Full text: Newspaper volume (1896, Bd. 2)

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8Sster Jahrgang. 
3000 Abonnenten. 
Dienstag, den 6. Hctober 
1896. 
Morgen-Depeschen. 
Berlin, 5. Oct. Wie die „Post" hört, 
har heute Herr Dr. Schröder > Poggelow 
an den Reichskanzler Fürsten Hohenlohe 
ein Schreiben gerichtet, in dem er ihn 
bittet, seinen Austritt aus dem Kolonial 
rath zu genehmigen, da es ihm nicht mehr 
möglich sei, sich an Berathungen des 
Kolonialraths unter Vorsitz des Ministerial 
direkiors Kayfer zu betheiligen. 
Berlin, 5. Oktbr. Gestern Nachmittag 
hat im Zoologischen Garten anläßlich des 
Delegirtentages der nationalliberalen Partei 
ein Festmahl stattgefunden. Die Reihe 
der Toaste eröffnete Dr. Osann mit einem 
Trinkspruch, in welchem der Kaiser als 
der Träger des Einheitsgedankens gefeiert 
wurde. Dr. Krause brachte einen Toast 
auf den Großherzog von Baden aus, 
Oberbürgermeister Kügler-Worms trank 
auf das Wohl des Fürsten Bismarck. — Auf 
ein Huldigungstelegramm an den Kaiser 
lief heute Nachmittag eine Dankdepesche 
des Kaisers ein; auch der Großherzvg von 
Baden und Fürst Bismarck sandten auf 
die an sie gerichteten Ergebenheitstelegramme 
telegraphisch ihren Dank. 
Berlin, 5. Okt. Bei der Konfiskation 
der anarchistischen Wochenblätter „Sozialist" 
nnd „Armer Konrad" sind auch die Ge 
schäftsbücher des Verlegers beschlagnahmt 
worden. Als neues Agitationsmittel 
werden von anarchistischer Seite Bilder 
vertrieben, mit dem Titel „Ein Abend in 
der Gewerbeausstellung oder der Polizei- 
kommissar" in Nöthen. 
Loudon, 5 Oct. In der Nähe von 
Garftang wars der Wind einen der 
Pfosten um, die in regelmäßigen Abständen 
längs der Bahnlinie die Entfernungen an 
zeigen. Der Pfosten fiel auf das von 
dem Zuge des Kaisers von Rußland nicht 
benutzte Geleise. Er war schon vor dem 
Passieren des kaiserlichen Zuges bei Seile 
geschafft. 
Cherbourg, 5. Oct. Die Einfahrt des 
Geschwaders mit dem Zarenschiff „Polar- 
stern" in den hiesigen Hafen erfolgte soeben 
bei wolkenlosem Himmel. 
Cherbourg, 5. Oct. Zehn Minuten vor 
2 Uhr kündigten Kanenschüffe das Er- 
scheinen des Geschwaders an. Die Schüsse 
dauerten sort, bis das Geschwader vor dem 
Arsenalhasen erschien. Allen Schiffen voran 
fuhr der „Polarstern". Der „Standard" 
blieb vor dem Arsenalhafen liegen, ebenso 
die escortirenden Panzerschiffe. Auf dem 
Vorderdeckdes „Polarstern" waren Matrosen 
und Kadetten mit einer Musikkapelle auf 
gestellt. Der Kapitän und die Offiziere 
standen in Parade-Uniform auf der 
Kommandobrücke. Vor dem Eingang in 
die kaiserlichen Salons standen zwei Leib 
kosaken. Der „Polarstern" fuhr langsam 
ein; Fanfaren auf der äußersten Hafen- 
front begrüßten ihn. Ein kleiner Dampfer 
schlepper zog die Dacht zur Landungsstelle, 
welches Manöver eine halbe Stunde 
dauerte. Während dessen herrschte tiefes 
Schweigen. Die Dacht lief derartig auf 
der Landungsbrücke an, daß die Schiffs 
treppe zerbrochen wurde. Das Krachen 
des brechenden Holzes rief einige Auf 
regung hervor. Sofort wurde eine neue 
Treppe gezimmert, was wieder eine halbe 
Stunde beanspruchte. Während alle 
dem blieb der Zar unsichtbar. Der 
Präsident der Republik, der den Groß- 
kordon des Andreas < Ordens trug, begab 
ich nun aus die Dacht, gefolgt von dem 
Chef des Protokolldienstes, dem Minister 
des Aeußern, der Diplomaten - Uniform 
trug, dem Marineminister und zahlreichen 
Offizieren. Als der Präsident das Schiff 
betrat, erschien der Zar mit der Zarin im 
kaiserlichen Salon. 
