Full text: Newspaper volume (1896, Bd. 2)

im Knopfloch tragen, oder sein Haus mit 
einer solchen zieren möge. Das würde 
der guten Sache viel helfen. Am nächsten 
Sonntag soll eine Schiffsparade im New- 
Yorker Hafen stattfinden, alle Schiffe wer 
den beflaggt und elektrisch beleuchtet sein. 
Allerdings sind von den Schiffen nur 
5 Procent amerikanische; McKinley, 
hat allein am letzten Sonnabend in seinem 
Heimathsorte Canton in Ohio 24 000 Be 
sucher, die in 50 Sonderzügen dorthin 
befördert worden waren empfangen. 
Italien. 
Rom, 22. Okt. Die Vermählung des 
Kronprinzen mit der Prinzessin von 
Montenegro wurde heute unter großem 
Gepränge vollzogen. 
Schweiz. 
Zürich, 22. Oct. Gestern Abend 5'/2 
Uhr ist an einem Neubau in der Frei 
gutstraße ein Baugerüst und ein Theil 
der Mauer eingestürzt. Vier Ar- 
beiter wurden getödtet und dreizehn schwer 
verletzt. 
Dänemark. 
Das Er d b e b e n auf Island. Wie sich 
nunmehr herausstellt, war die Katastrophe, 
die im vorigen Monat die ferne dänische 
Colonie heimsuchte, viel größer, als die 
ersten Mittheilungen vermuthen ließen. 
Ueber 2 0 0 Höfe sind zerstört und 
2000 über ein weites Gebiet zerstreute 
Menschen sind ohne Obdach, haben alles 
verloren und sehen dem Winter mit Angst 
und Schrecken entgegen. Das Centrum des 
Erdbebens war der große Vulcan Hekla. 
Die ganze Umgegend desselben und die 
westlichen und südlichen Theile der Insel 
wurden von der Katastrophe betroffen, 
während die Hauptstadt Reykjavik selbst 
weniger gelitten hat. Am ärgsten wütheten 
die Erdstöße in den Distrikten Raugavalla 
und Arne. Am 26. August wurden die 
ersten Erdstöße vernommen. Die Häuser 
bebten, die Glocken begannen zu läuten, 
die Gläser klirrten und es krachte in allen 
Fugen der Gebäude. Die folgenden Tage 
merkte man fast nichts, und man gab sich 
schon der Hoffnung hin, von ferneren 
Katastrophen verschont zu bleiben. In der 
Nacht zwischen dem 5. und 6. September 
fanden indeß zwei neue Erschütterungen 
statt, von denen die erste eine Minute, die 
zweite kürzere Zeit dauerte. Nach manchen 
Aussagen kam die Bewegung von Nordwest, 
nach anderen von Nord. Bei den heftigsten 
Stößen mußten sich die Leute auf den 
Boden werfen. Der Brückenwächter an der 
Thorsaabrücke wurde aus seiner» Bett ge 
schleudert, und alle Gegenstände in der 
Wohnung fielen bunt durch einander, ein 
Tisch lag nach der Erschütterung umgekehrt, 
mit den Füßen nach oben, am Boden. 
