ches die „Freiwilligen Salutisten" ablegen
müßten und welches in einer Erklärung
von vier Artikeln bestand. Das Braut
paar heiratbet danach „zum Ruhme und
zur Entwickelung der Armee der Frei-
willigen Salutisten" — ein Passus, der
mit lauter Heiterkeit aufgenommen wurde,
als ihn die beiden Hauptakteure ablasen.
Nach der Trauung theilte General Booth
mit, daß Kapitän Lindsay zum Major be
fördert wurde. Die Verkündigung erregte
wieder stürmische Heiterkeit, denn als
„Major" ist Lindsay noch immer der
Untergeordnete der „Oberstin", trotzdem
ihm diese nach dem Text des Gelöbnisses,
widerspruchsvoll genug, „Treue und Ge
horsam" geschworen hatte. Sofort nach
der Ceremonie machten die Neuvermählten
eine Hochzeitsreise nach Kanada. Pattie
ist 28 Jahre alt und Kapitän Lindsay
war bereits ihr „Sekretär", als sie als
Oberstin in die neue Salutisten - Armee
eintrat.
England.
London, 15. Okt. Das Gerücht, Ame
rika wolle die Dardanellen forciren, wird
hier durchaus nicht ernst genommen. Der
Washingtoner Correspondent des Daily
Chronicle telegraphirt, der Sultan sei noch
nicht um einen Firman für ein Wachtschiff
gebeten, da man glaube, er würde es ver
weigern. Nur wenn Rußland ihn dränge,
würde er einwilligen, doch werde geglaubt,
Rußland sei abgeneigt. Ohne vorherigen
Firman aber werde die Union kein Schiff
nach Konstantinopel schicken.
Oestrrreich-Ungarn.
Oswiecim, 15. Okt. Aus der Station
Wolbrom fand ein Zusammenstoß eines
Güterzuges mit einem Personenzuge statt.
Zwei Personen des Zugpersonals und ein
Passagier wurden getödtet. Eine große
Anzahl von Personen erlitt Verletzungen.
Die Ursache des Unglücks war falsche
Weichenstellung.
U-rKNkrer«).
Paris, 15. Okt. (Die Schraube ohne
Ende.) Die französische Ackerbau-Gesell
schaft hat in einer Versammlung am Mitt
woch einstimmig den Beschluß angenommen,
daß die Exportprämiensätze für den fran
zösischen Zucker zum mindesten in der
Höhe der fremden Prämie n, nament
lich der deutschen und österreichisch-unga
rischen, zu bewilligen seien. Die Ver-
sammlung ernannte unverzüglich eine
Kommission mit dem Aufträge, die Inter
essen der französischen Zuckerproduzenten
vor den Staatsgewalten zu vertreten.
Belgien.
Der Lütticher Universitätsprofessor Thiry
hat, um den Einfluß des Alkoholis
mus auf die Kriminalität festzu
stellen, 168 Insassen des Lütticher Ge
fängnisses geprüft. Er konstatirte, daß
45 pCt. betrunken waren bei der Ver
übung des Verbrechens, für welches sie
verurtheilt worden; 19 pCt. sind erwiesene
Branntweinsäufer. Also ist 64 Mal auf
100 der Alkohol die direkte oder indirekte
Ursache der Berurtheilung — eine volle
Bestätigung der deutschen Stalistik.
Inland.
Berlin, 15. Okt. Das Abschiedsgesuch
des Kolonialdirektors Dr. Kays er ist
genehmigt worden. Sein Austritt wird
in etwa 4 Wochen erfolgen. Ein Nach
folger ist noch nicht in Aussicht genommen;
alle Namensnennungen sind grundlose Kom
binationen. Kolonialdirektor Dr. Kayser
wird Senatspräsident am Reichsgericht.
