Full text: Newspaper volume (1895, Bd. 2)

Lasen die Armenier in den benachbarten 
Dörfern an, legten Feuer an Häuser, 
Schulen und Ställe, und schossen auf die 
Armenier, als diese den Flammen zu ent 
fliehen suchten. Ferner wurden, wie es 
heißt, mehrere junge Männer und Frauen 
auf Scheiterhaufen lebendig verbrannt, 
viele Frauen mißhandelt und verstümmelt. 
Die Dörfer wurden geplündert und die 
Kirchen geschändet. Die Zahl der Todten 
soll 150 übersteigen. Die Dorfbewohner 
haben beim Ausbruche der Unruhen den 
Schutz des Gouverneurs von Baiburt er- 
beten, dieser aber sandte nur drei Gen- 
darmen ab, die überdies erst anlangten, 
als das Morden und Plündern vorüber 
war, — Nach einer Meldung aus Trope 
zunt wurden auch die Armenier von 
Gumusch-Dagh durch Türken überfallen. 
Die Zahl der Todten ist noch unbekannt, 
wird aber als beträchtlich bezeichnet, 
Rustlanv. 
Moskau, 29, Oct- Auf der Fahrt von 
Orel nach Moskau wurde der Gutsbesitzer 
Edelmann Ridel im Coupee erster Klasse 
von Mitreisenden betäubt und seines 
Koffers mit 46 000 Rubeln Inhalt be 
raubt. Die Thäter sind entkommen. 
Inland. 
— Gegenden elsässischen Reich stags - 
Abgeordneten Preiß ist ein Straf 
verfahren eingeleitet worden. Die vom 
„Pariser Petit Journal" verbreiteten Aeußer> 
ungen des Reichtags > Abgeordneten Preiß 
über Protest - Politik haben der Staats 
anwaltschaft in Colmar Anlaß gegeben, 
gegen Preiß wegen öffentlicher Aufforderung 
zur Ausführung eines hochverrätheri- 
schen Unternehmens auf Grund des 
§ 85 des Strafgesetzbuches vorzugehen und 
zunächst eine Haussuchung vorzunehmen, 
Preiß hat bei dem mit ihm angestellten 
Verhör die 'wesentlichen Punkte des Inter 
view in Abrede gestellt und wurde darauf 
aus dem Verhör entlassen, 
Abg, Preiß, so schreibt man der 
„Köln, Bolksztg," aus Colmar, ist zwar 
von einem Journalisten des „PetitJournal" 
interviewt worden, hat aber nicht so ge 
sprochen, wie der Artikel es darstellt, 
Preiß wollte den Artikel berichtigen; aber 
als dies nicht sogleich geschah, wurde 
Sonntag eine Haussuchung bei ihm ab 
gehalten, während er nach Straßburg 
verreist war. Auf telegraphische Benach 
richtigung kam Herr Preiß mit dem 
Mittagsschnellzuge zurück, wurde am 
Bahnhöfe vom Ersten Staatsanwalt Dr, 
Bernays in Empfang genommen und zum 
Landgerichts-Gebäude geleitet, wo er unter 
der Anschuldigung des Hochverraths ver 
hört wurde. Er konnte sofort durch die 
eidlich vernommenen Zeugen Dr, 
Blumenthal und Tr, Kaiser darthun, daß 
er den betreffenden Artikel nicht als die 
Wiedergabe seiner Aeußerungen betrachtet 
und eine Richtigstellung beabsichtigt habe, 
und wurde dann gegen 7 Uhr, nachdem 
seit Mittag die gerichtliche Ermittelung 
dauert, frei gelassen, 
— Der Wagenmangel a u f den 
Eisenbahnen wird nach allen Be 
richten im Westen Deutschlands, nament 
lich aber im Ruhrkohlenbezirk, als ein 
förmlicher Nothstand empfunden; Zechen 
und Arbeiter leiden darunter. Die „Köln, 
Ztg," schreibt heute darüber: 
In den Kreisen unserer Industrie ist 
man der Ansicht, daß es nicht bloß an 
Wagen, sondern auch, und zwar ganz be 
sonders, an Zugmaschinen, an Fahrbeamten 
und an geeigneten Betriebseinrichtungen 
zur Beschleunigung des Wagenumlaufs 
ehlt. Die Güterzüge müssen vermehrt 
und anders eingetheilt werden, um die 
Abfertigung der durchgehenden Züge zu 
beschleunigen und die auf den kleineren 
Stationen zur Be- und Entladung ge- 
langenden Wagen schneller zu befördern. 
