Handels in Getreide und Mühlen
fabrilaten in Kraft mit der Maßgabe,
daß die bis zu diesem Tage abgeschlossenen
Geschäfte auch an diesem Tage abgewickelt
sein müssen. Die „Freie Vereinigung an
der Berliner Produktenbörse" hat deshalb
unter Beiziehung von Juristen einen neuen
Schlußschein für Termingeschäfte in Ge-
treibe festgestellt, der den Anforderungen
des neuen Börsengesetzes Rechnung trägt.
Gleichzeitig hat sich eine ziemlich kräftige
Hochbewegung der Getreidepreise eingestellt,
die zwar in den letzten beiden Tagen einen
Rückschlag erfuhr, deren weitere Entwick
lung man also abwarten muß, deren
Effekt aber doch eine namhafte Erholung
der Preise ist. Diese beiden Umstände
werden in der Presse lebhaft erörtert,
wobei es nicht fehlt, daß die Interessenten die
Steigerung der Getreidepreise mit dem
Verbot des Terminhandels in Zusammen
hang bringen. Bestünde ein solcher Zu
sammenhang, so müßte der Impuls der
Preissteigerung nothwendig von Deutsch
land ausgegangen sein, was aber nach
weislich nicht der Fall ist, denn an den
anderen Börsen besteht der Zeithandel noch.
Der Mangel des Termingeschäftes hat sich
im Gegentheil bei uns insofern lähmend
geltend gemacht, als die Berliner Notiz
in den letzten Tagen merklich unter der
Auslandsnotiz stand; die Preise in
Deutschland konnten also der
Entwicklung an den ausländischen
Börsen nicht Folge leisten. Wäre
das Verbot des Terminhandels Ursache
der Preissteigerung, so müßte auch Roggen
mehr gestiegen sein als Weizen, weil
Roggen viel mehr vom deutschen Markt
abhängig ist. Das gerade Gegentheil
aber ist der Fall. Auch die Stetigkeit
der Preisentwicklung ist nicht vorhanden,
die man erwartete. Ueberhaupt wirft die
gegenwärtigePreisentwicklung alle Theorien
und alle unter so schweren Mühen aus
geklügelten und propagirten Lehrmeinungen
dieser Richtung wieder einmal unbarmher
zig über den Haufens Die Preise steigen
trotz des Silberslandes, sie steigen
auch just nach der Ernte, wo nach der
Ansicht der Interessenten doch ihr Tief
stand eintreten müßte, weil der Handel
in dieser Zeit den Bauern die Frucht an
geblich billigst abnehmen will. Es zeigt
stch eben wieder mit aller Deutlichkeit, daß
Getreide ein Weltmarktartikel und
als solcher abhängig von der statistischen
sag: ist. Angebot und Nachfrage machen
den Preis. Der Ausfall der Ernten und
die Menge der vorhandenen Vorräthe sind
entscheidend, alle Künstelei kann dagegen
nicht aufkommen, sie kann nur den natür
lichen Gang der Dinge erschweren.
— Wie mehrere Blätter melden, besteht
die Absicht, einen provisorischen
Börsen.Ausschuß zu bilden, dem alle
Angelegenheiten, die nach dem neuen
Börsengesetz der Beschlußfassung des Bundes
rathes überwiesen sind, zur Begutachtung
vorgelegt werden sollen. Man dürfe er-
warten, daß die Börsenorgane schon in
diesen Tagen aufgefordert werden, für den
provisorischen Ausschuß Mitglieder vorzu
schlagen. Dasselbe gilt für die Landwirth-
schaftskammern und für die Verbände
der Industriellen.
