Full text: Newspaper volume (1895, Bd. 2)

unter Führung des Rectors solle zu Banffy 
gehen und erklären, daß die krotischen 
Studenten die gesetzlichen Rechte der un 
garischen Fahne ehren, sie hätten nicht das 
ungarische Königshaus und Ungarn zu be 
leidigen beabsichtigt. 
Inland. 
— Die gestrige SitzungdesSta ats> 
Ministeriums dauerte fünf Stunden. 
Die Mitanwesenheit des Grafen von Posa- 
dowsky-Wehner und des Unterstaatssekre 
tärs Nieberding läßt darauf schließen, daß 
es sich um Reichsangelegenheiten handelte. 
— Wie ein Berichterstatter erfährt, soll 
der Reichstag zwischen dem 21. und 
26. November einberufen wird. 
— Wie zu erwarten war, hat die Er 
mordung des Fabrikanten Schwartz in 
Mülhausen und das Telegramm des 
Kaisers, das diese Mordthat mit der so- 
zialistischen Agitation in Zusammenhang 
brachte, die Behörden in Elsaß-Lothringen 
zu scharfem Vorgehen gegen die sozialistische 
Presse veranlaßt. Der Offenbacher Volks- 
sreund, das einzige Organ der reichsländi 
schen Sozialisten seit Unterdrückung der 
Elsaß-Lothringischen Volkszeitung, wurde 
vom Statthalter auf Grund des Dictatur- 
Paragraphen für das Reichsland verboten 
wegen der planmäßigen Hetze gegen die 
Industriellen, welche auch zur Mordthat 
des Arbeiters Meyer, der ein Leser des 
Volksfreund war, geführt habe. 
Ein geheimnißvoller Briefschrei 
ber hat vor dessen Tode eine Warnung 
an den ermordeten Fabrikanten Schwartz 
in Mülhausen gerichtet und dem Letzterem 
den Rath gegeben, ein Panzerhemd zu 
tragen. Er hat jetzt, auf die Aufforderung 
der Gerichtsbehörde hin, ein Lebenszeichen 
von sich gegeben. Der Brief ist mit ver- 
stellten Schriftzügen geschrieben, gleicht 
aber in allen Punkten dem, der an den 
Ermordeten gerichtet war und sich schon 
in den Händen der Staatsanwaltschaft be 
findet. Der Brief, welcher an das Mül- 
hausener Blatt Expreß gerichtet ist, lautet 
„Herr Redakteur! 
In verschiedenen Zeitungen lese ich, daß der 
Verfasser des Briefes vom 24. September an 
Herrn Schwartz ersucht wird, sich zu melden, um 
Aufklärung zu geben über das, was ihm be 
kannt. Herr Schwartz hätte den freundschaft 
lichen Rath befolgen sollen, dann hätte das Ver 
brechen nicht geschehen können. Man hätte sich 
vorher nach dem Verfasser umsehen sollen, er 
hätte nicht ermangelt, die nöthigen Mittheilungen 
zu machen. Statt dessen wurde über ihn ge 
spottet, nachher gedroht. Von Dank seitens der 
Fabrikanten für denjenigen, der einen ihrer Col- 
legen zu retten suchte, war keine Spur. Ich 
werde also keine Aufklärungen geben. 
Achtungsvoll 
Der Verfasser des Warnungsbriefes 
vom 24. September. 
Nachschrift. Die Mittheilungen, die ich machen 
könnte, wären für manchen Fabrikanten lehr 
reich." 
Dieser Schlußsatz ist mit Bleistift ge 
schrieben. 
Der Poststempel ist vom 13. Oktober 
1895, 5—6 Uhr Nachmittags, mit der 
Angabe 2 B. 
Das mysteriöse Dunkel, welches auf der 
Person des anonymen Warners lagert, ist 
hiermit freilich nicht gelichtet und dürfte 
es auch, nach dem Inhalte seines Schreibers 
zu schließen, kaum werden. Es ist dieser 
Brief aber ein Zeichen davon, daß die 
That mehrere Mitwisser hat. 