Die Bewohner des Gehöftes Kolströnd 
erzählten, daß das Gedröhn in dem nahe 
liegenden Berg Jngolfsjeld die Stimmen 
der Menschen in dem Grade übertönte, 
daß man kein Wort mit einander sprechen 
konnte, auch wenn man dicht neben einander 
stand. Ein Schiff, das sich an der Südküste 
Islands sieben Meilen von Eyrarbakki 
befand, fühlte einen starken Stoß, ganz so, 
als wenn es gegen einen Felsen stieß, 
obwohl es sich an einer Stelle 100 Faden 
Tiefe befand. Von vielen Stellen werden 
Beispiele angeführt, wie sich Menschen im 
letzten Augenblick retten konnten. Der Berg 
Skardsfjeld machte eine eigenartige Be 
wegung hin und zurück, wobei an zwölf 
Stellen große Stücke Land in die Ebene 
hinabgeschleudert wurden. An vielen Stellen 
sind warme Quellen entstanden, während 
einige der alten verschwunden sind. Flüsse 
und Seen wechselten die Farbe und wurden 
weißgelb. Leute vom Pfarrhof Oddi be 
richten, daß der Thorsaa, Islands größter 
Fluß, bei dem Erdbeben am 26. August 
an einigen Stellen trocken wurde, indem 
sich das Bett bald hob, bald senkte. An 
vielen Stellen des Erdbodens sind große 
Spalten und Abgründe entstanden, von 
denen der größte vom Thorsaa bis Anstvads- 
holt geht, also etwa 1 >,'2 Meilen lang ist. 
Die Gebiete, die vom Erdbeben heimgesucht 
worden find, gewähren durch die großen 
Veränderungen des Erdbodens sowie auch 
durch die vielen Zelte und Hütten, in denen 
jetzt die Menschen lagern, einen eigenthüm 
lichen Anblick. Bei dem Handelsplatz 
Eyrarbakki wohnen alle Leute in Zelten, 
ebenso sind auf allen öffentlichen Plätzen 
in Reykjawik Zelte aufgeschlagen. Der 
Redakteur derisländischenZeitung „Jsafold" 
giebt in seinem Blatt eine genaue Schilde 
rung der fürchterlichen Begebenheit. Seinem 
Bericht zufolge sind infolge dieser Erdbeben, 
die Island ini Monat August und Sep 
tember heimgesucht haben, ungefähr 155 
Gehöfte und 800 bis 1000 Gebäude von 
Vorwerken zusammengestürzt. Man fürchtet 
einen Ausbruch des Hekla. Einer vor 
einigen Tagen eingetroffenen Privatmeldung 
aus Island zufolge hat sich in der Nähe 
des Geiser im Haukadal eine neue warme 
Springquelle gebildet, die jede 10. bis 20. 
Minute springt und einen Wasserstrahl 
von der Höhe des alten Geisers empor 
schleudert. Alle Mitglieder der Königs 
familie haben für die Unglücklichen, deren 
Wohnungen zerstört worden sind, bedeutende 
Summen beigesteuert. Der König hat, wie 
schon telegraphisch berichtet, 2000, die 
Kaiserin-Wittwe von Rußland 3000 und 
das russische Kaiserpaar 4000 Kronen ge 
geben. 
Inland. 
— Nach den Angaben des fest 
genommenen Mörders Grosse, 
der der Ermordung des I u st i z r a t h s 
Levy geständig ist, sollte die That schon 
am Morgen des 17. October ausgeführt 
werden, derart, daß der noch nicht fest 
genommene Werner und Grosse an der 
Vorderthür der Levy'sche« Wohnung klingeln 
und das öffnende Dienstmädchen mit den 
Dolchen niederstechen sollten, um dann die 
Levy'sche Eheleute zu ermorden und den 
Geldschrank mit den Schlüsseln, die Werner 
zu finden sich anheischig machte, auszurauben. 
Der Plan mißlang, weil das Dienstmädchen 
die Vorderthür nicht öffnete, sondern den 
Burschen zurief, sie möchten das angeblich 
abzuliefernde Papier zu einer geeigneten 
Tageszeit wiederbringen. Werner schlug 
nun vor, den Plan so auszuführen, daß 
sie über das Flurfenster in die Hofgalerie 
eindringen. Bei der Oeffnung der Hausthür 
durch den Bäckerjungen trieben sich die 
beiden auf der Straße herum und trafen 
hierbei zwei angeblich unbekannte Burschen, 
die sie aufforderten, sich an dem geplanten 
Raubmord zu betheiligen. Diese erklärten 
sich bereit, weigerten sich aber, die Levy'sche 
Wohnung zu betreten, und wollten nur 
auf dem Flur Wache stehen. Nachdem 
Werner und Grosse aus dem Speisezimmer 
durch die offenstehende Thür in das Schlaf. 
