Full text: Newspaper volume (1895, Bd. 2)

Erscheint tägtich. -Z- 
Aendsburger 
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88ster Jahrgang. 
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325« Abonnenten. 
Wo. 239. 
Sonnabend, den 12. Hctober 
1895. 
Morşirn-Depeşchen. 
Berlin, 12- Oct. Die „Berl. Börsenztg." 
schreibt: „Es bestätigt sich, daß der 
Kaiser einen Bericht über den Stöcker- 
Skandal eingefordert hat. Die Stimmung 
des Monarchen ist in Betreff der Ange 
legenheit eine wenig erfreuliche und dürfte 
der Ausgang ein dem friedliebenden Theil 
der Bevölkerung eher als den Anhängern 
des Hospredigers a. D. sympathischer fein. 
Die Mittheilung kommt von so vorzüglicher 
Seite, daß wir ihr Aufnahme nicht ver 
sagen können." 
Berlin, 12. Oct. Laut „Rcichsanz.' 
beliefen sich die Einnahmen an Kanalab- 
gaben und Schleppgebühren im Kaiser 
Wilhelm-Kanal im ersten Vierteljahr nach 
der. Eröffnung zusammen auf 233645 Mk. 
Hiervon entfallen aus den Juli 63 181 Mk., 
den August 82 282 und dem September 
88182 Mark. 
Berlin. 12. Oct. Die „Post" schreibt: 
Ob die Regierung sich entschließen wird, 
schärfere Maßregeln gegen die Sozial 
demokratie zu ergreifen, dürste einerseits 
davon abhängen, ob die schärfere Hand 
habung der bestehenden Gesetze durch die 
Verwaltungsbehörde den erwarteten Erfolg 
haben, andererseits aber auch davon, wie 
sich die Verhältnisse innerhalb der Sozial 
demokratie selbst gestalten, ob die Sozial- 
demokraten die Worte des Kaisers be 
herzigen, sich einer provokatorisch-agita 
torischen Thätigkeit enthalten und das Ge 
fühl für ihre nationalen Pflichten wieder 
finden werden oder nicht. Es dürfte sich 
auch empfehlen, daß für die nächste Zeit 
in den Kreisen, die der Sozialdemokratie 
feindlich gegenüberstehen, nicht allzu leb 
haft aus gesetzgeberische Schritte der Re 
gierung gedrängt wird, unter der selbst- 
verständlichen Voraussetzung, daß jede 
Ausschreitung der Sozialdemokratie nach 
wie vor festgenagelt Iverden muß. 
Berlin, 12. Oct. Wegen Beschimpfung 
der protestantischen Kirche, begangen durch 
einen Artikel in der „Katholischen Volks 
zertung", wurde Redacteur Ritter zu einer 
Woche Gefängniß verurtheilt. 
Berlin, 12. Olt. Die Berliner Anar 
chisten werden sich in einer aus Sonntag 
Vormittag einberufenen öffentlichen Volks 
Versammlung mit dem in Breslau tagenden 
Parteitag beschäftigen. Das Referat wird 
der aus der Schweiz nach Berlin über 
gesiedelte Anarchist Gustav Landauer halten 
Rathenow, 11. Oct. In der vergangenen 
Nacht ist die umfangreiche Grüneberg. 
che Dampsschneidemühle mit allen 
Gebäuden und dem Holzlager niederge 
brannt. Der Schaden wird aus 70 000 
Mark geschätzt. 
Schwetzingen, 12. Oct. Die den Ge 
brüdern Fischer von hier gehörige Metall- 
waarensabrik in Grünbach bei Geislingen 
brannte gestern Abend bis aus den Grund 
nieder. Die Entstehungsursache ist noch 
nicht aufgeklärt. 
Mühlhausen, Elsaß, 12. Oct. Infolge 
der Ermordung des Fabrikanten Henry 
Schwartz durch den arbeitslosen Spinner 
Andreas Meyer herrscht hier große Auf 
regung. Polizeirath Zahn aus Straßburg 
ist hier eingetroffen und hat die Unter 
suchung eingeleitet. Ob Meyer allein den 
Mord verübt oder etwa Mitschuldige an 
der Hand gehabt hat, soll noch ermittelt 
^Breslau, 12. Oct. Sozialdemokratischer 
Parteitag. Aus der Tagesordnung der 
gestrigen Nachmittagssitzung stand zunächst: 
Die Maifeier 1896. Der Referent Abg. 