Zuni Mord in Mühlhausen meint der 
„Vvrw.", dem Kaiser seien in der Einsam 
keit seines Jagdschlosses bis zum Sonntag 
nur die älteren Zeitungen vor Augen 
gekommen und er habe deshalb vor Ab- 
sendung seines Telegramms nicht Kenntniß 
gehabt von den neueren Feststellungen, 
welche gegen den politischen Charakter des 
Meuchelmordes sprechen. Es handelt sich 
sorstadtbühne gesehen, wo sie ein leicht- 
rtiges Publikum durch ihre kecken Mätzchen 
nd dreisten Frivolitäten unterhielt; eine 
Komödiantin ist's, eine jener Glücksjägerinnen, 
eren geschickten Kniffen es gelungen ist, 
nett reichen und vornehmen Mann in ihre 
ietze zu ziehen, womit der Zweck ihres 
thaltarmen Lebens erreicht wurde." 
„Die Baronin war Schauspielerin? Nun, 
eswegcn kann sie doch eine sehr anständige 
nd liebenswürdige Dame sein; es ist nicht 
er Stand, welcher über den inneren 
Lerth eines Menschen entscheidet. Und 
erade Sic, Herr Pastor Berg, sollten nicht 
I streng urtheilen und den Menschen um 
-ines Berufes willen nicht angehört in 
Rund und Boden verdammen." 
„Ich verurtheilc nicht den Beruf, wohl 
ber ein Mädchen, das allem Anstand und 
llen guten Sitten Hohn sprechend, öffentlich 
urch ihr Auftreten das eigene Geschlecht 
erabzieht und die echte Weiblichkeit zur 
üßlichen Karrikatur stempelt, die jeder ver- 
chten muß! Am allerwenigsten aber möchte 
h Sie, Lconore,. im Verkehr mit jenen 
Personen sehen, und darum müssen Sie mir 
ersprechen, das Haus zu meiden, seine 
schwelle nie wieder zu betreten." 
Das junge Mädchen maß den herrischen 
-precher mit Befremden und ihre Lippen 
.äuselten sich zu stolzem Lächeln. Was 
icier Mann sich einbildete! Den Herrn und 
Reister wollte er vor ihr spielen, obgleich 
c niemals auch nur mit einem Wort oder 
llick seine kühnen Hoffnungen ermuthigt 
ettte! — (Fortsetzung folgt.) 
hier lediglich um den Geist, welcher den 
Meuchelmord diktirte, um die Frucht einer 
Verhetzung, die zu Tage tritt. Darauf 
allein kommt es an und der Mörder war 
durch den sozialistisch-communistischen Geist 
aufgestachelt, das ist zweifellos. 
Berlin, 17. Octbr. Von verschiedenen 
Blättern wird die Ermordung des Fabri- 
kanten Schwartz in Mülhausen i. Elsaß 
eitens des Arbeiters Meyer als die Hirn- 
verbrannte That eines Einzelnen angesehen, 
wozu man nicht weiter gesetzgeberisch ein 
zugreifen und sich nicht sonderlich aufzuregen 
nöthig habe. Wir können diese An- 
- ich t nicht theilen. Der Geist, aus 
welchem diese That entsprungen ist, der 
Geist der Verhetzung und Empörung gegen 
alles Bestehende, das ist der wahre Feind, 
der dem „hirnverbrannten" Mörder die 
Waffe in die Hand drückte. Sind wir dahin 
gelangt, den Mord dadurch gewissermaßen 
zu rechtfertigen, daß wir jeden Mörder als 
gehirnkrank betrachten, so bleibt uns aller 
dings nichts übrig, als mit geschlossenen 
Augen den Greueln und Scheueln verhetzter 
Subjekte zuzusehen. Ist dies aber noch 
nicht der Fall, so ist es nur richtig, daß 
man sich seiner Haut wehrt und diesen 
Geist bekämpft. Eins aber ist dann uner 
läßlich: daß man auch Unthaten eines 
Hamm erstein mit genau denselben Mitteln 
richtet und daß man der Verhetzung der 
Volksmassen seitens der Antisemiten 
ebenso rücksichtslos zu Leibe geht. Thut 
man das nicht, so helfen alle sonstigen 
gesetzgeberischen Mittelchen gar nichts. Der 
Geist, welcher zu solchen Unthaten anfacht 
wuchert fort und wird immer mit excen 
irischen Charakterveranlagungen ausgestattete 
Menschen finden, die sich zu Werkzeugen 
solch blutiger Verbrechen hergeben, wie sie 
in Mülhausen und Carmeaux sich zeigten. 
