Full text: Newspaper volume (1895, Bd. 2)

KrPcheint tägLich. 
Uten habļ 
: Hospital- 
imsthal. 
angsrtna 
chnet tt. Vi. 
abzugeben 
ronstr. 413 
richer 
Mi, 
zum 
itr st, 
urg. 
oaltuna.) 
ckbek. 
00 m. 
oo „ 
50 „ 
40 „ 
ramos- 
ipe. 
K 
t großer 
: miethest 
en. 4 Off- 
H aasen' 
chem Arz 
Centrui» 
ittag zuiN 
u ,,t»r 
lpril 
u. s. 
ieuthor. 
bewohnt 
1. Apri 
tjcns. 
S' 
eel. 
rße S. 
mer 
>der ohnl 
I- Etg. 
befindlich 
r. 403. 
:it Jahre 
ist sofoi 
nieistcr. 
l hiesig 
dazu zu, 
rstraße. 
waumig, 
ze 109. 
t 
sir. 23. 
I vorn 
e 71. 
leiste». 
rnionie. 
ge» 
11. Apr 
;g 830. 
mb 
gjof. 
möblir 
Liegen. 
Hìendsburģer V WocheBlaL 
Bezugspreis: 
Vierteljährlich 2 Jt.— ( f re { ins Haus «liefert 
2 Jê 15 Ķ 
für Auswärtige, durch die Post bezogen 
2 Jt 25 c) 
ir.cl. Postprovision rc., jedoch ohne Bestellgeld. 
Jnscrtionspreis: pro Petitzeile 15 
Morgen, als am Neu 
jahrstage, erscheint das 
Wochenblatt nicht. 
Die Expedition. 
Aeitestrs und geiefrustes Klatl im Kreise Rendsburg. 
Anzeigen für die Tagesnummer werden bis 12 Uhr Mittags erbeten. 
GĢster Jahrgang. 
Dienstcrg, den 31. December 
Zum nenen Jahre. 
^Nachdruck verboten.; 
Schon wieder ging ein Jahr hinab, 
Verunkend rn dem Strom der Zeiten 
Und Blumen streu'n wir auf fein Grab, 
Wie wir sie jedem Todten weihten. 
Was einst verhüllt und dunkel war, 
Strahlt heut im hellen Tageslichte, 
Und wag es nahm und uns gebar. 
Gehört von nun an der Geschichte. — 
Vergangenheit, — ein seltsam Wort! 
Wie tröjtUch klingt es hier dem Emen! 
— Und einen Andern seh- ich dort. 
Um sie des Schmerzes Thräne weinen. — 
~ Zeit, du Blume blühend roth, 
Wie freudvoll dich die Menschen grüßen! 
Und morgen liegst du welk unb todt. 
In Nichts verweht zu unsern Füßen. — 
. Em Jahr verging. — Als wär' es fieut 
Hör' >ch die vollen Gläser klingen 
Zum hoffnungsfreud'gen Nachtgeläut 
Und froher Zecher lustig Singen. 
Gar Mancher sang mit keckem Muth 
Der goldnen Zukunft seine Lieder, 
Der heute still und einsam ruht. 
Kein Neujahrsmorgen weckt ihn wieder. “““ 
.Sin schweres, thränenreiches Jahr! 
Es kam und ging, Gott Lob, zu Ende. 
Und wem es hold und freundlich war, 
Der falte dankbar seine Hände. 
Und wer ein köstlich Gut verlor 
Und weinend klagt in dieser Stunde, 
Der richte hoffend sich empor: 
Die Zeit bringt Balsam feiner Wunde. — 
Der Morgen tagt, die Sonne lacht, 
Die einem dunklen Schooß entstiegen. 
So wird auch über unsere Nacht 
. Die Hoffnung und der Glaube siegen. 
Glück auf! Glück auf zum neuen Jahr! 
Laßt wüthig Hand und Geist uns regen! 
Vergessen sei, was trübe war: 
Wir reifen neuer Pflicht entgegen! — 
Erich zu Schirfeld. 
MorMtt.WeH»eschen. 
Berlin, 31. Dez. Der Unterstaats- 
sekretär im Reichsamt des Innern, Dr. 
v. Rotten bürg, dessen Urlanb demnächst 
abläuft, scheidet endgiltig ans dem Reichs- 
dienst aus, da auch der längere Aufenthalt 
im Süden ihm nicht die erhoffte vollständige 
Wiederherstellung seiner Gesundheit ge 
bracht hat. Wie die „Nat.-Ztg." meldet, 
wird Herr v. Rottenburg zum .Kurator 
der Universität Bonn ernannt werden. 
