Full text: Newspaper volume (1896, Bd. 2)

In diesem als Diener verkleideten Individuum mit 
schwarzem Barie hat der Leser gewiß längst Gabiron, 
den Geheimpolizisten, erkannt. 37, >6* 
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Wo. 206. 
Donnerstag, den 3. September 
1896. 
Morgen-Depeschen. 
Wildpark-Station, 2. September. Der 
Kaiser begab sich heute Mittag l'/rUhr 
mit Sonderzug von hier nach Berlin, um 
von dort seine Reise nach Dresden zu den 
Manövern fortzusetzen. 
Dresden, 2. Sept. Sämmtliche in Dres 
den anwesenden Fürstlichkeiten erwarteten 
heute Abend das Einlaufen des kaiserlichen 
Extrazuges auf dem Leipziger Bahnhöfe; 
darunter befanden sich auch die Prinzen 
Heinrich von Preußen, Ludwig u. Ruprecht 
don Bayern. Der König erwartete den 
Zug in den Königszimmern, er trug die 
Uniform seines preußischen Ulanenregiments 
und das gelbe Band des Schwarzen Adler- 
ordens. Prinz Georg von Sachsen war 
dem Kaiser bis Elsterwerda entgegen- 
gefahren. Der Zug traf pünklich um 
‘/*7 Uhr hier ein. Auf dem Perron 
empfingen der König und die Prinzen den 
kaiserlichen Gast, welcher den König drei- 
mal küßte und dann in freundlicher Werse 
die Prinzen begrüßte. In den Kvmgs- 
zimmern erfolgte sodann die Vorstellung 
des Gefolges, worauf die beiden Monarchen 
den abgesperrten Bahnhofsplatz betraten, 
i woselbst sie von den überaus zahlreich 
anwesenden Zuschauern mit brausenden 
Hochrufen begrüßt wurden. Nachdem der 
Kaiser mit dem König die Front der vom 
1 Leibgrenadierregiment gestellten Ehren- 
eompagnie abgeschritten, defilirte die 
ompagnie unter den Klängen des 
Präsentirmarsches an den beiden Monarchen 
vorbei. Hierauf begaben sich dieselben in 
einem vierspännigen osienen Galawagen, 
Mit Spitzenreitern voran, zum königlichen 
Schloß wohin die übrigen Fürstlichkeiten 
- folgten.' Das Wetter war sehr regnerisch 
""«»à S S,P>-md-r. Aus der Grube 
S Staaleutt °»d einer 
Ş-M. Di- ,à- 
elsässi cher Sozialisten am 6. Sep 
lite i« --- «- 
französischem Boden geplante Volks, 
vers a m m lu n g ist seitens der französischen 
Behörden genehmigt worden. Als Rà" 
werden die Reichstagsabgeordneten Bebel- 
Straßburg und Bueb-Mülhauscn auftrewn. 
Nürnberg, 2. Sept. Ein von München 
kommender Güterzug stieß auf einen von 
hier abgegangenen Güterzug, welcher in 
Reichelsdorf manövrirte, und warf dabei 
einige zertrümmerte Wagen des letzteren 
auf das andere Geleise. Auf diese Wagen 
stieß der von München kommende Schnell 
zug. Die Maschine des letzteren entgleiste. 
Ein Bremser und ein Pferdewärter 
wurden leicht verletzt, 20 Güterwagen stark 
beschädigt. 
Bonn, 2. Sept. Wie aus Königswinter 
gemeldet wird, ist dort ein Ausländer 
verhaftet worden, der wegen Juwelen 
diebstahls im Werthe von 75 OOO Mark 
verfolgt wurde. 
Konstantinopcl, 2. Sept. Auch in der 
letzten Nacht ist hier keine Ruhestörung 
vorgekommen. Bisher sind der Staats 
anwaltschaft zur Strafheranziehung vier 
Armenier und 27 Mohamedaner über 
geben worden. 
