Full text: Newspaper volume (1896, Bd. 2)

Grfcheint tägLich. 
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Vierteljährlich 2 A-—, frei ins Haus gàjert 
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für Sluswärlige, durch die Post bezogen 
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incl. Postprovision JC-, jedoch ohne Bestellgeld. 
Jnserti-nsprcis: pro Petitzeile 15 
W0. 221. 
Aeltestes und gelesenstes KLatt im Kreise Rendsburg. 
Anzeigen für die Tagesnummer werden bis 12 Uhr Mittags erbeten. 
89 stet Jahrgang. 
Wontcrg, den 21. September 
Bet Betriebsstörungen 
irgend welcher Art ist die regelmäßige Lieferung 
dieses Blattes vorbehalten. 
Ms Beilagen 
werden dem Blatt „Der Landwirth" sowie das 
B-att „Mode und Heim" gratis beigegeben. 
3000 Abonnenten. 
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Adomlcmcnts-kiiilliSunj,. 
Zum bevorstehenden Quartal erlauben wir uns zum 
Abonnement auf das 
Mkllilsbsrgkr WMblck 
ganz ergebenst einzuladen. — Nach wie vor werden wir bestrebt 
sein, unsere Leser 
-<- schnellmöglichst •>- 
über alle Vorkommnisse in Nah und Fern zu unterrichten und 
stehen uns zur Erreichung dieses Zieles treue und bewährte 
Mitarbeiter zur Seite, wie wir auch unseren 
= telegraphischen Werlieör = 
in Kürze noch erweitern werden. 
Neben dem „Rendsburger Wochenblatt" erhalten die 
Abonnenten die bisherigen Beiblätter: 
„Der Landwirth", „Mode und Heim", 
„Gewerbliche re. Mittheilungen" 
ganz umsonst, so daß wir 4 Blätter für den bisherigen 
billigen Abonnemeutspreis von 2 Jlk. (excl. Postauf- 
schlag und Bestellungsgebühr) liefern. 
VE" Ganz besonders machen wir darauf aufmerksam, 
daß wir fortan außerdem noch eine periodisch erscheinende 
Nnterhaltungs-Seilage 
bieten, welche die beste und gewählteste Lektüre enthält. 
In dersekbell werden größere Romane ersten Ranges 
demnächst znm Abdruck gelangen, und zwar zunächst: 
Die Madonna von Siedenstein 
^ von Ed. Klopfer. 
Ter Roman hat ein wohlberechtigtes Aufsehen erregt und ist 
Werken ersten Ranges an die Seite zu stellen. — Außerdem werden 
diese Beilagen sonst vorzüglich gewähltes Material in 
reicher Fülle bieten. 
Mniitiimiljiiitp unit Alismtk 
aller Art finden nach wie vor im Kreise Rendsburg und nach 
allen Richtungen weit darüber hinaus im „Rendsburger 
Wochenblatt" die weiteste Verbreitung. 
Das Wendsöurger Wochenblatt 
erfreut sich seit 80 Jahren der stetigen Gunst der geehrten 
Abonnenten und giebt es gegenüber der Vielseitigkeit des 
Gebotenen weit und breit kaum Tageblätter, welche 
billiger im Preise sich stellen. 
Hochachtungsvoll 
Die Redaction uitb Expedition des 
Rendsburger Wochenblattes. 
In einem 
Morgen-Depeschen. 
Budapest, 20. Septbr. 
Gasthause einer Vorstadt geriethen einige 
Personen beim Hazardspiel in Streit, 
wobei der Kohlenhändler Kupka den Gold- 
arbeiter Baros erschoß. Kupka wurde 
verhaftet. 
Koustalitinopel, 20. Septb. Viele hoch 
gestellte Persönlichkeiten sind infolge Ent 
deckung einer Verschwörung gegen das 
Leben des Sultans verhaftet worden. — 
Das deutsche Generalkonsulat erhielt in 
einem Drohbrief die Ankündigung, daß 
das Gebäude mit Dynamit in die Luft 
gesprengt werde. 
Koustantinopel, 20. Septbr. Es ist hier 
Alles ruhig. Starke Polizei- und Militär- 
Patrouillen durchziehen Tag und Nacht die 
Straßen. Aus Furcht vor neuen signalisirten 
Attentaten gegen den Sultan herrscht im 
Mldizkiosk eine gedrückte Stimmung und 
große Aufregung. 
