Full text: Newspaper volume (1896, Bd. 2)

MMWNWW 
Me scheuen Pferde wurden durch einen 
Journalisten gebändigt, der ihnen muthiģ 
in die Zügel fiel. Der Kutscher der 
Equipage des Finanzministers wurde ver 
haftet, weil der Unfall wahrscheinlich durch 
feine Fahrlässigkeit verschuldet wurde. 
Heute Morgen wurden drei Italiener 
verhaftet, die, wie man beobachtet haben 
will, verdächtiger Weise dem Wagen des 
Zaren folgten. 
Türkische Zustände. 
Ueber eine Unterredung eines ihrer 
Correspondenten mit dem außerordentlichen 
Gesandtendes Sultans, Herrn v. Grumbckow- 
Pascha, schreibt der „L. 21.": Letzterer 
äußerte, daß zwar das Vorgehen der Türken 
gegen die Armenier schrecklich und nicht 
zu entschuldigen sei, daß man aber nicht 
vergessen dürfe, daß ja auch die Armenier 
als Aufständische nicht wählerisch waren 
mit ihren Dynamitbomben und wahre 
Massenmorde geplant hätten. 
Ueber die Persönlichkeit des Sultans 
sagte Herr v. Grumbckow, daß der Groß 
herr ausschließlich und allein die Geschäfte 
seines Reiches leite. An politischem Scharf 
sinn überrage er alle seine Rathgeber, und 
vor Allem „bedenkt er das Ende" einer 
jeden politischen Action. Es kann nicht 
geleugnet werden, daß die stürmischen 
Ereignisse der letzten Jahre und der Um 
stand, daß er sich eben um alle, sogar 
Detailfragen persönlich bekümmert, ihn 
etwas nervös und scheu gemacht haben. 
Er weiß, daß Verschwörer ihm nach dem 
Leben trachten, und ist infolge dessen miß- 
trauisch und fast menschenscheu geworden. 
Trotzdem beurtheilt er die Lage und ihre 
Gefährlichkeit kühl abwägend und hütet 
sich vor Uebereilungen. Er weiß, daß er 
nicht nur mit den Forderungen der Mächte 
nach Reformen, sondern mit der wichtigeren 
Frage rechnen muß, wie seine Millionen 
von mohamedanischen Unterthanen solche 
Reformen aufnehmen würden. Er muß 
eben nicht nur seiner Stellung als Sultan, 
sondern auch als Khalif, als „Haupt der 
Gläubigen", stets eingedenk bleiben, um 
nicht aus der Scylla der armenischen 
Unruhen in die Charybdis eines Aufstandes 
der Mohamedaner zu gerathen. Auf das 
russisch-türkische Verhältniß 
wollte von Grumbckow-Pascha aus nahe 
liegenden Gründen nicht näher eingehen 
Aus seinen Aeußerungen läßt sich vielleicht 
der Schluß ziehen, daß nach seiner Kennte 
niß der Dinge die Meldung von der 
Existenz eines geheimen Bündnißvertrages 
zwischen Rußland und der Türkei den 
Thatsachen nicht entspricht. Zur Zeit 
wächst Deutschlands Einfluß am 
Goldenen Horn sehr bedeutend, weil der 
Sultan von der richtigen Ueberzeugung 
durchdrungen ist, daß Deutschland im 
Gegensatz zu den anderen, näher betheiligten 
Mächten keinerlei Sonderinteressen 
verfolgt, sondern nur die Erhaltung des 
Friedens und der Integrität der Türken 
anstrebt. 
Die unbeschreibliche Geldnoth ist die 
Ursache aller Uebel, unter denen Armenier 
wie Türken leiden. In den öffentlichen 
Kassen ist kein Geld, die Beamten können 
also nicht bezahlt werden. Ebenso wie 
der politische, müsse auch besonders der 
finanzielle Zusammenbruch 
der Türkei verhütet werden, denn in 
diesem Falle würden die europäischen 
Gläubiger die Zeche zu zahlen haben. 
