Full text: Newspaper volume (1896, Bd. 2)

sie ein vom Staat besoldetes Bureau neben 
übereinander 
dung wurde trotzdem beendet. Am 
Hebungsarbeiten 
Seltenes, und des 
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hätten, obwohl sie als Entgelt für ihre 
Mühewaltung kaum so viel erhalten, wie 
die verbrauchten Stiefelsohlen, Tinte, Papier 
und Porto ausmachen. Nun wird aber 
von einem Stücklein berichtet, das denn 
doch alle Erwartungen übersteigt 
Bekanntlich giebt es zu Lustbarkeits 
genehmigungen zwei Stempeldruckbogen, 
den einen zum Satze von 1,50 Mk., den 
andern zum ermäßigten Satze von 50 Pf. 
Dieser letztere soll nur ausnahmsweise, 
und zwar bei Gelegenheiten benutzt werden, 
wo von vornherein feststeht, daß nur eine 
beschränkte Zahl von Personen der ärmeren 
Volksklassen an der Lustbarkeit theilnehmen 
wird. Jetzt werden nun die Amtsvorsteher 
vom Kgl. Stempelsteueramt, Abtheilung 5, 
aufgefordert, ein Verzeichniß der seit 
1. April d. I. ertheilten Lustbarkeitsge- 
nehmigungen einzureichen und darin an 
zugeben: die Namen der die Genehmigung 
nachsuchenden, das Datum der Genehmigung, 
die Art der Lustbarkeit und die Umstände, 
die zur Anwendung des ermäßigten Satzes 
geführt haben. Das ist denn doch eine 
starke Zumuthung, ganz besonders, wenn 
sie, wie der D. T. mitgetheilt wird, auch 
an einen Amtsvorsteher gestellt wird, der 
im Kreisausschusse seiner Zeit sehr energisch 
dafür eingetreten ist, daß der höhere 
Stempelsatz stets bei öffentlichenTanz- 
gelegenheiten, der niedere aber nur 
bei Harmonikaspielen, Leierkastenmännern 
und dergleichen angewendet werde. Wir 
sind überzeugt, daß die vorgesetzte Behörde 
des Königlichen Stempelsteueramts mit 
dieser Zumuthung an die vielgeplagten 
Amtsvorsteher nicht einverstanden sein wird. 
Nur dann würde die Zumuthung eine 
scheinbare Berechtigung haben, wenn 
die Befürchtung nahe läge, daß die Amts 
vorsteher von dem niedrigeren Satze auch 
in dem Falle Gebrauch machen, wenn 
eine besondere Veranlassung nicht vorliegt. 
Wenn aber, wie in dem einen uns mitge 
theilten Falle, eher das Gegentheil anzu 
nehmen ist, so scheint eine solche Be 
lästigung durchaus ungerechtfertigt. Da 
die Ausfertigung der Liste von einem 
Amtsvorsteher abgelehnt worden ist, wird 
voraussichtlich die Sache weiter erörtert 
werden. Wir möchten aber die Gelegen 
heit benutzen, um noch einmal darauf 
hinzuweisen, daß die Amtsvorsteher oft 
von Behörden in einer Weise beschwert 
und mit Arbeit überhäuft werden, die 
ihnen die Freude an dem Amte nehmen 
muß. Möchten die Behörden sich immer 
vor Augen halten, daß der Amtsvorsteher 
kein besoldetes Bureau hat, sondern 
alles entweder selbst arbeiten oder auf 
seine Kosten anfertigen lassen muß! 
Berlin, 16. Sept. Ein einziges hiesiges 
Localblatt enthält in seiner heutigen Aus 
gabe Anzeigen von 24 Zwangsver- 
st eigerungen. Auch ein Zeichen der Zeit! 