— In der gestrigen Sitzung der Bran-
denburgischen Provinzialsynode
lag eine Reihe von Anträgen zur Be
schlußfassung vor, welche sich mit der Stel
lungnahme der Kirche zum Duell
befaßten. Die Antragsteller sprachen durch
weg das schmerzliche Bedauern aus „über
die noch immer fortdauernde, der göttlichen
und menschlichen Ordnung ividersprechende,
dem gesunden Rechtsgefühl des Volkes und
dem christlichen Gewissen schweres Aerger
niß bereitende Unsitte des Duells" und
beantragten, daß die Provinzialsynode da
hin wirken wolle, daß dem Duellunwesen
Einhalt gethan, resp. ven Geistlichen An-
Weisung gegeben werde, ivie sie sich beim
Begräbniß im Duell Gefallener zu ver
halten haben. Der Synodale A ii d r a e -
Landsberg verweist darauf, daß die
in neuester Zeit stattgefundenen Duelle
große Aufregung in der Bevölkerung her
vorgerufen hätten, weil in weiten Kreisen
das Gefühl dafür vollständig geschwunden
sei, daß das Duell Sünde sei. Das fünfte
Gebot laute: „Du sollst nicht tobten";
danach gebe es keine Ausnahme, auch nicht
durch falschen Ehrbegriff. Ein großer
könnten weit wirksamer werden, als die
Verweigerung einer kirchlichen Betheiligung
an dem Begräbnisie. Der Kirche stehen
noch andere Mittel zu Gebote, die Mittel
der Predigt, des Altargebets und der Seel
sorge sind auch geeignete Zuchtmittel, und
von diesen Mitteln habe die Kirche bisher
nicht genügend Gebrauch gemacht. Er
bitte die Synode, sich auf folgenden An
trag zu vereinigen: Provinzialsynode wolle
erklären: 1. Das Duell ist Sünde. 2.
Die Kirche hat die Aufgabe, mit allen
Mitteln der Predigt, des Altargebets, der
Seelsorge und gegebenen Falles auch der
Kirchenzucht das Gewissen ihrer Glieder
zu schärfen und immer weitere Kreise mit
dem Bewußtsein zu durchdringen, daß das
Duell gegen Gottes Gebot verstößt und
daher verwerflich ist. Die Resolution wurde
angenommen.
— Ein württembergisches Blatt stellt
tiefsinnige Betrachtungen über den sozial
demokratischen Parteitag an
und wirst dann folgende Frage auf: „Wenn
man die Berichte über den letzten sozial
demokratischen Parteitag aufmerksam von
A. bis Z. durchgelesen hat, so schlägt man
sich mit der Hand vor dem Kopf und fragt
sich: Wie ist es möglich, daß diese Gesell
schaff einen so großen Theil unserer deut
sehen Volkes zu sasziniren und in ihren
Bann zu schlagen vermag? Die Frage
bleibt ungelöst." Bleibt sie wirklich un
gelöst? Wir meinen, für jeden Berstän
digen i st sie bereits gelöst. Ohne die
freundliche Mitwirkung gewisser Kreise
unter der Aera Bismarcks die Gewalt
und Ausnahmepolitik in Anwendung zu
bringen, ohne die Ausnahmepolitik bei ge
wissen Gesetzen (Duell), bei denen man sich
schlank über das Strafgesetzbuch hinweg-
setzt, ohne die Ungerechtigkeit, gewisse Kreise
zu bevorzugen auf Kosten der anderen,
würde die Sozialdemokratie niemals
einen so großen Theil des Volkes „fasci
nirt" haben.
— In Deutschland werden zu wenig
Bücher gekauft, das ist die alte Klage
sämmtlicher Verleger und Sortimenter.
Man muß daher auf alle möglichen Mittel
sinnen, den Käufer heranzuziehen und zu
interessiren. Prämienbilder und Preis-
räthsel sind abgethan, waren auch meist
nur für Lieserungswerke und Zeitschriften
anwendbar. Neuerlich ist nun eine Ver-
lagshandlung in Hamburg auf eine sehr
lukrative Idee verfallen. In einer
Annonce sucht die Firma sprachgewandte
Herren und Damen, die Proben von
Uebersetzungen aus einem bestimmten, in
der Anzeige genannten, von der Firma
verlegten Werk in sämmtlichen lebenden
Sprachen einreichen sollen. Der Preis
des Buches ist fett gedruckt mit 2 Mk., auf
Karton mit 3 Mk., angegeben. Welcher
Uebersetzer oder welche Uebersetzerin kratzt
nun nicht seine letzten zwei Mk. zusammen,
um eventuell einen Auftrag, der mehrere
Hundert einbringt, zu erhalten? Die
Idee der Verlagshandlung ist trefflich,
Tausende von armen Schriftstellern werden
sich ein Exemplar des Werkes kaufen und
nur zwanzig etwa erhalten einen Auftrag.
