lhe.
tototü
eranlassm
Erklärui
ger.
l S- Held!
eine
W. d. Bl
cêkskilş
ichäftigmi
chestedt.
rtes
stedterfelk
tem Lohr
l'-rraut.
dt Wohn
>ne Pensio
r C. an di
3 immer mi
eff. Offerte
r die Expel
atze »1.
ermiethe,
rbinacher,
:r. 236.
-Bauineist«
linern neb
nsenstr. 89!
ominer.
tNst
-ß wird ge
Wj ggfin.
miethen.
russee 74,
5 Ziinmei
->tzc 2t.
MliethÄ
ffronwerk.
atze 84,
î
; seit Jahre
- ist sofoi
ernieister.
■Ķ &
L p 1
fi:h:Ui iiX<.«sat A
»z
hldorf a
llen lieb,
herzlich»
less.
)es Reise»
l verbreit,
Firma.
behaupt
era" feie
nwahrhei
„alleinig,
bezeichne
:en, dur-
idung m
neu Pcş
ein bester
-ļ» Kŗscheint tâgLich. cM-
Aàburger
nblaļļ.
Bezugspreis:
Werteljäbrlich 2 J(.~, frei ins Haus geliefert
2 Jt 15 Ķ
für Auswärtige, durch die Post bezogen
2 Ji 25 es
incl. Postprovision :c., jedoch ohne Bestellgeld.
Jnscrtionsprcis: pro Petitzeile 15 Ķ
Aeltrstes und gelrsenstes Klatl im Kreise Rendsburg.
Anzeigen für die Tagesnummer werden bis 12 Uhr Mittags erbeten.
88stee Jahrgang.
Bei Beniebsstvrimgcn
irgend welcher Art ist die regelmäßige Lieferung
dieses Blattes vorbehalten.
Als Beilagen
werden dem Blatt „Der Landwirth" sowie das
Blatt „Mode und Heim" gratis beigegeben.
3250 Abonnenten.
Mo. 242.
Mittwoch, öen 16. Hctober
1895.
Morgen-Depeschen.
Kürzel, 16. Oet. Die kaiserlichen
Majestäten sind heute Vormittag 9 Uhr
hier eingetrosten, von einer zahlreichen
Volksmenge lebhaft begrüßt.
Berlin, 16. Okt. Das 2. Rheinische
Husaren-Regiment Nr. 9 soll, wie die
„Post" hört'im nächsten Jahre von Trier
nach Straßburg verlegt werden. Es wird
das einzige Husaren-Regiment sein, das
in Elsaß-Lothringen garnisonirt sein wird,
während jetzt nur Dragoner- und Ulanen-
Regimenter im Reichslande liegen.
Berlin, 16. Oet. Der Schlächtergeselle
Müller, der die Frau Mewers in Westend
ermordet hatte ist heute früh hingerichtet
worden.
Berlin, 16. Oct. In der Aula der
Universität sand heute Mittag die feierliche
Uebergabe des Rektorates statt. Nachdem
Prof. Wagner den Eid als Rektor geleistet
hatte und mit den Zeichen seiner neuen
Würde bekleidet worden war, hielt er seine
Antrittsrede, die über die Entwickelung
des nationalökonomischen Unterrichtes in
Deutschland und die Stellung der deutschen
Hochschullehrer der Nationalökonomie zum
Sozialismus handelte. (S. u. Berlin. Rd.)
Hannover, 16. Oet. In letzter Nacht
erschoß in der Nothwehr mit seinem
Dienstrevolver ein Kriminalschutzmann den
21jährigen Hausdiener Heinemeyer.
Der letztere und vier Genossen hatten die
Aufforderung des Kriminalschutzmannes,
sich vom Platze zu entfernen, wo sie
Skandal gemacht hatten, mit einem Angriff
aus den Beamten beantwortet.
Bremen, 16. Oet. Das Nordamerika«
nische Schiff „Parthia", von Liverpool
nach San Franeiseo unterwegs, wurde
auf offener See durch Feuer total zerstört.