Zimmer eingedrungen waren, stürzte sich 
Werner auf den Justizrath und Grosse auf 
die Justizräthin mit Dolchmessern. Letztere 
erhob sich etwas. Grosse versuchte sie nieder 
zudrücken und stach mit der rechten Hand 
darauf los. Hierbei durchstach er sich die 
linke Hand, wodurch sich die starken Blut- 
spuren auf der Galerie, dem Flurfenster 
und auf dem Treppenflur erklären. Nach 
den Hülferufen der Justizräthin, die die 
Mörder zur Flucht bestimmten, liefen beide 
in verschiedener Richtung davon. Grosse 
ließ die verletzte Hand in der Sanitäts- 
wache der Steglitzerstraße verbinden. Dann 
trafen beide an einem verabredeten Punkte 
im Thiergarten zusammen und gingen nach 
dem Grünewald, wo sie zwei Nächte ver 
brachten. Für das wenige Geld, das sie 
besaßen, kauften sie sich Nahrungsmittel. 
Gegen Mittag des 20. October hatte sich 
Grosse von Werner getrennt und kehrte in 
die Wohnung der Mutter zurück, wo er 
erzählte, daß er sich die Hand an einer 
Glasscherbe verletzt habe, was ihm aber 
nicht geglaubt wurde. Bei der Criminal- 
Polizei ging indessen ein Schreiben des 
Arztes der Sanitätswache ein. Der Arzt 
hatte in den Zeitungen gelesen, daß der 
Mörder des Justizraths Levy stark mit 
Blut besudelt sein müsse, und deshalb 
geglaubt, Grosse mit dem Morde in Ver 
bindung bringen zu können. Da Grosse in 
demselben Hause wie Werner wohnt, lag 
es nahe, in ihm den Genossen der That 
zu suchen. Die beiden Burschen, die Wache 
gestanden hatten, will Grosse nicht wieder 
gesehen haben. Werner treibt sich anscheinend 
im Grünewald herum und wird eifrig 
gesucht. 
— Ein P i st 0 l e n d u e l l hat schon 
wieder am Mittwoch früh im Grünewald 
stattgefunden. Als Gegner standen sich ein 
Referendar und ein Student der technischen 
Hochschule gegenüber. Beim dritten Schuß 
erhielt der Referendar einen Schuß in den 
rechten Oberarm, der ihn kampfunfähig 
machte; die Verwundung soll indeß nicht 
gefährlich sein. 
Berlin, 22. Oct. Heute Nachmittag er- 
schoß ein Kellner in der Lothringerstraße 
seine Frau und feuerte dann auf sich 
selbst. Die Leiche der Frau wurde nach 
dem Schauhause und der Mörder noch 
lebend in die königliche Klinik in der 
Ziegelstraße geschafft? 
Das große Loos, das, wie mitgetheilt, 
nach der märkischen Stadt Templin ge 
fallen ist, geht dort in außerordentlich 
viele Theile, die aber dennoch groß genug 
sind, um in mancher Familie Freude ein 
ziehen zu lassen. Die Lehrer der Stadt 
haben allein drei Zehntel des Looses ge 
spielt, und alle, mit Ausnahme von zweien, 
haben Theil an dem Gewinn, es entfallen 
auf den Einzelnen 6000 bis 21 000 Mk. 
Ein Zehntel wird von drei Bahnarbcitern 
und. ein Zehntel von einem Buchbinder 
und dessen Sohn gespielt. Die übrigen 
Gewinne vertheilen sich auf mehrere der 
Stadt Templin benachbarte Dörfer rc.; 
auch ein Gastwirth in Pommern hat Theil 
an einem Gewinn, sowie ein Oberst a. D. 