Ein wahrhaft erleuchteter Kopf, der Herr
Verleger. Hoffentlich ist er auch in der
Lage, alle Uebersetzungen gewissenhaft zu
prüfen. 8
5417 Pfund Chokolade ist ein
achtbarer Gewinn ohne Risiko. Ihn hat
eine Modistin in Berlin, Frl. Heese, ge
macht. Die Chokoladenfabrik von Andree
Mauxion hatte einen Obelisken von Choko
lade in Treptow ausgestellt, und der beste
Schätzer seines Gewichts sollte ihn gewin
nen. Frl. Heese hat dasselbe bis auf ein
Pfund genau errathen. Zwischen drei
Konkurrenten mußte das Loos entscheiden.
350 000 Lösungen, zum Theil in Versen
und in Zeichnungen, waren eingegangen.
. - . . _ was der Hausdiener mit dem Bemerken,
Krebsschaden sei es, daß die Duellanten das Geld gehöre seinem Chef, sehr euer
wissen, daß sie die ihnen zudiktirte Strafe
doch nicht abzubüßen brauchen, sondern
ihnen sehr bald der größte Theil derselben
erlassen wird. Die Vertreter der kirch
gegen die göttlichen Gebote verstoße. Dem
Antrage mehrerer Kreissynoden, den im
Duell Gefallenen das kirchliche Begräbniß
unter Mitwirkung der Geistlichen zu ver
sagen, könne er sich jedoch nicht anschließen.
Die einzelnen Fälle liegen unendlich ver
schieden, so daß man sie nie verallgemeinern
könne. Ein ganz geringer Prozentsatz der
im Duell Fallenden sterbe sofort auf den,
Kampsplatze, viele leben noch Stunden und
Tage laug, und es sei ihnen noch Zeit
zur Reue gegeben. Worte des Predigers
am Grabe eines im Duell Gefallenen
,,, Drei junge, kaum dem Knabenalter ent
wachsene Burschen überfielen im Gemeinde-
wäldchen von Zehlendorf bei Berlin den
bei dem Kaufmann Mogwitz angestellten
Hausdiener Emil Lange. Der ahnungs
los seines Weges Gehende wurde von den
drei mit Stöcken versehenen Burschen erst
um etwas Brod, dann um Geld ange
brochen. Als Lange sich anschickte, dem
einen ein Zehn-Psennigstück zu schenken,
und dabei in die Tasche langte und einiges
Geld hervorholte, forderten die Burschen
daß er ihnen die ganze Summe überlasse
gisch ablehnte. Mit dem Ruf: „Was geht
uns Dein Chef an!" stürzten sich die
Burschen auf den Wehrlosen und warsen
ihn zu Boden. Nur seiner Kraft hatte
lichen Interessen haben die dringende es Lange zu verdanken, daß er sich wieder
Pflicht, zu erklären, daß das Duellunwesen frei machen konnte. Blitzschnell sprang er
auf, entwand sich seinen Angreifern und
rannte durch die Haide nach der Alsen-
'traße. Wohl eine Viertelstunde lang ver
folgten ihn die drei Burschen, bis er in
ein Restaurant an der Krummen Lanke
flüchtete. Von den Räubern fehlt jede
Spur.
Aachen, 23. Okt. Vor mehreren Wochen
wurde in der „Fraukf. Ztg." mitgetheilt,
daß bei Zülpen der Jagdaufseher v an Lo o
im Walde erschossen aufgefunden wor
den sei. Man schrieb den Mord Wild
dieben zu. Jetzt hat sich herausgestellt,
daß der Mord von einem Jagd Hüter
des Grafen v. A. verübt worden ist. Eine
am Tage der That im Walde bei Zülpen
mit Kräutersammeln beschäftigte Frau hat
nämlich gestanden, daß sie gesehen hatte,
wie nach einem auf van Loo abgegebenen
Schuffe der Jagdhüter des Grafen v. A.
auf den sterbend am Boden liegenden
van Loo losstürzte und ihn mit einem
Stock schlug, bis er todt war. Die Frau
ist durch ihren Beichtvater veranlaßt
worden, ihre Wahrnehmungen vor Gericht
mitzutheilen, worauf dann der Mörder
festgenommen wurde.
Aus MySlowitz, 24. October, kommt
folgende höchst merkwürdige Meldung:
Russische Grenzbeamte konfiszirten eine
Menge sogenannter Gigerlstöcke, die im
Innern anarchistische Prokla
m a t i o n e n enthielten.
