Full text: Newspaper volume (1896, Bd. 2)

des Aeußern, Fürsten Lobanow-Ro 
stowski. Mit aufrichtiger Theilnahme 
wird von der kaiserlichen Regierung dieser 
Plötzliche Todesfall beklagt, der das be- 
frsundete Rußland des bewährten Leiters 
der auswärtigen Politik in einem Augen 
blick beraubt, wo die europäische Diplomatie 
sich vor die Lösung ernster Aufgaben ge 
stellt sieht. Die Erfolge, welche dem ver 
ewigten Fürsten im treuen Dienste seines 
kaiserlichen Herrn zu erreichen beschieden 
gewesen sind, sind erleichtert worden durch 
das Vertrauen, das an den politischen 
Mittelpunkten des Continents, besonders 
auch in Berlin und Wien, dem Wirken 
des hochbegabten Staatsmannes entgegen- 
gebracht und durch die Weisheit seiner dem 
Frieden dienenden Politik gerechtfertigt 
wurde. Möge es seinem Nachfolger in 
gleicher Weise gelingen, die auswärtigen 
Aufgaben Rußlands und namentlich die 
Beziehungen des großen Reiches zu den 
benachbarten Kaisermächten in ehrlicher 
Friedensarbeit zu fördern!" 
Berlin, 31. Aug. Die „Tägl. Rundschau" 
schreibt: Aus zuverlässiger Quelle wird 
mitgetheilt, Generaloberst Frhr. von 
Los beabsichtige im Herbst aus Gesundheits- 
rücksichten seinen Abschied einzureichen; er 
habe bereits dem Kaiser seinen Entschluß 
mündlich mitgetheilt. Eingeweihte Kreise 
wollen wissen, der Chef des Militär- 
kabinets v. Hahnke sei zum Nachfolger 
Loe's als Oberbefehlshaber in den Marken 
und als Gouverneur von Berlin ausersehen. 
Berlin, 31. August. Beim Schoppen 
überrascht wurde dieser Tage von dem 
Kaiser in Bornstedt eine Anzahl Ulanen 
der Potsdamer Garnison. Dieselben sollten 
auf dem Bornstedter Felde sogenannte 
Schonpferde bewegen, hatten es aber vor 
gezogen, in Bornstedt ein Gartenlokal 
aufzusuchen und dort sich einige Zeit auf 
zuhalten. Das scharfe Auge des Kaisers, 
der dort vorübergefahren kam, ließ ihn 
sofort diesen Verstoß gegen die Dienst- 
Vorschriften erkennen, so daß er, nach dem 
Neuen Palais zurückgekehrt, der Potsdamer 
Commandantur den Befehl gab, die Uebel- 
thäter zu ermitteln und zur Bestrafung 
zu bringen. 
August. Ueber die Ursache 
des Kanonen 
ê Berlin, 31. 
des Unterganges 
bootes „Iltis" ist dem Vater eines bei 
der Katastrophe ertrunkenen Matrosen sei 
tens der Werft-Division zu Wilhelmshaven 
folgendes Schreiben zugegangen: „Außer 
den bekannt gegebenen Darstellungen lassen 
sich nähere Mittheilungen über die Ursache 
des Untergangs des Kanonenboots nicht 
machen. Es haben sofort eingehende Er 
hebungen stattgefunden; außer den gerette 
ten Mannschaften sind auch die Leucht 
thurmwärter in Schantang befragt worden. 