Uebrigens wird auch der Rückzug 
Englands in der armenischen Frage 
immer offenkundiger. Das offiziöse „Reu 
ter'sche Bureau" in London verbreitet jetzt 
folgende Meldung aus Paris: 
„Da die Mächte nicht geneigt sind 
eine Krise herbeizuführen, welche geeignet 
wäre, den europäischen Frieden zu gefährden 
und neue Massacres in der Türkei hervor 
zurufen, so werden sie sich jedes überstürzten 
Vorgehens betreffs der Angelegenheiten in 
der Türkei enthalten. Es ist deshalb keines 
falls wahrscheinlich, daß die Lage gegen 
wärtig eine sensationelle Entwickelung er 
fahre. Man glaubt, daß eine B e r e i n - 
b arung zwischen England, Frankreich und 
Rußland zu Stande gekommen ist zu dem 
Zweck, unverzüglich eine in n achdrücklichem 
Tone gehaltene Rote an die Pforte zu 
richten, in welcher die Annahme von Re 
formen gefordert wird, durch welche die 
Sicherheit der armenischen Unterthanen 
des Sultans gewährleistet würde." 
Der Note wird die türkische Regierung 
natürlich kühl bis an's Herz hinan ent 
gcgeusehen und sie mit Gelassenheit zu den 
anderen legen. Weiß man doch jetzt am 
Goldenen Horn, daß so bald noch keine « 
englischen Granaten über die Thürme und 
Minarets des alten Stambul hinwegpfeifen 
werden. 
Diebstahls, beziehentlich wegen Anstiftung 
dazu, das Verfahren eingeleitet und zu 
diesem Zwecke bereits einige Zeuge» ver- 
nehmen lassen. Gleichzeitig wurde der 
Untersuchungsrichter de Fäo, welcher die 
Vorverhandlungen gegen die Mitschuldigen 
überaus lückenhaft geführt hatte, abgesetzt 
und vor eine Disciplinaruntersuchung ge- 
stellt. Nach Lage der Sache wird schon 
in nächster Zeit gegen Luigi Crispi der 
Steckbrief wegen Diebstahls erlassen werden. 
Sein greiser Vater steh! somit vor einer 
neuen, schweren Prüfung. Die gestohlenen 
Diamanten sollen bei einem Pariser Juwe 
lier aufgefunden worden sein, wo sie ein 
Mann versetzt hatte, dessen Signalement 
auf Luigi Crispi passen soll. 
Musternd. 
Italien. 
Rom, 8- Oct. Der Diebstahl bei 
der Gräfin Ce lere, in dessen Mittel- 
punkt, wie wir bereits mittheilten, ser 
Sohn des früheren Ministerpräsidenten 
Crispi steht, wird noch einmal dis Ge 
richte befchäftigen. Die Staatsanwaltschaft 
hat nämlich gegen den in Brasilien weilen 
den jungen Advocate» Luiqi Crispi wegen 
Jnlund. 
— Die Handwerkervorlage stößt, 
wie der „Frkf. Ztg." aus Berlin gemeldet 
wird, im Bundesrath auf große 
Schwierigkeiten. Nicht nur die süd- 
deutschen Regierungen sind dagegen, es fehlt 
auch nicht an Abänderungsanlrägen und 
es ist nicht anzunehmen, daß der Entwurf 
unverändert vom Bundesrath au den Reichs 
tag gelangt. 
Berlin, 9. Okt. Sowohl der Geschäfts- 
nhaber Banquier Schneider als sein Buch 
Halter Kindervater verübten Selbstmord. 
Ein unerhört frecher Einbruchs 
iebstahl ist auf einer der lebhaftesten 
Straßen Berlins, gewissermaßen vor den 
Augen von Tausenden von Personen oer 
übt worden. An der Front des Hauses 
Oranienstraße 63 befindet sich ein Schau 
kasten der Juwelierfirma Wilhelm Fischer, 
deren Geschäftsräume sich im ersten Stock 
des Hauses befinden. Die starke Scheibe 
des Kastens, in dem sich für ca. 10 000 M. 
