Stadtgemeinde Leutkirch präseņtirt. Am
Vorabend des Sedantages wurde nämlich
auf dem Grundstück eines Oekonomen von
Seiten der Stadt ein Freudenfeuer ab-
ģebraņnnt. Von der zurückgebliebenen
Asche, die, wie die chemische Untersuchung
ergab, schwefelsaures Salz enthielt, leckten
die auf der Weide befindlichen Kühe des
Oekonomen, in Folge defien 6 Stück der-
endeten und einige erkrankten. Der Eigen
thümer machte eine Schadenforderung
von 2000 Mk. geltend, während die
bürgerlichen Kollegien nur 1200 Mk. be-
willigten, so daß der Fall nach den „M.
N. 9i." voraussichtlich auf dem Rechts
weg seine Entscheidung finden wird.
Freiburg, 18. Nov. Die Majestät s>
beleidigungs-Prozefse nehmen auch
in Baden in erschreckender Weise zu.
Wegen Beleidigung des Großherzogs
hatte sich nach dem „Bad. Landesb." der
in Wyhlen wohnhafte Maurer Lorenz
Clemens vor der Strafkammer zu ver
antworten. Die Aeußerung ist in einer
Gastwirthschaft gefallen. Das Urtheil
lautete auf 6 Monate Gefängniß.
Am 2. Juni l. I. wettete ein Münchener
Schlachter mit einem Weinwirth um die
Summe von 500 Mk., daß er ein volles
Jahr hindurch täglich eine Taube zu ver-
zehren im Stande sei. Die Wette wurde
angenommen und dem Schlachter steige
stellt, die Taube zu beliebiger Tageszeit,
aber auf einmal zu verzehren. Auch die
Art der Zubereitung blieb ihm überlassen.
Bolle 166 Tage nun aß der Schlachter
seine Taube, vor einigen Tagen aber, am
14. November, mußte er sich als besiegt
erklären, denn er war nicht mehr im
Stande, auch nur das kleinste Stück einer
Taube zu essen, da ihn ein unbezwing
licher Widerwillen gegen das Gericht er
faßt hatte. Der Weinwirth hätte im Falle
des Verlierens der Wette auch die ver
speisten Tauben bezahlen müssen. Der
Schlachter schwor, in seinem Leben keine
so einfältige Wette mehr einzugehen!
— An den Wagen der Dampftrambahn
Berg -Jse! -Willen -Jnsbruck - Mühlhau -Hall
ist folgende fchöngedruckte Warnung zu
lesen: „Mit Rücksicht auf die Betriebs-
sicherheit hat sich das Publikum in den
Wagen gleichmäßig zu vertheilen und den
diesbezüglichen Anordnungen des Schaffners
zu fügen. Für hieraus entstehende Unglücks
fälle leistet die Gesellschaft keinerlei Ent
schädigung. Die Betriebsleitung." — Aber
warum fordert dann die Betriebsleitung
das Publikum auf, sich den so gefährlichen
Anordnungen des Schaffners zu fügen?
München, 19. Nov. Der Antrag Lutz
gegen die Ramsch-Bazare, Waarenhäuser
und Versandtgeschäfte ist im bayrischen
Abgeordnetenhause mit allen gegen die
socialdemokratischen Stimmen angenommen
worden. Da die Regierung dem Antrage
gegenüber sich zustimmend verhielt, darf
auf baldige Einführung der Neuordnung
gerechnet werden. Wir müssen bekennen,
daß wir den gewerblichen Auswüchsen des
freien Spiels der Kräfte längst nicht mehr
sympathisch gegenüberstehen. Schädliche
Auslvüchse, auch bei der Gewerbesreiheit
müssen beschnitten werden, wenn sie nicht
das solide Geschäft untergraben sollen
Man wird eine so hohe Steuer auf bergt
Gewerbe legen, daß deren Betrieb unmög
lich ist.
Lüneburg, 22. Nov. Am 29. August
fuhren drei Radfahrer, eine Dame
und zwei Herren, auf der Chaussee durch
das Krumbholz. Einer der Herren hatte
keine Laterne, was einen Schutzmann, der
erst in nächster Nähe zu erkennen war,
veranlaßte, dem Fahrer Halt anzurufen.