Die Ueberlebenden können aber infolge 
ihrer Vorbildung und ihrer dienstlichen 
Stellung — sie gehören nicht dem Officier- 
stande an — kein Urtheil über die Ursache 
des Unterganges und keine Kenntniß von 
der Lage haben, in der sich das Kanonen- 
boot vor der Strandung befand. Dies 
können nur die mit der Führung des 
Schiffes betrauten Offiziere übersehen. Da 
von diesen Personen Niemand gerettet ist, 
so wird sich voraussichtlich überhaupt keine 
Klarheit über die Ursache der Kata- 
strophe schaffen lassen. So viel steht 
fest, daß das Kanonenboot bei stürmischem 
Wind Abends längs der Küste von 
Schantung gedampft ist, und daß das 
Wetter dabei noch unsichtig war und in 
Folge dessen die Küste nicht genau er 
kannt werden konnte. Der stürmische 
Wind und der herrschende Strom hat 
augenscheinlich das Kanonenboot zu nahe 
an Land gebracht, und die Gefahr ist in 
Folge des unsichtigen Wetters zu spät er- 
kannt^ worden. Es unterliegt keinem 
Zweifel, daß das Kanonenboot seetüchtig 
und seiner Aufgabe gewachsen war, sowie 
daß die ganze Besatzung bis zum letzten 
Augenblick ihre Pflicht im vollsten Maße 
gethan und eine musterhafte Haltung be 
wahrt hat. Leichen sind, soviel bisher 
bekannt geworden, nicht gefunden worden 
und es ist leider auch nicht wahrscheinlich, 
daß sie gefunden werden." 
Berlin, 30. August. Heute früh gegen 
9'/4 Uhr versuchte der Schneider Paul 
Wilhelm seine Braut mit einem neuen, 
offenbar zu diesem Zwecke gekauften Schuster- 
mesier durch einen Stich in den Hals zu 
tödten. Der Thäter ergriff die Flucht, 
wurde aber bald in der Strelitzerstraße er 
griffen. Das Mädchen ist lebensgefährlich 
verletzt und befindet sich im Lazarus- 
Krankenhause. Der Thäter ist wegen ver 
suchten Todtschlags bereits vorbestraft. 
Er scheint die That aus Eifersucht be 
gangen zu haben. 
Berlin, 31. August. Der Schuhmacher 
meister Prenzler, der kürzlich seinen 1 02. 
"'eburtstaģ begangen hat, muß die 
Segel streichen vor einer Berlinerin, die 
ihm um fast ein Jahr im Altersrang 
„über" ist. Die Glückliche, welcher somit 
der Ruhm gebührt, die älteste Person der 
Reichshauptstadt zu sein, ist die Wittwe 
Frau Charlotte Brehmer, Kastanien-Allee 40. 
Am kommenden 8. Februar wird sie 103 
Jahre alt. Frau Brehmer ist am 
Februar 1794 zu Frankfurt a. O. ge 
boren. Kurz nach Beendigung der Freiheits- 
kriege verheirathete sie sich mit dem im 
Jahre 1843 zu Berlin verstorbenen Steuer 
erheber Brehmer. Seit nunmehr 66 
Jahren wohnt die Greisin in Berlin und 
zwar die letzten Jahrzehnte bei ihrem 
ältesten Sohne, dem 70jährigen Herrn 
Brehmer. Bis heute erfreut sie sich der 
allerbesten Gesundheit und eines regen 
Appetits; drei Söhne, zehn Enkel und 20 
Großenkel bilden die Freude ihres Alters. 
Bei Vollendung ihres hundertsten Geburts 
tages hat die Kaiserin der Jubilarin ein 
namhaftes Geschenk gemacht. 
Neu-Rnppin, 28. Aug. Ein ergötzlicher 
Mützen st reit macht hier von sich reden. 
Der Direktor des hiesigen Gymnasiums 
hat in der „Märk. Ztg-" eine bewegliche 
Klage darüber erlassen, daß „vielfach 
Kinder, die nicht das Gymnasium besuchen, 
Mützen in den Farben und mit den 
Abzeichen tragen, die für die einzelnen 
Klassen des Gymnasiums bestimmt sind." 