— Ueber Deutschland und Ruß
land veröffentlicht Horst Kohl in den
„Hamb. Nachr." ein Schreiben des
Fürsten Bismarck an Kaiser Wil
helm aus dem Jahre 1877 zum Be
weise dafür, daß Fürst Bismarck im Ein-
verständniß mit Kaiser Wilhelm Rußland
auch in schwierigen Situationen Treue ge
halten habe. Der Brief behandelt die
für die Russen ungünstige Wendung i.>
dem russisch-türkischen Krieg und betont,
daß Deutschland die Hand zu irgend wel
cher Demüthigung Rußlands nicht bieten
dürfe. Deutschland müsse wohlwollende
Neutralität durchführen und bei den ferner
gerückten Friedensverhandlungen billige
Wünsche Rußlands diplomatisch unterstützen;
auch solche, die nicht im allein christlichen,
sondern in berechtigten russischen Wünschen
ihren Grund shaben. Im zweiten
Theil des Briefes klagt Fürst Bismarck
über geschwächte Gesundheit in Folge
geistiger Anstrengung und äußert sich un
muthig über Ministerkollegen, bei denen
er für seine Pläne in Betreff der Umkehr
der Zoll- und Steuerpolitik keinen Bei
fall finde.
— Der Bundesrath hielt am Mitt
woch eine Plenarsitzung ab, in der er
beschloß, der Resolution des Reichstages
wegen Einführung eines wirksamen Schutz
zolles auf Q u e b r a ch o h o l z usw. keine
Folge zu geben.
— Gegen die Zwangsinnungen hat
sich, wenn das „B. T." recht berichtet ist,
auch der Großherzog von Weimar
ausgesprochen. Er äußerte sich auf der
letzten Jahresversammlung des Vereins
für die Interessen der chemischen Industrie
Deutschlands in Gegenwart der hervor
ragendsten Vertreter der chemischen Industrie
gegenüber dem Referenten in der Hand
werkersrage, nach seiner Ueberzeugung sei
es gerade beim Handwerk — wie vielleicht
auf keinem anderen Gebiet, wenn anders
es gedeihen soll — durchaus noth
wendig, der Entwicklung freien
Lauf zu lassen und sie in keiner Weise
durch Zunftzwang oder ähnliche Maß
nahmen zu hemmen.
— Wie ein Kartenhaus sind unsere
politischen Verhältnisse gebaut, so schreibt
der Berliner Korrespondent der „Köln.
Bolksztg." zur inneren politischen Lage.
Sind uns doch in den letzten Tagen mehr
fach Leute begegnet, die offen aussprachen,
baß sie Herrn von Boetticher gern nach
Schleswig-Holstein schicken möchten — auf
seinen alten Posten, wo er bis 1380 Ober-
präsident war. Man hat hierbei noch be
sonders im Auge zu halten, daß v. Mar
schall und v. Boetticher bei den großen
Grundbesitzern sehr schlecht angeschrieben
sind.
— Die „Brest. Ztg." ist in der Lage,
ein „streng vertrauliches" Schreiben
des Vorstandes des Bundes der Landwirthe
an die Vorsitzenden der Provinzial- und
Landesabtheilungen, der Wahlkreis-, Be
zirks- und Hauptgruppen zu veröffentlichen.
In demselben wird Bezug genommen auf
sie Anzeige Bebel's, daß die Organi
sation des Bundes der Landwirthe gegen
das preußische Vereinsgesetz verstoße. Es
wird ausgefordert, bei allen Aeußerungen
in der Oeffentlichkeit zu betonen, daß der
Verein ein einheitlicher Verein ist, der
seinen Sitz in Berlin hat und der selbst
ständige Zweigvereine nicht bilden darf.
Zu diesem Zweck wird anempfohlen, alle
Versammlungen anzukündigen als „Ver
sammlungen des Bundes der Land-
wirthe zu Berlin" und zu unter
zeichnen: „Der Vorstand des Bundes
der Landwirthe z u B e r l i n. In Ver
tretung (der Name des Einberusers)."
Auch in der Kassenverwaltung seien die
vereinnahmten Gelder sofort an die Adresse
in Berlin abzusenden. „Wir verfehlen
nicht, Ihnen mitzutheilen, daß die königl.
Staatsanwaltschaft, wie dies ihre Pflicht
ist, Vernehmungen nach dieser Richtung
hin bei dem Bundesvorstände bereits Ver
es deshalb geboten
größtem Ernste
anlaßt hat und daß
ist, die Frage mit
z u behandeln.