Waaren befanden, wurde, trotzdem gerade 
ein überaus lebhafter Verkehr in der 
Straße herrscht, total zertrümmert. Ob 
gleich der Kasten Brillantringe, goldene 
Herren und Damen-Uhrketten, Trauringe 
rc. in großer Anzahl enthielt, erbeuteten 
die Diebe in der Hast doch nur vier Gar- 
nituren Knöpfe, sieben Damen-Uhrketten, 
vier Herren-Chatelaines, ein Paar Knebel- 
knöpfe und drei Brustknöpfe. Die Krimi- 
nalpolizei, der sofort Meldung erstattet 
wurde, glaubt aus der Art der Ausfüh- 
rung der That zu schließen, daß junge 
Bengel den Diebstahl verübten. 
Vor einigen Monaten lernte die Tochter 
eines Postbea mten aus derSchwedterstraße 
in Berlin einen jungen Mann Namens 
W. kennen. Dieser, ein gelernter Optiker, 
hatte anscheinend ein intelligentes, nettes 
Wesen, und da er seine Verhältnisse in ein 
äußerst günstiges Licht stellte, so wurde der 
Verkehr mit ihm geduldet. Nicht lange 
währte es, da wurde im Hause des jungen 
Mädchens die Verlobung, und vor etwa 
vierzehn Tagen die Hochzeit gefeiert. Der 
junge Ehemann hatte sich von dem nicht 
unbedeutenden Gelde in der Parkstraße ein 
Geschäft mit optischen Artikeln eingerichtet 
Schon am ersten Tage nach der Hochzeit 
liefen bei dem Schwiegervater mehrere von 
deinem Schwiegersöhne ausgestellte Wechsel 
ein, die er ohne vorherige Rücksprache auch 
einlöste. Als aber Wechsel auf Wechsel 
oräsentirt wurde, da zog Herr St. seine 
hülfsbereite Hand zurück. Wie sich jetzt 
herausstellte, waren fast sämmtliche Wechsel, 
die stets auf bedeutende Summen lauteten, 
sin girt. Durch diese saubere Machina 
tion des Herrn Schwiegersohnes wurde 
Herr St. fast um die ganzen Ersparnisse 
geprellt. Als nun W. merkte, daß ihm 
eine Gaunereien nicht mehr glückten, de 
handelte er seine Frau in der gröblichsten 
Art und Weise. Damit aber nicht genug. 
Bor einigen Tagen sandte er seine Frau 
mit dem Bemerken, Geldbeiträge abzuheben, 
nach einer entfernt liegenden Krankenkasse 
Kaum hatte die junge Frau das Haus ver 
lasten, so fuhren drei Möbelwagen vor, 
und in aller Eile wurde die mehrere 
Tausend Mark Werth ausmachende Wirth 
schgft sammt der Ladeneinrichtung aufge 
laden, und die Käufer fuhren von dannen 
AlS die Frau zurückkehrte, fand sie nur die 
kahlen Wände vor. Der Ehemann hat sich 
nach Holland gewandt, um dorr den aus 
dem Mobiliar seiner Frau erstandenen 
Erlös durchzubringen. Von den Gläubi 
gern ist jetzt gegen den Flüchtling Straf 
antrag gepellt worden. 
Berlin, 9. Oct. Professor Wilhelm 
Förster veröffentlicht im „Reichsanzelger 
einen Artikel über die Weltuntergangs 
Prophezeiung für 1899, worin es 
heißt: 2luf Grund unvorsichtiger, ungenauer 
vielleicht auch mißverständlich entstellter 
Aeußerungen von ivissenschaftticher Sette, 
verbreitet sich seit einiger Zeit in weiten 
Kreisen die Vorstellung, baß für 1899 die 
Gefahr des sogenannten Weltuntergangs 
bevorstehe. Dieser Wahn stützte sich daran 
daß im November 1899 die Wiederkehr 
des Zusammentreffens der Erve mit einem 
ziemlich dichten Schwarm kleiner Himmels- 
körper bevorstehe, wie dies bereits im 
November 1866 und vorher 1833, 1799 rc. 
