Lasen die Armenier in den benachbarten
Dörfern an, legten Feuer an Häuser,
Schulen und Ställe, und schossen auf die
Armenier, als diese den Flammen zu ent
fliehen suchten. Ferner wurden, wie es
heißt, mehrere junge Männer und Frauen
auf Scheiterhaufen lebendig verbrannt,
viele Frauen mißhandelt und verstümmelt.
Die Dörfer wurden geplündert und die
Kirchen geschändet. Die Zahl der Todten
soll 150 übersteigen. Die Dorfbewohner
haben beim Ausbruche der Unruhen den
Schutz des Gouverneurs von Baiburt er-
beten, dieser aber sandte nur drei Gen-
darmen ab, die überdies erst anlangten,
als das Morden und Plündern vorüber
war, — Nach einer Meldung aus Trope
zunt wurden auch die Armenier von
Gumusch-Dagh durch Türken überfallen.
Die Zahl der Todten ist noch unbekannt,
wird aber als beträchtlich bezeichnet,
Rustlanv.
Moskau, 29, Oct- Auf der Fahrt von
Orel nach Moskau wurde der Gutsbesitzer
Edelmann Ridel im Coupee erster Klasse
von Mitreisenden betäubt und seines
Koffers mit 46 000 Rubeln Inhalt be
raubt. Die Thäter sind entkommen.
Inland.
— Gegenden elsässischen Reich stags -
Abgeordneten Preiß ist ein Straf
verfahren eingeleitet worden. Die vom
„Pariser Petit Journal" verbreiteten Aeußer>
ungen des Reichtags > Abgeordneten Preiß
über Protest - Politik haben der Staats
anwaltschaft in Colmar Anlaß gegeben,
gegen Preiß wegen öffentlicher Aufforderung
zur Ausführung eines hochverrätheri-
schen Unternehmens auf Grund des
§ 85 des Strafgesetzbuches vorzugehen und
zunächst eine Haussuchung vorzunehmen,
Preiß hat bei dem mit ihm angestellten
Verhör die 'wesentlichen Punkte des Inter
view in Abrede gestellt und wurde darauf
aus dem Verhör entlassen,
Abg, Preiß, so schreibt man der
„Köln, Bolksztg," aus Colmar, ist zwar
von einem Journalisten des „PetitJournal"
interviewt worden, hat aber nicht so ge
sprochen, wie der Artikel es darstellt,
Preiß wollte den Artikel berichtigen; aber
als dies nicht sogleich geschah, wurde
Sonntag eine Haussuchung bei ihm ab
gehalten, während er nach Straßburg
verreist war. Auf telegraphische Benach
richtigung kam Herr Preiß mit dem
Mittagsschnellzuge zurück, wurde am
Bahnhöfe vom Ersten Staatsanwalt Dr,
Bernays in Empfang genommen und zum
Landgerichts-Gebäude geleitet, wo er unter
der Anschuldigung des Hochverraths ver
hört wurde. Er konnte sofort durch die
eidlich vernommenen Zeugen Dr,
Blumenthal und Tr, Kaiser darthun, daß
er den betreffenden Artikel nicht als die
Wiedergabe seiner Aeußerungen betrachtet
und eine Richtigstellung beabsichtigt habe,
und wurde dann gegen 7 Uhr, nachdem
seit Mittag die gerichtliche Ermittelung
dauert, frei gelassen,
— Der Wagenmangel a u f den
Eisenbahnen wird nach allen Be
richten im Westen Deutschlands, nament
lich aber im Ruhrkohlenbezirk, als ein
förmlicher Nothstand empfunden; Zechen
und Arbeiter leiden darunter. Die „Köln,
Ztg," schreibt heute darüber:
In den Kreisen unserer Industrie ist
man der Ansicht, daß es nicht bloß an
Wagen, sondern auch, und zwar ganz be
sonders, an Zugmaschinen, an Fahrbeamten
und an geeigneten Betriebseinrichtungen
zur Beschleunigung des Wagenumlaufs
ehlt. Die Güterzüge müssen vermehrt
und anders eingetheilt werden, um die
Abfertigung der durchgehenden Züge zu
beschleunigen und die auf den kleineren
Stationen zur Be- und Entladung ge-
langenden Wagen schneller zu befördern.