Das Mittel, welches allein noch im Stande 
ist, solchen Auswüchsen zu begegnen, ist 
das wahre Christenthum des Seins, nicht 
des Scheins, jenes Christenthums, welches 
in dem ernsten Bestreben der Nachfolge 
seines göttlichen Begründers ihren Ausgang 
sucht. 
Berlin, 15. Oct. Der große Inspirator 
der „Hamb. Nachr." läßt sich auch durch 
Stöcker'sche Schmeicheleien nicht davon 
überzeugen, daß der ehemalige Hof 
prediger nicht gegen ihn intriguirt habe 
und redet der konservativen Partei in's 
Gewissen, den wahrheitsliebenden Mann 
von sich abzuschütteln. Der Artikel, der 
gerade jetzt interessant ist, nachdem die 
„Kreuzztg." sich zu Stöcker bekannt hat, 
führt speciell aus, daß Stöcker, wenn er 
wirklich den Fürsten Bismarck, wie er jetzt 
behauptet, für den größten Staatsmann 
gehalten hätte, doch alles hätte thun 
müssen, um ihn in seiner Stellung zu 
erhalten. 
— Ein neues Kartell zur künst 
lichen Steigerung der Spiritus- 
preise wird geplant, wie die „F. Z." 
aus „vertraulichen" Cirkularen erfährt. 
Die Interessenten waren schon an diesem 
Sonntag-Nachmittag in den Kaiserhof 
nach Berlin eingeladen, um dem Verein 
deutscher Spiritusfabrikanten, dessen Vor 
stand und Ausschuß sich an diesem Montag 
und Dienstag in Berlin versammelt, zu 
stimmende Erklärungen west- und süd 
deutscher Brenner für die Bildung des 
Kartells vorzulegen. 
Nach den vertraulichen Cirkularen soll 
das projektirte Kartell den siebziger 
Spiritus, welcher gegenwärtig mit 33 bis 
34 Mk. gehandelt wird, für die Dauer 
der neuen Branntweinsteuernovelle, also 
bis zum Jahre 1901, auf 45 Mk. 
hinauftreiben. In den Cirkularen wird 
darauf hingewiesen, daß diese Novelle zum 
Branntweinsteuergesetz solche Kartell 
bildungen gegen früher außerordentlich er 
leichtere, weil die Produktion der be 
stehenden Melassebrennereien auf ein ganz 
bestimmtes Quantum beschränkt sei, die 
Hefebrennereien in Ermangelung von 
Hefeexport in ihrer Produktion an den 
Hefeverbrauch des Inlandes gebunden 
seien und die kleinen Materialbrenner 
überhaupt nicht in Betracht kämen. Außer 
dem erschwere die neugeschaffene Brenn 
steuer allen bestehenden Brennereien den 
Uebergang der Mehrproduktion. 
Es komme daher nur darauf an, ver 
tragsmäßig das Produktionsquantnm der 
Kartoffelbrenner und der größeren Getreide 
brenner behufs Erzielung jenes Preises 
festzulegen. 