Als dieser nicht im Moment absprang,
stürzte sich der Sicherheitsmann auf das
Vehikel, um es umzureißen. Er hatte
aber seine Kräfte weit überschätzt, denn
durch den plötzlichen Rock stürzte zwar der
Fahrer, er riß aber gleichzeitig den Schutz
mann nieder, und Rad, Fahrer und
Schutzmann bildeten einen wüsten Knäuel
am Boden. Der Radfahrer, der sonst
seine Missethat, das Fahren ohne Laterne,
vielleicht mit 3 Mk. Geldstrafe gesühnt
hätte, war nun an seinem Körper arg be
schädigt, hatte erhebliche Reparaturkosten
an seinem Rade zu bezahlen und — jetzt
kommt der Humor von der Sache — ein
pfing eine Anklage wegen Widerstands
gegen die Staatsgewalt. Heute
zierte er die Anklagebank, wurde aber
selbstverständlich freigesprochen, da die
Zeugen- und Sachverständigenaussagen au'
das klarste erwiesen, daß ein Radfahrer
nicht im Moment des Anrufens still halten
kann, sondern, um ungefährdet absteigen
zu können, noch 5—10 Meter weiter
fahren muß. Der Freigesprochene wird
nun den Schutzmann zum Ersatz der
Reparaturkosten des Fahrrades civilrechtlich
heranziehen.
Lüneburg, 20. Nvvbr. Es war bekannt
geworden, daß eine an der Burmeisterstraße
wohnende 78jährige Wittwe M. seit längerer
Zeit Tränkchen und Pulver für
Kranke verabfolge, in schweren
Fällen auch Heilungen durch Sympathie,
Besprechung u. dergl. bewirke. Die alte
Frau hat schon seit vielen Jahren eine
ausgedehnte Praxis, die sich nicht nur au
den Stadt- und Landkreis erstreckt, sondern
weit über Hamburg und Hannove
hinaus reicht. Von dem „Doctorn" hatte
die Polizei Wind bekommen und so kam
daß der Polizeicommisiar Wiegand eine
Recherche in der Wohnung der Verdächtigen
vornahm, welche die Vermuthungen in
vollstem Umfange bestätigte. Bei der über
rumpelten „klugen Frau" fand man mehrere
mit Medicin gefüllte Fläschchen, sowie der-
chiedene mit scharf- und übelriechenden
julvern gefüllte Düten. Auf den Mixtur
gläsern befanden sich Etiketten wie zum
Beispiel: Menadies'sche oder Altonaische
Wunderkronen > Essenz, Krampftropfen,
Hoffmannstropfen, Citronenöl, Messinaöl rc.
In zwei Fläschchen befand sich eine schwarze
Materie, die sie von ihrer in Hamburg
wohnenden Tochter erhalten haben will.
Das bei der Frau vorgefundene Pulver
bezeichnet diese als Ballerian-und Bullerian-,
owie als Pestilenzpulver. Da das Pulver
aus Pferdemist und Pferdejauche
bereitet sein soll, so erklärt sich der fatale
Geruch des Heilmittels. Außerdem fand
man bei der Durchsuchung der Wohnung
kleine Leinenbeutel, die, mit allerlei Kräu
tern und anderen Sachen gefüllt, von ihren
Patienten auf der Brust getragen werden
mußten. Unter den Gesang-, Gebet- und
Besprechungsbüchern, die mit einigen
Kartenspielen und anderen Sachen beschlag
nahmt wurden, befanden sich auch zwei
Notizbücher, in welche die Frau nicht
weniger als 235 Adressen ihrer Kunden
und Patienten in Stadt und Land einge
tragen hatte, wodurch sie natürlich der
Behörde die Feststellung der Zeugen außer
ordentlich erleichtert. Bon ihren Kunden
will sie kein Geld gefordert, sondern nur
Geschenke angenommen haben. Befragt,
wie lange sie die „Doctorei" schon betreibe,
antwortete sie: seit etwa 7 Jahren. In
besonders schwierigen Fällen suchte sie die
armen Kranken auch dadurch von ihren
Leiden zu befreien, daß sie nach Sonnen
untergang vor die Stadt ging und an
einem Kreuzweg für die betreffenden Kranken
betete und die Krankheit besprach. Ob und
wie viele dadurch geheilt worden seien,
weiß die Frau natürlich nicht mit Bestimmt
heit anzugeben. Jedenfalls genoß sie großes
Vertrauen aus allen Ständen.