Als ein am L u i s e n u f e r in Berlin
wohnender Baumeister am Sonntag Morgen
früher als gewöhnlich aus seinem Schlaf
zimmer trat, erblickte er in der Küche einen
Dienstmann, der die brennende Cigarre im
Munde, in aller Gemüthsruhe die Stiefel
des Baumeisters putzte, während das Mäd
chen auf einem Küchenstuhl faß und der
Arbeit zuschaute. Darüber zur Rede ge
stellt, erwiderte das Mädchen: „Na, jloben
Sie denn, bet ick Ihnen Sonntags die
Stiebel putzen werde? Det paßt mir nich,
und darum habe ick mir den Dienstmann
anjenommen, den ick von mein Lohn be
zahle, und wenn Ihnen det nich recht ist,
kann ick ja ziehen." Der Baumeister ließ
sich das nicht zweimal sagen.
Erschossen hat sich der Hauptmann a. D.
Sänger zu Prenzlau, welcher früher
beim 2. pommerschen Jäger-Bataillon stand.
Die Vermögensverhältnisfe Sänger's waren
zerrüttet und vorgestern sollten zwei Ge
richtsvollzieher Pfändungen bei ihm vor
nehmen. Sänger hatte sich eingeschlossen;
als die Thür schließlich durch einen Schlosser
geöffnet wurde, krachten kurz nach einander
zwei Revolverschüsse und man fand den
Unglücklichen todt in seinem Blute liegend
vor.
Wiesbaden, 14. Okt. Die Königliche
Theater-Intendantur mußte für jede der
beiden bevorstehenden Kaiservorstellungen
4000 Billetbesteller abschlägig bescheiden
Ein so enormer Andrang war hier noch
nie zu verzeichnen.
Koburg, 15. Oct. Eine Feuersbrunst
zerstörte in der vergangenen Nacht in
Neustadt eine Reihe großer Scheunen,
welche zum größten Theil dem Abgeordneten
Arnold gehören. Das Feuer ist offen
bar angelegt.
Marburg, 15. Okt. Das hiesige Schwur
gericht verhandelte unter großem Andränge
des Publikums gegen den 26jährigen Maler
gehitfen Friedrich Klein, der, tvegen viel
facher Einbruchsdiebstähle zu zehnjähriger
Zuchthausstrafe verurtheilt, am 1. August
d. Js. den Gefangenaufseher Sauer über
fiel, ihn niederschlug und den zu Hilfe
eilenden Obergefangenen-Ausseher Lauten
schläger nicht unerheblich verwundete
Wegen Mordversuchs, Körperverletzung und
Widerstandes angeklagt, wurde er neu zu
fünf Jahren Zuchthaus verurtheilt.
Marburg, 15. Okt. Aus Groß-Alme-
rode wird gemeldet: Der Arbeiter Brack
aus Wickenrode, der kürzlich seine Ehefrau
ermordete, entfloh aus dem Gefängniß, nach
dem er den Wärter niedergeschlagen hatte,
der ihn auf den Hof führte.
Lübeck, 14. Oct. Bor einigen Tagen
fällte das hiesige Schöffengericht das erste
Urtheil auf Grund des Gesetzes gegen
den unlauteren Wettbewerb. Ein
Kaufmann und Fahrradhändler hatte auf
der deutsch-nordischen Ausstellung für seine
ausgestellten Fahrräder die silberne Me
daille erhalten und demzufolge in seinem
Schaufenster ein dahingehendes Plakat
aufgehängt. Der Kaufmann betreibt aber
nebenbei auch eine Handlung mit Näh
maschinen, die ebenfalls im Fenster zur
Schau standen. Auf Grund dessen war
er angeklagt, im Juli d. I. in der Ab
sicht, den Anschein eines besonders günstigen
Angebots hervorzurufen, in einer öffent-
lichen Bekanntmachung über den Besitz
einer Auszeichnung wissentlich eine un
wahre Angabe thatsächlicher Art gemacht
zu haben, indem er eine in seinem Schau-
fenster ausgestellte Nähmaschine als mit
der silbernen Medaille ausgezeichnet, zur
Schau gestellt hat. Das Urtheil lautete
auf 10 Æ Geldstrafe oder 1 Gefängniß
Hamburg, 15. Okt. Die Altonaer
Strafkammer verurtheilte die Mitglieder
der Boykottkommission Heine, Geertz und
Stabbers, welche anlässig des Streiks in
der Mohr'schen Margarinefabrik auf den
Landtagsabgeordneten Mohr einen Druck
auszuüben versuchten, wegen versuchter Er
Pressung zu drei, beziehungsweise je einem
Monat Gefängniß.