London, 2. Sept. Der „Times" zufolge 
haben die Botschafter in Konstantinopel 
eine neue Note an die Pforte gerichtet, in 
welcher es offen ausgesprochen wird, daß 
sie die Verantwortung für die dortigen 
Unruhen und Massacres alles der türkischen 
Regierung zuschreiben. 
Rom, 2. Sept. Laut einer Blätter- 
Meldung soll der Zar Venedig passiren 
und daselbst dem Prinzen von Neapel und 
dessen Braut begegnen. 
Genua, 2. Sept. Hier wurde ein 
französischer Offizier wegen Spionage 
verdachts verhaftet. 
Musland. 
Außereuropäische Gebiete. 
Newyork, 2. Septbr. Bei den Staats 
wählen in Vermont erzielten die Republikaner 
enorme Gewinne; ih>Z Gouverneur-Kandidat 
erhielt 38000 Stimmen Mehrheit. Man 
hält dies für einen Beweis, daß die 
Freisilber-Agitation beim Landvolk der 
Oststaaten Fiasko machen wird. 
lttußlund. 
Kiew, 2. Sept. Das Zarenpaar 
wohnte der feierlichen Einweihung der 
neuerbauten Kathedrale bei. Außer der 
zahlreichen Geistlichkeit war auch der ganze 
militairische Hofstaat bei der Feier anwesend. 
Später fand auch ein Truppenmanöver 
statt, welches der Kaiser und die Kaiserin 
aus einem Dampfer aus dem Dniepr bei 
wohnten. 
Türkei. 
Konstantinopel, 2. Septbr. Nach den 
neuesten Schätzungen beträgt die Zahl der 
Opfer der letzten Blutthaten 5000. 
Die Botschafter, die am Jahrestag der 
Thronbesteigung des Sultans nicht illu 
minirten, bereiten eine Note an die Pforte 
vor, in der alle Schuld an den Ereignissen 
auf die Regierung gelegt wird. 
Konstantinopel, 2. Sept. Vorgestern 
expedirte die französische Botschaft 
50 im Credit Lyonnais und anderen 
französischen Etablissements Bedienstete nach 
Marseille; die russische Botschaft 
schickte 7 0 Armenier, die sich in das 
Botschaftspalais geflüchtet hatten, fort. Die 
Einschiffung erfolgte unter Ueberwachung 
von Mitgliedern der Botschaft. Der an 
gesammelte türkische Pöbel war erregt, 
wagte jedoch nicht, in Gegenwart der 
Organe der russischen Botschaft die Ruhe 
zu stören. — Nach Angabe der Polizei 
behörde befinden sich noch ungefähr 200 
revolutionäre Armenier in Konstantinopel. 
Sowohl gestern als auch vorgestern sind 
außerordentliche militärische Maßnahmen 
getroffen worden, da der Polizei weitere 
Angriffe auf öffentliche Gebäude als bevor 
stehend angezeigt wurden. Die Boote der 
Kriegsmarine patrouilliren regelmäßig den 
ganzen Bosporus vom Schwarzen Meere 
bis zum Marmara-Meer ab. Die meisten 
bei der Pforte erhobenen Reclamationen 
gehen von der russischen und englischen 
Botschaft aus, da zahlreiche russische 
Staatsangehörige ausgeplündert wurden 
und der Pöbel auf der Suche nach 
Armeniern in die Wohnungen vieler 
englischer Staatsangehöriger eindrang. 