Der Nachtdienst wird weiter ausgedehnt 
und die Geleis-Anlagen auf den Stationen 
werden erweitert, sowie mehr Sammelbahn 
höfe angelegt werden müssen, wenn die 
Quellen des Uebels verstopft werden sollen. 
Die in Bezug auf Vermehrung der Geleis- 
Anlagen im rheinisch westfälischen Jndu- 
ftriebezirk nachgewiesenen Leistungen werden 
als dem Umfange dieses Bezirks und den 
Verkehrsanforderungen desselben nicht ent 
sprechend betrachtet. In welchem Maße 
die Thätigkeit der Bergwerke durch den 
Wagenmangel beeinträchtigt wird, ergeben 
folgende Angaben über Wagengestellung 
auf den Schächten eines der größten 
Grubenunternehmen, der Gelsenkirchener 
Bergwerksgesellschaft, Danach wurden am 
25. October auf fünf Schächten derselben 
von verlangten 630 Wagen nur 565 ge 
stellt, davon 40 zu spät, und 65 gar nicht. 
Die Folge davon war, daß auf Zeche 
Hansa die Nachmittagsschicht nicht anfahren 
konnte, wodurch ein Förderungsausfall von 
doch," bat Leonore. 
„Ach, das sind so Sachen. Kind," ent 
gegnen er ernster und anscheinend bte 
Aeußerung bereuend, „eö war eigentlich nichts 
Erwähnenswerthcs," 
„Das sind Ausflüchte," warf Rahel lachend 
ein, „da hilft nun nichts, Axel, Du muß 
beichten." 
(Fortsetzung folgt.) 
250 Tonnen Kohlen entstand, daß auf 
Zeche Alma 211 Tonnen Kohlen aufs 
Lager gestürzt werden mußten, daß auf 
Zeche Erin die Förderung 1 */* Stunde 
ruhen mußte, wodurch ein Förderungsaus 
fall von 160 Tonnen entstand, außerdem 
140 Tonnen gestürzt werden mußten, 
endlich daß auf Zeche Rhein-Elbe ebenfalls 
77 Tonnen Kohlen diesen Weg gingen 
und die Förderung eine Stunde ruhte. 
Aehnlich verhält es sich auf anderen 
Gruben, wonach al?o der Nachtheil und 
die Störung durch den Wagenmangel sich 
zur Genüge ermessen lassen, ebenso die 
Stimmung, die in den Zechen- und Ar 
beiterkreisen über diesen Zustand herrscht. 
Um diesen Mißständen Abhülfe zu 
schaffen, hat sich, wie gemeldet, eine Depu 
tation, bestehend aus Geh, Finanzrath 
Jencke, Bergrath Krabler. Generaldirector 
Kirdorf, Bergrath Behrens und Bergwerks 
besitzer Küchen, gestern zu den Ministern 
für Eisenbahnen und Finanzen begeben. 
Der Bescheid scheint aber nicht sehr tröst 
lich ausgefallen zu sein: mehr als Zusiche 
rung des Wohlwollens wäre das Ber 
sprechen gewesen, mit Aufwendung neuer 
Mittel den gesteigerten Ansprüchen des 
Verkehrs zu entsprechen. Ob sich der 
Fiskalismus, der jetzt die ganze Finanzge 
barung der preußischen Eisenbahnverwal 
tung beherrscht, nicht einmal bitter rächen 
wird? 
