Full text: Newspaper volume (1896, Bd. 2)

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Donnerstag, öen 6. August 
1896. 
Morgen-Depeschen. 
^ Wesel, 5. August. Aus Befehl des 
Königs von Belgien begaben sich der 
Gouverneur von Lüttich und der Comman 
dant des Divisionsbezirks Lüttich hierher, 
um den Kaiser bei seiner Ankunft am 
August im Auftrage des Königs zu 
^grüßen. 
Derlin, 6. August. Wie aus Kassel 
bench ixt wird, reisen der Kaiser und die 
Ķaiserin am Donnerstag-Abend 10 '/2 Uhr 
V°» Wilhelmshöhe über Schlverte-Witten- 
Dberhausen nach Wesel, wo die Ankunft 
Morgens 9 '/4 Uhr erfolgt. Nachdem 
e I rr ine ^uhrort und Hügel besucht worden sind, 
mit Pfà "wlgt die Rückkehr nach Wilhelmshöhe 
ir persönlich. am Sonntag Morgen. 
Srodcrs. Berlin, 6. August. Der Kronprinz und 
Prinz Eitel Friedrich sind von Kassel in 
interhause. 
luben, Küche dieser Nacht nach Plön abgereist. 
uni * Purlin, 5. August. Der „Reichsanz." 
meldet: Der Handelsminister Brescld ist 
zum Bundesrarhsbevollmächtigten ernannt 
worden. 
„ Berlin, tz. August. Die „Nordd. Allg. 
Äg." bezeichnet die Darstellung der Bres- 
lauer Morgenzeitung" bezüglich des Bor- 
sallcs in der Militärschwimmanstalt in 
Breslau als im Allgemeinen richtig 
Jedoch könne erst die eingeleitete Unter 
suchung Klarheit darüber schaffen, ob der 
Tod eingetreten ist, weil der Kürassier 
Waller vorschriftswidrig behandelt wurde, 
oder aus anderen Gründen. Es kann sehr 
wohl noch eine plötzliche Erkrankung vor 
liegen. Wenn die „Brest. Morgenzkg." 
weide, der Unteroffizier sei verhaftet, so 
ln davon an hiesiger maßgebender Stelle 
"tchts bekannt. (S. unter Breslau. D.Red.) 
Berlin, 6. August. Zu der Thorner 
--ondesverraths-Affaire erfahren wir weiter, 
baß außer den beiden verhafteten Unter- 
vfüzieren auch ein Wallmeister in Haft ge 
kommen worden ist. 
Königsberg i. Pr., 5. August. An Hitz- 
ichlag verstorben sind heute hier wieder 
Personen. Glücklicherweise ist setzt etwas 
kühleres Wetter eingetreten. 
Mllrienbnrg, 5. August. Ern bei dem 
Gutsbesitzer Schwichtenberg im Vororte 
Sandhof bediensteteS Mädchen begab sich 
nach der Nogat, um zu baden. Dort ist 
ste, wie die polizeilichen Ermitrelungen e» 
geben haben, von zwei Arbeitern aus 
-vorslerbusch überfallen, vergewaltigt und 
V o ie - Ņ°gat geworfen worden, wo man 
me Lerche am Ufer fand. Die Mörder sind 
bisher nickt verhau^ 
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Markt 63. 
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Kopenhagen, 5. August. Wie hier ver 
lautet, wird die Kaiserin-Wittwe mit dem 
Großfürsten Michael und der Großfürstin 
Olga am Sonnabend zum Besuche des 
königlichen Hofes hier eintreffen. 
Ischl, 6. August. Die Audienz, die 
gestern Mittag der deutsche Botschafter in 
Wien, Gras Eulenburg, beim Kaiser Franz 
Josef hatte, wird in Zusamnienhang ge 
bracht mit der durch die Haltung Englands 
in der Kretafrage hervorgerufenen Ver 
schiebung der politischen Lage. 
Wien, b. August Der Stadtrath be 
willigte gestern 25000 Fl. zur Aus 
schmückung der Straßen bei der Ankunft 
des Kaiserpaares von Rußland. 
Belgrad, 5. August. Auê Politischer 
Rachsucht überfielen die Dorfbewohner von 
Rogojevce den dortigen fortschrittlichen 
Gemeindevorstand Fanasji Stepovic und 
schlugen ihn mit Knütteln todt. 