Die zur Zeit in Kanca versammelten 
kretensischen Abgeordneten haben das ihnen 
von den Konsuln mitgetheilte Jrade des 
Sultans mit den bekannten Zugestand 
Nissen im Prinzip angenommen. Di- 
Nationalversammlung wird am Sonntag 
zusammentreten. Ob nun aber infolgedessen 
ein Ende der Feindseligkeiten und Wirren 
abzusehen ist, durch die die vielgeplagte 
Jnselbevölkerung zerrüttet wird, muß dahin 
gestellt bleiben. Wie der „Int. Corresp." 
gemeldet wird, haben die mohamedanischen 
Notabeln in Kanea und Herakleion erklärt, 
sie würden lieber den Tod erleiden als 
die Einsetzung christlicher Behörden auf 
Kreta zugeben. Auch der mohamedanische 
Pöbel ist zum äußersten entschlossen, um 
die Einrichtung einer autonomen Verwal 
tung, in welcher die Christen überwiegen, 
zu verhindern. Sehr auffällig soll hierbei 
die Haltung des englischen General 
konsuls Billiotti sein, welcher den Wider- 
stand der Mohamedaner zu begünstigen 
scheint. In besonders pessimistischen Kreisen 
vermuthet man sogar, daß England doch 
noch eine Gelegenheit zur Besetzung der 
kretensischen Hascnplätze zu erhalten suche. 
Und da sich die übrigen Consuln von 
Billiotti völlig leiten lassen, so sei ein 
scharfer Gegensatz zwischen den christlichen 
Abgeordneten und dem Consularcorps ein 
getreten. 
grankretch. 
Paris, 2. Sept. Die Pforte verlangt 
von der französischen Regierung die Aus 
lieferung der nach Marseille geflüchteten 
Armenier, welche an dem Einbruch in der 
Ottomanbank betheiligt waren. Die Polizei 
in Marseille forscht nach den Flüchtlingen, 
doch dürfte das Auslieferungsbegehr ab- 
gelehnt werden. 
Spanien. 
Madrid, 2. Sept. Der Aufstand auf 
den Philippinen nimmt einen recht 
ernsten Charakter an. Einer amtlichen 
Meldung aus Manila zufolge wurden in 
der vergangenen Nacht in einigen Städten 
der Provinz Cavite durch einen Angriff 
auf die Gendarmerie Unruhen hervor 
gerufen, der Kapitän der Gendarmerie 
wurde getödtet und mehrere Mann ver 
wundet. Der Generalgouverneur sandte 
vier Schiffe nach Mindanao, um 4000 
Mann nach Manila zu befördern. Der 
Gouverneur berichtet weiter, daß die Auf 
ständischen Eingeborene seien. In Manila 
hat sich ein Bataillon spanischer Frei 
willigen gebildet. 
iOeşierreich-Uņgarn. 
Wien, 2. Septbr. Der österreichische 
Katholikentag in Salzburg faßte einen 
Beschluß zu Gunsten der Wiederyerstellung 
der weltlichen Macht des Papstes. Ein 
Begrüßungstelegramm des Wiener Bürger 
Meisters Strobach und des Vicebürger 
Meisters Lueger wurde mit Jubel anst 
genommen. Die liberalen Blätter sind 
darüber entrüstet, daß der Statthalter Graf 
Thun namens der Regierung den Wunsch 
auf Verwirklichung der Bestrebungen des 
Katholikentages aussprach; dies wider 
spreche dem Programm der Parteilosigkeit 
des Grasen Badeni. 
Schweiz. 
Eine empfehlenswerthe Neuerung 
hat nach einer Mittheilung der „Köln 
Vztg." der Berner Verkehrsverein durch 
gesetzt. Auf seine Veranlassung hin wurde 
im Bahnhof zu Bern eine Tafel ange> 
bracht, auf welcher sämmtliche Berner 
Hotels täglich verzeichnen lasten, wie viele 
Betten und Zimmer in jedem noch frei 
sind. Diese Neuerung erspart den an 
kommenden Fremden, bei schon voll besetzten 
Hotels umher zu irren. 
England. 
Glasgow, 2. Septbr. Die Vereinigung 
der Arbeitgeber erließ übereinstimmend mit 
den Beschlüssen von Carlisle Erklärungen, 
wonach die Aussperrung der Maschinen 
arbeiter der Clyde, Tyne und Belfast am 
12. September beginnt; hierdurch werden 
30000 Mann betroffen, jedoch ist Hoff 
nung auf Beilegung vorhanden. 