Ein Theil der Mannschaft wurde gerettet
und in Valparaiso gelandet. Der Capitain,
der erste Offizier und 19 Mann, welche
das Schiff in Booten verließen, werden
vermißt.
Agram, 16. Oct. Die Skandale wieder
holten sich heute Mittag, nachdem früh
aus der serbischen Kirche mit Genehmigung
der Regierung die serbische Nationalflagge
gehißt worden war. Studenten und eine
glotze Volksmenge zogen johlend nach der
Kirche, diese sowie die anstoßende serbische
Bank bombardirend. Polizisten und
Gendarmen mußten mit gefälltem Bajonett
vorgehen, um die Menge zu zerstreuen.
Budapest, 16. Oct. Die Stratzenexcesse
nahmen heute vergrößerte Dimensionen an.
In der serbischen Kirche, die der König
besuchte, fanden, nachdem der König diese
verlassen hatte, Raufereien zwischen
Kroaten und Serben statt. Die Raufereien
pflanzten sich auf die Straßen fort, die
von der Gendarmerie förmlich belagert
waren. Der König war über diese Vor
fälle frappirt.
Budapest, 16. Oct. In Totfatu erschoß
der Johann Mihalki den Gutsbesitzer
Joses Barkovics, der ersteren pfänden
ließ. Der Mörder wurde verhaftet.
Pilsen, 16. Oct. In dem Befinden des
Grafen Taaffe ist eine derartige Ver
schlimmerung eingetreten, daß Professor
Albert aus Wien telegraphisch nach Schloß
Ellischau berufen wurde, wo der Graf, an
Herzverfettung und Nierenentzündung
leidend, darnllderliegt.
Trient, 16. Oct. In verschiedenen, am
Fuße des Montebaldo gelegenen Ort
schaften der Provinz Verona fanden in
den letzten Tagen ziemlich heftige Erdbeben
statt. In Malubine stürzten die Rauch
fänge ein und unter den Einwohnern
brach eine Panik aus. Aehnlich lauten
die Berichte von Castello. Die meteoro
logische Station in Verona berichtet, daß
daselbst Erdbewegungen beobachtet worden
waren.
Eine Unterredung
mit dem Staatssekretär v. Boetticher,
die im vergangenen Jahre, offenbar sehr
bald nach dem Rücktritt des Grafen Caprivi,
stattgefunden haben soll, wird heute im
„B. Lokalan;." veröffentlicht. Wir geben
im nachfolgenden die wichtigeren Stellen, die
vermuthlich der öffentlichen Discussion aufs
neue Stoff liefern werden. Es heißt da u. a.:
„ . . . . Zwei von meinen College» im
preußischen Staatsministerium sollen ihre Ent
lassung nachgesucht haben .... Ich bleibe
gegen meinen Wunsch im Amte. Der Kaiser
will es so, und ich halte es sür meine Pflicht,
mit meinen Kräften dem Reiche und dem Staate
zu dienen, solange man der Ansicht ist, daß ich
in dieser oder jener Sache vielleicht besseren Rath
zu geben vermag als ein anderer .... Vierzehn
Jahre bin ich hier thätig gewesen, und in diesen
vierzehn Jahren hat es manche schwere und
stürmische Zeit gegeben. Die schwerste Zeit
meines Lebens war die, als Fürst Bismarck aus
dem Amte schied. Man hat mir vorgeworfen,
daß ich an dieser Verabschiedung die Schuld
trüge. Sehr zu Unrecht. Zu meinem tiefsten
Bedauern hat Fürst Bismarck selbst, ich weiß
nicht, wodurch veranlaßt, die Meinung gefaßt
und trotz oller meiner Bemühungen daran fest
gehalten, daß ich an der Herbeiführung des Ab
schlusses seiner amtlichen Thätigkeit betheiligt
gewesen sei. Das konnte um so weniger der
Fall sein, als ich in der kritischen Zeit vier
Wochen lang durch einen Fall von Scharlach in
meiner Familie an das Haus gebunden war.