Berlin, 31. Dez. Die kommandirenden 
Generale sind zum Theil bereits heute 
hier eingetroffen, zum Theil werden sie 
noch morgen ankommen. Nach einer 
Konferenz, die morgen stattfindet, werden 
die Generale an einem Festmahle in der 
Wohnung des Oberstkommandirenden in 
den Marken, Generalobersten Freiherrn 
von Los theilnehmen. 
Berlin, 31. Dez. Wie die „Bolksztg." 
hört, befindet sich Landgerichtsdirektor 
Brausewetter in der Wursou äs suutä in 
Schöneberg. 
Wien, 31. Dez. Wie die Blätter 
melden, fand in Wim-Neustadt gestern 
Nacht 2 Uhr ein ziemlich heftiger, von 
kurzem donnerartigen Rollen begleiteter 
Erdstoß statt. 
Koiistantmopel, 31. Dez. Hier herrscht 
große Aufregung über die fortdauernden 
Verhaftungen und Verbannungen vieler 
hoher Beamten und Militärs. Wie ge 
meldet wird, soll die Polizei eine weitver 
zweigte Verschwörung gegen den Sultan 
entdeckt haben. Der ehemalige Oberstall 
meister Jzzet Pascha wurde kriegsgericht- 
lich degradirt und zur Verbannung nach 
Mossul verurtheilt. Gegen Aziz-Bey, dem 
ehemaligen Militärattachee in Petersburg, 
ist kriegsgerichtliche Untersuchung einge 
leitet worden. Weitere Verhaftungen sind 
noch zu ertvarten. 
Krakau, 31. Dez. Zwischen Kielce und 
Lodz stürzte ein 'Omnibuswagen von der 
Straße in den Fluß. Sämmtliche Passagiere 
ertranken. 
Olten, 31. Dez. 1300 Beamte der 
Centralbahn beschlossen, an ihren Lohn 
forderungen festzuhalten, und setzten dem 
Directorium eine Frist bis Februar fest, 
innerhalb welcher die Direction ein Gehalts 
regnlutiv vorzulegen hat. 
Zur Feier M 18. Ailmr. 
In einer Ordre des Kaisers an den 
Reichskanzler wird nunmehr der Entschluß 
des Kaisers bekannt gegeben, am 18. Januar 
zur Erinnerung -an die vor 25 Jahren 
erfolgte Neubegründnng des Deutschen 
Reichs eine Feierlichkeit im König- 
lichen Schlosse zu veranstalten, welche 
Vormittags 10 3 / 4 Uhr im Weißen Saale 
in den bei besonders feierlichen Reichstags- 
eröffnungen üblichen Förmlichkeiten, ins 
besondere unter Benutzung der Reichs- 
insignien stattfinden soll. Der Kaiser wird 
bei dieser Feierlichkeit eine Botschaft 
verlesen, und es sollen zu dieser Feierlich 
keit, welcher am Abend des 18. Januar 
ein Bankett folgen wird, die Bevollmächtigten 
zum Bundesrathe und die Mitglieder des 
Reichstages, sowie alle diejenigen eingeladen 
werden, welche in jener großen Zeit dem 
Bundesrathe und dem Reichstage angehört 
haben oder sonst bei der Wiederaufrichtung 
des Deutschen Reiches in hervorragender 
Weise bethciligt gewesen sind und sich 
gegenwärtig noch am Leben befinden. Wie 
die Kaiserliche Ordre bestimmt, soll der 
Feierlichkeit ein Gottesdienst in der Schloß- 
kapelle, bei welchem Generalsuperintendent 
Faber die Predigt halten wird, und in 
der St. Hedwigskirche vorangehen. 
Zur Verhaftung des 
Freiherrn v. Hammerstein. 
Rom, 30 Decbr. Heute früh 4'/2 Uhr 
traf der Postdampser „Peloro" mit dem 
Freiherrn v. Hammerstein und dem 
Criminalcommissarius Wo'ff an Bord in 
Brindisi ein. Als Freiherr v. Hammerstein 
den Dampfer verließ, wurde er durch 
italienische Polizei beamte ver- 
haftet. Er wird noch heute nach Rom 
gebracht und nach Deutschland übergeführt 
werden, sobald die deutsche Regierung seine 
Auslieferung erwirkt hat, was ohne Zweifel 
binnen Kurzem der Fall sein wird. 
