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êìe Subvention von je 25 OOO fl. für das
Jubiläum des Wiener Regiments der
Deutschmeister und für die Decorirung der
Stadt bei der Ankunft des Zaren. Es
heißt in der Resolution, daß die Arbeiter
gegen solche mißbräuchliche Verwendung
von Communalgeldern und gegen die
Ehrung des Zaren protestiren und ihre
proletarischen Brüder in Rußland ihrer
Sympathien beim Kampf gegen den Ab>
solutismus versichern. Die Redner in
allen Versammlungen ergingen sich in
heftigen Ausfällen gegen den Zaren und
protestirten dagegen, daß er bei seiner
Ankunft in Wien namens der Bewohner
der Stadt begrüßt werde. Zwei Ver-
sammlungen wurden deshalb aufgelöst,
worüber ein großer Tumult entstand. Die
Wache mußte einschreiten und die Säle
räumen. In einer dritten Versammlung
wurde der Protest gegen den Zaren nicht
zur Abstimmung zugelassen, worauf die
Versammlung rief: „Wir protestiren doch
gegen den Zaren!"
Schweiz.
Ein mächtiger Felskopf oberhalb
Kalpetran im Zerwattthal drohte schon seit
langem mit Einsturz. Als die Lage im
vergangenen Jahre bedrohlicher wurde,
berief man Prof. Heim von Zürich, auf
dessen Anordnung wurde das Dörfchen
Emd, das von der Felsenkuppe bedroht
war, vollständig geräumt und Wachtposten
wurden aufgestellt, die telephonisch mit dem
Thale verbunden waren, um jede bedroh
liche Veränderung rechtzeitig zu melden,
und ein ganzes Beobachtungssystem einge-
richtet. Als nun in der Nacht zum Frei
tag starke Gewitter niedergegangen waren,
begann der Felskopf sich bedenklich zu
neigen, Freitag stürzten einzelne Steine
als Vorboten des Hauptsturzes nieder.
Nachdem es in der Nacht zum Sonnabend
abermals heftig geregnet hatte, erfolgte
endlich der erwartete Absturz. Der
Felskopf sprang über die Bahnlinie und
die Visp hinweg auf das andere Ufer,
ohne irgend welche Beschädigung anzurichten.
Die Bahnlinie blieb vollkommen unberührt.
Angesichts des sicher zu erwartenden Ab-
sturzes war der letzte Abendzug eingestellt
worden. Im übrigen hat der zur Zeit
sehr rege Verkehr auf der Zermatter Bahn
keinerlei Unterbrechung erfahren. Die Be
völkerung athmet auf, da nun der ge-
fürchtete Felssturz erfolgt ist, ohne irgend
welches Unheil zu stiften.
Inland.
Berlin, 11. August. Ein kleiner Unfall
ist der Kaiserin, wie erst nachträglich be
kannt geworden ist, auf ihrer letzten Reise
passirt. Während der Festfahrt ereignete
sich nämlich in Ruhrort auf dem Schiff
das Mißgeschick, daß ein Tisch umstürzte
und der Kaiserin auf die Füße fiel. Die
Schmerzen, welche die hohe Frau empfand,
waren anfänglich nicht gering, und eine
Zeit lang schien es zweifelhaft, ob es ihr
möglich sein würde, den weiteren an
strengenden Rundgang des Programms
durchzuführen. Ihre Willensstärke und
Pflichttreue trugen aber den Sieg davon;
wenn sie schon mehrere Male ihr leb
haftes Bedauern darüber geäußert hatte,
daß es dem Kaiser nicht vergönnt gewesen
sei, den Patriotismus der niederrheinischen
Bewohner kennen zu lernen, so wollte sie
selbst keine Anstrengungen scheuen, um die
durch das Fernbleiben ihres hohen Gemahls
getrübte Festfreude wieder herzustellen.
Und glänzend ist ihr dies gelungen! Ueberall
sind ihr die Herzen entgegengeflogen.
