ISIS“ (Dr. Franz Lang),
Darmstadt (Hessen).
Vorsicht!!!
^Achtung!!!
Warnung!!!
Dr. Spranger’s
Magentropfen,
Balsam und Heilsalbe sind nur dann
ächt, wenn man auf aller Umhüllungen das
,,»jr. Spranger'sche Familienwapven"
sofort erkennen kann. Alle anderen Waaren nnt
anderen Zeichen weise man als werthlos
sofort zurück.
Zu haben in Rendsburg in den Apotheke».
C. C. Spranger, Görlitz.
Sohn u. Erbe des Hofarztes Dr. G. Spranger.
Sect . «
Schlos» Rha.nberg
Käuflich in Weinjresohäften.
Vertreter: Marias Kayser, Mamburg 4.
Qi0O0C'Mi0oio0O0CM:i0O0otofLn
N Georg Coste Nachf., *
Hohestraße 27,
empfiehlt:
X
X
X
” □
:.x
mX
I«
UltL^ltO0OtO0L\ltOtOtOtOtCM'n
fcļrnss-Tliee
Congo-Tliee
Sondiern-; II.
Souchong; I
Pecco-Thee
Probepackete
1
per Pfd. 1.60 Mk.
,, „ 2.00 „
„ „ 2.40 „
,, ,, 3.00 ,.
4.20 ..
enthaltend
4 beliebte Theesorteu, '/»
Psund 25 Psg.
^(KsMusche^CoetheiiJ^
Ist km anerkannt einzig bestwirkende Mittel ļtatt»»
»nd Mäuse schnell und sicher ,u tädten, ohne für
Mensche», HauSthiere und Geffligel schädlich ut fei«,
»achte à 60 Ffff, und 1 Mk.
Niederlage bei
Ff. Brümmer, Droguerie.
Gierig tresseu, teti un-t wurden
nach kurzer Zeit für wenig Pten-
niEje durch das Frei»»*- und
jifnstpnlver von
Herrn. NuHChe, Mnļŗdeburgf,
Schachtel 60 Pf.
F. Schrum Nachf., Rosenstr.
L. A. Kruger,
Bureau: Löwenstrafie,
fertigt Schriftstücke jeder Art fach
gemäß an, zieht Forderungen prompt ein.
ertheilt Rath und Auskunft und hält Aucti
anen ab. Geschäft besteht seit 1873 hier
Ernst Hess, KiingenM,. s„
Harm oiti iU a-Fabrik,
wrjcntri gegen Nachnahme seine
du ■ «i fl lid und dauerhaft
Concert-Zugharmonika
mit prachtvollem Orgelton, 10
Taste», offener Nickelklaviatur,
mit äfachem llfaltigem Doppel
balg, Balgfalten mit vernickelten
Stahlblechspitzccken versehen, 2 Register und
Doppelbässen ä Stück Mk. 5.50. 36 cm hoch.
MU- Diese Harmonika TSW
mit 10Klappen3echt.Registern 70 Stimmen JC 7.50
„ 10 „ 4 „ „ 90 „ „ 9.50
„ 10 „ 6 „ „ 30 „ „ 19.-
„ 10 „ 8 „ ., 170 „ „30.-
Mit Glockenspiel 60 Pfg. höher. Schule füge
ich jeder Harmonika gratis bei.
Die Harmonika wurde wegen ihrer starken
Bauart und Orgeltonfülle auf dtn Weltaus
siellunge» zu Sydney und Melbourne mit den
ersten Preisen gekrönt.
Reich illustrtrten Catalog für Zither,
Violinen, Guitarren, Harmonikas u. s, w.
versende gratis und portofrei.
-1l.
neuester Systeme
aus derFabrik W.Gardens,Wülfel-Hannover
empfiehlt billigst
W. Tlsöl, Kronwerk.
Dsr Witter von Mölsheim.
Roman von Graf Ellgen Haussonville. 13
Der Prinz und seine Gefährten befanden sich in
ihren Verstecken und einem der letzteren, dein kleinen
Conneau, war die Aufgabe zugefallen, sie in dem hü
geligen Dickicht wieder ausfindig zu machen. Da Lulu,
der Sohn Napoleons, nicht gegenwärtig war, so brauchte
Molsheim nicht zu fürchten, hier ersannt zu werden,
was ihm, im Hinblick auf seine späteren Beziehungen
zu Louise, nicht erwünscht gewesen wäre; er konnte da
her das Blumenniädchen in aller Ruhe betrachten.
Langsam schlenderte er auf sie zu und forderte ein
Sträußchen für sein Knopfloch. Sic willfahrte lächclild
und steckte ihm die Blümchen mit graziöserBeivegnng
eigenhändig an: aber während sie dies that, begegnete
ein Blick ihrer fieberheißen Augen den seinen, und dieser
Blick ließ sein Herz erschauern.
