Full text: Newspaper volume (1895, Bd. 2)

Schriftwechsel. Die Orts-Polizeibehörde ist 
bei Ueberschreitungen dieser Beschränkung 
berechtigt und im Wiederholungsfälle ver 
pflichtet, die Vereine vorläufig zu schließen. 
Sie muß jedoch binnen 48 Stunden nach 
der Schließung von dieser Thatsache und 
von den vorliegenven Gesetzwidrigkeiten, 
die zu der Schließung Anlaß gegeben haben, 
der Staatsanwaltschaft Anzeige machen. 
Findet diese die angeblichen Gesetzwidrig 
keiten nicht geeignet, eine Anklage darauf 
zu gründen, so ist die Schließung binnen 
weiteren acht Tagen aufzuheben, andernfalls 
muß innerhalb derselben Frist die Anklage 
erhoben oder die Voruntersuchung eingeleitet 
werden. 
— Das polizeiliche Vorgehen 
gegen die Leiter der sozialdemo 
kratischen Partei hat, wie der „Post" 
berichtet wird, nicht nur diese, sondern 
ebenso die Leiter der sozialdemokratischen 
Gewerkschaften und die Redakteure und 
Verwalter der Fachblätter vorsichtig ge 
macht. Die Hamburger Generalkommission 
soll bereits ein Warnungs > Rundschreiben 
an sämmtliche Vorstände der centralisirten 
Gewerkschaften erlassen und ihnen die Be 
feitigung aller irgendwie bedenklichen Schrift 
stücke anempfohlen haben. Auch sollen die 
VorstandsmitgliedermehrererOrganisationen 
bereits die Frage ventilirt haben, ob es 
nothwendig sei, 'ihre Kassenfonds in Sicher 
heit zu bringen und nur einen zur Deckung 
der kleinen laufenden Ausgaben erforder 
lichen Baarbestand zur Verfügung zu 
halten. 
— Einen überraschenden A us 
gang hatte die Privatklage, welche der 
Schriftsteller Schneidt im Verein mit 
dem Verleger der Wochenschrift „Die 
Kritik", Buchhändler Storm, gegen den 
Herausgeber der „Zukunft", Maximilian 
Harden angestrengt hatte. Die Privat 
klage sollte am Donnerstag vor dem 
Berliner Schöffengericht verhandelt werden. 
Der Termin war auf 9 Uhr Vormittags 
angesetzt; als die Kläger um 9 Uhr 6 Mi- 
nuten an Gerichtsstelle erschienen, erfuhren 
sie zu ihrer Ueberraschung, daß der Termin 
bereits sein Ende gefunden hatte. Der 
Gerichtshof hatte dahin erkannt, daß 
wegen Nichtanwesenheit der Kläger das 
Verfahren einzustellen sei. Die 
Privatkläger beabsichtigten nunmehr, die 
Einsetzung in den vorigen Stand zu be 
antragen. 
— Zur „S chulüberb ürdun g" nimmt 
Prof. Eulen bürg das Wort. Er nennt 
den Nachmittagsunterricht fluchwürdig. 
Er will den armen Schulkindern die 
„Bürde" abnehmen, die Schulmappen mit 
Büchern zu tragen : nur ein „robustes 
Rückgrat" sichere vor Erkrankungen. Auch 
andere Schultische müßten angeschafft werden. 
Zum Schluß empfiehlt Prof. Eulenburg, 
die Sommerferien auf zwei Monate aus 
zudehnen. — Wenn dazu die Weihnachts-, 
Ostern- und Pfingstferien nebst Michaelis 
ferien kommen, unter Wegfall des Nach 
Mittagsunterrichts, so könnte man den 
Vorschlag dahin ausdehnen, überhaupt keine 
Schule mehr zu halten. Wenn die Kinder 
dann erwachsen sind, ist nichts bequemer, als 
die Staatshülfe anzurufen, dessen Allmacht 
ja allen Menschen auf Erden ein 
Paradies schafft! Das reine Schlaraffen 
leben! Die gebratenen Staatstauben 
fliegen den braven Bürgern dann franko 
und zollfrei in den geöffneten Mund. 
