im Knopfloch tragen, oder sein Haus mit
einer solchen zieren möge. Das würde
der guten Sache viel helfen. Am nächsten
Sonntag soll eine Schiffsparade im New-
Yorker Hafen stattfinden, alle Schiffe wer
den beflaggt und elektrisch beleuchtet sein.
Allerdings sind von den Schiffen nur
5 Procent amerikanische; McKinley,
hat allein am letzten Sonnabend in seinem
Heimathsorte Canton in Ohio 24 000 Be
sucher, die in 50 Sonderzügen dorthin
befördert worden waren empfangen.
Italien.
Rom, 22. Okt. Die Vermählung des
Kronprinzen mit der Prinzessin von
Montenegro wurde heute unter großem
Gepränge vollzogen.
Schweiz.
Zürich, 22. Oct. Gestern Abend 5'/2
Uhr ist an einem Neubau in der Frei
gutstraße ein Baugerüst und ein Theil
der Mauer eingestürzt. Vier Ar-
beiter wurden getödtet und dreizehn schwer
verletzt.
Dänemark.
Das Er d b e b e n auf Island. Wie sich
nunmehr herausstellt, war die Katastrophe,
die im vorigen Monat die ferne dänische
Colonie heimsuchte, viel größer, als die
ersten Mittheilungen vermuthen ließen.
Ueber 2 0 0 Höfe sind zerstört und
2000 über ein weites Gebiet zerstreute
Menschen sind ohne Obdach, haben alles
verloren und sehen dem Winter mit Angst
und Schrecken entgegen. Das Centrum des
Erdbebens war der große Vulcan Hekla.
Die ganze Umgegend desselben und die
westlichen und südlichen Theile der Insel
wurden von der Katastrophe betroffen,
während die Hauptstadt Reykjavik selbst
weniger gelitten hat. Am ärgsten wütheten
die Erdstöße in den Distrikten Raugavalla
und Arne. Am 26. August wurden die
ersten Erdstöße vernommen. Die Häuser
bebten, die Glocken begannen zu läuten,
die Gläser klirrten und es krachte in allen
Fugen der Gebäude. Die folgenden Tage
merkte man fast nichts, und man gab sich
schon der Hoffnung hin, von ferneren
Katastrophen verschont zu bleiben. In der
Nacht zwischen dem 5. und 6. September
fanden indeß zwei neue Erschütterungen
statt, von denen die erste eine Minute, die
zweite kürzere Zeit dauerte. Nach manchen
Aussagen kam die Bewegung von Nordwest,
nach anderen von Nord. Bei den heftigsten
Stößen mußten sich die Leute auf den
Boden werfen. Der Brückenwächter an der
Thorsaabrücke wurde aus seiner» Bett ge
schleudert, und alle Gegenstände in der
Wohnung fielen bunt durch einander, ein
Tisch lag nach der Erschütterung umgekehrt,
mit den Füßen nach oben, am Boden.
Die Bewohner des Gehöftes Kolströnd
erzählten, daß das Gedröhn in dem nahe
liegenden Berg Jngolfsjeld die Stimmen
der Menschen in dem Grade übertönte,
daß man kein Wort mit einander sprechen
konnte, auch wenn man dicht neben einander
stand. Ein Schiff, das sich an der Südküste
Islands sieben Meilen von Eyrarbakki
befand, fühlte einen starken Stoß, ganz so,
als wenn es gegen einen Felsen stieß,
obwohl es sich an einer Stelle 100 Faden
Tiefe befand. Von vielen Stellen werden
Beispiele angeführt, wie sich Menschen im
letzten Augenblick retten konnten. Der Berg
Skardsfjeld machte eine eigenartige Be
wegung hin und zurück, wobei an zwölf
Stellen große Stücke Land in die Ebene
hinabgeschleudert wurden. An vielen Stellen
sind warme Quellen entstanden, während
einige der alten verschwunden sind. Flüsse
und Seen wechselten die Farbe und wurden
weißgelb. Leute vom Pfarrhof Oddi be
richten, daß der Thorsaa, Islands größter
Fluß, bei dem Erdbeben am 26. August
an einigen Stellen trocken wurde, indem
sich das Bett bald hob, bald senkte. An
vielen Stellen des Erdbodens sind große
Spalten und Abgründe entstanden, von
denen der größte vom Thorsaa bis Anstvads-
holt geht, also etwa 1 >,'2 Meilen lang ist.
