Full text: Newspaper volume (1896, Bd. 2)

Kaiser berief Herrn von Goßler nur zu 
se -er eigenen Information nach Wilhelms 
höhe, und dieser fuhr wieder ab, ohne sich 
über den Zweck der Hinberufung vollstän 
dig im Klaren zu sein. In jenen Tagen 
ist eine ganze Zahl höherer Militärs nach 
Wilhelmshöhe berufen worden. So weilte 
dart beispielsweise am Donnerstag, den 13. 
d. M., außer dem Generallieutenant von 
Goßler auch der Kommandeur der 22 
Division, Generallieutenant v. Collas, und 
tags zuvor hatte der Kaiser mit dem Ge 
nerallieutenant v. Bork aus Hannover eine 
mehrstündige Unterredung. Der Kaiser hat 
sich. wie er das bei der Besetzung höherer 
Militärstellen stets thut, mit sämmtlichen 
in Frage kommenden Generälen besprochen 
und seine Entschließung dann ganz selbst 
ständig getroffen. 
Berlin, 18. August. Zur Frage der 
Militärstrafprozeßordnung findet 
sich in der neuesten Nummer der „Deut' 
schen Juristenzeitung" der erste Theil eines 
Aufsatzes vom Geh. Justizrath Obev 
Auditeur a. D. Solms. Es wird darin 
zunächst das gegenwärtige Verfahren aus 
einandergesetzt und im Anschluß daran 
ausgeführt: Es liegt auf der Hand, daß 
das hier kurz geschilderte Militärgericht 
liche Verfahren weder den wissenschaftlichen 
Anforderungen noch dem rechtlichen Be- 
dürfniß genügen kann. Abgesehen davon, 
daß in dem gesammten Verfahren die 
Entscheidung der wesentlichsten Fragen 
ausschließlich in den Willen des Militär 
befehlshabers gelegt ist und die vorgesehene 
Controle sich praktisch vielfach als unzu 
länglich erweist, ist es namentlich die 
Stellung des Auditeurs bezw. unter- 
suchungsführenden Officiers, 
welche der Anfechtung unterliegt. Von 
der selbstständigen Stellung eines Richters 
kann bei ihnen keine Rede sein, sie haben 
sich den Anordnungen der Gerichtsherren 
auch dann zu fügen, wenn dieselben ihren 
rechtlichen Ansichten widerstreben . . Die 
Militär-Spruchgerichte in ihrer gegenwär 
tigen Zusammensetzung bieten keine aus 
reichende Garantie für eine zweckent 
sprechende Rechtsprechung. Namentlich ist 
dies der Fall bei solchen, in denen Ge 
meine und Unterofficiere als Richter 
mitzuwirken haben. Erstere befinden sich 
durchgehends in einem Alter, welches nach 
bestehendem bürgerlichen Recht ihre Theil 
nahme an einer richterlichen Thätigkeit 
ausschließt, und ihre geistigen Fähigkeiten 
sind selten so weit entwickelt, daß sie der 
Verlesung langer Verhandlungen mit aus 
reichendem Verständniß folgen können. 
Den zu Richtern berufenen Officieren kaun 
die Anerkennung nicht versagt werden, 
daß sie auch bei dem im Heere wenig be 
liebten Gerichtsdienst ihr volles Pflicht- 
gefühl einsetzen und den Ernst der Sache 
voll und ganz zu würdigen wissen. Aber 
auch an sie treten Ansprüche heran, denen 
die menschliche Natur nicht gewachsen ist. 
Man bedenke nur, welcher Anspannung 
geistiger Kräfte es bedarf, um in lang 
wierigen und schwierigen Untersuchungen, 
dem meist monotonen Verlesen dickleibiger 
Aktenbände, das Stunden, oft Tage lang 
währt, die Spreu von den Körnern zu 
sondern und sich ein richtiges Bild von 
dem Verschulden des Thäters zu schaffen 
Der Spruch eines militärischen Gerichts 
erhält erst nach erfolgter Bestätigung und 
Publikation die Rechtskraft. Bis dahin 
hat er nur die Form eines Gutachtens 
und entbehrt jeder rechtlichen Wirkung. 
