Full text: Newspaper volume (1896, Bd. 2)

ches die „Freiwilligen Salutisten" ablegen 
müßten und welches in einer Erklärung 
von vier Artikeln bestand. Das Braut 
paar heiratbet danach „zum Ruhme und 
zur Entwickelung der Armee der Frei- 
willigen Salutisten" — ein Passus, der 
mit lauter Heiterkeit aufgenommen wurde, 
als ihn die beiden Hauptakteure ablasen. 
Nach der Trauung theilte General Booth 
mit, daß Kapitän Lindsay zum Major be 
fördert wurde. Die Verkündigung erregte 
wieder stürmische Heiterkeit, denn als 
„Major" ist Lindsay noch immer der 
Untergeordnete der „Oberstin", trotzdem 
ihm diese nach dem Text des Gelöbnisses, 
widerspruchsvoll genug, „Treue und Ge 
horsam" geschworen hatte. Sofort nach 
der Ceremonie machten die Neuvermählten 
eine Hochzeitsreise nach Kanada. Pattie 
ist 28 Jahre alt und Kapitän Lindsay 
war bereits ihr „Sekretär", als sie als 
Oberstin in die neue Salutisten - Armee 
eintrat. 
England. 
London, 15. Okt. Das Gerücht, Ame 
rika wolle die Dardanellen forciren, wird 
hier durchaus nicht ernst genommen. Der 
Washingtoner Correspondent des Daily 
Chronicle telegraphirt, der Sultan sei noch 
nicht um einen Firman für ein Wachtschiff 
gebeten, da man glaube, er würde es ver 
weigern. Nur wenn Rußland ihn dränge, 
würde er einwilligen, doch werde geglaubt, 
Rußland sei abgeneigt. Ohne vorherigen 
Firman aber werde die Union kein Schiff 
nach Konstantinopel schicken. 
Oestrrreich-Ungarn. 
Oswiecim, 15. Okt. Aus der Station 
Wolbrom fand ein Zusammenstoß eines 
Güterzuges mit einem Personenzuge statt. 
Zwei Personen des Zugpersonals und ein 
Passagier wurden getödtet. Eine große 
Anzahl von Personen erlitt Verletzungen. 
Die Ursache des Unglücks war falsche 
Weichenstellung. 
U-rKNkrer«). 
Paris, 15. Okt. (Die Schraube ohne 
Ende.) Die französische Ackerbau-Gesell 
schaft hat in einer Versammlung am Mitt 
woch einstimmig den Beschluß angenommen, 
daß die Exportprämiensätze für den fran 
zösischen Zucker zum mindesten in der 
Höhe der fremden Prämie n, nament 
lich der deutschen und österreichisch-unga 
rischen, zu bewilligen seien. Die Ver- 
sammlung ernannte unverzüglich eine 
Kommission mit dem Aufträge, die Inter 
essen der französischen Zuckerproduzenten 
vor den Staatsgewalten zu vertreten. 
Belgien. 
Der Lütticher Universitätsprofessor Thiry 
hat, um den Einfluß des Alkoholis 
mus auf die Kriminalität festzu 
stellen, 168 Insassen des Lütticher Ge 
fängnisses geprüft. Er konstatirte, daß 
45 pCt. betrunken waren bei der Ver 
übung des Verbrechens, für welches sie 
verurtheilt worden; 19 pCt. sind erwiesene 
Branntweinsäufer. Also ist 64 Mal auf 
100 der Alkohol die direkte oder indirekte 
Ursache der Berurtheilung — eine volle 
Bestätigung der deutschen Stalistik. 
Inland. 
Berlin, 15. Okt. Das Abschiedsgesuch 
des Kolonialdirektors Dr. Kays er ist 
genehmigt worden. Sein Austritt wird 
in etwa 4 Wochen erfolgen. Ein Nach 
folger ist noch nicht in Aussicht genommen; 
alle Namensnennungen sind grundlose Kom 
binationen. Kolonialdirektor Dr. Kayser 
wird Senatspräsident am Reichsgericht. 