— In den großen Städten haben das 
Telephon, die Entwickelung des Rohrpost 
Wesens, die Organisation zur raschen Be 
förderung der Postcolli und auch die 
überhandnehmende Gewohnheit, daß bald 
jedes Geschäft seinen eignen betreßten 
Diener und Ausläufer hat, die Zahl der 
D i e n st m ä n n e r stark vermindert. Bor 
zehn Jahren gab es solcher Leute 4000 
in Paris, 3000 in Berlin, 1700 in 
Wien, jetzt nur noch etwa 300 in Paris, 
je 200 in Berlin und Wien. 
Ein ganz eigenartiger Sport 
beginnt sich auch in Berlin Freunde zu 
erwerben. Derselbe kommt, wie fast alle 
neuen Sportarten, ans England und 
Amerika. Dort kennt man das neue 
Spiel unter der Bezeichnung „club juggler“. 
Es besteht in der meisterhaften Bewegung 
von eleganten Keulen. — Vom sanitären 
regnen ■— eine vorüberziehende Wolke ergoß 
neckisch ihren reichlichen Inhalt aus die erschreckte 
Menschheit da unten, alles erhob sich lachend, 
lärmend, und suchte Schutz unter Dach und 
Fach. Diesen Augenblick allgemeiner Panik 
benutzte Pastor Berg, sich mir zu nähern — er 
begrüßte auch Eugen, der ihn zu uns einlud; 
bei er durchaus den übrigen Herrschaften nicht 
vorgestellt sein wollte, wurde verabredet, daß 
wir heute Morgen zusammen in Schultes 
Gemäldeausstellung gingen, nachdem er ein 
Frühstück bei uns eingenommen. 
Dann entfernte er sich und ich blieb in 
seltsamer Stimmung zurück — so weh- 
muihsvoll bewegt; es fehlte wenig, und 
meine Augen hätten sich mit Thränen ge 
füllt. Nie'zuvor hatte ich die schöne Ruhe 
seines Wesens so wohlthuend empfunden, es 
ging ein Friede von ihm aus, der mich er 
frischte und belebend in mein Inneres 
drang; es war, als hätte ich ein paar- 
tiefe Athemzüge in der reinen Luft von 
Haraldsholm gethan. 
(Fortsetzung folgt.) 
Standpunkt aus soll der „Keulcn-Sport" 
zur Kräftigung der Brust-, Rücken- und 
Arm-Muskeln geübt werden. Zudem ge 
währt das Exerzitium, wenn es exakt aus 
geführt wird, einen sehr hübschen Anblick. 
der Reichshauptstadt hat der neue 
Sport schnell Freunde gewonnen und wird 
bereits eifrig geübt. 
Aus Furcht vor einem Eide hat 
sich die 53jährige Schuhmachermeisterfrau 
Spring, verw. Albrecht, in ihrer Wohnung 
zu Reinickendorf vergiftet. Die früher 
in Berlin wohnhaft gewesene, in guten 
Verhältnissen lebende Frau S. sollte in 
einigen Tagen in einem Prozeß über einen 
Betrag von 15 Mark einen ihr auf 
erlegten Eid schwören; dies nahm sich die 
nervenkranke Dame so zu Herzen, daß sie 
sich am Dienstag-Vormittag durch zwei 
Theelöffel Fliegenstein (Arsen) vergiftete 
Ueber ein Wettrennen eines 
Prinzen mit einem Eisenbahnzuge 
wird der „Pos. Ztg." aus Meseritz be 
richtet: „Auf der Eisenbahnstrecke Reppen 
Meseritz sprang kürzlich an einer der zahl 
reichen ansteigenden Kurven ein Passagier 
aus dem in der Fahrt befindlichen Zuge, 
lief eine Strecke neben diesem her und 
bestieg ihn wieder. Dem Fahrpersonal 
gegenüber hat sich der Wettläufer durch 
eine Visitenkarte als Prinz zu Solm 
Horstmar, Lieutenant im 3. Garde-Ulanen 
Regiment, legitimirt, dem nun die Betriebs 
inspektion in Posen eine Ordnungsstrafe 
von 30 Mark auferlegt hat." 