— Bezüglich obiger Audienz der 
o h l e n < I n d u st r i e l l e n bei den 
Ministern Thielen und Dr, Miguel stellt 
die „Post" fest, daß die Deputation darauf 
hingewiesen hat, daß eine Vermehrung des 
Wagenmaterials allein den Nothständen 
durchaus nicht abhelfen würde, dazu sei 
vielmehr eine vollständige Neuorganisation 
des Betriebes nothwendig. Neben einer 
angemessenen einmaligen Beschaffung von 
rollendem Material und den dazu gehörigen 
Locomotiven, sowie der Anstellung von 
Zugbeamten sei es geboten, die Ladevvr- 
richtungen auf den Bahnhöfen zu ver 
bessern, damit durch das Aus- und Ein- 
laden auf den kleineren Stationen nicht so 
viel Zeit für den ganzen Güterzug ver 
loren gehe. In den Kreisen der Industriellen 
ist man fest davon überzeugt, daß eine wirk 
liche Abhülfe nur dann geschaffen werden 
könne, wenn man ihren erwähnten Forde 
rungen nachkomme. Eine Beschaffung von 
1500 Wagen, für die das Ministerium die 
Mittel noch an der Hand habe, sei durch 
aus ungenügend, 
— Seit längerer Zeit bereits schweben 
Verhandlungen darüber, ob in Gemäßheit 
des zutreffenden Paragraphen des Jnva 
liditäts- und Altersversicherungs - Gesetzes 
vom Bundesrath die Bersicherungspflicht 
auf die im S ch n e i d e r - und Schuh 
machergewerbe als Hausgewerbe 
treibende beschäftigten Personen auszu 
dehnen sei, 
— Ein frecher Gaunerstreich ist im 
Reichsbankgebäude verübt worden. Ein 
Kellnerlehrling hatte sich um zehn Uhr 
Vormittags dorthin begeben, um einen 
Geldbetrag von 430 Mark in andere Geld 
münzen umzuwechseln. Im Borflur des 
Bankgebäudes trat ein etwa 30 Jahre 
alter Mann mit dunklem Schnurrbart an 
den Knaben heran, übergab ihm eine ver 
siegelte Geldrolle mit dem Aufdruck „500 
Mark in Kronen" und bat den Lehrling, 
auch dieses Geld zu wechseln. Letzterer 
übergab dem Unbekannten hierauf von dem 
ihm anvertrauten Gelde 400 Mark und 
versprach, den Rest zu zahlen, wenn er 
das Geld am Schalter umgewechselt haben 
würde. Als die Geldrolle von deni 
Schalterbeamten demnächst geöffnet wurde, 
stellte sich heraus, daß sie Z weipsennig 
stücke enthielt. Der Gauner war mit 
den erschwindelten 400 Mk, verschwunden, 
— Ein verhängnißvollerLotterie 
gewinn ist auf ein Loos gefallen, welches 
von einem Konsortium von drei Spielern 
gemeinsam gespielt wurde. Der in der 
Bernauer-Straße wohnhafte Handwerker 
M. befand sich im Besitz zweier Viertel- 
Loose der Preußischen Klaffen-Lotterie, an 
welchen zwei seiner Freunde parti,zipirten 
Das eine der Loose wurde mit einem Ge 
Winn von 3000 Mk, gezogen. Da M, 
aus Noth die Original-Loose inzwischen 
verkauft hatte, hat er sich aus Furcht vor 
Strafe und aus Schamgefühl erhängt. 
Eine heftige Erderschütterung ist ui 
Leopoldshall und in Straßfurt wahrge 
nommen worden. Sie war so stark, daß 
die meisten Leute bestürzt aus den Häusern 
eilten. Es wird angenommen, daß im 
verlassenen preußischen Schachte ein Ein 
sturz erfolgt ist. 
Esten, 29. Oct, Geheimrath Krupp 
lud sämmtliche Vorstände und Führer von 
freiwilligen Feuerwehren in Rheinland 
und Westfalen zur Besichtigung der neuen 
Einrichtungen im Feuerlöschwesen seiner 
Werke in Essen ein. Nach der Besichtigung 
wird er den Eingeladenen ein Festmahl 
geben. 
