Full text: Newspaper volume (1895, Bd. 2)

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Wo 167. 
Sonnabend, den 20. Juli 
1895. 
Morgen-Depeschen 
Berlin, 30. Juli. Der Kaiser ließ am 
gestrigen 25jährigen Gedenktage der fran 
zösischen Kriegserklärung Kränze an dem 
Sarge des Kaisers Wilhelm I. im Mauso 
leum zu Charlotten bürg und an dem Sarge 
des Kaisers Friedrich in dem Mausoleum 
an der Friedenskirche zu Potsdam nieder 
legen. Der General der Infanterie von 
Hahnke hatte sich zu diesem Zwecke, von 
dem Oberst von Villaume begleitet, im 
Paradeanzug nach Charlottenburg bezw 
Potsdam begeben. 
Berlin, 20. Juli. Die Universität Berlin 
feierte gestern die 25jährige . Gedenkfeier 
der Kriegserklärung Frankreichs in der 
Sing-Akademie. Professor von Treitschke 
hielt die Festrede, welche mit großem Bei- 
fall aufgenommen wurde und mit einem 
Hoch auf Kaiser und Reich schloß. 
Köln, 20. Juli. Das vorgestern über 
die Rheingegend herniedergegangene schwere 
Unwetter hat große Verwüstungen ange 
richtet und zahlreiche Unfälle herbeigeführt. 
Bei Poll wollte eine alle Frau ihre, ihren 
Eselskarren begleitende Tochter abholen 
und zur schleunigen Rückkehr bestimmen. 
Die Frau und der Esel wurden vom Blitz 
getödtet, das Mädchen schwer verletzt. Ein 
Landmann wurde durch einen Blitzstrahl 
gelähmt, ein anderer tödtlich verletzt. Ein 
Kutscher, der vom Blitz getroffen wurde, 
stürzte von seinem Sitz heritnter und war 
sofort todt. 
Eiskcben, 20. Juli. Heute Vormittag 
stürzte in Folge von Erdbewegungen die 
Decke der Thoreinsahrt des „Baierischen 
Hos" ein. 
Flensburg, 20. Juli. Wegen vorge 
kommener Ausschreitungen von streikenden 
Maurern erläßt die Poltzei-Verwaltung 
eine Verordnung, nach welcher unter An 
drohung harter Strafen jede Zusammen- 
rottung streng verboten wird. 
Sofia, 20. Juli. Das vom Fürsten 
und der Regierung in Aussicht genommene 
Leichenbegängniß Stambulow's auf Staats 
kosten ist von der Familie und den An 
Hängern schroff zurückgewiesen wor 
den. Aus der Provinz treffen viele 
Freunde des Verstorbenen hier ein. Man 
befürchtet große Demonstrationen. 
Sofia, 20. Juli. Die aus Macedonien 
neuerdings eingelaufenen Nachrichten lauten 
wieder höchst beunruhigend. Nahe der 
Grenze kam es zu heftigen Zusammenstößen 
zwischen den Aufständischen und türkischen 
Truppen. 
Sofia, 20. Juli. Der nun aus der 
Haft entlassene Diener Stambulow's be 
stätigt die über die Umstände des Attentats 
bereits bekannt gewordenen Mittheilungen 
und hat erklärt, daß er von den Polizisten 
direkt an der Verfolgung der Mörder ge 
hindert worden sei, trotzdem er Ersteren 
das Geschehene auseinandergesetzt hatte. 
Er wurde verwundet und im Polizeilokal 
mißhandelt. Ferner behauptet der Diener, 
daß die Polizei die Mörder kenne und 
dieselben mit Willen entkommen ließ. 
London, 20. Juli. Bei Ormesby Broad, 
unweit Aarmouth, schlug ein Segelboot 
mit neun Fischern um; sechs davon sind 
ertrunken. 
Newyork, 20. Juli. Ein Frachtzug von 
24 Wagen brach mit einer Brücke bei dem 
Orte Monument in Colorado zusammen 
und stürzte 50 Fuß in die Tiefe. Drei 
vom Zugpersonal wurden getödtet, achtzehn 
tödlich verletzt. 