Konstantinopel, 20. Sept. Von informirter 
Seite wird die Nachricht, der Großhändler 
Allatini in Salonichi habe weitere Proviant 
lieferungen für dos türkische Heer eilige, 
stellt, als falsch bezeichnet. 
Mrrsland. 
Außereuropäische Gebiete. 
Der deutsch-böhmische Advocat Nowak 
in Cleveland, Ohio, verheirathete sich 
1880 mit einer deutschen Dame, Agnes 
Keller mit Namen. Acht Jahre später 
ließ er sich von seiner Frau scheiden und 
ging eine neue Ehe mit einer jungen Dame 
von St. Louis ein. Vier Jahre lang 
dauerte diese zweite Ehe, dann bekam 
Nowak Sehnsucht nach seiner ersten Frau. 
Das Ende vom Liede war, daß er sich 
scheiden ließ und wenige Tage später seine 
erste Frau wieder heirathete. Die zweite 
Frau erhielt eine große Summe für ihre 
Einwilligung in die Scheidung und begab 
sich wieder nach St. Louis zurück. Die 
dritte Ehe Nowak's dauerte etwa 18 Mo 
nate, dann ließ sich der heirathslustige 
Mann Plötzlich wieder von seiner ersten 
und dritten Frau scheiden, um seine zweite 
Frau noch einmal heirathen zu können. 
Wie oft Nowak diesen anmuthigen Frauen 
wechsel noch wiederholen wird, ist vorläufig 
noch gar nicht abzusehen. 
Der New-Aorker „Herald" empfing einen 
Brief, welcher „G. Count von Blücher" 
unterzeichnet war. Der Schreiber gab an, 
daß er mehrere Jahre in der Bundes- 
Armee gedient habe, dann als Polizist an 
gestellt worden sei und bis zum Mai 
d. I., als er von einem Chinesen gelegent 
lich einer Rauferei verletzt ward, diese 
Stelle bekleidet habe. Ohne Arbeit und 
mittellos, sei er zu dem Entschluß ge 
kommen, sich das Leben zu nehmen, und 
ersuche die Redaktion, von seinem Tode in 
der amerikanischen wie in der europäischen 
Ausgabe Notiz zu nehmen. Graf Blücher 
ist vor 5 Jahren von Deutschland nach 
Newyork gekommen und verheirathete sich 
dort zum zweiten Male mit einer Amerika- 
nerin. In England leben noch zwei seiner 
ersten Ehe entsprossene Töchter in glänzen 
den Verhältnissen. 
Bulgarien. 
Sofia, 17. Sept. Die Einwanderung 
derArm enter nimmt große Dimensionen 
an; bisher sind fast dreitausend Personen 
angekommen. Die Behörden zeigen viel 
Entgegenkommen und die Bevölkerung 
bildet Hilfskomitees. Der Haupttheil der 
Eingewanderten befindet sich in den See 
städten und in Philipoppel. Hier ein 
getroffene Armenier berichten, sie wollten 
einem neuen, am 14./28. September, einem 
armenischen Feiertage, erwarteten Attentate 
und Massacre entgehen. 
Spanien. 
Die Zuschauer, die letzthin in Madrid 
versammelt waren, um dem Stierkamps 
beizuwohnen, waren nicht wenig überrascht, 
als der Matador Rogriguez und der 
Picador Badila in die Arena radelten. 
Dergleichen hatte man noch nie gesehen. 
Anfangs glaubte man an einen Scherz, 
aber der Stier wurde eingelassen. Rodriguez 
trat unter ungeheuerer Heiterkeit der Zu- 
schauer schleunigst den Rückzug an. Badila 
dagegen fuhr unerschrocken auf den Stier 
los, konnte ihm aber keinen Stich bei 
bringen. Das Thier nahm den Scherz 
übel und schleuderte mit einem Stoß seiner 
Hörner Rad und Radler in die Luft. 
Badila war schnell wieder auf den Beinen 
und hatte den Stier bald niedergestreckt; 
das Rad aber war zerbrochen. 
Italien. 