Der Nachtdienst wird weiter ausgedehnt
und die Geleis-Anlagen auf den Stationen
werden erweitert, sowie mehr Sammelbahn
höfe angelegt werden müssen, wenn die
Quellen des Uebels verstopft werden sollen.
Die in Bezug auf Vermehrung der Geleis-
Anlagen im rheinisch westfälischen Jndu-
ftriebezirk nachgewiesenen Leistungen werden
als dem Umfange dieses Bezirks und den
Verkehrsanforderungen desselben nicht ent
sprechend betrachtet. In welchem Maße
die Thätigkeit der Bergwerke durch den
Wagenmangel beeinträchtigt wird, ergeben
folgende Angaben über Wagengestellung
auf den Schächten eines der größten
Grubenunternehmen, der Gelsenkirchener
Bergwerksgesellschaft, Danach wurden am
25. October auf fünf Schächten derselben
von verlangten 630 Wagen nur 565 ge
stellt, davon 40 zu spät, und 65 gar nicht.
Die Folge davon war, daß auf Zeche
Hansa die Nachmittagsschicht nicht anfahren
konnte, wodurch ein Förderungsausfall von
doch," bat Leonore.
„Ach, das sind so Sachen. Kind," ent
gegnen er ernster und anscheinend bte
Aeußerung bereuend, „eö war eigentlich nichts
Erwähnenswerthcs,"
„Das sind Ausflüchte," warf Rahel lachend
ein, „da hilft nun nichts, Axel, Du muß
beichten."
(Fortsetzung folgt.)
250 Tonnen Kohlen entstand, daß auf
Zeche Alma 211 Tonnen Kohlen aufs
Lager gestürzt werden mußten, daß auf
Zeche Erin die Förderung 1 */* Stunde
ruhen mußte, wodurch ein Förderungsaus
fall von 160 Tonnen entstand, außerdem
140 Tonnen gestürzt werden mußten,
endlich daß auf Zeche Rhein-Elbe ebenfalls
77 Tonnen Kohlen diesen Weg gingen
und die Förderung eine Stunde ruhte.
Aehnlich verhält es sich auf anderen
Gruben, wonach al?o der Nachtheil und
die Störung durch den Wagenmangel sich
zur Genüge ermessen lassen, ebenso die
Stimmung, die in den Zechen- und Ar
beiterkreisen über diesen Zustand herrscht.
Um diesen Mißständen Abhülfe zu
schaffen, hat sich, wie gemeldet, eine Depu
tation, bestehend aus Geh, Finanzrath
Jencke, Bergrath Krabler. Generaldirector
Kirdorf, Bergrath Behrens und Bergwerks
besitzer Küchen, gestern zu den Ministern
für Eisenbahnen und Finanzen begeben.
Der Bescheid scheint aber nicht sehr tröst
lich ausgefallen zu sein: mehr als Zusiche
rung des Wohlwollens wäre das Ber
sprechen gewesen, mit Aufwendung neuer
Mittel den gesteigerten Ansprüchen des
Verkehrs zu entsprechen. Ob sich der
Fiskalismus, der jetzt die ganze Finanzge
barung der preußischen Eisenbahnverwal
tung beherrscht, nicht einmal bitter rächen
wird?