Danzig, 29. Nov. Gegen den Anfang 
Mai dieses Jahres verhafteten Direktor 
der „Danziger Schifffahrts- und Seebad- 
Aktien-Gesellschaft Weichsel", Consul 
Alexander G i b s o n e, ist nunmehr 
die Anklage wegen Münzverbrechens, Be 
truges und Vergehens wider das Aktien 
gesetz erhoben worden. Die Verhandlung 
wird unter Vorsitz des zum Senats-Präsi 
deinen beim Kammergericht ernannten 
Landgerichtsdirektors Wünsche aus Thorn 
am 10. und 11. Dezember beim hiesigen 
Schwurgericht stattfinden. 
Breslau, 24. Nov. „Die Worte des 
Erlösers", ein italienisches Schauspiel 
von Giovanni Bovio, das hier von Direktor 
Dr. Lö w e zur ersten deutschen Aufführung 
am Stadttheater vorbereitet wird, ist von 
der polizeilichen Censur verboten worden. 
Das Stück hat in Italien die verschiedensten 
Schicksale gehabt. Vielfach ist es wegen 
religiöser Bedenken verboten worden. In 
einigen Städten wurde es zugelassen; von 
den Kanzeln wurde dafür und dawider 
gepredigt. Das Sujet schildert eine biblische 
Szene, wobei Christus handelnd auftritt. 
Eisleben, 28. Nov. Der Kaiser hat 
für die durch die Erdsenkungen geschädigten 
Hausbesitzer Eislebens aus Allerhöchstem 
Dispositionsfonds ein unverzinsliches 
D a r l e h n in Höhe von 60 000 Mark 
bewilligt. 
Elberfeld, 28. Nov. In den Stadt- 
verordnetenwahlen siegten die Kandi 
baten der vereinigten Ordnungsparteien 
über die von den Sozialdemokraten und 
Antisemiten aufgestellten Kandidaten. 
Man berichtet aus Crefcld: Japanische 
Jnduftriebeflissene haben früher in größerer 
Zahl die hiesige königliche Webschule be 
sucht, zu ihrem Besten zwar, aber nicht 
eben zum Vortheil unserer Industrie. Mit 
der bewundernswerthen Regsamkeit, die 
dem ostasiatischen Jnselvolke eigen, haben 
diese ehemaligen Schüler das, was sie ge 
hört und gesehen, auf den heimischen 
Boden verpflanzt. Japan ist auf dem 
besten Weg, ein scharfer Konkurren 
der heimischen Textilindustrie zu 
werden. Jetzt geben die Japaner 
hiesigen Seidenweberei Gelegenheit, 
Austausch auch von ihr zu lernen, 
sonders in künstlerischer Beziehung, 
wurde bereits berichtet, daß in den mit 
den herrlichsten Wandgalereien des Prof 
Baur geschmückten Räumen der hiesigen 
königl. Webschule zur Zeit eine Ausstellung 
von Erzeugnissen der Webekunst und der 
Teppichknüpferei stattfindet. Unter den 
ausgestellten Gegenständen erregen be 
Puders drei auf Sammet bemalte Bilder 
japanischer Herkunft allgemeineBewunderung 
und zeugen nach dem Urtheil von Kennern 
von ebenso gediegener künstlerischer Technik 
und Auffassungsgabe, wie erstaunlicher 
Geduld in der Ausführung. Das voll 
endetste dieser Bilder stellt ein Hühnervolk 
neben Bambuspslanzen dar. Die einzelnen 
Thierchen haben auf dem Bilde eine Größe 
von ca. 10 Centimetern, und die winzigen 
Gestalten sind durchaus lebenswahr. Die 
Federn selbst sind aus geschnittenem 
Sammet gebildet, durch feine Linien ganz 
wunderbar begrenzt. Auch andere Er 
zeugnisse japanischer Kunst, die sich in der 
Ausstellung befinden, beweisen, daß diese 
Asiaten so ziemlich auf allen Gebieten der 
Textilindustrie heimisch, mit allen Ma 
terialien wohl vertraut sind. Diese Er 
oberungen der nimmerrastenden Japaner 
auf dem gewerblichen Gebietemachen 
unsere Seiden- und Sammetfabrikanten 
jedenfalls nachdenklicher als alle Land- 
erwerbungen auf dem chinesischen Kontinente 
Einbis an den Hals eingefrorene 
völlig entkleidete Person wurde am Mitt 
woch in dem Grottenteich bei Duisburg 
gefunden und als der Chemiker Dr 
ermittelt. Der Unglückliche ist. wahr 
cheinlich in einem Anfalle von Geistes 
törung, in der Mittwoch-Nacht auf den 
etwa eine Stunde von seiner Wohnung 
entfernten Kaiserberg gelaufen, hatte sich 
dort am Wasserthurm, trotz der grimmigen 
Kälte, die in dieser Nacht herrschte, völlig 
ausgezogen und ist dann in den etwa 
400 Schritte entfernten Teich gelaufen, 
wo er durch Erfrieren seinen Tod ge 
funden hat. 