Mannheim, 23. Okt. (M o d e r n e F o l t e r.)
Vor der hiesigen Strafkammer wurde heute
gegen den Agenten Ludwig Klar von
hier und die Prostituirte Marie Magdalene
gen. Johanna Kohlstetter aus Gaggenau
wegen schamloser Erpressungen, begangen
an dem Lehramtspractikanten Dr/ Max
Bodenheimer, verhandelt. Boden-
heimer hatte die Kohlstetter im Mai d. I.
auf der Straße kennen gelernt. Nach
einigen Zusammenkünften nutzte die Dirne
die Gutmüthigkeit des völlig unerfahrenen
und geradezu naiven jungen Mannes
bereits zu erfolgreichen Pumpversuchen
aus. Ihr Logiswirth, Klar, ein durch
und durch gerissener Patron, der schon
eine Reihe von Jahren im Zuchthaus
zugebracht hat, gab sich Anfangs als Bote
für die Korrespondenz der Kohlstetter mit
Bodenheimer, trat aber bald als selbst
ständiger Acteur auf. Die Kohlstetter
theilte Bodenheimer eines Tages mit, Klar
habe einen Artikel, überschrieben: „Ein
Sittenbild aus dem Mannheimer
Lehrerkollegium", bereit liegen, den
er in der „Bolksstimme", einem social
demokratischen Blatte, veröffentlichen wolle
und der ihre beiderseitigen Beziehungen
blosstelle. Für die Zurücknahme des
Artikels zahlte Bodenheimer dem Klar
zuerst 92 Mark und dann, als dieser
wiederholt mit der Veröffentlichung drohte,
1000 Mark, schließlich erlangte der Er-
presser durch die Drohung, es werde nun
doch Alles an den Tag kommen, noch ein
„Darlehen" von 1500 Mark. Die Kohl-
stetter verlegte sich mehr auf Betrug. Sie
schwindelte Bodenheimer vor, sie sei in
einen Kuppeleiproceß verwickelt, der gegen
den Wirth des Lokales schwebe, in dem
sie öfters Zusammenkünfte veranstaltet
hätten; dieserhalb werde sie vernommen
und müsse ihn auch hineinziehen; dann
wieder gab sie an, sie sei in Folgen von
ihm und verlangte 10000 Mark Abfindung.
Sie erhielt nach und nach gegen 1200
Mark. All dieses Geld mußte Boden
heimer, der vermögenslos ist, bei Ver
wandten und Bekannten leihen, wobei er
stets angab, wenn er das Geld nicht
erhalte, so sei er verloren, er komme um
sein Amt, er müsse sich erschießen. Ke' i
guter Rath, die Sache anzuzeigen, nützte
etwas, er war für keine vernünftige Zurede
zugänglich, die Verzweiflung hatte ihm die
klare Besinnung geraubt. Das gewissenlose
Paar verfolgte sein Opfer woch .< und
monatelang, kniefällig und unter Thränen
bat der Gemarterte den Klar wiederholt,
sie möchten ihn doch endlich in Ruhe
lassen. Aber alles Bitten war bei diesen
Menschen vergeblich. Das erpreßte Geld
wurde verjubelt. Klar und seine Frau
verbrachten im Luftkurort Schönthal bei
Triberg in zehn Togen ca. 600 Mark; die
Kohlstetter veranstaltete mit ihren Freunden
Orgien und gesellschaftliche Ausritte, die
über 100 Mark auf einen Tag kosteten.