— Bezüglich obiger Audienz der
o h l e n < I n d u st r i e l l e n bei den
Ministern Thielen und Dr, Miguel stellt
die „Post" fest, daß die Deputation darauf
hingewiesen hat, daß eine Vermehrung des
Wagenmaterials allein den Nothständen
durchaus nicht abhelfen würde, dazu sei
vielmehr eine vollständige Neuorganisation
des Betriebes nothwendig. Neben einer
angemessenen einmaligen Beschaffung von
rollendem Material und den dazu gehörigen
Locomotiven, sowie der Anstellung von
Zugbeamten sei es geboten, die Ladevvr-
richtungen auf den Bahnhöfen zu ver
bessern, damit durch das Aus- und Ein-
laden auf den kleineren Stationen nicht so
viel Zeit für den ganzen Güterzug ver
loren gehe. In den Kreisen der Industriellen
ist man fest davon überzeugt, daß eine wirk
liche Abhülfe nur dann geschaffen werden
könne, wenn man ihren erwähnten Forde
rungen nachkomme. Eine Beschaffung von
1500 Wagen, für die das Ministerium die
Mittel noch an der Hand habe, sei durch
aus ungenügend,
— Seit längerer Zeit bereits schweben
Verhandlungen darüber, ob in Gemäßheit
des zutreffenden Paragraphen des Jnva
liditäts- und Altersversicherungs - Gesetzes
vom Bundesrath die Bersicherungspflicht
auf die im S ch n e i d e r - und Schuh
machergewerbe als Hausgewerbe
treibende beschäftigten Personen auszu
dehnen sei,
— Ein frecher Gaunerstreich ist im
Reichsbankgebäude verübt worden. Ein
Kellnerlehrling hatte sich um zehn Uhr
Vormittags dorthin begeben, um einen
Geldbetrag von 430 Mark in andere Geld
münzen umzuwechseln. Im Borflur des
Bankgebäudes trat ein etwa 30 Jahre
alter Mann mit dunklem Schnurrbart an
den Knaben heran, übergab ihm eine ver
siegelte Geldrolle mit dem Aufdruck „500
Mark in Kronen" und bat den Lehrling,
auch dieses Geld zu wechseln. Letzterer
übergab dem Unbekannten hierauf von dem
ihm anvertrauten Gelde 400 Mark und
versprach, den Rest zu zahlen, wenn er
das Geld am Schalter umgewechselt haben
würde. Als die Geldrolle von deni
Schalterbeamten demnächst geöffnet wurde,
stellte sich heraus, daß sie Z weipsennig
stücke enthielt. Der Gauner war mit
den erschwindelten 400 Mk, verschwunden,
— Ein verhängnißvollerLotterie
gewinn ist auf ein Loos gefallen, welches
von einem Konsortium von drei Spielern
gemeinsam gespielt wurde. Der in der
Bernauer-Straße wohnhafte Handwerker
M. befand sich im Besitz zweier Viertel-
Loose der Preußischen Klaffen-Lotterie, an
welchen zwei seiner Freunde parti,zipirten
Das eine der Loose wurde mit einem Ge
Winn von 3000 Mk, gezogen. Da M,
aus Noth die Original-Loose inzwischen
verkauft hatte, hat er sich aus Furcht vor
Strafe und aus Schamgefühl erhängt.
Eine heftige Erderschütterung ist ui
Leopoldshall und in Straßfurt wahrge
nommen worden. Sie war so stark, daß
die meisten Leute bestürzt aus den Häusern
eilten. Es wird angenommen, daß im
verlassenen preußischen Schachte ein Ein
sturz erfolgt ist.
Esten, 29. Oct, Geheimrath Krupp
lud sämmtliche Vorstände und Führer von
freiwilligen Feuerwehren in Rheinland
und Westfalen zur Besichtigung der neuen
Einrichtungen im Feuerlöschwesen seiner
Werke in Essen ein. Nach der Besichtigung
wird er den Eingeladenen ein Festmahl
geben.
Gegen „Würfel-Automaten" geht
die Staatsanwaltschaft in M.-Glad-
dach vor. Dort sind 34 Wirthe, die so
genannte Würfel - Automaten in ihrem
Besitz und dieselben zur Benutzung ihrer
Gäste aufgestellt hatten, unter Anklage ge
stellt worden. Die Wirthe werden sich
demnächst vor der Strafkammer in Düffel-
darf wegen verbotener Ausspielung beweg
licher Sachen zu verantworten haben. Die
Automaten sind von einer Leipziger Firma
hergestellt worden, welche eine große Zahl
derselben in Rheinland und Westfalen ab
gesetzt haben soll,
Crefeld, 29. Oct, Die Crefelder Zeitung
berichtet über Anton Si stermans Leistung
in der Aufführung der „Jahreszeiten"
wie folgt: „Der Herr ist wohl der ge
suchteste Concertsänger von Memel bis
Trier, Wie lange noch, ist schwer voraus
zusagen, wenn er aber allenthalben das
selbe Benehmen zur Schau trägt, wie hier,
wird sein Stern bald rühmlos
untergehen. Man kann ihn wohl einer
Rücksichtslosigkeit zeihen, wenn er zur
Generalprobe wie zum Concert zu spät
erscheint. Bei der Aufführung selbst ließ
er auch äußerlich gänzlich den Ernst ver
missen, der selbstverständlich alle andern
Mitwirkenden erfüllte. Und was nun den
Gesang angeht, so war er ausdruckslos,
ohne Schwung und Kraft ... Es hatte
ganz den Anschein, als ob Herr Sister
manns der Meinung wäre, für die „Pro
vinz" sei der Gesang gut genug. Aber
wir sind hier weder in Posemuckel noch
in Stallupönen, sondern am Rhein, wo
man den Werth einer gesanglichen Leistung
ebenso gut zu beurtheilen weiß, wie im
Bechsteinsaal zu Berlin, allwo Herr Sister-
manns es sicherlich nicht wagen würde, so
zn singen, wie hier, . , Das nennt man
den Kopf gewaschen!