Frhr. v. Hammerstein lebte bis Anfang 
November auf Korfu, welches bekanntlich 
Verbrecher, ausgenommen Mörder, nicht 
ausliefert. Er wiegte sich in Sicherheit, 
ließ sich Briefe und Zeitungen nachschicken 
und correspondirte unter Deckadressen mit 
Berliner Freunden. Frhr. v. Hammerstein 
vergnügte sich auf Korfu so gut wie mög 
lich, machte Fußtouren in das Innere der 
Insel und fuhr oft tagelang mit einem 
gemietheten Boot an der Küste entlang. 
Als die Berliner Criminalpolizei von dem 
Aufenthalt Hammerstein's erfuhr, ließ sie 
osort den Criminalcommissarins Wolff, 
welcher in Schneidemühl die Ermittelungen 
nach einem Mörder leitete, kommen. 
Herr Wolff begab sich in Begleitung 
eines Herrn, der ihm für die Zeit der 
Reise als Gehülfe beigegeben war, nach 
Korfu. Frhr. v. Hammerstein scheint durch 
eine private Nachricht davon Wind bekom 
men zu haben, daß man ihm auf der 
Spur sei; denn plötzlich verschwand er und 
tauchte nach einigen Tagen in Sizilien auf. 
Die Ueberfahrt an die Küste von Italien 
soll er in einem Fischerboot unternommen, 
und dann die Reise zu Lande fortgesetzt 
!k. 2« 
Mia und Korrrelm. 
v. Sch. 
(Nachdruck verboten.) 
Die Schwalben zwitscherten vom Dache den 
letzten Gruß vor ihrer Abreise in die sonnige 
Ferne. Unbarmherzig fuhr der Wind durch 
die bunten Blätter, sie einladend zum tollen 
Tanz durch die Luft, bis sie ermatten an 
stiller Stelle 
Doch nein, diese Herbstgedanken passen nicht 
zu dem frohen Treiben dort in den hellen 
Räumen des Schlosses, und erst recht finden 
sie keinen Wiederhall in den Herzen zweier 
Glücklichen, die heute den Bund fürs Leben 
geschlossen. 
Frühling im Herzen! Druni laßt die Herbst 
stürme toben — hatte doch die einzige Tochter 
des Freiherrn ganz nach der Stimme des 
Herzens wählen dürfen. 
Vom hinausflutcnden Lichterglanz begossen, 
betritt das junge Paar die Veranda. 
„Also heute reisen wir?" 
„Heute reisen wir, Geliebte!" 
„Und wir sehen die schwindelnde Höhe der 
Alpen, Venedig, Rom, Neapel?" 
„Das Alles und noch mehr, wenn Du es 
wünschest, meine Kornelia." 
Sie legt den vollen Arm um seinen Hals 
und ihre Lippen suchen die seinen, während 
er sie in hoher Glückseligkeit an sein Herz 
preßt. 
Isis die Liebe, ist's Einbildung, ist's 
Wirklichkeit? Oft dünkt ihm seine Kornelia 
doch so ganz anders als alle die andern ihres 
Geschlechts, die er kennt. Wie ein Kind 
eines andern Himmelsstriches erscheint sic 
ihm, wenn sich die Glut ihrer Augen brennend 
in die seinen senkt, wenn das lcichterrcgbare 
haben. Herr Wolff folgte ihm auch nach 
Sicilien. Freiherr von Hammerstein trug 
einen hocheleganten, gelblichen Sommer 
anzug. Aehnlich war auch Herr Wolf 
gekleidet, sodaß die Einwohner die beiden 
auffälligen Gestalten bald die „gelben 
Männer" nannten. Niemand ahnte aber, 
welche Verbindung zwischen den beiden 
anscheinend harmlosen „Reisefexen" bestand, 
und selbst Frhr. v. Hammerstein argwöhnte 
in Herrn Wolff nicht den ihm nachgesandten 
Verfolger. Wieder scheint Frhr. v. Hammer- 
stein eine Warnung erhalten zu haben, 
denn er begab sich nun nach Athen, wohin 
ihm Herr Wolff und sein Gehülfe folgten. 