Die Gebiete, die vom Erdbeben heimgesucht
worden find, gewähren durch die großen
Veränderungen des Erdbodens sowie auch
durch die vielen Zelte und Hütten, in denen
jetzt die Menschen lagern, einen eigenthüm
lichen Anblick. Bei dem Handelsplatz
Eyrarbakki wohnen alle Leute in Zelten,
ebenso sind auf allen öffentlichen Plätzen
in Reykjawik Zelte aufgeschlagen. Der
Redakteur derisländischenZeitung „Jsafold"
giebt in seinem Blatt eine genaue Schilde
rung der fürchterlichen Begebenheit. Seinem
Bericht zufolge sind infolge dieser Erdbeben,
die Island ini Monat August und Sep
tember heimgesucht haben, ungefähr 155
Gehöfte und 800 bis 1000 Gebäude von
Vorwerken zusammengestürzt. Man fürchtet
einen Ausbruch des Hekla. Einer vor
einigen Tagen eingetroffenen Privatmeldung
aus Island zufolge hat sich in der Nähe
des Geiser im Haukadal eine neue warme
Springquelle gebildet, die jede 10. bis 20.
Minute springt und einen Wasserstrahl
von der Höhe des alten Geisers empor
schleudert. Alle Mitglieder der Königs
familie haben für die Unglücklichen, deren
Wohnungen zerstört worden sind, bedeutende
Summen beigesteuert. Der König hat, wie
schon telegraphisch berichtet, 2000, die
Kaiserin-Wittwe von Rußland 3000 und
das russische Kaiserpaar 4000 Kronen ge
geben.
Inland.
— Nach den Angaben des fest
genommenen Mörders Grosse,
der der Ermordung des I u st i z r a t h s
Levy geständig ist, sollte die That schon
am Morgen des 17. October ausgeführt
werden, derart, daß der noch nicht fest
genommene Werner und Grosse an der
Vorderthür der Levy'sche« Wohnung klingeln
und das öffnende Dienstmädchen mit den
Dolchen niederstechen sollten, um dann die
Levy'sche Eheleute zu ermorden und den
Geldschrank mit den Schlüsseln, die Werner
zu finden sich anheischig machte, auszurauben.
Der Plan mißlang, weil das Dienstmädchen
die Vorderthür nicht öffnete, sondern den
Burschen zurief, sie möchten das angeblich
abzuliefernde Papier zu einer geeigneten
Tageszeit wiederbringen. Werner schlug
nun vor, den Plan so auszuführen, daß
sie über das Flurfenster in die Hofgalerie
eindringen. Bei der Oeffnung der Hausthür
durch den Bäckerjungen trieben sich die
beiden auf der Straße herum und trafen
hierbei zwei angeblich unbekannte Burschen,
die sie aufforderten, sich an dem geplanten
Raubmord zu betheiligen. Diese erklärten
sich bereit, weigerten sich aber, die Levy'sche
Wohnung zu betreten, und wollten nur
auf dem Flur Wache stehen. Nachdem
Werner und Grosse aus dem Speisezimmer
durch die offenstehende Thür in das Schlaf.
Zimmer eingedrungen waren, stürzte sich
Werner auf den Justizrath und Grosse auf
die Justizräthin mit Dolchmessern. Letztere
erhob sich etwas. Grosse versuchte sie nieder
zudrücken und stach mit der rechten Hand
darauf los. Hierbei durchstach er sich die
linke Hand, wodurch sich die starken Blut-
spuren auf der Galerie, dem Flurfenster
und auf dem Treppenflur erklären. Nach
den Hülferufen der Justizräthin, die die
Mörder zur Flucht bestimmten, liefen beide
in verschiedener Richtung davon. Grosse
ließ die verletzte Hand in der Sanitäts-
wache der Steglitzerstraße verbinden. Dann
trafen beide an einem verabredeten Punkte
im Thiergarten zusammen und gingen nach
dem Grünewald, wo sie zwei Nächte ver
brachten. Für das wenige Geld, das sie
besaßen, kauften sie sich Nahrungsmittel.