Berlin, 11. August. Die Krisenge,
rüchte sind mit der Rückkehr des Reichs
kanzlers von Wilhelmshöhe ziemlich ver
stummt. Fürst Hohenlohe scheint darauf
zu rechnen, noch längere Zeit in feiner
Wohnung in der Wilhelmstraße zu bleiben;
denn er läßt jetzt die Beleuchtung nach
seinem Geschmack umändern. In der
„Magdebg. Ztg." wird überhaupt bestritten,
daß wegen der Reform des Militär-
strafverfahrens eine Krisis in der
letzten Zeit bestanden habe. Die Bedenken
des Kaisers gegen die geplante Abänderung
des Strafverfahrens seien schon im Früh
jahr ganz gering gewesen. Als der Reichs
kanzler am 18. Mai die bekannte Er-
klärung abgab, dürste er der Zu st immun g
des Kaisers wohl schon sicher gewesen
sein. Auch die „Kreuzztg." nimmt an,
daß Fürst Hohenlohe in der Lage sein
werde, den versprochenen Entwurf im
Herbst dem Bundesrath zur Beschlußfassung
vorzulegen. Auch der „Hamb. Corr."
meldet, daß die Reise des Reichskanzlers
nach Wilhelmshöhe nicht durch die Frage
der Reform der Militärstrafprozeßordnung
veranlaßt worden ist. Der Kaiser habe
die Reise nach dem Niederrhein allerdings
aufgegeben, um den Fürsten Hohenlohe zu
sich zu berufen, aber lediglich deshalb,
weil die verschiedenen schwebenden aus-
wärtigen Fragen erörtert werden sollten.
— Der Handelsminister Brefeld hat der
„Franks. Ztg." zufolge an die Halberstädter
Handelskammer einen Erlaß gerichtet, dem
zufolge die Kammer mit der Verwaltung,
Leitung und Beaufsichtigung der geplanten
kaufmännischen Fachschulen in
den größeren Städten des Bezirks beauf
tragt wird, und der Staat nicht nur
dauernd ein Drittel aller erforderlichen
Jahreszuschüsfe, sondern auch Mittel aus
Staatsfonds für die erstmalige volle Ein
richtung aller Schulen, für die Ausbildung
der Lehrer und andere Aufwendungen
übernimmt. Es darf hieraus wohl auf die
Absicht des Handelsministers geschloffen
werden, den Handelskammern überhaupt
die Oberleitung der kaufmännischen Fach
schulen zu übertragen.
- Eine Petition an den Bundesrath
haben Frauen Leipzigs zu Gunsten des
Acht-Uhr-Ladenschlusses gerichtet.
Dieselbe hat 1603 Unterschriften erhalten
und ist von Frauen aller Stände unter
zeichnet worden. Eine diesbezügliche Sta
tistik vermerkt 133 Frauen von Professoren,
Juristen, Aerzten rc., höheren Beamten,
Künstlern und Lehrern, 94 Frauen von
Fabrikanten, Buchhändlern u. Kaufleuten,
sowie selbstständigen Geschäftsinhabern,
116 Lehrerinnen und Künstlerinnen, 17
Haushälterinnen. 140 weibliche Handels
angestellte, 95 Frauen von Handwerkern
und Unterbeamten, 280 Arbeiterinnen und
Arbeiterfrauen und 726 Frauen ohne An.
gäbe des Standes oder Berufes.
— Die Angelegenheit des deutschen
Militärinstrukteurs Krause in
China, der, wie bekannt, unlängst in
Nanking von chinesischen Soldaten arg
gemißhandelt wurde, ist jetzt geschlichtet
worden. Die chinesische Regierung zahlt
ihm 25 000 Mk. und verzichtet auf seine
weitere zweijährige Dienstzeit.
— Eine für GastWirthe wichtige
Entscheidung ist neuerdings vom Kam
mergericht gefällt worden. Nach derselben
kann nicht der Gastwirth wegen ruhestören-
den Lärms in seinen- Lokale bestraft wer.
den, wenn dieser Lärm durch seine Gäste
verursacht worden ist. Letztere bleiben
vielmehr dieserhalb verantwortlich.
— Der Reichstagsabgeordnete Ahl -
wardt hat aus Amerika die Nachricht
nach Berlin gelangen lassen, daß er im
Herbst nach Deutschland kommen werde.
In Ahlwardt nahestehenden Kreisen will
man jedoch wissen, daß sein Besuch nur
von kurzer Dauer sein wird. Zunächst
wird er in Berlin mehrere öffentliche Bor
träge über die Erfolge seiner antisemitischen
Agitation in Amerika halten, dann aber
auch die Angelegenheit wegen seines Reichs-
tagsmandats regeln, d. h. das Mandat
niederlegen.