Gegen die Handelsfrau Eva Schieler in 
Homburg v. d. H. liegt eine Anklage 
wegen Urkundenfälschung und Beamtende- 
techung vor. Nach einer dort bestehenden 
Verordnung muß jeder Marktbesucher einen 
Schein für drei Pfennige lösen. Nicht 
um diese Kleinigkeit, sondern um die Un 
bequemlichkeit sich zu ersparen, hatte die 
unbescholtene Frau den thörichten Streich 
begangen, einen alten Marktschein zu 
fälschen und dem dies entdeckende» Markt 
beamten 10 Pfg. Schweigegeld zu bieten. 
Staatsanwalts-Assessor Dr. Knecht bean 
tragt ein Vierteljahr Gefängniß. 
Die Kammer erkannte nur auf drei Tage. 
Gifhorn, 25. Nov. Die seit dem 14. 
d. M. vermißte frühere Wir thf ch afterin 
Christine Hansen aus Vollbüttel ist 
jetzt als Leiche im Moor zwischen Betz 
horn und Schönewörde aufgefunden worden. 
Sie hat sich in einem Anfall von Schwer - 
muth am genannten Tage im einfachen 
Hausauzuge und in Holzpantoffeln ent 
sernt, um zu Fuß nach Hamburg, ihrer 
Heimath, zu wandern. Nach mehrstündiger 
Wanderung ist sie Abends vom Wege ab 
geirrt, in die Haide geschwankt, vor Hunger 
und Ermattung niedergesunken unv erfroren, 
nicht, ohne einen entsetzlichen Todeskampf 
durchgemacht zu haben, denn sie hat sich 
das Kopfhaar in Menge ausgerauft. 
Von dem Herrn Regierungs-Präsidenten 
in Stade ist dem Verein zur Förderung 
des Wohls der Arbeiter daselbst zur Unter- 
stützung dieser Vereinsthätigkeit aus Re 
gierungsfonds die Summe von 1000 Mk. 
zugewandt worden. 
Stade, 28. Nov. In einem Kreisorte 
im Regierungsbezirk Stade wurde kürzlich 
der neuernannte Land rath in 
die Kreisdeputirten - Versammlung einge 
führt. Nach Erledigung des geschäftlichen 
Theiles bemerkte der Landrath im Laufe 
der Unterhaltung, daß die Deputirten, 
meist Landbewohner, sich überall mit dem 
vertraulichen „Du" anreden. Mit den 
Sitten und Gebräuchen der Landbevölke 
rung wohl noch unbekannt, fällt ihm dieses 
auf, und der Landrath erkundigt sich bei 
seinem Tischnachbar, einem biederen Ge 
meindevorsteher, wie es hier denn eigent 
lich mit der persönlichen Anrede gehalten 
werde, und ob das Duzen überall im 
Kreise so üblich sei. „Jo, dat is woll so," 
erklärt der Gefragte mit harmlosester 
Miene, „unner uns in'n Dorp fegt wie 
„Du", blot de Herr Pastor un 
Du, I i ward wie mit „S ee" 
an re dt." 