— Ueber Deutschland und Ruß 
land veröffentlicht Horst Kohl in den 
„Hamb. Nachr." ein Schreiben des 
Fürsten Bismarck an Kaiser Wil 
helm aus dem Jahre 1877 zum Be 
weise dafür, daß Fürst Bismarck im Ein- 
verständniß mit Kaiser Wilhelm Rußland 
auch in schwierigen Situationen Treue ge 
halten habe. Der Brief behandelt die 
für die Russen ungünstige Wendung i.> 
dem russisch-türkischen Krieg und betont, 
daß Deutschland die Hand zu irgend wel 
cher Demüthigung Rußlands nicht bieten 
dürfe. Deutschland müsse wohlwollende 
Neutralität durchführen und bei den ferner 
gerückten Friedensverhandlungen billige 
Wünsche Rußlands diplomatisch unterstützen; 
auch solche, die nicht im allein christlichen, 
sondern in berechtigten russischen Wünschen 
ihren Grund shaben. Im zweiten 
Theil des Briefes klagt Fürst Bismarck 
über geschwächte Gesundheit in Folge 
geistiger Anstrengung und äußert sich un 
muthig über Ministerkollegen, bei denen 
er für seine Pläne in Betreff der Umkehr 
der Zoll- und Steuerpolitik keinen Bei 
fall finde. 
— Der Bundesrath hielt am Mitt 
woch eine Plenarsitzung ab, in der er 
beschloß, der Resolution des Reichstages 
wegen Einführung eines wirksamen Schutz 
zolles auf Q u e b r a ch o h o l z usw. keine 
Folge zu geben. 
— Gegen die Zwangsinnungen hat 
sich, wenn das „B. T." recht berichtet ist, 
auch der Großherzog von Weimar 
ausgesprochen. Er äußerte sich auf der 
letzten Jahresversammlung des Vereins 
für die Interessen der chemischen Industrie 
Deutschlands in Gegenwart der hervor 
ragendsten Vertreter der chemischen Industrie 
gegenüber dem Referenten in der Hand 
werkersrage, nach seiner Ueberzeugung sei 
es gerade beim Handwerk — wie vielleicht 
auf keinem anderen Gebiet, wenn anders 
es gedeihen soll — durchaus noth 
wendig, der Entwicklung freien 
Lauf zu lassen und sie in keiner Weise 
durch Zunftzwang oder ähnliche Maß 
nahmen zu hemmen. 
— Wie ein Kartenhaus sind unsere 
politischen Verhältnisse gebaut, so schreibt 
der Berliner Korrespondent der „Köln. 
Bolksztg." zur inneren politischen Lage. 
Sind uns doch in den letzten Tagen mehr 
fach Leute begegnet, die offen aussprachen, 
baß sie Herrn von Boetticher gern nach 
Schleswig-Holstein schicken möchten — auf 
seinen alten Posten, wo er bis 1380 Ober- 
präsident war. Man hat hierbei noch be 
sonders im Auge zu halten, daß v. Mar 
schall und v. Boetticher bei den großen 
Grundbesitzern sehr schlecht angeschrieben 
sind. 
— Die „Brest. Ztg." ist in der Lage, 
ein „streng vertrauliches" Schreiben 
des Vorstandes des Bundes der Landwirthe 
an die Vorsitzenden der Provinzial- und 
Landesabtheilungen, der Wahlkreis-, Be 
zirks- und Hauptgruppen zu veröffentlichen. 
In demselben wird Bezug genommen auf 
sie Anzeige Bebel's, daß die Organi 
sation des Bundes der Landwirthe gegen 
das preußische Vereinsgesetz verstoße. Es 
wird ausgefordert, bei allen Aeußerungen 
in der Oeffentlichkeit zu betonen, daß der 
Verein ein einheitlicher Verein ist, der 
seinen Sitz in Berlin hat und der selbst 
ständige Zweigvereine nicht bilden darf. 