Berlin, H. August. Wie erinnerlich,
waren der Bergmann Schröder und Ge
nossen in Essen wegen Meineids in einer
Prozeßverhandlung verurtheilt worden, die
nach Ansicht Vieler die Schuld der
Angeklagten nicht zweifellos festgestellt hat.
Es werden jetzt Anstrengungen gemacht,
die Wiederaufnahme des Verfahrens herbei
zuführen. Wie verlautet, wird die Ange
legenheit auch im Landtage oder Reichs-
tage zur Sprache kommen.
Berlin, 10. August. Der Arbeiter-
ängerbund von Berlin und Umgegend
^eierte am Sonntag unter Betheiligung
von großen Massen — die Zahl wird auf
40000 geschätzt — in der Pichelsdorser
Brauerei bei Spandau sein Sommerfest.
Zur Bewältigung des Verkehrs hatte die
Eisenbahnverwaltung von Berlin aus gegen
50 Sönderzüge eingelegt; außerdem waren
viele Hundert Kremser, zahlreiche Dampfer
in Bewegung, um die Theilnehmer hin-
und zurückzubesördern. Dem Militär war
mr den Sonntag der Besuch von Pichels
dorf überhaupt untersagt.
Berlin, 10. Aug. Der e r st e Pfleg
ling für die Lion'sche Kinderbrut-
anstatt in der Gewerbeausstellung ist
am Sonntag-Nachmittag in dem dazu be-
stimmten Pavillon abgeliefert worden. Es
ist dies ein am 5. d. M. in der Charitee
geborenes Kind, das von der noch jugend
lichen Mutter mit 7'/ 2 Monaten zur Welt
gebracht wurde. Es wog bei der Geburt
nicht ganz 2 Kilogr., während das Normal
gewicht eines Neugeborenen ans 3,500
Kilogr. angenommen wird. Die ihm vom
Arzt verordnete Temperatur von 32 Grad
Reaumur im sein säuberlichen Brutkasten
soll ihm nun das ersetzen, was ihm am
„Normalen" fehlt. Vorläufig wird das
Kind (ein Junge) mit verdünnter Kuhmilch
ernährt. Die Eröffnung des Pavillons
erfolgte alsbald nach Einlieferung des
Kindes. Bis Abends 9 Uhr hatte der
Pavillon etwa 900 Besucher.
Berlin, 10. August. Zur Reise Prof.
Mendel's nach St. Petersburg erfährt die
„Frkf. Ztg." von competenter Seite, daß
Prof. Mendel nicht an das russische
Hoflager, sondern zu dem in Zarskoje
Selo weilenden reichen St. Petersburger
Kaufmann Alexander Kokorew berufen
wurde. Kokorew .ist seit nahezu zwanzig
Jahren nervenleidend und hat die Manie,
jeden Monat eine andere Autorität zu
consultiren. Außer den russischen Aerzten
hat er von deutschen Autoritäten auf dem
Gebiete der Nervenkrankheiten im Laufe
dieses Jahres schon Gerhardt, Leyden,
Eulenburg, Schweninger, Erlenmeyer und
jetzt Mendel an sein Krankenlager citirt
und jeder der Aerzte erhielt 20 000 Mk.
als Honorar.
Der bekannte Ingenieur Otto Lilienthal
in Berlin, der die Vervollkommnung des
von ihm aufgestellten Flugsystems zu seinem
Lebenszweck gemacht hatte, ist bei einem
Flugversuche in Rhinow (Mark Branden
burg) abgestürzt und in der kgl. Klinik in
Berlin seinen Leiden erlegen. Der Zu
stand war von vornherein hoffnungslos,
da die Wirbelsäule gebrochen war.
Ein großer Brillanteudiebstahl ist
in Groß-Lichterfelde verübt worden. Dem
Capitän z. S. a. D. Frhrn. v. Rössing
hat man zwischen 4 u. 7 Uhr aus seinem
Landhause (Jägerstraße 4) Brillanten und
Schmucksachen anderer Art im Werthe von
mindestens 10 000 Mk. gestohlen.
In der Angelegenheit der Thorner
L a n d e s verrathssache wird gemeldet,
daß die Akten bereits an den Oberreichs,
anwalt in Leipzig abgegangen sind. Die
Untersuchung scheint aber noch weitere
Ausdehnung anzunehmen, denn seit gestern
weilt der Criminalcommissar von Tausch
aus Berlin wieder in Thorn.
