Inland.
— Wie die „Teutsche Sonntagspost"
meldet, ist auf dem von dem Kaiser-
Wilhelm an den Kaiser Niko
laus gesandten Bilde von einem Gegen
satz der Racen nicht die Rede. Der Ent
wurf, von der Hand des Kaisers, ver
körpert vielmehr in allegorischer Darstellung
der europäischen Mächte den Triumph
einträchtig verbundener Kraft und Cultur
über Umsturz und Barbarei, die jedoch
auf dem Bilde überhaupt nicht in persön
liche Erscheinung treten.
Berlin, 8. Oct. Zu den Gerüchten
über den Antritt des einjährigen Urlaubes
des Prinzen Heinrich schreibt man
der „Post": „In Marinekreisen über-
raschte es nicht im geringsten, als die
Kabinettsordre vom 15. v. Mts. bekannt
gegeben wurde, nach der dem Prinzen
unter Beförderung zum Contreadmiral ein
einjähriger Urlaub bewilligt wurde. Die
Hauptgründe dafür können als dreifache
bezeichnet werden: Erstens bedarf es
keiner Frage, daß es im persönlichen
Wunsch des Prinzen lag, einen längeren
Urlaub einmal anzutreten, hatte er doch
bei verschiedenen Gelegenheiten von größeren
zu unternehmenden Reisen im Binnenlande
der verschiedenen Länder gesprochen. Ferner
glaubt man, daß Prinz Heinrich auch im
kommenden Frühjahr eine größere Reise
durch die Schweiz und Italien zu unter
nehmen beabsicbtigt. Als zweiter Haupt
grund für den Urlaubsantritt muß der
angeführt werden, daß Prinz Heinrich in
den letzten Jahren ausnahmslos einen sehr
anstrengenden Dienst gethan hat. Als
dritter, daß zweifellos noch weitere Per
sonalveränderungen in den höchsten Com
mandostellen der Flotte hätten in diesem
Herbst eintreten müssen, nachdem Prinz
Heinrich zum Admiral befördert worden
war, wenn man hätte ihm sofort in seiner
neuen Charge einen Wirkungskreis als
Flaggoffizier übertragen wollen. Im
ganzen geht zum Ueberfluß noch aus den
Herbstcommandirungen der Marine und
aus der Neubesetzung der verschiedenen
Admiralstellen hervor, daß der Urlaub
des Prinzen bereits vor längerer Zeit ge-
plant war, denn es waren fast ausnahms-
los sämmtliche in Frage kommenden Dienst
functionen von jüngeren Admiralen längst
besetzt, ehe von einem Urlaub des Prinzen
Bestimmtes verlautete."
Berlin, 8. Oct. In der jüngsten Rum
mer der „Deutschen Evangelischen Kirchen-
ztg." kommt Stöcker auf die Stellung
des F ü r st e n Bismarck zu seinen
Bestrebungen zu sprechen. Das Verhältniß
bestehe darin, schreibt er, daß es eigentlich
kein Verhältniß zu einander wäre.
„Niemals habe ich mit dem Fürsten Bismarck
eine Besprechung geführt, nie einen Brief an
ihn geschrieben 'oder von ihm empfangen, nie
von einem seiner Beamten einen Auftrag erhal
ten. Während er mit dem ehemaligen Centrums
mitglied Cremer Fühlung suchte und erhielt,
während er Professor Dr. Adolf Wagner wenig
stens einmal empfing und das berühmt gewor
dene Wort vom „Patrimonium der Enterbten"
zu ihm sagte, hat er mir nie sein Ohr geschenkt.
Der Gedanke eines evangelischen Centrums, den
er mit der Thätigkeit 'evangelischer Geistlicher
verband, hat ihn wohl abgeschreckt, es einmal
mit der Hülfe zu versuchen, die unsere Kirche
ihm gewähren konnte."