Die vertraulichen Cirkulare sind datîrt 
aus Köln vom 1. und 9. October und 
unterzeichnet von Anton Kolping, Vor 
stand der Buirer Brennerei vereinigter 
Landwirthe. Es wird in den Cirkularen 
versichert, daß eine Versammlung des 
Vereins der Kornbranntwein- und Hefe 
brenner in Hannover am 5. October mit 
Ausnahme eines Einzigen dem Kartellplan 
unbedingten Beifall gezollt haben. Der 
mitanwesende Geschäftsführer des Vereins 
deutscher Spiritussabrikanten in Berlin, 
Professor Dr. Delbrück, habe ebenfalls in 
lebhafter Weise dem Plan und seiner 
Durchführung das Wort geredet.. Wenn 
aber, wie es nothwendig sei, die Aus 
führung durch den nahezu vollzähligen 
Beitritt der Vereinsmitglieder der Kartoffel- 
brenner des Ostens ermöglicht werden 
sollte, so sei cs unbedingt erforderlich, vor 
jeder Berufung weiter Brennerkreise fest 
zustellen, daß die west- und süddeutschen 
Brenner ihr prinzipielles Einverständniß 
mit dem fraglichen Plan und seiner Durch 
führung erklärten. Angesichts des drei 
maligen Mißlingens der früher von Berlin 
ausgegangenen Koalitionsprojekte und An 
gesichts der Lage der Landwirthschaft habe 
ich der ostdeutschen Kartoffelbrenner eine 
gewisse Muthlosigkeit bemächtigt, so daß 
es in hohem Grade erwünscht sei, wenn 
der erste Anfang jetzt von den west- und 
süddeutschen Erwerbsgenossen ausginge. 
Der Kartellplan ist wie folgt ausgedacht: 
Die Kartoffelbrenner und die großen 
Getreidebrenner sollen sich gegen Kon 
ventionalstrafe verpflichten, bis zum 1. 
October 1901 pro Jahr nicht mehr 
Spiritus zu erzeugen, als sie im Durch- 
schnitt der letzten drei Jahre 1892/95 er 
zeugt haben. Unter außergewöhnlichen 
Verhältnissen, bei Futtermangel, großer 
Kartoffelernte usw. wird ihnen gestattet, 
bis zu 10 pCt. ihres Normalquantums 
mehr zu produziren. Sie müssen aber 
dieses Mehr entweder direkt zur Ausfuhr 
bringen oder an die zu bildende Kartell 
gesellschaft zu einem von dieser festzusetzenden 
Preise überlassen. 
Die Kartellgesellschaft wird unter Mit 
wirkung eines großen Bankhauses gebildet, 
mit einem Kapital von 10 bis 12 Millionen 
Mark, vorläufige Einzahlung 5 Millionen 
Mark. Alle Mitglieder verpflichten sich, 
an dieselbe je 2 Mk. vom Hektoliter ihres 
produzirten Spiritus als Beitrag zu 
zahlen. Die Gesellschaft ihrerseits ver 
pflichtet sich den Brennern gegenüber, allen 
an sie gelieferten Spiritus zu bezahlen 
mit 40 Mk. für Kartoffelspiritus, mit 39 
Mk. für Maisspiritus und mit 38 Mk. 
für Lufthefe bezw. Melassespiritus. Die 
Gesellschaft hat dafür einzustehen, daß der 
Spirituspreis sich dauernd auf 
45 Mk. erhält. Zu diesem Zwecke ist 
sie verpflichtet, soviel Spiritus, nöthigen 
falls mit Verlust, auszuführen, bis die 
Nachfrage nach Spiritus gegenüber dem 
verminderten Angebot und der Vertrags 
mäßig festgelegten Produktion die Preise 
auf die Höhe von 45 Mk. getrieben hat 
Der Verlust der Gesellschaft bei der Aus 
fuhr wird gedeckt aus der oben erwähnten 
Abgabe der Mitglieder von 2 Mk. und 
aus dem inländischen Verkaufsgeschäft, d. 
h. dem Unterschiede zwischen dem Einkaufs 
preis von 40 Mk. und dem Verkaufspreis 
von 45 Mk. 
