richtet, Die Höfe „Blabjerg" und „Tor-
ager" wurden in Asche gelegt. Die Be>
wohner des letzten Hofes hatten sich zur
Ruhe begeben, als der Blitz in die
Scheune einschlug. Bald stand der große
Hof in hellen Flammen; in der Verwirrung
war es nicht möglich, alles Vieh zu retten.
Die Pferde kamen noch rechtzeitig aus
dem brennenden Stalle; dagegen kamen
35 Stück Ho rnvieh in den Flammen
um. (F. N.)
Inland.
— Beim Kriegsfahrrad hat sich
die Konstruktion insofern bei den diesjäh-
rigen Manövern nicht bewährt, als es eine
zu schwere Last bildet für den Fall, daß
der Fahrer durch Bodenverhältnisse ge
zwungen ist, sein Rad tragend von der
Stelle zu fördern. Ferner wird an den
Rädern die pneumatische Gummirung an
statt des an ihnen mitgeführten Vollgummi
rings vermißt Haltbar und dauerhaft
sind die Räder allerdings; allein man ist
nach den „B. P. 31.* der Ansicht, daß
ein leichteres Modell dieselben Eigenschaf
ten besitzen könnte.
— Die Einführung einer dritten
Impfung, wie sie bei allen zum
Militär eintretenden Rekruten geübt wird,
verlangt der hiesige Speeialarzt Professor
Dr. Lassar in einem an die Berliner klinische
Wochenschrift gerichteten Briese. Er weist
daraus hin, daß die Wirkung der Wieder-
impfung (im zwölften Lebensjahre) mit den
Jahren zu versiegen droht, und betont
andererseits den „günstigen" Einfluß der
dritten Impfung, wie der vielfach
angestellte Vergleich der deutschen Armee
mit anderen ergeben hat. Beim Ausbruch
von Pocken > Epidemieen würden also alle
jene Tausende von jungen Männern, die
nicht in das Heer eingereiht werden, sowie
sämmtliche weibliche Reichsangehörige per
sönlich mehr ausgesetzt sein als die gedienten
Soldaten und die Gefahr der Verbreitung
in entsprechender Weise steigern helfen.
Einen Ausweg, dem abzuhelfen, sieht Pros.
Lassar in der Forderung, auch die wieder
holte Wiederimpfung, d. h. die dritte
Impfung, ganz allgemein zu machen oder
wenigstens bei Gelegenheit von Ehe
schließungen, Dienstantritt, Uebersiedelung
oder anderen bürgerlichen Vorkommnissen
den dreifachen Impfschein zu
verlangen! Erst durch diese Ergänzung
würde das Reichs'Jinpfgesetz den beabsich
tigten Schutz wirklich der gesammten Be
völkerung in vollem Maße gewährleisten.
— Ueber die Schutzimpfungen bei
asiatischer Cholera liegt jetzt ein
ausführlicher Bericht des indischen Arztes
Dr. Haffkine aus Kalkutta vor, welcher
die recht beachtenswerthen Resultate zu
sammenstellt, die der Genannte mit Schutz
impfungen durch seine beiden Lympharten
in Indien bei der dortigen Civil- und
Militärbevölkerung erhalten hat.
Im ersten Jahre (1893—1894) wurden
22 703 Personen geimpft: dabei war nur
ein einziger Cholerafall zu verzeichnen.
Im zweiten Jahre und in der ersten Hälfte
des dritten Jahres (1894—1895) wurden
19 473 Personen aller Stände und Rassen
geinlpft, und zwar in Gegenden Indiens,
wo die Cholera am stärksten herrscht.
Der Vergleich der ungeimpften mit der
geimpften Bevölkerung in einzelnen räum
lich begrenzten Districten spricht dafür,
daß die Schutzimpfung in der That einen
gewissen Schutz gewährt. So wurden in
einem Gefängnisse (Gya Jail) 202 Per
sonen geimpft, 207 nicht geimpft; von den
Letzteren erkrankten etwa 10 Procent und
starben 5 Procent, von den Ersteren 3
bezw. 2 Procent. Auch sonst zeigte sich
ein in die Augen springender Unterschied
zwischen geimpften und ungeimpften Per
sonen in dem Sinne, daß die Erkrankungs
zahl unter den Geimpften 19 Mal, die
Sterblichkeit 17 Mal geringer war. Dr.