Zu diesem Zweck wird anempfohlen, alle 
Versammlungen anzukündigen als „Ver 
sammlungen des Bundes der Land- 
wirthe zu Berlin" und zu unter 
zeichnen: „Der Vorstand des Bundes 
der Landwirthe z u B e r l i n. In Ver 
tretung (der Name des Einberusers)." 
Auch in der Kassenverwaltung seien die 
vereinnahmten Gelder sofort an die Adresse 
in Berlin abzusenden. „Wir verfehlen 
nicht, Ihnen mitzutheilen, daß die königl. 
Staatsanwaltschaft, wie dies ihre Pflicht 
ist, Vernehmungen nach dieser Richtung 
hin bei dem Bundesvorstände bereits Ver 
es deshalb geboten 
größtem Ernste 
anlaßt hat und daß 
ist, die Frage mit 
z u behandeln. 
Als ein am L u i s e n u f e r in Berlin 
wohnender Baumeister am Sonntag Morgen 
früher als gewöhnlich aus seinem Schlaf 
zimmer trat, erblickte er in der Küche einen 
Dienstmann, der die brennende Cigarre im 
Munde, in aller Gemüthsruhe die Stiefel 
des Baumeisters putzte, während das Mäd 
chen auf einem Küchenstuhl faß und der 
Arbeit zuschaute. Darüber zur Rede ge 
stellt, erwiderte das Mädchen: „Na, jloben 
Sie denn, bet ick Ihnen Sonntags die 
Stiebel putzen werde? Det paßt mir nich, 
und darum habe ick mir den Dienstmann 
anjenommen, den ick von mein Lohn be 
zahle, und wenn Ihnen det nich recht ist, 
kann ick ja ziehen." Der Baumeister ließ 
sich das nicht zweimal sagen. 
Erschossen hat sich der Hauptmann a. D. 
Sänger zu Prenzlau, welcher früher 
beim 2. pommerschen Jäger-Bataillon stand. 
Die Vermögensverhältnisfe Sänger's waren 
zerrüttet und vorgestern sollten zwei Ge 
richtsvollzieher Pfändungen bei ihm vor 
nehmen. Sänger hatte sich eingeschlossen; 
als die Thür schließlich durch einen Schlosser 
geöffnet wurde, krachten kurz nach einander 
zwei Revolverschüsse und man fand den 
Unglücklichen todt in seinem Blute liegend 
vor. 
Wiesbaden, 14. Okt. Die Königliche 
Theater-Intendantur mußte für jede der 
beiden bevorstehenden Kaiservorstellungen 
4000 Billetbesteller abschlägig bescheiden 
Ein so enormer Andrang war hier noch 
nie zu verzeichnen. 
Koburg, 15. Oct. Eine Feuersbrunst 
zerstörte in der vergangenen Nacht in 
Neustadt eine Reihe großer Scheunen, 
welche zum größten Theil dem Abgeordneten 
Arnold gehören. Das Feuer ist offen 
bar angelegt. 
Marburg, 15. Okt. Das hiesige Schwur 
gericht verhandelte unter großem Andränge 
des Publikums gegen den 26jährigen Maler 
gehitfen Friedrich Klein, der, tvegen viel 
facher Einbruchsdiebstähle zu zehnjähriger 
Zuchthausstrafe verurtheilt, am 1. August 
d. Js. den Gefangenaufseher Sauer über 
fiel, ihn niederschlug und den zu Hilfe 
eilenden Obergefangenen-Ausseher Lauten 
schläger nicht unerheblich verwundete 
Wegen Mordversuchs, Körperverletzung und 
Widerstandes angeklagt, wurde er neu zu 
fünf Jahren Zuchthaus verurtheilt. 