Um acht Preßkohlen handelte es sich 
in einer Anklage wegen schweren Dieb- 
stahls, welche am Sonnabend vor der 
dritten Ferienstraskammer des Landgerichts 
Berlin gegen einen wohlhabenden Mann, 
den Bierverleger Aug. Neumann, verhan- 
delt wurde. Als die in demselben Hause 
wie der Angeklagte wohnende Tochter des 
Milchhändlers Lange an einem Nachmittage 
im Mai d. I. ihren Kellerraum betreten 
wollte, entdeckte sie, daß die Thür offen 
stand. Die Krampe war gewaltsam gelöst 
worden. Als die Lange in den Keller 
hineintrat, erblickte sie dort den Ange- 
klagten, welcher vor Schreck kein Wort zu 
äußern vermochte. Seinen Händen entsank 
die Schürze, die er an den Zipfeln zu 
sammenhielt und acht Stück Preßkohlen 
polterten aus den Fußboden. Der Schrecken 
des Angeklagten war um so erklärlicher, 
da er in seiner Jugend bereits zweimal 
wegen Diebstahls vorbestraft ist. Wie die 
Zeugen im Termine bekundeten, hat der 
Angeklagte sich die größte Mühe gegeben, 
die Sache durch Geldopfer aus der Welt 
zu bringen. Der Angeklagte bestritt dies, 
und versuchte sich durch hartnäckiges Leug 
nen zu retten. Der Gerichtshof gewann 
aber die Ueberzeugung von seiner Schuld 
und gerade mit Rücksicht daraus, daß der 
Angeklagte ein vermögender Mann sei, 
wurde aus die hohe Strafe von sechs 
Monaten Gefängniß erkannt. 
— Wiederholt sind Versuche gemacht 
worden, die unsichtbaren Röntgen 
Strahlen in sichtbares Licht um 
zusetzen. Die ersten Versuche rühren 
von Salvioni her. Neuerdings hat, den 
Wiener photographischen Blättern zufolge, 
Edison einen Apparat „Fluoroskop" konstru 
irt, mit dem eine okulistische Prüfung der 
Röntgen-Strahlen möglich ist. Edison be 
nutzt seinen pulverisirten wolframsauren 
Kalk und stäubt damit den Boden eines 
geschwärzten Kastens ein; durch diesen 
Kasten wird der vom Röntgen-Licht be 
strahlte Körper betrachlet. 
Unter dem Namen „Photokollographie" 
ist nach der „Frkst. 3*0-" erne neue Er 
findung in den Handel gebracht, welche sich 
als ein bemerkenswertster Fortschritt der 
photographischen Kunst darstellt. Die 
Photographien von Personen, Denkmälern, 
Bauwerken u. s. w. werden mit rothen u 
blauen Farben auf dem Wege des Licht 
drucks kolorirt, so daß alle Figuren doppelt 
wie in roth und blauer Farbe schattirt, 
man diese Photokollographie mit einer 
Brille betrachtet, welche ein blaues und 
ein rothes Glas hat, erscheinen die Figuren 
auf dem Bilde einheitlich und vollständig 
Plastisch, luftig, sich von dem Hintergründe 
abhebend Der Erfinder heißt L. Ducus 
du Haurion. 
Brandstifter scheinen in Französisch 
Buchholz ihr Wesen zu treiben. Dort 
brannte die Scheune des Bäckermeisters 
Pomaska vollständig nieder. Ein in der 
Nähe der Scheune gefundener Zettel lautete: 
„Das ist das Erste, das Andere kommt auch 
noch nach!" 
In Slesin bei Rakel erkrankten in einer 
Arbeiterfamilie nach dem Genuß von 
Pilzen unter Vergiftungssymptomen acht 
Personen. Trotz ärztlicher Hilfe sind 
bereits drei Erwachsene gestorben, darunter 
die Pilzsammlerin, die 60jährige Groß 
mutter der Familie, welche als gute 
Pilzkennerin galt. Welcher Art die 
Pilze gewesen, konnte nicht mehr festgestellt 
werden. 
Ein Schüler der Knabenschule zu 
RoSdziu (Oberschlesien) stellte sich, als er 
bestraft werden sollte, mit einem ge 
öffneten Messer dem Lehrer 
gegenüber. Nachdem ihm das Messer 
gewaltsam abgenommen war, vertheidigte 
sich der Knabe mit den Pantoffeln weiter. 