Gelangt er zur Aufhebung, so gilt er als 
von scriptum, und die Richter, die dabei 
mitgewirkt haben, erhalten keine Kenntniß. 
Die hieraus sich ergebenden Folgen sind 
leicht p übersehen . . . Die Befürchtung, 
daß jede Aenderung dieses Verfahrens 
nothwendig zu einer Schädigung der 
Disciplin führen müffe, ist nicht ge 
rechtfertigt. Auch darf man sich nicht 
über die Stimmung in der Armee täuschen; 
das Bedürfniß nach einer zeitgemäßen 
Reform der Militärstrafrechts 
pflege ist in derselben seit langer Zeit 
rege, nur hindern die militärischen Ein 
richtungen, daß das Verlangen nach Be 
friedigung auch in die äußere Erscheinung 
tritt. 
Berlin, 19. August. Wie die „N. A. 
Z." meldet, hat der Kaiser gestern das 
Bürgerliche Gesetzbuch vollzogen, 
Berlin, 19. August. Der preußische 
Landtag soll diesmal früher als gewöhn 
lich, und zwar nach den „B. P. N." 
bereits EndeOktober einberufen werden. 
Bestimmend ist dabei die Absicht, eine 
Verständigung mit dem Landtag über die 
" esoldungs Verbesserung der Be 
amten so zeitig zu erzielen, daß die 
sämmtlichen neuesten Gehaltspositionen in 
den Entwurf des Etats für 1897/98 ein 
gearbeitet werden können. Es wird an 
genommen, daß bei diesem Verfahren die 
parlamentarischen Verhandlungen über die 
Gehalsverbesserungen vor der Weihnachts 
pause zum Abschluß gelangen können, 
odaß die Anspannung aller Kräfte die 
entsprechende Gestaltung der Einzeletats 
noch zeitig genug erfolgen kann, um die 
Vorlegung des Etats zu Mitte Januar 
oder spätestens einige Tage darnach zu 
ermöglichen. 
Berlin, 19. Aug. Der preußische Minister 
des Innern hat sich anläßlich einer Reihe 
von Einzelfällen veranlaßt gesehen, die 
ihm Nachgeordneten Behörden darauf hin 
zuweisen, daß als F e l d z u g s t h e i l - 
n e h m e r im Sinne des Reichsgesetzes 
vom 22. Mai 1895 nur diejenigen Veteranen 
gelten, die thatsächlich an einem Gefecht 
theilgenommen oder in einem zu einem 
Feldzug ausgerückten Truppentheil gestanden 
haben. Der Aufenthalt während eines 
oder mehrerer Kriegsjahre in der Garnison 
kann hiernach nicht als Theilnahme am 
Feldzug angesehen werden, und die betreffen 
den Jahre kommen auch bei der Anrechnung 
nicht in Betracht. Es ist daher in Zukunft 
bei jedem Antrag auf Gewährung der 
gesetzlichen Beihilfe von 120,.// der Nachweis 
zu liefern, daß und wann der Antragsteller 
mit seinem Truppentheil zum Feldzug 
ausgerückt ist, bezw. welche Schlachten oder 
Gefechte er mitgemacht hat. Eine Fest 
stellung nach dieser Richtung hin dürste 
wohl nur in seltenen Fällen auf Schwierig 
keiten stoßen. 
Berlin, 19. August. Das Kaiserliche 
Gesundheitsamt macht bekannt, daß, nach 
dem die Sammelforschungen über die 
Wirksamkeit des Diphtherieheilserums 
ein vorläufiges günstiges Ergebniß 
gehabt haben, fortan die Heilanstalten mit 
den der Sammelforschung dienenden Ar 
beiten nicht mehr belastet werden sollen, 
und von der Einsendung bezüglicher sta 
tistischer Ausweise abgesehen werden soll. 