Hannover, 23. Nov. Der Rechts-
nwalt Dr. Nack ist am 19. November
plötzlich verhaftet, um ihn zur Abgabe
eines Zeugnisses zu zwingen. Dr. Nack
war früher Vertheidiger des Dr. Lochn utz
und ihm war in dieser Eigenschaft von
einem höheren Gerichtsbeamten Mitte
vorigen Jahres mitgetheilt, daß das von
Schnutz beantragte Strafverfahren gegen
den Schriftsteller Leuß wegen Meineides
eingestellt sei. Gegen diesen Beschluß
hatte, wie bekannt, Dr. Nack Beschwerde
bei der Oberstaatsanwaltschaft geführt und
es wurde sodann das Verfahren aufge
nommen, das mit der Verurteilung des
Leuß zu mehrjähriger Zuchthausstrafe auf
Grund des Geständnisses der Frau Dr.
Schnutz endete. Nunmehr ist ein Disciplinar
verfahren, „betreffend die Ermittelung
derjenigen Person, welche dem Rechtsan
walt Dr. Nack in Hannover aus den Straf-
akten gegen den Schriftsteller Leuß wegen
Meineids über den Stand des Verfahrens
Mittheilung gemacht hat" eingeleitet und
Dr. Nack als Zeuge zur Angabe der
Person geladen. Dr. Nack verweigerte
A. unter Hinweis auf § 54 der Straf
prozeßordnung und A 300 des Strafgesetz
buchs, welche Paragraphen ihm als Ver
theidiger die Geheimhaltung zur Pflicht
machten, die Aussage und ist nach frucht
loser Verhängung einer Geldstrafe plötz
lich am Dienstag-Mittag im Gerichtsge-
bäude verhaftet, um ihn durch diese
Zwangsmaßregel zur Zeugnißablegung zu
nöthigen. Der Antrag des Dr. Nack,
ihm wenigstens eine kurze Frist zur Rege
lung seiner Vertretung und seiner Be-
rufsgeschäfte zu gewähren, wurde von dem
die Verhaftung verfügenden Gerichtsaffessor
abgelehnt, auch ist dem nachträglich
gestellten Bevollmächtigten des Dr. Nack,
dem Rechtsanwalt Dr. Wendte, die Ein-
rcht der Akten verweigert und ferner ein
Hastentlassungsgesuch abgelehnt. — Die
Sache erregt hier das größte Aufsehen,
namentlich auch der nichtverständlichen
harten Art der Verhaftung wegen und
wird die höchsten Instanzen beschäftigen.
Rostock, 23. Nov. Es ist der hiesigen
Polizei gelungen, zwei hier wohnhafte
Arbeiter zu ermilteln, welche des Mordes
an der Frau Peters dringend verdächtig
erscheinen. Beide sind etwa je 27 Jahre
alt. Sie haben gestern Rostock verlassen
und sich nach auswärts gewandt. Sie sind
beide im Besitz größerer Geldmittel.
Hamburg, 21. Nov. Der deutsche
Dampfer „Wismar", von Warkworth nach
Wismar unterwegs,ist in derNordsee gesunken.
Hamburg, 23. Nov. Der Theater-
Direktor Hofrath Poll ini ist gestern von
einem leichten Schlaganfall betroffen.