Nach einer Meldung der Blätter ver 
haftete die Polizei einen österreichischen 
Unterthanen, in dessen Koffer ein Stemm- 
eisen, ein Revolver und Blausäure gesunden 
wurden. Der Mann wurde später wieder 
reigelaffen. — Ein Zollwächter fand auf 
einem Vorsprung eines Brückenpfeilers der 
Eisenbahn in der Nähe des Kriegshafens 
einen bombenähnlichen Gegenstand. 
Wie die Behörden erklären, enthielt er 
Pulverpatronen und war gänzlich unge 
fährlich. 
Wien, 5. Oct. Großes Aufsehen erregt 
in hiesigen Geschäftskreisen die V e r h a f - 
tung eines Chefs der Großhandlungs- 
firma Fratelli de Maje. Die Geschäfts 
räume sind behördlich gesperrt worden, 
weil die übrigen drei Chefs flüchtig ge 
worden sind. Die Firma, welche einen 
ausgedehnten Handel mit türkischen Artikeln 
unterhielt, soll stark verschuldet sein. 
Dux, 5. Oct. Auf fast allen Schächten 
des hiesigen Reviers haben die Ausständischen 
die Arbeit bedingungslos wieder ausge- 
nommen; in Brüx jedoch beharren die 
Arbeiter noch im Ausstande. 
Rotterdam, 4. Oltbr. Die Anarchisten 
Wallace und Haines mußten freigelassen 
werden, weil die Auslieferungsverträge 
das Verbrechen der Bomben - Erzeugung 
nicht vorsehen ! Wallace und Haines wer 
den via Hamburg nach Amerika zurück 
kehren. 
Buluwayo, 5. Oktbr. Gestern explo 
dirte hier das Pulvermagazin. E 
sind etwa 25 Personen getödtet, darunter 
5 Weiße, außerdem mehrere schwer ver 
letzt. Gewaltige Felsblöcke haben sich los 
gerissen, die Häuser sind stark erschüttert 
und die Straßen mit Trümmern bedeckt. 
Die Bevölkerung unterstützt die Verwun 
deten. Das Gefängniß und die Stadthalle 
sind zu Hospitälern benutzt. 
Musland. 
Auhereuropiiische Gebiete. 
New-Dork, 5. Okt. Bryan setzt seine 
Reise durch den Süden fort, wo er überall 
sehr lebhaft begrüßt wird, doch machen 
ich bei ihm Anzeichen von Erschöpfung 
bemerkbar. Jede der beiden sich gegenüber 
stehenden Parteien rechnet sicher auf den 
Erfolg. 
Frankreich. 
Paris, 5. Okt. In der ganzen innern 
Stadt war anläßlich der Zarenankunft 
gestern Nachmittag eine außerordentlich 
große Menschenmenge auf der Straße, 
besonders in den Champs Clysöes war 
ein Vorwärtsbewegen kaum möglich. — Auf 
Antrag des Syndikus der Wechselmakler 
hat der Finanzminister beschlossen, daß die 
Börse Dienstag geschloffen bleibt. 
Oefterretch-UngKra. 
Wien, 5. Okt. Die gestrige erste Auf 
sthrung von Smetana's komischer Oper 
Die verkaufte Braut" im Ho 
oper n-T h e a ter fand eine enthusiastische 
Aufnahme. Das Haus war von einem 
glänzenden Publikum dicht besetzt; in der 
Hofloge saß der Erzherzog Eugen, 
den Applaus des Publikums mischten sich 
die stürmischen „V>borià"-Rufc (Bravo) 
der in Massen erschienenen Czechen. Diese 
demonstrirten lärmend während des ganzen 
Abends, und nach dem populären Ducaten- 
Duett im zweiten Akt brausten minuten 
lange Beifallsstürme durch das Haus. 