Berlin, 19. August. Das unerfreuliche 
Vorkommniß der Ungültigkeitser 
klärung der ersten Ziehung der Aus 
stellungslotterie ist begreiflicher Weise 
in aller Munde und erregte nicht nur 
hier, sondern auch überall da, wohin der 
Telegraph die Kunde dieses sensationellen 
Ereignisses trug, berechtigtes Aufsehen. 
Sind doch die 500000 Loose der Series. 
über alle Welt verstreut, und es ist nur 
zu erklärlich, daß die Nachricht mit sehr 
gemischten Gefühlen aufgenommen wird. 
Bei den glücklichen Gewinnern, namentlich 
der Haupttreffer, erregte sie selbstverständ 
lich Betrübniß und Aerger, während die 
488 518 Durchgefallenen sich mit einer 
gewissen freudigen Befriedigung dem Ge 
danken hingeben, daß ihnen durch das 
unaufgeklärte Vorkommniß nun eine neue 
Gewinnchance geboten und Frau Fortuna 
sich ihnen diesmal vielleicht wohlgesinnter 
erweisen wird. Und doch — merkwürdige. 
Widerstreit der Gefühle — spricht man 
selbst in den Kreisen der Loosbesitzer mit 
tiefem Bedauern von dem so schwer ge 
täuschten Arbeiter, dem die launische 
Glücksgöttin das große Loos in den 
Schooß warf, um es ihm ebenso schnell 
wieder zu entreißen. Das ist hart, sehr 
hart, und man versetzt sich unwillkürlich 
in die Lage des Mannes, dem sich Plötzlich 
ein weiter Horizont des Glückes aufthat, 
und der im Besitz des ihm so unverhofft 
zugefallenen Capitals die Zukunft für sich 
und die Seinigen im rosigsten Lichte sah. 
Wie selten schüttet das Glück auf den Be 
dürftigen eine solche Gabe aus, wieviel 
seltener wird sie einem der Beschenkten 
auf solch tückische Weise wieder entrissen, 
und dieser Eine mußte diesmal gerade 
einer der Wenigstbegüterten sein, der in 
harter Arbeit um seine Existenz kämpfte 
und nun mit dem schmerzlich bitteren Ge 
fühl weiter kämpfen muß, daß ihm Fortunas 
Becher, den er schon mit vollem Recht 
leeren zu dürfen glaubte, so unerbittlich 
von den Lippen gerissen wurde. Daß 
über das leidige Vorkommniß überall sehr 
abfällig geurtheilt wird, finden wir be- 
greiflich. Steht doch so viel fest, daß die 
ganze Ziehung nicht mit der nöthigen 
Präcision» nd Aufmerksamkeit durch 
geführt wurde. Zahlreiche Augenzeugen 
bekunden, daß der Waisenknabe, der die 
Gewinnloose zog, dies nicht, wie es Vor- 
schrift ist, mit aufgestülpten Aermeln that. 
So liegt die Wahrscheinlichkeit vor, daß 
das fehlende Gewinnloos in des Knaben 
weitem Rockaufschlag verschwand. Auch 
daß er stets das zweite und dritte Loos 
zog, ehe das erste verlesen und aufgeklebt 
war, kann nicht bestritten werden, und es 
ist zu hoffen, daß diesen Ungehörigkeiten 
bei den künftigen Ziehungen energisch ge- 
steuert wird. Denn wenn auch so viel 
feststeht, daß man mit dem redlichsten 
Willen das Geschäft der Ziehung vorbe 
reitete und jeder Gedanke an eine absicht 
liche Unregelmäßigkeit hier ausgeschlossen 
war, so ist doch die Thatsache, daß eine 
Wiederholung stattfinden muß, kein be 
sonders erfreulicher Abschnitt in der bisher 
so ehrenreichen Geschichte der Gewerbe- 
Ausstellung. 