Frhr. v. Hammer st ein weilte hier 
bereits seit dem 12. October unter dem 
Namen Dr. William Herberts und gab sich 
als Correspondent für deutsche Zeitungen 
aus. Er wohnte in dem „Hotel Stadion", 
einem Gasthof niederen Ranges, und speiste 
täglich zwei Mal in dem deutschen Club 
„Philadelphia". Er trug hier eine geradezu 
unglaubliche Sorglosigkeit 
zur Schau; statt sich von den Deutschen 
fern zu halten, war er stets in Localen 
zu finden, in denen fast ausschließlich 
Deutsche verkehren, wo er nicht ungern 
gesehen wurde. Er nahm in den deutschen 
Gesellschaften immer eifrig am Karten- 
rind Kegelspiel Theil; ja, er verkehrte sogar 
in iber. Familie des deutschen Hof- 
Predigers, sowie in der Familie des 
deutschen Ccmsulatssecretärs, bei dem er 
sich noch am Abend vor seiner Verhaftung 
an einer Festlichkeit betheiligte. Er ging 
hier glatt rafirt; darauf ist es wohl zurück 
zuführen, daß er von Niemandem erkannt 
wurde, obwohl der hinter ihm erlassene 
Steckbrief und seine Photographie auch hier 
vorlagen. Gr muß sich in großer Geld- 
Verlegenheit befunden haben, da er dem 
Wirth der „Philadelphia" sogar seine Uhr- 
kette verkaufte. Eine Durchsuchung seines 
Gepäcks ergab, daß er außer Kleidungs 
stücken nur 25 Mk. und 80 Lire in Gold 
und Silber besaß. Da man befürchtet, daß 
Hammerstein einen Selbstmordversuch unter- 
nimmt, wurde er in Einzelhaft gebracht 
anstatt in das gewöhnliche Gefängniß, um 
aufmerksam beobachtet zu werden. 
Zur Verhaftung des Freiherrn von 
Hammerstein bemerkt die „Post", daß dies 
auf Neue -beweise, wie ungerechtfertigt die 
Verdächtigung der Lässigkeit in der Straf 
verfolgung war, welche innerhalb wie 
außerhalb des Parlaments gegen die Be- 
Hörden erhoben worden ist. Auch diesem 
Bei BetriebSstönmgen 
irgend welcher Art ist die regelmäßige Lieferung 
dieses Blattes vorbehalten. 
Als Beilagen 
werden dem Blatt „Der Landwirth" sowie das 
Blatt „Mode und Heim" gratis bcigegeben. 
3300 Abonnenten. 
1895 
Verbrecher gegenüber wird nunmehr Ge' 
rechtigkeit geübt werden können, wie es 
hoffentlich demnächst auch gegenüber Dr. 
Fritz Friedmann möglich sein wird. Gerade 
in einer Zeit, wo, wie in der unsrigen, 
die Rechts- und Gesellschaftsordnung selbst 
den Gegenstand lebhafter Angriffe bildet, 
ist es von besonderem Werthe, durch die 
Anwendung der Schärfe des Strafgesetzes 
den Beweis zu liefern, daß Staat und 
Gesellschaft Auswüchsen dieser Art nicht 
durch die Finger sehen, sondern ihnen mit 
allen Mitteln, welche die Ordnung des 
Rechtsstaats bietet, entgegentreten. Auch 
in konservativen Kreisen wird man, schreibt 
die „Post", befriedigt darüber sein, daß 
die Strafthaten des Freiherrn v. Hammer 
stein jetzt ihre verdiente Strafe finden 
werden. 
Frhr. v. Hammerstein wurde in Athen 
als Anarchist aus gewiesen. 
Arrslmrd. 
Blut leidenschaftlich durch die Adern rollt. 
So auch jetzt. Wie Heimweh nach der lang 
ersehnten Heimath klingen ihre Wünsche nach 
dem sonnigen Süden. 
* * - * 
Vor achtzehn Jahren kehrte ein Scheeren- 
schleifcr im benachbarten Dörfchen ein, und 
schnurrend drehte er sein Rad, um den Frauen 
und Dorsschönen die Scheerau und Messer zu 
schleifen. 