Gegen „Würfel-Automaten" geht 
die Staatsanwaltschaft in M.-Glad- 
dach vor. Dort sind 34 Wirthe, die so 
genannte Würfel - Automaten in ihrem 
Besitz und dieselben zur Benutzung ihrer 
Gäste aufgestellt hatten, unter Anklage ge 
stellt worden. Die Wirthe werden sich 
demnächst vor der Strafkammer in Düffel- 
darf wegen verbotener Ausspielung beweg 
licher Sachen zu verantworten haben. Die 
Automaten sind von einer Leipziger Firma 
hergestellt worden, welche eine große Zahl 
derselben in Rheinland und Westfalen ab 
gesetzt haben soll, 
Crefeld, 29. Oct, Die Crefelder Zeitung 
berichtet über Anton Si stermans Leistung 
in der Aufführung der „Jahreszeiten" 
wie folgt: „Der Herr ist wohl der ge 
suchteste Concertsänger von Memel bis 
Trier, Wie lange noch, ist schwer voraus 
zusagen, wenn er aber allenthalben das 
selbe Benehmen zur Schau trägt, wie hier, 
wird sein Stern bald rühmlos 
untergehen. Man kann ihn wohl einer 
Rücksichtslosigkeit zeihen, wenn er zur 
Generalprobe wie zum Concert zu spät 
erscheint. Bei der Aufführung selbst ließ 
er auch äußerlich gänzlich den Ernst ver 
missen, der selbstverständlich alle andern 
Mitwirkenden erfüllte. Und was nun den 
Gesang angeht, so war er ausdruckslos, 
ohne Schwung und Kraft ... Es hatte 
ganz den Anschein, als ob Herr Sister 
manns der Meinung wäre, für die „Pro 
vinz" sei der Gesang gut genug. Aber 
wir sind hier weder in Posemuckel noch 
in Stallupönen, sondern am Rhein, wo 
man den Werth einer gesanglichen Leistung 
ebenso gut zu beurtheilen weiß, wie im 
Bechsteinsaal zu Berlin, allwo Herr Sister- 
manns es sicherlich nicht wagen würde, so 
zn singen, wie hier, . , Das nennt man 
den Kopf gewaschen! 
In Thüringen ist der Schnee so dicht 
niedergegangen, daß er wie im Winter 
liegen bleibt, 
München, 29. Oct, Die bekannte frühere 
„Baukdirektorin" Adele Spitzeder ist 
heute nach schwerem Leiden im tiefsten 
Elend gestorben. Mit Adele Spitzeder ist 
eine der interessantesten und — berüchtigsten 
Persönlichkeiten Bayerns aus dem Leben 
geschieden, Ihr Name tauchte zu Anfang 
der siebziger Jahre zum ersten Male auf 
Sie war Schauspielerin in München, jedoch 
künstlerisch so wenig begabt, daß sie fast 
gar keine Beachtung fand. Aber mit einer 
großen Schlauheit ausgestattet, gerieth sie 
auf den Gedanken, die große Hausse, die 
damals fluthete, zu benutzen und eine so 
genannte „Bolksbank" zu begründen Sie 
versprach ungeheure Verzinsung für Geld- 
einlagen — etwa zweihundert bis dreihundert 
Procent — und so hatte ihre Bank — 
bekannt als Dachauer Bank — ganz enormen 
Zulauf, Innerhalb kurzer Zeit erreichten 
die Einlagen gegen 8'/2 Millionen Gulden, 
Aber fast innerhalb derselben kurzen Zeit 
war das Geld an der Börse verfpeculirt, 
und die Bank, oder vielmehr Adele Spitzeder 
mußte Concurs anmelden. Sie wurde 1873 
megen betrügerischen Bankerotts zu drei 
Jahren Zuchthaus verurtheilt. Nach Ab 
büßung ihrer Strafe begründete sie ein 
Damenorchester, das sie als Kapellmeisteriii 
leitete. Aber schon wenige Jahre später 