Haffkine hält das Urtheil über den Werth
der Impfung noch nicht für völlig abge
schlossen, will aber die Impfungen fortsetzen
und wird von der Regierung aufs That
kräftigste unterstützt. In Agra und Kalkutta
sind eigene Laboratorien für die Bereitung
des Impfstoffes errichtet, und eine große
Anzahl von Aerzten ist bereits mit der
Methode vertraut.
Mit 10000 Mark durchgegangen
ist der Hausdiener Max Metzkow in
Berlin, der bei einer Exportfirma in der
Ritterstraße angestellt war. Er hatte den
Auftrag erhalten, einen Wechsel über
10000 Mk. zu diskontieren, 5000 Mk.
vom Erlös bei der Mitteldeutschen Kredit
bank einzuzahlen, den Rest aber nach dem
Geschäft zu bringen. Metzkow hat den
Wechsel diskontirt, den Betrag von 10000
Mark unterschlagen und ist flüchtig.
Er hat die „Höflichkeit" besessen, der be
stohlenen Firma seine Flucht durch folgen
den Packetfahrbrief, der heute Morgen an
langte, anzuzeigen:
„P. P. Es wäre mir nie wieder die
Gelegenheit gegeben, so leicht reich zu
werden, so daß man mir nachfühlen (!!)
kann, daß ich das Weite gesucht habe.
Max Metzkow."
Das ist also ungefähr dieselbe Auslassung,
als ver heidnisch-spartanische Grundsatz, der
leider auch heute noch vielfach geäußert
wird: „Stehlen darfst du, aber dich nicht
fassen lassen." Man spricht damit aus,
daß man nur Achtung vor Polizeigewalt
hat, nicht vor seinem Gewissen. Ist dies
auch häufig nur eine Redensart und nicht
ernst zu nehmen, so ist mit dieser Redens
art doch Manchem eine Art Entschuldi-
gungsgruno gegeben, seine Unthaten aus
eigene Faust zu begehen.
Eine bedeutende Unterschlagung
ist nach der „Welt" vor kurzem bei einem
Börsenblatie in Berlin entdeckt worden.
Es wird die Summe von hundertund-
zwanzigtausend Mark genannt, die der erste
Angestellte in der Expedition ini Laufe
der Zeit an sich zu bringen wußte. Der
ungetreue Beamte befand sich gerade auf
seinem Sommer-Urlaub, als er von einer
vorzunehmenden Revision der Kassabestände
Mittheilung erhielt. Er zog es daher
vor, seinen Urlaub abzubrechen und kehrte
schleunigst nach Berlin zurück. Kaum
war er 24 Stunden in Berlin, als er
sich in seiner Privatwohnung erschoß. Er
bezog ein Jahresgehalt von fünfzehn
tausend Mark. Auch dem Prokuristen
der Expedition ist gekündigt worden.
Wie bereits mitgetheilt wurde, hat das
Königsberger Landgericht den aus der
Königsberger B ö r f e n g a r t e n - A ş f ä r e
bekannten Regierungsassessor von Volk-
mann, der die Duellsorderung seines
Kollegen Umpfenbach an den Amtsgerichts
rath Alexander überbracht hatte, wegen
Kartelltragens zu drei Tagen Festungshaft
verurtheilt. Die Gerichtsverhandlung war
nach einer Richtung hin von einem über
das Persönliche des Falles hinausgehenden
Interesse, indem sie nämlich für die bei
Behörden und selbst bei gerichtlichen Be
amten herrschende Auffassung von dem
Duellwesen einen charakteristischen Beitrag
lieferte. Während auf die Ueberbringung
von Herausforderungen Strafen bis zu
6 Monaten Festungshaft verhängt werden
können, beantragte der Staatsanwalt nach
der „Fks. Ztg." selbst nur drei Tage und
führte als strafmildernd an, daß der An
geklagte das Amt eines Kartellträgers
„schicklich" nicht habe ablehnen können.