Marburg, 15. Okt. Aus Groß-Alme- 
rode wird gemeldet: Der Arbeiter Brack 
aus Wickenrode, der kürzlich seine Ehefrau 
ermordete, entfloh aus dem Gefängniß, nach 
dem er den Wärter niedergeschlagen hatte, 
der ihn auf den Hof führte. 
Lübeck, 14. Oct. Bor einigen Tagen 
fällte das hiesige Schöffengericht das erste 
Urtheil auf Grund des Gesetzes gegen 
den unlauteren Wettbewerb. Ein 
Kaufmann und Fahrradhändler hatte auf 
der deutsch-nordischen Ausstellung für seine 
ausgestellten Fahrräder die silberne Me 
daille erhalten und demzufolge in seinem 
Schaufenster ein dahingehendes Plakat 
aufgehängt. Der Kaufmann betreibt aber 
nebenbei auch eine Handlung mit Näh 
maschinen, die ebenfalls im Fenster zur 
Schau standen. Auf Grund dessen war 
er angeklagt, im Juli d. I. in der Ab 
sicht, den Anschein eines besonders günstigen 
Angebots hervorzurufen, in einer öffent- 
lichen Bekanntmachung über den Besitz 
einer Auszeichnung wissentlich eine un 
wahre Angabe thatsächlicher Art gemacht 
zu haben, indem er eine in seinem Schau- 
fenster ausgestellte Nähmaschine als mit 
der silbernen Medaille ausgezeichnet, zur 
Schau gestellt hat. Das Urtheil lautete 
auf 10 Æ Geldstrafe oder 1 Gefängniß 
Hamburg, 15. Okt. Die Altonaer 
Strafkammer verurtheilte die Mitglieder 
der Boykottkommission Heine, Geertz und 
Stabbers, welche anlässig des Streiks in 
der Mohr'schen Margarinefabrik auf den 
Landtagsabgeordneten Mohr einen Druck 
auszuüben versuchten, wegen versuchter Er 
Pressung zu drei, beziehungsweise je einem 
Monat Gefängniß. 
BroviuzieUeS. 
Der Kaufmann Johs. Baur und seine 
Frau in Altona haben im Jahre 1883 
in hochherziger Weise eine Stiftung ins 
Leben gerufen, der der Name Sophienstift 
beigelegt ist und die den Zweck hat, Töchter 
Altonaer bedürftiger Eltern aus Kosten der 
Stifter zu erziehen und sie zu wohl 
gesitteten Menschen heranzubilden. Auf 
Empfehlung des Stadtmissionars Meyer 
and s. Z. zehn Mädchen im Alter von 
sechs bis neun Jahren angenommen wor 
den. Mit der Leitung der Anstalt ist eine 
Diakonissin, die zugleich 'geprüfte Lehrerin, 
betraut. Das Stift, welches sich jetzt in 
dem der St. Johannisgemeinde gehörigen, 
vormals Saß'schen Hause befindet, wird 
demnächst ein neues Heim erhalten. Das 
stattliche Gebäude, in dem zwölf Mädchen 
Unterkunft finden, wird demnächst seiner 
zukünftigen Bestimmung übergeben werden. 
In Elmshorn stürzte vor einigen Tagen 
aus der ersten Etage eines Hauses am 
Markt ein etwa Ijähriges Kind auf das 
Straßenpflaster, ohne auch nur den gering 
sten Schaden davonzutragen. 
Kreis Segeberg, 15. Oct. Eine große 
Feuersbrunst wüthete gestern Abend in 
Daldorf. Das Feuer entstand in der 
Scheune des Landmanns Teegen und setzte 
alsbald auch die Scheune und das Wohn 
Haus des Hufners Dohse in Flammen. 
ämmtliche Gebäude brannten total nieder 
Es wird angenommen, daß das Feuer 
durch Kinder, die mit Zündhölzern spielten, 
verursacht worden sei. — Dem kürzlich 
in den Ruhestand getretenen Pastor Dr 
Hansen in Leezen ist von dem Kaiser der 
Rothe Adlerorden 4. Klasse verliehen 
worden. 