Seine dunkeläugige, schwarzhaarige Julia 
führte ^ die Violine. Wie perlten die Töne 
unter ihren Fingern hervor, wie klang ihre 
Stimme gleich lieblichem Vogelgezwitscher, 
wenn die feurigen, fremden Lieder ihrer Kehle 
entströmten! — 
Der Miccolo und die Julia kannten 
schon, als sie noch am fernen Arno ihre 
Kinderspiele gespielt, und spielend war die 
Liebe in die jugendlichen, heißblütigen Herzen 
eingezogen. Dann ward sie sein Weib, und 
beide zogen hinaus in die weite Welt; denn 
beide waren arm. Wie zog es sich aber so 
leicht auf den Flügeln der Liebe auch im 
fernen, rauhen Norden. 
Zu zweien waren sic in das Dörfchen 
eingezogen. Da geschah in der Nacht ein 
Stöhnen und Klagen, und ein feiner Schrei 
durchhalte die Luft. Jetzt warm sie zu dreien. 
Doch nur für kurze Zeit. Dort hinter der 
Kirchhofsmauer mußte Niccolo seine theure 
Julia in die kalte Erde betten. Die rauhe 
Kälte trieb ihn bald mit dem Abbild seiner 
Julia in die sonnige Heimath. Kaum aber 
kehrten die linden Frühlingslüste wieder, so 
ergriff er den Wanderstab. Am einsamen 
Grabe betet er in stiller Stunde. 
Und die kleine Kornelia? Was hilft es, 
daß er in kalter Nacht sorgend seine Jacke 
Außereuropäische Gebiete. 
Pretoria 29. Dez. Präsident 
Krüger erklärte dem Berichterstatter des 
Reuter'schen Bureaus, die Regierung sei 
sich des Ernstes der gegenwärtige Lage in 
Johannesburg und der von einem Theile 
der Bevölkerung angenommenen drohenden 
Haltung vollkommen bewußt, sie thue die 
nöthigen Schritte, um der Lage zu be 
gegnen. 
^ Johamiisbnrg, 30. Dez. Die politische 
Spannung hält an. Frauen und Kinder 
reisen in verstärkter Anzahl ab. Die Züae 
sind überfüllt. Es finden zahlreiche Ver- 
ummlungen der verschiedenen Bevölkernngs- 
klaffen statt, in denen die Lage erörtert 
wird. Für morgen wird die Ablieferung 
mehrerer hervorragender Minen erwartet. 
Es tritt zwar noch keine entschiedene Be 
wegung der National-Union zu Tage, doch 
ind kriegerische Gerüchte aller Art im 
Umlauf. Nach der anderen Seite hat die 
Regierung die Burghers aufgefordert, sich 
ür den Bedarfsfall bereit zu halten. — 
3n einer heute abgehalten Versammlung 
der Handelsvereinigung constituirte sich die 
Vereinigung als ein Corps unter den 
Namen Ton-n-Uock^-knai-ck, um im Falle 
des Bedürfnisses die öffentliche Ordnung 
ausrecht zu erhalten, Leben und Güter in 
der Stadt zu schützen. Es wurden 
L-atzungen ausgearbeitet, die die Grund 
lagen für das Vorgehen der Vereinigung 
bezeichnen. Das Corps wird sich am 
um die zarten Glieder schlägt, viel Ent 
behrungen erduldet ? Blaffer und blasser werden 
die Wangen und magerer die kleinen Arme. 
Wie lange wird cs noch dauern, dann legt 
er auch den kleinen Liebling zur Ruhe. — 
Da thut er, was er nicht für möglich gehalten: 
Für 100 Mark verkauft er Vergangenheit 
und Zukunft, Julia und Komelia! 
Dem Schloßpaar lachte keine froher Kinder 
mund und so wurde der seltsame Handel 
geschlossen. Dem Schcerenschleiscr wird zur 
Pflicht gemacht, auf immer zu verschwinden 
und nie Anspruch auf seinen Liebling zu 
machen. Was bleibt ihm übrig? Dort in 
den prächtigen Räumen wird es seine Kornelia 
gut haben, während sie in seiner Pflege un 
barmherzig dahinwelkt. 
So zieht er einsam weiter. Aber wohin 
nun? Auf nach der südlichen Heimath! Doch 
das Herz bleibt hier oben. Und hierher lenkt 
er jedes Jahr seine Schritte als Leierkasten- 
'picler, Hausierer, Violinspieler; es darf ihn 
ja niemand kennen. Und glücklich zieht er 
von dannen, wenn ihr helles. Lachen ihm 
verkündet, daß sic glücklich ist, oder wenn er 
aus ihrer zarten Hand eine Gabe entgegen 
nimmt. 