begann sie noch einmal Geschäfte im Stil 
der Dachauer Bank zu machen. Nach kurzer 
Zeit abermals zu einer Gefängnißstrafe 
verurtheilt, verschwand sie auf mehrere 
Jahre aus dem öffentlichen Leben, Vor 
einigen Jahren aber verlautete, daß sie sich 
wiederum auf Börsenspeculutionen verlegt 
habe, und zwar mit dem Gelde der Bauern, 
die trotz der traurigen Erfahrungen ihr 
unentwegtes Vertrauen entgegengebracht 
haben. Ein schweres Leiden hinderte sie in 
den letzten Jahren, ihr Geschäft in größerem 
Maßstabe zu betreiben. So ward ihr Name 
wieder vergessen ... bis ihn der Tod 
nun in Erinnerung bringt, 
Haberfeldtreiben werden wieder in 
verschiedenen Theilen Oberbayerns abge 
halten, In der Nacht auf Sonntag ver 
sammelten sich auf dem freien Felde gegen 
über dem Bahnhöfe Sauerlach etwa 
200Haberer, um einen neuen „Haberer- 
könig" zu proklamiren. Einige Haberer 
forderten in höhnendem Spotte den Stations 
vorstand auf, er solle doch telegraphiren. 
Dies war jedoch aus dem Grunde nicht 
möglich, weil die Haberer vorsichtiger 
Weise die Leitung isolirt hatten. Nach 
Beendigung der Proklamirung zerstreuten 
sich die Haberer, ohne weiteren Spektakel 
gemacht zu haben. In der Nacht zum 
Sonnabend wurde in Steinhöring ein 
Haberfeldtreiben größeren Maßstabes abge 
halten, Es betheiligten sich daran gegen 
300 Mann, welche sogar eine Musikkapelle 
bei sich führten. Das ungefähr eine 
Stunde währende Treiben soll unter anderem 
dem Posthalter von Sauerlach und dem 
Forstassistenten in Hofvlding gegolten haben. 
Ein hochgeborener Spitzbube, der öster 
reichische Graf Jeremias Abriani, 
hatte sich dieser Tage vor dem Landgericht 
Dresden wegen Diebstahls zu verantworten. 
Vor etwa Jahresfrist hatte der Herr Gras 
unter dem fälschlich angenommenen Namen 
Graf Modemio mit seiner „Gemahlin", 
die sich jedoch später als eine Sängerin 
Namens Thcresina Brandizzi entpuppte, 
längere Zeit in einem feinen Dresdener 
Gasthofe gewohnt und hierbei mehr als 
fünfzig Stück silbernes Tafelzeug, das er 
beim Speisen auf seinem Zimmer benutzt 
hatte, sowie die Federn aus den Betten 
entwendet. Durch Zufall gelang es dem 
Wirth, den sonderbaren Edelmann im 
August dieses Jahres in Glauchau zu er- 
Mitteln und verhaften zu lassen. Das 
Gericht verurtheilte ihn zu sechs Monaten 
Gefängniß. 
Bremen, 29. Oct. Anläßlich des den 
Werften Vulcan und Schichau zugegangenen 
Auftrages zum Bau neuer Schnelldampfer 
ist dem Norddeutschen Lloyd vom 
Kaiser folgendes Telegramm zuge- 
gangen: „Mit lebhafter Freude habe Ich 
die Meldung von den großartigen Be 
stellungen bei den Werften Vulcan und 
Schichau entgegengenommen, wodurch zu- 
gleich die so erfreuliche Fortentwickelung 
des Norddeutschen Lloyd, sowie das so 
dankenswerthe Bestreben in Erscheinung 
tritt, die heimischen Werkstätten durch so 
vertrauensvolle Aufgaben zu stärken. 
Möchten die höchsten Erwartungen durch 
die Leistungen der Werften übertroffen 
werden. Wilhelm, I. R." 
Lübeck, 28. Oct, Die Ausführung der 
Bauarbeiten des Elbe-Trave-Kanals hat 
heute begonnen. 