Als die Umtriebe Klar's schließlich doch
durch einen Vigilanten der Kriminalbehörde
bekannt wurden und diese Bodenheimer
vorlud, stellte dieser auf Rath Klar's bei
seiner Vernehmung durch den Untersuchungs
richter auf seinen Eid in Abrede, von der
Geschichte etwas zu wissen. Der Boden
wurde ihm dann aber doch zu heiß, er
flüchtete nach Luxemburg, von wo er kurze
Zeit darauf freiwillig zurückkehrte und sich
stellte. In der nächsten Schwurgerichts
periode wird er sich wegen Meineid zu
verantworten haben. Zweieinhalb Stunden
lang dauerte heute die Erzählung der
Leidensgeschichte des als Hauptzeuge Ver-
nommenen. Die siebenstündige Verhandlung
endete mit der bereits gemeldeten Ver-
urtheilung Klar's zu zehn Jahren Zucht-
yaus und der Kohlstetter zu fünf Jahren
Gefängniß
Mannheim, 23. Oktbb. Ein nicht un-
interessanter MajestätsbeleidigungS-Prozeß,
der mit der Freisprechung des Angeklagten
endete, wurde heute vor der hies. Straf-
kammer verhandelt. Der Knecht Heinrich
Riedle von Gemmingen saß am 26. v. M
angetrunken in der Wirthschaft „Zum
Prinz Karl" in Neckargeniünd und warf
mit rcnommistischen Redensarten um sich
14. a. rief er: „Ich bin ein Sozialdemokrat,
wir geniren uns nicht!" Der Wirth
Beysel bemerkte ihm daraus: „Wenn ich
Kaiser wär', ich würde so jungen Burschen
tchon .den den Mund stopfen." —
Riedle machte darauf eine Bemerkur-
die zur Anklage führte. Riedle stand
wegen dieses Ausdrucks heute vor den
Schranken. Er wollte sich nicht mehr an
die Aeußerung erinnern und bestritt, der
sozialdemokratischen Partei anzugehören,
er wiffe gar nicht, was für eine Bedeutung
das Wort habe. Mit Rücksicht auf
die Betrunkenheit des jungen Menschen
und seine bisherige gute Führung, sowie
in Erwägung, daß der Angeklagte die
Aeußerung als Antwort auf die Bemerkung
Beysels's, nur um etwas zu sagen, ge-
braucht habe und sich in diesem Augenblick
über den Sinn nicht klar gewesen sei, er
kannte das Gericht aus Freisprechung.
Aus München wird mitgetheilt: Eine
pietätvolle gemeindliche Ehrung vollzog sich
am Sonnabend, an welchem vor 100 Jahren
Bayerns klassischer Dichter August Graf
von Platen-Hallermünde zu Ansbach das
Licht der Welt erblickt hat. An dem Eck-
hause Nr. 24 an der Müller- und Thekla-
straffe, in welchem der Dichter in den
Jahren 1832—34 wohnte, und von wo
aus er am 26. April 1834 seine letzte
Reise nach Italien antrat, unter dessen
sonnigem Himmel er zu Syrakus am 5.
December 1835 in das allzu frühe lorbeer-
umrauschte Grab sank, wurde Sonnabend-
Vormittag die Gedenktafel enthüllt, welche
der Magistrat München auf Anregung des
Archivraths v. Destouches dem Dichter
gewidmet hat. .Und eine weitere sinnige
Ehrung wurde ven Manen des Dichters
zu Theil, indem eine Münchener Dame,
decen Eltern mit Platen und dessen Familie
einer Zeit innig befreundet waren, die
Gedenktafel mit lebendem Lorbeer schmücken
ließ.
Sein ganzes Vermögen hat der in
Wiesbaden verstorbene Rentier: Felix
Blumenthal der jüdischen Gemeinde zu
Berlin hinterlassen. Bon der Erbschaft
ind nur folgende Legate in Abzug zu
bringen: 150 000 Mk. zum Umbau des
Krankenhauses der Gemeinde; bis zur
Fertigstellung sollen dieZinsen au Genesende
vertheilt werden; ferner 30 00 Mk. für
die Armenkommission und 20 60 Mk., für
die Altersversorgungsanstalt.
Süderled^ 25 Oc.. Einer seltenen
Lebenskraft erfreut sich die Familie
eines hiesigen Hofbesitzers. Bei der vor
kurzem vollzogenen Taufe des erstgeborenen
Töchterlcins konnten von dem Geistlichen
als Tauszeugen einge. agen werden die
Namen der Großmutt , Urgroßmutter und
Ururgroßmutter des Kindes. Alle drei
Frauen erfreuen sich einer trefflichen Ge-
sundheit.
Lübeck, 24. Oc.. In einer gestern Abend
stattgesundenen öffentlichen Versammlung
sollte der Streik über die hiesige Blech
Emballage-Fabrik von Friedr. Ewers & Co
oerh egt werden, weil die Arbeitgeber eine
chon mehrere Jahre dort beschäftigte
Arbeiterin entlassen hatten. Von den
Ewers'schen Arbeitern we.c namentlich das
weibliche Geschlecht zahlreich vertreten,
während die männlichen Arbeiter vorgezogen
hatten, nicht zu erscheinen. Man mußte
also annehnien, daß die Männer nicht mit
einer Arbeitseinstellung einverstanden seien.