Bromberg, 10. August. Der Regie-
rungspräsident zu Bromberg hat durch
Polizeioerordnung die Verwendung von
Kindern, die das schulpflichtige Alter
noch nicht erreicht haben oder noch nicht
aus der Schule entlassen sind, zu öffent
lichen Schaustellungen irgend welcher
Art, insbesondere auch zu Theatervorstel-
lungen, bei Strafe verboten. Für theatra
lische Vorstellungen kann die Ortspolizei
behörde nach Anhörung der Schulbehörde
in einzelnen Fällen Ausnahmen gestatten.
Das furchtbare Unwetter, daß vor
mehreren Tagen in der Provinz Posen
wüthete, hat erhebliche Opfer ge
fordert. Durch die herabfallenden Hagel-
stücke sind etwa ein Dutzend Knechte und
Mägde auf dem Lande ganz erheblich ver-
mundet worden. In Mechlin, Tesin und
Sroczewo zerstörte der Sturm mehrere
Stallungen, wobei 30 Stück Rindvieh er
schlagen wurden. In Konärski und
Dombrowka wurden drei Windmühlen
umgestürzt und zertrümmert. In Kalei,
Chronstowo und Umgegend fand man aus
den Feldern viel erschlagenes Wild, so
unter anderm 60 Rehe, etwa 100 Hasen,
140 Rebhühner und eine Anzahl Hirsche.
In den Kreisen Schrimm, Schroda u. s. w.
sind zahlreiche Störche und Reiher durch
den Hagelschlag getödtet worden. Ein
Glück ist es, daß die Rvggenernte schon
vollständig hereingebracht war.
Aachen, 11. Aug. Auf der Grube „Anna"
bei Kohlscheid wurden heute zwei Berg
leute durch Herabstürzen von Gesteins
massen getödtet.
Bor einiger Zeit wurde in Solingen
ein Mann in Polizeistrafe genommen, weil
dessen Kind zu Kaisers Geburtstag
die Schule versäumt, d. h. an der patriotischen
Schulfeier nicht theilgenommen hatte. Der
Vater erhob gegen diesen Strafbefehl Ein
spruch, indem er betonte, Kaisers Geburts
tag sei ein schulfreier Tag, und an einem
solchen brauche sein Kind die Schule nicht
zu besuchen, am allerwenigsten aber dürfe
man ihn zwingen, sein Kind an einer
patriotischen Kundgebung, die nicht im
Rahmen des Schulunterrichts liege, theil
nehmen zu lassen. Das Schöffengericht
von Solingen theilte diese Ansicht und
hob den Strafbefehl der Polizeibehörde
als unbegründet auf. Hiergegen legte nun
der Amtsanwalt Berufung ein, und die
Folge davon war, daß sich die Strafkammer
in Elberfeld mit der Sache befaßte, die
das erstinstanzliche Urtheil aufhob und den
Mann zu der im Strafbefehl festgesetzten
Strafe verurtheilte und zwar in Ueber
einstimmung mit einem Gutachten der
königlichen Regierung zu Düsseldorf, das
aus Anlaß dieses Spezialfalles von der
Anklagebehörde eingeholt worden war. In
diesem wurde unter anderem ausgeführt:
Die Schule habe sich keineswegs auf den
Unterricht zu beschränken, zu ihren Auf-
gaben gehöre auch die Erziehung und
Bildung des Charakters. Die Schule
solle der Jugend insbesondere patriotische
Gefühle einimpfen, und dazu würden vor-
zugsweifediepatriotischenGedenktage benutzt.
München, 10. August. Wie der „Voss.
Ztg." von hier geschrieben wird, hat der
Kriegsminister die Anordnung getroffen,
daß fortan sämmtliche Verhandlungen, die
von den Militärgerichten anberaumt
werden, an einer dem Publikum zugäng-
lichen Stelle an den Kasernen angeschlagen
werden.
Einen werthvollen Fund machte die
Frau des Fischers Meßmer in Konstanz,
sie erstand aus dem Nachlasse der dort
verstorbenen Wittwe des Rechtsanwalts
Molter verschiedenes Bettzeug. Bei Oefs-
nung eines Kopfpolsters fand sie zu ihrer
Ueberraschung Werthpapiere im Betrage
von 26000 Mark, bestehend in Stadt
obligationen von Konstanz und Ueberlingen,
sowie in Sparkassenbüchern von Ueber-
lingen, Salem und Heiligenberg. Der
Nachlaßpfleger, dem die Frau von dem
Funde Anzeige erstattete, theilte ihr mit,
daß dies das Geld sei, welches die Erb
lasserin dem Armensonds vermacht habe
und das seit einiger Zeit vergeblich gesucht
wurde.