Es würden dadurch die Interessen des 
Gymnasiums geschädigt, und er richte 
daher an die Eltern die Bitte, au,' diese 
Interessen Rücksicht nehmen und jener 
„Unsitte" entgegentreten zu wollen. Die 
Kürschnermeister ersuche er dringend, die 
für das Gymnasium und seine Vorschule 
bestimmten Mützen nur solchen Schülern 
verkaufen zu wollen, die zum Tragen dieser 
Mützen nach dem Herkommen berechtigt 
find. Andernfalls müsse die Abschaffung 
der geltenden Sitte in Erwägung gezogen 
werden. Hierauf hat das Lehrerkollegium 
der Mittelschule eine Erklärung ver 
öffentlicht, in der es heißt, daß cs die 
Bekleidung der Schüler getrost den Eltern 
überlasse. Bezüglich des der Mittelschule 
gegebenen Winkes, für ihre Klassen andere 
Farben als die des Gymnasiums auszu 
wählen, bekenne das Kollegium, daß es 
hierauf gern verzichte, da die ganze Sache 
Der Graf von Lasson war nicht der Mann, um die 
Dinge in die Länge zu ziehen, er verließ noch am sel- 
ben Abend Schloß Brassiou und trat am nächsten Mor 
gen in die Kanzlei seines Notars Herrn Corvin. 4 
^Lieber Corvin," sprach er, „ich möchte gern genau 
de» Stand nieiiies Vermögens kennen." 
Der Rechtsanwalt erhob sich, griff nach einem um- 
şmiģreichen Buche, schlug dasselbe auf und entgegnete: 
„Herr Graf, Ihr Hab und Gut beläuft sich mit 
heutigem Tage auf fünf Millionen einhundert und vier- 
undiünfzig tausend Franken." 
„Ah, ich dachte nicht, daß ich so reich sei." 
„Hier ist mein Rechenschaftsbericht, nehmen Sie 
gefälligst Einsicht, Herr Gras." 
„Bester Corvin, all die großen Ziffern verwirren 
mich." 
„Da? Vermögen des Herrn Grafen ist in den soli 
desten Papieren angelegt; ich habe einen Teil der Zin 
sen stets zum Kapital geschlagen, da dieselben nicht be 
nötigt wurden; Sie geben so wenig aus." 
„Das wird anders werden, ganz anders." 
Der Notar machte große Angen. „Herr Corvin, ich 
bin im Begriffe, mich zu verheiraten." 
„Ich billige vollständig Ihren Entschluß, es wun 
dert mich nur, daß Sie denselben nicht schon längst ge 
faßt!" , 
„Ich will vor allein ein Palais kaufen. Sie wer 
den danach trachten, ein passendes zu finden, mein lie 
ber Corvin." 
Das dürste nicht schwer fallen," lächelte der Advo 
kat. „Zufällig ist zu meiner Kenntnis gekominen, daß 
ein hübsches kleines Palais, mit Hof und Garten, in 
der Berri-Straße zu verkaufen ist. Wenn Sie wün 
schen, Herr Graf, werden wir das Palais zusammen 
besichtigen." 
„Sofort, ich habe einen Wagen unten." 
In weniger denn fünf Minuten war der Rechts 
anwalt bereit und sie fuhren zusammen fort. Das Haus 
gefiel dem Grafen imd er erteilte Herrn Corvin den 
Auftrag, es zu kaufen. 
viel zu wenig Werth in seinen Augen habe, 
es halte es im Gegentheil für angemessen, 
alles zu vermeiden, was Dünkel oder 
Kastengeist in den Schülern wecken könnte. 
Inzwischen hat der Gymnasialdirektor den 
Kürschnermeistern seine Bekanntmachung 
mit dem Bedeuten übersandt, daß er bei 
Nichtbeachtung zu „anderweiten Maß 
nahmen" genöthigt sein werde. Der 
Streit hat allenthalben die ungetrübteste 
Heiterkeit erregt. 