In Thüringen ist der Schnee so dicht
niedergegangen, daß er wie im Winter
liegen bleibt,
München, 29. Oct, Die bekannte frühere
„Baukdirektorin" Adele Spitzeder ist
heute nach schwerem Leiden im tiefsten
Elend gestorben. Mit Adele Spitzeder ist
eine der interessantesten und — berüchtigsten
Persönlichkeiten Bayerns aus dem Leben
geschieden, Ihr Name tauchte zu Anfang
der siebziger Jahre zum ersten Male auf
Sie war Schauspielerin in München, jedoch
künstlerisch so wenig begabt, daß sie fast
gar keine Beachtung fand. Aber mit einer
großen Schlauheit ausgestattet, gerieth sie
auf den Gedanken, die große Hausse, die
damals fluthete, zu benutzen und eine so
genannte „Bolksbank" zu begründen Sie
versprach ungeheure Verzinsung für Geld-
einlagen — etwa zweihundert bis dreihundert
Procent — und so hatte ihre Bank —
bekannt als Dachauer Bank — ganz enormen
Zulauf, Innerhalb kurzer Zeit erreichten
die Einlagen gegen 8'/2 Millionen Gulden,
Aber fast innerhalb derselben kurzen Zeit
war das Geld an der Börse verfpeculirt,
und die Bank, oder vielmehr Adele Spitzeder
mußte Concurs anmelden. Sie wurde 1873
megen betrügerischen Bankerotts zu drei
Jahren Zuchthaus verurtheilt. Nach Ab
büßung ihrer Strafe begründete sie ein
Damenorchester, das sie als Kapellmeisteriii
leitete. Aber schon wenige Jahre später
begann sie noch einmal Geschäfte im Stil
der Dachauer Bank zu machen. Nach kurzer
Zeit abermals zu einer Gefängnißstrafe
verurtheilt, verschwand sie auf mehrere
Jahre aus dem öffentlichen Leben, Vor
einigen Jahren aber verlautete, daß sie sich
wiederum auf Börsenspeculutionen verlegt
habe, und zwar mit dem Gelde der Bauern,
die trotz der traurigen Erfahrungen ihr
unentwegtes Vertrauen entgegengebracht
haben. Ein schweres Leiden hinderte sie in
den letzten Jahren, ihr Geschäft in größerem
Maßstabe zu betreiben. So ward ihr Name
wieder vergessen ... bis ihn der Tod
nun in Erinnerung bringt,
Haberfeldtreiben werden wieder in
verschiedenen Theilen Oberbayerns abge
halten, In der Nacht auf Sonntag ver
sammelten sich auf dem freien Felde gegen
über dem Bahnhöfe Sauerlach etwa
200Haberer, um einen neuen „Haberer-
könig" zu proklamiren. Einige Haberer
forderten in höhnendem Spotte den Stations
vorstand auf, er solle doch telegraphiren.
Dies war jedoch aus dem Grunde nicht
möglich, weil die Haberer vorsichtiger
Weise die Leitung isolirt hatten. Nach
Beendigung der Proklamirung zerstreuten
sich die Haberer, ohne weiteren Spektakel
gemacht zu haben. In der Nacht zum
Sonnabend wurde in Steinhöring ein
Haberfeldtreiben größeren Maßstabes abge
halten, Es betheiligten sich daran gegen
300 Mann, welche sogar eine Musikkapelle
bei sich führten. Das ungefähr eine
Stunde währende Treiben soll unter anderem
dem Posthalter von Sauerlach und dem
Forstassistenten in Hofvlding gegolten haben.
Ein hochgeborener Spitzbube, der öster
reichische Graf Jeremias Abriani,
hatte sich dieser Tage vor dem Landgericht
Dresden wegen Diebstahls zu verantworten.