Brüssel, 5. August. Eine von 3000 
Personen besuchte Katholikenversammlung 
forderte die Regierung auf, gleich zu Be 
ginn der Kammersession Vorschläge zu 
einer socialen Gesetzgebung nach deutschem 
Muster zu machen. — Wie der „Patriote" 
aus Mecheln meldet, drangen in das dor 
tige katholische Vereinslokal 500 Socialisten 
ein und zerstörten und plünderten dasselbe 
Dabei wurden mehrere Personen 'durch 
Messerstiche verwundet. Etwa 20 Ruhe 
störer sind festgenommen worden. 
Athen, 6. August. Aus Kandia wird 
gemeldet, daß die Türken sich aller um 
liegenden Dörfer der Christen bemächtigt 
und die Letzteren daraus vertrieben haben 
Der Kommandant von Kandia wurde 
provisorisch durch den früheren Stadt 
kommandanten ersetzt. Die Zahl der in 
Athen eingetroffenen kretensischen Flüchtlinge 
wächst aus Tausende an. Nach weiterer 
Meldung wurde der Stadtkommandant von 
Kandia vor den Thoren der Stadt ange 
fallen und von den Türken mißhandelt. 
Paris, 6. August. Anläßlich der be 
vorstehenden Ankunst des Zarenpaares in 
Wichy sind dortselbst zahlreiche russische 
Geheimpolizisten eingetroffen. 
Madrid, 5. August. Ein Hanfe von 
etwa 50 niit Flinten bewaffneten Personen 
durchzog in letzter Nacht die Umgebung 
Valencias und schoß auf die Steuerbeamten 
Die Polizei, die gegen die Tumultuanten 
ausrückte, ivurde mit Flintenschüssen 
empfangen. 4 Personen wurden verwundet, 
darunter eine Frau schwer. Andere be 
waffnete Hansen durchzogen in gleicher 
Weise verschiedene Dörfer. Cavallerie 
wurde gegen sie entsandt und zerstreute sie. 
Man glaubt, daß die Banden von Repu 
blikanern gebildet worden sind. Einige 
Verhaftungen wurden vorgenommen. 
Konstantinopel, 5. Aug. Der Sultan 
erklärte, eine europäische Blockade der 
Insel Kreta würde eine Verletzung seiner 
Herrscherrechte bilden; der Plan einer 
solchen Blockade scheint infolgedessen auf 
gegeben worden zu sein. 
Rom, 6. August. Für die Freilassung 
der noch gefangen gehaltenen Italiener 
fordert, wie aus Massauah gemeldet wird, 
Menelik 5 Millionen Francs. 
London, 5. August. In einer Kohlen 
grübe in der Nähe von Heath in Süd 
wales fand eine heftige Explosion statt. 
2 Personen wurden getödtet, eine Anzahl 
ist verschüttet und, wie man glaubt, todt. 
London, 6. August. Bei 'der Gruben- 
Explosion in Heath sind 25 Bergleute 
ums Leben gekommen. 
London, 5. August. Li-Hnng-Tschang 
hat sich heute Vormittag nach Osborne 
begeben, um der Königin sein Beglaubi 
gungsschreiben zu überreichen. — Bei seiner 
Ankunft in Portsmouth wurde er von den 
Militär- und Hafenbehörden empfangen. 
Unter Salutschüssen schiffte er sich auf der 
königlichen Aacht „Alberta" ein. 
MzMâà 
Belgien. 
Brüssel, 5. August. Im Prozeß 
gegen Lothai re hielt heute der Staats 
anwalt Hhmans eine kurze Rede, in der 
er erklärte, daß ihm das angefochtene 
Todesurtheil gegen Stokes in absolut 
regelmäßiger Weise gefällt zu sein scheine. 
Die Stellung Lothaire's sowohl als Richter 
wie als Befehlshaber der Truppen könne 
nicht angefochten werden; er verlange dem- 
gemäß die Freisprechung des Ange- 
klagten. Zugleich bemerkte der Staats 
anwalt, Lothaire sei kein Mörder, sondern 
ein Held, der sein Bestes gethan habe, um 
den Frieden in den durch die Araber ge 
störten Gebieten wieder herzustellen. Diese 
sonderbare Anklagerede wurde mehrere Mal 
durch Beifall unterbrochen. Morgen folg! 
das Urtheil, das unzweifelhaft auf Frei 
sprechung lauten wird. 