Die Czechen konnten ihrer Begeisterung 
keinen Einhalt thun, und für den Sieg 
ihres Landsmanns entfesselten sie einen 
in den Räumen der Hofoper schon lange 
nicht erlebten Lärm. Das ganze Publikum 
wurde von diesem Enthusiasmus mitgerissen. 
Die Szene mußte wiederholt unterbrochen 
werden. Die Darstellung durch die Damen 
Mark und Abendroth nnd die Herren 
Schrötter und Hesch in 
war mustergiltig, die 
Szenirung glänzend. 
den Hauptrollen 
Ausstattung und 
Inland. 
Berlin, 5. Oct. Der jüngste Sohn 
des Kaiserpaares, Prinz Joachim, ist 
gestern erkrankt, so daß die Kaiserin 
ihre Reise nach Hubertusstock vorläufig 
ausgegeben hat. Der Prinz erwachte am 
gestrigen Sonntag > Morgen mit Hals 
schmerzen und Fieber, was die Kaiserin 
so beunruhigte, daß sie, obwohl der Sonder- 
zug schon bereit stand, von der Reise im 
letzten Augenblick Abstand nahm. Das 
Befinden des Prinzen hat sich indeß heute 
gebessert. Die Kaiserin beabsichtigt, sich 
morgen (Dienstag) noch nach Hubertusstock 
zu begeben, doch ist eine definitive Ent 
scheidung noch nicht getroffen worden 
— Beim Kaiser waren am Freitag 
der kommandirende General Finck von 
Finckenstein und Oberpräsident von 
Bismarck in Rominten als Gäste ge 
laden. Es verlautet nach der „Voss. 
Ztg.", daß die Börseng arten-Affäre 
zur Sprache gekommen sei; Landeshaupt 
mann vonBrandtwar gleichfalls geladen 
Gegen Zwangsinnungen hat sich 
Fürst Bismarck erklärt. Der „Hamb. 
Korr." erinnert daran, daß Fürst Bis 
marck im April vorigen Jahres bei dem 
Gratulativnsempfang der Innungen klipp 
und klar erklärt hat: Wir können Zwangs 
Innungen heut zu Tage nicht mehr 
in die Wirklichkeit bringen. 
— Wie zuverlässig verlautet, soll der 
preußische Landtag kurz nach dem 
Zusammentritt des Reichstages Mitte 
November einberufen werden. 
Berlin, 5. Octbr. Die Delegirtcn der 
nationalliberalen Partei traten 
gestern zur zweiten Sitzung zusammen. 
Ueber die Gesetzgebung im Interesse des 
gewerblichen Mittelstandes, insbesondere die 
Handwerks-Organisation und die Regelung 
des Lehrlingswesens, erstattete Geh. Hof 
rath Prof. Dr. Meyer > Heidelberg einen 
eingehenden Bericht und befürwortete die 
Resolution des Central - Vorstandes. An 
dieses Referat knüpfte sich eine lebhafte, 
dreistündige Debatte. Bei der Abstimmung 
wurden die Anträge, von der Zwangs- 
organisation einen Theil zu 
retten, a b g e l e h n t und die Resolu- 
tion des Centralvorftandes mit großer 
Mehrheit genehmigt..,- 
rws-KHüßu. .isnwixe r- 
Des IeyMitts Snßns. 
Roman von H i p p o l y t e M o II t a u b a n. 30 
Der Mann, welcher in Colibris Wagen saß, sprang 
zur Erde und öffnete das Thor. Langsam fuhr mm 
der Wagen eine düstere Allee entlang, bis vor das 
Wohnhaus, von dem man zwei Fenster beleuchtet sah. 
Die Bewohner des Hanse? hatten den Wagen offen 
bar erwartet, denn die Hausthür wurde sofort geöffnet 
-lud ein Manu mit einer Laterne erschien auf der Schwelle. 