Gegen Mittag des 20. October hatte sich
Grosse von Werner getrennt und kehrte in
die Wohnung der Mutter zurück, wo er
erzählte, daß er sich die Hand an einer
Glasscherbe verletzt habe, was ihm aber
nicht geglaubt wurde. Bei der Criminal-
Polizei ging indessen ein Schreiben des
Arztes der Sanitätswache ein. Der Arzt
hatte in den Zeitungen gelesen, daß der
Mörder des Justizraths Levy stark mit
Blut besudelt sein müsse, und deshalb
geglaubt, Grosse mit dem Morde in Ver
bindung bringen zu können. Da Grosse in
demselben Hause wie Werner wohnt, lag
es nahe, in ihm den Genossen der That
zu suchen. Die beiden Burschen, die Wache
gestanden hatten, will Grosse nicht wieder
gesehen haben. Werner treibt sich anscheinend
im Grünewald herum und wird eifrig
gesucht.
— Ein P i st 0 l e n d u e l l hat schon
wieder am Mittwoch früh im Grünewald
stattgefunden. Als Gegner standen sich ein
Referendar und ein Student der technischen
Hochschule gegenüber. Beim dritten Schuß
erhielt der Referendar einen Schuß in den
rechten Oberarm, der ihn kampfunfähig
machte; die Verwundung soll indeß nicht
gefährlich sein.
Berlin, 22. Oct. Heute Nachmittag er-
schoß ein Kellner in der Lothringerstraße
seine Frau und feuerte dann auf sich
selbst. Die Leiche der Frau wurde nach
dem Schauhause und der Mörder noch
lebend in die königliche Klinik in der
Ziegelstraße geschafft?
Das große Loos, das, wie mitgetheilt,
nach der märkischen Stadt Templin ge
fallen ist, geht dort in außerordentlich
viele Theile, die aber dennoch groß genug
sind, um in mancher Familie Freude ein
ziehen zu lassen. Die Lehrer der Stadt
haben allein drei Zehntel des Looses ge
spielt, und alle, mit Ausnahme von zweien,
haben Theil an dem Gewinn, es entfallen
auf den Einzelnen 6000 bis 21 000 Mk.
Ein Zehntel wird von drei Bahnarbcitern
und. ein Zehntel von einem Buchbinder
und dessen Sohn gespielt. Die übrigen
Gewinne vertheilen sich auf mehrere der
Stadt Templin benachbarte Dörfer rc.;
auch ein Gastwirth in Pommern hat Theil
an einem Gewinn, sowie ein Oberst a. D.
Eine schändliche Behandlung hat das
15jährige Dienstmädchen Pauline M. von
ihrer Dienstherrin, der Besitzerfrau Katha
rina Böhnke und ihrer Tochter Bronis-
lawa, in Jesewitz erfahren. Da ihr der
Dienst zu schwer war, sie auch öfter miß-
handelt wurde, verließ die Pauline M.
ihre Stelle, wurde aber durch den Ge
meindediener wieder zurückgebracht, wo
rauf sie eine tüch tige T rächt Prü g el
bekam. Gleich darauf entlief die M.
wieder. Frau Böhnke rief nun dem
Dienstjungen Kl. zu, die M. festzuhalten.
K. lief ihr nach, ergriff sie und band
ihrmitdemLeibriemendietzände
zusammen. Nun kam die Bronislawa
B. hinzu, erfaßte die Riemen und schleifte
die M. ins Haus, während der Dienst
junge ihr Stöße in den Rücken versetzte.
Sie erhielt nun abermals eine tüchtige
Tracht Prügel und entlief zum dritten
Male. Nun befahl Frau B. dem Dienst,
jungen, er solle sich aufs Pferd setzen, und
die M., wenn er sie eingeholt hätte, ans
Pferd binden und sie zurückbringen. Diesen
Befehl führte der Junge buchstäblich aus.