Durch die Unvorsichtigkeit beim Gebrauch
einer Flinte im Scherz ist wieder ein
Menschenleben vernichtet worden. Die
beiden Maurergesellen Meyns und Behnken
in Kirchwärder bei Bergedorf neckten sich
in harmloser Weise und Meyns ergriff
eine alte Flinte, welche er auf Behnken
mit den Worten anlegte: „Wenn Du nicht
ruhig bist, schieße ich Dich todt!" Gleich
darauf krachte der Schuß und Behnken
stürzte durch den Hals getroffen, todt zu
Boden. Der entsetzte Thäter, welcher
glaubte, die Flinte sei ungeladen, stellte
sich sofort der Polizei.
Provinzielles.
Altona, 23. Nov. Der verstorbene
Probst D ohrn hat der Johannisgemeinde
50 000 Mk. letztwillig vermacht.
In Altona wird eine bauliche Ver
größerung des Christianeums ge
plant. Wie verlautet, erfolgte diese Maß
regel mit Rücksicht auf den im Christianeum
herrschenden Platzmangel. Um diesen zu
heben, wird der Ankauf einiger Häuser
an der Schmiedestraße gewünscht. Augen-
blicklich beschäftigt diese Angelegenheit die
königliche Regierung in Schleswig.
Der Roßschlachter Reimuth in Altona
wurde zu vier Wochen, seine Frau zu
zwei Wochen Gefängniß verurtheilt. Sie
hatten gesundheitsschädliches Fleisch von
einem krepirten Pferde in ihrem Laden
feilgehalten.
Ein frecher Einbruchsdiebstahl wurde
in die Kirche zu Bargtheheide au sgeführt.
Die Diebe drangen durch das Fenster,
rissen die Altardecke herunter und ver-
suchten den Block zu leeren. Glücklicher-
weise ist den Dieben dieses B orhaben nicht
gelungen, sie mußten ohne Beute wieder
fortgehen.
In Groß-Kummerfeld, belegen an der
Chaussee von Neumünster nach Segeberg,
ist am gestrigen Nachmittag Haus und
Scheune des Gastwirths und Landmanns
Hamann gänzlich eingeäschert.
Schadenfeuer ist durch ein kleines vier bis
fünfjähriges Kind des Besitzers verursucht,
das mit Zündhölzern gespielt hat.
+ Itzehoe, 21. Nov. Bei der heute
abgehaltenen Stadtverordnetenwahl für die
ausscheidenden Herren Fabrikant Lages
(bisher Stadtverordnetenbürgerworthalter)
und Dr. med. Rehder wurden 476 Stimmen
abgegeben. Hiervon entfielen auf Dr. med.
Rehder 230, Schiffsbaumeister Fack 173,
Maurermeister Carlsen 65, Fabrikant
Lages 6 und Redacteur Brix 2 Stimmen.
Dr. mâ Rehder und Schiffsbaumeister
Fack sind somit bis 1901 als Stadtver
ordnete gewählt.
ş Itzehoe, 22. Nov. Ein trauriger
Unfall hat sich gestern auf der Stör unweit
Kasenort zugetragen. Der Schiffer Sachau
aus Wewelsfleth kam mit einer Ladung
Quebrakoholz für die Gerberei in Wilster
von Hamburg. Infolge des starken Windes
legte sich das Schiff auf die Seite und
lief rasch voll Wasser. Die Frau des
Schiffers, welche sich in der Kajüte befand,
konnte leider nicht schnell genug auf das
Deck kommen und ist ertrunken, während
der Schiffer und sein Knecht durch ein
Boot des in der Nähe sich befindenden
Schiffers Bielenberg aus Wilster gerettet
wurden.
In einem Hause der Wittorfer-Straße
in Neumünster wurde am hellen Tage
ein Einbruchsdiebstahl verübt und aus
einem Koffer ca. 200 Mk. geraubt.
Am Montag-Nachmittag geriethen zwei
Schuhmachergesellen in Preetz beim Angeln
über einen Fisch in Streit, bei welcher
Gelegenheit der Schuhmacher I. leider
von dem gefährlichen Werkzeug, das
Messer Gebrauch machte und seinem
Gegner, dem Schuhmachergesellen Gebauer,
eine so schwere Stichwunde in der rechten
Brustseite beibrachte, daß der Verletzte
dem Krankenhaus überwiesen werden mußte.
Der Thäter ist verhaftet. Das Befinden
des Verletzten ist ziemlich hoffnungslos.