Die goldene Amts kette des Ober 
bürgermeisters von Spandau wird die 
Stadtverordneten-Versammlung in dieser 
Woche nochmals beschäftigen. Die Aller, 
höchste Kabinetsordre zur Anlegung der 
Amtskette ist zwar eingegangen, es fehlen 
aber noch die Mittel zur Beschaffung dev 
selben. Es waren von den städtischen 
Körperschaften ursprünglich 300 Mark 
für zwei silbervergoldete Ketten, eine für 
den Oberbürgermeister und die andere für 
den Stadtverordnetenvorsteher, bewilligt 
worden; inzwischen ist aber nur dem Ober 
bürgermeister gestattet worden, eine Aus 
zeichnung anzulegen, und zwar die goldene 
Amtskette; diese kostet aber 500 Mark 
und diesen Betrag soll nun die Stadtver 
ordneten-Versammlung erst noch bewilligen 
Gegen die 300 Mark hat seiner Zeit ein 
Drittel der Stadtverordneten gestimmt. 
Königsberg, 19. Aug. In Szittkehmen 
entlud sich ein schweres Gewitter, wobei 
die 62jährige Mutter des Besitzers Gallic 
not vom Blitz getödtet wurde. 
Anläßlich des Besuches des deut 
schen Kaiserpaares in Görlitz ,im 
September herrscht bei allen Behörden längst 
der preußisch-sächsischen Grenze eine fiebev 
hafte Thätigkeit. An den Tagen des 
Kaisermanövers, vornehmlich aber am 7. 
September, wird wohl die schwerste Ver- 
antwortung auf den Eisenbahnbeamten 
ruhen, die aus verschiedenen größeren 
Stationsorten zahlreiche Verstärkung er 
halten und deren Leitung die obersten 
Chefs selbst in die Hand genommen haben. 
Der Güterverkehr wird vollständig einge 
stellt, da außer den Hofzügen die Militär- 
züge und regulairen Schnell- und Personen 
züge die Strecke befahren. Das Zaren 
paar von Angesicht zu sehen, wird fast 
unmöglich sein, denn das Manöverterrain 
einschließlich der Bahnhöfe wird militärisch 
abgesperrt. Auf jedem Bahnhof, den der 
Zug passirt, kommen Militär- und Gen 
darmerie-Posten, die ein- und ausfahrenden 
Züge müssen vor dem Bahnhof so lange 
halten, bis der Zarenzug ven Bahnhof 
durchfahren hat. Reisende, selbst die nicht 
zum Dienst befohlenen Beamten, dürfen 
die Bahnsteige nicht betreten und alle 
Ein- und Ausfahrtsweichen, Telepraphen- 
bureaux und die Strecken werden mit dem 
zuverlässigsten Beamtenpersonal besetzt. 
Das Verbot des Betretens wird sich auch 
auf die Bahnhofsrestaurationen erstrecken 
und auf einzelnen preußischen Grenzstationen 
werden in Folge der getroffenen Schutz, 
maßregeln Umbauten vorgenommen. Der 
Görlitzer Bahnhof, der in eine großartige 
Empfangshalle umgewandelt wird, ist 
während des Aufenthaltes des Kaisers und 
des Zaren für den übrigen Verkehr voll 
ständig gesperrt. Alle disponiblen Ma 
schinen und Wagen der in Frage kommen 
den Eisenbahn - Directionen sind für die 
Manövertage bei Görlitz-Breslau in Be 
reitschaft zu halten. Den Hofzügen werden 
sogenannte Vor- und Nachläufer beige 
geben. 
Zu den Kaisertagen in Breslau 
werden außer den bereits genannten fürst 
lichen Personen noch die Prinzen Leopold 
und Ludwig von Bayern eintreffen. Die 
Haupttage der großen Manöver werden 
sich vom 10. bis 12. September auf den 
Schlachtfeldernvon1813beiBautzen 
abspielen. An diesen Tagen begiebt sich 
der Kaiser von Görlitz nach Pommritz. 
