Full text: Newspaper volume (1896, Bd. 2)

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Wo. 177. 
Ireitag, den Bl. Zutt 
1896. 
Morgen-Depeschen. 
Kiel, 30. Juli. Der Kaiser ist heute 
Abend 9^2 Uhr an Bord der „Hohen 
ivllern" hier eingetroffen. 
Hamburg, 30. Juli. Die Hamburger 
Bark „Reinbek", Kapitän Joergensen, ist 
ststern, 40 Meilen von Prawle Point, im 
ïanal gestrandet. Die Kohlenladung 
gerieth durch Selbstentzündung in Brand. 
Die Ladung ist total verloren, die Besatzung 
jedoch gerettet. 
__ Berlin, 30. Juli. Der Herzog von 
Tachsen-Koburg-Gotha sandte aus Bad 
Assingen an den Staatssekretär des 
jsieichsmarineamts, Admiral Hollmann, an 
läßlich des Untergangs des „Iltis" ein 
inniges Beileidstelegramm. 
Berlin, 30. Juli. Aus Dresden wird 
gemeldet, daß im Befinden der Königin, 
welche von rheumatischen Beschwerden heim- 
gesucht wird, eine Besserung eingetreten ist. 
Die Königin wird am Montag auf drei 
Wochen nach Rehefeld reisen. 
Berlin, 30. Juli. Nach der „Staats 
bürgerztg." ist die jetzt vorgenommene 
Verhaftung der neun Personen in der 
Dhorner Landesverrathssache der Abschluß 
fines seit einem Jahre schwebenden Ver 
fahrens; denn der Militärbehörde sei es 
"ereits vor mehr als Jahresfrist bekannt 
^worden, daß Pläne von den Thorner 
Festungswerken und andere militärische 
Geheimnisse fortgesetzt an das benachbarte 
'instand verrathen wurden. Seit vorigem 
gerbst hätten Berliner Polizeibeamte das 
8eweismaterial zur Uebersührung der 
rchuldigen gesammelt. Unter den Ver- 
laftelen sollen sich nicht nur Helfershelfer, 
andern die am Landesverrath activ be 
teiligten Personen befinden. 
Berlin, 30. Juli. An der Pariser 
Ausstellung wird sich, wie als ziemlich 
gcher mitgetheilt wird, die Stadt Berlin 
fitheiligen. 
Mainz, 30. Juli. Die Familie des 
aahnarzies Bernhardt liegt an einer 
»iorphiumvergistung darnieder. Ein 
lind ist todt, die Untersuchung ist finge- 
eitet. 
Langenargen am Bodensee, 30. Juli, 
das Württembergische Schleppboot Nr. 4, 
us welchem beladene Eisenbahnwagen 
tansportirt wurden, kenterte bei der Ein- 
ahrr in den hiesigen Hafen. Die Mann- 
hast ist gerettet. Die Ursache des Un- 
alls ist noch nicht aufgeklärt. 
Budapest, 30. Juli. In einem nahe 
fim Rathhause gelegenen Colonialwaaren- 
' »I'l 'I I« 
Am Manne dunkler chewatten. 
Roman von Elfried v. Hohenstein. 20 
„Widerwillen? Das mag wohl kein ganz zntreffen- 
k Ausdruck sein," wandte Waldenburg ein, welchen 
! Prahlerei, die er wieder aus den ersten Worten des 
>nkce heraus gehört zu haben glaubte, verdroß. „Aer- 
c und Mißvergnügen, das lasse ich eher gelten, denn 
bst ein Nabob wird, meiner Ansicht «ach, in solchem 
Äe nicht gleichgiltig bleiben, weniger der verlorenene 
Umme wegen, als weil so fortgesetztes Fehlschlagen 
zt und erbittert. Unter der glänzenden Gesellschaft, 
wir hier um uns versammelt sehen, befindet sich ge- 
>ß gar mancher, der, wie Sie es thun, sich heimlich zn- 
twört: „Nun und nie wieder!" Ick gehe indeß jede 
Ate ein, daher morgen bei dem ersten Klingelzeichen 
> Ort und Stelle ist, und wenn mich die Umstände 
ht zwängen, abzureisen, würde ich sicher dasVer- 
siigeil haben, auch Sie in einem dieser Säle zu be 
sitzen." 