Der Insasse des zweiten Wagens, in welchem loir 
den Grafen v. Sanzac wieder erkenne», ging sofort ans 
de,: Mann mit der Laterne zu. „Ich sehe, daß Sie uns 
erwartet haben." 
„Seit drei Tagen." 
„Wo ist die Pockennarbige? 
„Sie schließ t dcn Thurm ans, doch kann sie nur die 
obere Tbür offnen, das Gehennnw des OeffnenS der 
Unteren Thür haben Sie uns nicht 
„Weil ich es selbst nicht kenne. Hat Dem Weib alles 
gethan, wie ich es ihr befohlen?" 
„Ja wohl." 
„Dann ist der Käsig also bereit? 
„Ja, bis auf Raum und Licht wäre er gar nicht so 
"Inzwischen hatte Colibri sich zu Lork gesellt, beide 
harrten der Befehle des Grafen; dieser niawte emÄ 
chen und verbarg sich hinter einem Baumstamm, 
von dem jungen Mädchen nicht gesehen zu werden. . 
Der Wagenschlag wurde geöffnet und Aurora sa-rea 
aus der Betäubung empor, in ivelche sie versallen war; 
bei,,, Anblick der ihr vollständig fremden Männer stieg 
sie einen lauten Angstschrei aus. 
„Nun, Fräulein," sprach Lork mit rauher Stimme, 
„wir sind an Ort und Stelle, Da Sie vermutlich nickst 
dir Nacht im Wagen zubringen wollen, bitte ich. '»‘J; 
m folgen " Das arme Mädchen drückte sich ängstlich 
tu die äußerste Wagenecke. 
„Wir müssen Gewalt brauchen," murmelte Lork, zu 
Kolibri geivandt; er stieg in den Wagen und saßle den 
îîrm des Mädchens. 
was »volle» Sie von mir?" rief „Geh' zil Deinem Kameraden, draußen an, Ei'en 
list er." sprach der G a> zu Lork, „ich liabe now mit 
Cocasse zu reden, folge Dir aber in zehn Minuten." 
Lork that. wie ihm geheißen, während ' Cocasse und 
sein Wem dir Befehle des Grase» cntgegcmiamneil. 
Sic sollen da? nur e Mädchen kehr rücksichtsvoll 
bchmdeln; das Weib sib als ihre Dienerin ansehen, 
nnd liebevolle Fürsorge für ihre junge Herrin an den 
„Lassen Sie mich; 
Aurora. 
Komm mir her, mein Täubchen!" und ohne weitere 
Ui'istäilde faßte Lork das Mädebeii um die Mitte und 
schleppte es ans dein Wagen heraus. 
Ans ein abermaliges Zeichen des Grasen steckte man 
ihr nun gewaltsam einen Knebel in den Mn d, u»i sie 
am Schreien zu verhindern und trug sie in das Hans. 
Aurora regte sich nicht mehr, das Haupt ivar zurückgc- 
sunke», sie >var ohnmächtig. 
Der Mann mit der Öaiente, Cocasse, schritt voran. 
Durch mehrere Zimmer schreitend, gelangten sie end 
lich in einen mittelgroßen Raum, tvelcher, seit Jahren 
unbewohnt, zugleich als Wohn- und Arbeitszimmer 
gedient haben mochte. 
Ans dem Kaminsimms stand eine kunstvoll gearbei 
tete antike Brouce-Uhr. Alle Zeitungen nnd Bücher 
lagen umher; die Damastmöbel waren verblaßt; durch 
eine schmal- Oeffnung gelangte man von diese»! Ge 
mach in einen erke, artigen, finsteren Nauni, in welchem 
ein Bett und ein Stuhl stand und der nur durch das 
andere Gemach erhellt wurde. 
Die würdige Gattin des Cocasse befand sich in die 
sem Gelasse; bei dem Geräusch der herannahenden 
Schritte wandte sie sich hastig um. „Ist six tot?" 
forschte sie, ans das blaffe Antlitz Auroras weisend. 
„Ich iveiß nicht, so viel aber steht fest, daß sie sich 
nicht rührt." entgegnete Lork. * ' 1 * 
„Legt sie auf's Bett." 