. . . Ich habe im Gegentheil das Mögliche ge
than, was irgend in meinen Kräften lag, um zu
verhüten, was dann freilich unausbleiblich wurde.
In häufiger Wiederholung bin ich schon vor
Jahren bei dem Fürsten Bismarck vorstellig
geworden, er solle doch dem Andrängen des
Reichstages nach Erweiterung des Arbeiter
schutzes nachgeben, sei es durch ein umfassenderes
Verbot der Frauen-, Kinder- und Nachtarbeit,
sei es durch Ausdehnung der Sonntagsruhe.
Der Fürst war dafür nicht zu haben. Er blieb
unerschütterlich bei seiner Meinung, soviel ich
ihm auch zuredete. . . . Mit dem Kaiser stand
Fürst Bismarck anfänglich ganz ausgezeichnet.
Der Kaiser blickte förmlich zu ihm aus und er
kannte seine Autorität willig an, wie ich über
haupt allezeit gefunden habe, daß der Kaiser
sachlichen Gründen, die angemessen vorgetragen
werden — und auf einen solchen angemessenen
Vortrag hat er natürlich als Kaiser Anspruch —
in ausgezeichneter Weise zugängig ist.
. . . Fürst Bi smarck verstand es nun nicht, die
Dinge so vorzutragen, daß die Vorstellungen bei
dem'Kaiser Eingang fanden. Der Fürst sprach
zum Kaiser autoritativ, und so mußte es denn
kommen, daß dem Kaiser dies nicht gerade gefiel
und die Meinung in ihm in den Vordergrund
trat: er sei doch nun einmal von Gott an die
Stelle gestellt, an der er stehe, um nach seinen
Gaben und Kräften und nach seiner Auffassung
die Regierung zu führen. So kam es, wie es
kommen mußte: Der Kaiser und Fürst Bismarck
verstanden sich schließlich nicht mehr. Vergeblich
stellte ich dem Fürsten Bismarck vor, daß es
nothwendig sei, dem lebhaften Wunsche des
Kaisers in Sachen des Arbeiterschutzes, der üb
rigens meinen Ansichten vällig entsprach, nach
zugeben. Es war kurz vor der Katastrophe, daß
mir von einem Kollegen berichtet wurde, der
Kaiser und Fürst Bismarck hätten eine Aus
sprache miteinander gehabt, die zu einer vollen
Verständigung und einem lückenlosen Einvernehmen
geführt hätte. Ich ivar hocherfreut darüber, und
da der Kaiser sich zun: Frühstück bei mir an
gesagt hatte, ging ich zum Fürsten Bismarck, um
ihn zu fragen, ob er mich gleichfalls mit seiner
Anwesenheit beehren wolle Ich wollte dem
Fürsten Bismarck meine herzliche Befriedigung
über das aussprechen, was ich gehört hatte.
Ich fand aber den Fürsten in bösester Laune,
und auf meine ersten Worte hin fragte er, ob
ich denn wirklich glaubte, daß er zu den in Rede
stehenden Maßregeln seine Zustimmung geben
würde! Er werde in den Staatsrath komnien —
diese Theilnahme des Fürsten an der Staats-
raths-Sitzung hatte man mir als die Besiegelung
des Einvernehmens hingestellt — aber nicht, um
zuzustimmen, sondern um seine entgegenstehende
Meinung zu vertreten. Als ich nach Hause kam,
war der Kaiser, der sich verfrüht hatte, schon da,
in fröhlichster Stimmung. Auch er erzählte, daß
er mit dem Fürsten Bismarck zu voller Ver
ständigung gekommen sei. Ich konnte es nicht
übers Herz bringen, ihm geradezu zu sagen, daß
er sich in einem Irrthum bezüglich des Fürsten
Bismarck befinde. Ich erwähnte bloß, daß der
Fürst in den Staatsrath kommen wolle. Der
Kaiser vernahm das mit größtem Erstaunen,
denn der Fürst, meinte er, hätte ihm gesagt, er
werde dem Staatsrath fernbleiben. So war
das Mißverständniß unheilbar geworden, man
verstand sich hüben und drüben nicht mehr.