Die Anordnung, nach welcher die Unter
offiziere und- Mannschaften der Marine
in Zukunft entweder glatt rasirt sein oder
einen Vollbart tragen sollen, hat ihre
Wirkung nicht verfehlt. Wer die Kieler
Straßen paffirt, wird bemerken, daß
dwohl die Zahl der Bartlosen wie der
Vollbürtigen unter den Marineangehörigen
bedeutend szugenommen hat. Man weiß
übrigens nicht, von welcher Seite die An
ordnung ursprünglich ausgegangen ist.
Dieselbe hat nicht nur bei dem zarten
Geschlecht, sondern auch bei den Barbieren
aufrichtiges Bedauern hervorgerufen
Letztere sind in ihrem Erwerb wesentlich
geschädigt und haben sich mit einer
Petition um Aushebung des Verbots an
das Oberkommando der Marine gewendet
Wie es heißt, haben sich die Wilhelms
havener Barbiere und Friseure diesem
Vorgehen angeschlossen. Allem Anscheine
nach dürfte die Verordnung aus die Dauer
nicht aufrechterhalten werden. Es ver
lautet bereits, daß einzelne Schiffs
kommandanten den Manschaften daß
Tragen eines Schnurrbarts wieder gestattet
haben.
Ein poetisches „Heirathsgesuch" findet
sich in der „Kieler Zeitung", welches
folgende verlockende Fassung besitzt:
O Kiel, Du wunderschönes Städtchen,
Du hast geholfen manchem Mädchen,
So hilf auch mir aus meiner Pein
Und schick' nur bald ein Männchen fein.
Könnt' Einer sich nicht dort bequemen.
Und mich zu seiner Frau zu nehmen?
So bitt' ich Antwort schnell zurück
Nach Schleswig postlagernd „Lebensglück
Die Mittheilung, wonach das Gut
Hcmmelmark in Schwachen vom Prinzen
Heinrich von Preußen angekauft sei, de
[tätigt sich nicht. Die Verhandlungen da
rüber haben sich zerschlagen, angeblich
wegen zu hoher Forderung.
Flensburg, 22. Nov. Wegen Maje-
stä ts beleidig» ng war gegen den
dänischen Schauspieler Marx, wie gemeldet,
Anklage erhoben worden. Die hiesige
Strafkammer hat auf Freisprechung
erkannt.
Hadersleben, 20. Nov. Vor Jahresfrist
erweckte in hiesiger Gegend ein u n h e i m-
licher Leichenfund berechtigtes Auf-
sehen. Man fand am 16. April 1894 in
einer Mergelgrube an dem Wege zwischen
Hadersleben und Woyens die Leiche eines
Mannes, die nur mit Hemd und Unter
hose bekleidet war. In der Brust befand
sich eine Wunde, die anscheinend von einem
Messerstich herrührte. Auf dem linken
Arm waren blau tätowirt die Buchstaben
I. A. und ein Herz. Alle derzeitigen
Untersuchungen in dieser Sache verliefen
resultatlos und die Leiche wurde beerdigt.
Jetzt endlich scheint es klar zu werden,
daß man es im vorliegenden Fall mit
einer Mordthat zu thun hat und
ist man dem Mörder auf der Spur. Ein
Schmied aus Errigstedt nämlich, welcher
gegenwärtig im Landesgerichtsgesängniß
zu Flensburg eine Strafe wegen nächtlichen
Ueberfalls und Raubes verbüßt, ist ver
dächtig, den Mann, dessen Leiche man im
April vorigen Jahres fand, ermordet zu
haben. Der Staatsanwalt aus Flensburg
war hier anwesend, hat den Ort, wo die
Leiche gefunden wurde, besichtigt und in
den Dörfern Errigstedt und Skovbölling
Untersuchungen angestellt. Der Ermordete
soll ein ostpreußischer Arbeiter gewesen
sein, welcher in Skovbölling gearbeitet und
bei seiner Entlassung 200—300 Mk. in
.Baargeld ausbezahlt erhielt. Der Schmied
hat hier geäußert, daß er den Arbeiter
nach Kiel begleiten wolle. Sie sollen auch
zusammen abgereist sein; der Schmied kam
auch in der zweiten Nacht wieder und
zwar ganz durchnäßt, obgleich kein Regen
Wetter war. Er erzählte nun, er habe
den Ostpreußen nur nach Flensburg be
gleitet. In den nächsten Tagen soll der
Schmied zwei Hundertmarkscheine getvechselt
haben. Der Ostpreuße soll dieselben
Tätowirungen auf dem Arm gehabt haben,
die auf der Leiche vorgefunden wurden.