— Zur Vorgeschichte des Krieges
von 1870 macht Professor Delbrück in
den „Preuß. Jahrb." aufmerksam auf die
neuesten Veröffentlichungen des"G ener al"
Lebrun in Paris. Schon in den 70er
Jahren hat Prinz Napoleon einmal ge
sagt,die entscheidende Urkundx über denKrieg
von 1870 besitze der General Lebrun; am
diese Veröffentlichung sollte man warten
Sie ist jetzt da. Es ist der Bericht
des Generals an den Kaiser über seine
Mission nach Wien im Juni 1870 und
die Verhandlungen, die er dort über den
Feldzugsplan für den gemeinsamen Krieg
geführt hat. General Lebrun war General
adjutant und besonderer Vertrauensmann
Napoleons, 1870 war er anfangs erster
Generalsiabsoffizier, nachher, bei Sedan
kommandirender General des 12. Armee
korps. Den Theil seiner Memoiren, de
diese späteren Ereignisse behandelt, hat
bereits früher veröffentlicht; den ersteren
weit wichtigeren, chat er aus Rücksicht au
den Erzherzog Albrecht zurückgestellt und
des Geschlechts der Ravensburger befunden
deren Urahn es aus den Trümmern einer
riesigen Burg erbaut haben sollte, von der
die Sage ging, daß einst dort der Sohn
eines mächtigen dänischen Königs gelebt
und gelitten, den der Vater wegen einer
heimlichen Liebe verbannt hatte.
Zwei Diener kamen herbeigeeilt, der Herr
schaft beinl Aussteigcn bchülflich zu sein, und
auf der Freitreppe wurden sie von der bejahn
ten Wirtschafterin, Frau Brenner, auf das
ehrerbietigste bewillkommt; Albrecht wechselte
ein paar freundliche Worte mit der Alten
während Julie, den Muff gegen ihren Mund
gepreßt, flüchtig und herablassend dankte und
so schnell wie möglich den Schutz des Hauses
zu erreichen suchte; in ihrer widerspruchsvollen
Sinnesart liebte sie eö, gelegentlich von der
Höhe der „Baronin" auf die Untergebenen
hinabzusehen, um zu anderen Zeiten sich Wieder
aus das weitgehendste mit ihnen einzulassen
(Fortsetzung folgt.)
erst jetzt nach dem Ableben des Erzherzogs
publizirt.
Erzherzog Albrecht führte den General,
obgleich dieser dazu nicht einmal einen
Auftrag hatte, am 14. Juni Abends auch
persönlich zum Kaiser Franz Josef. Ueber
diese Audienz schreibt Lebrun in seinem
dem Kaiser Napoleon erstatteten a m t-
i ch e n Bericht: Der Kaiser Franz
Josef brachte alsbald die Unterhaltung
auf *den Gegenstand der Mission des
General Lebrun an den Erzherzog. Der
Kaiser drückte sich wörtlich folgendermaßen
aus: „Der Erzherzog hat mich von den
Fragen unterrichtet, über die zwischen ihm
und Ihnen verhandelt worden sind. Ich
kann vom militärischen Standpunkt aus
nur die vorgeschlagenen Mittel zur Aus-
ührung des Planes, von dem er mir ge
Wochen hat, billigen. Aber ich muß
Ihnen sagen, daß ich vor Allem den
Frieden will; wenn ich Krieg führe, muß
ich dazu gezwungen sein. Ich glaube
hoffen zu dürfen, daß der Kaiser Napoleon
meiner persönlichen politischen Stellung
owohl im Innern als nach außen Rech
nung tragen wird. Wenn ich den Krieg
zur selben Zeit wie er erklärte, so wäre
es nicht zweifelhaft, daß Preußen die
neue deutsche Idee ausnutzend, zu seinen
Gunsten die deutschen Völkerschaften auf
reizen und zur Erhebung bringen
würde, nicht allein bei sich und in Süd
deutschland, sondern auch im österreichisch-
ungarischen Kaiserthum, was für meine
Regierung sehr bedenklich sein würde.