Für den ersten Täufling in der kürzlich 
in Gegenwart des Kaisers neu einge- 
weihten Kirche in Kürzel, eine Tochter des 
dortigen Lehrers, hat der Kaiser ein 
Sparkassenbuch mit 200 Mk. anlegen 
lassen. Das Kind ist auf die Namen 
Wilhelmine Auguste getauft worden. 
München, 27. Stov. Wie man hört, 
!oll Frhr. von Thüngen, der an der 
Spitze des bayerischen (mittelfränkischen 
und niederbaherischen) Bauernbundes 
teht, über seine im Bunde gemachten Er 
fahrungen verstimmt sein; es sei nicht un 
wahrscheinlich, daß er, wenn nicht andere 
Verhältnisse eintreten, vom Präsidenten 
zurücktritt. 
Dresden, 27. Nov. Eine Konferenz der 
Borsitzenden der sächsischen Gewerbe- 
kammern erklärte sich gegen den Gesetz 
entwurf betr. die Einführung von Hand 
werkskammern. 
Mannheim, 27. Nov. Ein von hier ans 
der 
im 
be 
Es 
gebracht, die Stadt und ist zuletzt auf dem 
Rothen Kruge, ettva 2 km vor der Mord- 
stelle, gesehen und zwar in Gesellschaft 
von 2 Männern. Letztere begaben sich in 
die genannte Wirthschaft, um Schnaps zu 
trinken, während der Erschlagene auf der 
Chaussee blieb. Auf die Frage der Wirthin 
warum der andere junge Mann nicht auch 
eingetreten sei, wurde ihr von den beiden 
Gesellen die Antwort: „Der könne noch 
keinen vertragen." In der hierauf fol 
genden Viertelstunde ist der Mord ausge 
führt, und zwar in der Weise, daß die 
Mörder dem von dem Schmiedegesellen 
mitgeführten Handwerkszeug den Hammer 
entnahmen und mit diesem auf ihr Opfer 
losschlugen. Es ist in schrecklichem Zu 
stande aufgefunden. 16 Hammerschläge, 
wie durch die Untersuchung festgestellt, 
haben die Schädeldecke des jungen Menschen 
zertrümmert, außerdem ist ihm der Hammer- 
stiel in den Schlund gestoßen. Die ange 
stellten Recherchen haben bisher ergeben, 
daß der eine der Mörder der Conditor 
Schmitz, gebürtig aus Köln, ist. Die 
Personalien des Mitthäters sind noch nicht 
ermittelt. Die Gendarmerie der ganzen 
Umgebung befindet sich in regster Thätigkeit. 
Der Amtsrichter Dr. Schultze in Hamburg 
ist seit Montag-Abend verschwunden und 
befürchtet man, daß er auf dem Wege von 
der Uhlenhorst nach seiner Wohnung in die 
Alster gerathen ist. 
Das Wetthungern des Sgr. Succi 
und des Möbelhändlers Frey in der 
„Flora" zu Hamburg hat heute ohne Sang 
und Klang sein Ende gefunden, nachdem 
Frey bereits gestern Abend, unfähig, länger 
ohne Speise zu bleiben, sein Heim aufge 
sucht und dort dinirt hatte. Heute Vor- 
mittag fand er sich wieder in der Flora 
ein und hungerte dann wieder gemeinsam 
mit Succi 'bis gegen 11 Uhr um die 
Wette. — Das Hungern wurde für^ be 
endigt erklärt, Sgr. Succi und Herr Frey 
erhielten ihr Geld ausbezahlt, und sichtlich 
„erleichtert" verließen sie den „Hunger- 
thurm". Sgr. Succi hat 18 Pfund, Herr 
Frey dagegen 24 3 / 4 Pfund an Körperge 
wicht verloren. Das Befinden Frey's giebt 
nach Ansicht des bei dem Schluß-Hungern 
anwesenden Arztes zu Bedenken Anlaß. 