Also ein Staatsanwalt stellt es in öffent
licher Gerichtsverhandlung als etwas Un
vermeidliches hin, daß die Geietzesvor-
schriften über das Duellwesen überschritten
werden, und nimmt darauf bei seinem
Strafantrage Rücksicht! Kein Wunder,
daß hiernach der Regierungsassessor noch
ein Uebriges thun zu niüssen glaubte und die
Ueberbringung von Duellforderungen nicht
blos als schicklich, sondern sogar als eine
„moralische Verpflichtung" bezeichnete. Von
der Gerichtsstelle aus, von Staatsanwalt
und Regierungsassessor, von Beamten, die
darüber zu wachen haben, daß die be
stehenden Gesetze nicht verletzt werden,
wird also ganz offen die Erfüllung eines
gesetzgeberischen Gebotes als mit der Schick-
lichkeit und Moral nicht vereinbar erklärt!
Es wird gerade von den Beamten dieser
Gattung mit Vorliebe über die Gefährdung
der Staats- und Beamtenautorität geklagt.
Kann aber ärger diese Autorität zerstört
iverden, als wenn Beamte selbst so der
Autorität des Gesetzes zuwiderhandeln und
einen besonderen Begriff staatsanwaltschaft-
licher Schicklichkeit und assessoraler Gesell-
schaftsmoral im strikten Gegensatz zum
Gesetz konstruiren? Beamte, die selbst
eine Außerachtlassung des Gesetzes als
etwas Berechtigtes ansehen, können zweifel
los nicht mehr als geeignete Hüter der
Gesetze betrachtet werden.
Von einer Begnadigung in einer Duell
sache wird wiederum Mittheilung gemacht.
Der Referendar a. D. Rottberg, der im
Februar d. I. den Kaufm. Emil Lehnkering
im Duell erschoß und dieserhalb im
März zu Duisburg zu zwei Jahren
Festungshaft verurtheilt wurde, ist vom
Kaiser begnadigt und sofort aus der
Festung Ehrenbreitstein entlassen worden,
woselbst der Verurtheitte etwa 6 Monate
hindurch zugebracht hat.
Glogau, 1^ Okt. Der hiesige Stelleu-
besitzer Radez e r w ü r g t e gestern seine
Frau, mit der er seit einem Jahre in un
glücklicher Ehe lebte, durch eine Peitschen-
schnür, worauf er seinem Leben ebenfalls
durch Erhängen ein Ende machte.
Besonders peinlich gestaltet sich ein un
erquickliches Nachspiel zu den Kaisertagen
in Frankfurt a. M., wo am 10. Mai
d. I eine solenne Friedensfeier abgehalten
wurde. Der Kaiser war Gast der ehe
maligen freien Reichsstadt und wohnte im
Hotel „zum Schwan". Der Besitzer dieses
Gasthofes liquidirte nun Summa Summa
rum 22 000 JL für Herstellung und Aus
schmückung seines Etablissements, der
Magistrat aber findet diese Rechnung um
ein Beträchtliches zu stark gepfeffert und
verweigert die Zahlung. Ein Schiedsge-
richt sollte die heikle Angelegenheit ins
Gleiche bringen, der Gastwirth hat aber
jeglichen Vergleich abgelehnt und besteht
auf seiner Forderung. Wir werden also
nächstens das Schauspiel erleben, daß über
eine für den Aufenthalt S. Majestät li
quidirte Hotelrechnung in öffentlicher Ge
richtssitzung befunden wird.
Darmstadt, 10. Oktbr. Die Kaiserin
A l e x a li d r o w n a bewohnt im „Neuen
Palais" ihre ehenialigen Mädchenzimmer,
die durch einen kürzlich erbauten Lift niit
dem unteren Stockwerk in bequeme Ver
bindung gesetzt sind. Der Großherzog hat
persönlich dasür Sorge getragen, daß in
den Wohngemächern seiner Schwester bis
auf Nippes und Photographien alles in
der alten Ordnung herstellt wurde. —
Bon den in Farben ausgeführten „Kaiser
karten" sind am heutigen Vormittag hier
am Platz 10 000 Stück abgesetzt worden.