Bebel führte aus, daß die Maifeier sich 
mehr und mehr eingeführt habe. Für einen 
allgemeinen Feiertag sei aber der Zeitpunkt 
noch nicht gekommen und könne diese Frage 
erst dann erledigt werden, wenn die Ar 
beiter in der Lage wären, den Arbeit 
gebern die Bedingungen vorzuschreiben. 
Daraus wurde die von Bebel vorge 
schlagene Reselution angenommen, in der 
die deutsche Sozialdemokratie erklärt, daß 
sie den 1. Mai als Weltfest der Arbeit 
feiert. Sodann referirte Bebel über den 
internationalen Arbeiter- und Gewerk 
schaftskongreß im Jahre 1896 und bean 
tragte eine Resolution, die auf die Be 
deutung dieses Kongresses hinweist und zur 
Beschickung derselben auffordert. Die Reso 
lution wurde einstimmig angenommen. 
Breslau, 12. Oct. Sozialdemokratischer 
Parteitag. In der heutigen Bormittags 
sitzung vertheidigt zunächst Dr. Quarck- 
Franksurt a. M. nochmals den Agrarent- 
wurs, welcher die Schlußfolgerung der 
sozialpolitischen Forderungen des Partei 
programms sei. Redner wandte sich in 
sehr scharfer Weise gegen Kautzky und 
Schippel, denen er vorwarf, sich aus 
nationalliberale Argumente gestützt zu haben 
Es würde in Konsequenz der Anschauungen 
Schippel's und Kautzky's den Landtags 
vertretern nichts weiter übrig bleibe, als 
ihre Mandate niederzulegen. Singer, 
welcher die Ansichten der Opposition theile, 
müßte aus der Stadtverordneten-Vcrsamm- 
lung herausgehen. Es wäre inkonsequent, 
wenn in den Städten gelten sollte, was 
ür das Land verworfen wird. Daraus 
olgten persönliche Bemerkungen von Kautzky, 
Dr. Aron und der Genossin Zetkin. 
Breslau, 12. Oct. Der sozialdemo 
kratische Parteitag beschloß, dem An 
trage Kautsky entsprechend, den von der 
Agrarkommission vorgelegten Entwurf des 
Agrarprogramms zu verwerfen, 
nahm dagegen folgenden Antrag der Agrar- 
Kommission an: 
„Der sozialdemokratische Parteitag erkennt an, 
daß die Landwirthschaft eigenthümliche, von der 
Industrie abweichende Gesetze hat, welche zu 
studiren und zu beachten sind, wenn die Sozial 
demokratie auf dem flachen Lande eine gedeih 
liche Wirksamkeit entfalten soll. Der Parteitag 
beauftragt daher den Parteivorstand, derselbe 
möge unter Berücksichtigung der von der Kom 
mission gegebenen Anregungen eine Anzahl ge 
eigneter Personen mit der Aufgabe betrauen, das 
über die Agrarverhältnisse vorhandene Material 
einem gründlichen Studium zu unterziehen und 
die Ergebnisse desselben in einer Reihe von Ab 
handlungen als „Sammlung agrarpolitischer 
Schriften der sozialdemokratischen Partei Deutsch 
lands" zu veröffentlichen Der Parteivorstand 
wird ermächtigt, die nöthigen Geldaufwendungen 
zu machen, um den mit den erwähnten Arbeiten 
betrauten Personen die Durchführung ihrer 
Arbeiten zu ermöglichen." 
Darauf wurden alle anderen die Agrar 
fragen betreffenden Anträge abgelehnt. — 
Der Vorsitzende, Abg. Singer, theilte bei 
Eröffnung der Sitzung mit: Es sei ihm 
ein Brief von den „vereinigten Anti- 
Anarchisten Leipzigs" zugegangen, in dem 
diese schreiben: „Wenn Ihr ver . . . 
Sozialdemokraten mit Euren Rohheiten 
nicht aufhören werdet, dann werdet Ihr 
noch das deutsche Vaterland ruiniren." 