stattfand. Niemals fei dabei eine Beschädi 
gung der Erdoberfläche erfolgt und nach 
allen Erfahrungen liege bei der Voraus 
sage eines solchen Phänomens nicht der 
leiseste Anlaß zur Befürchtung irgend 
wie bereits 1865 wahrgenommen, in der- 
elben Bahn, wie die angeführten Himmels 
körper, auch- et» Komet, welcher damals 
Monate später, nämlich im Januar 
1867, die Erdbahn durchkreuzen sollte, zu 
einer Zeit, wo die Erde schon oià Millionen 
Kilometer von dem Kreuzungspunkte der 
Bahn sich entfernt befand. 1899 werde 
der Abstand der Erde von diesem Kreuzungs- 
sunkte noch größer sein; selbst aber wenn 
ein Zusammentreffen mit diesem Kometen 
einmal erfolgen sollte, würde die Wirkung 
eines solchen Zusammentreffens diejenige 
eines mächtigen Gewitters oder eines 
Wirbelsturmes, wie sie alljährlich vorkommen, 
lange nicht erreichen, so daß wirklich kein 
Grund für die Menschheit vorliegt, vor 
olchen Dingen jahrelang Furcht zu hegen. 
Danzig, 9. Oktbr. Daß eine Haupt- 
ignatur unserer Zeit fast allgemein Muly- 
loftgkeit ist, das beweist u. A. auch der 
diesjährige Jahresbericht des Vorsteyer- 
AmteS ver Danziger Kaufmannschaft, wenn 
es darin u. A. heißt: „Unsere Thätigkeit 
hat im Berichtsjahr mehr die Abwehr als 
den Aufbau zum Gegenstand gehabt. Es 
galt vor allem den Angriffen auf die 
Grundlagen unseres Wrrthschaftslebens 
enlgegenzutreten. Ueber dieser Thätigkeit 
blieb für ein auf die Schaffung von Ver- 
kehrserteichterungen gerichtetes Wirken 
wenig Raum. Wer möchte auch zu einem 
olchen Wirken den alten Muth 
ewahren, wenn er weiß, daß bei der 
ückläufigen Strömung, in der sich 
zur Zeit die wirthschaftlichen Anschauungen 
in großen und einflußreichen Kreisen zu 
befinden scheinen, jedem solchen Beginnen 
von vornherein mit fast unbedingter Ge 
wißheit der Mißerfolg sicher ist." 
Dazu bemerkt das Organ der Grund 
besitzer, die „D. T.", es sei ein Irrthum, 
von rückläufig zu sprechen. Im Gegen 
theil, es sei ein Vorwärtsschreiten auf dem 
Ziel zur nationalen Volks Wirth 
chaft. — In dem Zeitalter der Eisen 
bahnen und Electricität giebt es keine 
nationale Bolkswirthschaft, da giebt es 
nur eine Weltwirthschasi und daran müssen 
alle gegentheiligen Bestrebungen scheitern, 
allerdings vermögen sie viel Gutes zuvor 
zu ruiniren und das Chaos unserer heuti 
gen wirthschaftlichen Gesetzgebung noch 
mehr zu verwickeln. 
Leipzig, 7. Oktober. In Zschöllau bei 
Oschatz goß ein lOjähr. Knabe Petroleum 
in den Ofen, um das Feuer anzufachen 
Die sofort erfolgte Explosion hüllte das 
unglückliche Kind in dichte Flammen 
Nachbarn erstickten zwar schnell das Feuer 
doch hatte der Knabe bereits so schwere 
Brandwunden erlitten, daß er schon am 
andern Morgen starb. 