Aus Rheydt und mehreren dieser Stadt
benachbarten Orten waren vor einigen
Wochen 8 Frauenspersonen, darunter 2
Hebammen, und ein Buchhalter, Karl
Gehnen, verhaftet worden, wegen Ver
brechens gegen § 218—220 des Straf
gesetzbuches. Diese neun Personen und 2
auf freiem Fuß befindliche Arbeiterfrauen
erschienen vorige Woche vor den Geschwo-
renen. Nach fünftägigen Verhandlungen
fand dieser unter der Bezeichnung Giesen-
kirchener Sittlichkeitsaffäre bekannt gewor
dene Prozeß Nachts um halb ein Uhr sein
Ende. 12 2 Fragen hatten die Ge
schworenen zu beantworten; die Berathung
der Fragen dauerte 6 S t u n d e n , die
Verlesung der Antworten nahm l'/r
Stunden in Anspruch. Das Urtheil
lautete: Wittwe Heerftraß, 68 Jahre alt,
6 Jahre Zuchthaus; Hebamme Kullertz
aus Rheydt, 49 Jahre alt, 5 Jahre Zucht
haus; Hebamme Güttgemanns aus Rheydt,
35 Jahre alt, 2 Jahre 3 Monate Zucht-
haus; Wittwe Flintrop, 65 Jahre alt,
deren Tochter in Folge der mit ihr vorge
nommenen verbrecherischen Manipulationen
zu Tode kam, 18 Monate Gefängniß,
Fabrikarbeiterin Jansen 1 Jahr, Fabrik
arbeiterin Druen 1'/, Jahr, Fabrikarbeiterin
Ringels l'/r Jahr, Fabrikarbeiterin Schmitz
1 Jahr, Buchhalter Karl Gehnen V 2 Jahr
Gefängniß; die beiden auf freiem Fuß
belassenen Mitangeklagten Ehefrauen Johann
und Matthias Schiffer aus dem Orte
Biesel wurden freigesprochen.
Der Portepeefähnrich Schönborn, Sohn
des Geheimraths Professor Schönborn in
Wurzburg, verunglückte durch Sturz vom
Pferde, wobei er im Steigbügel hängen
blieb und eine Strecke mitgeschleppt wurde.
Der Zustand des Verletzten ist sehr be
denklich.
Dresden, 12. Okt. Die hiesigen Kunst
händler Seele und Hentzschel wur
den wegen Verbreitung „unzüchtiger Bilder"
angeklagt, weil sie Nachbildungen berühm
ter Gemälde der hiesigen königlichen
Galerie in einem eleganten Album ver
einigt und verkauft haben. Das Gericht
erkannte auf Freisprechung..
Gotha, 12. Oct Bereits gegen 6 Uhr
Abends strömte eine nach Tausenden zäh
lende Menschenmenge die Siebtebener
Chaussee entlang nach dem Saale „Zu den
vier Jahreszeiten". Gegen 7 ühr begrüßte
der Vorsitzende des Lvkalkomitees, Ävg.
Bock- Gotha, den Parteitag, indem er
darauf hinwies, daß bereits vor 21 Jahren
in Gotha ein socialdemokratischer Parteitag
stattgefunden habe: „Einige Jahre später
machte der „sogenannte" größte Staatsmann
unseres Jahrhunderts den Versuch, die
Socialdemokratie zu vernichten. Nachdem
der Hödelschuß gefallen und gleich darauf
ein Halbwahusinniger geschossen, gelang es
dem großen Staatsmanne init Hülfe des
kapitalistischen Klüngels ein Gesetz zu Stande
zu bringen, das die Socialdemokratie aus
der Welt schaffen sollte. Aus dem großen
Staatsmanne ist inzwischen eine alte aus
gebrannte Raketenkiste geworden, ans der
nur hin und wieder ein „Psutscher" auf
steigt. (Heiterkeit) Die Socialdemokratie
ist dagegen die größte Partei Deutschlands
geworden. (Lebhafter Beifall.) Auch im
Herzogthum Gotha hat die Socialdemokratie
große Fortschritte gemacht. In der jüngsten
Zeit hat hier^ die Socialdemokratie den
herrschenden Klassen einen vernichtenden
schlag beigebracht. (Lebhafter Beifall.)