Wir sind gespannt darauf, wie weit 
die Kartellpläne der Kornbrenner bei den 
ostelbischen Kartoffelbrennern Anklang 
finden. Richtig ist es, daß die neue 
Branntweinsteuernovelle derartige Kartell 
Pläne in hohem Maße begünstigt. Freilich 
würden alle diese Vortheile nur den be 
stehenden Brennereien in den Grenzen der 
bisherigen Produktion zu Theil werden. 
Daß er allen gewerblichen Inter- 
essen, welche auf billigen denaturirten 
Spiritus angewiesen, ins Gesicht schlägt, 
braucht nicht näher dargethan zu werden. 
— Ueber den Schiffsverkehr im 
Nordostseekanal veröffentlicht die 
„Neue Stett. Ztg." aus den Mittheilungen 
der Vorsteher der Stettiner Kaufmannschaft 
eine genaue statistische Uebersicht, betreffend 
die Monate Juli, August und September. 
Daraus ergiebt sich, daß der Verkehr nach 
Hamburg stationär geblieben ist, dagegen 
nach Bremen, Holland, Antwerpen, London 
zugenommen hat. In Bezug auf die 
Größenverhältnisse der Schiffe hat der 
Verkehr der Schiffe von 100 bis 1000 
Tons nur unbedeutend zugenommen. Da 
gegen ergiebt sich eine beträchtliche Zunahme 
der Schiffe von über 1000 Tons, welchen 
der Mehrverkehr im Monat September 
fast ausschließlich zuzuschreiben ist. Dabei 
ist aber zu berücksichtigen, daß darunter 
zwei Passagierfchiffe mit allein 4500 Tons 
und Ballastschiffe mit ca. 4000 Tons 
waren, so daß für den eigentlichen Güter 
verkehr ein nennenswerther Zuwachs kaum 
zu verzeichnen ist. Der Antheil Stettins 
an dem Verkehr der Schiffe über 1000 
Tons betrug im Juli 10 pCt., im August 
10 pCt., im September 10V 2 PCt. 
Berlin, 16. Oct. Der Verlagsbuchhänd 
ler Hans Herz. Mitinhaber der von 
seinem Vater Wilhelm Herz geleiteten 
Bessern'schen Buchhandlung, in der die 
Werke Paul Heyse's, Gottfried Keller's u. 
A. erschienen sind, hat sich in seiner Villa 
in Lichterfelde das Leben genommen. Der 
Ende der vierziger stehende, in literarischen 
und künstlerischen Kreisen hochangesehene 
Mann war seit mehreren Iah ren hochgradig 
nervös. 
Sechs große Confection s firmen 
in Berlin sind innerhalb der letzten vier 
Wochen in Zahlungsschwierigkeiten ge- 
rathen. Die Verbindlichkeiten derselben 
betragen zusammen 891000 Mk., auf 
welche eine Durchschnittsquote von etwa 
38 pCt. fallen dürste. An der Spitze 
steht eine Firma mit 550000 Mk. Passiven, 
eine andere mit 178 000 Mk. 
In Charlottenburg sprang eine Frau 
Professor Knorr gestern Vormittag aus 
dem Fenster und verschied letzte Nacht. 
Die unglückliche Frau litt an Wahnvor- 
stellnngen. * . 
Benthe», 17. Octbr. Die Durchsuchung 
der Zellen Sobczk's und Arlr's ergaben 
den Fund einer Feile, mehrerer Schlüssel 
und Brecheisen, womit beide Mörder sich 
von ihren Ketten befreit hatten. Der Ge 
fangenaufseher Wasa wird von den Mördern 
der Beihülfe bezichtigt. Derselbe ist verhaftet 
worden. 