Obgleich überzeugende Beweise gegen den
Schmied vorliegen, hat er sich bisher zu
einem Geständniß nicht herbeigelassen. Er
ist aus Kiel gebürtig.
Heide, 22'. Nov. (F. N.) Das Gräser
geschäft hat in diesem Jahre durchweg
ungünstige Resultate erzielt. Obgleich die
Fettviehpreise immerhin noch recht hoch
sind, sind sie doch nicht hoch genug, daß
nr die Gräser ein Nutzen erzielt wurde.
Das Magervieh wurde sehr theuer einge
kauft und die Landmiethen waren so hoch,
daß vorauszusehen war, daß nur bei aller
günstigster Konjunktur auf Verdienst zu
rechnen war. Diese Konjunktur ist aber
eben nicht eingetreten.
n Marne begingen in der letzten
Woche vier Herren einen- eigenen Jubiläums
tag; seit- 35- Jahren spielen dieselben
regelmäßig! einmal wöchentlich ihren Solo
und alle vier sind noch rüstig und lebens
roh. Getrunken wird- während des Spiels
nur Wasser.
# Hoher,westedt, 21. Nov. Herr Direktor
Conradi von der hiesigen landwirthschaft
lichen Lehranstalt wird sich. der von dem
mittelholsteinischen landw. Verein zum
Besuche der neu errichteten Kornhäuser in
Süddeutschland erwählten Kommission an-
ichließen und in der nächsten Haupt-Ver
Sammlung des schleswig-holsteinischen landw
GeneraloereinS über seine bez. Beobachtun
gen berichten.
-1- Rendsburg, 23. Nov. In der gestrigen
Sitzung der städtischen Kollegien waren nicht an
wesend die Herren Pfahler und Mohr. Der erste
Gegenstand der Tagesordnung bildete der An
trag des Magistrats auf Bewilligung der Kosten
dir den Anschluß des Gymnasiums an das
Elektrizitätswerk und Beschaffung der erforder
lichen Beleuchtungseinrichtungen. Die Kosten des
Anschlusses sind auf 1100—1200 Mk. veraipchlagt.
Da Bedenken gegen die Sache nicht vorlregen.
wird der Betrag bewilligt.
2. Von der Gaskommission ist ein vorläufiger
Etat für das Elektrizitätswerk-ausgestellt welcher
bis zum 31. März, dem Schluffe des gegen-
>vartigen Etatsjahres reicht . Der Porscheà beaa
daat die erforderlichen Mittel rm Bausch und
Boae'n zu bewilligen. Da auch gegen diese Be
wttliaunq Bedenken nicht erhoben werden, be
schließen die Kollegien dem Antrage gemäß.
3. Antrag auf Anschluß der, Brauerei Wil-
helmsthal an die städtische Wasserleitung. Das
mehr und inehr salzig geivordene Kanalwasser ist
in einen der auf der genannten Brauerei vor
handenen Tiefbrunnen gedrungen und ist durch
dieses Eindringen das Wayer in demselben für
den Brauereibetrieb unbrauchbar geworden. Um
gegen alle Eventualitäten gesichert zu sein, hat
die Kaiserliche Kanal-Kommission bei der Stadt
die Wetterführung des Rohrnetzes der Wasser
leitung bis an die Brauerei Wilhelmsthal bean
tragt und sich bereit erklärt, alle Kosten der An
lage zu tragen. Der aufgestellte Kostenanschlag
ist von der Kanalkommission begutachtet und ge
nehmigt worden und werden die vom Kanalfiskus
wieder zurückzuerstattenden Kosten von den Kol
legien bewilligt. Dein Vernehmen nach betragen
dieselben gegen 900 Mk. Falls die Kanal-Kom
mission in die Lage kommen sollte, Wasser an
die genannte Brauerei abgeben zu müsse», wird
ein weiteres Abkommen mit der Stadt getroffen
werden. Die Karalkommission legt besonderen
Werth auf die beschleunigte Herstellung der Anlage.