Das Messer wurde kowfiszirt und der 
Staatsanwaltschaft Anzeige erstattet. 
Breslau, 16. Sept. Während der 
Arbeitszeit in Pjossek nahe Myslowitz 
brach das Gerüst, sowie die Wand eines 
Neubaues zusammen. Unter sehr großen 
Schwierigkeiten wurden neun Arbeiter aus 
dem Schutt hervorgezogen, einer war 
getödtet, drei schwer und die übrigen fünf 
leicht verletzt worden. 
Ein böser Rein fall ist dem „Kotzenauer 
Stadtblatt" passirt, welches stn seinem 
Bericht über den Verlauf der Breslauer 
Kaisertage eine ausführliche Schil 
derung von dem nicht abgehaltenen 
Feld-Gottesdienste giebt. Es heißt 
dort: „Sonntag, Vormittags 10 Uhr, 
fand auf dem Palaisplatze ein Feldgottes 
dienst statt, der durch Chorgesang und 
Gesang der Gemeinde eingeleitet wurde., 
Der Liturgie, welche der evangelische 
Seltenheit. Dieser Weinstock, der erst vor 
20 Jahren eingepflanzt swurde, steht nach 
der „Köln. Ztg." in dem Garten des 
Herrn Eduard v. Lade in Geisenheim und 
nimmt jetzt längs einer Mauer eine Fläche 
von 60 Quadratmetern ein. 
10 000 J( hat auf Grund gefälschter 
Quittungen ein in einem Handlungs- 
hause in Frankfurt a. M. angestellter 
Lehrling dortselbst erhoben, worauf er 
flüchtig wurde. In Köln ist der Flüchtige 
gestern Vormittag im Domhotel durch die 
Polizei verhaftet. In seinem Besitze fanden 
sich 9000 Mark vor. 
Auf dem Neubau des Dresdener 
Polizeigebäudes in der Landhausstraße 
stürzte am Mittwoch Vormittag ein Gerüst 
ein. Ein Arbeiter wurde getödtet, einer 
sehr schwer, einer leicht verletzt, der 
Materialschaden ist bedeutend. Die Straße 
wurde gesperrt. 
Waren, 15. Septbr. Am 26. v. M. 
erschoß sich hier der Kaufmann W. Tobias 
und heute Morgen fand man den Bruder 
desselben, den Kaufmann Karl Tobias, in 
seiner Wohnung erhängt vor. Wie sich 
herausgestellt hat, haben die beiden Selbst 
morde in zerrütteten Vermögensverhält 
nissen ihren Beweggrund. Die beiden 
Brüder, die sich als reiche Leute gaben 
und als solche angesehen wurden, haben 
eine große Zahl meist kleinere Bürger mit 
Bürgschaftswechseln hineingelegt. Der 
ganze Umfang des angerichteten Schadens 
läßt sich noch gar nicht übersehen. 
In der Terrasse am Röhrendamm ver 
suchte in der vorletzten Nacht eine Anzahl 
Leute, das Vergnügen des Haberfeld 
treib ens nach Hamburg zu verpflanzen. 
Wenn nun auch nicht gerade geschossen 
wurde, so verübten die Leute doch mittels 
Badewannen, Töpfen rc. rc., die sie als 
Trommeln benutzten, einen so ohrenbetäu 
benden Lärm an der Wohnung des ihnen 
unliebsamen Nachbarn, daß einige Schutz 
leute herbeieilten, um die Ruhestörer an 
zuhalten. Aber gleich wie ihre Originale 
in Bayern waren auch die Hamburger 
„Haberer" verschwunden, als die Wächter 
der öffentlichen Sicherheit heraneilten. 
BrovinzieULS. 