Guatemala, 20. Juli. In Amatitla er 
eignete sich ein heftiges Erdbeben, 
wodurch mehrere Häuser einstürzten und 
eine Anzahl Personen getödtet worden. 
Ansland. 
Außereuropäische Gebiete. 
Cincinnati (Ohio), 18. Juli. Ein von 
fünf Handelsfirmen besetztes Häusergeviert 
im Schifffahrts-Viertel der Stadt brannte 
heute früh nieder. Zwei Feuerwehrmänner 
wurden durch stürzende Mauern getödtet, 
sechs tödtlich verwundet. Verlust durch 
den Brand: eine Million Mark. 
Bulgarien. 
Sofia, 19. Juli. An der Leiche Siam 
bulow' s wurde gestern Mittag in Gegen 
wart des Untersuchungsrichters die Leichen- 
schau vorgenommen. Die Leiche wird ein 
balsamirt werden. Tüfektschiew, den Siam 
bulow als Attentäter bezeichnete, der ver 
haftet, später jedoch wieder freigelassen 
wurde, ist in Folge einer bei ihm vorge 
nommenen Haussuchung neuerdings in Haft 
genommen worden. Man sand bei ihm 
einen Revolver, der dem am Thatorte ge 
fundenen sehr ähnlich ist. Der zweite 
Thäter floh nach der That und soll am 
dem Boulevard Ferdinand einen Wagen 
bestiegen haben. Man vermuthet, daß dies 
Halu Arnaut gewesen war, den Stain 
bulow gleichfalls als Attentäter bezeichnete 
Nach Halu wird eifrig gefahndet. Das 
neue „N. W. T." meldet aus Sofia: Die 
Gesichtszüge des aufgebahrten Stam- 
bulow sind friedlich. Die Arme sind aus 
der Brust gekreuzt. Bei den letzten Augen 
blicken Stambulow's waren zugegen seine 
Gattin, Mutter, Schwester und sein Bruder, 
erner Petkow, Fräulein Tentkurow und 
Dr. Seruphimow. Die Umgegend des 
Trauerhauses ist auffallend leer. Die Be 
völkerung verhält sich vollkommen theil- 
nahmslos. Die „Agence Balcanique" be 
richtet von gestern Abend 8'/ 2 Uhr, daß 
die Nachricht von der Verhaftung Tüfekt- 
chiew's sich nicht bestätige. Die Ver 
haftung sollte erfolgt sein auf die Angabe 
einer Frau, die kurz nach dem Attentate 
zwei Männer davoneilen sah, von denen 
einer von hoher und starker Figur und 
verwundet war. Die zweite Person war 
kleiner. Letztere wurde von der Polizei 
festgenommen. Der Polizeipräfekt hat die 
drei Gendarmen, die den Diener Stain- 
bulow's festnahmen, ihres Postens 
enthoben. Ferner ließ der Polizeipräfekt 
den Polizeikommissar des Stadttheiles, in 
dem das Attentat geschehen ist, zu sich ent 
bieten. Die gerichtliche Untersuchung wird 
lebhaft fortgesetzt. Die Aussicht auf einen 
Erfolg bessert sich Nachmittags stellten 
sich überaus zahlreiche Personen im Hause 
Stambulow's ein, die an dem Katafalk 
mit der Leiche Stambulow's vorübergezogen. 
Sofia, 19. Juli. In einem Interview 
mit einem ungarischen Journalisten hält 
Stambulows Freund und ehemaliger 
Ministerkollege, Petkow, das Attentat von 
langer Hand vorbereitet und erklärt, daß 
die Polizei die Schuldigen habe entweichen 
lassen. 
Stambulow hinterläßt ein sehr be 
scheidenes Vermögen, daS gerade hin 
reichen dürfte, seine Wittwe und die drei 
Kinder, deren jüngstes erst sieben Jahre 
alt ist, nach bulgarischen Verhältnissen an 
ständig zu erhalten. Indeß glauben die 
Freunde Stambulows, die Wittwe werde 
Bulgarien ganz verlassen. 