EnZLüNd. 
London, 5. Aug. Jameson und Ge 
nossen werden im Londoner Holloway- 
Geiängniß mit aller möglichen Rücksicht 
behandelt. Ihre Zellen sind die geräumig 
sten und best eingerichteten der Anstalt. 
Andere Vergünstigungen bestehen darin, 
daß die Verbrecher nicht mit den übrigen 
Gefangenen die körperlichen Uebungen im 
Gefängnißhofe mitzumachen brauchen und 
nicht beim Gottesdienste mit ihnen 
zusammenkommen, Besuche können sie so 
viele empfangen, wie sie wollen. Ihr 
Briefwechsel soll nicht durch die Gefängniß 
beamten kontrollirt werden. Das unweit 
des Gefängnisses liegende Hotel liefert die 
Mahlzeiten. Die Lektüre unterliegt keiner 
lei Beschränkungen und ein mäßiger Ge 
nuß geistiger Getränke wird auch nicht 
beanstandet. In der That ist es nur noch 
die Freiheitsberaubung, welche als Strafe 
angesehen werden kann. 
Rußland 
Petersburg, 5. Aug. Der Kaiser hält 
am 24. d. Mts. eine große Parade in 
Krassnoje Sselo ab. — Der Besuch des 
Kaiserpaares in Wien wird wahrscheinlich 
drei Tage dauern. Der Besuch in Darm 
stadt ist fraglich geworden, dagegen ist 
eine Zusamenkunft in Berlin beschlossen. 
Italien. 
Palermo, 5 Aug. Seit gestern herrscht 
hier ein außergewöhnlich heißer Sirocc 0. 
Die Temperatur erreichte 44 Grad Celsius 
im Schatten und 52,5 Grad Celsius in 
der Sonne. Trotz der Hitze ist der Ge 
sundheitszustand ausgezeichnet. Die aus 
wärts verbreiteten Nachrichten von 
Cholerafällen sind durchaus unbe 
gründet. 
Inland. 
— Auf den überseeischen Sta 
l i 0 n e n werden demnächst verschiedene 
Aenderungen in der Besetzung mit Kriegs 
schiffen erfolgen. Das aus der kaiserlichen 
Werft in Danzig in Reparatur befindliche 
Kanonenboot „Wolf" wird nach seiner 
Fertigstellung im Oktober nach Ostasien 
abgehen. Das Kanonenboot „Wolf" wird 
in den japanisch-chinesischen Gewässern nur 
so lange stalionirt bleiben, bis die im Bau 
befindlichen Kreuzer „K" und „L" fertig- 
gestellt sind. Außerdem kehre der Kreuzer 
4. Klasse „Sperber" von der westafrika 
nischen Station heim und wird voraus 
sichtlich durch den neuen Kreuzer „Geier" 
ersetzt. Auch das Stationsschiff „Loreley" 
verläßt bekanntlich die Mittelmeerstation, 
und an die Stelle desselben tritt der statt 
liche Dampfer „Mohican". 
— Nach den nunmehr getroffenen Dis 
positionen wird die erste Versammlung des 
allgemeinen preußischen Städtetages 
am 29. und 30. September ds. Js. in 
Berlin abgehalten werden. Zunächst wird 
sich der Städtetag mit seiner Constituirung 
und der Feststellung von Satzungen be 
schäftigen, doch sollen auch schon praktische 
Fragen aus die Tagesordnung gesetzt 
werden. Als solche sind nach der „Franks. 
Ztg." zunächst in Aussicht genommen: 1. 
die Uebernahme der Bau- und Wohlfahrts 
polizei und die Ausführung des Polizei 
kostengesetzes; 2. die Heranziehung der 
Städte zur Uebernahme von Verwaltungs 
geschäften für allgemeine staatliche Zwecke 
und zu besonderen Leistungen zu Gunsten 
der Allgemeinheit; 3. die Anstellung der 
städtischen Beamten auf Lebenszeit oder 
auf Kündigung. 