BroviuzieUeS.
Der Kaufmann Johs. Baur und seine
Frau in Altona haben im Jahre 1883
in hochherziger Weise eine Stiftung ins
Leben gerufen, der der Name Sophienstift
beigelegt ist und die den Zweck hat, Töchter
Altonaer bedürftiger Eltern aus Kosten der
Stifter zu erziehen und sie zu wohl
gesitteten Menschen heranzubilden. Auf
Empfehlung des Stadtmissionars Meyer
and s. Z. zehn Mädchen im Alter von
sechs bis neun Jahren angenommen wor
den. Mit der Leitung der Anstalt ist eine
Diakonissin, die zugleich 'geprüfte Lehrerin,
betraut. Das Stift, welches sich jetzt in
dem der St. Johannisgemeinde gehörigen,
vormals Saß'schen Hause befindet, wird
demnächst ein neues Heim erhalten. Das
stattliche Gebäude, in dem zwölf Mädchen
Unterkunft finden, wird demnächst seiner
zukünftigen Bestimmung übergeben werden.
In Elmshorn stürzte vor einigen Tagen
aus der ersten Etage eines Hauses am
Markt ein etwa Ijähriges Kind auf das
Straßenpflaster, ohne auch nur den gering
sten Schaden davonzutragen.
Kreis Segeberg, 15. Oct. Eine große
Feuersbrunst wüthete gestern Abend in
Daldorf. Das Feuer entstand in der
Scheune des Landmanns Teegen und setzte
alsbald auch die Scheune und das Wohn
Haus des Hufners Dohse in Flammen.
ämmtliche Gebäude brannten total nieder
Es wird angenommen, daß das Feuer
durch Kinder, die mit Zündhölzern spielten,
verursacht worden sei. — Dem kürzlich
in den Ruhestand getretenen Pastor Dr
Hansen in Leezen ist von dem Kaiser der
Rothe Adlerorden 4. Klasse verliehen
worden.
Es wird die Anlage einer Fernsprech
anlage in Segeberg geplant. Die Post
fordert die Einrichtung von 10 Central
stellen, für die jährlich 150 Mk. zu zahlen
sind und die Garantie einer jährlichen Ein
nahme von 1000 Mk.
-ff- Itzehoe, 14. Okt. Gestern sind bei
der hier garnisonirenden 11. und III. Ab
theilung des Feld-Artillerie-Rgts. No. 9
die Rekruten, ca. 300, eingestellt. Wie es
bei jeder Kategorie von Menschen recht
zweifelhafte Elemente giebt, so auch hier.
Einem Rekruten sind nämlich gleich am
Tage der Einstellung 15 Mk. gestohlen,
höchstwahrscheinlich von einem andern Re-
kruten. Die Untersuchung ist eingeleitet
und wird wohl alsbald der Dieb ermittelt
werden, der alsdann ja seine Dienstzeit
unter recht unerfreulichen Umständen be
ginnt.
Neuuiüuster bat mit der „H o l st e n. -
Bank" eine Anleihe in Höhe von ca.
Million Mark, zur Abstoßung älterer
Anleihepöste und zur Bestreitung neuer
Erfordernisse abgeschlossen.