Aber wenn der Kaiser Napoleon, ge
zwungen den Krieg anzunehmen oder zu
erklären, mit seinen Armeen in Süddeutsch
land erschiene nicht als Feind, sondern
als Befreier, würde ich meinerseits ge
nöthigt sehen, zu erklären, daß ich gemein
'ame Sache mit ihm mache. In den
Augen meines Volkes könnte ich gar nicht
anders handeln, als meine Armeen mit
den französischen Armeen zu vereinigen
Dies bitte ich Sie, dem Kaiser Napoleon
zu sagen, ich hoffe, daß er meine innere
und äußere politische Lage ansehen wird
wie ich."
Prof. Delbrück meint, daß, wenn es
trotzdem hierauf nicht zu einem Bündniß
zwischen Oesterreich und Frankreich ge
kommen sei, dies darin seinen Grund £)abe ;
daß der Kaiser Napoleon sich frei
Hand habe behalten wollen, um
nach zwei Seiten zu operiren und
eventuell nach der ersten Schlacht sich mit
Preußen zu verständigen auf der Grund
lage der Eroberung Belgiens.
- Der allgemeine deutsche Hand
w erk erkund hat folgende Protesterklärung
wegen der Abhaltung der Handwerker
conferenz andasReichsamtdesJnnern
gerichtet:
„Auf Veranlassung des Centralausschusses ver
einigter Jnnungsverbünde Deutschlands zu Berlin
hat in den Tagen vom 29.—31. Juli dieses
Jahres zu Berlin eine Versammlung von Ver
tretern der zunr Centralausschutz gehörigen
Jnnungsverbünde norddeutscher Jnnungsausschüsse
vwie der drei hanseatischen Gewerbekammern statt
gefunden. In dieser Conferenz, zu welcher auf
besonderes Bitten des Centralausschusses des
hohen Reichsamt des Innern und des königlich
preußischen Ministeriums für Handel und Gewerbe
drei Regierungscommissäre abgeordnet hatte,
wurde dem Vernehmen nach über die im königlich
preutzischenHandels- und Geiverbeministerium aus-
gearbeiteren Grundsätze für eine Zwangsorgani
sation des Handwerks und eine Regelung des
Lehrlingswesens sowie über den Entwurf eines
Gesetzes betreffend die Errichtung von Handwerker
kammern berathen. Infolge der vom Central
ausschusse beliebten Zusammensetzung der Conferenz
waren in derselben durch Delegirte vertreten von
29 in Deutschland bestehenden Jnnungsverbänden
22, von ca. 26 existirenden norddeutschen Jnnungs-
ausschüssen 16, außerdem 8 Gewerbekammern und
die Malerinnung Berlin, während zu allgemeiner
Verwunderung dem allgemeinen deutschen, dem
ostdeutschen, dem bayrischen und dem badischen
Handwerkerbunde keinerlei Vertretung zugebilligt
war. Der hervorstehendste Zug der Zusammen
setzung der Conferenz war aber der, daß von
derselben durch den Centralausschutz eine jede
Vertretung des süddeutschen Handwerkerstandes
und zwar, wie wir anzunehmen leider nur zu
sehr berechtigt sind, mit Absicht ferngehalten
worden ist. Da die Berathungsgegenstände das
ganze deutsche Handwerk berühren und interessiren
— ist die Gewerbegesetzgebung doch Reichssache
— und Süddeutschland doch auch für den Ber
liner Centralausschutz als zum Reiche gehörig
gelten mutz, so erblicken wir in dieser tendenziösen
Zurücksetzung der Handwerkerbunde, ganz be
sonders aber des süddeutschen Handwerkerstandes
eine krasse Verletzung der Gleichberechtigung
Der allgemeine deutsche Handwerkerbund, die
Centrale der freien deutschen Handwerkerbewegung
protestirt daher ganz Entschieden dagegen,
vielleicht die Ergebnisse der Verhandlungen in
fraglicher Conferenz als der Ausdruck und die
Willensmeinung des gesammten deutschen Hand
werkerstandes zuständigerseits betrachtet würden.