Frankreich. 
Paris, 18. Juli. Ein letzter Wider 
hall des Panamagetöses erfüllte die 
französische Kammer in ihrer letzten Si 
tzung vor der Vertagung. Der Abgeordnete 
Pourquery de Boisserie verlieh noch ein- 
mal der Empörung des Bolksgewissens 
über die Art der Erledigung der Panama 
angelegenheit starken Ausdruck. Der Fall 
des Unternehmers Eissel ist bekannt. 
Dieser Mann mit der eisernen Stirne hat 
vom Kanalunteinehmen 33 Millionen be- 
kommen, um Baggermaschinen, Eisenbahn- 
chienen, Lokomotiven und Wagen zu liefern 
und Arbeiten auf der Landenge auszu 
führen. Er hat nicht das Geringste 
geliefert, sondern die auf der Landenge 
unbeaufsichtigt herumliegenden Geräthe, 
Wagen, Metallsachen u. s. w. sich einfach 
angeeignet und der Gesellschaft in Rech 
nung gestellt, und er hat Arbeiten im 
Werthe von 1,200,000 Frs. ausführen 
lassen. Diese Thatsachen waren offenkundig 
und konnten nicht abgestritten werden. 
Vor Gericht stellte Eissel sich blöd 
st nnig. Trotzdem verurtheilten ihn die 
ersten Richter zu zwei Jahren Gefängniß 
und 20,000 Fr. Geldbuße. Dies war das 
höchste zulässige Strafmaß, denn die An 
klage hatte nur auf falsche Buchführung 
gelautet. Der nicht rechtskundige Bolks- 
geist bezeichnete ireilich das Thun Eiffels 
als Betrug und Diebstahl, und im Munde 
des Volkes lebt sein Andenken nur als 
das des „Diebes Eiffel". Auf Berufung 
hob das Obergericht das erste Urtheil 
wegen eines Formfehlers auf und zu einer 
Erneuerung der Verfolgung kam es nicht, 
weil inzwischen Verjährung einge 
treten war. Auch das verstand der nicht 
rechtsgelehrte Bolksgeist nicht, da man 
sonst immer gehört hat, daß ein Gerichts- 
verfahren, was auch dessen Erfolg sei, 
auf alle Fälle die Verjährung unterbricht. 
Dank der anwaltlichen Kniffe entging 
Eissel endgiltig der Verur- 
t h e i l u n g. Um sich ganz sicher zu 
stellen, gab er einen kleinen Theil seines 
Raubes an die bestohlene Gesellschaft wieder 
heraus und seitdem ist er im Genusse der 
übrigen ergaunerten Millionen unbehelligt 
geblieben. E i s f e l ist seit 1889 
Offizier der Ehrenlegion. Er 
fuhr, nachdem er die strafgerichtlichen 
Stürme überstanden hatte, fort, seine Ro 
sette zu tragen. ' Das ging denn doch 
einigen Abgeordneten über die Hutschnur, 
und auf ihr Betreiben leitete die Regie 
rung vor dem Ordensrathe ein Verfahren 
ein, um ihm sein Offizierkreuz wegen 
Ehrlosigkeit aberkennen zu lassen. Der 
Ordensrath jedoch befand, daß Eiffel, da 
er vom Gerichte freigesprochen sei, sich 
nichts vorzuwerfen habe und fortfahren 
könne, die Ehrenlegion durch seine Mit- 
gliedschast auszuzeichnen. — Inzwischen 
hat, der Rath der Ehrenlegion seine D e - 
mission eingereicht. 
Norwegen. 
In Norwegen sind die Schwierigkeiten 
zwischen dem Könige, dem Ministerium 
und dem Storthing noch immer nicht 
beigelegt. Wie „Morgenbladet" mittheilt, 
hielt der König gestern Nachmittag einen 
Staatsrath in Marstrand ab. Die 
norwegische Regierung legte einen schrift 
lichen Antrag vor, worin neuerdings die 
Demission des Ministeriums verlangt wird. 