Eine schändliche Behandlung hat das 
15jährige Dienstmädchen Pauline M. von 
ihrer Dienstherrin, der Besitzerfrau Katha 
rina Böhnke und ihrer Tochter Bronis- 
lawa, in Jesewitz erfahren. Da ihr der 
Dienst zu schwer war, sie auch öfter miß- 
handelt wurde, verließ die Pauline M. 
ihre Stelle, wurde aber durch den Ge 
meindediener wieder zurückgebracht, wo 
rauf sie eine tüch tige T rächt Prü g el 
bekam. Gleich darauf entlief die M. 
wieder. Frau Böhnke rief nun dem 
Dienstjungen Kl. zu, die M. festzuhalten. 
K. lief ihr nach, ergriff sie und band 
ihrmitdemLeibriemendietzände 
zusammen. Nun kam die Bronislawa 
B. hinzu, erfaßte die Riemen und schleifte 
die M. ins Haus, während der Dienst 
junge ihr Stöße in den Rücken versetzte. 
Sie erhielt nun abermals eine tüchtige 
Tracht Prügel und entlief zum dritten 
Male. Nun befahl Frau B. dem Dienst, 
jungen, er solle sich aufs Pferd setzen, und 
die M., wenn er sie eingeholt hätte, ans 
Pferd binden und sie zurückbringen. Diesen 
Befehl führte der Junge buchstäblich aus. 
Er ergriff die M., band ihre Hände mit 
dem Riemen wieder zusammen und be 
festigte dann den Riemen an dem Pferde 
und ritt so zu seiner Herrin zurück. Ein 
strafunmündiger Sohn der würdigen Frau 
leistete nicht nur Helfersdienste, sondern 
schlug das arme Opfer während des 
Transportes noch mit der Peitsche. Ein 
vorüberkommender Gastwirth machte dem 
grausamen Spiel ein Ende, zerschnitt die 
Fesseln des Mädchens und ermahnte dieses, 
ruhig zum Dienst zurückzukehren. Die 
gefühllose Herrin wurde von der Straf- 
kammer zu 30 JL Geldstrafe verurtheilt, 
mit Rücksicht darauf, daß sie durch das 
Verhalten der M. gereizt worden war und 
ein Schaden nicht entstanden ist." 
Görlitz, 20. Okt. Am Sonnabend 
voriger Woche war in einer hiesigen 
Familie Polterabend, eine Tochter sollte 
am Sonntag Hochzeit feiern. Die Mutter 
geht am Sonnabend gegen Abend aus, um 
Einkäufe zu machen und verliert 4000 
Mk. in Noten à 1000 Mk., die sie in 
einem Couvert in der Rocktasche bei sich 
führt. Erst am Sonntag-Vormittag, also 
am Festtage bemerkte sie ihren Verlust. 
Polizei, scheußliche Hochzeitsmorgen- 
stimn'ung; endlich Ergebung in den Willen 
der Vorsehung, hochherzige Erklärung der 
Kinder — auch des Sohnes!! — fühlen 
sich glücklich auch ohne die 4 Tausend, 
Freudenthränen der Mutter über „solche" 
Kinder, vollkommene Tröstung ringsum. 
— Gegen Mittag bringt ein Polizist 2 
Tausend-Markscheine, die anderen zwei 
würden sich auch wohl noch finden, in der 
Aufregung bekommt er ... 2 Cigarren 
für seine Mühe! Das Couvert hatten am 
Sonnabend-Abend auf lebhafter Straße 
zwei spielende Kinder gefunden und sich 
die ihnen unbekannten vier Bilder getheilt. 
Das eine Kind giebt seine zwei der 
Mutter zum Aufheben, die sie aber gleich 
zur Polizei trägt. Das andere Kind legt 
sie zu Hause auf das Fensterbrett, sie fallen 
zur Erde, werden am anderen Morgen 
mit ausgefegt und finden zuletzt ein Plätzchen, 
an einen heimlichen Ort, wo sie von der 
Polizei noch zur rechten Zeit vor einem 
unrühmlichen Ende gerettet werden. 