Gießen, 16. Oct. Das Erweisen 
einer Gefälligkeit trug heute dem 
Bürgermeister Henkel von En 
genrod eine Gefängnißstrafe von einem 
Monat ein. Zur Ausfertigung von 
Heirathspapieren bedurfte er in seiner 
Eigenschaft als Ortsgerichtsvorsteher der 
Unterschriften der künftigen Schwieger 
eltern des Bräutigams. Da diese in einem 
entfernteren Orte wohnten und der junge 
Mann ihnen den Weg sparen wollte, ging 
er zu ihnen und ließ sich in ihrem Wohn 
ort das Schriftstück unterzeichnen. Der 
Bürgermeister beglaubigte dann die Unter 
schrift als in seiner Gegenwart 
und in seinem Bureau vollzogen 
mit dem Bemerken, daß er dies eigentlich 
nicht thun dürfte. — Daraufhin ging der 
inzwischen zum Schwiegersohn gewordene 
e l b st hin und denunzirte den gefälligen 
Bürgermeister. 
Außer dem Besitzer der eingestürzten 
Spinnerei in Bocholt, Franz Beckmann, und 
dem Bauunternehmer Hülskamp ist auch 
der Leiter des Baues, ein englischer In 
genieur, in Haft genommen. Eine Abord 
nung der Deutzer Pioniere hat mit der 
Sprengung der stehengebliebenen Mauerreste, 
welche wegen der Einsturzgefahr zur Ein 
stellung der Abräumungsarbeiten zwangen, 
begonnen. Bei den ersten Schüssen, die 
wenig Erfolg hatten, zersprangen zahlreiche 
Fensterscheiben an den benachbarten Ge 
bäuden. 
Hamburg. 15. Oct. Wie verlautet, soll 
das bekannte Konzerthaus daselbst, Gebr. 
Ludwig, welches vor etwa 5 Monaten 
von der St. Pauli-Creditbank im Zwangs 
verkauf für 500 000 Mk. erstanden wurde, 
von der Bank jetzt an den Inhaber des 
„Cafs Noblesse" in Berlin, Namens 
Könnecke, für 650 000 Mk. verkauft wor 
den sein. Der Preis muß als ein sehr 
günstiger bezeichnet werden, da die Bau 
kosten des Etablissements sich s. Zt. auf 
etwa 1V 2 Million Mark beliefen. — 
Wegen Majestäts-Beleidigung 
wurde ein Tischler verhaftet. Derselbe 
hatte in einem öffentlichen Bierlokal be- 
leidigende Aeußerungen über den Kaiser 
gethan und war von einem mitanwesenden 
Gast deswegen denunzirt worden. 
DieHandelskammern von Hamburg, 
Altona und Harburg waren am Sonntag 
zu einer Konferenz über die Frage: „Ob 
Mittelland- oder Küstenkanal?" ver 
sammelt. Altona und Harburg haben fick 
schon in ihrem letzten Jahresbericht für 
den Küstenkanal (Elbe-Weserkanal) ausge 
sprochen. Der Präsident der Hamburger 
Handelskammer versicherte, die Sache so 
fort zur Berathung zu bringen und als 
dann eine zweite Konferenz zu berufen. 
Düsseldorf, 16. Oct. Heute wurde die 
gestern SCbertb ausgegebene Nr. 242 der 
demokratischen „Düsseldorfer Bürger- 
Zeitung" konfiszirt wegen eines Leit- 
artikels, der das Telegramm des Kaisers 
an den Statthalter von Elsaß-Lothringen 
über die Ermordung des Fabrikanten 
Schwartz in Mülhausen bespricht. 
In der heutigen Abendsitzung . des 
Schwurgerichtes in Sachen des Mülheimer 
Krawalles machten mehrere Kaufleute, sowie 
der Besitzer des neuen Schiffsahrtsunter- 
nehmens Namens Mülleneisen, das Vor 
gehen der Polizei stark belastende Aus 
sagen. Mülleneisen, sowie sein Kassirer 
versicherten, der Mülheimer Polizei 
kommissar habe bereits am Mittag des 
ersten Tages gedroht, des Abends werde der 
Werftplatz gewaltsam gesäubert werden; er 
habe den Auftrag scharf vorzugehen. Als 
am Abend 5000 Personen sich wegen der 
Illumination angesammelt hatten, sei die 
Polizei in der schärfsten Weise vorgegangen. 