Was Fürst Bismarck zur Erklärung seines Be
harrens in der oppositionellen Stellung ange
führt hatte, das war als eine Zustimmung auf
gefaßt worden. Als die Entscheidung getroffen
worden war, begab ich mich zum Fürsten Bis
marck, um mich von ihm zu verabschieden. Es
war wohl die schwerste Stunde meines Lebens.
Thränenden Auges küßte ich ihm die Hand,
dankte ihm sür alles Wohlwollen, das er mir
bewiesen, und bat ihn zu glauben, — es waren
mir schon allerhand Gerüchte zu Ohren gekommen
— daß ich nie etwas gethan, was mit der Treue
gegen ihn nicht vereinbar wäre. Er antwortete
mir, er setze auch gar nicht voraus, daß ich einen
Treubruch gegen ihn begangen hätte oder eines
Treubruches fähig wäre; aber er müsse doch
sagen, daß ich ihn in dem Kampfe gegen den
Kaiser nicht so unterstützt hätte, wie ich wohl ge
konnt. Hierauf konnte ich nichts erwidern, denn
sonst hätte ich erklären müssen, daß es für mich,
einen Beamten, einen Kampf gegen den Kaiser
nicht geben könne. Abgesehen hiervon, ivar es
auch nicht angängig, daß ich eine Meinung, die
ich Jahre lang gegen den Fürsten Bismarck ver
treten, aufgab, weil der Kaiser sie theilte.
Dagegen bemerken die „Hamburger
Nachrichten":
„Daß der Staatsminister von Boetticher immer
schon andere Ansichten als Fürst Bismarck in
den Arbeiterfragen gehabt hat, ist ohne Zweifel
richtig; er war aber nicht in der Berechtigung,
eine andere Ansicht als die des Reichskanzlers zu
vertreten, am allerwenigsten hinter dessen Rücken,
denn er war als Staatssekretär des Innern der
direkte Untergebene des Reichskanzlers, und hatte
also die Verpflichtung, mit diesem zu gehen oder
auszuscheiden. Zum Mitglieve des preußischen
Staatsmimsteriums aber war er als Nachfolger
Delbrücks und Hofmanns lediglich ernannt, um
dort die Ansichten des Reichskanzlers zu ver
treten, wenn derselbe persönlich nicht dazu im
Stande war. Auch beim Kaiser hatte Herr von
Boetticher nicht die Berechtigung andere Auf
fassungen als die seines Vorgesetzten zu unter
stützen. Sowohl beim Kaiser wie im Parlament
war er verpflichter, der Sonntagsruhe und den
Eingriffen in die Familie durch Verbot resp. Be
schränkung der Frauen- und Kinderarbeit zu
widersprechen. Beides hat er unterlassen und
wir glauben, daß die Meinungsverschiedenheiten,
die zum Ausscheiden des ersten Reichskanzlers
führten, im Kabinet, besonders aber bei Im-
mediatvorlrngen sich der besonderen Befürwortung
durch Herrn von Boetticher erfreut haben."
Wenn die Darstellung der „Hamburger
Nachrichten" richtig ist, so wäre die Stel-
lung des Herrn v. Boetticher aller
dings nach Auffassung des Fürsten Bis
marck sehr subaltern gewesen.
Ausland.
Außereuropäische Gebiete.
In Coolgardic (West-Australien) ist ein
ganzes Häuserviertel abgebrannt.
Der Schaden beziffert sich auf Lst. 250 000.
l
Die abgebrannten Häuser sind zum Thei
versichert. Das Feuer ist dadurch entstanden,
daß eine Petroleumlampe umgestoßen wurde.
Aus einer Höhe von 1000 Fuß stürzte
in Monrovia (Kalifornien) die Luftschifierin
Nellie W. Hagel herab, indem der Fall
schirm, mit welchem sie sich von dem
Ballon herablassen wollte, den Dienst ver-
sagte. Sie starb sofort.