(Heiterkeit.) 
Breslau, 11. Oct. Wie verlautet, ist 
der socialdemokratische Reichstagsabgeordnete 
Liebknecht unter der Anschuldigung der 
Majestütsbeleidigung, begangen in 
der Sonntag-Abend gehaltenen Eröffnungs 
rede, zu Sonnabend-Vormittag vor den 
Untersuchungsrichter des hiesig en Land 
gerichts geladen worden. 
Belgrad, 11. Oct. In Prokuglje ist 
die asiatische Blatternseuche ausgebrochen; 
sie ist aus Altserbien von dort jüngst ein- 
getroffenen asiatischen Truppen eingeschleppt 
lvorden. Die Seuche fordert viele Opfer. 
Sofia, 11. Oct. In den Dardanellen 
stehen nach hierher gelangten Meldungen 
17 englische Kriegsschiffe bereit, um gegen 
Konstantinopel vorrücken zu können. In 
der Nähe des Bosporus hat auch die 
russische Flotte sich aufgestellt. 
London, 12. Oct. Aus Berlin wird 
dem „Standard"^gemeldet, daß der deutsche 
Militärattachee in Brüssel, Graf Alvens- 
leben in Berlin eingetroffen sei. Diese 
Reise wird von den hiesigen Blättern mit 
der Stokes-Affäre in Verbindung gebracht, 
während die Brüsseler Blätter glauben, 
daß sie mit der neulichen Anwesenheit 
Königs Leopold in Paris zusammenhänge. 
Paris, 12. Oct. Die Verwalter der 
Glasfabriken von Carmaux haben sich 
nach Rive de Giers begeben, um Ersatz- 
arbeiter anzuwerben. Eine genügend große 
Anzahl wurde engagirt, um einen neuen 
Hochofen anblasen zu können. 
Paris, 12. Oct. Gestern Nachmittag 
waren Bauarbeiter in der Rue de Berry 
bei einem Neubau beschäftigt, als plötzlich 
das Gerüst zusammenbrach. Vier Arbeiter 
wurden getödtet, zwei verletzt. 
Brüssel, 11. Oct. Zur Zeit werden in 
der Herstaler nationalen Waffenfabrik 
Mausergewehre nach dem System 93 für 
die brasilianische Regierung hergestellt. 
Durch diese Bestellung wurde bereits ein 
Prozeß mit dem Berliner Fabrikhause 
Ludwig Löwe & Co. veranlaßt, und da Kapitän 
Marger das Eigenthumsrecht an mehreren 
Gewehrtheilen für sich beansprucht, welche 
Mauser ihm unrechtmäßiger Weise nach 
geahmt haben soll, so steht von Neuem 
dieserhalb ein Prozeß bevor. 
Havana, 12. Oct. Die Aufständischen 
schleuderten eine Dynamitbombe in einen 
Eisenbahnzug. Ein Reisender wurde ge 
tödtet und sechs andere verwundet 
Newhork, 12. Oct. Die Hauptstadt von 
Nieder-Calisornien, La Paz, ist durch einen 
Orkan vollständig zerstört worden. 
ŞHnêlcurô. 
Außereuropäische Gebiete. 
Ein Frl. Dr. Walker hat zum Zweck 
der Errichtung einer rein weiblichen Ko 
lonie eine Besitzung von 54 Hektar bei 
Owego im Staate Newyork erworben. 
Es wird jeder Kolonistin eine bequeme 
Wohnung zur Verfügung gestellt. Frl. 
Walker und zwei zu wählende Damen 
werden die Aufsicht und die Leitung führen 
Die Damen über 15 und unter 35 Jahren, 
welche die Mitgliedschaft erwerben wollen, 
müssen sich für die Dauer ihres Aufent 
halts zur Ehelosigkeit verpflichten>Hochverraths involvirt. 
auch können sie nur unter der Bedingung 
angenommen werden, daß sie dem Flirt 
mit dem männlichen Geschlecht, auch außer 
halb der Kolonie, und jeglichem sonstigen 
Tand entsagen. Damit das Leben nicht 
zu langweilig werde, soll es ^durch poli 
tische, literarische und soziale Studien er 
heitert werden, daneben werden allerhand 
männliche Sportübungen getrieben. Der 
verfolgte Hauptzweck ist die Heranbildung 
von würdigen Vertreterinnen der „moder 
nen Frau." 