„So? Meinen Sie wirklich? Seheich wie ein vom 
hieltensel Besessener aus?" rief Norton offenbar 
chst belustigt, indem er sich laut lachend zurücklehnte. 
„Aber William," flüsterte ihm die alte Dame verwei- 
>d zu. 
Er füllte sein Glas, trank es aus und f»hr dann 
1: „Nehmen Sie es mir nicht übel, aber ich glaube 
mi. daß Sie sich zu beit Menschenkennern rechnen diir- 
. Bei mir liegt es ettvas anders. Ich habe mir 
en ziemlich scharfen Bück angeeignet, weil ich mit 
>en Schichten der Bevölkerung verkehren mußte. Bei 
s drüben strömt vieles ziisammen: arme, ehrliche 
mdwcrker, arbeitsscheue Individuell, verbninmette 
ibjektc mit einem „von" vor dem Namen, Künstler 
a Gelehrte, Leute, benen der deutsche Bodeil zu heiß 
^cr den Füßen »vnrde, und Männer, die für ihre 
äst und ihren Schaffensdrang einen großen Wir- 
jgskreis branchen. Um diese verschiedenen Eleinente 
Pig zu erkennen und von einander z„ joudern, ae- 
P kein oberflächliches Beobachten, »nd so erwirbt 
Ϋ sich denn — nachdem man wiederholt tüchtig Lehr- 
geschäft zu Fünfkirchen explodirten eine 
Menge Raketen, welche für ein Feuerwerl 
bestimmt waren. Die Anzahl der Ber 
w undeten beträgt mehr als 100. Die Au 
ge stellten jenes Geschäfts, die sich in dem 
Ranme befanden, verbrannten bis zur 
Unkenntlichkeit. Auch der Inhaber 
des Ladens, Johann Köszl, befindet sich 
unter den Opfern. Der Bürgermeister 
der Stadt wurde schwer verletzt. Die 
polizeiliche Untersuchung stellte fest, daß 
die Explosion dadurch entstand, daß Köszl 
in seinem eisernen Gcldschranke Schieß 
pulver aufbewahrt hatte. Als er heute 
Morgen die Kasse öffnete, fing das Pulver 
Feuer, da Köszl eine Cigarre geraucht 
haben soll. Der Geldschrank wurde in die 
Höhe geschleudert, er durchschlug die Decke 
und das Schaufenster. Hierdurch entzün- 
deten sich die Raketen, und der Laden 
stand im Moment in hellen Flammen. 
Steine und die Mobilien wurden auf eine 
Entfernung von 200 Metern auf die 
Straße geschleudert und dadurch viele Ver 
letzungen herbeigeführt. 
Budapest, 30. Juli. Die erst erbaute, 
noch gar nicht eröffnete neue Centralmarkt 
halle steht in Flammen. Der ganze innere 
Raum brennt, sämmtliche Feuerwehren der 
Hauptstadt sind zur Brandstelle ausgerückt 
und mit der Löschung der inneren Räume 
beschäftigt. Das Dach ist eingestürzt. 
Pest, 30. Juli. In der Ortschaft Coe- 
ara wurde eine Zigeunerin, die als Hexe 
verschrien war, von den Bauern Nachts 
m Bett überfallen und gefesselt ins Ge 
birge geschleppt, wo man sie auf einem 
mit Petroleum getränkten Scheiterhaufen 
verbrannte. 
Laibach, 30. Juli. In der Irrenanstalt 
hicrselbst zerschmetterte ein tobsüchtiger 
31jähriger Arbeiter einem 16jährigen 
jungen Manne, mit dem er eine gemein- 
ame Zelle hatte, den Kopf. 
London, 30. Juli. Dem „Daily Chro 
nicle" zufolge wird das russische Kaiser 
war die Königin Victoria in Balmoral 
besuchen. 
Paris, 30. Juli. In Port-au-Prince 
zerstörte, wie aus Haiti gemeldet wird, 
eine Feuersbrunst hundert Häuser. Der 
Materialschaden beläuft sich auf 1 Million 
Pfund Sterling. 