Zwischen Zschorna und Kohlwesa beiHochkirch 
wird ein großes Biwak abgehalten werden. 
In der gestrigen Sitzung des in Bres 
lau abgehaltenen Verband stages der 
deutschen Bäckerinnungen gab die 
Neuorganisation des Handwerks Anlaß zu 
sehr lebhafter Debatte. Geh. Oberregierungs, 
rath Dr. Sieffert erklärte auf eine An 
frage, die Zwangsorganisation sei 
für das gesummte Handwerk vorge 
sehen, die Regierung habe nur geglaubt, 
die außerhalb des Handwerks stehenden 
freien Innungen nicht stören zu sollen. 
Die meisten Redner erklärten sich für d i e 
Zwangsorganisation, bezeichneten 
aber die Vorlage als noch verbesserungs 
bedürftig. — Der Verbandstag faßte 
heute eine längere Resolution, worin er 
klärt wird, daß die Zwangsorgani- 
sation de s Handw erks eine bedeutende 
und sehr nützliche Förderung zu dessen 
Hebung ist, und worin die Hoffnung aus 
gedrückt wird, daß es der bevorstehenden 
Handwerkerconferenz gelingt, die Mängel 
in dem Entwurf zu beseitigen. Des 
weiteren bezeichnet die Resolution den Be - 
f ähigungsnachw eis alsüb er flüssig, 
dagegen sei es nothwendig, daß das Recht, 
Lehrlinge zu halten, nur denjenigen 
zuerkannt werde, die eine Gesellen- und 
Meisterprüfung abgelegt haben. Endlich 
wird die Errichtung eines deutschen 
Reichs-Handwer ksamts gefordert. 
Ferner wurde in einer Resolution die 
Sonntagsruhe als das Bäckergewerbe 
'chwer schädigend bezeichnet und 
die Erwartung ausgesprochen, das die 
Regierung ven Bäckern den Verkauf ihrer 
selbsterzestgten Waare an Sonn- und Feier 
tagen wenigstens bis 5 Uhr gestatten 
werde. 
In dem Personenzuge, der von Inster 
burg um 9,50 Uhr nach Königsberg abging, 
gerieth am Donnerstag zwischen Waldhausen 
und Norkitten durch Funken von der Loco 
motive ein Wagen vierter Klasse in 
Brand. Die Passagiere waren zwar in 
großer Angst, Niemand aber hatte, wie 
die „Elbinger Ztg." mittheilt, aus Furcht 
vor Strafe den Muth, die Nothbremse zu 
ziehen. In Norkitten wurde das Feuer 
gelöscht. 
Stolp, 19. August. In Bad Kolberg 
wurde der 30jährige, jung verheirathete 
Kaufmann Salo Nothmann aus Breslau 
auf Requisition des Breslauer Staats 
anwalts verhaftet. Nachdem das Vorver 
hör auf der Polizeistatiou beendet war, 
zog der Verhaftete plötzlich ein Taschen 
messer hervor und durchschnitt sich die 
Kehle. Sein Zustand ist hoffnungslos. 
Bei Schießübungen des 24. Infam 
terieregiments in der Nähe von Wittstoik 
wurde eine ältere Frau, die sich durch die 
Postenkette hindurchgeschlichen hatte, um zu 
ihrem im Schußbereich der Truppen bele- 
genen Garten zu gelangen, der „N. R.-Z." 
zufolge durch eine Kugel tödt lich ge> 
troffen. 
Ein verhängnißvoller Zusammenstoß 
zwischen einem Eisenbahnzuge und 
einem Arbeitswagen fand Montag' 
Nachmittag in der Nähe von Passendorf 
statt. Als der von Halle abgelassene Per 
sonenzug Nr. 4 die Passendorfer Chaussee 
kreuzte, fuhr in schneller Gangart ein 
schwer beladener Arbeitswagen über das 
Geleise. Die Maschine erfaßte das Fuhr 
werk und zertrümmerte dasselbe vollständig; 
der Kutscher sowie die beiden Pferde 
wurden auf der Stelle getödtet, die 
Lokomotive leicht beschädigt. Der Zug 
erlitt durch den Unfall eine halbstündige 
Verspätung. 