Bereits macht man in unserem Duodez-
staate den Versuch, Maßregeln gegen di'e
Socialdemokratie zutreffen. Allein ebenso,
wie das Socialistengesetz das Wachsthum
der Partei nicht verhindert hat. so werden
auch die Socialdemokraten des Herzogthums
es verstehen, rechtzeitig geeignete Gegen
maßregeln zu treffen. Was auch die Herr-
schenden Klassen unternehmen mögen, die
Socialdemokratie wird in ihrem Siegeslaus
nicht einen Augenblick gehemmt werden.
(Lebhafter Beisall.) In diesem Sinne heiße
ich Sie aufs herzlichste willkommen."
Förster (Hamburg) begrüßte alsdann
im Namen des geschäflsführenden Aus
schusses den Parteitag und wies darauf
hin, daß der gegenwärtige Zeitpunkt ein
sehr ernster sei. Die Verhältnisse haben
sich ungemein zuspitzt; der Parteitag werde
genöthigt sein, diese ernsten Zeitverhältnisse
in Berücksichtigung zu ziehen. Namens des
geschäftsführenden Ausschusses erklärte er
den Parteitag für eröffnet. (Beifall.)
' Eine sehr lange und lebhafte Debatte
veranlaßten noch die verschiedenen Anträge
zur Tagesordnung. Auf Antrag des Dr.
Arons wurde beschlossen : Den Achtuhr-
ladenschluß, Achtstundentag, den Kamps
gegen die hausindustrielle Ausbeutung usw.
als einen Gegenstand und zwar unter der
RubrikA r b e i l e r s ch u tz g e s e tz g e b u u g"
zu behandeln, dagegen von der Behandlung
der Parteipresse und der Währungssrage
abzusehen. Danach wurde die Versammlung
geschlossen.
Es fehlt mancher Führer, so Bollmar,
L e g i e n. Was außervem diesmal fehlt,
ist der Zug ins Große und eine bestimmte
Signatur.
Seesen am Harz, 12. Oct. Zwei große
Feuer kamen hier kurz nach einander zum
Ausbruch, wodurch 24 Familien obdachlos
wurden.
Die ņ a t i o n a l l i b e r a l e Partei
der Provinz Westfalen beruft auf den 17.
d. M. eine Delegirten versa mm lung
nach Hagen ein. Es ist nach dem Vor
gänge Rheinlands die Hoffnung einer neuen
Organisation geplant. Ein ständiges
Bureau mit einem besoldeten Parteisekre
tär soll eingerichtet werden.
Dr. Chrysander, der Sekretär des Für
sten Bismarck, der kürzlich in Jena die
ärztliche Staatsprüfung abgelegt, hat sich
tu Friedrichsruh als Arzt niedergelassen.
Hamvarg, 9. Oct. Die beiden neuen,
je 18000 Faß Petroleum fassenden
Tanks, die die Columbian Oil
Company nach dem Uebertritt der bisher
allein Deutschland versorgenden Firmen
Philipp Poly- Mannheim und Rassaw
Jung & Co.-Bremen zur deutsch-ameri-
kanischen Petroleum-Gesellschaft m Ham-
burg errichten l.eß, sind jetzt vollendet
und der Outsider-Tankdampfer „Astral"
wird bereits dahineinpumpen. Tie Co-
lumbian Oil Co. gall noch als einzige
Konkurrenz der Standard Ott Company.
Sollte es sich aber als Thatsache erweisen,
was man schon jetzt hier ausspricht, daß
nämlich der Verkauf für die Columbian
Oil Co. in Deutschland durch die übrigen
zwei Firmen besorgt iverden würde, so
märe sehr schnell die Konkurrenz gegen-
über der Standard beseitigt worden und
die Macht der Standard, die Preise dik-
liren zu können, würde sich bald zeigen.
Für die neue Stadtdaumeisterstelle in
Berg-dorf, welche zum 1. Januar 1897
„Sie iverden ihren Herrn nicht verraten!"
„Zahlen Sie ihnen was ruinier für eine Summe,
sichern Sie ihnen vollständige Straflosigkeit; ich muß
meine Tochter wiederfinde»!" 35
„Wir werden das Fräulein von Lasson mit Hilfe
der Behörde auch ohne solche Geldopfer wiederfinden."
Der Verwundete richtete sich gewaltsam auf seinem
Lager empor.