Paris, 30. Juli. Meldungen aus 
Madagaskar besagen, daß die Unruhen da- 
elbst fortdauern. Dicht bei der Hanpt- 
ladt wurden vier Kolonisten ermordet, 
mehrere Dörfer wurden niedergebrannt 
und die Einwohner getödtet. Ein Trans 
Port kranker französischer Soldaten ivurde 
von 2000 Rebellen angefallen. 
St. Petersburg, 30. Juli. In Auge 
legenheit der Chodinsky-Katastrophe, deren 
Untersuchung durch kaiserlichen Utas ein- 
gestellt ist, macht der Zar die Stadtbehörden 
verantwortlich. Der Stadthauptmann sol 
entlassen und mehrere Beamte versetzt 
werden. 
Montreal, 30. Juli. Eine Feuers 
brunst zerstörte heute Morgen einen 
großen Theil der Gebäude, die zu der für 
1897 geplanten internationalen Ausstellung 
gehören. Der Schaden wird auf 200 000 
Dollars geschätzt. 
Rußlands Frontwechsel 
gegenüber der Türkei. 
, Die Meldung, daß der Zar persönlich 
die Initiative zu einem schärferen Bor- 
gehen Rußlands gegen die Türkei ergriffen 
und dem Fürsten Labanow entsprechende 
Weisungen dazu gegeben habe, ist wohl 
geeignet, die Aufmerksamkeit der politischen 
Welt auf sich zu ziehen. Es mag immer 
hin sein, daß die erwähnte Meldung in 
ihrer äußeren Form nicht ganz dem that- 
achlichen Hergang der Dinge entspricht, 
und besonders erscheint es zweifelhaft, ob 
Kaiser Nikolaus die ihm im Gespräch niit 
dem russischen Reichskanzler in den Mund ge- 
legten scharfen Aeußerungen über die 
Doppelzüngigkeit der russischen Politik 
wirklich gethan hat. Der inneren Wahr- 
cheinlichkeit entbehrt aber die Nachricht 
ihrem wesentlichen Inhalt nach nicht, und 
manche Anzeichen aus der letzten Zeit 
prechen für die Richtigkeit der Meldung, 
die wir zur besseren Beurtheilung hier im 
Wortlaut wiederholen: 
„Erst vor wenigen Tagen erhielt der 
Kaiser von privater Seite ein reichhaltiges 
und in's Einzelne gehendes Material über 
die jüngsten Gewaltthaten der Türken, 
nicht nur in Kanea, sondern auch in ver- 
chiedenen Ortschaften Kleinasiens. Diese 
Mittheilungen machten auf den Kaiser 
einen tiefen Eindruck. Er ließ sofort den 
Minister des Auswärtigen Fürsten Lo- 
banow-Rastowski zu sich nach Peterhos 
rufen, machte ihn mit dem Inhalt der 
Aktenstücke bekannt und gab ihm die 
Weisung, unverzüglich der Botschaft in 
Konstantinopel den Befehl zugehen zu 
lassen, bei der Pforte in energischer Weise 
Vorstellungen zu erheben. Der Kaiser 
soll sich zu Lobanow-Rostowski etwa wie 
folgt ausgesprochen haben: „Die Türkei 
scheint uns hintergehen zu wollen. Ich 
kann und will aber nicht gestatten, daß 
diese Gräuelthaten weiter fortgesetzt werden, 
bis vielleicht der letzte christliche Unter 
than des Sultans abgeschlachtet worden 
ist. Dies muß nun ein Ende haben; die 
Türkei hat es an Versprechungen nicht 
fehlen lassen; jetzt ist die Zeit da, wo 
diese Versprechungen erfüllt werden müssen. 
Nachher ließ der Kaiser den Fürsten Uch 
tomski, den Herausgeber und Chefredac 
teur der Peterbnrgskija Wjedomosti, zu sich 
rufen, stellte ihm sämmtliche Aktenstücke 
zur Verfügung und beauftragte ihn, eine 
Campagne gegen die türkische Regierung 
zu eröffnen." 
Beim Lesen dieser Mittheilung fragt 
man sich unwillkürlich, wer dem Zaren 
wohl das Material hierzu überliefert 
haben mag. Es scheinen dabei starke Fa- 
milien-Einflüsse im Werke gewesen zu sein. 