Inland. 
Berlin, 2. Septbr. Der Kaiser und 
die Kaiserin haben der Deutschen 
Marine-Stistung des Centralcomitees der 
Deutschen Vereine vom Rothen Kreuz für 
die Hinterbliebenen der mit S. M. S. 
„Iltis" Verunglückten einen Beitrag 
von 3000 M überweisen lassen. 
Berlin, 2. Sept. Das „Militär-Wochen- 
blatt" schreibt: Prinz Albert v. Sachsen- 
Altenburg und der Fürst von Schaumburg- 
Lippe find zu Generalen der Cavallerie, 
der Commandeur des III. Armeecorps von 
Lignitz zum General der Infanterie befördert 
worden. Dem Gouverneur von Straßburg, 
Jena, ist der Charakter eines Generals 
der Infanterie und dem Gouverneur von 
Köln der Charakter als General der 
Cavallerie verliehen worden. 
Berlin, 2. Sept. Ueber die Entsendung 
von großen deutschen Kriegsschiffen 
nach Konstantin opel, von der einige 
Blätter zu berichten wußten, ist an maß 
gebenden Stellen nichts bekannt. Es ist 
lediglich für das auf der Reise nach Kon 
stantinopel befindliche neue Stationsschiff 
„Ersatz Loreley", welches zur Ablösung 
des bisherigen Stationsschiffes „Loreley", 
das aber in Konstantinopel zum Verkauf 
gelangt, bestimmt ist, die Erlaubniß zur 
Einfahrt in den Bosporus bei der Pforte 
verlangt worden. Die Mannschaft der 
„Loreley" kehrt über Land nach Wilhelms 
haven zurück. 
Berlin, 2. Septbr. Wie die Blätter 
melden, herrscht gegen den Landeshaupt, 
mann Major Leutwein in Deutsch-Süd- 
Afrika eine allgemeine Mißstimmung. In 
Privatbriefen wird berichtet, daß der 
juristische Beistand des Landeshauptmanns, 
Assessor v. Lindequist, um Enthebung von 
seiner Stellung nachgesucht haben soll und 
sich zur Rückreise nach Deutschland vor 
bereite. Der Vertreter der Siedlungs 
gesellschaft, Karl Weiß, soll ferner eine 
Ae- I-httritts Sühn«. 
Roman von Hippolyte Montauban. 6 
Ich sage Ihnen Lebewohl, aber auf Wiedersehen, 
»nb'Vrcar bald, denn ich gebe mich der Hoffnung hin. 
i>aß Sie mich vor Ihrer Abreise besuchen werden." 
^kch versvrech« n,ct)t - Jedenfalls verlasse ich 
şKne'îs nicht ohne Sie schriftlich zu verständigen." 
v erfaßte zum letzten Mal heilig bewegt di-Hand 
>rr Marquise und verließ rasà Schrittes das Gemach. 
Der Unalücklicbe. er ist der Verzweiflung nabe", 
sprach traurig di-Marquise wenn er seine Tochter 
f lieht finbet, so MN0 VC ļtCĢ löten. 
îr Graf von Lasson nahm rài, Schrittes den 
Wea -urück nach seinem Hotel. „Die Marquise bat 
reckt " sagte S sick, Is giebt gewisse Dinge, die ich 
nicht selbst thun kann. „daS Handwerk des spw'.s zun, 
L viel ist meiner unwürdig. Ich bedarf al o dringend 
iroend eines Mannes, der an menier Stelle handelt 
ààkehrt in das Hotel schrwb er an die Ge- 
iei.icholizei-Aqentur von M «nd Cmnpagn.e und 
-rsuchte um einen tüchtigen Ģcheu'-poazisten. 
Um fünf Uhr nachmittags {1jÄ 
betz Grafen. „Endlich." murmelte er und beeilte , ch 
’tt. trat ein °°n mittlet« 
stinfunddreißig Jahren. Indem er den Grasen grnyk . 
wars er rasch einen Blick «in sich. 