Der König berief den ehemaligen 
Minister Thorne, welcher Abends 11 Uhr 
nach Marstrand abreiste. 
Inland. 
Berlin, 18. Juli. Das Ableben Stam 
bulows giebt dem größten Theile der 
hiesigen Presse erneuten Anlaß, die Mord- 
that und ihre muthmaßlichen Urheber auf's 
Schärfste zu verurtheilen. Es geschieht 
das zum Theil in Ausdrücken leidenschaft 
licher Erregung, wobei die augenblicklichen. 
Machthaber in Sofia und der Prinz 
Ferdinand wie Uebersührte behandelt und 
der Verachtung der Welt preisgegeben 
werden. 
Die europäischen Mächte dürften schwer 
lich ein Interesse daran haben, das Regime 
der Unfähigkeiten in Bulgarien fortdauern 
zu lassen, und es ist dringend zu wünschen, 
daß Prinz Ferdinand überhaupt nicht 
dahin zurückkehre. Einen überaus pein 
lichen Eindruck macht es, daß, während 
Stambulow im Sterben lag, gestern die 
von seinem erbittertsten Gegner geführte 
Deputation vom Zaren in Peterhof 
empfangen werden konnte. Eine monarchische 
Regierung rvie die russische, zumal in einem 
Lande, dessen Oberhaupt vor wenig mehr 
als einem Jahrzehnt verruchten Mörder 
händen erlag, muß auch den leisesten An 
schein vermeiden, als ob das Schillersche: 
„Graf, dieser Mortimer starb euch sehr 
gelegen!" auf sie Anwedung finden könne. 
Wir sind überzeugt, daß Kaiser Nikolaus 
und das russische Kabinet das Verbrechen 
von Sofia ebenso scharf beurtheilen, wie 
mit Ausnahme der Franzosen, die gesammte 
civilisirte Welt. Umsomehr wäre es aber 
die Pflicht des Fürsten Lobanow gewesen, 
den Kaiser darauf aufmerksam zu machen, 
vaß ein Empfang dieser Deputation unter 
den obwaltenden Umständen nicht statt- 
finden könne. Die Sonne kaiserlicher 
Gunst durfte in solchem Augenblick die 
Todtfeinde des sterbenden Mannes nicht 
umstrahlen: 
3) 
Wahre Liebe. 
Novellette von Fritz Eck art st ein. 
Eine Legion von Tänzern nahm sic in 
Beschlag —- sie war die Ballkönigin — also 
nicht nur in bekannten heimischen Kreisen, 
auch in der Fremde die gefeierte vornehme 
Frau. Und nun dachte ich nach: Eine un 
heilige Liebschaft, einen Gatten betrügen, der 
uns beiden ohne Bedenken seine Ehre anver 
traute — niemals! — Eine Scheidung er 
zwingen ? Ich, arm, (mein Oheim lebte noch) 
sie arm, — und wenn sie ihn verließ, ihre 
Kinder verlieren? Konnte Melissa, die mehr 
zur Mutter als Gattin geschaffen, je glücklich 
sein, ohne ihre beiden Lieblinge -— dann der 
Skandal, den eine Entführung mit sich bringt, 
ich der Adjutant — Niemand würde an die 
Heilicykeft, an die Reinheit unseres bisherigen 
Verhältnisses mehr glauben, man würde un 
sere bisherige Intimität in der unsaubersten 
Weise interpretiren — dann die Kinder in 
den Händen des Trunkenbolds, der Riß, der 
durch ihre jungen Herzen gehen würde, bis 
sie dereinst Alles verständen, um Alles zu 
verzeihen. Herabgerissen von dem Piedestal 
der Würde, dcr Vornehmheit, des Reichthums 
— würde meine Liebe ein Ersatz für Alles, 
was sie aufzugeben hätte, sein? Würden 
meine Küsse alle die Thränen trocknen können, 
die sic ihrem verlorenen Glück nachweinte —- 
wäre die Rene nicht ein schlimmerer Dritter 
im Bunde, als die Trunksucht eines immerhin 
nicht niedrig gesinnten Mannes. 