Die Zarin-Wittwe ist eine Schwester 
Königs Georg von Griechenland, und 
dessen Gemahlin, die Königin Olga, eine 
russische Prinzessin. Prinz Georg von 
Griechenland ist ein Freund des Kaisers 
Nikolaus II., dem er bekanntlich auf der 
Weltreise bei dem Mordanschlag eines ja 
panischen Banditen das Leben rettete. 
Griechenland kann offfciell die Kreter in 
ihrem Widerstande selbstverständlich nicht 
unterstützen, sondern ist genöthigt, die 
ihm durch die europäischen Großmächte 
auferlegte politische Zurückhaltung zu be 
obachten. Gleichwohl muß es das nächste 
und lebhafteste Interesse daran haben, 
daß dem Niedermetzeln der ihm blutsver 
wandten Christen endlich ein Ende gemacht 
werde. Es ist daher wahrscheinlich, daß 
die verwandschaftlichen Beziehungen zum 
Zaren vom griechischen Königshof dazu 
benutzt worden sind, den Kaiser Nikolaus 
zur energischen Stellungnahme gegenüber 
der Türkei in dieser Angelegenheit zu be 
wegen. Der thatkräftige Schritt des 
Zaren bedeutet einen Wechsel in Ruß- 
lands Haltung zur hohen Pforte. Er ist 
wesentlich aus jenem verwandschaftlichen 
Einfluß zu erklären und würde sonst räth- 
elhast sein, weil Rußland an sich selbst 
kein besonderes politisches Interesse an 
Kreta haben kann. Der Zar, welcher das 
weichherzige Temperament seiner Mutter 
besitzt, ist bekanntlich gemüthvollen Ein- 
lüssen zugänglich, und der Eindruck, den 
das große Unglück auf dem Chodinsky- 
Felde in seiner Seele zurückgelassen hat, 
trug gewiß dazu bei, ihn für solche ge 
fühlsreichen Wandlungen noch empfäng 
licher zu machen. Durch den Frontwechsel 
des Kaisers Nikolaus hat auch die russische 
Presse bereits thatsächlich ihre Sprache 
gegenüber der Türkei völlig geändert. Zu 
begrüßen ist der Schritt des Zaren be 
sonders deswegen, weil er der bisherigen 
molluskenartigen Haltung der Großmächte 
ein festeres Rückgrat verleiht, und man 
kann nur wünschen, daß er seine volle 
Wirkung ausüben und den türkischen 
Gräuelthaten an den Christen auf Kreta 
endlich ein Ziel setzen möge. 
Zum llBtctflang kr „ZW". 
Der Untergang des Kanonenbootes 
„Iltis" in den nordchinesischen Gewässern, 
das furchtbarste Unglück unserer Marine 
seit der Katastrophe von Samoa am 
16. März 1889, beschäftigt alle Gemüther. 
„Iltis" ist seit 1878 fast ununterbrochen 
in außerheimischen Gewässern stationirt 
gewesen und zeichnete sich unter seinem 
vorletzten Kommandanten, dem Kapitan-Lt., 
jetzigen Korvettenkapitän Jngenohl, im 
japanisch-chinesischen Kriege wiederholt aus; 
namentlich griff das Kanonenboot vor 
Tamsui an der Nordwestküste Formosas 
während eines Aufstandes der Einheimischen 
sieg- und erfolgreich ein. Fortwährend 
kreuzte das Schiff in den Küstengewässern 
und lief wiederholt die großen chinesischen 
Flußläufe hinauf, um die deutsche Reichs- 
stagge zu zeigen und die deutschen Ansiedler 
vor Ausschreitungen zu schützen. In den 
letzten Monaten unternahm „Iltis" gemein 
sam mit dem Kreuzer 2. Klasse „Prinzeß 
Wilhelm" eine Kreuztour nach den mittel- 
und südchrnesischen Gewässern, wo Unruhen 
befürchtet wurden. In Shanghai, wo 
„Iltis" am 9. Juni eintraf, erhielt das 
Schiff Segelordre nach Nangking u. Chefoo. 
Am 23. Juni erreichte „Iltis" den Hafen 
von Chefoo und kreuzte seit der Ankunft 
in den dortigen Gewässern, bis es am 
vergangenen Donnerstag in dem furchtbaren 
Taifun unterging. 