Er suchte in seiner Erinnerung, wo er wohl solche
Augen schon gesehen haben könnte. Er fand aber nichts.
Solche Augen, aus denen weder die Hoffnung der Ju
gend, noch die Beruhigung des Alter» blickte, in denen
nichts lag, als die Anzeichen einer erwartuugsr ollen,
bangen, unendlichen Angst, einer inneren Anspannung,
die wie einenberstraffe Sehne, gegen den leisesten Hauch
empfindlich war, und die jeden Augenblick zerreißen
konnte, — solche Augen gab es nicht zum zweiten Mal.
Er legte ihr ein Fünffrankstück in die Hand.
„Ich danke Ihnen, mein Herr," sagte sie.
Er hörte ihre Stimme zum ersten Mal. Dieselbe
war leise und wohlklingend, verriet aber eine eiserne
Entschlossenheit. Im späteren Alter, wenn der Wohl
klang verschwunden war, mußte eine solche Sprache hart
und grausam klingen. . . . . ,, ,
Er trat wieder zuruck und ließ sich m eme Nnter-
rednng mit dem Erzieher des Prinzen ein. Derselbe
kannte ihn dem Ansehen nach und fühlte sich nicht we
nig geschmeichelt, von einem so ausgezeichneten Kavalier,
wie dem Kapitän, mit einer Ansprache beehrt ziNverden.
Während dieser Unterhaltung verwendete der Ritter
»oy Molsheim keinen Blick von dem Blumenmädchen,
welches geschäftig zwischen den anwesenden Herren hin
und her trippelte, um ihre Vorräte an den Mann zu
bringen, von denen sie auch nur noch wenige Reste in
ihrem Körbchen hatte.
Ihre Kleidung glich der einer Bäuerin alls den süd-
lichen, in der Nähe der Pyrennäen gelegenen Provin
zen. Diese Tracht paßte vortrefflich zu ihrer schlanken,
mädchenhaften Figur; sie ließ die Füße und Knöchel
unbedeckt, die so zart und zierlich waren, daß eine spa
nische Balleriue sie wohl darum hätte beneiden können.
Allein auch während sie ihre Blumen verkaufte und auf
die freundlichen Anreden anlvortete, die allenthalben
an sie gerichtet wurden, behielten ihre Augen stet» den
selben fieberhaft erregten Ausdruck. Seltsamer Weise
schien sie sich auch nicht im mindesten um das Spiel
des Prinzen zu bekümmern, sondern lediglich ihrem Ge
schäfte nachzugehen, welches ihr allerdings auch Profit
genug brachte.
Wenige Minuten nach des Kapitäns Eintreffen kam
auch Pan herangeschlendert.
Mit harmloser Miene machte er sich an das Blu
menmädchen heran, um noch ein Sträußchen zu kaufe».
Louise hatte ihn bereits kommen sehen, und Molsheim
entnahm aus dem Blicke, den sie dem Geheimagenten
entgegenwarf, daß sie nur wenig Freude an diesem
Kunven habe.
Pan nahm jedbch diesmal seine Blume ganz höf
lich und ruhig in Empfang, erlegte den Preis dafür
und zog sich zurück. Gleich darauf aber, als fiele ihm
plötzlich etwas ein, trat er wieder an sie heran und
raunte ihr etwas in's Ohr. Die Wangen des Mädchens
erbleichten. Wenn Blicke zerschmettern könnten, so wäre
dies Los jetzt dem jungeil Pan beschiedeu gewesen; die
ser jedoch ging lächelnd und leichten Schrittes zurück.
Als Mölsheim sich mit dem Prinzlicheu Erzieher
in ein Gespräch eingelassen hatte, tvar dies zugleich mit
der Absicht geschehen, zu erforschen, wie weit dieser
Mann sich im Falle der Not zuverlässig und brauchbar
erweisen könnte; allein schon nach einer kurzen Unter
haltung wurde ihm klar, daß derselbe in keiner Weise
verwendbar sein lvürde.
Er erzählte dem Kapitän, daß er dem Kaiser mit
geteilt habe, wie sehr der Prinz von der Liebenswür
digkeit und der Schönheit dieses Blumenmädchens ent
zückt sei. „Mit 13 Jahren kann einem das Herz noch
keine Streiche spielen," hatte Napoleon darauf gesagt.
„Wenn aber nach Verlauf von zwei Jahren mein Sohn
»ach den Weibern auszuschauen beginnt, dann haben
Sie eê mich wissen zu lassen; zu Lulu aber sagen Sie
nichts hiervon."