China. Ein dem Blatte Missions 
catholiques aus Hank au zugegangenes 
ausführliches Schreiben meldet, die Christen 
verfolgungen hätten sich auf die neuen 
Provinzen Chinas ausgedehnt; die Missions 
gebäude in Nantschang seien zerstört, die 
Christen theils ermordet, theils ver 
wundet wurden. 
Die Times melden aus Shanghai: In 
allen Provinzen Jnnerchinas werden auf's 
Neue Schmähschriften gegen die Fremden 
verbreitet. 
Nach Berichten aus Samoa fanden 
mehrere große Zusammenkünfte der Ein 
geborenen statt, bei denen viel über Feind 
seligkeiten geredet wurde, ohne daß es zu 
Ruhestörungen kam. — Eine Anzahl be 
waffneter Eingeborener vertrieb einen 
deutschen Ansiedler von einer ihm durch 
den höchsten Gerichtshof zugesprochenen 
Insel. Ein deutsches Kriegsschiff wurde 
entsandt, um die Uebelthäter zu bestrafen. 
Oesterreich-Ungar«. 
Aus Prag, meldet der „L.-A.": Heute 
früh erfolgte die Hinrichtung des 
anarchistischen Bergarbeiters Anton Hoff 
man», der im Monat Juli den Berg 
werksinspector in Prilsam erschoß, weil 
er ihn wegen Ausbleibens von der Arbeit 
am 1. Mai einen Lohnabzug gemacht 
hatte. 
Prag, 11. Oct. Die Hinrichtung 
des Bergarbeiters Hoffmann hat heute 
früh 7 Uhr auf dem Hofe des Strafge 
richtsgebäudes stattgefunden. Der Delin 
quent, welcher bis zum Tode jeden geist 
lichen Bei st and zurückgewiesen hat, 
war sehr gefaßt. In der Nacht, die er 
schlaflos verbrachte, rauchte er 50 Ciga 
retten. Am Morgen wusch er sich, weil 
er, wie er sagte,-schmutzig nicht 
vor Gott hintreten könne. Be 
vor er an den Galgen emporgezogen 
wurde, rief er zweimal einen nicht wieder- 
zJlgebenden Satz, der das Verbrechen des 
Nach der Hin- 
McoàsKiĢm's Achter. 
8) Roman von B. Riedel-Ahrens. 
„Fräulein Rahel, begann sie, bitter schluch- 
zend, wobei die Thränen reichlich zwischen 
den unsauberen Fingerchen hervorströmtcn, 
„meine Mutter is krank, bitte, bitte, Sie 
sollten mal snell hmkommen, meine liebe 
Mutter will Sie was sagen." 
„Ich gehe sofort mit Dir Anke. Kinder 
Ihr könnt heute nach Hause gehen, wir 
hole» die ausgefallene Stunde am Mittwoch 
nach. Komm, Anke, laß mich erst mal Dein 
Gesicht abwischen, Du siehst ja schrecklich 
aus, Du armes Kind. , 
Dann schritt Rahel. die wppàde Kleu,. 
an der Hand, dem Ende des e f «, 
wo in einer der letzten, armseligen Hut m 
die Witwe des Schäfers Martens j ’ 
das ganze Innere bestand nur auö 
einzigen niedrigen Raum, in dessen lmwr 
Ecke eine Nachbarin beschäftigt war, dar 
erloschene Herdfeuer wieder anzufachen; auf 
einem elenden Lager, nur mit Lumpen zugedeckt 
lag eine abgezehrte, todtblaffe Frau die sich 
beim Eintritt des jungen Mädchens mühsam 
auflichtete. Sie da sind, Fräulein 
„Gott sei Dank, dap ' hat mich 
Ern äffen - mem t°s H°r^ ^ J 
gepackt — seit gestern , - . • 
fühl ich, geht's rasch zn End^ 
aud, nickst schwer, zu gehen 
war doch nichts anderes ' . • 
Jammer von Anfang an — wenn 
Anke nicht da wäre, mein Alles, wem emzlges 
Kind! 's läßt mir keine Ruh ~ 
nicht sterben vor dem Gedanken, ösl P ! 