Zur Königsberger Börsengarten 
affäre äußertauch die „Nationalztg." ihre 
lebhafte Mißbilligung über das Verfahren 
der betreffenden Behörden. Wenn jene 
Herren das Verfahren das Vorstandes des 
Börsengartens für ungehörig gehalten 
hätten, hätten sic stillschweigend den Besuch 
des Gartens bis zum Ausgleich des Kon 
flikts einstellen sollen. Durch die Soli 
daritätserklärung aber sei eine Art Kasten 
gegensatz verkündet worden, der in den 
heutzutage auf das Zusammenhalten an 
gewiesenen bürgerlichen Kreisen nur, und 
zwar über die von dem Königsberger 
Konflikt berührten Kreise hinaus, verbitternd 
wirken könne. Das Verhalten des kom- 
mandirenden Generals hätte den Mißgriff 
noch in schlimmer Weise verstärkt. 
Die Ehrenjungfrauen, die am 4. 
September in Breslau zum Empfang des 
Kaiserpaares vor dem Rathhause bereit 
stehen werden, sind diesmal nach der 
.Bresl. Ztg." von der allhergebrachten 
Sitte, „in Weiß" zu erscheinen, erlöst. 
Es ist in das Belieben der jungen Damen 
gestellt worden, ihre Toilette völlig nach 
eigenem Ermessen zu komponiren. Während 
der Kaiser von dem Oberbürgermeister 
Bender begrüßt wird, hält eine der Ehren - 
jungsrauen eine kurze Ansprache an die 
Kaiserin. 
Breslau, 31. August. In Beuthen 
(Oberschlesien) wurden beim erneuten Aus 
bruch eines Grubenbrandes in der 
Heinitzgrube zwei Obersteiger, welche die 
Löscharbeiten leiteten, bewußtlos aus dem 
Schacht geholt. Das Feuer wurde ab 
gedämmt. 
Die kontagiösen Augenerkran- 
kungen in Oberschlesien nehmen einen 
immer größeren Umfang an. Aus Rosdzin 
und Schoppinitz werden weitere Erkran 
kungen gemeldet, welche glücklicherweise 
leichterer Natur sind. Von den Schul 
kindern in Karlssegen und Berzenskowitz 
sind 20 Prozent erkrankt. In Siemianowitz 
giebt es 260 augenkranke Kinder. Auch 
in Kattowitz herrscht die Krankheit. 
Aus Saßnitz war der Dampfer „Krön- 
Prinz" Sonntag früh 7 Uhr mit 63 Aus- 
lüglern nach Bornholm abgegangen. Er 
erlitt auf der Rückfahrt Abends 10 >/ 2 Uhr 
bei Stubbenkammer einen Wellenbruch. 
Fünf Stunden lang trieb der „Kronprinz" 
teuerlos umher, bis ihn der dänische 
Dampfer „Minks" ins Schlepptau nahm, 
der ihn Montag Bormittag in Saßnitz 
einschleppte. 
Das gegenwärtig in Eschwegc im 
Manöver liegende Militär aus Kassel hat 
ich für die durch Wetters Unbill und 
Erntenoth hart bedrängte Landwirthschaft 
in anerkennenswerther Weise nützlich 
erwiesen. Kurz nach dem Einmarsch von 
den Exercitien wurde abermals zum 
Appell angetreten und den Soldaten nahe 
gelegt, zur besseren Ausnutzung des endlich 
eingetretenen Erntewetters in ihrer freien 
Zeit ihren Quartiergebern bei den Ernte- 
arbeiten hilfreiche Hand zu leisten, 
da der ganze Nachmittag dienstfrei bleibe. 
So sah denn die Einwohnerschaft das 
seltene Bild, daß die Männer in Königs 
buntem Rock nicht blos auf den Feldern, 
sondern auch beim Einfahren und Abladen 
eifrigst halfen oder in den Gärten sich 
nützlich machten. 