„Auch ich selber finde das Mädchen reizend," mur
melte der Gelehrte; sie besitzt eine Intelligenz, die man
ihrer Jugend nicht zutrauen sollte, und dabei hat sie
auch schon merkwürdig viel gelesen." ,
„Kennen Sie denn das Mädchen schon längere Zeit?
„Ungefähr seit drei Wochen. Sie überreichte dem
Prinzen bei dessen erster Ausfahrt zu Ostern einen
schönen Rosenstrauß und seit der Zeit hat er sie in sein
Herz geschlossen." ,
Molsheini erfuhr weiter, daß die Freundschaft zwi
schen dem Prinzen und dem Blumenmädchen nach und
nach eine immer engere geworden sei und daßder Knabe
jetzt nie mehr in das Boulogner Gehölz fahre, ohne
darauf zu bestehen, Louise zu begrüßen und von ihr
Blumen zu kaufen, und diese geschehe fast regelmäßig
drei Mal in der Woche, und zwar gewöhul,chain Mon
tag, Mittivoch und Sonnabend. Zuweilen fänden auch
Ausnahmen statt, wie zum Beispiel an dem heutigen
Dienstage, wo das schöne Wetter zu einer Ausfahrt so
verlockend gewesen sei. In letzter Zeit habe der Prinz
auch immer noch einige von seinen Freunden mitge
bracht, da er neuerdings eine abscheuliche Vorliebe für
das Versteckspielen gefaßt habe, eine Belustigung, auf
deren Kurzweiligkeit er durch Mademoiselle Louise auf
merksam gemacht worden sei. Dieselbe interessiere sich
auch stets höchlichst für das Spiel der vornehmen Kin
der und verteile regelmäßig einen Blunienpreis an
denjenigen der Knaben, der sich so gut versteckt hatte,
daß die anderen ihn nicht finden konnten. Gewöhnlich
trage der Prinz stets diesen Preis davon. Er habe einen
ganz bestimmten Versteck, in welchem ihn bisher noch
niemand ausfindig machen konnte.
Mölsheim ergriff in plötzlicher Erregung den Er
zieher am Arm. „Wie lange ist der Prinz gegenwärtig
schon in seine», Versteck?" fragte er hastig.
„Ungefähr zwanzig^ Minuten. Wir brauchen aber
nicht ängstlich zu sein. Hier im Park, der ja von Men
schen beinahe wimmelt, kann ihm nichts zustoßen."
„Vielleickt doch," entgegnete der Kapitän. „Der
kleine Conneau hat bereits alle übrigen Knaben auf
gestöbert, nur deu Prinzen noch nicht. Meinen Sie etwa,
ihn finden zu können, wenn dies nicht einmal dem Kna
ben gelungen ist?"
„O, gewiß, das gehört eben zum Spiel," enigeg.
neic der Erzieher sehr ruhig. „Da kommt er übrigens
auch schon."
Der kleine Conneau hatte sein Suchen aufgegeben
und dies mit hellem Geschrei seinen Spielgefährten
verkündet; in Folge dessen hatte auch der Prinz seinen
Versteck verlassen. Molsheini richtete seine Aufmerk-
famfeit jetzt wieder auf das Blumenmädchen. Als die-
selbe die Knaben herankoinnien sah, nahm sie einen
Strauß weißer Rosen aus dem Korbe, wo sie denselben
bisher unter einem Tuche verwahrt hafte, und hob ihn
nnt grüßender Geberdei» die Höhe. Die Knaben näher
ten sich langsam und der Ņftìnz erhielt den Preis.
„Eure Kaiserliche Hoheit tragt jedesmal den Sieg
davon," sagte sie lächelnd.
Dafür wissen auch nur wir allein den Bersten,
nicht' wahr Mademoiselle Louise?" sagte der Knabe
triumphierend. Damit drückte er die Bluinen an sein
Gesicht, um den köstlichen Duft einzuatmen.
Der Kapitän, der das Mädchen nicht aus den Augen
ließ, sah, tvie ihre Hand leicht erzitterte und wie sich ihre
Augen mit Thränen füllten: mit Thräne» de» Mitleids.
Dann aber veränderten sich ihreZüge wiederum und ver
rieten nun nichts mehr als eiserne Entschlossenheit.
Der Prinz schickte sich nunmehr a», daß Gehölz zu
verlassen. Er rief seine Gefährten zusaninien und ver
teilte die Rosen unterste; er selbst behielt nur zwei
zurück, von denen er die eine seinem Erzieher schenkte.
Mit einem freundlichen Gruß für Louise sprang er in
den Wagen, der gleich darauf davonrollte. 42,16*