Sollen die Wünsche der deutschen Handwerker
und ihre Anschauungen über die Organisations-
Pläne der Regierungen zu unverfälschter Kenntniß
gelangen, so erübrigt nichts anderes, als wie im
Jahre 1891; so auch jetzt wieder eine aus Hand
werksmeistern der einzelnen Bundesstaaten ge
bildete Conferenz zu berufen und ihr eine unbe
schränkte Aeußerung über die beabsichtigten gesetz
geberischen Maßnahmen einzuräumen.
Biehl. Nagler.
— Im Unterlauf der Oder fiel in
der Nacht zum Montag das Wasser
Plötzlich u m einen Fuß, sodaß
Kampfer und Kähne im Breslauer Hafen-
gebiet festsitzen. Als Grund wird ange
geben, das Wasser werde in den Haltungen
der oberen Oder zurückgehalten, um am
15. October den fertigkanalisirten Theil
dem Verkehr übergeben zu können.
— 1 4000 Brode in einer
Nacht gebacken. Die zu einer
zwanzigtügigen Uebung ausgezogenen
M i l i t ä r b ä ck e r entfalten eine ge
waltige Thätigkeit. An jedem Tage
chlagen sie an einem anderen Ort ihr
Lager auf. Jedesmal wird in unglaublich
kurzer Zeit eine förmliche Stadt von
Zelten, Wagen und Backöfen aufgebaut.
24 eisernen Backöfen wird die ganze
Nacht hindurch gebacken. Jeder Ofen ent
hält bei jedem Backgang 84 Commißbrode.
Im ganzen werden sechs Backgänge aus
geführt und während jeder Nacht etwa
14000 Brode fertiggestellt. Die Uebungs
tour erstreckt sich auf eine ganze Reihe
Ortschaften der Provinz Brandenburg.
Die fertigen Brode werden jedesmal den
nächstgelegenen Garnison - Orten über-
sandt. (L.-A.)
Herzog Ernst Günther von Schles
w i g < H o l st e i n, der Bruder der Kaiserin,
ließ einen bedeutenden Land komplex be
hufs umfangreicher Betriebserweiterung
eines bei Primkenau belegenen Hütten
werkes „Henriettenhütte" ankaufen. Projek
tirt sind Schmelzöfen, Gießereien und
Arbeiterwohnhäuser sowie eine elektrische
Centralanlage zur Beleuchtung des im
Bau begriffenen prächtigen herzoglichen
Residenzschlosses.
Das erste deutsche Lehrer-
e i m wird laut einem Beschluß der
Generalversammlung des über ganz
Deutschland verbreiteten Vereins „Deutsches
Lehrerheim" in Schreiberhau nach dem
Entwurf des Architekten Reich-Magdeburg
errichtet. Der Bau soll nächstes Jahr be
gonnen und 1896 vollendet werden. Die
Kosten sind ans 70000 Mk. bemessen.
Was alles dem Publikum als Rum
und Cognac verkauft wird, zeigt wieder
eine vor Kurzem in Friedenau durch den
Berliner Gerichtschemiker Dr. Bischofs vor
genommene amtliche Untersuchung, welche
zu diesem Zweck an von Destillateuren
entnommenen Cognac- und Rumproben
erfolgt ist. Bei nicht weniger als sechs
von diesen wurde festgestellt, daß sie nicht
eine Sput von wirklichem Rum oder
Cognac enthielten, sondern aus Wasser
und Sprit unter Beimischung von Essenzen
„fabricirt" waren. Diese Art von Ge
tränken dürfen nur mit der famosen Be
zeichnung „Verschnittrum" oder Cogna
verkauft werden, und da das in sammt
lichen sechs Fällen nicht geschehen ist, so
haben nun die betreffenden „Rum"- Ver
käufer ihrer Bestrafung wegen Nahrungs
Mittelfälschung zu gewärtigen.