München, 6. Oct. Der in den Ha derer 
srozeß verwickelte sehr vermögliche 
Bürgermeister von Sauerlach ist 
nachdem er beinahe 4 Monate in Unter 
uchungshaft gewesen war, gestern aus dem 
Gefängniß entlasten worden, jedoch nur 
auf ärztliche Begutachtung; zur Land 
gerichtSverhandlung, die in etwa 14 Tagen 
tattfinden wird, hat er als Angeklagter 
zu erscheinen, da er auf seine Kosten bas 
Haberfeldtreiben in Sauerlach veranstaltete 
Bon der Tegernsee-Gegend wurden 
vorgestern wieder zwei Haderer verhaftet 
Die Gefängnisse in München, namentlich 
jenes an der Baaderstraße sind überfüllt, 
da fast jeder Haberer in Einzelhaft sitzt 
Auch ins Gefängniß nach Erdrng wurden 
Haberer abgeführt, da es an Platz mangelte 
In der Ortschaft Grub bei Sauerlach 
sind so ziemlich alle männlichen Einwohner 
in Untersuchung. Schmäh- und Drohbriefe 
erhalten der Untersuchungsrichter und tns 
besondere der Bezirksamlmann von Mies 
bach, der gegen die Haberer so schneidig 
vorging, dann auch die Gendarmen, die 
Verhaftungen ausführten. Man wird 
wohl nach Abschluß der Verhandlung an 
eine Versetzung der Gendarmen gehen, 
auch soll die Versetzung des Bezirksamt- 
manns v. Mießbach unabweisbarer er 
scheinen. da man von den Haderern dns 
Schlimmste befürchtet. Ein Haverfeld 
treiben wird, da das Gericht durch Ge 
ständniffe der Verhafteten jeden Einzelnen 
der Tyeilnehmer kennt, und der ersten 
Verhandlung gegen die jetzt Angeklagten 
eine zweite mit noch weiteren Verhaftungen 
folgen solle, schwerlich mehr vorgenommen 
Bemerkenswerth ist, daß die Ortschaft 
Niklasgreuth, die vor 2 Jahren Militär 
auf längere Zeit zur Einquarttrung erhielt 
nach den angestellten Erhebungen that 
sächlich viele Tyeilnehmer zum Haberfeld 
treiben entsandt hatte. Das Militär war 
damals mitten in der Stacht mit Exirazug 
von München requiriri und abgefandl 
worden, niußte jedoch bald ivieder zurück 
kehren, da man die Betheiligung der Orts 
bewohner am Haberfeldtreiden nicht be 
weisen konnte. Die Kosten des Prozesses 
werden sehr erhebliche, die Verhandlungen 
selbst sehr langwierig sein. 
Die Section Dicrfurk des Christlichen 
Bauernvereins hielt jüngst eilte Bersamm 
lung ab, in welcher Landtagtzabgeordneter 
Pfarrer Kohl über die verflossene Land 
tagssession refcrirte. Der 21dgeorvnele. 
dessen rhetvllsche Leistungen im Landtage 
noch bei alleil Freunden unfreiwilligen 
HumorS in ehrelider Erinnerung stehen 
einer Gefahr tzor. Allerdings bewegen sich, werden, sprach sich hrerbri besonders übe 
die Entwickelung des Bauernbundes aus, 
welcher Beziehung es ihm nicht j gelang. 
Neues zu sagen. Dies war ihm erst bei 
einem anderen Thema vorbehalten. Am 
Schluffe seiner Rede, so entnehmen .wir 
einem Berichte des „Fränk. Kur.", ver 
breitete er sich nämlich auch über die Frage 
der Aufhebung der Regentschaft in 
Bayern und endete seine Betrachtung mit 
dem höchst merkwürdigen Dictum: „Es 
i '1 Zeit, daß eine kräftige Hand das K ö n i g s - 
epter in Bayern führt." Es wäre 
wirklich interessant, von Herrn Pfarrer 
Kohl zu erfahren, welche ausgesprochenen 
Prämissen ihn zu solchem überraschenden 
Schluffe gebracht haben. 