Es wird die Anlage einer Fernsprech 
anlage in Segeberg geplant. Die Post 
fordert die Einrichtung von 10 Central 
stellen, für die jährlich 150 Mk. zu zahlen 
sind und die Garantie einer jährlichen Ein 
nahme von 1000 Mk. 
-ff- Itzehoe, 14. Okt. Gestern sind bei 
der hier garnisonirenden 11. und III. Ab 
theilung des Feld-Artillerie-Rgts. No. 9 
die Rekruten, ca. 300, eingestellt. Wie es 
bei jeder Kategorie von Menschen recht 
zweifelhafte Elemente giebt, so auch hier. 
Einem Rekruten sind nämlich gleich am 
Tage der Einstellung 15 Mk. gestohlen, 
höchstwahrscheinlich von einem andern Re- 
kruten. Die Untersuchung ist eingeleitet 
und wird wohl alsbald der Dieb ermittelt 
werden, der alsdann ja seine Dienstzeit 
unter recht unerfreulichen Umständen be 
ginnt. 
Neuuiüuster bat mit der „H o l st e n. - 
Bank" eine Anleihe in Höhe von ca. 
Million Mark, zur Abstoßung älterer 
Anleihepöste und zur Bestreitung neuer 
Erfordernisse abgeschlossen. 
Bredstedt, 12. Okt. Durch verschiedene 
Zeitungen ging in diesen Tagen die Nach 
richt, daß Herr Schlächtermeister Hahn 
Hierselbst wegen Beleidigung des hiesigen 
Bürgermeisters zu einer Geldstrafe von 
150 Mk. ev. 10 Tagen Haft verurtheilt 
sei. — Das „Hus. Wochenbl." schreibt 
nun: Plötzlich und unerwartet erschien 
Herr Schlachter Hahn in erregtem Zu 
lande in unserem Comptoir. „Wir über 
zeugten uns, daß wir unser Schießeisen 
zur Hand hatten," würde in ähnlicher 
Lage der Arizona-Kicker am anderen Tage 
melden. — Der Redakteur hingegen hörte 
respektvoll zu, was Herr Hahn „zur 
Klarstellung" mitzutheilen hatte, daß er 
zu der angeführten Strafe verurtheilt sei, 
aber nicht wegen Beleidigung des Bürger 
meisters, sondern des 1. Octsvorstehers, 
denn einen Bürgermeister gebe es in Bred 
stedt nicht. Nachdem wir von dieser „Be 
richtigung" gebührend Notiz genommen, 
erlaubten wir uns eine Frage nach den 
Vorgängen, welche die Berurtheilung her 
beigeführt hätten. Die drastische Art, wie 
Herr Hahn seine tragikomischen Kämpfe 
um „Recht und Wahrheit" vortrug, war 
wirklich des Znhörens werth: In Bred 
stedt hat man nämlich eine Hundesteuer 
eingeführt, von der Schlachterhunde befreit 
sind. Herr Hahn hat nun einen Hund, 
den der 1. Ortsvorsteher wegen seiner 
Kleinheit nicht als Schlachterhund hat 
gelten lassen wollen. Hahn hat aber die 
oon ihm verlangte Hundesteuer verweigert 
und der Streit, ob der Hund des Herrn 
Hahn ein Recht auf den Titel „Schlachter- 
Hund" habe, ist durch mehrere Instanzen 
gegangen, selbst das O b er ocrwa ltungs- 
gericht in Berlin ist der Frage näher 
getreten, ob ein Hund einer bestimmten 
Rasse angehören müsse, um ein Schlachter- 
Hund im Sinne der Bcedstedter Hunde 
steuerordnung zu sein, oder ob jeder von 
einem Schlachter gehaltene Hund schon 
hierdurch ein Schlachterhund sei. Hahn 
hat zuletzt ein Erkenntniß in letzterem 
Sinne erreicht. Eine Aeußerung, die in 