Aus Mecklenburg, 27. Oct, Demnächst 
wird eine für Mecklenburg und Vorpommern 
sehr wichtige Verkehrsstrecke eröffnet: die 
Bahn Rostock-Greifswald. Sie 
ist 90 Lg lang und durchschneidet ein Ge 
biet, das bis dahin sich noch keiner zeit- 
entsprechenden Verkehrsstraße erfreute. Von 
der Stadt Loitz in Vorpommern aus wird 
eine Nebenlinie an die neue Bahn gelegt 
werden, 
Hamburg, 28. Octbr. Nach Einführung 
der Vieh-Quarantäne gegen 
Dänemark ist nunmehr nahezu ein 
Monat verflossen, ohne daß sich die er 
wartete Erhöhung der Viehpreise eingestellt 
hätte. Im Gegentheil: die Preise sind im 
Laufe der vier Wochen nicht unerheblich 
zurückgegangen, trotzdem durch die 
Aufstellung in den Quarantänen und durch 
den Seetransport die Kosten für jedes 
Haupt Vieh gestiegen sind. Auf der für 
Haniburg-Altona wichtigen Station Bahren- 
seid, welche mit drei großen Ställen für 
ca, 1000 Rinder eingerichtet wurde, hat 
sich die Nothwendigkeit herausgestellt, einen 
vierten Stall einzurichten, welcher bereits 
in baulichen Angriff genommen wurde, 
Provinzielle? 
In einer Versammlung des Detaillisten- 
Vereins in Altona wurde, als Senator 
Höft die Mitglieder aufforderte, sich als 
freiwillige Zähler bei der Volkszählung 
zu betheiligen, erwidert: „man überlasse 
dies gerne den Beamten, welche ja bei dem 
B e a m t e n - K 0 n s u m v e r e i n Zeit 
genug fänden, zum Schaden der Detaillisten 
Millionen umzusetzen." 
Der vom Altonaer Schwurgericht zu 10 
Jahren Zuchthaus verurtheilte Brandstifter 
Miczewsky aus Uetersen wurde am Freitag 
mit noch anderen Verbrechern von Altona 
aus unter sicherer Eskorte nach Rendsburg 
befördert, um in dem dortigen Zuchthaus 
internirt zu werden. 
Patriotische Bürger in Elmshorn haben 
in diesen Tagen dem dortigen Kampf 
genossenverein 1200 Mk. überreicht zu dem 
Zwecke, hülfsbedürftige Kameraden zu nnter- 
stützen in solchen Fällen, in denen das 
Statut eine Unterstützung aus der Vereins 
kaffe nicht zuläßt. 
Krempe, 29, Oct. Eine Verfügung 
der Regierung verlangt, daß während der 
Kirchzeit die hiesigen Wirthschaften ge 
schlossen bleiben sollen. Der Bürgermeister 
wurde o^aHuagl, persönlich in dieser Sache 
bei dem Regierungspräsidenten vorstellig 
zu werden. — Die Wasserfrage ist hier 
eine brennende. Die verflossenen Sommer 
vorgenommene Vertiefung des Burggrabens, 
welche der Stadt 10 000 Mk, gekostet hat, 
hat die Calamität noch vergrößert, indem 
der Berggraben das Wasser zu rasch fallen 
läßt. Nun hat der Gas- und Wasserdirektor 
Burgmann-Altona ein Projekt zur Ver 
besserung des Trinkwassers ausgearbeitet, 
dessen Ausführung sich auf 168 762 Mk. 