Wiesbaden, 4. Oct. Die Stadtver
ordnetenversammlung ist in ihrer heutigen
Sitzung dem Beschlusse des Magistrats bei
getreten, den P r e i s d e s Gases für
Kraft-, Koch und Heizzwecke auf 12 Pfg
pro Kubikmeter, den Preis des zur Er
zeugung von elektrischem Licht verivendeten
Gases aber nur auf 13 Pfg. zu ermäßigen
Es war dabei die Erlvägung maßgebend
daß die Gasfabrik eine wichtige Einnahme
quelle bilde, deren Schmälerung im Inter
esse der städtischen Finanzen möglichst ver
mieden werden müsse.
Der in Münster erscheinende „West-
Merk." schreibt zu den Ruhestörungen
Dem Volksmunde gemäß kann sich hierorts
erst „münsterischer Bürger" nennen, wer
eine Nacht im „Höften" verbracht hat.
Diese „Ehre" ist jetzt einer ganzen Reihe
von hiesigen Einwohnern zu Theil ge
worden und wird ihnen der „Bürgerbrief"
in Gestalt eines Strafmandats demnächst
wohl überreicht werden. Ein unfreiwilliger
Theilnehmer der nächtlichen Haft schildert
uns die im Allgemeinen von der humoristischen
Seite aufgenommene Jnhaftirung. Er
wurde in ein dunkles Gelaß hineinge-
schoben und glaubte, sich allein darin lang
weilen zu müssen. Nachdem er sich, so
gut es eben ging, orientirt hatte, wollte
er sich auf einem Sitze niederlassen, als
plötzlich in dem Raume aus mehreren Kehlen
das Lied erscholl: „Freiheit, die ich meine,
die mein Herz erfüllt", da wurde er erst
gewahr, daß sich bereits 6 Verhaftete darin
befanden und seine Person die böse 7 ab
gab. Die Vollendung des Gesanges wurde
selbstverständlich nicht geduldet. Später
wurden noch drei Festgenommene in das
Gemach hineingeschoben, so daß ihrer zehn
gemeinschaftlich das Schicksal theilten. Als
Morgens der Tag graute, wünschte man
Kaffee, allein wegen der Ueberfüllung war
es dem Schließer nicht möglich, dem
Wunsche nachzukommen. Die spätere
Protokollirung nahm bis Mittag in An
spruch. Es cirkulirt das Gerücht, auch
ein Stadtverordneter sei von dem oben
geschilderten Schicksal betroffen worden.
Ob sich die Mittheilung bestätigt, konnten
wir nicht erfahren. — Inzwischen hat der
Oberbürgermeister wie auch die Bürger
schaft Münsters ein Gesuch an den Minister
des Innern gerichtet. Auch der Verein
der dortigen Gastwirthe hat wegen der
verkürzten Polizeistunde eine Eingabe an
den Minister gesandt. Angesichts dieser
allgemeinen Opposition hat die dortige
Polizeibehörde ihre strenge Verfügung schon
etwas gemildert und verschiedenen Gast
wirthen gestattet, ihre Schanklokale bis 12
resp. 1 Uhr offen zu haften.
Münster, 3. Oct. Ein Opfer seines
Leichtsinns wurde in Bösensell der Arbeiter
Bä um er aus Notiube. Er wollte, nach
dem ein Güterzug an ihm vorbeigcsaust
war, den Bahndamm überschreiten und
öffnete zu diesem Zwecke eigenmächtig die
Schranke. Als er sich gerade auf dem
Geleise befand, brauste von der anderen
Richtung her der Harmonikazug Köln-
Hamburg heran. Er erhielt von der
Maschine einen derartigen Stoß, daß er
ofort eine Leiche war.
Homburg, 7. Oct. Bei einer Kastanien-
-uche auf der Allee zum großen Tannen
walde geriethen hiesige S ch u l k n a b e n
mit Oberstätter Schul kn aben in Streit.