dieser Streitsache von dem Herrn Bürger- 
meister, oder wie Herr Hahn betont, 
1. Ortsvorsteher gethan worden ist, hat 
aber Hahn anscheinend in tiefster Seele 
empört, was ihn dazu verleitet, die Worte 
zu brauchen, welche die Beleidigungsklage 
zur Folge gehabt haben. Der Herr 
1 Ortsvorsteher hat nämlich behauptet, 
Hahn's Hund- sei kein „Schlachtertzun^ 
sondern ein „Zwergpintscher". Durch 
Herrn Thierarzt Nissen in Bredstedt hat 
Herr Hahn seinen gekränkten Hund unter 
suchen ' lassen, und dieser hat „amtlich 
attestirt", es sei kein „Zwergpinscher", 
sondern ein „Pudel". Gestützt auf diese 
Erklärung, hat Herr Hahn an den Be 
zirksausschuß geschrieben, es sei eine freche 
Lüge, daß sein Hund ein Zwergpinscher 
sei. was die Berurtheilung zur Folge ge- 
habt hat. Herr Hahn theilte mit, daß er 
Berufung einlegen werde und ist über- 
zeugt, daß die Strafkammer ihn freisprechen 
werde, da er in Vertretung seiner be- 
rechtigten Interessen geglaubt habe, 
in schärfster Weise die Bezeichnung seines 
„Schlachterhundes" als „Zwergpinscher" 
zurückweisen zu müssen. 
A. Husum, 16. Oct. Dem heutigen 
Schweinemarkt waren 167 sog. Wagen- 
ferkel zugeführt. Bei raschem Handel 
i 
KS 
Als Durkett zuerst von der Entführungsgeschichte 
vernommen, wares ihm sofort klar geworden, wohin 
Sanzac das Mädchen gebracht haben mochte, und es 
war sofort der Beschluß gefaßt worden, noch am selben 
Abend sich dorthin zu begeben. - 38 
So war man denn in zwei Wagen, acht Mann stark, 
bis an die Zähne bewaffnet, hinausgefahren. 
Durkett erzählte inzwischen, wie, nachdem das alte 
Gebäude in seinen Besitz gekommen, er emst einen ver 
gilbten Plan entdeckt, durch welchen er von Gelassen 
und Gängen, von Fallthüren und Bertiesungeu Kennt 
nis erhalten, deren Existenz er niemals geahnt, uub 
wie es ihn oftmals amüsiert habe, ganz zwecklos allen die 
sen Geheimnissen nachzuspüren. „Ichhabe damals," er 
zählte der junge Manu, „gar toll in den Tag hinein ge 
lebt, ich gab Feste, man sprach allerorts von dem Glanz 
derselben, und gar in meinen! Waldschlößchen wurde 
manche tolle Orgie gefeiert. Ich verkehrte zu jener Zeit 
viel mit dem Grafen v. Sanzac. ich zeigte ihm manche 
der gcbeinien Schlupfwinkel meines Hanfes; er hat es 
verstanden, sich dies zu Nutzen zu machen." 
„In einem dieser geheimen Gelaffe meinen Sie also, 
daß wir das Fräulein v. Läsion finden dürsten." 
„Das Haus hak zwei kleine Türme, ich bin über 
zeug!, daß in einem derselben der Graf das arme Mäd 
chen eingesperrt bat." 
„Es >var finstere Nacht, als die Herren in Eng 
bien anlangten, William Duckett setzte sich ans den 
Kntschbock des ersten Wagens, um ganz genau die Richt 
ung angeben zu können, welche man einschlagen müsse. 
Nach einer halben Stunde etwa ließ er aiihatten 
und der Weg wurde nun zu Fuß şortgesttzt. 
In der Nähe des Hanfes angelangt, vernahm man 
lauten Gesang und ivlles Lachen, sah man erleuchtete 
Fenner. 