Nein — kein Gewaltstreich r~ 9“ b 
es nur zwei Wege zu ihrem Glück en - 
weder Gott hatte Erbarmen und erlöste sic 
von ihrem Tyrannen, oder ich mußte suchen 
entsagen, ihren reinen Namen retten für 
eine freie Zukunft. Ruhig, wie nach einem 
innigen Gebet, war ich nach diesem felsen 
festen Entschluß. 
Es war kaum elf llhr, als die Angebetete 
mich bat, sie nach Hanse zu begleiten — 
fit hatte den Befehl des Gatten ausgeführt, 
lächelnd geranzt, nun suchte sie ungesehen zu 
entkommen. General 1. lobte ihren Entschluß, 
da doch der Gatte krank sei. — Wir gin 
gen die wenigen Schritte zu unserem Pstvat- 
hotel in dcr Sonnenberger Ehanssce vom 
Kurhaus zu Fuß — eine stille Herbstnacht. 
Ein weißer Burnus schloß sie ein, die Seide 
knitterte über den Kies, die kleinen Atlas- 
schuhe bohrten ihre tiefen Hackcnspurcn in 
den Sand. 
Wir sprachen kein Wort — als ginge 
ein Dritter zwischen uns, blieb ein Raum 
auf dem Wege — so glitzernd weiß im 
milchblassen Mondcnschein, nahm :ch ihr 
Bild in mir auf für ewige Zeiten, und wie 
cm echter Soldat gab ich meinem Herzen 
die Parole: Heilig und rein allezeit! 
Stumm betraten wir das Hotel — ich 
verabschiedete mich salutirend und schritt 
über den kleinen Flur, der die Zimmer dcr 
Eheleute von meiner Hinterstube schied. 
Langsam legte ich meinen Rock ab und zog 
eine leichte Scidenjoppe an — mechanisch 
griff ich nach Lektüre — aber ich starrte 
nur in das Licht — ich sah nur die weiße 
Vision „heilig und rein, allezeit," murmelte ich. 
Plötzlich schrecke ich hoch — ein wahn 
sinniger Schrei durchdringt die Stille der 
bracht — »och einer — das ist Melissa - 
ich erkenne den Ton selbst in seiner Ent 
stellung. 
Habe ich die Thür geöffnet oder hat ihre 
Hand sie aufgerissen — Melissa steht auf 
der Schwelle! Ihr Haar ist herabgestürzt 
vom Hinterkopf und umspielt sie wie eine 
schwarze Welle, über die seidenen Arme 
zieht sich eine blutige Schwiele — Blut 
schimmert in ihren Thränen. 
„Sieh, sieh' — hier — Er, Er hat — 
mich — geschlagen — geschlagen! Ah nun 
ist's vorbei — nun bin ich Dein! Das 
erträgt kein menschliches Herz — diese sieben 
Jahre — diese sieben — Jahre! Komm 
laß uns fliehen, — ich weiß, Du liebst mich 
- liebe mich, befreie mich, räche mich!" 
Ich glaubte in dtei'em Augenblick vor 
Mitleid, vor Liebe, vor Gram tot zu ihren 
Füßen hinzustürzen — ein Krampf schüttelte 
meinen Körper, aber mein Verstand schrie: 
Nie, nie in Unehrm — wahre Liebe ent 
sagt und reitet ihr die Ehre — und ob 
mein Herz auch bricht: heilig und rein, 
allezeit. 
Mechanisch trete ich zurück — sie stutzt — 
meine Kälte scheint ihr grauenhaft — sie 
hebt die Hände — 
Es hilft alles nichts — ein tiefer Schnitt, 
sonst heilt die Wunde nicht — mag sie 
mich verkennen, die Stunde der Aufklärung 
wird kommen. 
„Aber Exzellenz," sage ich in einem Ton, 
den kein Schauspieler besser blasirt treffen 
kann, „wie können Sie sich um die Sache 
so alteriren — Sie wissen ja, wie Herr 
General leicht erzürnt ist — gehen Sie ihm 
ans dem Wege, wenn er zu viel getrunken 
— mein Gott, wenn man um solche Ba 
gatelle eine Ehe lösen wollte — — — 
Außerdem Exzellenz — Ihre Kinder, Ihr 
Ruf!" 