Saalfeld, 6. Oct. Ein Reskript der 
Herzogl. Staatsregierung srügt ernstlich 
das Verhalten einiger Lehrer in der für 
und gegen den Fortbestand der ersten 
Bürgerschule seit einiger Zeit eingetretenen 
Bewegung und wendet sich insbesondere 
gegen die auf jener Seile geübte „Zu 
trägerei." Auch bezüglich der Nebenbe 
schäftigung der Lehrer hat das Ministerium 
eine Verfügung getroffen; einem Lehrer 
wurde die Aufgabe zweier Agenturen 
vorgeschrieben und die Beibehaltung einer 
drillen nur bedingungsweise gestattet. Im 
übrigen hat das Ministerium, das dem 
Schulwesen im Herzogthnm besonderes In 
teresse und die regste Förderung ange 
deihen läßt, sich sehr lobend über die 
Lehrersolge des letzten Jahres in ^en 
hiesigen städtischen Schulen ausgesprochen 
Hamburg, 9. Oct. Völlig unwahre 
Gerüchte über die Todesursache der 
Opernsängerin Frau Klafsky haben 
gleich nach dem Ableben der Künstlerin 
Verbreitung gefunden. So sehr auch die 
Unwahrscheinlichkeit des thörichten Ge 
klatsches auf der Hand lag, seinen Weg 
nahm es doch und es giebt ja leider 
Leute genug, die alles glauben, wenn es 
nur sensationell ist. Die Hinterbliebenen 
haben sich jetzt entschlossen, dem für fsie 
auf das Empfindlichste verletzenden Ge 
rede gründlich ein Ende zu machen; sie 
haben gegen einen seiner Verbreiter die 
Beleidigungsklage erhoben, sodaß die An 
gelegenheit nunmehr vor Gericht kommen 
wird. Die dort abzugebende beeidigte 2 
Aussage der betheiligten Aerzte wird dann 
dasjenige nochmals unumstößlich feststellen 
an dem zu zweifeln wahrlich niemand 
irgend welchen triftigen Grund gehabt hat 
Hamburg, 7. Oct. Heute fand die 
gerichtliche Verhandlung ter sen 
auonellen Angelegenheit bezüglich Gertflgs 
Badeanstalt statt. Angeklagt des ver 
buchten Vergehens gegen § 218 des Straf 
gefetzbuches respektive der Beihilfe sind 
eine Badewärterin, zwei Maffeurimien 
fünf Ehefrauen; die letzteren nicht, wie 
der „Vorwärts" berichtete, den besseren 
Klassen angehörig. Als Hauptzeuge trat 
der durch den Frankfurter Schaffnerprozeß 
bekannte Kriminalkommissar Kämpe auf, der 
eine Gewährsmännin nicht nennen wollte 
Eine lebhafte Diskussion entspann sich 
zwischen den sieben Anwälten. Es wurden 
verurlheilt die Badewärterin und eine 
Maffeurin zu je neun Monaten, drei Ehe 
rauen zu je acht Wochen Gefängniß 
Ein Raubmord, sollte einer Meldung 
zufolge, der auch wir Raum gegeben haben 
in den Boberger Sandgruben an einer seit 
Mitte August aus ihrem Elternhausc in 
Hamburg vermißten jungen Dame begangen 
[ein. Wie heute konstatirt werden kann, 
beruht die Annahme, daß ein Verbrechen 
vorliegt, auf einer bloßen Vermuthung, für 
welche der bereits im Zustand vorgeschrit 
tener Verwesung befindliche Leichnam An 
haltspunkte nicht bot. 
iscovtuztetteS. 