Er ergriff die M., band ihre Hände mit
dem Riemen wieder zusammen und be
festigte dann den Riemen an dem Pferde
und ritt so zu seiner Herrin zurück. Ein
strafunmündiger Sohn der würdigen Frau
leistete nicht nur Helfersdienste, sondern
schlug das arme Opfer während des
Transportes noch mit der Peitsche. Ein
vorüberkommender Gastwirth machte dem
grausamen Spiel ein Ende, zerschnitt die
Fesseln des Mädchens und ermahnte dieses,
ruhig zum Dienst zurückzukehren. Die
gefühllose Herrin wurde von der Straf-
kammer zu 30 JL Geldstrafe verurtheilt,
mit Rücksicht darauf, daß sie durch das
Verhalten der M. gereizt worden war und
ein Schaden nicht entstanden ist."
Görlitz, 20. Okt. Am Sonnabend
voriger Woche war in einer hiesigen
Familie Polterabend, eine Tochter sollte
am Sonntag Hochzeit feiern. Die Mutter
geht am Sonnabend gegen Abend aus, um
Einkäufe zu machen und verliert 4000
Mk. in Noten à 1000 Mk., die sie in
einem Couvert in der Rocktasche bei sich
führt. Erst am Sonntag-Vormittag, also
am Festtage bemerkte sie ihren Verlust.
Polizei, scheußliche Hochzeitsmorgen-
stimn'ung; endlich Ergebung in den Willen
der Vorsehung, hochherzige Erklärung der
Kinder — auch des Sohnes!! — fühlen
sich glücklich auch ohne die 4 Tausend,
Freudenthränen der Mutter über „solche"
Kinder, vollkommene Tröstung ringsum.
— Gegen Mittag bringt ein Polizist 2
Tausend-Markscheine, die anderen zwei
würden sich auch wohl noch finden, in der
Aufregung bekommt er ... 2 Cigarren
für seine Mühe! Das Couvert hatten am
Sonnabend-Abend auf lebhafter Straße
zwei spielende Kinder gefunden und sich
die ihnen unbekannten vier Bilder getheilt.
Das eine Kind giebt seine zwei der
Mutter zum Aufheben, die sie aber gleich
zur Polizei trägt. Das andere Kind legt
sie zu Hause auf das Fensterbrett, sie fallen
zur Erde, werden am anderen Morgen
mit ausgefegt und finden zuletzt ein Plätzchen,
an einen heimlichen Ort, wo sie von der
Polizei noch zur rechten Zeit vor einem
unrühmlichen Ende gerettet werden.
Ueber eine Auseinandersetzung
zwischen dem L a n d r a t h des Kreises
Mörs und dem Bürgermei st er von
Orsoy berichtet die „Bolksztg.": Der
Landrath hatte „namens des Kreistags
und des Kreisausschusses" einen Nachruf
für den verstorbenen Rittergutsbesitzer
Friedrich Wilh. Schmitz zu Winnenthal
erlassen. Der Nachruf rühmte dem Ver
storbenen nach, daß er „während mehrerer
Jahrzehnte als Mitglied der Kreisvertretung
die Interessen des Kreises und seiner
Berufsgenossen eifrig gefördert hat," daß
sein Name als eines unserer tüchtigsten
Lanüwirthe weit über die engere Heimath
hinaus den besten Klang hatte," und der
Kreis auf ihn stolz sein durfte. — Darauf
hat nun Bürgermeister Posthoff in der
„Rhein- und Ruhrzeitung" einen Protest
veröffentlicht, in dem es heißt: Als Mit
glied des Kreistages protestire ich gegen
diesen Nachruf: 1. weil der königliche
Landrath Herr v. Laer nicht seitens des
Kreistages beauftragt ist, also auch nicht
die Anzeige namens desselben erstatten kann:
2. weil nach meiner Ueberzeugung viele
Kreistagsmitglieder nicht mit dem Inhalt
des Nachrufs einverstanden sind; 3. weil
derselbe thatsächlich Unrichtigkeiten enthält.
Das Kreistagsmitglied Rittergutsbesitzer
Schmitz-Winnenthal hat nur äußerst selten
den Kreistagssitzungen beigewohnt, eine
Förderung der Interessen des Kreises und
seiner Berussgenosseu in seiner Eigenschaft
als Kreistagsmitglied kann selbst sein bester
Freund nicht nachweisen, dagegen ist es
Thatsache, daß der stets für sich und feine
landwirthschaftlichen Sonderinteressen
Staatshülfe verlangende Rittergutsbesitzer
nach der großen Kölner landwirthschaftlichen
Ausstellung die Maul- und Klauenseuche
fahrlässigerweise in die Gemeinde Orsoy-
Land verschleppt hat."