In Rom wird jetzt ein Skandal- 
Prozeß verhandelt, in dem Luigi 
C r i s p i, der ungerathene Sohn des 
früheren Ministerpräsidenten, eine Rolle 
spielt. Da der junge Herr beoenkliche 
Streiche verübt hatte, die ihn schließlich 
noch in's Gefängniß gebracht hätten, war 
er, bevor es zum Aeußersten kam, von 
seinem Vater nach Südamerika geschickt 
worden. Hier scheint er aber seinen üblen 
Gewohnheiten treu geblieben zu sein. In 
Rio de Janeiro war Luigi Crispi seit 
3 Monaten Gast im Hause eines Italieners, 
der ihm Lebensunterhalt, Wohnung und 
Kleidung verschaffte, denn die 300 Lire 
monatlich, die das Haus Fiorita ihm im 
Aufträge des Vaters anszahlte, verjubelte 
er und machte dann Schulden. Dieser 
Tage ist er nun durchgebrannt und hat 
das Weib des Italieners, der ihn be 
wirthete, mitgenommen; die pflichtvergessene 
Frau ist Mutter von zwei Kindern. Der 
junge Mann hat bei allen die größte Ent. 
rüstung hervorgerufen, um so mehr, als 
er, wie man hört, einige Tage später seine 
Geliebte in irgend einem weltverlaffenen 
Orte feige sitzen ließ; wo er sich jetzt auf- 
hält, weiß man nicht. 
Oefterreich-Uugarn. 
Heute fand vor dem Schwurgericht in 
Wels in Oberösterreich die Schlußver 
handlung über ein Verbrechen statt, welches 
im Juli die Sommergäste und Touristen 
im ganzen Salzkammergut in große Auf 
regung versetzte. In einem Gasthaus in 
Gmunden war, wie erinnerlich, ein alter 
Stammgast aus Wien Namens Ostersetzer 
erwürgt und beraubt aufgefunden worden. 
Der Verdacht fiel gleich auf einen Handlungs 
reisenden aus München Namens Fingerhut, 
der an demselben Tage aus dem Hotel 
verschwunden war. Er wurde später in 
Wien verhaftet und gestand die That sofort 
ein. Der Angeklagte wurde zum Tode 
durch den Strang verurtheilt. Er er 
klärte, kein Rechtsmittel dagegen ergreifen 
zu wollen. 
Eine inte ress ante Affaire, die in 
Wien und Klosterneuburg lebhaft be 
sprochen wird, ist gegenwärtig in ein ent 
scheidendes Stadium gelangt. Ein an- 
gesehener und reicher Großfuhrmann in 
Klosterneuburg verfügte über 5 Töchter, 
die er nebst einer entsprechenden Mitgift 
an den Mann brachte. Alle wurden an an 
gesehene Wiener Bürger verheirathet. Als 
die älteste Tochter von ihrem Manne ge 
schieden wurde, ging man darüber hinweg, 
denn solche Angelegenheiten kommen in 
den besten Familien vor. Als auch die 
zweite Tochter das Schicksal ihrer Schwester 
theilte, hielt man das für einen außer 
ordentlichen Zufall. Aber auch die dritte 
Tochter wurde von ihrem Gatten geschieden, 
und nun schlug man die Hände über dem 
Kopf zusammen. Was wurde aber erst 
gesprochen, als auch die Ehescheidung der 
22. 
Des Jehltritts Sühne. 
Roman von Hippolyte Montauban. 18 
All dies fiel der Erzieherin auf, sie gestattete sich 
über keinerlei indiskrete Fragen; was lag ihr im Grunde 
genommen auch daran? War sie in dieser stillen Häus 
lichkeit nicht so glücklich, als sie überhaupt im Sehen 
es hoffen durfte zu werden? Ihr war der Gedanke 
Peinlich, daß, ioenn Auroras Erziehung vollendet und 
man ihrer nicht weiter bedürfe, man sie entlassen werde. 
Trennte r»an sie von dein Mädchen, so hieß dies ihr 
einziges Glück zerstören. 
Nur selten kamen Briese des Grafen unter dem 
Namen, welchen er in der Neuzeit angenommen hatte: 
Richard von Delorme. 
Ter Graf hatte nur ein einziges Mal an seine Toch 
er geschrieben, doch so oft Fra» v. Delorme dem Grafen 
Ichņeb, fügte mich Aurora ein Blättchen bei; ihr Vater 
war inlthin in der Lage, sich selbst von den Fortschritten 
»u überzeugen, weiche die Erzieherin bei seiner Tochter 
erreicht Hütte. Der Graf ivar außer sich vor Freude. 
, *- l °p deS großen Vertrauens. ivelches Frau v Dc- 
x /ļ" e ş'ir die Erzieherin an den Tag legte, ließ sie ihr 
r)? einen der Briefe lesen, welche ihr vorgeb. 