Sie sah mich an, als verstehe sie mich 
nicht, wie sollte sic auch, verstand ich denn 
selbst, wie mir dies unmenschliche Opfer 
möglich war? Plötzlich war die Stelle leer, 
wo sie gestanden, meine Stubenthür offen, 
sie war gegangen. 
Und da fiel ich auf den Boden nieder, wo 
sie zu mir getreten, küßte die harte Diele und 
blieb besinnungslos liegen. — So fand mich 
am anderen Mittag mein Freund, der junge 
Regimentsarzt — an seinem Herzen weinte 
ich die Slurzbäche meines Jammers aus, er 
allein auf Erden weiß, was ich gelitten — 
sonst weiß eS nur Gott. 
Melissa sah ich nicht wieder — sie war 
erkrankt. Ich erbat und erhielt Urlaub — 
mein Doktor schrieb mir von Zeit zu Zeit 
— sie gesundete langsam — der Gatte war 
wie ausgewechselt, nie wieder war er roh mit 
ihr oder den Kindern — er blieb ein krän 
kelnder Mann — trank auch nicht mehr, 
sondern ließ von Stunde an nur Thee über 
seine Lippen. 
Ein Trost war mir in der Ferne geblieben. 
„Er ist ein Greis — er kann nicht ewig 
leben —" Gott verzeihe mir, wenn ich um 
sein Ende gejubelt hätte! — Aber Mond 
auf Mond, Jahr auf Jahr verrann -— der 
Schmerz wurde stiller, die Sehnsucht ruhiger. 
Mehr als fünfundzwanzig Jahre dauerte noch 
dieser Ehebund — ich beugte mein Haupt: 
Gott, der meine Jugend einsam gemacht, 
wollte auch mein einsames Alter. 
Noch einmal sah ich die Geliebte — holde 
Kinder zu ihren Füßen — Enkelkinder, herr 
lich wie meine einstigen Lieblinge, drr junge 
General, die Tochter wie einst die Mutttr 
— nur freier und froher. 
Aber auch Melissa zufrieden und nicht 
glücklos! Heilig und rein — allezeit! 
Wohl mir, daß meine Liebe so stark und 
mächtig gewesen, meine wahre Liebe!" 
* r): 
„Hans, bist Dn's," sagte der Oberst, als 
unangemeldet durch die Dämmerung eine 
Gestalt in seine Schmollecke kam. 
Es war nicht der Arzt — eine zittern 
de Hand faßte die seinige, heiße Lippen 
brannten bebende Küsse darauf. 
„Elimar, Du großer, edler Mann — mein 
Held!" 
„Exzellenz — Melissa, nicht so, nicht so 
- also Du hast mix verziehen?" 
„Ich Dir — ich Dir verzeihen? Daß 
Du das größte, das tapferste Herz hast — 
das soll ich Dir verzeihen? Wie danke ich 
Dir für die — Novelle! Aber einen an 
deren Schluß — ich flehe Dich an! Elimar 
flieht nicht in die Ferne — er bleibt der 
geliebte Freund des alten Hauses — sein 
Alter wird nicht einsam sein! Des Alters 
Schnee deckt jetzt, was dereinst nicht feilet 
unb rein gewesen, und wahre Liebe dauert 
über das Grab für die Ewigkeit!" 
Ende. 
Vermischtes. 
— Eu lütten gauden Jung. Mud der: 
„Na, Körling, wist Du en Appelstuten 
hewwen?" — Jung: „Ja, Mudding!" 
— Mudder: „Oder soll ick Di 'ne Zirnps- 
semmel gereut?" — Jung: „Ja, Mud- 
ding!" — Mudder: „Oder magst Du 
nich leiwer en Zuckerkringel?" — Jang 
„Ja, Mudding!" — Mudder: „Ach nee 
is dat en lütten gauden Jung! Allens 
mag ’e."
	        
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