Ueber ein Erlebniß, wie es sonst eigent 
lich nur in Büchern vorzukommen pflegt, 
wird aus Leipzig Mittheilung gemacht 
Vor einiger Zeit entfernte sich ein Zog' 
ling einer dortigen Unterrichtsanstalt, ohne 
von seinen Angehörigen vorher Abschied 
genommen zu haben, und langte nach 
mancherlei Fährlichkeiten in der Schweiz 
an, wovon die Familie Kenntniß erhielt. 
Die Schwester des jungen Mannes machte 
sich nunmehr auf den Weg und zwar nach 
Zürich, in welcher Stadt sich ihr Bruder 
aufhalten sollte, um denselben wieder nach 
Hause zu bringen. Sie logirte sich in 
einem dortigen Gasthause ein, von wd 
aus sie die erforderlichen Schritte unter 
nahm, um den Gesuchten zu finden. Den 
Bruder fand sie nicht, wohl aber einen 
Bräutigam. Der Besitzer des Gasthauses 
nämlich, ein Junggeselle, hatte Gefallen 
an der jungen Dame gefunden und trug 
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Im Manne dunkler Gewalten. 
Roman von Elfried v. Hohenstein. 50 
Aber von ihm einen Freundschaftsdienst annehmen, 
oder auch nur einen Rat? Nein und tausendmal nein! 
So demütigt sich kein Waldenburg! Lieber in den Stru 
del hinab gerissen werden, lieber verhungern, als die 
helfende Hand eines großmütigen Feindes ergreifen! 
So hatten sie alle gedacht, die mit stolzen, trotzigen 
Menen in der Ahnengallerie von den Wänden herab 
blickten, und so dachte auch er. — Es gab nur zweier 
lei, was geschehen konnte oder mußte; entweder Rein 
erz ließ sich zu einem neuen Uebereiiikommen bewegen 
— natürlich indem seine habgierigsten Forderungen be 
willigt wurden, oder der Bankerott mußte angemeldet 
werden. Waldenburg mußte die Frist verlängern, gleich 
viel um welchen Preis. Vielleicht bewährte sich doch noch 
das alte Sprichwort: „Kommt Zeit, kommt Rat." Also 
nicht gezögert! 
Wie seiner Sinne nicht mächtig, taumelte Walden 
burg mit unsicheren Schritten der Thüre zu, da raschelte 
etwas hinter seinem Fuße; cs war ein eigentümlicher 
Ton, der seltsam auf seine erregten Nerven wirkte, der 
ihn zwang, stille zu stehen und nieder zu blicken. Und 
als er gesehen, was er da zertrat wie einen giftigen 
Wurm, lachte er wieder unheimlich und schneidend und 
stemmte den Fuß mit aller Gewalt auf den Boden. Aber 
das glatte, niattglänzende Papier war doch nicht zu ver 
nichten, der stunime und dennoch so beredte Ankläger 
spottete des zornigen Thäters. Da faßte Waldenburg 
mit zitternder Hand darnach und schleuderte den Ballen 
indas offenstehende Fach des Schreibtisches, dann schellte 
er, verlangte Hut und Ueberrock und eilte fort. Es dul 
dete ihn nicht im Hause; die vier Wände erschienen ihm 
wie die Mauern eines Gefängnisses. Wie in früherer 
Zeit fühlte er sich von dem Verlangen, planlos umher 
zu irren, ergriffen und fortgetrieben. 
Der Sturm nahm an Gewalt zu, und die Schnee 
flocken rieselten dicht herab. Albert dachte nicht daran, 
sie abzuschütteln. Er wanderte weiter durch elegante 
Stadtviertel und durch von kleineren Geschäftsleuten 
und Arbeitern bewohnte, und befand sich plötzlich an 
der Ecke der Sch .. straße, ohne zu wissen, ob sein Wille 
oder der Zufall ihn hingeführt. Bor einem kleinen Hause 
stand eine gewöhnliche Mietskutsche. 