Aokohama, 15. Oct. Der Kaiser erließ
eine Verfügung, die den japanischen Unter
thanen untersagt, ohne besondere Erlaubniß
Korea zu betreten. Ein Telegramm aus
Söul theilt mit, daß während der Ver
wirrung, die durch den Angriff der Anti-
Reformpartei auf den königlichen Palast
entstanden war, die Ausrührer in den
Palast eindrangen und 3 Frauen ermorde
ten, von denen eine muthmaßlich die
Königin gewesen ist.
Italien.
Forli, 15. October. Das Postamt in
Savignano gerieth nach einer heftigen
Detonation, die durch das Explodiren einer
Dynamitbombe erfolgte, in Brand. Das
Feuer wurde sofort gelöscht, alle Geld
werthe gerettet. Ein Uhrmacher Santolini,
der unter dem Verdacht der Thäterschaft
verhaftet wurde, gestand, in Bologna ein
Packet mit einem Deklarationswerthe von
4800 Francs aufgegeben zu haben, wäh
rend es nur werthlose Papiere enthielt.
Santolini leugnete aber, der Urheber
der Explosion zu sein. Die Unter
suchung ergab bisher, daß die Explosion
zum Zwecke der Ausführung eines Be
truges veranstaltet war.
Spanien.
In der Militärwaisenanstalt zu Aranjuez
sind plötzlich 133 Knaben und 8 Auf
wärter unter ruhrähnlichen Erscheinungen
schwer erkrankt, wie es heißt, nach
dem Genuß von vergifteten Speisen. Ein
Knabe ist bereits gestorben und mehrere
andere liegen im Todeskampfe. Dagegen
ist die Mädchenabtheilung nicht davon be
rührt.
Frankreich.
Auf dem Versuchsfelde von BourgeS
explodirte eine Kanone im Werthe von
80 000 Francs. Das Geschütz war mit
Melinitpulver geladen; ein Sandkorn soll
angeblich die Explosion herbeigeführt haben..
Türkei.
Koiistantinopel, 15. Oct. Die britische
Regierung ist fest entschlossen, die von
Großbritannien, Frankreich und Rußland
vorgeschlagenen armenischen Reformen zur
McàtsKiM'5 Achter.
11) Roman von B. Riedel-Ahrens.
Tante Jutta war gerade beschäftigt, den
Tauben und Hühnern von Haraldsholm
das Nachmittagsfutter aus der groben blauen
Schürze zu streuen, als der Ravensburger
Wagen vor den: Hanse hielt; noch ehe sie
mit ihrer behäbigen Gestalt die Pforte er
reichen konnte, war schon der Diener vom
Bock gesprungen und öffnete den Schlag.
In Pelz gehüllt, stieg die Baronin gewandt
heraus, sogleich den Btuff an die Lippen
bringend, weil die scharfe Luft ihr Schmer
zen in der Brust verursachte.
„Herr Pastor und das junge Fräulein
zu Hause?" fragte sie verbindlichst, und als
Tante Jutta, erfreut über den vornehmen
Besuch, ehrfurchtsvoll bejahte: „Äch, das ist
ja reizend! Habe mich ordentlich nach der
jungen Dame gesehnt — ein allerliebstes
Mädchen."
Nicolaus Erichsen, der an der letzten
Durchsicht seines neuen Werkes „Christen
thum und Buddhismus" gearbeitet hatte,
erhob sich bei ^em Eintritt der fremden
Dame kerzengerade und mit jener Gehalten-
heit, die Würde und Unnahbarkeit zugleich
andenieie; aber Julie v. Ravens, dem
Weltkind — das jeder Situation gewachsen
— imponierte der alte Geistliche äußerst
wenig.
„Guten Tag, Herr Pastors Verzeihung,
daß ich so ohne weiteres in ihr Heiligthum
dringe, aber es war nicht länger auszu
halten, ich mußte hinaus, mich an dem
Anblick lieber Bekannter zu erquicken! Ihre
Fräulein Tochter hat vielleicht schon von
mir gesprochen? Baronin von Ravens —
aber wo ist denn unser junges Fräulein?
Ich bin nämlich gekommen, sie Ihnen auf
ein paar Stündchen zu entführen — hoffent
lich .. . ."