Sgr. Succi genoß zunächst Grog von 
Cognac mit Ei, Herr Frey eine Tulpe 
„Münchener" und etwas Cognac. Succi 
beabsichtigt jetzt in einem Restaurant vier 
Schau-Essen zu veranstalten. 
provinzielles. 
in Schwetzingen in Kost gegebener 13 
Jahre alter Schüler hat sich wegen schlechter 
Behandlung, die er von seinem Pflegevater 
erfuhr, im dortigen Schloßgarten erhängt. 
Dömitz, 28. Nov. Vor Kurzem ist von 
hier, wie man dem „M. T." schreibt, eine 
von über 130 Personen unterzeichnete 
Petition an die Großherzogliche General- 
Eisenbahn-Direktion in Schwerin abge 
sandt, welche die Wiederaufhebung 
der Bahnsteigsperre für die auf dem 
hiesigen Bahnhöfe verkehrenden Züge der 
Mecklenburgischen Staatseisenbahn. Da 
die Sperre nur von der Preußischen Staats- 
Eisenbahn eingeführt ist, sich hier aber 
auch auf die Züge der Mecklenburgischen 
Friedrich - Franz - Eisenbahn mit erstreckt, 
was — wie die ganze Bahnsteigsperre — 
vom Publikum höchst lästig empfunden 
wird, so hofft man, daß die Züge der 
Mecklenburgischen Eisenbahn von der Sperre 
wieder frei gemacht werden. Im Monat 
Oktober sind auf dem hiesigen Bahnhöfe 
täglich durchschnittlich 6 Bahnsteigkarten 
gelöst, was einer Einnahme von monatlich 
18 Mark, jährlich 216 Mark entspricht. 
Lndwigslust, 27. Nov. Zu dem Raub- 
m o r d e in den Tannen bei N e u > K r e n z l i n 
wird noch geschrieben: Der Ermordete ist 
der 20 Jahre alte Schmiedegeselle Franz 
Schulz aus Lübsdorf; er verließ am 
Montag, nachdem er die Nacht in der 
Herberae zur Heimatd in Ludwiaslust 
Wie der „Holst. Cour." aus sicherer 
Quelle erfährt, ist der Aufenthalt der bei- 
den ältesten kaiserlichen Prinzen in Plön 
auf sechs Jahre bemessen. Die Prinzen 
sollen bis zum Beziehen einer Universität 
in Plön unterrichtet werden. 
7A Bon der Eider, 29. Nov. Die 
ļSaison der Husumer Fettvieh 
märkte hat mit dieser Woche ihr Ende 
erreicht. Die Gräser klagen über un 
günstige Geschäftsergebnisse. Die Mager 
viehpreise waren im letzten Frühjahr sehr 
hoch. Auch war die Landmiethe infolge 
des vorjährigen günstigen Geschäftsverlaufs 
gestiegen. Die diesjährigen Fettviehpreise, 
welche sich im Durchschnitt für je 100 
Pfund Schlachtgewicht für I. Qual, auf 
59,78 Mk., für II. Qual, auf 54,36 Mk. 
und für III. Qual, auf 43,77 Mk. stellten, 
blieben gegenüber dem Vorjahre bezw. um 
4,40 Mk., 4,08 Mk. und 6,76 Mk. zurück, 
eine Mindereinnahme pro Haupt 
von ca. 3 0 Mk. Zufolge dieser unbe 
friedigenden Ergebnisse sind nicht nur die 
Magerviehpreise, sondern auch die Land 
miethen fürs kommende Jahr herunter 
gegangen. 
❖ Owschlag, 29. Nov. Der Gastwirth 
>Cl. Sierk in Norby hat gestern sein Ge- 
wese an den Bäcker Aug. Müller in Biöl 
für 18 500 Mk. verkauft. In nächster 
Woche erfolgt schon der Antritt. — Auf 
der Treibjagd in Ahlefeld und Frie 
de i ch s h o f sind gestern 10 Hasen, 1 
Stück Rehwild und 1 Fuchs erlegt worden. 