kellt. Dieser Plan ist jedoch mit Rücksicht 
auf den zu großen Kostenpunkt abgelehnt 
worden und z, Zt. hat die Königl. Re 
gierung die Stadtvertretung um weitere 
Vorschläge zur Trinkivasser-Verbesserung 
aufgefordert, —• Unsere schöne Kirche wurde 
dieser Tage mit drei prachtvollen echt ver 
goldeten Kronleuchtern geschmückt. Die An- 
chaffungskosten sind durch ein Geldgeschenk 
der Sparkasse und durch freiwillige Gaben 
Kirchspielseingesessener gedeckt worden, — 
Nachdem die umfangreichen Rammarveiten 
zum hiesigen Bahnhossneubau beendet sind, 
nehmen die Maurerarbeiten raschen Fort- 
gang, 
Nenmünster, 29. Octbr, Der Gesammt- 
ausschuß für die Bismarckfahrt nach Frie- 
drichsruh am 26, Mai bewilligte hier heute 
von dem 2398 Mk, 22 Pf. betragenden 
Ueberschuß: 1000 Mk, für den Bismarck 
thurm auf dem Knivsberge, für die 
Schleswig - Holsteinische Jnvalidenstiftung 
442 Mk. 8 Pf,, für den Provinzialverband 
der Kampfgenossen von 1870,71 884 Mk 
16 Pf. 
7A Friedrichstadt, 29. October. Heute 
Btorgen um 11 Uhr wurde der Kaufmann 
N. F. Carstens in S ch w a b st e d t von 
einem jähen Tode ereilt. Er war erst 
vor wenigen Stunden zum Besuch bei 
seinem hier wohnenden Sohne eingetroffen. 
Wie er sich mil Letzterem im Gespräch im 
Komptoir befand, sank er, vom Schlage 
gerührt, Plötzlich todt zu Boden. Die 
Leiche wurde heute Nachmittag nach Schwab- 
stedt übergeführt — eine erschütternde Rück- 
kehr zu den Seinen, die er erst vor 
wenigen Stunden im besten Wohlsein ver 
lassen hatte. Der jähe Todesfall erregt 
allseitige Theilnahme. 
^ an Nortorf, 29. Oct. Auf der in 
Innren belegenen Besitzung „Kühlsruh" 
befinden sich die größten Fischteiche des 
Kreises Rendsburg. Ans einem dieser 
Teiche fing man kürzlich auf einem Teller- 
eisen einen prächtigen Seeadler, der eine 
Spannweite von 1,80 Meter besaß, — 
In Brüggerholz bei Bordesholm wurde 
kürzlich dem Hufner Lamp während der 
Nacht eine Brieftasche mit 650 Mark 
Inhalt unter seinem Kopfkissen heraus auf 
unerklärte Weise gestohlen, 
O Hamdorf, 30, Okt. In unserem 
Gehölz wurde dieser Tage ein Hirsch ent- 
deckt, ein Fall, der seit Jahr und Tag 
mcht vorgekommen ist. Man nimmt an, 
-ac. ^^ŗselbe aus den holsteinischen größeren 
Gehegen, verjagt und somit hierher verirrt 
c f 3 e 2agd auf das Thier blieb 
erfolglos. Von fernerem Interesse mag es 
ffî"' â" erfahren, daß in demselben Gehölz 
heute völlig reife Bickbeeren zweiter Ernte 
gefunden worden sind, ein gleichfalls höchst 
seltener Fall zu dieser Jahreszeit, wo man 
erfährt, daß bereits in anderen Gegenden 
Deutschlands, z, B, den Höhen des Harzes 
und Thüringens tiefer Schnee liegt, 
L Rendsburg, 30. Oct. In diesen 
Tagen wurde von einem hiesigen Geschäfts 
manne ein falsches Zweimarkstück ver 
einnahmt. Der Verausgaber des frag. 
lichen Geldstückes ist unbekannt, 
+ Rendsburg, 29, Oct. Wie im vorigen 
Winter, so klagen auch jetzt schon wieder 
Reisende, welche den Zug, der um 2 Uhr 
30 Min. Nachts hier eintrifft, darüber, 
daß die Personenwagen nicht geheizt sind. 