Ein Oberstätter zog einenR evolv er und
gab auf die Hamburger sechs Schüsse ab,
von denen einer dem zwölfjährigen Sohn
des hiesigen Dachdeckermeisters Weber durch
das Bein ging. Der Verwundete mußte
ins elterliche Haus transportirt werden.
Alzey, 7. Oct. Auf der Straße nach
Heimersheim warf kürzlich ein Junge nach
einem Wagenpferd. Dies scheute, der
Kutscher fiel vom Bock und brach das
Genick. Der Tod trat augenblicklich ein.
Brotterode, 7. Oct. Die Entschüdi
gungssuinme, welche die Hessische Landes
brandkasse in Kassel für die am 10. Juli
abgebrannten 400 Anwesen zu bezahlen
hat, beziffert sich auf 1,834,713,90 Mk.
Weinsberg, 8. Oct. Die Bohrungen
auf Salz bei dem Dorfe Erlenbach sind
erfolgreich gewesen, eine mächtige Salzschicht
ft erbohrt worden.
öln, 7. Octbr. In den letzten Tagen
sind außer den beiden zuerst wegen Lan
desverraths verhafteten Personen noch
zwei weitere Spione, sowie der
Buchhalter bei Gruson, Namens Apfel
baum, unter starker Bewachung nach Leip
zig übergeführt worden. Nachdem eine
längere Untersuchung durch den Kriegs
minister, sowie durch den Criminalcom
missar v. Tausch und den hiesigen Ober
staatsanwalt stattgefunden hat, ist die Vor
Untersuchung hier sowohl als in Magde
burg, Berlin und Hessen abgeschlossen
Die Angelegenheit soll bereits in den
nächsten Tagen vor dem Reichsgericht in
Leipzig zur Verhandlung kommen.
Einen Werthbrief von 52 000 Mk.
der an die badische Generalstaatskasse ge
richtet war, unterschlug in Heidelberg
der bei der badischen Domänenverwaltung
angestellte Schreiber Basko. Basko ist
flüchtig.
Crefcld, 4. Oct. Zu einem richtigen
Gefechte mit Zigeunern kam es
gestern Nachmittag in Uerdingen. Die
Polizei wollte eine Zigeunerbande, die dem
Pferdehandel oblag, vertreiben. Die
Zigeuner widersetzten sich, die Beamten
zogen blank, verletzten einen Häuptlings
und es entspann sich ein Streit, bei dem
die Polizei sich schließlich zurückziehen
mußte.
Aus Bayern, 2. Oct. Wegen des
socialdemokratischen Agrarpramm
e n t w u r s s sind die „Fränkische Tagespost
und der Berliner „Socialdemokrat" hinter
einander gerathen. Der Streit ist auf's
persönliche Gebiet übertragen worden,
und nunmehr veröffentlicht Grillenberger
in seinem Blatte eine Erklärung gegen
seinen Fraktionskollegen S ch ip p e l. Schippe!
habe in der Agrarfrage eine zweideutige
Haltung eingenommen, und es verdiene
sein Gebühren die entschiedenste Miß
billigung. Grillenberger wirft dann die
Frage auf, ob Schippet das Verständniß
für die Sache oder die Fähigkeit, auch nur
einige Wochen die gleiche Farbe zu be
kennen, mangle. Schippel möge sich gesagt
sein lassen, daß man in der Partei Zwei-
deutigkeiten, Federkunststücke und Hinterück-
sereien über eine Zeit lang erkenne und
ihnen dann ein Ziel zu setzen wisse.
Nürnberg, 7. Oct. Der Magistrat be
schloß aus Grund kommissioneller Be
rathung dem Antrage des Bolksvereins
auf Einführung der Lehrmittel-
f r e i h e i t an den Volksschulen nicht
stattzugeben. Furcht vor der nothwendigen
Mehrbelastung des städtischen Etais um
jährlich 105000 Mk., sowie prinzipielle
Erwägungen hinsichtlich der Konsequenzen
führten zu diesem Beschlusse.