4. Der Antrag des Herrn Apothekers Hachfeld
auf Herstellung des Anschlusses an das Elec-
trizitätswerk auf Kosten der Stadt wird genehmigt,
obwohl die Anmeldung erst nach dem 1. Nov.
erfolgt ist. Gleichzeitig wird beschlossen, die An
meldefrist bis zum 31. Jan n. I. zu verlängern.
5. Der Herr Vorsitzende theilt mit, daß auf die
von der Kanalverivaltung ;um Verkauf gestellten
beiden Wehrauwiesen von der Stadt — chorbe
hältlich der Genehmigung durch die Kollegien —
ein Gebot von 6500 Mk. gemacht worden. Die
Kollegien erklären sich damit einverstanden.
6. Die anderweitige Verpachtung der Klintwiese
bei Hörsten wurde genehmigt.
7. Der Herr Vorsitzende theilte mit, daß zur
Verbreiterung der Zuwegung zum neuen Doppel
schulhause, die Genehmigung zur Zuwerfung
eines Theiles der Untereider vor der früheren
Schiffbrüue ertheilt worden sei. Das auszu
füllende Stück wird durch eine Futtermauer ab
getrennt werden. Die so gewonnene Fläche geht
nicht in den Besitz der Stadt über, sondern ver
bleibt Eigenthum des Fiskus. Die Stadt hat
eine Recognition von jährlich 2 Mk. zu entrichten.
8. Der nächste Verha-ndlungsgegenstand betraf
die weitere Ausbaggerung bei der Gasanstalt,
vor dem Bertramschen Gewese. Ein von zdrrrn
Direktor Pichler verfaßtes Gutachten empfiehlt
den Kollegien die Arbeit ausführen zu lassen.
Zur Begründung wird ausgeführt, daß im
anderen Falle der freie Auslauf verhindert und
der Obereiderarm Gefahr lause zu versanden.
Der dort vorhandene gute Sandboden lasse sich
"ir weiteren Ausfüllung des Bassins bei der
oft fihr gut verwenden und die Ausbaggerung
laste sich fetzt wesentlich billiger beschaffen, da
an Ort und Stelle ein Bagger arbeite. Der
auszuhebende Boden ist aus 3500 ednr berechnet.
Die Kollegien beschließe die Ausbaggerung
vornehmen zu lagen und wird mit dem Unter
nehmer Behring ein dahingehendes Abkommen
getroffen werden. Eine Anfrage des Herrn
Senators Hollesen, ob nicht ev. der Fiskus die
Kosten dieser Ausbaggerung g^nz oder zum
Theil zurückeritalte, wenn in der betreffenden
Gegend der projektirte fiskalische Winterhafen
errichtet werde, beantwortet der Vorsitzende da
hin, daß nach einer kürzlich eingegangenen
Verfügung des Regierungspräsidenten von'einer
Uebernahmc der entstehenden Kosten auf die
Staatskasse auf jeden Fall abgesehen werden
müsse. Werde aber später hier ein Winterhafen
errichtet und es stelle sich heraus, daß die jetzt
auszuführenden Arbeiten sehr im Interesse
dieses Hafens ausgeführt seien, so läge Grund
vor, daß ein Theil der Kosten zurückerstattet
werden könne. -
9. Der Herr Vorsitzende berichtet über die in
Aussicht genommene Beseitigung der Baracken
X., O., P. (in der Nähe der neuen Kasernen)
und betont, daß bei den Verhandlungen über
den Kasernenbau und auch in den diesbezüglichen
Verfügungen des Kriegsministeriums immer die
Rede davon gewesen sei, diese Baracken mit noch
anderen abbrechen zu taffen. Die Stadt becib-
ichtige an Stelle derselben eine ca. 40 Meter
breite Ringstraße mit Anlagen, Reitweg usw.