Jena, 11. August. Auf dem Verbands-
tag derThüringer Gewerbevereine,
auf dem 50 Vereine mit 9000 Mitgliedern
vertreten waren, wurde energisch die Ein
schränkung der Gefängnißarbeit verlangt
und eine Resolution in diesem Sinne an
die Regierung beschlossen. Sodann wurde
der neue Gesetzentwurf über die Or
ganisation des Handwerkes kritisch
beleuchtet und von den Rechtsanwälten
Dr. Zeiße-Jena und Mardersteig-Weimar
als das traurigste Produkt bezeichnet, das
je aus dem Schooßc des Ministeriums
für Handel und Gewerbe hervorgegangen
sei. Die Gewerbevereine nahmen energisch
Stellung gegen Zwangsinnungen und
beschlossen, eine kräftige Agitation gegen
den Entwurf ins Leben zu rufen.
Meiningen, 11. Aug. Das Ministerium
richtet vom 1. September ab in Verbindung
mit dem Regierungsblatt einen unentgelt
lichen Stellen- und Arbeitsnachweis
für das ganze Herzogthum ein.
Die Reichstags-Ersatzwahl in
Schlettstadt hat ein überraschendes Resultat
geliefert: Der klerikale Kandidat Spies,
Mitglied des Landesausschusses, ist mit
8150 Stimmen gewählt worden. Sein
Gegner, Kreisdirektor Pöhlmann (Hospitant
der conservativen Partei) erhielt 5327
Stimmen. Bei den allgemeinen Wahlen
im Jahre 1893 hatte Pöhlmann 6686
erhalten, während auf den protestlerischen
Kandidaten nur 4865 Stimmen fielen uns
außerdem 175 socialdemokratische und 79
zersplitterte Stimmen abgegeben wurden.
Da der Wahlbezirk etwa 15 500 Wahl
berechtigte hat, von denen 13 787 zur
Wahlurne gingen, so war die Betheiligung
diesmal eine ungewöhnlich starke. Der
frühere Bürgermeister von Schlettstadt,
Spies, dessen Wahl von den Protestlern
aufs eifrigste unterstützt wurde, hat gegen
1893 also über 3000 Stimmen gewonnen,
während der bisherige Vertreter ves Wahl
kreises, Pöhlmann, dessen Mandat bekannt-
lich vom Reichstage wegen Wahlunregel
mäßigkeiten für ungültig erklärt worden
war, über 1400 Stimmen verloren hat.
Ein eigenthümlicher Kirchen schmuck
ist in der neuen Garnisonkirche in Hannover
Im Manne dunkler Gewalten.
Roman von Elfried v. Hohenstein. 37
„Auf der Rückkehr nach Moosburg kommen wir
dort vorüber, und er wird sich dann wieder zu uns
gesellen. — Ist es Ihnen unangenehm, wenn das Kind
neben Johann sitzen bleibt, bis wir das Häuschen er
reichen, wo ich es einstweilen unterbringen will? Dann
iļaņn es so lange hier bleiben und später geholt wer
den."
,,Jch habe nichts dagegen, wenn fie mitfährt," er
widerte Melanie, sich leicht in den Wagen schwingend,
der in kaum zehn Minuten den betreffenden Gasthof
erreichte; Norton ließ sich den Vorfall erzählen, ver
barg aber seine Meinung unter dem gewöhnliche» „Hm!
Hm!" und berichtete dann über den abgeschlossenen
Ankauf. An einem kleinen Bauernhause, das dicht am
Gehölz zwischen Blumenau und Moosbnrg lag und
von beiden Gütern gleich weit entfernt war, ließ Reck
halten, sprang ab, übergab das Kind einer gutmütig
aussehenden älteren Frau, mit welcher er einige Worte
wechselte, geleitete hierauf Norton und dessen Nichte
nach Moosburg zurück und nahm Abschied von ihnen.