Vor etwa Jahresfrist hatte der Herr Gras
unter dem fälschlich angenommenen Namen
Graf Modemio mit seiner „Gemahlin",
die sich jedoch später als eine Sängerin
Namens Thcresina Brandizzi entpuppte,
längere Zeit in einem feinen Dresdener
Gasthofe gewohnt und hierbei mehr als
fünfzig Stück silbernes Tafelzeug, das er
beim Speisen auf seinem Zimmer benutzt
hatte, sowie die Federn aus den Betten
entwendet. Durch Zufall gelang es dem
Wirth, den sonderbaren Edelmann im
August dieses Jahres in Glauchau zu er-
Mitteln und verhaften zu lassen. Das
Gericht verurtheilte ihn zu sechs Monaten
Gefängniß.
Bremen, 29. Oct. Anläßlich des den
Werften Vulcan und Schichau zugegangenen
Auftrages zum Bau neuer Schnelldampfer
ist dem Norddeutschen Lloyd vom
Kaiser folgendes Telegramm zuge-
gangen: „Mit lebhafter Freude habe Ich
die Meldung von den großartigen Be
stellungen bei den Werften Vulcan und
Schichau entgegengenommen, wodurch zu-
gleich die so erfreuliche Fortentwickelung
des Norddeutschen Lloyd, sowie das so
dankenswerthe Bestreben in Erscheinung
tritt, die heimischen Werkstätten durch so
vertrauensvolle Aufgaben zu stärken.
Möchten die höchsten Erwartungen durch
die Leistungen der Werften übertroffen
werden. Wilhelm, I. R."
Lübeck, 28. Oct, Die Ausführung der
Bauarbeiten des Elbe-Trave-Kanals hat
heute begonnen.
Aus Mecklenburg, 27. Oct, Demnächst
wird eine für Mecklenburg und Vorpommern
sehr wichtige Verkehrsstrecke eröffnet: die
Bahn Rostock-Greifswald. Sie
ist 90 Lg lang und durchschneidet ein Ge
biet, das bis dahin sich noch keiner zeit-
entsprechenden Verkehrsstraße erfreute. Von
der Stadt Loitz in Vorpommern aus wird
eine Nebenlinie an die neue Bahn gelegt
werden,
Hamburg, 28. Octbr. Nach Einführung
der Vieh-Quarantäne gegen
Dänemark ist nunmehr nahezu ein
Monat verflossen, ohne daß sich die er
wartete Erhöhung der Viehpreise eingestellt
hätte. Im Gegentheil: die Preise sind im
Laufe der vier Wochen nicht unerheblich
zurückgegangen, trotzdem durch die
Aufstellung in den Quarantänen und durch
den Seetransport die Kosten für jedes
Haupt Vieh gestiegen sind. Auf der für
Haniburg-Altona wichtigen Station Bahren-
seid, welche mit drei großen Ställen für
ca, 1000 Rinder eingerichtet wurde, hat
sich die Nothwendigkeit herausgestellt, einen
vierten Stall einzurichten, welcher bereits
in baulichen Angriff genommen wurde,
Provinzielle?
In einer Versammlung des Detaillisten-
Vereins in Altona wurde, als Senator
Höft die Mitglieder aufforderte, sich als
freiwillige Zähler bei der Volkszählung
zu betheiligen, erwidert: „man überlasse
dies gerne den Beamten, welche ja bei dem
B e a m t e n - K 0 n s u m v e r e i n Zeit
genug fänden, zum Schaden der Detaillisten
Millionen umzusetzen."
Der vom Altonaer Schwurgericht zu 10
Jahren Zuchthaus verurtheilte Brandstifter
Miczewsky aus Uetersen wurde am Freitag
mit noch anderen Verbrechern von Altona
aus unter sicherer Eskorte nach Rendsburg
befördert, um in dem dortigen Zuchthaus
internirt zu werden.
Patriotische Bürger in Elmshorn haben
in diesen Tagen dem dortigen Kampf
genossenverein 1200 Mk. überreicht zu dem
Zwecke, hülfsbedürftige Kameraden zu nnter-
stützen in solchen Fällen, in denen das
Statut eine Unterstützung aus der Vereins
kaffe nicht zuläßt.