Einige Episoden über den Düppeler 
Ausflug der Plöner Kadetten werden 
der „Germania" nachträglich noch mitge 
theilt: Nach dem zwei Meilen weiten 
Marsch von Gravenstein erhielt jeder Kadett 
in Düppel Brot und ern Glas Bier 
Der Wirth überreichte dem Kronprinzen 
ein Seidel, das mit dem Düppel-Denkmal 
geschmückt ist. „Bitte, ein Messer und 
Brot!" sagte der Kronprinz zum Wirth 
und schnitt selbst ein drei Finger dickes 
Stück ab. Endlich war der Hunger ge 
stillt. 'Run wurden Postkarten an die 
Lieben in der Heimath geschrieben. Der 
Kronprinz ließ sich von seinem Gouverneur, 
Generalmajor v. Deines, Geld geoen, um 
Postkarten zu taufen. Der Prinz profilirle 
dabei 5 Psg., indem er eine gewöhnliche 
statt einer bunten Postkarte kaufte. „Nun 
habe ich 5 Pfennige verdient!" meinte der 
Prinz. „Prinz Wilhelm", ries der Gon 
oerneur, „woher haben Sie das Geld?" 
Strainm militärisch antwortete der Krön 
prinz: „Das habe ich ehrlich verdient 
Herr General!" Darauf ging es mit 
Hurrah auf die Düppeler Schanzen. Bon 
dort querfeldein nach dem Denkmal, der 
Kronprinz voran. Eine große Dornenhecke 
hinderte das weitere Bordringen. „Wer 
An echter Preuße ist, der folge mir!" ne 
Prinz Wilhelm, und — wirklich — durch 
ging es. Bei dem Vorbeimarsch an der 
historischen Düppeler Mühle, von wo aus 
Prinz Friedrich Karl den Sturm aus vre 
von den Dänen vertheidigten Schanzen 
leitete, wandte sich der Kronprinz plötzlich 
an vir an der Spitze marfchirende Kapelle 
ver Sondrrburger Füsiliere Mid sagte: 
wichtige Neuordnung des Schulwesens in 
Kraft. Die dortige Privatjchule ist auf- 
„Bitte, Mufik: Ich bin ein Preuße'!" 
Das Gerückt, die aus dem Glückstädtcr 
Strafgefängniß ausgebrochenen Kaufleute 
Schleimer und Hammerschmidt seien in 
Bremerhaven ergriffen, ist bis jetzt nicht 
bestätigt. 
Eine interessante Affengeschichte 
gelangte vor dem Amtsgericht in Altona 
zur Verhandlung. Kürzlich kaufte ein 
hiesiger Geschäftsmann in einer von einem 
Gerichtsvollzieher veranstalteten Auction 
einen Affen für 22 Mk. 50 Pfg. Das 
Thier war von einem von Brasilien heim- 
gekehrten Seemann dem Vater desselben 
zur Aufbewahrung übergeben, diesem jedoch 
abgepfändek worden. Der rechtmäßige 
Eigenthümer des Affen, der Seemann, 
hatte schon vor der gerichtlichen Zwangs 
versteigerung Protest gegen den Verkauf 
erhoben, da derselbe sein Eigenthum, und 
nicht das des Gepfändeten fei. Aber der 
Gerichtsvollzieher hatte sich daran nicht 
gekehrt, sondern sich lediglich an den Auf- 
trag des betreffenden Rechtsanwaltes ge 
halten. Der Seemann ging nun zu dem 
Käufer des Affen, machte darauf aufmerk 
sam, daß dieser ihm gehöre, und klagte 
durch Justizrath Bariach auf Herausgabe 
des Thieres oder Erstattung des Werthes 
von 200 Der interessante Fall kam 
am 5. d. M vor dem dasigen Amtsgericht 
zur Verhandlung. Die Sache endigte 
schließlich mit einem Vergleich. Derjenige, 
der den Affen in der gerichtlichen Auktion 
gekauft, lieferte ihn aus, zahlte seine eige 
nen und die Hälfte der Gerichtskosten, der 
Kläger zahlte die andere Hälfte der Kosten 
und seine Anwaltsgebühren. Der Vergleich 
ist sowohl von dem Richter als auch von 
den Rechtsanwälten eifrig befürworlet. 
worden. Es ist daraus ersichtlich, daß 
man durch Sen Kauf von Gegenständen 
in gerichtlicher Auktion durchaus nicht 
icher ist, Eigenthümer des gekauften Ge 
genstandes geworden zu sein. 