Bereits seit längerer Zeit beabsichtigte 
die Marineverwaltung, das Kanonenboot 
in die Heimath zurückzuberufen. Das 
Schiff hatte bereits einmal Heimathsordre 
erhalten. Die Unterkunftsräume waren 
für die Mannschaften äußerst mangelhaft, 
und eine Grundreparatur des Schiffes 
schien erforderlich. Das reparirte Kanonen- 
! 
geld bezahlt hat — eine gewisse Uebung, in der Seele 
zu lesen. Das veranlaßt mich, Ihne» zu sagen — na 
türlich mit einer aberiiialigen Bitte um Entschuldig- 
uiig — daß Sie alle Ursache haben, die Uiilstäiide, 
welche Ihnen kein längeres Bertveilen gestatt»», zu 
segnen; denn ich sah selten jemand mit gleicher Lei 
denschaft spielen. Nicht morgen, nicht übermorgen, 
nicht in Wochen hätten Sie sich losgerissen." 
„Und »nenn nicht? Das Spiel ist kein plebejisches 
Vergnügen. In beii vornehmsten Klubs, in den'höch 
sten Kreisen greift man zu den Karten. Das ist durch 
aus kavaliermäßig. Uebrigens gestehe ich Ihnen, daß 
ich nicht gewöhnt bin, über mein Thun und Lassen ur 
teile» zu hören," entgegnete Waldenburg hochmütig. 
„Dieses Recht ivürde ich nicht einmal einem Freunde 
oder Vertvandtcii geben." 
Erschrocken legte Rosa die Hand auf seinen Arni, und 
auch die alte Dame machte eine unruhige Bewegung, 
nur das Mädchen blieb regungslos. Der eisige, ab 
weisende Ausdruck wich nicht von betn schönen Gesicht. 
„Keine Ursache, sich beleidigt zu fühlen," sagte Nor 
ton mit gutmütigem Lächeln, indem er eine Flasche 
entkorkte. „Die Absicht, etivas Verletzendes zu sagen, 
lag mir fern, und darüber, ob eine Sache kavaliermäßig 
ist oder nicht, muß ich mich des Urteils enthalten ; denn 
ich bin kein Kavalier, sondern was man einen jelbstge- 
machten Mann nennt." 
„Letzteres glanbie ich bereits zu erraten." 
„So? Das freut mich, freut mich aufrichtig! Denn 
»utrr uns gesagt, ich bin stolz darauf, es zu sein. Und 
liuii werben Sie auch begreiflich finden, daß ich — der 
Mann der strengen Arbeit und des bedächtigen Bor- 
wärtsschreilens — mich nicht indenWirbelhineinreißen 
lasse, der viele in dieTiefe zieht, sondern vielmehr diese 
Spiekivlit, diese Sucht, durch blinden Zufall und ohne 
daß man einen Finger zu rühren oder sein Gehirn anzu 
strengen braucht ein Vermögen zu erbeuten, denn er- 
iverbeii turnt man das natürlich nicht neiinkn, za den 
socialen Krankheitserscheiiiniigen rechne. Deshalb hät 
ten Sie sich morgen vergebens nach mir umgesehen. Ich 
bin min seit acht Tagen hier und habe Erfahrungen 
gesammelt, mit welchen mau ein Buch zu füllen ver 
möchte. E Einem unglücklichen Opfer des Leichtsinns 
loniite ich sogar noch rechtzeitig die helfende Hand 
reichen. Bei diesem, hoffe ich, hat die bittere Lehre ge 
fruchtet, und er wird vielleicht dereinst zu den Män 
nern gehören, die dem Staate uiib der Menschheit nützen. 
Sollte mich freuen, wenn icheserführe! Das war frei 
lich der einzige Fall, der mein Mitgefühl erregte. 
Glncksjäger, Personen, denen Lust und'Fähigkeit fehlt, 
irgend einen Erwerbszweig zu ergreifen, oder Senfe' 
die genug gethan zu haben glauben, weil sie die Gnade 
hatten, als Söhne reicher Familien ans die Welt z» 
koiiimen, und die, Gott und iureii Nebennlenschc!! grol 
lend, von Unglück und Schickfalsschlägen sprechen, weil 
sie selbst durch maßlose Verschwendnug sich der Mög 
lichkeit beraubten, ihr faules, vornehmes Bnmmellebeii 
sortznführen, beklage ich allerdings nicht. Wenn solch-, 
durch eigene Schuld Gescheiterte, denen der grüne Tisch 
»» günstigsten Fall znin Sprungbrett dienen soll, von 
dem sie sich neuerdings mitten in den tollsten Strudel 
des Lebeiisgeuusses hiueiilstürzeil köniieu. liutergehen, 
um nie wieder aufziiiaucheil, so sind sie, weiß der 
Himmel! kein Wort des Bedauerns wert." 