Ucher Gatte ihr schrieb. Aurora aber, die keinerlei Ge- 
velmms vox ihrer geliebten Erzieherin hatte, beeilte 
den Brief, welchen ihr Vater ihr geschrieben, Frau 
,'ŗmid zu zeigen. Die Schrift ivar flüchtig, die Worte 
n«. t b ! e reinste Zärtlichkeit und beim Anblick dieser 
JL^ar eilig hingeworfenen Züge erfaßte seltsame Be- 
"g ^ie Erzieherin: doch als sie den Brief bis zu 
lorm 9 ^ eîen ' sie die Unterschrift sab: Richard Dc- 
die bi ’ ,* ■ umspielte ein mattes Lächeln ihre Lippen und 
„. sch eine flüchtige Erinnerung hervorgebrachte Er- 
die fi'Ü , ail§ ihrem Antlitz. Gab es doch Menschen, 
L9 ähnlich sahen, weshalb nicht auch Schriften? 
U v î°^ r ' nachdem der Gras Paris verlassen, küii- 
kebr nw" Seinen seine demnächst bevorstehende Rück- 
wein»,x , »rora war außer sich vor Freude, lachend und 
liebe, » ^ŗang sie im Zu,inter umber, umarmte die Er- 
* > ui und Frau von Delorme, itfib konnte gar nicht 
hinreichene Worte finden, um ihr Entzücken knndznthun. 
„Er wird mich gar nicht wieder erkennen," rief sie, 
ihre Erscheinung im Spiegel musternd. 
Frau v. Delorme sprach von der Rückkehr des Ge 
mahls mit jener Zärtlichkeit, ivelche nian einer lieben 
den Gattin zutrauen niußte, sie feinen die Stunden zu 
zählen, bis sie ihn wiedersehen würde. 
Die Erzieherin war ernst und traurig. Gern hätte 
sie die Freude ihres Zöglings geteilt, aber sie fühlte sich 
dessen unfähig; es war, als ob eine böse Vorahiinng 
auf ihr laste, und ängstlich fragte sie sich, ivelche Ver 
änderungen die Rückkehr des Hausherrn denn im Ge 
folge haben könnte. 
Eines Abends, als sie eben alle im Salon vereint 
waren, ertönte die Hausglocke. 
„Er ist's!" ries Frau v. Delorme, sich hastig erhe 
bend. 
„Mein lieber, guter Vater!" rief Aurora. 
Die Erzieherin war sehr bleich geworden, ihr Herz 
pochte mächtig, ohne daß sie eigentlich so recht geivußt 
hätte, weshalb. Man vernahm Schritte, ungeduldig 
stürzte Aurora aus dem Zimmer. 
Die Erzieherin erhob sich. „Gnädige Frau, gestatten 
Sie, daß ich mich zurückziehe," sprach sie init leicht be 
bender Stimme. 
„Wie, Sie wollen Herrnv.Delorme nicht begrüßen? 
„Entschuldigen Sie, ich bi» ermüdet, und nach ein 
jähriger Abwesenheit hat Ihr Gemahl Ihnen zweifels 
ohne viel zu sagen; ich will nicht stören!" 
„Aber Herr v. Delorme wird sicherlich gerne über 
Aurora mit Ihnen sprechen!" 
„Run, dann bitte ich. mir davon Mitteilung zu 
machen; ich lege mich nicht zu Bett; ein kurzes Äns- 
rnhen ivird genügn, um mich wieder zu stärken." 
Nach diesen Worten verließ die Erzieherin hastig 
den Salon, als befürchte sie es, mit deni Herrn des 
Hauses znsamuienznkomnien. 
Aurora war inzwischen dem Vater entgegengeeilt, 
welcher die anmutige Erscheinung des Mädchens sprach 
los vor Ueberraschuilg anstarrte. 
Obschoil »r durch Frau v. Delormes Briefe vorbe 
reitet ivar, hatte er sich ans eine solche Wandlung doch 
nicht gefaßt gemacht. 
„Erkennst Du mich denn nicht, Papa?" fragte das 
Mädchen mit ihrer süßen, melodischen Stimine. 
„Mein liebes, einziges Kind!" und der Gras, un 
fähig. seine Bewegung länger zu bemeistern. schluchzte 
laut, während er Aurora in leine Arme schloß. 
Inzwischen war auch Frau v. Delorme in denKor- 
ridor getreten, der Graf eilte ihr entgegen und küßte sie 
ans beide Wangen, während er leise, nur ihr verständlich, 
flüsterte: 
„Herzlichen Dank." 