ausgcbotcn wird vorn Gcmeinderath und i 
lieblose Hände fällt, die mein Kind aus 
nutzen und hungern lassen — man kennt 
das ja. Da wollt ich Sie nun bitten, 
Fräulein Rahel, sind Sie so gut und sorgen 
snr das Kind. Anke hat Sie so lieb, 's 'ne 
iroße Bitte, aber wenn es einen Gott giebt 
und cs giebt gewiß einen — so wird 
er vergelten, was Sie einer unglücklichen, 
sterbenden Mutter gethan habem" 
Tief erschüttert setzte Rahel sich auf den 
Rand des Bettes nieder, und es_ war, als 
ob di Gegmwart des Mädchens àn schon be- 
imr „„« be. ,»-» SW», «>-»«»? *’ 
G-daà wsch Ş'gcn, wie sw zu handeln 
hatte. 
Aufmerksamkeit zu erregen suchte. Die alte 
zierliche Dame, welche die Verehrung ihres 
Sohnes für Leonore kannte, nickte und winkte 
Rahel, näher zu treten, diese aber dankte 
lächelnd und schüttelte bezeichnend mit dem 
Kopfe; sic hatte einen anderen Entschluß ge 
faßt und wollte noch auf dem weiterhin 
gelegenen Friedhof das Grab der geliebten 
Mutter besuchen. 
Doch so leicht ließ sich die redselige Frau 
Berg die günstige Gelegenheit zu stnem 
Schwätzchen nicht vergehen. Kanu. hinter 
dem Fenster verschwunden, erschien sie auch 
b-retts rm Rahmen der grünen Hausthür- 
peinlich sauber, eme weiße Krausenhaube ans 
dem silbernen Scheitel, die bewegliche Gestalt 
-n einen braunen Ueberrock gehüllt w s 
frfnrmrîp ? şiuî' dem die 
v«ue. 
..»Seien Sie beruhigt, Frau Martens; ja, 
'ch habe Anke lieb und gebe Sfant ba*i-Bn.- 
şpņchen, fjst. six zu sorgen, >m Falle Ihnen 
"was geschehen sollte; mein Vater wird ganz 
damit einverstanden sein. Heute abend wird 
in ^ aller ^ Sachen bringen, moW» abn 
ün- " & !)c spreche ich wieder bei ohnen 
abftfUeJte 'îj eine Viertelstunde später ver- 
d r K-ķkm^ach aus den verklärten Bf 
Eindruck den ^"-gt »nt " 
antrat; so hatte sst ^ "ach ^"ral h 
die Hauptstraße des D - ern,ten 
gelegt und ziemlich den cv- 68 wieder Zuruck- 
Ausgang erreicht, als bei Ķwche 11111 
geschmückten Fenstern b e s f Cl ^ en blmnen- 
hauscs Frau Berg, die Æ nbKcf > en W arrs 
d>en, der vor drei des jungen 
Pastor Erichsens gewor^" Amtsnach- 
ei1 war, ihre 
îttîKKz'î 
«».-»-„-«"llch s- -, 
Aber das ist gar nicht hübsch von C 
D°ch was ich sagen wollte^ Sie k—n 
doch alle am nächsten Sonntag ich wlls 
nur verrathen, Waldemar — &L m!,.? S 
ist heute über Land zu einer Taufe —"qm 
seinen Geburtstag, da wollten J,;,. u - 
bische» feiern. Zhr Herr Lr 
w - »«fe r,„3 
ja„i nicbcygcfdjlagen - (tdļ f ° 
— na, Sie wissen ja alles" -1_ 
mit vielsagendem Augenblinzeln liin-n 
nicht zu viel zu verrathen. 1 ' mn 
Sic hatten unterdessen die behaglich warme 
mit hübschen Nußbaummöbeln vollqepfrovfte 
Stube betreten, wo cs stark »ach blühende, 
HiliotroP und gutem Kaffee roch? denn Frau 
Berg war im ganzen Dorf erstens wegen 
ihrer herrkchm Blumenzucht berühmt, und 
zweitens besaß sie das Geheimniß einer ganz 
vorzüglich schmeckenden Tasse Kaffee — Er 
rungenschaften, welche der alten Dame ein 
gewisses Selbstbewußtsein gaben. 