In dem Düsseldorfer Prozeß gegen
Frhrn. v. Ehrhardt und Genossen
geißelte der Staatsanwalt scharf den Ver
such der Angeklagten Frhrn. v. Ehrhardt
Rhein und Hecker, die Mitglieder des
Ehrenraths und alle Stabsoffiziere, die
an dem Urtheil gegen den Frhrn. v. Ehr
hardt theilgenommen haben, wegen dieses
Urtheils mit der Pistole in der Hand zum
Ziveikampf herausfordern. Erfrage, wo
hin soll eine solche Handlungs
weise führen? Wenn es Mode werden
sollt«, Beamte des Staates wegen ihrer
amtlichen Kritiken vor die Pistole zu
fordern, dann ist unsere ganze Rechts
ordnung auf das Schwerste gefährdet.
Das Verfahren des Angeklagten Rhein,
der es fertig gebracht hat, im Verein mit
Hecker die gröblichsten Beleidigungen dem
Bezirkskommando zu schreiben, erfordere
die schwerste Ahndung. Aus der Ver
theidigungsrede des Justizraths Stapper
ist die Ausführung über den Duell
zwang der Offiziere hervorzuheben.
Dieser Duellzwang dürfte noch einer
näheren Erwägung an maßgeben
der Stelle unterzogen werden. Daß
Frhr. v. Ehrhardt unter dem Duellzwang
stand, hat der Herr Staatsanwalt mit
anderen Worten zugegeben, indem er sagte:
Frhr. v. Ehrhardt wußte, was er zu thun
hatte. Er hatte zu entscheiden, ob er
Offizier bleiben wolle oder nicht. Jeden
falls wird man annehmen müssen, daß
Frhr. v. Ehrhardt gereizt war. Sein
Zorn ist nach Lage der Dinge für Jeder-
mann erklärlich. Der Staatsanwalt habe
mit berechtigter Entrüstung die Frage auf
geworfen, wohin sollte es führen, wenn
Beamte wegen Amtshandlungen zum Zwei
kampf aufgefordert werden können, dann
würde unsere gesammte Staats- und Rechts-
ordnung aufhören. Wenn der Herr Staats
anwalt nur einen Schritt weitergegangen
wäre, dann hätte er sagen können: unsere
gesammte Staats- und Rechtsord-
nung inuß aufhören, wenn sich
jeder mit der Waffe in der Hand
selbst Recht schaffen kann und nicht
genöthigt ist, in der von der Gesetzgebung
vorgeschriebenen Weise Recht zu suchen.
Der Angeklagte Wessel hat daher voll-
ständig in Wahrung berechtigter Interessen
gehandelt, wenn er schrieb: „Das Ber-
halten des Ehrenraths ist ein Hohn auf
alle Moral, Religion, Vernunft und Ge
setz." Der Vertheidiger zog auch den
Vorfall in Karlsruhe heran, der beweise,
daß der Ehrenkodex der Offiziere
eine öffentliche Gefahr ist und daß
Jedermann, der in einer Stadt wohnt,
wo sich viele Bewaffnete befinden, in Wahr
nehmung berechtigter Interessen handelt,
wenn er aus Aufhebung dieses Ehrenkodex
Durllsucht vor Gericht.
Düsseldorf, 21. Oktober
'Nunmehr wird Referendar Dr. Ewers
als Zeuge in den Saal gerufen. Er be
kundet auf Befragen des Präsidenten: Frei
herr v. Ehrhardt habe in ihm ein ganz
besonderes Medium gesehen und ihn mehr
fach zu spiritistischen Sitzungen eingeladen.
Er habe etwa fünf bis sechs Sitzungen bei
gewohnt. Er habe niemals ein
Ehrenwort abgegeben, ein solches sei
ihm auch in keiner Weise abverlangt worden.