„Ich tvill aber nicht, Gabiron; hören Sie, ich will
nicht, daß die Gerichte sich in die Geschichte hineinmen
gen."
„Aber .. .*
„An Sic habe ich mich gewendet, von Jhņ allein
verlange ich die Lösung der ganzen Angelegenheit; ich
will die Gefangenen selbst verhören!"
„Wie, Sie ivollten. .
„Führen Sie die Leute herein."
Der Befehl wurde so bestimmt erteilt, daß Gabiron
sssort sich entfernte, und nach wenigen Minuten mit
den beiden Verbrechern zurückkehrte.
Der Graf hatte sich emporgerichtet. „Warum habt
Ihr mich erinorden wollen?" fragte er, zu Lork sich
wendend.
„Um Sie zu bestehlen," rntgeguete dieser frech.
„Ihr lügt!"
„Nun, so nehme» wir an, daß ich Sie nur zu mei
nem Vergnüaml habe töten wollen!"
„Weshalşiabt Ihr euch als Diener des Baron von
Brrvon bei mir cingeschlichen?"
„Nur überhaupt empfangen zu werden."
„Wie wußtet Ihr, daß dieses Mittel zum Zweck füh
re'» werde?"
„Weil Sie den Baron v. Bervoii gut kennen, und
ihm jüngst dreißigtausend Franken geliehen haben."
„Wer sagte Eilch das?"
„Einerlei, ich weiß es."
„Gesteht doch, daß Euer Herr Euch die mutige»
Weisungen erteilt."
„Mein Herr? Ich habe keinen."
„Ihr seid der Kammerdiener des Grafen v. San-
und nenlîi Euch Lork."
„Ich kenne diesen Grafe» gar nicht, und höre sei
nen Namen heute zum ersten Mal."
„Du lügst, Mörder," rief Gabiron,' „ich kenne Dich."
Lork warf einen Blick aus Gabiron und zuckle die
Achseln.
„Nein," mengte sich nun auch Noiret in das Ge
spräch. „er heißt allerdings nicht Lork. sondern Jac
ques Seguin, ich habe ihn vor acht Jahren schon ver
haftet, damals wurde er zu zwanzigjähriger Zwangs
arbeit verurteilt und ist seitdem dem Bagno entsprun
gen."
„Nun, und was weiter?" rief der Mordgeselle frech.
„Du wirst wieder verurteilt werden und dieses Mal
dürfte es Dir kaum gelingen, zu entschlüpfen."
„Wer weiß."
„Lork", sprach der Graf, wollt Ihr die Wahrheit
bekennen."
„Ich habe die Wahrheit gesprochen."
„Weshalb gesteht Ihr nicht, daß Ihr im Dienste
des Grafen v. Sauzac steht?"
„Weil cs nicht wahr ist."
„Hört inich an, Ihr habt mich töten wolle», Euer
Anschlag ist mißglückt, Ihr habt mich nur verwundet,
ich aber bin zur Nachsicht geneigt; ich will mich sogar
verwenden, dainitJhr nicht streng bestraft werdet, aber
nur unter einer Bedingung, daß Ihr mir sagt, wohin
Ihr meine Tochter gebracht, welche Ihr in der vergan
genen Woche eulsührtet."
„Wie, ein Mädchen eutiührt? Und wozu? Wie, in
unserem Alter, Herr? Colibri, was sagst Du dazu?"
„Ihr weigert Euch also, zu gestehen?"
„Ich weiß gar nicht, was Sie wollen. indem Sie
uns der Entführung eines Mädchens bezichtigen."
„Ich auch nicht," bruiumtc Colibri.
„Führt sie fort," sprach der Graf zu Gabiron ge
wandt, „und komme» Sie wieder, ich habe mit Ihnen
zu svrechen."
Der Befehl wurde ausgesührt, dann traten Ga-
biron »nd Theodor tviedec au das Lager des Grafen.
„Ich habe eine sehr herbe Täuschung erfahren, ich
hoffte, wir könnten jene beiden Schurken zu einem Ge
ständnisse bringen."
„Sie werden schweigen um jeden Preis."