Frauen seien mit der blanken Waffe ge 
schlagen worden. Ein vor seiner Haus 
thür' befindlicher Mann sei von zwei 
Polizisten zu Boden geschlagen worden, 
sodaß er fortgetragen werden mußte. Die 
Zeugen versichern, der Krawall hätte nicht 
eine derartige Ausdehnung angenommen 
wenn die Polizei vorsichtiger vorgegangen 
wäre. 
Im Handelstheil eines Berliner Blattes 
wird über die Maschinenbauanstalt H.Panksch 
Landsberg berichtet. Die Aufträge 
in 
Provinzielles. 
häuften sich dort derart, daß Ueberstunden 
und Nachtarbeit zu Hilfe genommen wer 
den mußten. Einen wesentlichen Theil der 
Aufträge liefere das Ausland. Das rus 
sische Geschäft sei eine ausnahmsweise 
Arbeitsquelle. Dieser Bericht ist um 
so interessanter, als der Vorbesitzer und 
jetzige Hauptaktionär, Kommerzienrath 
Pauksch, seiner Zeit in Wort und Schrift 
gegen den Abschluß des Handelsvertrages 
mit Rußland aufgetreten ist, der doch 
unserer Industrie zweifellos im höchsten 
Grade nützlich war. 
Erfurt, 15. Okt. Die Thüringer „Tri 
büne" wurde heute auf Veranlassung des 
Staatsanwalt wegen angeblicher Majestäts 
Beleidigung konfiszirt. 
Hamburg, 17. Oct. In der letzten 
Nacht erschien auf der Polizeiwache am 
Billwärder Ausschlag ein in der Sachsen 
straße wohnender Sandformer und ver 
langte das Einschreiten der Polizei Legen 
einen in der Wendenstraße wohnenden 
Maler von dem er aufs ärgste malträtirt 
werde. Allen Ernstes erzählte er dann 
folgende tragikomische Geschichte. Er habe 
die Gewohnheit, wenn er sich abends ins 
Bett lege, sich das eine Ende eines langen 
Bindfadens um die eine Hand zu binden, 
während das andere Ende bis unten auf 
die Straße hänge. Diese neumodische 
Weckuhr setze des Morgens der Brotmann 
in Bewegung. Durch einen unglücklichen 
Zufall müsse der Maler von dieser Ein 
richtung Wind bekommen haben, denn in 
der letzten Zeit sei er, der Sandformer, 
fast allnächtlich dadurch aus feiner Nacht 
ruhe aufgeschreckt worden, daß der böse 
Maler zu seinem Vergnügen an dieser 
Strippe ziehe. Leider konnte die Polizei 
dem armen Manne nicht helfen, denn 
einen Schutzmann neben die Strippe als 
Posten zu stellen, darauf konnte sie sich 
doch nicht einlassen. Der Sandformer 
muß also sehen, daß er auf dem Civil- 
ivege die verlorene Nachtruhe wieder 
findet. 
Aus Altoua wird berichtet: Als 
Mittwoch Mitag 12 y 2 Uhr der von 
Hamburg kommende Zug in die Haupt 
halle des Bahnhofs fuhr, war es dem 
Lokomotivführer nicht möglich, den Zug 
zum Stehen zu bringen, trotzdem er zur 
rechten Zeit bremste und die Bremse auch 
funktionirte. Die Lokomotive fuhr deshalb 
mit den Vorrädern gegen die Böschung 
bei der Drehscheibe und drückte das eiserne 
Gitter ein. Personen kamen nicht zu 
Schaden, auch die Maschine wurde nicht 
beschädigt. Schuld an dem Unfall ist 
wahrscheinlich das nasse, schlickige Wetter, 
welches die Lokomotive auf den Schienen 
weiter gleiten ließ. 