Vorsichtig schlichen die Ankömmlinge weiter, die 
Revoiver schußbereit -ii Händen hallend. 
Der Amerikaner befaß den Scblnssel zu einer un 
scheinbaren, kleinen Hinterthür; lautlos gelang es ihm 
deshalb in das Han- zu kommen; sie drangen vor bis 
zu ver ersten Thür, hinter der sie Menschenstimmeu 
vernahmen; dieselbe heftig anfstoßcnd, standen sie Co- 
caffe und seiner Frau gegenüber, welche sie durch die 
Uebermacht, in der sie sich befanden, leicht überwältig 
ten. 
Cocaffe versuchte zwar Widerstand zu leisten, doch 
vergeblich. Gabiron richtete ihmdieMündung derPistoie 
auf'die Brust. „Ein Laut und Du bist des Todes!" 
rannte er ihm zu. Diese Worte verfehlten ihre Wirk 
ung nicht; die beiden Le>ite begriffen, daß jeder Wider 
stand vergeblich sei und fügten sich in das Unvermeid 
liche. 
William Durkeit wandte sich zuerst an da» Weib. 
„Du wirst jetzt Rede und Antnwrt stehen," don 
nerte er sie an. „Man hält ein junges Mädchen hier 
gesangen, wo ist es?" 
„Ein junges Mädchen, ich iveiß nicht, was Sie 
wollen?" stammelte das Weib. 
„Elende Lügnerin, Du willst nicht antworten, aber 
hüte Dich. Ich bin der Eigentümer des Hanfe» und ich 
wiederhole Dir's, hüte Dich! Wenn Du nicht redest, 
werde ich mitleidslos sein, gegen Dich und Deinen 
Mann. Ich weiß, wie man die Geheimthüren öffnet 
und ich frage Dich zum letzten Mal, wo ist das junge 
Mädrben?" 
„Im Turme," stammelte zitternd das Weib. 
„In welchem; es sind deren zwei." 
„Im Falkenturm." 
„Gut, das genügt." 
Mau band und knebelte nun die beiden Leute, dann 
wurde die Thür abgeschlossen und der ganze Trupp 
setzte sich weiter in Bewegung. William Durketr schritt 
mit der Lampe voran, bis er vor einer kleinen Thür 
stehen blieb, tvelche der Graf ebenfalls kannte; die 
zu öffnen ihm aber menials gelungen '.var. Er drückte 
auf eine geheime Feder, die Thür' verschwand in der 
Mauer und man sah eine tief nach abwärts führende 
Treppe vor sich. 
„Müssen wir da hinnnter?" 
„Nein, das Gefängnis des Fräuleins befindet sich 
über uns." 
„Wozu sind wir denn hierhergekommen?" 
„Das werdet Ihr gleich sehen." 
Der Amerikaner ging einige Stufen hinab und 
drückte mit der ganzen Kraft seines Körpers auf eine 
Art Hebel; ein eigentümliches Geräusch ließ sich ver 
nehmen. 
„Es ist geschehen." Und er trat an von OttenS 
Seite. 
Nachdem Aurora von dem alten Weibe in ihr kleines 
Schlafgemach gedrängt worden war, hatte sie lange 
ihren trüben Gedanken nachgehangen, dann endlich auf 
ihr Lager niedersinkend, war sie, nachdem sie das Licht 
ausgelöscht, eingeschlafen, plötzlich Ivnrde sie durch einen 
erdbebcnartigen Stoß aufgerüttelt; sie sprang auf und 
fühlte zu ihren, nainenloseu Schrecken eine schwingende 
Betvegnilg des Bodens. 
„Zu Hilfe, zu Hilfe!" rief sie laut; da anttvorteie 
ihr eine bekannte Stimme. „Fürchten Sie nichts, wir 
sind Freunde, wir kommen zur Rettung." 