Altona, 17. Sept. Ein Unfall, der 
dem Grafen Waldersee im Kaiser 
Divisionspfarrer der 11. Division, Schmidt, Manöver zugestoßen ist, der aber er 
hielt, folgten abermaliger Gemeindegesa.ig 
und die Predigt des Militär-Oberpfarrers 
Kramm. Mit Gemeindegesang, Kirchens 
gebet, Vaterunser und Segen schloß der 
Gottesdienst. Die Majestäten wohntest 
demselben in einem baldachinartigen Zeltä 
bei, das mit der Rückseite nach dem Stad1> 
graben, dicht vor dem zwischen den beideü 
eisernen Flaggenstangen errichteten Feld 
altar stand; dieser wurde von zwei Ge 
schützen flankirt. Der ganze Palaisplatz 
und seine näheren Umgebungen einschließ 
lich des angrenzenden Theiles der Promenade 
wurden gänzlich gesperrt. Die Generalität 
nahm zu beiden Seiten des Kaiserzeltes, 
das Gefolge der Majestäten hinter dem 
Zelte Aufstellung. Die an dem Gottes- 
dienst theilnehmenden, nach Tausenden 
zählenden Truppen machten in ihren Parade 
Uniformen einen ebenso glänzenden wie 
imposanten Eindruck." Das „Kotzenauep 
Stadtblatt" kann sich damit trösten, daß 
seinem Kollegen, dem Pariser „Figaro"r 
das gleiche Malheur passirt ist. 
Sfh Verlust von 123 000 Mk. ist, wie 
ein Berliner Blatt meldet, der Hainer- 
Hütte in Siegen entstanden und durch 
Bilanzfälschung verdeckt worden.Unter 
schlagungen sind nicht nachgewiesen. Ein 
Vorstandsmitglied, Namens Schneider, ist 
entlassen worden. Der Betrieb wird fort 
gesetzt. Es ist eine Untersuchungscommission 
eingesetzt worden. 
Ein P i st o l e n d u e l l fand, wie dem 
„Gnes. Gen." aus Wreschen geschrieben 
wird, letzten Sonnabend daselbst im Walde 
von Choleczno zwischen dem Gerichtsassessor 
Hartmann und dem Privatier von Rut- 
kowski statt. Es verlief unblutig. Streit 
beim Spiel soll die Veranlassung gewesen 
sein. 
Aus Essen wird der „Rheinisch-Westf. 
Zeitung" geschrieben: An einem neuen 
Hause auf dem Gänsemarkt hat der Besitzer 
folgende vielsagende Inschrift anbringen 
lassen: „Erb a ut im Jahre 1894, gestützt 
im Jahre 1896." 
Mülhausen i. E., 15. Sept. Eine Ver 
sammlung oberrheinischer Mühlen 
desitzer beschloß, eine Eingabe an die 
hiesige Handelskammer zu richten, worin 
diese ersucht wird, bei der Regierung 
Schritte einzuleiten zum Schutze der Land 
wirthschaft und der Müller. Letztere 
würden empfindlich geschädigt durch das 
neuerliche französische Zolldekret, das hohe 
Ausfuhrvergütungen für exportirtes 
Mehl gewährt und es den französischen 
Müllern ermöglicht, hierher Mehl etwa 
1 Mark billiger zu liefern, als es die 
einheimischen Müller vermögen. 
Regensburg, 11. Sept. Im Walde bei 
Prusening wurde gestern zwischen einem 
Officier und einem Apotheker ei:-: 
Duell ausgefochten, zu dem das „ewig 
Weibliche" Veranlassung gegeben hatte. 
Dem Apotheker wurde ein Ohr wegge 
schossen. 