Forst N.-L., 31. August. Durch Zufall 
wurde hier vor einiger Zeit ein Tuch 
fabrikant ermittelt, der schon lange 
Zeit Tuche fabrizirte, ohne Materia 
lien dazu gekauft zu haben. Die 
angestellten Ermittelungen sowie die Haus 
suchung haben überraschende Resultate zu 
Tage gefördert: Wagen voll Rohmaterialien 
sind abgeholt und beschlagnahmt bezw. in 
Gewahrsam genommen worden. Die ein 
geleitete Untersuchung gegen den in Haft 
genommenen Fabrikanten hat immer größere 
Kreise in Mitleidenschaft gezogen, so daß 
außergewöhnliche Enthüllungen zu erwarten 
sind. 
Der Magistrat von Stadthage,l, der 
zweiten Residenzstadt des Fürstenthums 
Schaumburg-Lippe, hatte kürzlich die Ab 
sicht, den Oberbürgermeister a. D. Wipper 
mann besonders auszuzeichnen. Er ernannte 
ihn daher zum Ehrenbürger. Der Herr 
Oberbürgermeister lehnte aber diese Ehrung 
mit der Begründung ab, daß ihm diese 
Auszeichnung bereits vor 2 5 Jahren 
verliehen worden sei. 
Erfurt, 30. August. Für Landwirthe 
wichtig ist ein Urtheil der hiesigen Straf 
kammer. Am 29. Juni v. I. verunglückte 
der 66 Jahre alte Fuhrmann Kellner zu 
Plane dadurch, daß er beim Kleeeinfahren 
mit dem Wagen stürzte und sich hierbei 
eine Kontusion des rechten Fußes zuzog. 
Kellner war fünf Wochen lang arbeits 
unfähig und ist bis heutigen Tages noch 
nicht vollständig geheilt. Von der land- 
wirthschaftlichen Berufsgenossenschaft ist 
diesem Manne eine Jahresrente von 12 Ji 
gewährt worden, gleichzeitig aber wurde 
gegen den Arbeitgeber des Kellner, den 
Landwirth Dressel aus Plaue, die Anklage 
erhoben, weil er geduldet hatte, daß 
Kellner — den Vorschriften der land- 
wirthschaftlichen Berufsgenossenschaften zu 
wider — während der Fahrt auf dem 
beladenen Wagen Platz nahm. Die Staats 
anwaltschaft beantragte 300 Jl Geldstrafe. 
Das Urtheil lautete auf 30 J$ eventl. 
10 Tage Haft. 
Mainz, 31. August. Aehnlich wie in 
den anderen Bundesstaaten ist auch in dem 
Großherzogthum Hessen an die 
Bürgermeistereien die Aufrage gerichtet 
worden, wie sie sich zu der geplanten 
bundesräthlichen Verordnung stellen, wonach 
gewisse Stellen im Gemeindedienst nur 
durch Miltära n wärt er besetzt werden 
sollen. Die Bürgermeisterei Mainz hat 
sich in ihrer Antwort entschieden gegen 
einen derartigen Eingriff in die Selbst- 
ständigkeitderGemeindeverwaltung 
ausgesprochen. 
Zu dem militärischen Unglücks, 
fa l l ans demLechfelde wird der„Nationalztg." 
mitgetheilt, daß ein Verschulden auf keiner 
Seite vorliege. Das betreffende Geschütz 
war mit einer sprenggranate fertig ge- 
laden und das Rohr noch horizontal ge 
kurbelt. Nun muß der Kanonier, der die 
Zündschraube mit einem Schlüssel einzu 
schrauben hat, abgeglitten sein und dabei 
an dem Reiberdraht mit dem Schlüssel so 
gerissen haben, daß die Zündladung sich 
entzündete. Darauf ist der Schuß ganz 
normal lvsgegangen und das Geschoß in 
die Brustwehr gedrungen und krepirt, wo- 
bei die Geschützbedienung durch rückwärts 
schlagende sprengtheile umgerissen wurde. 
Der eine Kanonier ist durch ein Sprengstück 
Im Laufe des Tages noch behob der Graf eine be 
deutende Summe bei der Bank von Frankreich und 
kaufte am nächstfolgenden Morgen Spitzen, Stoffe und 
Schmuckgegenflände für seine Braut. 