Waldenburg ging vorüber, blickte nach der Hausthür 
und las: Nr. 18. Er konnte nicht umhin, den Kutscher 
anzurufen und zu fragen: „Haben Sie nicht eine Dame 
hierher gefahren?" 
„Jawohl!" erwiderte der Mann. 
„Ist sie noch anwesend?" 
„Ich soll warten." 
Albert trat in den schmalen Flur und stieg die 
Treppe hinauf, nicht hastig und stürmisch, sondern laug- 
samen, schweren Schrittes. Schwer stützte sich auch seine 
Hand ans das Geländer, und wiederholt blieb er stehen : 
einmal, um mit seltsamem Blick ein altes Heiligenbild 
anzustarren, dessen Rahmen verblichene Rosen und 
schwarz gewordene Silberranken schmückten, und dann, 
um einen langen klaffenden Riß in der Mauer zu be 
trachten. Nicht als ob ihn diese Dinge interessiert hät 
ten, aber er fühlte, daß unbeschreibliche Wut in ihm 
gärte, daß alles ihn zu einer wahusinnigen That drängte, 
daß er im Begriff war, sich zu etwas Furchtbarem, 
Grauenhaftem hinreißen zu laffen, und er fürchtete seine 
eigene, bis in's Maßlose gesteigerte Heftigkeit und den 
Augenblick, wo das Weib milder Duldermiene, das sich 
scheinheilig in den strahlenden Mantel der Tugend hüllte, 
entlarvt vor ihm stehen würde. 
Der Sturm fuhr heulend um das Haus, fing sich 
indem kleinen dreieckigen Hof und rüttelte an den Dach 
rinnen. Irgendwo mußte ein Fenster nicht ordentlich 
schließen, odereine Scheibe zerbrochen sein, denn eisiger 
Zug bewegte raschelnd die verblichenen Blumen-Guir- 
landen. Unter dem verwitterten Heiligenbild brannte 
eine Lampe, die zugleich dem Zwecke diente, die Treppe 
zu beleuchten. Die Flamme schwankte hin und her, 
warf, bald hochaufflackernd, bald sich verdüsternd, röt 
liche Lichter auf die Wände und ließ das gemalte Ant 
litz, das sich seltsam von dem fast schwarzen Hintergrund 
abhob, zuweilen verzerrt und drohend erscheinen. 
Das alles beobachtete Waldenburg, während jede 
Fiber in ihm zuckte, und dabei zählte er mechanisch die 
Stufen, die noch zu ersteigen waren, bis zu der Thür 
mit dem Messingtäfelchen, worauf: „Frau Rompe" ge 
schrieben stand. 
Plötzlich wurde die Thür geöffnet und im nächsten 
Moment vom Luftzug zugeworfen. Zu gleicher Zeit ver 
losch das unruhige Flämmchen. 
Albert war zurückgetreten. Er hatte nur flüchtig 
einen pelzverbrämten Mantel gesehen und den leisen 
Schrei eines weiblichen Wesens vernommen. Die Er 
schrockene mußte aber ihren Weg gut kennen, denn sie 
fand ihn trotz der Dunkelheit. Ihr seidenes Kleid rauschte 
über die ausgetretenen Stufen und streifte den an der 
Mauer lehnenden Mann. Da überwältigte ihn sein lei 
denschaftliches Naturell. Er hielt den Arm der Vor- 
übereilenden fest und sagte mit unterdrückter Stimme: 
„Rosa, was führt Dich in dieses Haus, wo Richard 
Reck aus-und eingeht?" 