Zweitausend Trauben an einem 
sreulicher Weise einen durchaus glücklichen 
Verlauf genommen hat, wird hier jetzt 
erst bekannt. Graj. Waldersee war auf 
einem Ritt ins Manöverfeld begriffen, als 
plötzlich das Pferd scheute, hoch aufbäumte 
und sich überschlug. General-Oberst Graf 
Waldersee ist ein außerordentlich gewandter 
Reiter, es glückte ihm, die Steigbügel ab 
zustreifen und so geschickt die Erde zu 
erreichen, daß er davor bewahrt blieb, 
unter das Pferd zu gerathen. Außer einer 
leichten Verstauchung der Hand hat der 
-Unfall glücklicherweise keine weiteren Folgen 
tzehabt. Der Graf stieg sofort wieder aus 
und setzte seinen Ritt fort. — Der Vorfall 
war durch Schlachtenbummler beobachtet 
und durch diese, allerdings nur in engerem 
Kreisen, bekannt geworden. Kurze Zeit 
hieß es, Graf Waldersee habe erhebliche 
Verletzungen erlitten und „liege in Altona 
in Gips", die Führung der Ost-Armee 
habe der Kaiser übernommen. Es währttz- 
allerdings nicht lange, bis man den wahrest 
Verlauf des Unfalles erfuhr, denn der 
General wurde während des Manövers 
mittag begaben sich sowohl die Ehefrau 
wie auch der Ehemann nach Lehrmann's 
Paffage vor die Wohnung des Schloffers, 
dem die Oeffnung der Etagenthür aufge 
tragen worden war; dort zerschlug das 
wüthende Paar eine Anzahl Fensterscheiben. 
Nach Eintritt der Dunkelheit kehrten die 
Beiden nochmals wieder, um auch die noch 
übrigen Scheiben zu zertrümmern. Gegen 
die Wütheriche ist von den Betheiligten 
Strafantrag gestellt worden; auch die Be 
hörde leitete gegen sie das Strafverfahren 
ein. 
Für die Abhaltung des nächsten schleswig 
holsteinischen Städtetages ist Altona in 
Aussicht genommen, ein Termin jedoch 
noch nicht festgesetzt. 
Ein großer Stör soll nach Berichten 
einiger größeren Zeitungen in Kellinghusen 
gefangen worden sein. Derselbe soll 230 
Pfd. wiegen, seine Schaustellung soll 70 Jt 
eingebracht haben und er selbst nach Altona 
verkauft worden sein. Eingezogene Er 
kundigungen über diesen seltenen Fall haben 
ergeben, daß der große Stör eine — 
Ente ist. 
— Krempe, 15. Septbr. Vom 19. 
bis 21. d. M. findet im „Kremper Hof" 
Hierselbst die Gartenbau-Ausstellung des 
Gartenbau-Vereins für den Kreis Steinburg 
statt. Es sind sehr zahlreiche Anmeldungen 
aus allen Theilen des Kreises eingelaufen, 
weshalb bestimmt zu erwarten ist, daß die 
Ausstellung einen recht bedeutenden Um 
sang annehmen wird. — Unser neuerbauter 
Bahnhof, der jetzt zu den besten der Strecke 
gehört, ist mit Anfang dieses Monats dem 
Betrieb übergeben worden. Der alte 
Bahnhof soll zum Abbruch verkauft werden; 
bisher sind für denselben 300 Mk. geboten. 
— Unser bisheriger Herr Bürgermeister 
Wendland siedelt zum 1. Okt. in gleicher 
Eigenschaft nach Kellinghusen über. Um 
den hiesigen vakanten Bürgermeisterposten 
haben sich 52 Personen beworben. Am 
15. d. Mts. werden sich die präsentirten 
Herren der Bürgerversammlung vorstellen 
und am 27. findet die Wahl statt. 
Kiel, 16. Sept. Wie bereits gemeldet, 
ist der Socialdemokrat Klüß aus der 
socialdemokratischen Parthei ausgestoßen, 
mit ihm sein Genosse Kappel. Die 
Angelegenheit ist wohl geeignet, großes 
.Aufsehen weit über das Weichbild der 
Stadt hinaus hervorzubringen. Klüß und 
Kappel gehörten zu den Stützen der Social- 
demokratie in der Provinz. Klüß — seines 
Zeichens Schuhmacher — war früher in 
Elmshorn ein ungemein rühriger Agitator; 
vor einigen Jahren, bei Begründung der 
„Volkszeitung", kam er nach Kiel und 
verstand es auch hier schnell eine Haupt 
rolle zu spielen. Wiederholt zeichnete er 
als verantwortlicher Redakteur des social- 
demokratischen Parteiorgans. Allgemein 
wurde angenommen, daß er bei den nächsten 
Reichstagswahlen Anwartschaft auf eine 
Kandidatur haben würde. Jetzt ist er 
wegen Dinge, die recht bösartiger Natur 
sein sollen, aus der Partei geflogen. 