Ueber eine Auseinandersetzung 
zwischen dem L a n d r a t h des Kreises 
Mörs und dem Bürgermei st er von 
Orsoy berichtet die „Bolksztg.": Der 
Landrath hatte „namens des Kreistags 
und des Kreisausschusses" einen Nachruf 
für den verstorbenen Rittergutsbesitzer 
Friedrich Wilh. Schmitz zu Winnenthal 
erlassen. Der Nachruf rühmte dem Ver 
storbenen nach, daß er „während mehrerer 
Jahrzehnte als Mitglied der Kreisvertretung 
die Interessen des Kreises und seiner 
Berufsgenossen eifrig gefördert hat," daß 
sein Name als eines unserer tüchtigsten 
Lanüwirthe weit über die engere Heimath 
hinaus den besten Klang hatte," und der 
Kreis auf ihn stolz sein durfte. — Darauf 
hat nun Bürgermeister Posthoff in der 
„Rhein- und Ruhrzeitung" einen Protest 
veröffentlicht, in dem es heißt: Als Mit 
glied des Kreistages protestire ich gegen 
diesen Nachruf: 1. weil der königliche 
Landrath Herr v. Laer nicht seitens des 
Kreistages beauftragt ist, also auch nicht 
die Anzeige namens desselben erstatten kann: 
2. weil nach meiner Ueberzeugung viele 
Kreistagsmitglieder nicht mit dem Inhalt 
des Nachrufs einverstanden sind; 3. weil 
derselbe thatsächlich Unrichtigkeiten enthält. 
Das Kreistagsmitglied Rittergutsbesitzer 
Schmitz-Winnenthal hat nur äußerst selten 
den Kreistagssitzungen beigewohnt, eine 
Förderung der Interessen des Kreises und 
seiner Berussgenosseu in seiner Eigenschaft 
als Kreistagsmitglied kann selbst sein bester 
Freund nicht nachweisen, dagegen ist es 
Thatsache, daß der stets für sich und feine 
landwirthschaftlichen Sonderinteressen 
Staatshülfe verlangende Rittergutsbesitzer 
nach der großen Kölner landwirthschaftlichen 
Ausstellung die Maul- und Klauenseuche 
fahrlässigerweise in die Gemeinde Orsoy- 
Land verschleppt hat." 
In dem Düsseldorfer Prozeß gegen 
Frhrn. v. Ehrhardt und Genossen 
geißelte der Staatsanwalt scharf den Ver 
such der Angeklagten Frhrn. v. Ehrhardt 
Rhein und Hecker, die Mitglieder des 
Ehrenraths und alle Stabsoffiziere, die 
an dem Urtheil gegen den Frhrn. v. Ehr 
hardt theilgenommen haben, wegen dieses 
Urtheils mit der Pistole in der Hand zum 
Ziveikampf herausfordern. Erfrage, wo 
hin soll eine solche Handlungs 
weise führen? Wenn es Mode werden 
sollt«, Beamte des Staates wegen ihrer 
amtlichen Kritiken vor die Pistole zu 
fordern, dann ist unsere ganze Rechts 
ordnung auf das Schwerste gefährdet. 
Das Verfahren des Angeklagten Rhein, 
der es fertig gebracht hat, im Verein mit 
Hecker die gröblichsten Beleidigungen dem 
Bezirkskommando zu schreiben, erfordere 
die schwerste Ahndung. Aus der Ver 
theidigungsrede des Justizraths Stapper 
ist die Ausführung über den Duell 
zwang der Offiziere hervorzuheben. 