Da ihn nichts mehr inParis zurückhielt, beeilteer sich, 
nach Brassion zurückzukehren. 
Drei Wochen später war Helene von Norbonne die 
Gräfin Lasson. 
7. 
Am Tage nach der Hochzeit reiste der Graf mit sei 
ner jungen Frau nach Italien; Helene war entzückt. 
Sie hatte noch nicht viel gesehen im Leben. Ein einzi 
ges Mal hatte sie ihren Oheim nach Paris begleitet, 
wo sie sich jedoch nur zwei Tage aufhielten. Wie alle 
junge Frauen zog das Nene sie mächtig an. 
Ter Graf, zärtlich besorgt und'sie innig liebend, 
wachte mit größter Sorgfalt über sie und umgab sie 
mit all' jenen tausenderlei kleinen Ausiiierksamkeiten, 
die sich nicht schildern, nur empfinden lasse»; sie kam 
niemals in die Lage, ihn um etwas zu biiten, denn be 
vor sie Zeit gehabt hätte, ihn anszusprechen, war jeder 
Wunsch schon erfüllt. Sie hielten sich in allen größeren 
Städten Italiens auf und ließen sich Zeit, die verschie 
denen Sehenswürdigkeilcn in Augenschein zu nehmen. 
Wochen und Moude vergingen, ohne daß sie es ge 
wahrt hätten. So brach der September an, als sie in 
Rom anlangten. Der Graf hatte an Herrn Corvin ge 
schrieben und harrte seiner Antwort; sie kam endlich 
und lautete: „Sie können nach Paris zurückkehren, so 
bald es Ihnen genehm ist, Ihr Palais ist vollständig 
in stand gesetzt, Dienerschaft, Equipagen und Pferde 
stehen ebenfalls zu Ihrer Verfügung." ' 
„Meine liebe Helene." sagte Herr von Lasson zur 
Gräfin, nachdem er ihr den Brief des Notars hatte 
lesen lassen, „sagt es Dir zu, wenn wir jetzt daran den 
ken, unser neues Heim zu beziehen?" 
„Reisen wir, wann immer Du es wünschest." 
Drei Tage später langten der Graf und die Gräfin 
von Lasson in Paris an, und bezogen ihr Palais. 
Helene war entzückt; der Glanz ihrer neuen Um 
gebung betäubte und verwirrte sie. 
mmaamamcgatiffl) p 
Me viele junge Frauen hatte Helene geheiratet 
ohne vieles Ueberlcgen; ihr Oheim riet ihr, die Werbung 
des Grafen anzunehmen, und sie besetzte seinen Rat, 
ohne ihr Herz zu befragen. 
Herr von Lasson mißfiel ihr nicht, vielmehr erweckte 
seine großmütige, edle Natur ihre Sympathie, überdies 
gerade in die Stirn getroffen und nach 
wenigen Minuten verschieden, die andern 
drei Kanoniere sowie den Geschützführer, 
den Einjahrig-Freiwilligen Buck, hofft man 
jetzt am Leben zu erhalten, obwohl alle 
sehr schwere Verletzungen erlitten haben. 
Großenhain, 31. August. Endlich ist 
Licht in das Dunkel gekommen, welches 
betreffs des Verschwindens des Assistenz 
arztes Dr. Hube herrschte. Gestern-Morgen 
wurde der vermißte Arzt, auf dem Gesicht 
liegend, den Kopf auf den einen Arm 
gelegt, im dunkelblauen Uniformrock, mit 
hellblauem goldgestickten Kragen, den Säbel 
umgeschnallt, die Beine in Reithosen und 
Stiefeln steckend, in einem Theile des 
Stadtparkes gefunden. Er war todt 
und schon bedeutend in Verwesung über 
gegangen. Die Leiche, auf deren Brust 
man ein kleines ärztliches Messerchen fand, 
wurde in die Parentationshalle geschafft, 
woselbst Medizinalrath Dr. Grüner die 
Sektion vornahm, deren Befund infolge 
großer Verwesung der Leiche nichts 
Bestimmtes ergeben konnte. Mord oder 
Beraubung liegt auf keinen Fall vor. 