Langsam sank sie mit dem Fußboden immer tiefer, 
da stand plötzlich von Otteii vor ihr; die unheimliche 
Fahrt hatte ihr Ende erreicht und schluchzend sank 
Aurora in die Arme des treuen Freundes. 
Kehren wir in den Saal zurück, in ivelchem noch 
die Ueberrefte der vollbesetzten Tafel bemerkbar waren. 
Die Freunde Sanzac» waren aus das Erfolgreichste 
entnüchtert; einer derselben, Delonvier, trat an von 
Otten heran und sprach: „Nach allem, tvas wir gehört 
und gesehen haben, hat sich der"Graf v. Sanzac Hand 
lungen zu schulden kouimen lassen, welche ihn vollkom 
men zu dem stempeln, als was er heute hier bezeichnet 
wurde — zu einem Schurken! Ich und meine Freunde, 
mögen wir immerhin leichtlebig sein, so gehören wir 
doch achtbaren Faniilien an und haben doch niemals 
eine ehrlose Handlung begangen. Wir lernten Herrn 
v. Sanzac in der Gesellschaft kennen, doch zwischen ihm 
und uns besieht sonst weiter keine Gemeinschaft; wir 
sagen uns mit Abscheu von ihm los! Sie haben das 
Recht uns zu singen, wie wir hierhergekommen, die 
Antwort ist leicht: Sanzac hat uns eingeladen; hier 
ist der Brief, welchen er mir geschrieben. Meine Freunde 
haben die gleichen Briefe erhalten." 
Herr v. Otten überflog den Brief. „Ich glaube atf 
Ihre Unschuld, meine Herren, Sie sind vollständig sr^ei 
und können sich unbehelligt entfernen. Peter beleuchtest 
Sie das Treppenhaus!": .< 
Die jungen Leute, denen die Rolle, welche sie- hier 
gespielt, nur peinlich sein konnte, beeilten sich, vein der 
Erlaubnis Gebrauch zu machen, ohne den Grafein auch 
nur eines Blickes zu würdigen. t 
Dieser hielt sich nur mit Mühe aufrecht, àbiron 
hatte sich mit v. Otten in leisen, Gespräch in eMk Ecke 
zurückgezogen, Noiret bewachte den Ausgang. Daşlôtz- 
lich stieß ihn der Graf zur Seite und verließ mit esiinem 
Satz,^ ehe der verblüffte Agent es zu hindern vermachte, 
de» Saal. ^ 
Alle stürzten ihm sofort nach, doch während einer 
Viertelstunde suchte man ihn allerorts vergeblich. Da 
das Hausthor jedoch bewacht war, so konnte er das 
Gebäude nicht verlassen haben; wo aber hielt er sich 
verborgen ? 
Da vernahm man plötzlich vom rückwärtigenTrakt« 
her ein tosendes Geräusch: ein Einsturz mußte offen 
bar stattgefunden haben, doch der Gras und sei» rätsel 
haftes Verschwinden beschäftigte alle so sehr, daß man 
des Vorfalles Iveiter nicht achtete. 
„Wir waren nicht hinreichend wachsam," meinte 
Gabiron mürrisch, „wir hätten dein Eienden nicht so 
sehr vertrauen sollen, es war ja vorauszusehen, daß er 
einen Fluchtversuch machen werde." 
„Durch das Fenster kann er doch nicht gesprungen 
still," meinte der Amerikaner, „und d.rAusgang ist 
bewacht; ah, nur kommt eine Idee, di« allerdings ent 
setzlich wäre. Folgen Sie mir, meine Herren, rasch!" 
William Dur fett schritt voran und öffnete eine Ge 
heimthür, welche selbst den scharfen Äugen Gabiron- 
entgangen tvar; sie führte in einen ganz schmalen Gang î 
die Männer durchschrittet, denselben und blieben banst 
abermals vor einer kleinen Thür stehen. 
(Fortsetzung folgt.) 37,k6"
	        
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