Wie uns mitgetheilt wird, sind in dieser 
Hinsicht im letzten Winter bereits Be 
schwerden über diese Sache geführt worden, 
doch soll auch in diesem Winter der gleiche 
Anlaß vorhanden sein, 
-r Rendsburg, 30. Oct, Der frühere 
Gemeindevorsteher I. Möller in Fockbek, 
welcher seine dort belegene Hufenstelle ver 
kaufte, erstand in diesen Tagen die Land- 
stelle Ekhorst (bei Fleckebye) mit vollem 
Inventar, u, a, 20 Milchkühe, für die 
Summe von 62300 Mk, 
X. Rendsburg, 30, Oct. Endlich einmal 
ein volles Haus! So konnte man bei dem 
gestrigen Besuch des Theaters ausrufen 
und zugleich seine Befriedigung darüber 
zu erkennen geben, daß noch keineswegs 
das Interesse für gute Lustspiele früherer 
Zeit erloschen ist. Die Benedix'schen Last, 
spiele leiden im Großen und Ganzen an 
einer gewissen Trockenheit und überlassen 
es mehr dem Darsteller, Gestaltungskraft 
in ihre Figuren hineinzubringen, wenn auch 
einzelne derselben dem Schauspieler ge 
läufiger sind, wie gestern die des Adam 
Fliege, Dr. Wespe's Diener. Herr Büller 
erledigte sich der keineswegs leichten Auf 
gabe der Darstellung der Hauptrolle (Dr. 
Wespe) mit großem Geschick und war auch 
in den seinsten Nuancen dieser Rolle 
tadellos. Das gleiche Urtheil dürfen wir 
über Clara Reichardt-Horn fällen, die 
Darstellerin der Theutelinde, während Herr 
I a ns on etwas mühsamer, wenn auch be- 
friedigend, sein Part erledigte. Alexandrine 
Kolbe, die erstmalig hier debütirte, hat 
sich vorzüglich eingeführt und zeigte ein 
frisches Spiel, durchweg bei zarter Auf. 
faffung der Rolle. Auch Maria Hüler 
können wir für ihre Comödie ein Wort 
der Anerkennung widmen, obschon ihr dies 
mal gleich Herrn Fronmüller eine 
weniger hervortretende Rolle zufiel. Möchte 
doch Herrn Peters für seine Bemühung 
der wohlverdiente Lohn zu Theil werden, 
sich häufiger eines Besuchs wie des gestri- 
gen zu erfreuen. Freilich ist es unsere 
Ansicht, daß ein gutes Theater, wie 
in der That die Pelers'sche Gesellschaft ein 
solches bietet (wohl die beste Gesellschaft, 
welche wir im Laufe der Jahre hier ge 
habt haben), stets einer Subvention 
bedarf, um wirklich mit Erfolg prosperiren 
zu können. Woher diese auch kommen 
möge, — ohne eine solche wird Rends 
burg aus ein gutes Theater verzichten 
müssen und wir halten es wohl der Mühe 
werth, dafür zu sorgen, daß Rendsburg in 
der Pflege der Kunst Thalia's nicht hinter 
anderen Städten zurückbleibt. 
Memd-DrP eschen. 
Paris, 30. Oct. Die Kabinetskrise 
ist noch nicht beigelegt. Von den 
Radikalen ist folgende Kandidaten- 
Liste vorgeschlagen: Aeusteres . 
Hanotaux; Inneres: Bourgeois; 
Cavaignac: Krieg; Lockroi): Marine; 
Goblet: Justiz. 
Husumer Fettviehmarkt 
vom 30, October. (Drahtbericht.) 
DieGesammtzutrifft zum heutigen Fettviehmarkt 
belief sich einschließlich des gestrigen Vorverkaufs 
auf 5098 Stück Hornvieh und 900 Schafe und 
Lämmer. Der Handel verlief flau. ^ — Bezahlt 
wurde für Hornvieh: l. Qual, 56 57 Mk., 2. 
Qualität 51—54 Mk,. 3. Qualität 40-42 Mk. 
pro 100 Pfund Schlachtgewicht. Der Markt 
wurde nicht geräunit. — Der Schafhandel 
nahm einen unveränderten Verlauf. Es bedangen: 
Fette Schafe und Hammel 52—57 Pf. pro Pfd. 
Fleischgewicht, 27—29 Pf, pro Psd, Lebendgewicht, 
Schlachtlmnmer — Pf,, pro Pfd. Lebendgewicht,
	        
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