Er habe auch stets erklärt, daß er an über
irdische Kräfte nicht glaube, er sei nur der
Meinung, vaß durch Suggestion gewisse
Dinge hervorgebracht werden können. Trotz
seiner Proteste habe Freiherr v. Ehrhardt
während der Sitzungen dunkel machen lassen
mit der Begründung, daß das den
Geistern angenehmer sei, diese könnten
im Dunkeln besser arbeiten. Er habe nun
verschiedene Klopflaute beim Tischrücken ge
hört und sei auch verschiedene Male in
Trance gefallen. Diese Trance sei nicht
eine gekünstelte, sondern eine von ihm selbst
suggerirte gewesen. Er habe auch im Trance
einmal unwillkürlich geschrieben, dasselbe sei
selbstverständlich auch Suggestion gewesen.
Eines Abends sei auf seine Hand eine
Visitenkarte, in die Tasche eines andern
Herrn ein Stückchen Radirgummi und ein
Bleistift geflogen. Er sagte sofort: er könne
an solche Dinge nicht glauben. Freiherr
v. Ehrhardt sagte: „Sie wissen doch, daß
wir hier unter Ehrenwort sitzen." Er
konnte darauf nichts erwidern, da er Nie
manden beschuldigen wollte. — Der Zeuge
bekundet im Weiteren: Eines Abends
wurde vor dem Tische gesagt: In der
Tasche des Herrn Küpper befinde sich ein
Tausendniarkschein. Das heißt: der Tisch
wird gefragt, ob sich in der Tasche des
Herrn Küpper ein Tausendmarkschein befin
det. Dann klopft der Tisch, das heißt
„Ja". Es wurde nun nachgesehen, und
es fand sich ein Tausendmarkschein, wohl
nicht in der Tasche, aber unter deni Stuhle
des Herrn Küpper. Bei näherer Prüfung
ergab sich, daß der Sckein ein gewöhnlicher
Reklameschein war. Wer den Schein unter
den Stuhl praktizirt hatte, weiß ich nicht.
Bald darauf erhielt ich von den Mit
gliedern des Psychologischen Vereins ein
Schreiben, in dem ich aufgefordert wurde,
den Sitzungen des Vereins in Zukunft fern
zu bleiben. Ich begab mich ins Vereins
lokal, um nach der Ursache dieses Schreibens
zu fragen. Es wurde niir nun der Vor
wurf des Ehrenwortbruchs gemacht. Ich
sagte den Herren, daß ich weder ein Ehren
wort gegeben, noch weniger ein solches ge
brochen habe. Der Zeuge erzählt im
Weiteren sein Renkontre mit Hecker und
dem Freiherrn v. Ehrhardt und Herrn v.
Kaniptz und bemerkt schließlich auf Befragen
des Präsidenten, daß die Angelegenheit dem
Landg erichtspräs id entcn angezeigt
worden und er infolge dessen nach Saar
brücken versetzt worden sei.
Landesrath Schmidt, der hierauf als
Zeuge vernommen wird, bekundet: Er habe
eines Tages gehört, daß Hecker den Ehren-
raih beleidigt halte. Er sei von, Ehren
rath beauftragt worden, die Angelegenheit
zu untersuchen, habe jedoch vorgeschlagen,
die Angelegenheit auf sich beruhen zu lassen,
da solch junger Mann den Ehrenrath nicht
beleidigen könne. Er sei aber doch ge
nöthigt gewesen, den Hecker vorzuladen.
Hecker habe die Beleidigung in Abrede ge-
stellt. Eines Tages, als er mit den Akten
in der Hand aus dem Bureau kam, sei
plötzlich mit dem Hut in der Hand Hecker
an ihn herangetreten, habe ihn gefragt, ob
er der Landesrath Schmidt sei, und als er
dies bejaht, habe er einen Faustschlag
ins Gesicht erhalten. In demselben
Augenblick sei der Thäter spornstreichs davon
gelaufen.
Nach einigen weiteren, weniger belang
reichen Zeugenvernehmungen wird die Bc-
weißaufnahme geschloffen.
— Ende. -
Herbst-Lied.
Kälter wird es allgemach,
Vögel südlich ziehen,
Früher dunkelt jeder Tag,
Wolken schneller fliehen.
Feld und Wieseir blumenleer,
Oede Anger, Weide,
Weiße Nebel rings umher,
Wald im gelben Kleide!
Großes, Kleines ohne Zahl
Im Vergehn, Verblühen;
Dennoch feiern Berg und Thal
Gern von ihren Mühen.