Dieser Duellzwang dürfte noch einer 
näheren Erwägung an maßgeben 
der Stelle unterzogen werden. Daß 
Frhr. v. Ehrhardt unter dem Duellzwang 
stand, hat der Herr Staatsanwalt mit 
anderen Worten zugegeben, indem er sagte: 
Frhr. v. Ehrhardt wußte, was er zu thun 
hatte. Er hatte zu entscheiden, ob er 
Offizier bleiben wolle oder nicht. Jeden 
falls wird man annehmen müssen, daß 
Frhr. v. Ehrhardt gereizt war. Sein 
Zorn ist nach Lage der Dinge für Jeder- 
mann erklärlich. Der Staatsanwalt habe 
mit berechtigter Entrüstung die Frage auf 
geworfen, wohin sollte es führen, wenn 
Beamte wegen Amtshandlungen zum Zwei 
kampf aufgefordert werden können, dann 
würde unsere gesammte Staats- und Rechts- 
ordnung aufhören. Wenn der Herr Staats 
anwalt nur einen Schritt weitergegangen 
wäre, dann hätte er sagen können: unsere 
gesammte Staats- und Rechtsord- 
nung inuß aufhören, wenn sich 
jeder mit der Waffe in der Hand 
selbst Recht schaffen kann und nicht 
genöthigt ist, in der von der Gesetzgebung 
vorgeschriebenen Weise Recht zu suchen. 
Der Angeklagte Wessel hat daher voll- 
ständig in Wahrung berechtigter Interessen 
gehandelt, wenn er schrieb: „Das Ber- 
halten des Ehrenraths ist ein Hohn auf 
alle Moral, Religion, Vernunft und Ge 
setz." Der Vertheidiger zog auch den 
Vorfall in Karlsruhe heran, der beweise, 
daß der Ehrenkodex der Offiziere 
eine öffentliche Gefahr ist und daß 
Jedermann, der in einer Stadt wohnt, 
wo sich viele Bewaffnete befinden, in Wahr 
nehmung berechtigter Interessen handelt, 
wenn er aus Aufhebung dieses Ehrenkodex 
Durllsucht vor Gericht. 
Düsseldorf, 21. Oktober 
'Nunmehr wird Referendar Dr. Ewers 
als Zeuge in den Saal gerufen. Er be 
kundet auf Befragen des Präsidenten: Frei 
herr v. Ehrhardt habe in ihm ein ganz 
besonderes Medium gesehen und ihn mehr 
fach zu spiritistischen Sitzungen eingeladen. 
Er habe etwa fünf bis sechs Sitzungen bei 
gewohnt. Er habe niemals ein 
Ehrenwort abgegeben, ein solches sei 
ihm auch in keiner Weise abverlangt worden. 
Er habe auch stets erklärt, daß er an über 
irdische Kräfte nicht glaube, er sei nur der 
Meinung, vaß durch Suggestion gewisse 
Dinge hervorgebracht werden können. Trotz 
seiner Proteste habe Freiherr v. Ehrhardt 
während der Sitzungen dunkel machen lassen 
mit der Begründung, daß das den 
Geistern angenehmer sei, diese könnten 
im Dunkeln besser arbeiten. Er habe nun 
verschiedene Klopflaute beim Tischrücken ge 
hört und sei auch verschiedene Male in 
Trance gefallen. Diese Trance sei nicht 
eine gekünstelte, sondern eine von ihm selbst 
suggerirte gewesen. Er habe auch im Trance 
einmal unwillkürlich geschrieben, dasselbe sei 
selbstverständlich auch Suggestion gewesen. 