Rahel wußte allerdings um Frau Bergs 
innigsten Wunsch, Leonore, der ihr einziger, 
abgöttisch geliebter Sohn seit lange heimlich 
zugethan war, als Schwiegertochter zu be 
grüßen — aber sie kannte auch der Schwester 
Gleichgiltigkeit ihm gegenüber und deshalb 
brachte die dringliche Einladung sie in leichte 
Verlegenheit. 
„Sie sind so liebenswürdig, Frau Berg, 
wenn aber Vater nicht bestimmt zusagte, kann 
ich wirklich nichts entscheiden; er wird schon 
Nachricht senden." 
„Bitte, sorgen Sie für eine günstige, 
Rahclchcn, Waldemar würde zu glücklich 
sein, zu glückliä). Was, Sic wollen schon 
wieder gehen — nicht erst ein Täßchcn Kaffee, 
er steht warm in der Röhre! Nein, durchaus 
nicht? Na, daun will ich auch nicht drängen, 
aber etwas müssen Sie doch mitnehmen 
für unsere liebe Leonore — eine ganz kleine 
Aufmerksamkeit von meinem Sohn." 
Frau Berg trippelte bei diesen Worten 
an das Fenster, hob einen prachtvoll blühen 
den Geranienbaum auf ihren Nähtisch, 
schnitt mehrere der üppig entfalteten dnnkcl- 
rothen Blumen ab und reichte sie strinm- 
phierend dem jungen Mädchen. 
„Aber Frau Berg — das ist doch schade .." 
„I Gott bewahre," behauptete die alte 
Dame befriedigt lächelnd, „Waldemar hat 
die Blumen gezogen und wenn ich ihm er 
zähle, daß unsere Leonore davon erhalten 
hat, wird er sich königlich freuen, jawohl! 
Warten Sie — da sind auch nockj ein Paar- 
für Sie selbst." 
Rahel verließ das Haus und ging dem 
Friedhof zu, der sich am Abhang des 
flachen Hügels vor der Kirche hinzog und 
noch eine kleine Strecke in die Haide hin 
ausragte; mit ihren schwarzen hölzernen 
Kreuzen, den aus thauendem Schnee hervor 
ragenden Gräbern und sturmgcpcitschtcn 
Bäumen und Gebüschen bot die Stätte des 
Todes an diesem düsteren Decembernach 
mittag einen überaus traurigen Anblick. 
An dem großen Stein, der die Familien 
gruft der Erichsen deckte und die irdische 
Hülle ihrer sanften, edlen Mutter barg, hielt 
Rahel inne, um sich kurze Zeit den Er 
innerungen zu überlassen; sie hatte cs des 
halb auch nicht bemerkt, daß von der Haide 
her ein Reiter kam und sich dem Dorfe 
näherte; jetzt bog er in die Straße ein, 
überblickte unwillkürlich den Friedhof — 
stutzte — und ließ die träumerischen blauen 
Augen nockj einmal forschend auf der schlan 
ken Mädchengestalt im dunkeln Regenmantel 
und runden schwarzen Sammethütchen ruhen. 
Dann stieg er kurz entschlossen vom Pferde, 
befestigte die Zügel an einem Pfahl des 
hölzernen Stakets und näherte sich Rahel. 
Er erschien ihr heute in dem kleidsamen 
grauen Jagdkostüm hübscher und jünger als 
gestern Abend, und deutlicher noch ruhte au 
seiner schlanken Erscheinung das anziehend 
Vornehme. Aber — sie glühte vor Eifer 
bei dem Gedanken und neben der Freude 
dcS Wiedersehens stieg etwas Feindseliges 
gegen ihn in ihrem Innern auf — er stand 
jedenfalls ini Begriff, auf die Jagd zu ge 
hen, ein Sport, den Pastor Erichsen glühend 
haßte, mit einem Hasse, den er insbesondere 
ailch Rahel einzuflößen gewußt hatte. 
(Fortsetzung folgt.)
	        
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