Bredstedt, 12. Okt. Durch verschiedene
Zeitungen ging in diesen Tagen die Nach
richt, daß Herr Schlächtermeister Hahn
Hierselbst wegen Beleidigung des hiesigen
Bürgermeisters zu einer Geldstrafe von
150 Mk. ev. 10 Tagen Haft verurtheilt
sei. — Das „Hus. Wochenbl." schreibt
nun: Plötzlich und unerwartet erschien
Herr Schlachter Hahn in erregtem Zu
lande in unserem Comptoir. „Wir über
zeugten uns, daß wir unser Schießeisen
zur Hand hatten," würde in ähnlicher
Lage der Arizona-Kicker am anderen Tage
melden. — Der Redakteur hingegen hörte
respektvoll zu, was Herr Hahn „zur
Klarstellung" mitzutheilen hatte, daß er
zu der angeführten Strafe verurtheilt sei,
aber nicht wegen Beleidigung des Bürger
meisters, sondern des 1. Octsvorstehers,
denn einen Bürgermeister gebe es in Bred
stedt nicht. Nachdem wir von dieser „Be
richtigung" gebührend Notiz genommen,
erlaubten wir uns eine Frage nach den
Vorgängen, welche die Berurtheilung her
beigeführt hätten. Die drastische Art, wie
Herr Hahn seine tragikomischen Kämpfe
um „Recht und Wahrheit" vortrug, war
wirklich des Znhörens werth: In Bred
stedt hat man nämlich eine Hundesteuer
eingeführt, von der Schlachterhunde befreit
sind. Herr Hahn hat nun einen Hund,
den der 1. Ortsvorsteher wegen seiner
Kleinheit nicht als Schlachterhund hat
gelten lassen wollen. Hahn hat aber die
oon ihm verlangte Hundesteuer verweigert
und der Streit, ob der Hund des Herrn
Hahn ein Recht auf den Titel „Schlachter-
Hund" habe, ist durch mehrere Instanzen
gegangen, selbst das O b er ocrwa ltungs-
gericht in Berlin ist der Frage näher
getreten, ob ein Hund einer bestimmten
Rasse angehören müsse, um ein Schlachter-
Hund im Sinne der Bcedstedter Hunde
steuerordnung zu sein, oder ob jeder von
einem Schlachter gehaltene Hund schon
hierdurch ein Schlachterhund sei. Hahn
hat zuletzt ein Erkenntniß in letzterem
Sinne erreicht. Eine Aeußerung, die in
dieser Streitsache von dem Herrn Bürger-
meister, oder wie Herr Hahn betont,
1. Ortsvorsteher gethan worden ist, hat
aber Hahn anscheinend in tiefster Seele
empört, was ihn dazu verleitet, die Worte
zu brauchen, welche die Beleidigungsklage
zur Folge gehabt haben. Der Herr
1 Ortsvorsteher hat nämlich behauptet,
Hahn's Hund- sei kein „Schlachtertzun^
sondern ein „Zwergpintscher". Durch
Herrn Thierarzt Nissen in Bredstedt hat
Herr Hahn seinen gekränkten Hund unter
suchen ' lassen, und dieser hat „amtlich
attestirt", es sei kein „Zwergpinscher",
sondern ein „Pudel". Gestützt auf diese
Erklärung, hat Herr Hahn an den Be
zirksausschuß geschrieben, es sei eine freche
Lüge, daß sein Hund ein Zwergpinscher
sei. was die Berurtheilung zur Folge ge-
habt hat. Herr Hahn theilte mit, daß er
Berufung einlegen werde und ist über-
zeugt, daß die Strafkammer ihn freisprechen
werde, da er in Vertretung seiner be-
rechtigten Interessen geglaubt habe,
in schärfster Weise die Bezeichnung seines
„Schlachterhundes" als „Zwergpinscher"
zurückweisen zu müssen.
A. Husum, 16. Oct. Dem heutigen
Schweinemarkt waren 167 sog. Wagen-
ferkel zugeführt. Bei raschem Handel
i
KS
Als Durkett zuerst von der Entführungsgeschichte
vernommen, wares ihm sofort klar geworden, wohin
Sanzac das Mädchen gebracht haben mochte, und es
war sofort der Beschluß gefaßt worden, noch am selben
Abend sich dorthin zu begeben. - 38
So war man denn in zwei Wagen, acht Mann stark,
bis an die Zähne bewaffnet, hinausgefahren.
Durkett erzählte inzwischen, wie, nachdem das alte
Gebäude in seinen Besitz gekommen, er emst einen ver
gilbten Plan entdeckt, durch welchen er von Gelassen
und Gängen, von Fallthüren und Bertiesungeu Kennt
nis erhalten, deren Existenz er niemals geahnt, uub
wie es ihn oftmals amüsiert habe, ganz zwecklos allen die
sen Geheimnissen nachzuspüren. „Ichhabe damals," er
zählte der junge Manu, „gar toll in den Tag hinein ge
lebt, ich gab Feste, man sprach allerorts von dem Glanz
derselben, und gar in meinen! Waldschlößchen wurde
manche tolle Orgie gefeiert. Ich verkehrte zu jener Zeit
viel mit dem Grafen v. Sanzac. ich zeigte ihm manche
der gcbeinien Schlupfwinkel meines Hanfes; er hat es
verstanden, sich dies zu Nutzen zu machen."