Wörishofen, 6. Oct. Die „W. me ®-
Wochenschrift" schreibt: „Wie wir aus der
Morbiditätsstatistik der Infektionskrank
heiten in Bayern ersehen, ist im Pfarrer
Kneipp'schen Kinderasyl zu Wörishofen
neuerdings der Typhus ausgebrochen;
vom 11. bis 31. August sind 26 Er
krankungen vorgekommen."
In Weisenheiw herrscht wegen der plötz
lichen Flucht des Eiergroßhändlers Jakob
Baier großeAufreMNg.Nachdem seinAnwesen
gerichtlich geschlossen worden ist, stellten sich
nach genauer Untersuchung des Falles
Passiva im Betrage von über 80,000 Mk.
heraus. Mit mehreren Frankenthaler und
Mannheimer Händlern betrieb er den Ver
schleiß ausländischer Eier im größten Maß
stabe. Umfangreiche Spekulationen sollen
Schuld an seinem Ruine sein. Sehr viele
kleine, theils^ für ihn bürgende, theils ihm
kreditirende Leute verlieren größere Beträge,
denn die Aktiva des Durchbrenners sind
ganz gering.
In ^Dresden fand die Vermählung
einer Tochter Ebisons mit einem deutschen
Lieutenant, Namens Oeter, statt.
Coburg, 3. Oct. Es wird angenommen,
daß die in Neustadt stattgefundenen viel
fachen. Brände aus Brandstiftung be
Im
ruhen. Nachdem gestern eine Person ver
haftet worden war, wurde heute eine zweite
Person verhaftet, in deren brennendem
Hause man planmäßige Vorbereitungen
zur Brandstiftung vorgefunden hatte.
Brsdiņziclleà.
Sommer 1893 verschwand der
Kaufmann Rübsam in Bahrenfeld, nach-
dem er eine Geschäftsreise nach Berlin
gemacht hatte. Seine Leiche wurde erst
nach mehreren Wochen mit einer Schuß,
wunde im Kopfe in Berlin in einem
Kanal aufgefunden. Die Wittwe bean
spruchte von der Lebensversicherungs-
Gesellschaft Wilhelms die Versicherungs
summe, ca. 50000 Mk. Diese nahm aber
Selbstmord an, und lehnte die Zahlung
ab. Die Wittwe behauptete, daß ihr
Mann das Opfer eines Verbrechens ge
worden sein müßte. Das Landgericht in
Aliona wies die Klägerin ab, dagegen hat
das Oberlandesgericht in Kiel die Gesell-
chaft zur Zahlung verurtheilt. — Der-
elben steht allerdings noch die Berufung
an das Reichsgericht zu.
— Angeln, 5. Oft. Die Herbst-Ge
neral - Versammlung des Krieger-Vereins
mr Süderbrarup und Umgegend findet am
27. d. M- daselbst statt. Es werden zwei
Vorträge gehalten. Die Themen zu der-
ielben heißen: 1. Ein Ereigniß aus Ser
Geschichte des deutsch-französischen Krieges.
2. Die Jubiläumsfeier aus dem Schlacht
felde von Metz. Der Fonds zur An-
schaffung einer Fahne beträgt z. Z, 170
Mark. — Die Kriegervereine zu Grund-
hos, Sörup und Gelting wollen sich im
nächsten Jahre ebenfalls Fahnen anschaffen.
Der Wassermangel ist hiw recht groß.
Bäche und Tränkstellen sind fast ganz aus
getrocknet und in den Brunnen steht das
Wasser sehr tief. Wenn der Herbst nicht
reichlich Regen bringt, muß an vielen
Stellen das Wasser für den Vieh- und
Hausbedarf herbeigefahren werden. —
Die Wintersaat ist beendigt. Der Regen
der Wintersaat und der Arbeit des
Pflügens sehr gut zu statten gekommen. —
Herr Lehrer Nerung in Dollerup beab
sichtigt die Herausgabe einer „Beschreibung
über das Kirchspiel Grundhof." Als Bei
hülfe zu den Herstellungskosten hat die
Kirchspielskasse für jeden Druckbogen eine
Summe von 30 Mk. bewilligt.