Ebenso war Herr Kappel bis vor kurzem 
eine Säule der Partei. Einmal stand er 
nahe davor, in das Kieler Stadtverordneten 
kollegium gewählt zu werden. In den 
„Volksversammlungen" ließ Kappel sich 
gern hören; was seinen Reden an geistigem 
Inhalt fehlte, ersetzte er durch Kraftausdrücke, 
mit denen er nicht wählerisch war. Die 
oft genug und von sehr vielen Leutetz jetzt gegen Kappel erhobenen Vorwürfe 
gesehen. 
Der Direktor einer Automaten-Gesell- 
schaft war vom Altonaer Schöffengericht 
zu 6 M Geldstrafe verurtheilt worden, 
weil am Sonntag auf dem Bahnhof 
Bahrenfeld aus einem daselbst aufgestellten, 
der Gesellschaft gehörigen Verkaufsauto 
maten während des Gottesdienstes Waaren 
entnommen wurden. Gegen das Erkennt 
niß hat der Direktor Berufung eingelegt, 
und die Strafkammer l des Landgerichts 
erkannte auf Freisprechung. Das Gericht 
ging von der Ansicht aus, daß zum Be 
trieb eines Gewerbes die positive Thätig 
keit des Gewerbetreibenden oder seiner An 
gestellten erforderlich ist; eine solche hat 
aber in Beziehung auf den in Frage 
kommenden Automaten nicht stattgefunven, 
weder von dem Angeklagten, noch von 
einem Angestellten. Gegen dieses Erkennt 
niß hat die Staatsanwaltschaft Revision 
eingelegt, und die Sache wird daher das 
Oberlandesgericht beschäfiigen. 
Altona, 15. Sept. Am Montag Bor- 
mittag fand sich bei einer Frau in der 
Unzerstraße der hiesige Gerichtsvollzieher 
Cellarius ein, um eine Pfändung vorzu 
nehmen. Er fand die Thür verschlossen 
und ging deshalb zum Schlosser, uni sie 
öffnen zu lassen. Der Gerichtsvollzieher 
kehrte mit dem Schlosser und einigen 
Polizeibcamten in die Wohnung zurück. 
Als die Etagenthür geöffnet war, trat die 
Ehefrau den Beamten mit erhobenem Beil 
entgegen und drohte, jeden, der es wagen 
sollte, die Wohnung zu betreten, nieder- 
zu schlagen. Das feste Auftreten des durch 
die Polizeibeamten unterstützten Gerichts 
vollziehers veranlaßte die Frau, nachzu 
geben, sovaß mit dem Fortbringen der ge 
pfändeten Sachen begonnen werven konnte. 
Kaum hatten die Arbeiter aber die 
Treppe erreicht, als die Frau einen von 
leinstock sind wohl eine bemerkenswertst^ ihnen die Treppe hinabstieß. Die Pfän 
kennen wir im einzelnen nicht. Aus einer 
von demselben veröffentlichten Erklärung 
entnehmen wir aber, daß ihm zur Last 
gelegt sein solle, er habe den vor längerer 
Zeit stattgehabten sogen. Dietrichsdorfer 
Streik zu ungünstiger Jahreszeit, bei zu 
gefrorenem Hafen, provozirt und viele 
Familien ins Unglück gestürzt und solle 
ferner die Brauereibewegung in seinem 
Interesse ausgenutzt haben. Herr Kappel 
batte schon längst seinen ehemaligen Beruf 
an den Nagel gehängt und den Posten eines 
Mirths übernommen. Anscheinend wird 
die Sache noch ein den Parteien nicht 
gerade angenehmes Nachspiel finden. 