Elmshorn, 15. Oct. Die auf heute in 
Elmshorn anberaumte Einweihungsfeier 
der von den Pferdezuchtvereinen der 
holsteinischen Marschen gegründete Reit- 
und Fahrschule verlief dem Programm 
gemäß in schönster Weise. Im Laufe des 
Vormittags trafen die auswärtigen Gäste 
ein, sie versammelten sich im Restaurant 
des Herrn I. Jacobsen zu einem gemein 
schaftlichen Frühstück. Unter den aus 
wärtigen Gästen bemerkte man den 
Regierungspräsidenten Zimmermann, als 
Vertreter des Herzogs Günther von 
Schleswig-Holstein den Hofmarfchall von 
Buddenbrock, ferner den Regierungsrath 
Petersen, den Landesdirector v. Reventlow, 
Vertreter des Adels der Provinz und eine 
Anzahl höherer Offiziere aus den Garnison- 
städten, sowie die Herren Landräthe Dr. 
Scheiff aus Pinneberg, Junge aus Itzehoe, 
Jürgenfen aus Meldorf, Brühl aus Heide 
und Brütt aus Rendsburg. Um 12 
Uhr erfolgte die Fahrt nach der Reit- und 
Fahrschule; sofort wurde ein Rundgang 
durch die Ställe unternommen. Herr 
Ahsbahs aus Sommlander-Riep dankte in 
einer Ansprache der Staatsregierung und 
der Stadt Elmshorn für die thatkräftige 
Unterstützung bei dem Unternehmen; er 
führte aus, daß, da die Landmirthfchaft 
danieder liege, nur durch die Viehzucht 
auf genossenschaftlichem Wege dem Land- 
mann geholfen werden könne und schloß 
mit einem Hoch auf Kaiser Wilhelm II. 
— Herr Hölk als Mitglied des landwirth- 
fchaftlichen Generalvereins wünschte dem 
Unternehmen den besten Erffolg und schloß 
mit einem Hoch auf Schleswig-Holstein. 
— Herr Bürgermeister Thomsen über 
brachte den Gruß und Glückivunsch der 
Stadt Elmshorn. Es folgte die Bor- 
führung der für die Verloosung bestimmten 
Pferde und Gespanne. Nach einem Reiten 
und Fahren der Schüler, welches allgemein 
befriedigte, begann um 2 Uhr das Rennen. 
Neumünster, 17. Oct. (H. C.) Heute 
fand im „Bahnhofs-Hotel" Hierselbst unter 
Vorsitz des HerrnRegierungs-RathsLivonius- 
Schleswig eine Sitzung der Censiten 
der Gewerbesteuerklasse II ver 
Provinz Schleswig - Holstein statt zum 
Zwecke der Neuwahl von Mitgliedern des 
Ausschusses dieser Steuerklasse. Bon ca. 
380 eingeladenen Herren waren ungefähr 
30 erschienen. Zu wählen waren 9 Mit 
glieder und 9 Stellvertreter. Gewählt 
wurden als Mitglieder die Herren Gold 
leistenfabrikant Hulbe-Kiel, Stadtrath Karl 
Bartram-Neumünster, Stadtrath Lorentzen- 
Apenrade, Konsul Horn-Schleswig, Wein- 
Händler Storm-Altona, Th. Gayen-Altona, 
Ottens-Jtzehoe, Getreidehändler Zentner- 
Flensburg und Holzhändler Paap- 
Rendsburg; zu Stellvertretern die 
Herren Fabrikant Heinr. Köster-Neumünster, 
Lampe-Sonderburg, Holzhändler Blunck- 
Wankendorf, Gehlsen-Heide, Wegner-Kiel- 
Hassee, Detlefsen-Flensburg, Kuhrt-Flens- 
burg-Westerland, Thormann-Rends 
burg und Wethke-Altona. 
Ģ Kreis Rendsburg, 17. Octbr. (F. N.) 
In nicht geringer Aufregung befinden sich 
Die Einwohner mehrerer Ortschaften in der 
Umgegend von Schenefeld. Daselbst 
haben nämlich in letzter Zeit in ganz kurzen 
Zivifchenräumen 5 größere Schaden. 
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