Die Gemahlin Dr. Hubes wurde sofort 
telegraphisch benachrichtigt und dürfte 
mittlerweile zur Abholung der todten 
Hülle ihres so jäh aus dem Leben ge- 
chiedenen Gemahls eingetroffen sein. 
Germersheim, 31. Aug. Der Sergeant 
Neuhofer vom Artilleriedepot wurde, als 
er zu Rad von einem Radfahrerfest in 
Speier zurückkehrte, von einem Bierbrauerei 
wagen überfahren und getödtet. 
Wie nachlässig oft mit dem Einklebest 
vonJnvalidenmarken verfahren wird, 
geht aus einer in den letzten Wochen in 
Augsburg vorgenommenen städtischen Kon- 
trole der Unfall- und Jnvaliditätsver- 
ichernngskarten hervor. Danach wurden, 
wie die „M N. N." melden, bei 3906 
Arbeitgebern insgesammt 19 874 Karten 
kontrolirt, in denen nicht weniger als 
70 370 Marken im Betrage von 16027 
Mark fehlten. Natürlich hatten sämmtliche 
Fälle gegen die betreffenden Arbeitgeber 
Strafeinschreitungen zu Folge. 
Mosbach i. Baden, 31. August. Der 
gestrigen Enthüllung des hiesigen Kr i eg er- 
Denkmals wohnten der Großherzog und 
der Ecbgroßherzog bei. Zum Schlüsse 
der Feier richtete der Großherzog eine 
längere Ansprache an die Festversammlung, 
in der er der Stadt seinen Dank für die 
Errichtung des Denkmals aussprach, und 
chloß mit einem dreimaligen, begeistert 
aufgenommenen Hoch auf Kaiser Wilhelm H- 
Schopfheim, 30. August. Einen ganz 
besonders schlauen Schildbürgerstreich 
hat die benachbarte Gemeinde Kürnberg 
begangen. Die hatte beschlossen, eine 
Wasserleitung zu bauen. Da nun aber 
den Dorfältesten der von der Großherzogl- 
Kulturinspektion Waldshut entworfene Plan 
zu theuer erschien, so ließ man sich ans 
dem Hinteren Wiesenthal einen alten Berg' 
mann kommen, der mit Hülfe seiner 
Wünschelruthe in nächster Nähe des Dorfes 
eine Quelle aufzuspüren versprach. & 
bezeichnete auch wirklich eine Stelle mit 
einer Ruthe, wo man zu graben begann- 
Obgleich der Schacht bereits 12 Meter 
tief ist, ist die Quelle noch nicht entdeckt 
worden. Nach dem Urtheil von Fachleuten 
wird man unmöglich auf Wasser stoßen 
können. Der Gemeinderath ist aber so 
est von der Unfehlbarkeit der Wünschel- 
ruthe überzeugt, daß er beschloß, den 
Schacht auf 24 Meter Tiefe weiterzugraben. 
Der Bergmann erhält täglich 2 Mk. und 
einen halben Liter Drusenschnaps. Wird, 
hatte er Titel und bedeutendes Vermögen; all dies 
blendete sie. Der Graf zog sie aus ihrer Armut, hob sie 
zu sich empor. Sie hielt die Dankbarkeit, welche sie für 
ihren Gatten empfand, für wirkliche Neigung, ja sie 
glaubte, diese»! würdigen, edle» Manne alles Glück be 
reiten zu können, das er verdiente. Sie täuschte sich. 
Seine Gattin ans voller Seele liebend, suchte der 
Graf jede nur deutbare Gelegenheit, um ihr Freude zu 
bereiten. 
Er mietete Logen in der Oper, in dem Schauspiel 
hause, er führte seine junge Frau in die vornehme Welt 
ein, und freute sich der allgemeinen Belvunderung, 
welche man ihr zollte. Er niachte ein großes Haus; die 
Gräfin versammelte in ihren Salons die Elite der Pa 
riser Gesellschaft. 