Alle Herbsteskreatur
Trägt nach Ruh' Verlangen,
Um erweckt, auf neuer Flur
Schöner einst zu prangen.
Sollten wir auch schlafen gehn,
Wird uns Gott versorgen.
Schenken frohes Auferstehn
Einst am Frühlingsmorgen.
.fl.
Vermischtes.
— Sie kennt sich ans. Ein junger
Mann mußte alle möglichenGlicderverrenkungcn
anwenden, um über den großen Hut hinweg
sehen zu können, den ein hübsches Mädchen
vor ihm im Theater trug. Die junge
Dame, die er begleitet hatte, sah es und
bemitleidete ihn. Ein schelmisches Lächeln
glitt über ihr Gesicht, sie beugte sich zu ihm
und flüsterte laut genug, daß die andere es
hören konnte: „Welch' schönen Hut das
Mädchen vor uns auf hat!" Er sah sie
wüthend an, sagte aber nichts, und die
Trägerin des Hutes blickte gerade vor sich
hinaus und lächelte geschmeichelt. „Nur
schade," fuhr die junge Daine fort, „daß er
nicht gerade sitzt." Das Mädchen vor ihnen
ergriff den Hut und rückte ihn nervös auf
die eine Seite des Kopfes. Da er aber
dort nicht recht zu sitzen schien, schob die
Danie ihn mit einem Ruck auf die andere
Seite hinüber. Es war vergebens, denn sic
hörte alsbald das mitleidige Geflüster wieder:
„Jetzt wird sie ihn gar nicht mehr gerade
bekommen." Das war zuviel. Resolut
streckte die Verspottete ihre Hände nach oben,
nahm den Hut ab und legte ihn auf ihren
Schvoß. Der junge Mann warf seiner
Gefährtin einen Blick zu, der von unver
gänglicher Bewunderung und lebenslänglicher
Dankbarkeit sprach.
Wie Garibaldi zu seiner Frau kam,
berichtet er selbst in seinen Dentwürdigkeiten;
auf welch' seltsame Art und Weise er die
kecke Amazone kennen lernte, die die Ge
fährtin seines abenteuerlichen Lebens wurde.
Nach einem blutigen Gefecht, in dem alle
seine italienischen Waffengenossm gefallen
waren, befand sich Garibaldi in der Nähe
der Burra, . des östlichen Theiles der Ein
fahrt in die Jayuna. „Zufällig warf ich
einen Blick auf ein Haus", so erzählt Ga
ribaldi, „und bemerkte dort eine junge
Dame, die mich auf eine so geheimnißvolle
und unwiderstehliche Weise an sich angezogen
hatte. Ich begrüßte sie, wir wurden schnell
bekannt, und ich fühlte, daß der verborgene
schätz, den ich entdeckt hatte, von seltenem
und unschätzbarem Werthe sei. Später habe
ich mir Vorwürfe gemacht, daß ich sie der
friedlichen Zurückgezogenheit ihrer Heimath
entriß, um sie in Mühen, Leiden und Ge
fahren zu stürzen."
Der zufällige Anblick eines Mädchens,
das still und bescheiden dahin lebte, hat hier
dazu geführt, daß dieses die Frau eines be
rühmten Mannes wurde und als solche
Eigenschaften entwickelte, die sie sicherlich
in ihrem stillen Mädchenheim wohl niemals
geahnt hatte, denn Frau Garibaldi, die
ihren Mann immer begleitete und an seiner
Seite zu Wasser und zu Lande focht, ver
richtete Wunder der Tapferkeit, obwohl sie
in ihrer Jugend das friedlichste Leben ge
führt.
— Der Prinzeu-Mcntor. „Wir kommen
jetzt zu Herrn Gcheimrath v. Goethe,
Excellenz, weimarifcher Minister, Ritter hoher
Orden, von Haus aus bürgerlich, junger
Adel — außerdem noch als Dichter zu
merken!"
Höchste Ehrfurcht. (Aus einem Bitt
gesuche). „. . . Womit ich verbleibe Euer
Durch- und Durchlaucht unterthänigster
Diener Eusebius Wrrmchen.
Knnstprotz. „. . . 's Stillleben gefällt
mir mit der Sektflasche — nur malen Şic
mir 'ne bessere Marke drauf!"
hindr
Perfl
feigen
Sit!
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