— Die Fritz Friedmann'sche 
Broschüre über den Fall Kotze ist 
nunmehr im Buchhandel erschienen. Sie 
wurde in Paris ausgegeben, ohne daß sich 
jedoch ein besonderes Interesse für diese 
neueste Erscheinung auf dem Büchermärkte 
bemerkbar gemacht hätte. Wir haben 
unseren Lesern einen längeren Auszug aus 
der Broschüre bereits mitgetheilt und 
dabei angedeutet, daß die hochgespannten 
Erwartungen, mit denen man dem viel 
umstrittenen Elaborat des ehemaligen 
Rechtsanwaltes in gewissen Kreisen ent 
gegensah, eine gründliche Enttäuschung er- 
fahren würden. Das Werk zerfällt in 
zwei Theile. Der erste behandelt die Ge 
schichte des Prozesses Kotze, der zweite 
beschäftigt sich mit der Charakteristik Kaiser 
Wilhelms und der Hofgesellschaft. Die 
Schrift enthält kaum etwas, was ihr Ver 
bot in Deutschland wahrscheinlich machen 
könnte. 
— Eine offiziöse Auslassung beschäftigt 
sich mit den Mtßständen, welche das ge 
drängte Zusammenwvhnen verschiedener 
Personen, insbesondere das Schlafstellen 
wesen in Berlin und anderen Großstädten 
in sittlicher und crimineller Hinsicht mit 
sich bringt, und meint, daß diesen Miß 
ständen in wirksamer Weise vorgebeugt 
werden könnte, wenn der Zuzug von Ar 
beitern an die Bedingung einer den An 
forderungen der Gesundheitspflege wie der 
Sittlichkeit entsprechenden Wohnung ge 
knüpft würde. Wenn mit Zwangsbestim 
mungen dieser Art Hand in Hand eine 
fruchtbare gemeinnützige Thätigkeit zur 
Beschaffung geeigneter Arbeiterwohnungen 
loppel« 
sen in 
Im Manne dunkler Gewalten. 
Roman von Clfrird v. Hohenstein. 28 
Wie eine rosige Apf-lblüt- nahm sich das lieb 
le. Kllidergepcht aus und die Händchen lagen zu 
„nzigen Fausten geballt auf der himmelblauen Decke 
der griffen so energisch nach vorgehaltenen glänzenden 
Scgenstaiidcn. als 'volle der Erbe von Grünau jetz^ 
Äon ze'gen. daß es ihm à»st nicht an Kraft und Wil- 
cnsstärke fehlen werde. Mit fast abgöttisch« Zärtlich 
es hing Rosa an dem kleinen Paul und war^untröst- 
ich, daß sie nicht immer um ihn sein, ihn nicht allein 
'siegen und hüten durfte. Aber daS wollte Albert nicht 
iUgcben, und als sie mit größerer Beharrlichkeit als 
oust seine Ansichten bekämpfte, sagte er schroff und un- 
lednldig: „Vergiß doch nicht immer, daß Du keine 
leine BürgcrSfi au, sondern eine Dame der vornehmen 
Vcl t bist. Ich „„iß Dich daran erinnern, denn >vir wer 
den nun sehr bald aus unserer Zurückgezogenheit her- 
ustreten, und inan urteilt scharf in den Kreisen, deueii 
vu jetzt angehörst." 
So mußte sie es denn seufzend dulden, daß fremde 
-kzahlte Personen über ihren Liebling wachten, und 
h» in den Schlummer sangen und daß ihnen sein erster 
Nick galt wenn er die großen dunklen Augen öffnete, 
sfanz verdrängen ließ sich die innge Mutier aber doch 
licht, sondern erschien oft plötzlich und unerwartet in 
ein Zimmer, j„ '»elchem sie am liebsten ihre Heimstätte 
ufgeschlagen hätte, hob leise den Spitzenschleier, der 
ie Wiege bedeckte, empor und blickte entzückt und lä- 
hclnd, als zeigx sich jhx e j„ jyßes Wunder, auf das 
Gilde Köpschen des schönen Kindes nieder. 