Eines Abends sei auf seine Hand eine 
Visitenkarte, in die Tasche eines andern 
Herrn ein Stückchen Radirgummi und ein 
Bleistift geflogen. Er sagte sofort: er könne 
an solche Dinge nicht glauben. Freiherr 
v. Ehrhardt sagte: „Sie wissen doch, daß 
wir hier unter Ehrenwort sitzen." Er 
konnte darauf nichts erwidern, da er Nie 
manden beschuldigen wollte. — Der Zeuge 
bekundet im Weiteren: Eines Abends 
wurde vor dem Tische gesagt: In der 
Tasche des Herrn Küpper befinde sich ein 
Tausendniarkschein. Das heißt: der Tisch 
wird gefragt, ob sich in der Tasche des 
Herrn Küpper ein Tausendmarkschein befin 
det. Dann klopft der Tisch, das heißt 
„Ja". Es wurde nun nachgesehen, und 
es fand sich ein Tausendmarkschein, wohl 
nicht in der Tasche, aber unter deni Stuhle 
des Herrn Küpper. Bei näherer Prüfung 
ergab sich, daß der Sckein ein gewöhnlicher 
Reklameschein war. Wer den Schein unter 
den Stuhl praktizirt hatte, weiß ich nicht. 
Bald darauf erhielt ich von den Mit 
gliedern des Psychologischen Vereins ein 
Schreiben, in dem ich aufgefordert wurde, 
den Sitzungen des Vereins in Zukunft fern 
zu bleiben. Ich begab mich ins Vereins 
lokal, um nach der Ursache dieses Schreibens 
zu fragen. Es wurde niir nun der Vor 
wurf des Ehrenwortbruchs gemacht. Ich 
sagte den Herren, daß ich weder ein Ehren 
wort gegeben, noch weniger ein solches ge 
brochen habe. Der Zeuge erzählt im 
Weiteren sein Renkontre mit Hecker und 
dem Freiherrn v. Ehrhardt und Herrn v. 
Kaniptz und bemerkt schließlich auf Befragen 
des Präsidenten, daß die Angelegenheit dem 
Landg erichtspräs id entcn angezeigt 
worden und er infolge dessen nach Saar 
brücken versetzt worden sei. 
Landesrath Schmidt, der hierauf als 
Zeuge vernommen wird, bekundet: Er habe 
eines Tages gehört, daß Hecker den Ehren- 
raih beleidigt halte. Er sei von, Ehren 
rath beauftragt worden, die Angelegenheit 
zu untersuchen, habe jedoch vorgeschlagen, 
die Angelegenheit auf sich beruhen zu lassen, 
da solch junger Mann den Ehrenrath nicht 
beleidigen könne. Er sei aber doch ge 
nöthigt gewesen, den Hecker vorzuladen. 
Hecker habe die Beleidigung in Abrede ge- 
stellt. Eines Tages, als er mit den Akten 
in der Hand aus dem Bureau kam, sei 
plötzlich mit dem Hut in der Hand Hecker 
an ihn herangetreten, habe ihn gefragt, ob 
er der Landesrath Schmidt sei, und als er 
dies bejaht, habe er einen Faustschlag 
ins Gesicht erhalten. In demselben 
Augenblick sei der Thäter spornstreichs davon 
gelaufen. 
Nach einigen weiteren, weniger belang 
reichen Zeugenvernehmungen wird die Bc- 
weißaufnahme geschloffen. 
— Ende. - 
Herbst-Lied. 
Kälter wird es allgemach, 
Vögel südlich ziehen, 
Früher dunkelt jeder Tag, 
Wolken schneller fliehen. 
Feld und Wieseir blumenleer, 
Oede Anger, Weide, 
Weiße Nebel rings umher, 
Wald im gelben Kleide! 
Großes, Kleines ohne Zahl 
Im Vergehn, Verblühen; 
Dennoch feiern Berg und Thal 
Gern von ihren Mühen. 
Alle Herbsteskreatur 
Trägt nach Ruh' Verlangen, 
Um erweckt, auf neuer Flur 
Schöner einst zu prangen. 
Sollten wir auch schlafen gehn, 
Wird uns Gott versorgen. 
Schenken frohes Auferstehn 
Einst am Frühlingsmorgen. 
.fl. 
Vermischtes. 