— Kappeln, 5. Okt. Am gestrigen 
'Abend hielt die Heilsarmee im Lokale des 
Herrn Schart unter Leitung des Herrn 
Kapitäns Timmermann eine von 70—80 
Zuhörern besuchte Versammlung ab. Herr 
Timmermann referirte über Entstehung und 
Wesen der Heilsarmee. Die Heilsarmee 
lei von England bezw. von London aus 
gegangen. Grund ihrer Entstehung sei die 
Nothwendigkeit der Rettung der im Laster 
und in der Verkommenheit dahinlebenden 
unglücklichen Menschen der Großstadt ge 
wesen. Die Heilsarmee verfolge keine 
Nebenabsichten, ihr alleiniges Ziel sei die 
Einführung aller Verlornen zum Heil, das 
durch die Erlösung gebracht worden ist. 
Die Bestrebungen der Heilsarmee feien in 
England in besonders wirksamer Weise 
di.rch die Erbauung von Rettungshäusern 
gefördert worden; in solchen 2lnstalten 
änden die Verlornen 2lufnahme, Arbeit 
und Hülfe in leiblicher und in Seelenarl. 
— Herr Timmermann sprach mit großer 
Wärme und, wie wir annehmen dürfen, 
aus ehrlicher, aufrichtiger Ueberzeugung; 
leine Ausführungen, in welchem er besonders 
den Gehorsam gegen die Gesetze des Landes 
betonte, deckten sich vollständig mit den 
Lehren der Bibel. — Darauf sprach ein 
„Bekehrter" ans Ostpreußen über seine 
Rettung durch die Heilsarmee. Zum 
Schluß sprach Herr Timmermann über das 
Gleichniß von dein thörichten Reichen und 
über einen Spruch aus der Offenbarung, 
besonders hinweisend darauf, daß so viele 
Menschen durch die Lust der Welt dem 
Heil verloren gehen. Die Reden wech 
selten durch Gesänge ab. Letztere machten 
mit Rücksicht auf die eintönige Melodie und 
den so häufig wiederkehrenden Text keinen 
schönen Eindruck. à 
Gestern gegen Mittag wurde ein Dienst 
mädchen, das sich bei Bramdrup auf dem 
Felde befand und mit dem Melken der 
Kühe beschäftigt war, von einem V a g a - 
bunden überfallen. Als das 
Mädchen nach Hülfe rief, wurde ihm von 
dem Strolch ein Taschentuch in den Mund 
gesteckt und als die 2lermste ^wieder zur 
Besinnung kanl, war der Strolch ver 
schwunden. Später wurden zwei Personen, 
die der That verdächtig sind, dingfest gemacht 
und von dem Gendarmen »ach dem Amts- 
gesängniß in Hadersleben geführt. 
Kreis Rendsburg, 8. Oct. Mit dem 
1. Oct. d. I. trat >u Nortorf eine sehr 
gehoben und der Lehrpian der Volksschule 
durch Einfügung des fremdsprachlichen 
Unterrichts erweitert loorden. Gestern 
ivurven die beiden neugewählten Lehrer 
Rektor Weh? und Lehrer Doo>e in ihr 
Amt eingeführt. 
n. Jevenftedt 9. Oktbr. Schon feit 
einiger Zeit hört man nichts mehr darüber, 
daß weitere Fälle der Maul- nnd Klauen- 
seuchc in unserem Orte vorgekommen sind. 
Eine amtliche Erklärung ln dieser Be 
ziehung steht indessen noch aus — Die 
hiesige Genosienschaftsmeierel bezahlte die 
letzten Male 7,3 und 7,2 Pfg. pro Liter. 
— Ein Individuum, welcher aus der 
Irrenanstalt in Kropp vor einigen Tagen 
entwichen war, wurde hier ergriffen und 
dann von Kropp aus per Fuhrwerk ivieder 
abgeholt. Der Ertrag »ec Co:lecte, die 
am letzten Erntedankfest in unserer Kirche 
abzuhalten nmrde, soll wie alljährlich p« 
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