„Du mußt ermüdet sei», mein Freund, wir werden 
Dich in Dein Ziniincr geleiten," sprach Fraud.Delorme. 
«Ich bin es gar nicht, und könnte die ganze Stacht 
ohne Schlaf zubringen; die wahre Ruhe liegt für mich 
heute mir indem Bewußtsein, in Eurer Nähe zu weilen, 
Aurora zu sehen, sie zu umarmen, niit ihr plaudern zu 
können." 
„Dann laß uns in den Salon treten!" 
„Man folgte ihrem Geheiß und es entipann sich ein 
lebhaftes Gespräch, während dessen der Gras sich ganz 
und ungeteilt der Freude hingab über die unglaubliche 
Veränderung in dem Wesen Auroras. 
Unwillkürlich beschäfligten sich die Gedanken des 
Grafen mit der Frau, welche dieses Wunder erzielt hatte, 
und die er noch nicht kannte. Wie ihr seine Dankbarkeit 
beweisen? 
»Wo ist denn Frau Durand?" fragte er plötzlich. 
„Sie fühlte sich nicht ganz ivohl und hat sich gerade 
vor Deiner Anknnlt ans ihr Zimmer zurückgezogen." 
„Ah, sie fürchtete vielleicht indiskret zu sein, und 
doch gehört sie zur Familie." 
„Sie sagte mir, daß sie sich nicht zu Bett begeben 
werde und man sie rufen solle, wenn Du sie zi, sprechen 
wünschest." 
„Ich hole sie," rief Aurora aufspringend. 
Der Graf rief sie zurück. „Nein. Kind, störe Deine 
Erzieherin nicht, sie ist ermüdet, sie bedarf der Ruhe, 
ich iverde sie morgen sehen." 
Herr von Lasso» war zu uiigeduldig, FrauDnrand 
kennen zu lerne», als daß er damit bis zum nächsten 
Tage hätte ivarlen wollen, doch er entsann sich, daß Vas, 
was er ihr zu sagen habe, besser nicht in Auroras Gr- 
gentvart gesprochen iveede und so erhob er sich denn. 
„Ich ivciß, daß Du gewohnt bist, gegen zehn Uhr 
zu Bett zu gehen, mein Kind," sprach er zu Aurora, 
„heute ist es schon viel später. Du bedarfst der Ruhe." 
Frau v. Delorme läutete und dasKammermädchen 
trat ein. Noch einmal uniarmte Aurora ihren Vater. 
„Gute Nacht, Papa; gute Nacht, Mama." dann folgte 
sie der mit dem Lichte voranschreiienden Zofe. 
„Sie zahlen mir tausendfach das zurück, was ich 
für Sie habe thun können." sprach der Graf, als er sich 
mit Frau V.^Delonne allein sah; aus Freundschaft für 
mich haben Sie eine schwierige Mission! übernommen, 
Sie führe» dieselbe in der würdigsten Weise durch." 
„Ich habe mein Möglichstes getpan." 
„Und größere Resultate erzielt, als ich zu hoffen 
wagte; Sie müssen mir viel zu erzählen haben!" 
„Werden Sie hier wohnen?" 
„Nein, noch ivill ich nicht unter demselben Dache 
wohnen mit meiner Tochter mid mir ausnahmsweise 
bleibe ich heute Nacht hier im Hause. Morgen fucheich 
Francesca auf, Kleine stmnme Dienerin, welche die 
Wohnung inile hat, die ich unter dcm Namen Peter Bois 
gemietet habe. Häufig aber werde ich Sie und meine 
Tochter besuchen. Sie sagten mir vorhin, Frau Durand 
erwarte, daß ich sie rufen lasse; ich will nicht bis mor 
gen warten, uni ihr meinen Dank anszusprechen für 
alles Liebe und Gute, welche auch sie Aurora zuteil 
werden ließ. Wolle» Sie ihr gefälligst mitteilen, daß 
ich sie erwarte. Dan» begeben auch Sie sich zur Ruhe." 
Frau v. Delorme verneigte sich lief vor deni Grafen 
Und verließ das Gemach. 
Regungslos in Gedanken versunken stand derGraf; 
dann ging er langsam im Gemache auf und nieder. 
Er vernahm leichte Schritte und zugleich das Rau 
schen eines Franengcwnndes, leise ging die Thür auf 
und, einen Leuchter in Händen halteiid, stand die Er 
zieherin aus der Schlvelle. 37,16*
	        
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