Am nächsten Tage führten ihn geschäftliche Ange-
legcuheiten schon zu ziemlich früher Stunde in ein be
nachbartes Dorf. Er hatte sich diesmal nicht des Ge
fährtes bedient, und auf dem Rückwege dachte er daran,
seinen Schützling zusehen. Mit dem Gemeindevorsteher
und dem Ähafer Martin war bereits am verfloffeneu
Abend ein Abkommen getroffen ivorden. Man freute
sich, der Last, für den Sprößling eines gesunkenen
Elternpaares sorgen zu müssen, überhoben zu sein.
Als Reck das Hänschen betrat, fand er es leer.
Die Bäuerin mähte vermutlich in der Nähe Gras für
ihre Ziegen. Aber wo war das Kind ? Sollten die Worte
der Alten: „Ach, die Lene ist ja doch nicht zu halte»,
dir klettert aus dem Fenster und läuft davon," sich
schon so bald bewahrheitet haben?
Freilich, die Kleine hatte keine Silbe auf alles
freundliche Zureden erwidert nnd immer nur scheu und
finster nach der Thür gesehen, als harre sie des Augen
blickes, wo eS ihr gelingen würde, hinaus zu schlüpfen.
Sie war wie ein ängstliches, gehetztes Tier gewesen,
das sich in einen Winkel verkriecht und instinktiv die
erste Gelegenheit zu entfliehen ergreift, und mochte aus
Geivohnheit in daS alte Elend, in den Schmutz, aus dem
er sie ziehen wollte, zurückgekehrt sein.
In die Nähe der geöffneten Küchenthür kommend,
von welcher mehrere Stufen in das verwilderte Gärt
chen hinab führten, wich Richard erst mit einer Geberde
der Ueberraschung zurück, blieb aber dann, gefesselt von
der Eigenart des Anblickes, der sich ihm darbot, un
willkürlich stehen. Auf einer alten eingesunkenen Stein
bank, die fast versank zwischen Grün und bunten Blu
men, faß-Melanie und sprach bald laut und eindring
lich, bald sanft und flüsternd zu dem verivahrlosten
Kinde, das ihr nicht antwortete. Die Hoffährtige konnte
Töne von berückender Weichheit anschlage», süß und
schmeichelnd und leise vibrierend. Und wer hätte ge
glaubt, daß der schroffe, stolze, düstere Ausdruck, der ihrer
Schönheit einen unheimlichen Charakter gab, in solche
Freundlichkeit und Milde sich umzuwandeln vermöge.
Aus den schtvarzen, sonst so durchdringenden und
befehlenden Augen leuchtete mitleidige Zärtlichkeit,
und doch gehörte nicht geringe Geduld dazu, immer wie
der dieselben ermunternden Worte zu tviederholen,
während Lene sich so tief ivie möglich in das Gebüsch
hinein drückte und den Mund, an dessen Winkeln sich
jetzi schon zwei tiefe Falten hinabzogen, die das Kin
dergesicht fast alt erscheinen ließen, nicht öffnete. Der
Blick des Mädchens hing freilich so erstaunt, als ent
hüllte sich ihm ein Wunder, an dem schönen lächelnden
Gesicht, und endlich legte es halb furchtsam, halb wi
derwillig die braunen Finger in die schon so oft ver
gebens dargereichte Hand.
Reck verharrte noch an derselben Stelle und be
trachtete mit Staunen und Rührung dieses herzer-
quickeude Bild echt weiblicher Barmherzigkeit. Er hatte
immer die Achseln gezuckt und unwillig den Kopf ge
schüttelt, ivenn man Melanie ein Rätselwesen nannte.
Für ihn war fie bisher nichts weiter als ein wunder
bar schönes, aber selbstsüchtiges, prunkliebendes und
herzloses Weib gewesen, das mit kaltem Hochmut auf
der glänzenden, blumenbestreuten Bahn des Reich
tums ivandelt und so ruhig, wie über einen weichen,
kostbaren Teppich, auch über das Glück eines Menschen
hinweg schreiten und es, ohne mit einer Wimper zu
zucken, zertreten würde. Und nun zeigte sie sich ihm
ganz anders, und ohne Berechnung, ohne Koketterie.