„Bitte, setzen Sie sich, Frau Baronin v.
Ravens," unterbrach sie Nicolaus Erich
sen mit derselben gemessenen Würde, indem
zugleich ein Flammenblick aus seine» stahl
scharfen Augen die bewegliche Frau traf;
„ich fürchte, meine Tochter Rahel wird
nicht in der Lage sein, Ihrem Wunsch ent
sprechen zu können."
Julie, welche vor diesem hoheitsvollen
Antlitz ihre dreiste Zuversicht doch etwas
zusammenschrumpfen fühlte, stand eben im
Begriff, zu antworten, als Tante Jutta,
welche gegangen war, die Mädchen von
dem Besuch zu benachrichtigen, in Beglei
tung derselben hereinkam. Leonore trat
zuerst in das vom Nachmittagssoimenlicht
erhellte Zimmer. Als Julie diese blendende
Erscheinung mit dem angeborenen Anstande
sah, wich sic erstaunt einen Schritt zurück,
der Anblick kam zu unerwartet, und eine
bittere Empfindung, halb Neid, halb un
bestimmtes Bewußtsein, daß es hier mit
ihrem ganzen künstlichen Aufwand, die vor
nehme Dame zu spielen, nichts als ein
kläglicher Behelf sei, schlich sich in ihr Herz.
„Meine Tochter Leonore — Frau Ba
ronin v. Ravens," — stellte Pastor Erich
sen die Damen förmlich vor; „Rahel hatte
ia den Vorzug, Sw schon neulich bei Ge
legenheit des Wagennnfalls zu begrüßen."
Tante Jutta, die anspruchslose Seele,
wurde natürlich dabei vergessen, aber sie
bemerkte das kaum.
„Ganz recht, Herr Pastor, wir sind be
reits sehr gut miteinander bekannt, nicht
ivahr, liebes Fräulein?" bemerkte Julie, die
sich in dieser steifen Gesellschaft an Rahel
halten zu müssen glaubte. „Also das ist Ihre
Schwester Leonore — reizend! Nun, was
sagen die jungen Damen zu meinem Vor
schlage? Ich bin nämlich da, Siezn bitten,
mir doch heute Abend die Zeit ein bischen
vertreiben zu helfen, ich sterbe nämlich vor
Langeweile, wenn man sich meiner nicht ein
wenig erbarmt!"
Es folgte eine beredte Pause; die Augen
der Mädchen ruhten voll Spannung auf den
Zügen des Vaters, die jedoch nichts Tröst
liches verkündeten.
„Wenn Sie der Zerstreuung bedürfen,
Frau Baronin, so ist Ihr Besuch uns zu
jeder Zeit willkommen, obgleich unser be
scheidenes Haus der verwöhnten Weltdame
nur wenig zu bieten haben wird," bemerkte
er in eisigem Tone. „Meine Töchter aber
sino an solche Besuche bei den entfernt
wohnenden Familien der Umgebung nicht
gewöhnt und werden es vorziehen, zu Hause
zu bleiben."
Rahel zitterte; sie sah sich plötzlich . in
einen Konflikt mit der zärtlichen Liebe für
den Vater versetzt, doch fand sie schließlich,
daß die Schwester mehr verlieren, als er
gewinnen »vürde, und beschloß, fest zu ihr
zu halten.
Und dann geschah das Unerhörte, noch
nie Dagewesene.
Leonores Herz klopfte zum Zerspringen.
Aber das Bewußtsein, daß von dieser wichtigen
Minute jedenfalls die Entscheidung über ihre
ganze Zukunft abhing, verlieh ihr die Kraft,
sich zum ersten Mal mit lächelndem Munde
offen gegen den Willen des Vaters aufzulehnen.
„Du hast recht, lieber Vater," begann
sie, und,ihre Stimme bebte, „wir sind nicht
an Besuche in unserer Nachbarschaft gewöhnt,
doch was mich betrifft, so habe ich den
Mangel oft recht schmerzlich empfunden, und
ich werde deshalb mit Freuden bereit sein,
die gütige Einladung der Frau Baronin an
zunehmen."