„Sind Sie Herr Peter Bols? 
„Ja, mein Herr, der bin ich." — 
Sie haben heute morgen an Herrn Serpm ^ge 
schrieben? Derselbe hat mich beauftragt, mich mit J9- 
»en in's Einvernehmen zu setzen." 
Nehmen Sie Platz, mein Herr. 
"Welcher Art sind die Dienste, die Si« von unS 
^Boân." hub der Graf an. „hat ein junger 
Mann, der Graf von Sanzac. Paris ganz »uvm her 
gehen verlassen, ohne irgend lemanden von seiner Ab- 
ficht in Kenntnis zu sehen; er Ģ offenbar st,r zieinlich 
Hange Zeit verreist, und mit der Absicht, stcy a g 
einem bestimmten Orte für länger anfznhaiteil. Ich 
möchte erfahren, wohin er sich begeben hat." 
„Und welchen Preis mürben Sie zahle», wenn mir 
den Auftrag mit Erfolg erledigen.» 
„Ich werde Ihnen sofort fiiushnndert Franken ab- 
schlä'glich einhändigen, bin aber bereit, eine Extra Ver 
gütung von tausend Franken ju geben, wen» die Sache 
zu meiner vollitändigen Zufriedenheit erledigt wird." 
„Ich nehme ihr Gebot an." 
Der Graf nahm stin Portemonnaie ans dee Taiche 
und reichte de», Geheimpolizisten fünfhundert Franken. 
Wenden Sie also ihre ganze Thatkraft an, die 
Belohnung zu verdienen," fügte er hinzu. 
„Sie könne» darauf rechnen, mein Herr, daß ich 
das Möglichste zu erreichen trachten werde. In, Falle 
ick Ihnen irgend eine Mitteilung zu machen hätte, 
'vollen Sie mir gefälligst sagen, wo und zu welcher 
Stniide ich sie treffen kann." 
„Täglich hier, zwischen vier und sechs Uhr nach- 
mittnos." 
„Sollten Sie mir irgend etwas iviffen lassen wol 
len, dann bitte ich i»ir unter meinem Namen Gabiron, 
Adresse Serpin und Compagnie, zu schreiben." 
Und der Geheimpolizist verließ das Gemach. 
Der Graf von Lasson schloß die Thüre hinter ihm 
ab und ließ sich in einen altmodischen Sorgenstnhl nie 
der. Die Ellenbogen auf die Knie stützend, lieg er den 
Kopf in den Händen ruhen, und iaß lange regungslos, 
in trübe Gedanken versunken. Es war Abend gewor 
den, ohne daß er es beachtet hätte. Endlich blickte er 
empor und murmelte tonlos: „Warten wir." 
Am folgenden Tage nahm er einen Mietwagen nnd 
fuhr nach dem Bahnhof. Er erkundigte sich der Reihe 
nach bei allen Beamten im Dienste, welche möglicher 
weise in der Lage sein konnten, ihm Auskunft zu er 
teilen, doch alle seine Fragen wurden verneinend beant 
wortet. Der Portier meinte, daß sein Kollege, der in 
jener Nacht Dienst gehabt, ihm vielleicht die gewünschte 
Auskunft erteilen könne. Ec eilte sort und holte ihn 
herbei. Nach welligen Minuten stand der Poriier vor 
dem Grasen. 
so 
„Sie haben am Mittwoch Nachtdienst gehabt? 
redete ihn dicier an. 
„Ja. Herr." 
„Entsiiineii Sie sich, daß eine junge Frau mit einem 
Kinde im Arme in den Wartesaal getreten?" 
„Vollkommen genau, mein Herr. Die Dame war 
reich gekleidet, ich bemerkte auch, daß sie jung sein müsse, 
obschon ich ihr Antlitz nick't sehen konnte, da sie dicht 
verschleiert war. Das Kind war in einen Pelzmantel 
gehüllt. Zn der Daine mit dem Kinde gesellte sich kurz 
vor der Abfahrt des Zuges ein junger Herr und beide 
»ahnien dann in einem Konpee erster Klasse Platz." 