Verschiedene Redner riethen daher von dem
Streik ab. Es wurde beschlossen, eine
weitere Versammlung einzuberufen, in der
nochmals die Angelegenheit berathen nw.den
oll. Bei dem kläglichen Ende, den der
Streik bei Thiel & Söhne für die Arbeiter
nimmt, dürste den Ewers'schen Arbeitern
der Muth zum Streiken vergangen sein.
Ein schwarzes Reh — eine große
Seltenheit — wurde dieser Tage au
hannoverschem Gebiet geschossen. Der
Schütze, ein Hamburger Geschäftsmann,
Hut das seltene Wild dem naturhistorischen
Museum in Hamburg zum Geschenk gemacht
au,
Provinzielles.
26. Olt. In Neumünster findet
am 8. Nov. der Parteitag der freisinnigen
Partei statt.
Kiel, 27. Oktober. Die am 11. und
12. Noodr. hier vorzunehmenden Stadt-
oerordnetenwahten beschäftigen be
reits die Vereine. Es scheiden nach dem
Turnus aus dem Stadtverordnetencollegium
die Herren Geheimrath Sartori, Gewerbe-
chuldirektor AyreuS, Rentner Dehnke und
Schneider Heinzel aus. Die bisherigen
Verhandlungen in den Vereinen haben
gezeigt, daß eine starke Animosität gegen
die Wiederwahl mehrerer dieser Herren
vorhanden ist. Hauptsächlich wird betont,
daß Männer in das Collegium gewählt
werden müssen, die nicht gar zu gefügig
große Summen für Pläne, wie z. B. die
Vorarbeiten für das Wiker Hasenprojekt,
die Aussleckung u. s. w. bewilligen. Sv
hat denn der Hauseigenkhümerverein sich
nur für die Wiederwahl von Dehnte
entschieden und auch die Schlachcerinnung
eigene Candidaren aufgestellt. Der Bürger-
verein und der liberale Verein werden in
den nächsten Tagen zu der Frage Stellung
nehmen und es scheint, daß die Agitation
eine sehr lebhafte werden wird. Durch
die vor einigen Jahren erfolgte Erhöhung
bes Wahlcensus wurde den meisten Ar
beitern das communale Wahlrecht gcnom-
me» und so erscheint es jetzt ausgeschlossen,
daß der Schneider Heinzel, welcher ein
eifriger Führer der hiesigen Socialisten ist,
wiedergewählt werden wird. Mit ihm
scheidet dann das letzte socialistische Mit
glied aus dem Stadtverordnetencollegium
aus. Ş (-J- N.")
A. P. Sönksen, einer der bekanntesten
schleswig - holsteinischen Veteranen, ist
Freitag-Abend in Kiel gestorben. Seit dem
Jahre 1849 bis in die Mitte der siebziger
Jahre hat er in Kiel als Lehrer gewirkt
und fast ebenso lange die „Schleswig-
Holsteinische Schulzeitung" mit großem
Geschick redigirt. Aus seiner pädagogischen
Thätigkeit wurde Sönksen durch die politi
schen Wirren herausgeriffen. Er gehörte
der Gruppe demokratischer Männer an,
welche unter der Führung Richard von
Neergaards sich in engster Fühlung mit
der süddeutschen Volkspartei befanden, die
sich mit aller Kraft der Annektion unserer
Provinz wiedersetzte.
Das junge Mädchen aus Heide, welches
in Berlin vermißt wurde, ist als Leiche
in der dicht am Hause vorüberfließ-nden
Spree gefunden worden; es liegt ein Un
fall vor.
=4= Heide, 25. Octbr. Der bisherige
Pächter der an unserer Stadt gelegenen
Sommcrwirthschaft „Ziegelhof", Herr G.
Suhr, kaufte das einem Konsortium ge
hörende genannte Gewese für die Summe
von 58 500 Mk. Der Antritt wird zum
1. November erfolgen.
# Krempe, 25. Oct. Mittwoch fand im
„Kremper Hof" Hierselbst das vom „Ge-
meinnützigen Verein" veranstaltete Preis-
turnen für Landschulen der Krempermarsch
statt, zu welchem die Schulen aus Neuen
brook, Süderau und Groß-Wisch erschienen
waren. Die Preise bestanden aus Büchern
vaterlandsgeschichtlichen Inhalts. Ein
Preisturnen für Stadtschulen wird folgen.