Kiel, 16. Septbr. Bezüglich des im 
Kaiser Wilhelm-Kanal gesunkenen dänischen 
Dampfers „Johann Siem" und der zu 
seiner Hebung erforderlichen Arbeiten ver 
lautet, daß die Dauer der theilweisen 
Sperrung des Kanals sich noch nicht 
absehen lasse. Die Lage des mitten im 
Kanal parallel zu den Ufern gesunkenen 
Dampfers sei eine derart schwierige, daß 
sich ein bestimmter Zeitraum, in welchem 
sich die Beseitigung des Wracks beschaffen 
lassen würde, noch gar nicht festsetzen ließe. 
Der gesunkene Dampfer hat eine Länge 
von etwa 247 Fuß, eine Breite von 34'/.^ 
und eine Tiefe von 19 y 2 Fuß englisch. 
Er liegt glatt auf der Backbordseite, wäh 
rend die Steuerbordseite etwa ein Meter 
über dem Wasser sichtbar ist. Die Masten 
hängen guer über den Kanal, sie sowohl, 
als die Wanten müssen beseitigt werden, 
bevor die vom „Nordischen Bergungs 
Verein" dorthin beorderten Hebefahrzenge 
an das Wrack herankommen und die Heve- 
iaue u. Drahtseile unter den Schiffsrumps 
herum gebracht werden können. — Auch 
zum Einrammen der erforderlichen Stütz- 
pfähle ist viel Zeit erforderlich, und Iveun 
auch Tag und Nacht gearbeitet wird, so 
sind doch störende Zwischenfülle bei solchen 
halb ist eine Vorausbestimmung der Ar 
beitsdauer kaum angängig. — Die Arbei 
ten werden von den Bergungsdampfern 
„Nordsee" und „Ostsee" und dem heran 
gezogenen Boot „Kaltegatt" beschafft. 
Haderslebeu, 16. Sept. Der Landrath 
Dr. Mauve hat in heutiger Sitzung der 
Eisenbahn commission sich bereit 
erklärt, den Vorsitz wieder zu über 
nehmen. Hoffentlich werden die Verhand 
lungen mit der Stadt, welche nun wieder 
aufgenommen werden sollen, zu einem all 
seitig befriedigenden Ergerniß führen. 
Der Kampfgenossenverein von 1870/71 
in Flensburg hat beschlossen, den von dem 
Streik auf der Werft in Mitleidenschaft 
gezogenen Mitgliedern, nachdem die Direktion 
Arbeit angeboten, keine fernere Unterstützung 
zu gewähren. 
Die Gardinger Privat-Spar- und Leih 
kasse hat dem dortigen Kirchenvorstand das 
Anerbieten gemacht, außer den 4000 Mk., 
welche sie schon im Winter zum Orgelbau 
als Geschenk in Aussicht gestellt hat, die 
Summe von 6000 Mk. zu 5 pCt. auf 
10 Jahre zu leihen. Nach Ablauf der 
10 Jahre gilt die Summe als getilgt. 
< Umgegend Hohenwestedt, 16. Sept. 
Heute wurde in Hohenwestedt der seit 
längerer Zeit der Maul- und Klauenseuche 
wegen geschlossen gewesene, wöchentliche 
Ferkelmarkt abgehalten. Die Zufuhr war 
infolge dessen recht stark. — In der ver 
gangenen Woche kaufte der Pferdehändler 
P. Rathje in Remmels in dem Dorfe 
Sitzen 6 junge Pferde, die er mit je 
700—1000 Mk. bezahlte. Es ist dies ein 
Zeichen sehr guten Pferdematerials in 
hiesiger Gegend. 
In Hademarschen fand am Sonntag 
Abend ein Ball statt. Dabei wurde einem 
jungen Manne ein Messerstich in den 
Kops bei einem Streite versetzt. Der 
Thäter wurde sofort verhaftet. Bisher ist 
unsere Gegend noch vom Mefferheldenthum 
ziemlich frei gewesen. Sollte es darin 
leider auch hier anders werden? Das wäre 
sehr zu bedauern, weil es ein Zeichen zu 
nehmender Verrohung und Entsittlichung ist. 