„In einem dieser geheimen Gelaffe meinen Sie also,
daß wir das Fräulein v. Läsion finden dürsten."
„Das Haus hak zwei kleine Türme, ich bin über
zeug!, daß in einem derselben der Graf das arme Mäd
chen eingesperrt bat."
„Es >var finstere Nacht, als die Herren in Eng
bien anlangten, William Duckett setzte sich ans den
Kntschbock des ersten Wagens, um ganz genau die Richt
ung angeben zu können, welche man einschlagen müsse.
Nach einer halben Stunde etwa ließ er aiihatten
und der Weg wurde nun zu Fuß şortgesttzt.
In der Nähe des Hanfes angelangt, vernahm man
lauten Gesang und ivlles Lachen, sah man erleuchtete
Fenner.
Vorsichtig schlichen die Ankömmlinge weiter, die
Revoiver schußbereit -ii Händen hallend.
Der Amerikaner befaß den Scblnssel zu einer un
scheinbaren, kleinen Hinterthür; lautlos gelang es ihm
deshalb in das Han- zu kommen; sie drangen vor bis
zu ver ersten Thür, hinter der sie Menschenstimmeu
vernahmen; dieselbe heftig anfstoßcnd, standen sie Co-
caffe und seiner Frau gegenüber, welche sie durch die
Uebermacht, in der sie sich befanden, leicht überwältig
ten.
Cocaffe versuchte zwar Widerstand zu leisten, doch
vergeblich. Gabiron richtete ihmdieMündung derPistoie
auf'die Brust. „Ein Laut und Du bist des Todes!"
rannte er ihm zu. Diese Worte verfehlten ihre Wirk
ung nicht; die beiden Le>ite begriffen, daß jeder Wider
stand vergeblich sei und fügten sich in das Unvermeid
liche.
William Durkeit wandte sich zuerst an da» Weib.
„Du wirst jetzt Rede und Antnwrt stehen," don
nerte er sie an. „Man hält ein junges Mädchen hier
gesangen, wo ist es?"
„Ein junges Mädchen, ich iveiß nicht, was Sie
wollen?" stammelte das Weib.
„Elende Lügnerin, Du willst nicht antworten, aber
hüte Dich. Ich bin der Eigentümer des Hanfe» und ich
wiederhole Dir's, hüte Dich! Wenn Du nicht redest,
werde ich mitleidslos sein, gegen Dich und Deinen
Mann. Ich weiß, wie man die Geheimthüren öffnet
und ich frage Dich zum letzten Mal, wo ist das junge
Mädrben?"
„Im Turme," stammelte zitternd das Weib.
„In welchem; es sind deren zwei."
„Im Falkenturm."
„Gut, das genügt."
Mau band und knebelte nun die beiden Leute, dann
wurde die Thür abgeschlossen und der ganze Trupp
setzte sich weiter in Bewegung. William Durketr schritt
mit der Lampe voran, bis er vor einer kleinen Thür
stehen blieb, tvelche der Graf ebenfalls kannte; die
zu öffnen ihm aber menials gelungen '.var. Er drückte
auf eine geheime Feder, die Thür' verschwand in der
Mauer und man sah eine tief nach abwärts führende
Treppe vor sich.
„Müssen wir da hinnnter?"
„Nein, das Gefängnis des Fräuleins befindet sich
über uns."
„Wozu sind wir denn hierhergekommen?"
„Das werdet Ihr gleich sehen."
Der Amerikaner ging einige Stufen hinab und
drückte mit der ganzen Kraft seines Körpers auf eine
Art Hebel; ein eigentümliches Geräusch ließ sich ver
nehmen.
„Es ist geschehen." Und er trat an von OttenS
Seite.
Nachdem Aurora von dem alten Weibe in ihr kleines
Schlafgemach gedrängt worden war, hatte sie lange
ihren trüben Gedanken nachgehangen, dann endlich auf
ihr Lager niedersinkend, war sie, nachdem sie das Licht
ausgelöscht, eingeschlafen, plötzlich Ivnrde sie durch einen
erdbebcnartigen Stoß aufgerüttelt; sie sprang auf und
fühlte zu ihren, nainenloseu Schrecken eine schwingende
Betvegnilg des Bodens.