Die Fährverbindung zwischen Caroliuen-
koog und Tönning ist wegen Beschädigung
des Fährdampfers bis auf weiteres eingestellt.
Nordstrand, 25. Okt. Hier wurde das
Gewese des Hofbesitzers Wilhelm Carstenjen
durch Feuer zerstört. Von dem Mo-
biliar wurde fast gar nichts gerettet. Es
ist dies seit dem 1. November bereits
der 23. Br-and auf unserem kleinen Ei
land. In fast allen Fällen vermuthet man
als Entstehur.-gsursache böswillige Brand
stiftung. Der größte Theil der durch Feuer
geschädigten Bewohner ist bei der Hatt-
stedter Gilde versichert.
Friedrichstadt, 25. Okt. Den eifrigen
B nühungen der Polizeibehörden ist es
jetzt gelungen, den Thäter des aus die
Frau des Chausseewarters Hüper aus Witz
wort in der Nähe der Bahnstation Büttel
in Eiderstedt verübten Anfalles in der
Person des Arbeiters Johann Nehlsen in
Nehm im Kirchspiele Lunden zu ermitteln.
Der jetzt Flüchtige ist schon mehrfach vor
bestraft.
G Christiansholm, 26. Ott. Bon einem
schwer. . Unfall wurde der Sohn des hies.
Einwohners Lille betroffen. Derselbe
wurde von einem von ihm geführten Füllen
derart an den Kopf geschlagen, daß ihm
der Schädel eingedrückt wurde.
f© Umgegend Hoheawcsted't, 26. Okt.
Bon der Rohheit und Nachlässigkeit, mit
welcher manche Menschen ihre Thiere be-
handeln, gab ein Händler am Sonnabend
voriger Woche einen sprechenden Beweis.
Am genannten Tage kam derselbe vom
Wochenmarkt aus Rendsburg und hielt
vor einer Wirthschaft in Remmels. Sein
Pferd war über und über mit Schweiß
bedeckt, weißer Schaum troff zur Erde.
Das Thier mußte augenscheinlich entsetzlich
abgejagt sein. Auf dem hinteren Theil
des Wagens, welcher wohl kaum einen
Quadratmeter Raum umfaßt, lagen zu
sammengepfercht reichlich 20 Marktferkel
über und untereinander. Eins dieser
Thiere hatte ein Vorderbein so unglücklich
über den Rand des Wagens hinauSgestreckl,
das es vom Wagenrad geschleift wurde.
Es war nicht imstande, das Bein zurück
zuziehen; der Händler hatte während der
Fahrt nicht darauf geachtet, kümmerte sich
auch jetzt nicht darum. Bon mitleidigen
Menschen wurde das halbtodte Thier aus
seiner Lage befreit. Es wäre erwünscht,
daß ihm für solches Treiben eine empfind
liche Strafe zuerkannt würde.
Hohn, 26. Oklbr. Eine Seltenheit
ist gegenwärtig im Garten des Herrn
Kaufmann Timm Hierselbst zu sehen. Dort
blühten, zum zweiten Male die Himbeeren
und tragen jetzt auch zum zweiten Male
reife Früchte.
— Rade, 26. Oktbr. Die Maul- und
Klauenseuche in Ohe ist erloschen. Seitens
des Landrathsamtes sind die angeordneten
Sperrmaßregeln für die Gemeinde Ohe,
mit Ausnahme der an Hoebeck grenzenden
Gehöfte und Ländereien, aufgehoben.
X Rendsburg, 27. Oct. Die städtischen
Kollegien haben beschlossen, die Stelle eines
Bürgermeisters für die hiesige Stadt mit
einem pensionsfähigen Gehalt von 6000
Mk. und einer Repräjentatiouszulage voü
1000 Mk. für eine 12jährige Amtsperiodr
zur Bewerbung demnächst auszuschreiben
und liegt dieser Beschluß gegenwärtig dem
Bezirksausschuß in Schleswig zur Genehmi
gung vor. Die bevors^M^oe Neuwahl
wird schon jetzt in weiMşş Kreisen
Bürgerschaft lebhaft besprochen.
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Starken
währen
weichen
Pferde
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recht flo
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