Ein zorniger Aufschrei antwortete ihm, und als es 
nun wieder hell wurde, weil jemand Licht auf den Vor 
saal stellte, taumelte er fast zurück und stammelte ver 
wirrte unzusammenhängende Entschuldigungen, denn 
wie eine beleidigte Fürstin, den Kopf etwas zurückgebo 
gen, die schwarzen Augen flammend vor Entrüstung, 
stand Melanie vor ihm und fragte zürnend: „Was be 
deutet das ? Stehen die beiden Namen, welche Sie eben 
nannten, in Beziehung zu dieser unerwarteten Scene, 
so schenkten Sie einer erbärmlichen Verleumdung Glau 
ben." 
„Es handelt sich allerdings, tvie ich jetzt sehe, um 
einen Bubenstreich, dessen Urheber ich zur strengsten 
Rechenschaft ziehen muß," gab Waldenburg zu. Er be 
reute bitter, sich ihr gegenüber verraten zu haben. „Ver 
zeihen Sie mein unbefugtes Eindringen, welches für 
den Gipfel der Unverschämtheit gelten müßte, hätte ich 
ahnen können, Sie hier zu finden. Den anonymen Brief 
schreiber werde ich entdecken, und dann soll er seine That 
büßen." 
Der Ausdruck ihrer Züge blieb finster und abwei 
send. Langsam stieg sie die Stufen wieder empor, ihn 
durch eine Geberde auffordernd, ihr zu folgen. 
Er wollte mit erneuten Entschuldigungen ablest' 
nen, aber sie wiederholte die Aufforderung in eine!" 
Tone, der keinen Widerspruch zuließ. 
Eine Dienerin öffnete auf den ersten Klingt 
zug. Melame klopfte an die nächste der drei in de" 
schmalen Korridor mündenden Thüren. „Herein!" rick 
eine Frauenstimme. Das Gemach, in welches Alben 
jetzt blickte, war einfach aber traulich eingerichtet. 
dem mit braunem Stoff überzogenen, etwas altmostst 
scheu Sopha stand ein mit Büchern und Schreibhefte" 
bedeckter Tisch, an welchem ein ungefähr zwölfjährig^ 
Mädchen eifrig schrieb, sich jetzt aber erschrockeuumsav 
Die au ihrer Seite sitzende alte Dame erhob sich, 
den Eintretenden entgegen zu gehen. 
„Gestatten Sie mir, Ihnen in Herrn von 
bürg, der sich ebenfalls lebhaft für unseren Schützling 
interessiert, einen Bekannten von Onkel und Tante, ft 
wie von Herrn Reck vorzustellen," sagte Fräulein 
ton und fuhr, zu Albert gewendet, fort: „Frau Ober' 
lehrer Rompe, Taute Beates Freundin und die gütige 
liebevolle Erzieherin dieser Waise, der auch Sie Jh?. 
Teilnahme schenken Gern will ich Ihnen alles mittt'' 
len, was das Kind betrifft. Zwei Jahre sind verflösse"- 
seit . . ." 
„Bitte, liebes Fräulein, ich habe eS nicht gech 
wenn vor Helene davon gesprochen wird." unterbra» 
die alte Frau mit leiser Stimme. „Indem ich sie >"f 
den Schularbeiten fortfahren lasse, lenke ich ihre A"!' 
merksanlkeit ab." 
Melanie nickte. Noch zwei andere in einer Reihe tft 
gende Zimmer waren geöffnet, sie schritt in das letzte 
während Waldenburg ihr folgte. Dort erzählte sie tt)" 1 ' 
wie Richard sich bc§- verwahrlosten Kindes ang-noA 
men und Beate für dasselbe ein Unterkommen ge'"ck- 
und später bei der Lehrerswitwe Rompe gefunden 
„Ich, Reck und die Tante besuchen abwechselnd dm 
Mädchen und freuen uns, daß aus der Halbverwilder 
ten ein intelligentes, fleißiges und gute Anlagen ze^ 
gendes Wesen wird. welches warme Dankbarkeit um 
Anhänglichkeit beweist. 43,1b 
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nicht, 
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