7Á Bon der Eider, 4. Oct. Der Bovenauer
Markt war gestern vom Wetter so ziemlich
begünstigt und war stark besucht. Sonst
hat der Markt seit der Verlegung von
Mitte September auf Anfang October an
Frequenz abgenommen. — Die Obstaus
stellung der Gartenbauvereine Westensee
und Achterwehr in ersterem Orte fällt
diesen Herbst wegen Mangel an gutem
und reichlichem Obst aus. — In Felde
ist das Schulhaus renovirt und die zweite
Lehrerstelle mit dem Seminaristen Behrensen
besetzt. — Herr Bauinspector Schober,
sowie der Bureauschreiber Schneider aus
Neu-Königsförde sind nach Kiel überge-
siedelt.
i Von der Eider, 7. Oct. Dem heu
tigen Süderstapeler Vieh- und Pferde-
markte waren 1000 Pferde zugeführt,
meist Füllen, alte Pferde weniger.
Händler waren in großer Anzahl erschie-
neu, und verlief das Geschäft recht flott.
Es bedangen 2>/ftährige 500—800 Jt,
1 V-jährige 300—500 Jl, Füllen kosteten
200—270 Jl. Ein wesentlicher Ueber-
stand verblieb nicht. An Hornvieh betrug
die Zutrifft 800 Stück. Es waren darun
ter besonders Quien und Kalbkühe ver
treten, Ochsen weniger. Auch hier war
der Handel lebhaft, so daß nur ein gerin
ger Ueberstand verblieb. Die Preise waren
für Milchkühe 300—400 Jl, Stallochsen
260—330 Jl, Fehrkühe 180—240 Jl
Sehr begehrt waren trächtige Quien, auch
für Jungvieh wurden recht gute Preise
gezahlt, şşin ^ zahlreiches Publikum war
bei dem günstigen Wetter aus weiter Um
gegend herbeigeströmt, so daß auch die
Budenbesitzer und Wirthe gute Geschäfte
gemacht haben dürsten.
Auf dem Pferdemarkt in Lunde» wurde
ein äußerst frecher Diebstahl ausgeführt.
Ein ^ ausivürtiger Pferdehändler, welcher
in einem Gasthause eingekehrt war, hatte
seinen Ucberrock mit einer Brieftasche und
Papiergeld im Werthe von 2000 Mk.,
sowie anderen Werthpapieren in der Gast
stube aufgehängt und sich zu anderen
Gästen an den Tisch gesetzt. Bald darauf
wollte er fortgehen, doch war sein Ueber-
rock spurlos verschwunden. Von dem
Diebe ist bis jetzt noch keine Spur gesunden.
—n. Jcvenstedt, 9. Oct. Der Feuer-
lösch-.Inspektor Wer nich ans Kiel war
heute zur Besichtigung unserer freiwilligen
Feuerwehr hier anwesend. Sowohl die
Spritzenmannschaft als auch die Steiger-
Abtheilung hatte längere Zeit in Funktion
zu treten. Der Herr Inspektor hielt so-
dann an die Mannschaften eine Ansprache,
in welcher er seiner besonderen Zufrieden-
heit Ausdruck gab.
Ä Büdelsdorf, 9. Oct. Morgen, den
10. Oktober, feiern die Eheleute^ Hinr.
Knuth und Frau Hierselbst das ^est ^ rer
goldenen Hochzeit im Kreise der Familie.
Der Jubilar befindet stch lm 74 un b
jeine Gattin im 70. Lebensjahr. Beide
erfreuen sich einer noch großen Rüstigkeit
und Gesundheit.