Lork beeilte sich, dem Geheiße Folge zu leisten 
Das Weib trat nun ganz nahe derbe, und stieß ei- 
nen Ras der Ueberraschnng aus: „Wie hübsch sie ist " 
„Das geht Dich nichts an." brummte Cvcaffe. 
„Starre sie nicht so an, Hits lieber, sic wieder zum Be 
wußtsein zu erwecken.« Nach einigen Minuten schien 
denn auch thatsächlich wieder Leben in den j«»aen Kör 
per z» kommen; sie begann sich zu regen. 
„So, jetzt lassen wir sie allein: rasch, kommt'" 
Sie ließen das Licht in dem Gemach, schlossen sorg 
fältig die Geheimthür und gingen in die ebenerdigen 
Näuinlichkeite», wo der Graf ihrer bereits harrte. 
««rawKSBs iKsuvzammuim 
Tag leg-'a. 
Nachdem der Gra 
dem Weib ein 
ras einsame 
Goldstück in die 
Hans und suchte 
Hans g-'drückt, verließ er 
seine Mitschuldigen ans. 
„Wir haben hier nichts mehr zu suchen, laßt uns 
nach Paris zurückzukehren. Du,.Colibri,.sollst mich şah- 
rcn; was aber saugen wir mit dem anderen Wage» au?" 
„Lork könnte ihn morgen samt den Pferden ver- 
kaiisen, und den Erlös einstecken." 
„Um gewisi der Polizei in die Hände zu laufen. 
Einfaltspinsel. Nein, Lork, auch Du mußt nach Paris 
zurückkehren, und dort in einer von hier recht entgegen 
gesetzte» Richtung, Wagen und Pferde sich selbst über 
lassen ; zu allem lleberflusse kann mau noch im Wagen 
kitten Zettel mit dem Namen der Eigentümerin liegen 
lassen." Aurora war in einem der beiden Seiteutürme 
eingesperrt worden, ivelche dem Han je einen sestungs- 
artigen Anstrich verliehen; der eine dieser Türme, je 
ner, in welchem Aurora sich befand, hieß der Falken- 
turm, der andere ivurde der Damenturm genannt. 
Einige Minuten, nachdem Aurora uub das Ehe 
paar Cocasse das Gemach verlassen hatten, schlug Au 
rora die Augen auf. Entsetzt um sich blickend, richtete 
sie sich empor. 
„Wo bin ick? O, mein Gatt, wo bin ich?" klagte sie. 
Der düstere Raum übte einen nuheiinliche» Ein 
druck ans sie ans. Sie sprang von ihrem Lager, sie ta 
stete an der Wand umher, doch der schmale Eingang 
in das Nebengeiiiach war von den Unholden so geschickt 
geschlossen worden, daß auch nicht der leiseste Finger 
zeig daraus hinwies, man könne da hinatts. 
Aurora begriff, daß sie eingesperrt sei; aber wes 
halb ? von wem ? zu welchem Zweck? Sie gedachle ih- 
Die heutige Sitzung begann bereits um 
9 Uhr Vormittags. Reichstags- und Land 
tagsabgeordneter Dr. Friedberg-Halle a. S. 
erstattete einen eingehenden Bericht über 
das Thema: „Abwehr rückschrittlicher Be 
strebungen auf dem Gebiete von Kirche 
und Schule." Der Referent befürwortete 
den Resolutionsantrag desCentralvorstandes, 
der nach längerer Debatte angenommen 
wurde. 
Ueber die Währungsfrage referirte 
Geh. Con'merzienrath Dr. v. Oechelhäuser- 
Dessau. Der Parteitag stimmte dem Re 
solutionsantrag des Centralvorstandes zu: 
Die uationalliberale Partei tritt ein für 
die Aufrechterhaltung der be- 
währten Reichsgoldwährung." 