Der Graf war wie umgewandelt; ans dem tief 
sinnigen Gelehrten war ein angenehmer Gesellichafter 
geworden. 
Nach fünfzehnmouatlicher Ehe genas die Gräfin 
eines Mädchens, das für den Grafen znm Abgott wurde. 
Die Kleine war aber sehr zart, was Herrn von 
Lasson beunruhigte; er sah das Leben seines Kindes 
stets gefährdet, und dies bewirkte, daß er gänzlich auf 
hörte, in Gesellschaft zu gehen, nur um sich keinen Au 
genblick von feinem Töchterchen trennen zu müssen. 
Er entsann sich unglücklicherweise, daß er einst Me 
dizin studiert und beschloß, sich wefter mit dem Studium 
der Arzneikunde zu besassen, um diese Kenntnisse dann 
bei der Behandlung seines Töchierchens zu verwerten. 
Seine Liebe zur Wissenschaft erwachte mit erneuter 
Stärke; eben weil sie so lange geschlummert, hatte sie 
an Stärkeļgonomiiieil. Ec kehrte zu seinen Büchern 
zurück und vergaß die Welt, ja sogar ein wenig seine 
Frau, er dachte nur an sein Töchterchen, und an die 
Mittel, um das Leben desselben zu erhalten. 
Die Gräfin von Lasson zählte noch nicht nennzeh» 
Jahre. Jnng, schön, bewundert, das Leben in volle» 
Zügen genießend, vermochte sie nicht, gleich ihrem G-st 
ten, sich von denl Verkehr mit der vornehmen Welt lx 
zu sagen, den Festen sich fernzuhalten, deren glänzet 
ster Stern sie doch war. Der Graf forderte übrige»» 
dieses Opfer nicht. 
Die junge Frau überließ also ihren Gatten seine» 
lvissenschaftlichen Forschungen und fuhr fort, in de» 
Salons zu glänzen, in welchen man ihr allgemeine 
wnuderung zollte. 
Wenn sie etwas mehr Erfahrung gehabt hätte, viel' 
leicht würde sie keinerlei Gefahr gelaufen sein, doch st 
kannte von der Welt und ihrem Treiben nichts als ^ 
äußere, blendende Seite; vertrauensselig, von iiieraa»' 
dem Böses glaubend, ließ sie sich vollkommen unbefa»' 
gen gehen. 
Ein junger Manu von sechsiiudzwo- ,'g Jahve»- 
schön, elegant, mit glänzender Rednergabe und sturigc» 
Blicken, huldigte ihr in auffallendster Weise; sie tc»' 
ihn in allen Gesellschaften, Ivelche sie besuchte. Lcwst 
widerstand sie seinen Huldigungen, schließlich erlagst 
der Versuchung und gab seinen Liebesbetcucrunge» 
hör. 
Während dem die Gräfin mit dem juinzen Man»* 
einenLiebeSbnnd flocht, befaßte sich der Graf von Lassos 
ahnungslos, welche Gefahr seinem Hause drohe, mit der 
Zusammensetzung eines künstlichen RahrungsstoffeS, 
seiner Tochter Kraft bringen sollte. 
Als die Gräfin nach und nach über ihre Sinnve^ 
wirrnng klarer denken lernte, erkannte sie schaudert 
den tiefen Abgrund, in welchen sie geraten war. 
Ihr Schmerz war maßlos, sie schämte sich ihre* 
selbst; reuevoll erkannte sie das schwere Unrecht, >şş 
ches sie ihrem Gatten zugefügt, dîe'em vertraueusvollrN- 
großmütigen Manne, dem sie alles zu danken hatte: 
Stellung, Vermögen, Ansehen. Sie suchte nicht sich v» 
sich selbst zu entschuldigen. # 
(Fortsetzung folgt.) 37,16 
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