herzustellen. Die Intendantur sowohl als auch
der Truppentheil hätten die Beseitigung der Ba
racken stets befürwortet. Nun sei neuerdings
eine Verfügung des Kriegsministers bei der
Intendantur eingegangen daß die vorhin ge
nannten Baracken schleunigst mit einem Kostèn-
aufivand von ca. 12 000 SW. ausgebaut und zu
Wohnungen für verheirathete Unteroffiziere ein
zurichten seien. Vermuthlich hänge die ganze
Sache zusammen mit dem Bau einer neuen
Trainkaserne und sei hier bereits in einer früheren.
Reichstagskommission die Aufführung eines Ge
bäudes für Verheirathete gesprochen worden.
Da die Intendantur nach wie vor für den Ab
bruch der alten Baracken ist, hält sie ein Vor
gehen. auch der Stadt beim Minister für dringend
geboten. Herr Dr. Volbehr kann nicht begreifen,
daß die Militärbehörde, die sonst auf sanitäre
Einrichtungen so viel gäbe, hier Einrichtungen
schaffen wolle, die in keiner Weise den sanitären
Anforderungen genügen könnten. Die Stadtver
tretung wird beim Minister in der betreffenden
Angelegenheit vorstellig werden. — Es wäre im
Interesse der Verschönerung der Stadt nur zu
wünschen, daß diese vorwcltlichen Bauten endlich
einmal beseitigt würden.
Der Rest der Tagesordnung wurde in ge
heimer Sitzung erledigt und handelte es sich in
derselben, wie wir hörten, um Angelegenheiten
der neuen Anleihe und um Fischereiverpachtung.
4- Rendsburg, 23. Noo. Während die
Untereider längere Zeit hindurch einen sehr
hohen Wasserstaus hatte, war derselbe vor
gestern und gestern soweit gefallen, daß
mehrere Schiffe im Untereiderhasen und
in der Einfahrt zur Schleuse auf Grund
stießen.
f j
! ;
I
Mittheilungen ans dem Publikum.
Die Redaction stellt die Benutzung dieser Rtbrik, sowie
cs der Raum gestattet, dem Publikum zur Besprechung
von Angelegenheiten allgemeinen Interesses zur Verfü
gung, verwahrt sich aber amvdruäch dagegen, mit dem
Inhalte identificirt zu werden und übernimmt dafür
keinerlei Verantwortung- Wrr behalten uns vor, bei Ein
sendungen, welche unterer Ansicht nach übcr das Matz de-
Sachlichen hinausgehen Correcturen resp. Streichungen
vorzunehmen.
Eingesandt.
Das gestrige Abonnements-Konzert der
Infanterie-Kapelle war wiederum sehr gut
besucht. Seitens der Kapelle wurde, wie
immer, Hervorragendes zu Gehör gebracht
und somit den Anwesenden ein genuß
reicher Abend bereitet.
Auffällig bemerkt wurde, daß eine Dame
in einem mitgebrachten Buch Skizzes
(man glaubte, von verschiedenen Konzern
besuchern) aufnahm, welche nach ihrer
Vollendung unter den Bekannten herum'
gereicht wurden und zur großen Belustigung
dienten. Ob solches Vornehmen in einep
öffentlichen Lokal angebracht ist, möchtk
Einsender dem Ermessen des Publikums
überlassen. P.
Abend-Depeschen.
Berlin, S3 Nov. Der Wege«
Majestätsbelerdigung zu SV? Monate«
Gefängniß vernrtheilte sozialistische
Redakteur Witzke wurde Wege«
Fluchtverdachts verhaftet.
London. S3. Novbr. „Tail«
News" melden aus Petersburg daß
China mit Deutschland Verhandln«'
gen angeknüpft hätte wegen eine«
neuen Anleihe. Deutschland woll«
die Anleihe übernehmen, wenn Eng"
land sich dabei betheilige und Rust"
land darüber verständigt werde.