Zuletzt wurde die vom Vorstande vor 
geschlagene Resolution angenommen. - 
Dieselbe lautet folgendermaßen: 
Der nationalliberale Delegirtentag 
hält es unter den gegenwärtigen politi- 
schen Verhältnissen für besonders noth 
wendig, die alten Grundsätze zu betonen 
Das Vaterland über der Partei; das 
allgemeine Wohl über allen Sonder 
interessen; Unabhängigkeit nach rechts 
und links wie gegenüber der Regierung; 
volle Wahrung der konstitutionellen 
Rechte; Bekämpfung jedes Rückschritts 
und beharrliches Streben nach stetiger 
Fortentwickelung aller Einrichtungen des 
öffentlichen Lebens; entschlossene Ver 
tretung alles dessen, was die Macht und 
Sicherheit des Reiches und der Schutz 
des Deutschthums gegen Uebergriffe und 
Anmaßungen, sei es von welcher Seite 
immer, fordert; kräftiges Eintreten für 
alle berechtigten Wünsche und Beschwerden 
des Volkes. 
Die nationalliberale Partei bewahrt 
auf wirthschaftlichem Gebiete ihren 
Charakter als Mittelpartei und muß 
daher Forderungen zurückweisen, welche 
in einseitiger Berücksichtigung der Inter 
essen eines Berufsstandes andere für den 
Staat gleich wichtige Berufsstände em 
pfindlich zu schädigen oder die Grund 
lagen unserer Volkswirthschaft umzu 
stoßen geeignet sind. Derartigen Bestre 
bungen entgegenzutreten, erachtet die 
nationalliberale Partei für ihre Pflicht, 
aber ebenso für die Pflicht jeder das 
Staatswohl allein zur Norm nehmenden 
Regierung. 
Es waren etwa 500 Delegirte aus 181 
Reichstagswahlbezirken anwesend. 
An den nationalliberalen Partei- 
res Vaters, ihrer Mutter, ihrer Erzieherin, auch des 
Baron v. Be won. Sie iah sich im Geiste für iinm.-r ge 
trennt veil jenen, ivelche ihrem Herze» teuer lva en 
mid in ihrer Verzweiflung schien ihr der Tod weit er* 
wümchter, als hier lebendig begraben zu verschmachten. 
Schluchzend sank sie ans den einzigen Stuhl, weiden 
ihr Gefängnis enthielt. Sie klagte, sie weinte, sie betete, 
sie rief „ach ihrem Vater. 
So mochten zehn Minuten etwa vergangen sein, da 
vernahm sie leiies Geräusch, gewahrte sie, wie plötzlich 
die vermeintliche Mauer auseinauderivich. sah sie° die 
Gestalt einer Frau wie aus dem Baden gewachsen vor 
sich erstehen. „Ein Weib," murmelte sie. 
Es war Frau Cocasse, ivelche ihr Spei'-e brachte. 
Diese bestand in einer Tasse Bouillon und einem Stück 
Fleisch. Regungslos, mit gekreuzten Armen musterte 
Aurora die Fremde. Sie möchte fünfzig Jahre zählen, 
war klein und von geradezu abschreckender Magerkeit; 
ihr Antlitz war von Blatternarben entstellt, die'Augen 
waren gtanzlvs, der Mund wies nur einzelne große 
Zähne auf. 
Trotz dieser abschreckenden Häßlichkeit des Weibes, 
empfand Aurora keine Furcht. „Liebe Frau, sageit Sie 
mir, von wem wurde ich hierhergebracht?" forschte sie. , 
„Bon einer Person, deren Namen ich Ihne» nicht 
nennen dars." 
„Wie weit sind ivir von Paris?" 
„Ettoa vier Meilen." 
Weshalb hat man mich denn hierhergebracht." 
„Wie ich vermute, will man Ihren Vater zwingen, 
za einer Verbindung sein Jawort zu geben, welche, 
derselbe abhold ist." 
„Aurora horchte gespannt auf und das Weid be 
merkte es. 
„Ihr Geliebter hat einen vertrauten Freund, der 
auch ^hnen wohl will; dieser nun hat es sich in den ' 
Kops gefitzt, Ihre» Vater zu zwingen, daß er seine Ein« ' 
will,gang zu Ihr» ehelichen Verbindung gebe. Des-, 
halb allein sind Sie hier. Sie sehen also wohl, daß Sie 
nichts zu befürchten haben, und es sich einzig und allein i 
u»> Ihr Glück handelt.« 37.16* \
	        
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