„Zu Hilfe, zu Hilfe!" rief sie laut; da anttvorteie
ihr eine bekannte Stimme. „Fürchten Sie nichts, wir
sind Freunde, wir kommen zur Rettung."
Langsam sank sie mit dem Fußboden immer tiefer,
da stand plötzlich von Otteii vor ihr; die unheimliche
Fahrt hatte ihr Ende erreicht und schluchzend sank
Aurora in die Arme des treuen Freundes.
Kehren wir in den Saal zurück, in ivelchem noch
die Ueberrefte der vollbesetzten Tafel bemerkbar waren.
Die Freunde Sanzac» waren aus das Erfolgreichste
entnüchtert; einer derselben, Delonvier, trat an von
Otten heran und sprach: „Nach allem, tvas wir gehört
und gesehen haben, hat sich der"Graf v. Sanzac Hand
lungen zu schulden kouimen lassen, welche ihn vollkom
men zu dem stempeln, als was er heute hier bezeichnet
wurde — zu einem Schurken! Ich und meine Freunde,
mögen wir immerhin leichtlebig sein, so gehören wir
doch achtbaren Faniilien an und haben doch niemals
eine ehrlose Handlung begangen. Wir lernten Herrn
v. Sanzac in der Gesellschaft kennen, doch zwischen ihm
und uns besieht sonst weiter keine Gemeinschaft; wir
sagen uns mit Abscheu von ihm los! Sie haben das
Recht uns zu singen, wie wir hierhergekommen, die
Antwort ist leicht: Sanzac hat uns eingeladen; hier
ist der Brief, welchen er mir geschrieben. Meine Freunde
haben die gleichen Briefe erhalten."
Herr v. Otten überflog den Brief. „Ich glaube atf
Ihre Unschuld, meine Herren, Sie sind vollständig sr^ei
und können sich unbehelligt entfernen. Peter beleuchtest
Sie das Treppenhaus!": .<
Die jungen Leute, denen die Rolle, welche sie- hier
gespielt, nur peinlich sein konnte, beeilten sich, vein der
Erlaubnis Gebrauch zu machen, ohne den Grafein auch
nur eines Blickes zu würdigen. t
Dieser hielt sich nur mit Mühe aufrecht, àbiron
hatte sich mit v. Otten in leisen, Gespräch in eMk Ecke
zurückgezogen, Noiret bewachte den Ausgang. Daşlôtz-
lich stieß ihn der Graf zur Seite und verließ mit esiinem
Satz,^ ehe der verblüffte Agent es zu hindern vermachte,
de» Saal. ^
Alle stürzten ihm sofort nach, doch während einer
Viertelstunde suchte man ihn allerorts vergeblich. Da
das Hausthor jedoch bewacht war, so konnte er das
Gebäude nicht verlassen haben; wo aber hielt er sich
verborgen ?
Da vernahm man plötzlich vom rückwärtigenTrakt«
her ein tosendes Geräusch: ein Einsturz mußte offen
bar stattgefunden haben, doch der Gras und sei» rätsel
haftes Verschwinden beschäftigte alle so sehr, daß man
des Vorfalles Iveiter nicht achtete.
„Wir waren nicht hinreichend wachsam," meinte
Gabiron mürrisch, „wir hätten dein Eienden nicht so
sehr vertrauen sollen, es war ja vorauszusehen, daß er
einen Fluchtversuch machen werde."
„Durch das Fenster kann er doch nicht gesprungen
still," meinte der Amerikaner, „und d.rAusgang ist
bewacht; ah, nur kommt eine Idee, di« allerdings ent
setzlich wäre. Folgen Sie mir, meine Herren, rasch!"
William Dur fett schritt voran und öffnete eine Ge
heimthür, welche selbst den scharfen Äugen Gabiron-
entgangen tvar; sie führte in einen ganz schmalen Gang î
die Männer durchschrittet, denselben und blieben banst
abermals vor einer kleinen Thür stehen.
(Fortsetzung folgt.) 37,k6"