„Ja, Vater, setzte Rahel mit Todesver
achtung ein, „Leonore bedarf wirklich einer
kleinen Zerstreuung, und cs würde so un
dankbar von ihr sein, die Gelegenheit, welche
Frau Baronin liebensivürdig bietet, nicht
anzunehmen."
„Soo — Leonore bedarf der Zerstreuung,
davon wußte ich allerdings nichts," erwiderte
Nicolaus Erichsen scharf. „Es scheint ja,
als wolle jene Modekrankheit — die soge
nannte Nervosität — ihren Einzug auch in
unsere bis dahin verschonte Gegend halten!
Ich würde aber doch vermeiden, Leonore,
das fragwürdige Heilmittel gesellschaftlicher
Zerstreuung gegen Dein Leiden in Anspruch
zu nehmen."
Leonore wußte, daß der Vater in Gegen-
wart der Baronin seine väterliche Gewalt
nicht auf eine solche Spitze treiben würde,
ihr den Besuch geradewegs zu verbieten; er
war stets bemüht gewesen, seine Kinder wohl
mit energischer Strenge, doch auch mit Liebe
zu lenken und jenen Gehorsam einzuflößen,
der Hochachtung und kindliche Zärtlichkeit zu
gleich erweckt. Leonore mar jetzt alt genug,
ans eigenen Füßen zu stehen — wurde ihm
also der Gehorsam gewissermaßen gekündigt,
so gestand er sich das Vergebliche de«
Unternehmens, ihn gewaltsam zu erzwingen,
ein. Er konnte nur noch über die Abge
fallene trauern und Versuche unternehmen,
sie auf die rechte Bahn zurückzuführen. —
Nach diesem Rückzug hatten die vier
Frauen dem einen Manne gegenüber leichtes
Spiel; Rahel, froh über Leonores Sieg,
bestand fest darauf, dableiben zu wollen, sie
empfand deutlich, wie schmerzlich der Vater
berührt »vorden war; sie wollte den Abend
über mit ihm lesen und lernen, sich ihm,
wie sie es so oft und gern that, ganz
widmen, um ihn leichter über den verhängniß-
vollen Schritt der Schwester hinwegzubringen.
Als Leonore nach ihrem Zimmer ging, die
nothwendigen kleinen Vorbereitungen zu
treffen, folgte ihr Rahel, um ihr zu helfen;
hier angelangt, schloß sie die Jüngere in die
Arme und küßte sie stürmisch.
„Ich darf hinaus, endlich ist der große
Augenblick gekommen! Mir ist's, Rahel, als
hätte man die Fesseln an den Schwingen
meiner Seele zerschnitten und ich dürste nun
hinausfliegen, weit über das Meer durch die
rosigen Wolken in ein neues, wundervolles
Land! Nur daß Du zurückstehen mußt, trübt
mir die Freude."
„Laß nur, Leonore, es ist zehnmal besser
so; Du giebst recht Acht auf Alles und er
zählst es mir dann morgen."
Nun wurden die Kommodenschnbladen ge
öffnet, alle Kasten auf ihren Inhalt unter
sucht, um Leonore würdig für das wichtige
Ereigniß zu schmücken; da erwiesen sich dann
freilich ihre Habseligkeiten als recht unzu
reichend, und so kamen die Schwestern
schließlich überein, daß sie zu dem eng an
schließenden dunkelrothen Tuchkleid nur die
kleine Diamantbroche tragen sollte, die Rahel
gehörte und als ein Andenken an die Mutter
werth gehalten wurde.
(Fortsetzung folgt.)
MM
- ' - - mmm * 1:
, - ' . . > - > - - ,
WM
■■ (■■■■■' '
Jl'Şmķ:
MS
NM
;vf
.. A W I- . :
. • - i . ■ ' ; V.. - -. M." •• . .
; . -
m.
;• ’ • , . ■ ■ , - • - .
. , * • • ' v:.. ■' \ "
\ ? , , r . , . ’ ‘
M,