Krempe, 29, Oct. Eine Verfügung
der Regierung verlangt, daß während der
Kirchzeit die hiesigen Wirthschaften ge
schlossen bleiben sollen. Der Bürgermeister
wurde o^aHuagl, persönlich in dieser Sache
bei dem Regierungspräsidenten vorstellig
zu werden. — Die Wasserfrage ist hier
eine brennende. Die verflossenen Sommer
vorgenommene Vertiefung des Burggrabens,
welche der Stadt 10 000 Mk, gekostet hat,
hat die Calamität noch vergrößert, indem
der Berggraben das Wasser zu rasch fallen
läßt. Nun hat der Gas- und Wasserdirektor
Burgmann-Altona ein Projekt zur Ver
besserung des Trinkwassers ausgearbeitet,
dessen Ausführung sich auf 168 762 Mk.
kellt. Dieser Plan ist jedoch mit Rücksicht
auf den zu großen Kostenpunkt abgelehnt
worden und z, Zt. hat die Königl. Re
gierung die Stadtvertretung um weitere
Vorschläge zur Trinkivasser-Verbesserung
aufgefordert, —• Unsere schöne Kirche wurde
dieser Tage mit drei prachtvollen echt ver
goldeten Kronleuchtern geschmückt. Die An-
chaffungskosten sind durch ein Geldgeschenk
der Sparkasse und durch freiwillige Gaben
Kirchspielseingesessener gedeckt worden, —
Nachdem die umfangreichen Rammarveiten
zum hiesigen Bahnhossneubau beendet sind,
nehmen die Maurerarbeiten raschen Fort-
gang,
Nenmünster, 29. Octbr, Der Gesammt-
ausschuß für die Bismarckfahrt nach Frie-
drichsruh am 26, Mai bewilligte hier heute
von dem 2398 Mk, 22 Pf. betragenden
Ueberschuß: 1000 Mk, für den Bismarck
thurm auf dem Knivsberge, für die
Schleswig - Holsteinische Jnvalidenstiftung
442 Mk. 8 Pf,, für den Provinzialverband
der Kampfgenossen von 1870,71 884 Mk
16 Pf.
7A Friedrichstadt, 29. October. Heute
Btorgen um 11 Uhr wurde der Kaufmann
N. F. Carstens in S ch w a b st e d t von
einem jähen Tode ereilt. Er war erst
vor wenigen Stunden zum Besuch bei
seinem hier wohnenden Sohne eingetroffen.
Wie er sich mil Letzterem im Gespräch im
Komptoir befand, sank er, vom Schlage
gerührt, Plötzlich todt zu Boden. Die
Leiche wurde heute Nachmittag nach Schwab-
stedt übergeführt — eine erschütternde Rück-
kehr zu den Seinen, die er erst vor
wenigen Stunden im besten Wohlsein ver
lassen hatte. Der jähe Todesfall erregt
allseitige Theilnahme.
^ an Nortorf, 29. Oct. Auf der in
Innren belegenen Besitzung „Kühlsruh"
befinden sich die größten Fischteiche des
Kreises Rendsburg. Ans einem dieser
Teiche fing man kürzlich auf einem Teller-
eisen einen prächtigen Seeadler, der eine
Spannweite von 1,80 Meter besaß, —
In Brüggerholz bei Bordesholm wurde
kürzlich dem Hufner Lamp während der
Nacht eine Brieftasche mit 650 Mark
Inhalt unter seinem Kopfkissen heraus auf
unerklärte Weise gestohlen,
O Hamdorf, 30, Okt. In unserem
Gehölz wurde dieser Tage ein Hirsch ent-
deckt, ein Fall, der seit Jahr und Tag
mcht vorgekommen ist. Man nimmt an,
-ac. ^^ŗselbe aus den holsteinischen größeren
Gehegen, verjagt und somit hierher verirrt
c f 3 e 2agd auf das Thier blieb
erfolglos. Von fernerem Interesse mag es
ffî"' â" erfahren, daß in demselben Gehölz
heute völlig reife Bickbeeren zweiter Ernte
gefunden worden sind, ein gleichfalls höchst
seltener Fall zu dieser Jahreszeit, wo man
erfährt, daß bereits in anderen Gegenden
Deutschlands, z, B, den Höhen des Harzes
und Thüringens tiefer Schnee liegt,
L Rendsburg, 30. Oct. In diesen
Tagen wurde von einem hiesigen Geschäfts
manne ein falsches Zweimarkstück ver
einnahmt. Der Verausgaber des frag.
lichen Geldstückes ist unbekannt,
+ Rendsburg, 29, Oct. Wie im vorigen
Winter, so klagen auch jetzt schon wieder
Reisende, welche den Zug, der um 2 Uhr
30 Min. Nachts hier eintrifft, darüber,
daß die Personenwagen nicht geheizt sind.