= Owschlag, 30. Nov. Die Restauration 
!in den Wartezimmern unseres Bahnhofes 
geht mit dem 1. Dezember über in die 
Hand des Gastwirths D. Sohrt am 
Bahnhof. 
1 Der Lachsfang in der Owschlager 
Mühlenaue ist in diesem Jahre bei weitem 
kein so lohnender wie im vorigen Winter, 
denn einmal ist die Ausbeute keine sehr 
große, und zweitens sind die gezahlten 
Preise recht niedrige. 
D Bünstorf, 30. Nov. Ein für Land 
leute interessantes, höchst seltenes Bor- 
kommniß kam bei einem hiesigen Land 
mann vor, indem eine Ferkelsau schon 
während ihrer Saugezeit in den ersten 3 
bis 4 Wochen bereits wieder zum Eber 
gebracht werden mußte. Selbst alte, er 
fahrene Landleute wissen sich eines ähn 
lichen Falles nicht zu erinnern. 
# Kreis Rendsburg, 30 Nov. Ueber 
den gemeldeten Fund einer Kindesleiche in 
M e e z e n ist noch zu berichten, daß am 
Mittwoch-Nachmittag von dem Königlichen 
Kreisphysikus Dr. Reimann zu Neumünster 
ş(in Vertretung des verhinderten Kreis- 
phhsikus Dr. Äsmuffen-Rendsburg) und deni 
Amtsrichter zu Hohenwestedt eine Unter 
suchung an Ort und Stelle vorgenommen 
Imm-rum ist melckie eroeben babeu toll, daß 
das Kind- noch drei Stunden .nach der 
Geburt gelebt hat.' 
# Nortorf, 30. Nov. Der von hier 
eingesandte Reorganisationsplan unserer 
Volksschule, welche künftig aus 7 Klassen 
bestehen wird, ist von der Königl. Regierung 
genehmigt worden. Die beiden Unterklassen 
mit je einjährigem Kursus sind gemischt. 
Dann folgen drei Knabenklaffen mit je 
! zweijährigem Kursus und damit parallel 
zwei Mädchenklassen mit je dreijährigem 
Kursus. Als Leiter der Schule wird ein 
Rektor angestellt werden, der in den drei 
oberen Knabenklassen fremdsprachlichen 
Unterricht ertheilen wird. 
—n. Jevenstedt, 29. Nov. Aus dem 
şKreise Rendsburg haben kürzlich die Lehrer 
Wieben - Fockbek, Kröger-Hohn und 
Harms-Kattbeck die zweite Lehrerprüfung 
am Seminar in Ratzeburg bestanden. — 
Bei der Treibjagd, die am letzten 
Mittwoch auf dem südlichen Theile des 
hiesigen Jagdreviers abgehalten wurde, er 
legte man 48 Hasen und 12 Rebhühner. 
a> Hamdorf, 30. Nov. Da der Wasser 
stand in der Untereider in den letzten 
Tagen sehr niedrig war und auch trockene 
Witterung eingetreten ist, so ist man hier 
überall mit der Reeth-Ernte beschäftigt. 
Das Reeth ist in diesem Jahre sehr gut 
gewachsen, und liefert sowohl in Quantität 
als Qualitä einen sehr guten Ertrag. 