Waldenburg hatte längst angefangen, das Leben 
ns Schloß Grünan etwas einsam zu finden, doch da 
weh kein volles Jahr seit dem plötzlichen Hinscheiden 
iugos verflossen war, mußie er sich vorläufig aus den 
Verkehr mit eiiiigeiiRittergntsbesitzern,sowie mit größere 
llşşiige zu Pferd und Wagen beschränken. 
Als er eines Tages wieder, von Rosa bcgleiiet, an 
stoosburg vorüber fuhr, bot die Besitzung einen ganz 
Geren Anblick dar. Bor den Fenstern wallten sein ge 
musterte Gardinen herab, Freitreppe und Terrasse waren 
mit Blunien geschmückt. In dem geöffneten Gartensalon 
sah man elegante Möbel von Rohr, und an der Decke 
hingen zwei große Ampeln von geschliffenem Glas. Auf 
dem Teich schaukelte sich eine zierliche, muschelartig ge 
formte Gondel. In den Räumen des ersten Stockwer- 
kes wurde noch gehämmert und gearbeitet. 
Albert ließ halten und befahl, Erkundigungen ein 
zuziehen, ob das Gut verkauft sei und an wen. 
Der Diener sprang ab und kehrte bald darauf mit 
einem älteren Manne, dem Inspektor, zurück, Ivelcher 
höflich grüßend an die Equipage herantrat und meldete: 
„Moasburg ist in den Besitz eines Amerikaners über 
gegangen, der eS mit zwei ihm nahe verwandten Da 
men bcivohnen will und demnächst beziehen wird." 
„Irgend ein Oelprinz," flüsterte Waldenburg seiner 
Frau zu. „Schade, daß sich kein adeliger Käufer gefun 
den hat." Zu dem Inspektor gewendet, fragte er wei 
ter: „Die Herrschaften werden wohl bald erwartet?" 
„Wenn alles in Ordnung ist, soll ich eine Depesche 
nach Wiesbaden schicken. Dort befindet sich Herr Norton 
gegenwärtig." 
„Norton?" 
»Ja. Herr Thomas Norton. So heißt der jetzige Ei 
gentümer dieses Gutes." 
Der Wagen rollte fort. „Ein seltsamer Zufall," rief 
Albert, der Plötzlich z'vei schwarze, finstere Augen voll 
verzehrender Glut vor sich zu sehen meinte. „Die Frem 
den von Monte-Carlo scheinen unsere Nachbarn zu wer 
den. Nannie die alle Frau den derben, vierschrötigen 
Yankee, diesen unausstehlichen Prahler, nich! Thomas ?" 
»Ja. Es sind ohne Zweifel dieselben Personen, die 
sich damals im Park zu uns gesellten. Ich wollte, sie 
wären nicht hierher gekommen," erwiderte Rosa be 
klommen. Sie war unangenehm überrascht, erschreckt. 
Waldenburg betrachtete sie erstaunt. „Was küm- 
mert es uns. Wir brauchen keinen Unigang mit ihnen 
zu pflegen, wenn uns ihre Gesellschaft nicht behagt," 
sagteer. „Uebrigens müßte ich mich sehr irren; aber 
das Mädchen wird trotz dieses höchst nnangenehmen 
Onkel-Exemplares außerordentlich umschwärmt und 
gefeiert werden. Reichtum, Schönheit und Geist fin 
det man nicht häufig vereinigt." 
„Ja, sie ist ein mit den seltensten Reizen geschmück 
tes Wesen," gab die junge Frau leise und zerstreut zu; 
dann wurde von anderen Dingen gesprochen und der 
künftigen Nachbarn nicht mehr gedacht. Aber vor Rosa 
zogen Bilder der Erinnerung vorüber. Sie sah die 
Fremde wieder in dem inaurischen Prachtsaal, nach 
lässig, graziös in die Ecke des rotsammctnen Sofas 
gelehnt und init eisigem Lächeln den leidenschaftlich 
spielenden Albert beobachtend, als freue sie sich des un 
heimlichen, gefährlichen Zaubers, der ihn umstrickte. 