„Nein, lvabrhaftig nicht, und rbensolvenig ein Wort 
der Warnung," sagte das Mädchen herb. Zum ersten 
Male hatte sie die Lippen geöffnet. 
„Nur gut, daß ich endlich ein Thema gefmiden habe 
ivciches Dich interessiert," bemerkte der alte Manin 
„Ich glaubte schon, Du seiest ganz und gar verstummt. 
Das ist doch sonst Deine Art und Weise nicht. Das 
Treiben sängt wohl an Dir langweilig zu werden? 
Hast auch recht! Es ist das ewige, wenig erquickliche 
Einerlei. Wir wollen morgen unsere Reise fortsetzen. 
Willst Du nicht ein Glas Champagner trinken?" 
Sie streckte die Hand nach dem dargebotenen Glase 
ans. Eine schillernde Goldschlange mit Nnbinaiiqeil 
funkelte an ihrem Arm. 
„Du irrst, wenn Du meinst, daß ich mich langweile, 
Onkel," erwiderte sie. „Mein Schweigen müßte Dir 
eigentlich als Beweis des Gegenteils dienen. Gerade 
wenn ich recht nachteilige Eindrücke empfangen habe 
vergesse ich zulveilen über iiieiire Gedanken, die nnab 
lässig sich mit ihnen beschäftigen, zu reden. Ist es »ich 
so, Tante?" 
„Ja, ja; aber ich gestehe, daß ich es ebenfalls vor 
ziehe, wenn Du in mitteilsamer Laune bist," erwidert 
diese, ein gewisses Unbehagen verratend. 
Der Herr, welcher vorhin Norton begrüßt hatte, ka, 
jetzt ivieder, und zwar mit einer größeren Gesellschaft 
Matt stellte noch eiiicu ztveiten Tisch in das Bosquet 
rückte ihn, nach höflicher Bitte um Erlaubnis, dicht ai 
den bereits vorhandenen, und bald entspann sich ein 
lebhafte Unterhaltuiig, an welcher auch die bishe 
Schtveigsame teilnahm. Mit der ihm zu Gebote stehen 
den weltmännischen Geioandtheit gelang es Walden 
burg, sie in ein Gespräch zu vertvickcln und sie ging an 
den leicht scherzenden Ton, den er anschlug, ein, doö 
ihr Lächeln blieb so eisig, daß es seltsam gegen die mi 
feurigen Augen, und den tiefen, dunklen, weichen Klan, 
der Stimme abstach. Allmählich tvar sie es aber, die sici 
der Unterhaltung bemächtigte, ganz unauffällig uui 
jedes Vordrängen vermeidend, vieles nur im Fluge strei 
send, uni bei anderem desto länger zu verweilen, ii 
eigentümlich fesselnder, bald melancholischer, bald über 
mittiger Weise sprechend, immer aber köstliche Geistes 
frische, klares Urteil und glutvolles Empfinden zeigen! 
und sich dabei streng in den Grenzen haltend, die eine 
feinfühlendeii und etwas stolzen Weltdame gezogen sind 
„Bitte, liebe M»la»ie, gieb mir mein Spitzentuch/ 
sagte die alte Frau, „der Wind Hai sich ein wenig erbo 
ben." 
Waldenburg horchte ans. Er wußte im ersten Angen 
blick nicht recht, welche unklare Erinnerung in ihm auf 
tauchen wollte, dann fiel es ihm ein. Hugo nannie jc 
damals jenes Mädchen, das ihn umgarnt hatte, di, 
Tochter des allen Wucherers Lintz, auch Melanie. 
„Ein Name, den man selten hört," bemerkte er, dat 
Tuch, welches über einer Stuhllehne hing, mit höfliche, 
Berbeilgniig überreichend, 43,16* 
„Ja, sehr gewöhnlich ist er nicht," erwiderte Norton.
	        
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