— Sie kennt sich ans. Ein junger 
Mann mußte alle möglichenGlicderverrenkungcn 
anwenden, um über den großen Hut hinweg 
sehen zu können, den ein hübsches Mädchen 
vor ihm im Theater trug. Die junge 
Dame, die er begleitet hatte, sah es und 
bemitleidete ihn. Ein schelmisches Lächeln 
glitt über ihr Gesicht, sie beugte sich zu ihm 
und flüsterte laut genug, daß die andere es 
hören konnte: „Welch' schönen Hut das 
Mädchen vor uns auf hat!" Er sah sie 
wüthend an, sagte aber nichts, und die 
Trägerin des Hutes blickte gerade vor sich 
hinaus und lächelte geschmeichelt. „Nur 
schade," fuhr die junge Daine fort, „daß er 
nicht gerade sitzt." Das Mädchen vor ihnen 
ergriff den Hut und rückte ihn nervös auf 
die eine Seite des Kopfes. Da er aber 
dort nicht recht zu sitzen schien, schob die 
Danie ihn mit einem Ruck auf die andere 
Seite hinüber. Es war vergebens, denn sic 
hörte alsbald das mitleidige Geflüster wieder: 
„Jetzt wird sie ihn gar nicht mehr gerade 
bekommen." Das war zuviel. Resolut 
streckte die Verspottete ihre Hände nach oben, 
nahm den Hut ab und legte ihn auf ihren 
Schvoß. Der junge Mann warf seiner 
Gefährtin einen Blick zu, der von unver 
gänglicher Bewunderung und lebenslänglicher 
Dankbarkeit sprach. 
Wie Garibaldi zu seiner Frau kam, 
berichtet er selbst in seinen Dentwürdigkeiten; 
auf welch' seltsame Art und Weise er die 
kecke Amazone kennen lernte, die die Ge 
fährtin seines abenteuerlichen Lebens wurde. 
Nach einem blutigen Gefecht, in dem alle 
seine italienischen Waffengenossm gefallen 
waren, befand sich Garibaldi in der Nähe 
der Burra, . des östlichen Theiles der Ein 
fahrt in die Jayuna. „Zufällig warf ich 
einen Blick auf ein Haus", so erzählt Ga 
ribaldi, „und bemerkte dort eine junge 
Dame, die mich auf eine so geheimnißvolle 
und unwiderstehliche Weise an sich angezogen 
hatte. Ich begrüßte sie, wir wurden schnell 
bekannt, und ich fühlte, daß der verborgene 
schätz, den ich entdeckt hatte, von seltenem 
und unschätzbarem Werthe sei. Später habe 
ich mir Vorwürfe gemacht, daß ich sie der 
friedlichen Zurückgezogenheit ihrer Heimath 
entriß, um sie in Mühen, Leiden und Ge 
fahren zu stürzen." 
Der zufällige Anblick eines Mädchens, 
das still und bescheiden dahin lebte, hat hier 
dazu geführt, daß dieses die Frau eines be 
rühmten Mannes wurde und als solche 
Eigenschaften entwickelte, die sie sicherlich 
in ihrem stillen Mädchenheim wohl niemals 
geahnt hatte, denn Frau Garibaldi, die 
ihren Mann immer begleitete und an seiner 
Seite zu Wasser und zu Lande focht, ver 
richtete Wunder der Tapferkeit, obwohl sie 
in ihrer Jugend das friedlichste Leben ge 
führt. 
— Der Prinzeu-Mcntor. „Wir kommen 
jetzt zu Herrn Gcheimrath v. Goethe, 
Excellenz, weimarifcher Minister, Ritter hoher 
Orden, von Haus aus bürgerlich, junger 
Adel — außerdem noch als Dichter zu 
merken!" 
Höchste Ehrfurcht. (Aus einem Bitt 
gesuche). „. . . Womit ich verbleibe Euer 
Durch- und Durchlaucht unterthänigster 
Diener Eusebius Wrrmchen. 
Knnstprotz. „. . . 's Stillleben gefällt 
mir mit der Sektflasche — nur malen Şic 
mir 'ne bessere Marke drauf!" 
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