Sie erinnerte sich des leisen, spöttischen Lachens, als 
das Glas klirrend zerbrach, und dachte daran, daß sie 
damals zu bemerken glaubte, es sei nicht zufällig der 
schönen Hand entglitten, sondern absichtlich zu Boden 
geschleudert worden. Das konnte ja natürlich nur Ein 
bildung gewesen sein, hervorgerufen durch eine vor 
übergehende Nervenüberreizung. „Es ist Thorheit. Ich 
ivar ja von jeher eine Trämncrin," sagte sich Rosa, 
den blonde» Kopf schüttelnd, als wolle fie alle un 
freundlichen Gedanken verscheuchen, und ein heiteres 
Gespräch mit Waldenburg anknüpsen. Doch auch das 
harmlos fröhliche Plaudern und glockenhelle Geläch 
ter konnten die unheilkündcnde Stimme nicht übertö 
nen, die in ihrem Innern laut wurde und unablässig 
die Mahnung wiederholte: „Hüte Dein Glück, denn 
es ist bedroht." 
Der Landadel hatte beschlossen, dem Amerikaner ge 
genüber, von dessen nahe bevorstehender Ankunft man 
bereits unterrichtet ivar, eine gewisse Zurückhaltung 
zu beobachten. Nichtsdestoweniger wurde seinem Ein 
treffen mit Neugierde entgegengesehen. Die Fama be 
schäftigte sich lebhaft mit ihm, unv dursten auch die Ge 
rüchte, die ihn zum Krösus stempelten, für übertrieben 
gelten, so konnte doch kein Zweifel herrschen, daß er 
wirklich ein so reicher Mann war, andernfalls wäre 
er außer stände gewesen. Moosburg zu kaufen. 
Verschiedene in Schwerin lebende Personen, die 
einige Zeit in Wiesbaden zugebracht hatten, erzählten 
viel von ihm und seiner schönen Richte, die sich unter 
den reizenden Besucherinnen der Bälle und Konzerte 
wie eine Tropenblume ausgenommen habe und für alle, 
die sich ihr näherten, eine Sphinx geblieben sei, ein 
launisches Rätselwesen, stolz und eigenwillig, außen 
Nordpol und innen Vesuv; denn daß es ihr an Leiden 
schaft. Feuer und jenem unbeschreiblichen Etwas, daS 
man Raffe nennt, nicht fehle, muffe man auf den er 
sten Blick erkennen. 
Zu denen, die sich am meisten für die Fremden in 
teressierten, gehörte ein Pol- Namens W. v. Marowsky. 
Er war Waldenburg in Schtverin vorgestellt worden, 
und dieser fand Gefallen an ihm. Marowsky, von dem 
es hieß, daß cr die Einkünfte mehrerer in Galizien 
gelegener Besitzungen beziehe, galt für einen echten Le 
bemann und ausgezeichneten Gesellschafter und konnte 
trotz seiner schlaffen Züge hübsch genannt werden. Er 
besuchte die deutschen Bäder gern und viel, hatte sich 
auch einige Wochen in Wiesbaden aufgehalten und dort 
Norton und die beiden Damen kennen gelernt, mußte 
aber, nach der Art und Weise, in der er die derben 
Manieren des alten Herrn bespöttelte und nach ver 
schiedenen, etwas gereizt klingenden Aeußerungen über 
die Nichte desselben zu urteilen, kein allzu freiinvliches 
Entgegcnkoiilmen gefunden haben. 
Rosa empfand eine Abneigung gegen den Polen, die 
sie allerdings selbst durch nichts zu begründen wußte. 
Es lag etwas in seinem geschmeidigen, formgewandten 
Wesen, wovon sie sich abgestoßen fühlte, ivenn er von 
Zeit zu Zeit in Grünau erschien, wo jetzt überhaupt 
regeres Leben zu herrschen begann, denn es waren 
abermals Wochen verstrichen, und die übliche Trauer 
zeit batte ihr Ende erreicht. 43,16* 
Als Moosburg zum Empfang des neuen Besitzers 
bereit stand, trat dieser ein und fuhr einige Tage spä 
ter mit seinen Damen bei den benachbarten Ritterguts 
besitzern vor. Auch diejenigen, welche die Absicht ausge 
sprochen hatten, sich verleugnen zu lassen und erst eine 
abwartende Stellung einzunehmen, enipfingeu die Frem 
den ans Neugierde und erklärten sodann, daß keine 
Fürstentochter durch größere Vornehn'heit glänzen 
könne, als die Nichte des amerikanischen Nabobs.
	        
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