/X Bargstall, 16.; September. Für die 
hiesige erledigte Lehrerstelle ist der Ratze 
burger Seminarist, Herr Ehlers, ernannt. 
Derselbe tritt seine Stelle zum 1. Ok 
tober an. 
cfl Jevenstedt, 17. Septbr. Der Vieh 
stand des Käthners und Bäckermeisters I. 
Thode Hierselbst ist jetzt auch von der 
Maul- und Klauenseuche ergriffen. Das 
Vieh befindet sich auf der Weide in dem 
der Gemarkungssperre unterliegenden Theile 
hiesiger Feldmark, westlich von der Rends- 
burg-Jtzehoer Chaussee. 
Fockbek, 17. Septbr. In Folge 
der letzten schwülen Tage zog vergangene 
Nacht ein Gewitter herauf, daß sich aller 
dings nicht in der Nähe unseres Orts 
entlud. Leider scheint wieder Schaden 
angerichtet zu sein, da in nordöstlicher 
Richtung, wo das Gewitter allem An 
scheine nach recht heftig war, Feuerschein 
bemerkt wurde. — Mit dem Aufnehmen 
der Kartoffeln hat man bereits begonnen. 
Der Ertrag schein ein befriedigender zu 
sein, obwohl man vorerst glaubte, daß in 
Folge der starken Dürre eine allzu große 
Ernte nicht zu erwarten sei. Es macht 
sich allerdings jetzt auch an einigen Stellen 
die Seuche bemerkbar. 
-B. BiidelSdorf, 17. Sept. Heute reiste 
Herr Reichstagsabgeordneter Lorenzen 
zur Friedensconferenz in Budapest ab, um 
als Mitglied derselben an den Verhand 
lungen theilzunehmen. 
1“ Rendsburg, 16. Sept. Der Wander- 
lehrer für Obstbaukunde Lesser-Kiel be- 
absichtigt vom 3. bis 9. Januar 1897 im 
Kreise Rendsburg Borträge zu halten, 
bezw. praktischen Unterricht in der Obst 
baumpflege zu ertheilen. Etwaige Wünsche 
bezüglich der Haltung von Vorträgen hat 
sich Herr Lesser wenigstens 4 Wochen vor 
der festgesetzten Zeit erbeten da sonst auf 
Berücksichtigung nicht gerechnet werden 
kann. 
ff- Rendsburg, 17. Septbr. In der 
4. Klaffe der Neuwerker Knabenschule fand 
heute eine Lehrerwahl statt. Präsentirt 
waren die Herren Thomsen-Schobüll, Bon- 
dis-Süderhvlm bei Heide, Jessen-Gaarden 
und Hollmer Tetenbüll. Die Herren legten 
je eine Waylprobe in der Religion und 
im Rechnen ab. Bei der dann vorge 
nommenen Wahl wurden die Herren Jessen 
und Thomsen gewählt. Für die vorm. 
Dohrn'sche Schule wurde Herr Bondis als 
Lehrer in Aussicht genommen. 
ff- Rendsburg, 17. Septbr. Gestern 
Abend und heute Morgen früh entluden 
sich in der Nähe der Stadl mehrere Ge 
witter mit bedeutender Heftigkeit. In 
östlicher Richtung will man in der Nacht 
einen hellen Feuerschein bemerkt haben, so 
daß wohl leider anzunehmen ist, daß das 
Gewitter wieder Schaden angerichtet hat. 
* Rendsburg, 17. Sept. Noch ein 
Oscar Fürst.Abend. Nachdem Herr 
Oscar Fürst in verschiedenen größeren 
Städten unserer Provinz mit ver Ver 
anstaltung seiner Uuterhaltungsabeude durch 
deren hochinteressanten Inhalt überall die 
großarrtgsten Erfolge erzielt, hat derselbe 
sich auf vletseitlges Verlangen entschlossen, 
auch hier noch einen „Oscar Fürst-Abend"
	        
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