Wie losgelöst von der Welt des Glanzes, in der sie
sich sonst bewegte, wie angeweht von dem Ernste einer
großen, heiligen Aufgabe, erschien sie ihm. Er fühlte
Beschämung über sein harte» und doch so oberfläch
liches Urteil; es war ihm zu Mute, als müßte er ihr
etwas abbitten. Während er stand und, den Blick nicht
von ihr wenden konnte, bemerkte sie plötzlich, daß man
sie beobachtete, sprang aus und warf den Kopf wieder
so stolz zurück, lote es ihre Gewohnheit war, ivenn sie
jemand mit rücksichtsloser Offenheit andeuten wollte,
daß seine Gegenwart ihr unerwünscht und lästig sei.
Ihre Augen hatten sekundenlang den früherm stolzen,
abweisenden Ausdruck.
„Verzeihung, daß mein unerwartetes Erscheinen
Sie in der Ausübung eines guten Werkes unterbrach,"
entschuldigte sich Richard ziemlich linkisch, indem er
grüßend näher trat.
„Eines guten Werkes?" lachte fie spöttisch. „Ich
vertrieb mir die Zeit, indem ich die Wildkatze zu bän
digen versilchte."
„Es thut mir leid, gekommen zu sein," wiederholte
er etwas kurz und wirklich Bedauern empfindend, daß
sie den Zauber dieser Stunde fetbļt zerstörte. „Welche
Gründe Sie auch herführten, entschuldigen Sie mein
unerwartetes Erscheinen."
Melanie stieg die kleine wackelige Steintreppe hin
auf. Er folgte ihr. In der Stube blieb sie stehen und
blickte zurück. Seltsani nahmen sich die beiden hohen,
imposanten Gestalten in dem kleinen, niederen Gciuach
mit dem großen, grünen Kachelofen und der alten
Schwarzwälderuhr aus.
„Taute Beate wartet im Gehölz «uffmich," jagte das
zur Anw
Aussehen
figürliche
in der L
füdwestlic
der Bau!
gestellt! :
der Kai
Amalekit
»Dieweil
siegte Js
trägt dil
kanzler (5
den reck
stützende«
ist der !
diese.
Mädchen. „Sie will Ihnen helfen, in Schwerin ei»
passendes Unterkommen für die Kleine zusuchen."
Reck nickte nachdenklich. „Das ist sehr gütig von
Frau Limpert. Sir wird eher als ich das Rechte finde»
und, indein sie eine gute Wahl trifft, dem Kind die
größte Wohlthat eriveisen "
„Vielleicht wäre es eine viel größere Wohlthat, şie
ihrem Schicksal, ihrem Stumpfsinn und ihrer trotzigen
Verbitterung zu überlassen."
„Diese Worte stehen nicht im Einklang mit der be-
wundernngswürdigen Geduld, welch« Sie soeben b«.
wiesen und die nur aus einein Gefühle echten, schönen
Mitleids hervorgehen konnte." ...
„Aber es ist ein übel angebrachtes, thörichtes Mit
leid, wenn man sich bemüht, jemand aus eine Stufe
zu heben, von welcher aus er sein Elend deutlich über
sehen kann. Ja, wenn sie nicht als denkendes, empfin
dendes Wesen weiter existieren müßte. Ist jhx erst
klar geworden, welche»« sumpf sie entstammt, dann
wird sie von diesen Erinnerungen, wie von einer wü
tenden Meute, durch die Welt gehetzt «verden nnd,
etvig auf der Flucht vor der Schande i£>rer Eltern,
dieses Schreckgespenst immer und überall wieder finden.
Ein solches Erbe ist ein Nepusgewand, das sich nicht
abstreifen läßt."
Als Richard sie überrascht und fragend ansah,
glaubte er i» ihren Augen eine Geschichte unaussprech
lichen Leides zu lesen. Melanie hatte sich in eine Erre
gung hineingeredet, d«e er kaum begriff, und ver
stummte nm« plötzlich, wie jemand, der fühlt, daß er
sich in unverantwortlicher Weise fortreißen ließ.
„Wenn unsere Ansichten auch auseinander gehen, st»
bleiben «vir doch in gewissem Sinne Bimdesgenoffen."
sagte sie nach längerem Schiveigen viel ruhiger, „und
da das sogenannte Rettnugswcrk einmal veschloffeae
Sache ist. muffen Sie mir gestatten, mich ebenfalls
daran zu beteiligen."
Sie reichte siting ihre Hand, die er mit «varmem.
festem Druck umschloß, dann traten sie aus dein Hause
und gingen Frau Limpert, die langsam naher kam.
entgegen. 43.16*
an den <s
vier Fak«
Medizin:
gelangt;
Züge des
dem der
Kirche
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