X. Rendsburg, 30. Nov. Morgen, als 
am 1. Dezember, feiert der Maschinen- 
meister P. Th. Chr. He in eking sein 
50jähriges Jubiläum als Buchdrucker- 
Gehülfe. Geboren im Jahre 1830 zu 
Altona, trat er am 1. Dezember 1845 in 
die Buchdruckerei von Köbner & Lehmkuhl 
dort in die Lehre; machte darauf den 
ersten dänischen Krieg in den Jahren 
1850—1851 mit, wo er an den Schlachten 
von Jdstedt und Missunde theilnahm und 
trat im Jahre 1855 in die englisch-deutsche 
Fremdenlegion ein, welche im damaligen 
russisch-türkischen Kriege unter Theilnahme 
der Westmächte gebildet und nach der Türkei 
und Kleinasien eingeschifft wurde. Bevor 
jedoch diese Legion an dem Kampfe theil- 
nehmen konnte, wurde der Frieden ge- 
schloffen und Heineking kehrte 1857 nach 
Deutschland zurück. Seit dieser Zeit ist 
er (mit einer Unterbrechung) 31 Jahre 
hindurch in der Buchdruckerei des Rends- 
burger Wochenblattes als Maschinenmeister 
thätig gewesen, die ihre Besitzer inzwischen 
zweimal wechselte. Der Jubilar verrichtet 
nach wie vor seine Arbeit in treuer, ge 
wissenhafter Weise und steht zu hoffen, 
daß seine rüstige Gesundheit ihm ge 
stattet, noch lange seinem Berufe in ge- 
wohnter Weise nachzugehen. 
X Rendsburg, 30. Nov. DieJnstallation 
der elektrischen Beleuchtungsanlage in der 
St. Marienkirche ist der Kieler Firma 
Flor und Devaranne übertragen worden. 
Die Anlage soll so rechtzeitig fertig ge- 
ş stellt werden, daß sie zum Weihnachtsfeste 
bereits in Betrieb genommen iverden kann. 
ş Rendsburg, 30. Nov. Am Sonntag, 
den 1. Dezember, Nachmittags 3 V 2 Uhr, 
findet im Apollosaal auf Veranlassung der 
Gegens. Krankenkasse ein öffentlicher Vor 
trag des Herrn A. Reinert aus Hamburg 
über die praktische Behandlung der Krank 
heiten durch die Naturheilkunde statt. Herr 
Reinert hat durch seine schönen Erfolge bei 
der Ausübung der naturärztlichen Praxis 
in Hamburg schnell einen guten Ruf er- 
worben und wird auch schriftstellerisch, z. 
>B. durch eine Schrift über die Influenza, 
bekannt gemacht. Den Freunden der 
Naturheilkunde sei der Besuch des Vor 
trages empfohlen, alle anderen aber, be 
sonders Väter und Mütter, mögen be 
denken, daß es Pflicht ist, Alles zu prüfen 
und das Beste zu behalten. Zu solcher 
î Prüfung bietet sich hier eine Gelegenheit. 
X Rendsburg, 30. Nov. Der heutige 
Wochenmarkt war nicht sehr stark besucht. 
Die Ferkel wurden wie in der Vorwoche 
vurchschnittlich mit 8—10 Mk. bezahlt. 
Butter kostete das Pfd. 0,95—1,10 Mk. 
Eier wurden das Stieg mit 1,80 Mk. be 
zahlt. Hühner kosteten 1,40—1,70, Enten 
3,00—3,50, Hasen 3,00 Mk. das Stück. 
Gänse wurden mit 65 Pfg. das Pfd. be 
zahlt. Kartoffeln waren gar nicht, Obst 
und Gemüse wenig am Markte. Ver 
schiedene Feit- und Wurstwaaren waren 
,'u den üblichen Preisen käuflich. Torf 
war heute reichlicher am Markte und fand 
zu Preisen von 4—5 Mk. für 1000 
Soden raschen Absatz. 
W v euv - D ep ei ch e». 
Berlin, 30. Nov. Der Beschluß 
wegen Schließung folgender sozial- 
demokratischer Vereinet Parteivor- 
stand Deutschlands, sechs Berliner 
WahlvereineSozial-Agitations Prest. 
ausschüsse ist heute Mittag 42 Uhr 
Seitens der Polizei den respective» 
Vorsitzenden zugetheilt worden. 
Konstantinopel, 30. Novür. 
Der englische Botschafter Currie 
machte gestern in einer l'^stündigeu 
Audienz den Sultan daraus auf 
merksam, das; die fltichkbewilligung 
zweiter Stationsschiffe ernste Mast- 
nahmen der Grostmàchte veranlasse» 
würden. I» diplomatischen Kreisen 
Erwartet man, dast der Sultan nnn- 
mefoc den German untecsckreibea wird.
	        
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