Wie uns mitgetheilt wird, sind in dieser
Hinsicht im letzten Winter bereits Be
schwerden über diese Sache geführt worden,
doch soll auch in diesem Winter der gleiche
Anlaß vorhanden sein,
-r Rendsburg, 30. Oct, Der frühere
Gemeindevorsteher I. Möller in Fockbek,
welcher seine dort belegene Hufenstelle ver
kaufte, erstand in diesen Tagen die Land-
stelle Ekhorst (bei Fleckebye) mit vollem
Inventar, u, a, 20 Milchkühe, für die
Summe von 62300 Mk,
X. Rendsburg, 30, Oct. Endlich einmal
ein volles Haus! So konnte man bei dem
gestrigen Besuch des Theaters ausrufen
und zugleich seine Befriedigung darüber
zu erkennen geben, daß noch keineswegs
das Interesse für gute Lustspiele früherer
Zeit erloschen ist. Die Benedix'schen Last,
spiele leiden im Großen und Ganzen an
einer gewissen Trockenheit und überlassen
es mehr dem Darsteller, Gestaltungskraft
in ihre Figuren hineinzubringen, wenn auch
einzelne derselben dem Schauspieler ge
läufiger sind, wie gestern die des Adam
Fliege, Dr. Wespe's Diener. Herr Büller
erledigte sich der keineswegs leichten Auf
gabe der Darstellung der Hauptrolle (Dr.
Wespe) mit großem Geschick und war auch
in den seinsten Nuancen dieser Rolle
tadellos. Das gleiche Urtheil dürfen wir
über Clara Reichardt-Horn fällen, die
Darstellerin der Theutelinde, während Herr
I a ns on etwas mühsamer, wenn auch be-
friedigend, sein Part erledigte. Alexandrine
Kolbe, die erstmalig hier debütirte, hat
sich vorzüglich eingeführt und zeigte ein
frisches Spiel, durchweg bei zarter Auf.
faffung der Rolle. Auch Maria Hüler
können wir für ihre Comödie ein Wort
der Anerkennung widmen, obschon ihr dies
mal gleich Herrn Fronmüller eine
weniger hervortretende Rolle zufiel. Möchte
doch Herrn Peters für seine Bemühung
der wohlverdiente Lohn zu Theil werden,
sich häufiger eines Besuchs wie des gestri-
gen zu erfreuen. Freilich ist es unsere
Ansicht, daß ein gutes Theater, wie
in der That die Pelers'sche Gesellschaft ein
solches bietet (wohl die beste Gesellschaft,
welche wir im Laufe der Jahre hier ge
habt haben), stets einer Subvention
bedarf, um wirklich mit Erfolg prosperiren
zu können. Woher diese auch kommen
möge, — ohne eine solche wird Rends
burg aus ein gutes Theater verzichten
müssen und wir halten es wohl der Mühe
werth, dafür zu sorgen, daß Rendsburg in
der Pflege der Kunst Thalia's nicht hinter
anderen Städten zurückbleibt.
Memd-DrP eschen.
Paris, 30. Oct. Die Kabinetskrise
ist noch nicht beigelegt. Von den
Radikalen ist folgende Kandidaten-
Liste vorgeschlagen: Aeusteres .
Hanotaux; Inneres: Bourgeois;
Cavaignac: Krieg; Lockroi): Marine;
Goblet: Justiz.
Husumer Fettviehmarkt
vom 30, October. (Drahtbericht.)
DieGesammtzutrifft zum heutigen Fettviehmarkt
belief sich einschließlich des gestrigen Vorverkaufs
auf 5098 Stück Hornvieh und 900 Schafe und
Lämmer. Der Handel verlief flau. ^ — Bezahlt
wurde für Hornvieh: l. Qual, 56 57 Mk., 2.
Qualität 51—54 Mk,. 3. Qualität 40-42 Mk.
pro 100 Pfund Schlachtgewicht. Der Markt
wurde nicht geräunit. — Der Schafhandel
nahm einen unveränderten Verlauf. Es bedangen:
Fette Schafe und Hammel 52—57 Pf. pro Pfd.
Fleischgewicht, 27—29 Pf, pro Psd, Lebendgewicht,
Schlachtlmnmer — Pf,, pro Pfd. Lebendgewicht,