Doch endlich blieb er aus. Ist's zu ver 
wundern, daß ihm der Gram seine Lebens 
kraft gebrochen? Nur noch kurze Zeit, und 
dann ist er für immer mit seiner Julia 
vereint. 
* -i- 
Zwei frohe Menschen spazieren von Florenz 
dm sonnigen Lung-Arno entlang und schlagen 
die Richtung nach San Miniato ein. 
Hoch und höher schwingt sich die von 
immergrünen Bäumen gesäumte, mit reizenden 
Landhäusern geschmückte Straße, bei jeder 
Biegung der: Beschauer ein anderes Bild au' 
die Stadt der Blumen gewährend. Man 
sieht das rege Leben, doch sein Geräusch 
dringt nicht bis hierher. 
In unabsehbarer Weite dehnt sich das ge 
segnete Thal, tausende von Hütten liegen 
ausgestreut unter Oliven und Weingcwindm. 
In weiter Ferne erheben sich, von blauer 
Luft übergössen, die schneebedeckten Gipfel des 
Apennin. 
Voll Entzücken ruht das Auge der jungen 
Frau auf der Schönheit dieses Stückchens 
Erde und lauter Jubel ertönt von ihren 
Lippen. 
Gewiß hat der matt daherschreitende arme 
Wanderer von solchen glücklichen Menschen 
eine reiche Gabe zu erwarten, als er jetzt 
bettelnd vor sie tritt. 
Doch was ficht dem anscheinend frühzeitig 
Gealterten an? Kaum blickt er die jugend 
liche Frau an, so wird sein blasses Gesicht 
noch fahler; die Hand faßt nach dem Herzen, 
und er steht im Begriff umzusinken. 
Verwundernd schauen die Fremden ihn an. 
lEs ist nichts!" erklärt er im gebrochenen 
Deutsch, „es geht schon vorüber." 
Doch so schnell scheint es nicht zugehen; 
der Arme zittert am ganzen Körper und 
giebt auf die theilnahmsvollen Fragen ver 
wirrte Antworten. Gebrochen setzt er sich 
an die Seite der Straße, dm Blick 
noch immer nach der jungen Frau gewendet. 
— Ja, das war seine erstandene Julia, 
die er einst im Norden gelassen, das ist seine 
Kornclia, die er damals dahingegebm. 
Nun nach diesem Wiedersehen kannst du 
ruhig stehen bleiben, armes Herz! Hast du 
doch das Glück gehabt, noch einmal in'S 
Kindesaugc schauen zu dürfen. — 
Dann findet man den armen Niccolo und 
bettet ihn auch hinter der Friedhofsmauer 
zur letzten, langersehnten Ruhe. 
Tapferkeit. 
Von Jerome K. Jeronie (London).*) 
Ich erinnere mich, daß bei einem Diner 
über das Thema Tapferkeit diskutirt 
wurde. Ein deutscher Herr erzählte eine 
Anekdote, deren Held ein junger preußischer 
Offizier war. 
„Ich darf Ihnen nicht den Namen nennen " 
erklärte unser deutscher Freund — „à 
Mann selbst erzählte mir die Geschichte im 
Vertrauen. Obgleich er persönlich wegen seiner 
Pätcren Thaten nichts dagegen zu haben 
brauchte, daß sie bekannt würde, sind doch 
andere Gründe vorhanden, sie geheim ru 
halten. 
„Wie ich erfuhr, war die Sache so. Für 
eine besondere Heldenthat während des kurzen 
Kriege s gegen Oesterreich war ihm 
der Orden xonr le mèrite zuertheilt worden. 
Es ist das, wie Sie wissen werden, die 
höchste Auszeichnung in unserer Armee; Leute, 
die ihn tragen, bilden sich gewöhnlich viel 
darauf ein und haben wirklich einigen Grund 
dazu. Er dagegen verwahrte ihn in einem 
verschlossenen Schubfache seines Pultes 'und 
trug ihn nur, wenn die dienstliche Etiquette 
ihn dazu zwang. Der bloße Anblick des 
Ordens schien ihm schmerzlich zu sein. Eines 
Tages fragte ich ihn nach dem Grunde. 
*) Aus „Romanstudien" von Jerome K. 
Heroine, deren Schluß von der Berliner 
„Romanwelt" soeben veröffentlicht wird.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.