„Welche Richtung nahm der Zug?" 
„Es war der Kurierzug nach Lyon." 
„Ich danke Ihnen, mein Freund, das genügt," eiit- 
gegnctc der Graf mit halb erstickter Stimme und drückte 
dem Portter ein Goldstück in die Hand. Mit raschen 
Schritten eniferiite er sich. 
Er fragte sich, ob er nicht gut daran thun würde, 
das Ergebnis der Nachforschungen Gabirons gar nicht 
abzuwarten. sondern sofort die Gräfin zu verfolgen. 
Die Bersnchilng lvar groß. 
Nach ruhigem Uebcrlegen gestand er sich aber doch 
zu, daß er seiner Ungeduld Zügel anlege» müsse. 
Er hätte allerdings bis nach Lyon reisen könne», 
aber Ivohin sollte er sich von dort aus wenden? Denn 
dort waren sie jedenfalls nicht geblieben. Dcr Graf ent 
schied sich schließlich dafür, Gabirons Mitteilungen ab 
zuwarten. 
Zn der Stunde, in welcher Herr von Lasson sich 
„ach dem Bahnhöfe begeben, trat ein Mann in das 
Palais des Grafen von Sanzac, welcher den belreßten 
Anzug, eines Dieners trug und einen Brief in feiner 
Hand hielt. 
„Madame," wandte er sich an die Portierin, „hier 
habe ich einen Brief meines Herrn, des Baron von 
Piragne, für seinen Freund, den Grasen Sanzac. „Ich 
glaube, es ist cine Einladung zu einem Gastmahl für 
morgen." 
„Tann, mein Freund, nehmt Euren Brief immer 
hin wieder mit zu Eurem Herrn." 
„Weshalb denn?" forschte der Diener mit höch 
lichst verwundertem G.sicht. 
„Weil der Gras nicht in Paris weilt?" 
„Wie, er iväre abgereist?" 
„Ja, wenn ick'S Euch sage, mögt Jhr's immerhiņ 
glauben." 
„Weit weg?" 
„Wir wissen's nicht." 
„Dcr Baron siebt inorgen einige Freunde bei sich; 
er ivird den Herrn Grafen schmerzlich ver iiiffen. Son 
derbar. daß er nichts von dessen Abreise wußte!" 
„Der Graf hat seine Abreise niemandem angekün 
digt!" 
„Eigentümlich! Mein Herr wird dem Grafen viel 
leicht schreibe» Ivollen, wenn Sie mir mir sagen könn 
ten, wohin er sich begeben." 
„Um das zu können, mußte ich es vor allem selbst 
wissen. Vielleicht ist Herr Ludwig in der Lage, Ihnen 
näheren Bescheid zu sagen!" 
„Herr Ludwig?" 
„Ja, der Kainnierdienerund VertrantedrsGrafen." 
„Wie. der Herr Graf ist ohne seinen Vertrauten 
abgereist?" 
„Ja. ganz allein." 
„Mit viel Gepäck?" 
„Nur mit einem einzigen kleinen Koffer.' 
„Dann dürfte er wohl in drei bis vier Tagen zu 
rückkommen." 
„Im Gegenteil, es hat den Anschein, als ob er 
mehrere Monate abwesend zu bleiben gedenke. Wein» 
Sie übrigens den Kammerdiener sprechen ivollen, so 
gehen Sie hinaus." 
Der Bediente schien nachzusinnen. „Nein," meinte 
er endlich, „mein Herr hat mir nur die Weisung erteilt, 
den Brief abzugeben; wenn er durchaus wissen will, 
wo der Graf sieh aufhält, so komme ich ivieder." 
Er dankte der Portierin für ihre freundliche AnS- 
kmift und entfernte sich grüßend.
	        
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