„Ich sehe es ein; das hat auch sein Gutes; wenig
stens werden sie vor dem Richter auch nicht mehr aus
sagen und dadurch verhindern, daß Dinge, welche ich
nun einmal geheiu! halten will, in die Öeffentlichkeit
dringen. Bei einem Verhör sagen auch Sie nichts an
deres aus und vergessen Sie vor allein nicht, *daß ich
um jeden Preis Peter Bols bleiben will.
Inzwischen setzen Sie alle Ihre Nachforschungen
nach meiner Tochter unausgesetzt fort; leider bin ich
jetzt durch meine Verwundung zur vollsten Unthätig-
keit verdammt. Doch habe ich einen vertrauten Freund,
zu welchem ich das unbedingteste Vertrauen hege; er
heißt van Ollen, er inuß meine Stelle ausfüllen und
kann Sie in jeder nur denkbaren Weise unterstützen.
Für den Augenblick habe ich Ihnen sonst nichts zu sa
gen; Theodor soll van Otte» sofort holen. Ich fühle
mich schwach, sehr schwach, ich bedarf der Ruhe. Man
möge keine Zeit verlieren, Gabiron."
Der Polizei-Kommissar, welcher inzwischen von den
Ereignissen in Kenntnis gesetzt worden war, hatte sich
in Begleitung mehrerer seiner Leute aus deni Thatplatz
eingesiiude».
Er begann seine Thäligkeit mit einem genauen
Verhör des Portiers und dessen Frau, wodurch aber
nichts zu Tage kam, was mir nicht bereits wüßten.
Dann wurde die Frage aufgelvorsen, iver den bei
den Räubern die Thür geöffnet, und man rief Fran
cesca vor.
„Sie ist stumm," erklärte Gabiron.
„Auch taub?"
„Nein, sie versteht vollkommen jede an sie gestellte
Frage."
„Seit wann ist sie in Diensten des Herrn Bols?"
Die Stumme zeigte ihre zehn Finger und dann noch
drei dazu.
„Seit dreizehn Jahren?"
„Ja," verdolmetschte Gabiron. „Ihre Treue Md
Ergebenheit sind über jeden Zweifel erhaben."
Es wurde nun festgestellt, in welcher Weise sie ein-
gedrungen, doch der Name des Herrn v.Vervou wurde
nicht genannt.
„Der eine der beiden Schurken brachte also eine»
Brief, wo ist dieser?"
diàet sichte dem Konnniffar das Blatt.
„Aber das ist ja fein Brief, sondern nur hinge
worfene »»zusammenhängende, undeutlich geschriebene
Worte, offenbar nur geschrieben, damit der Leser sich
damit abmühe, diesen Blödsinn zu enlziffern, um wäh
renddem das Attentat gegen ihn zu verüben." bemerkte
der Kommissar. Daun ivaudte er sich an Gabiron.
„Sic haben Herrn Bols aus de» Händen der Mör
der befreit?"
„Ja, Herr Kommissar, mein Kamerad Noiret und
ich."
„Sie befanden sich zufällig in der Nähe und hörte»
die Hilferufe des Herrn?"
„Nein, Herr Commissar, Noiret und ich wollten
Herrn Bols einen Besuch abstatten, und obivohl einer
der Verbrecher FranceSka nahezu erivürgt hatte,schleppte
sie sich dock zur Thür, um uns zu öffnen."
„Hat Herr Bols nur diese eine Dienerin?"
„Auch einen Kammerdiener, der aber für seine»
Herrn verschiedene Gänge zu machen hatte."
„Warum ist er jetzt nicht hier?"
„Herr Bols hat ihn abermals ausgeschickt, doch wird
er bald kommen; übrigens weiß er nicht mehr, als was
wir ihn erzählten."
„Aber warum ist er nicht hier?"
„Herr Bols hat ihn fortgeschickt, um einen gute»
Freund zu holen."
„Ich bitte die Herren, mir vor allein Ihre Rainen
zu neune»."
„Ich heiße Anton Gabiron und mein Freund Cö
lestin Noiret. Polizei-Inspektor a. D."
, »Ich erkenne Herrn Noiret sehr gut," bemerkte
einer der Untergebenen des KvmniWrs; „wir haben
eine Zeit lang zusannncil gearbeitet."
(Fortsetzung folgt.) 37,1-6*