Full text: Newspaper volume (1895, Bd. 2)

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88stee Jahrgang. 
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A-lS Beilagen 
werden dem Blatt „Der Landivirth" sowie das 
Blatt „Mode und Heim" gratis beigegeben. 
3000 Nbüllnenten. 
Mo. 235. 
Dienstag, öen 8. Hctober 
1895. 
■4 
Diejenigen geehrten 
Kost-Abounentet!, 
welche trotz geschehener Bestellung ^ 
bei der Post etwa nicht in den Besitz ß» 
des Wochenblattes gelangen, p\ 
wollen nicht bei uns, sondern bei g; 
der betr. Poftanftalt reclamiren 
und erst dann, wenn dies nichts ^ 
fruchtet, uns davon benachrichtigen, t 
An uns liegt die Schuld nicht, ^ 
da hier prompt nach Ausgabe der 
hiesigen Postanstalt cxpedirt wird. 
WM" Bestellungen auf das 
Wochenblatt nimmt noch jede 
Postanstalr und jeder Landbriefträger 
entgegen. 
Die Expedition. 
Berlin, 8. Oct. Der Criminalinspektor 
o. Meerscheidt > Hüllesen ist im amtlichen 
Aufträge nach Paris gereist, um sich mit 
einigen Einrichtungen der dortigen Polizei 
behörde, insbesondere mit dem Bertillon- 
schen System der Feststellung von Ver 
brechern durch Gliedmessungen bekannt zu 
machen. 
Münster, 8. Oct. Auch in der ver 
gangenen Nacht kam es zu groben Aus 
schreitungen. Sogar Polizisten wurden 
mißhandelt, was zur Folge hatte, daß 
diese mit der blanken Waffe auf die Exce- 
denten einhieben. 
Eisleben, 8. Oct. Die durch die Erd< 
rutschungen geschädigten Hausbesitzer 
erhalten jetzt, behufs Reparatur der Häuser 
zinsfreie Darlehen vom Magistrat. 
, Wtorq-u-Depefchen. 
Berlin, 8. Oct. Zu der Meldung der 
„Nation", daß Herr v. Hammerstein aus 
seinem Archive 200 Briefe zur Charakteri- 
sirung seiner Freunde und Parteigenossen 
abgeliefert habe und daß diese Briefe wohl 
noch im Reichstag jzur Sprache kommen 
würden, schreibt das „Volk", es wären 
nicht 200, sondern 387 Briefe, von denen 
die meisten mit den stärksten M a j e - 
stätsbeleidigungen angefüllt sind. 
Berlin, 7. Oct. Sozialdemokratischer 
Parteitag. In der Borversammlung, welche 
gestern Abend stattfand, waren sämmtliche 
Parteiführer, darunter die Abgeordneten 
Bebel, Liebknecht und Singer anwesend. 
Nach der Begrüßung durch einen Sänger 
chor und Bruhn-Breslau hielt Liebknecht 
die Eröffnungsrede. Schlesien sei die 
Stätte der ersten Klassenkämpfe in Deutsch 
land, des Weberaufstandes. Ferner ge 
dachte Redner Lasalles, dessen Grab in 
Breslau sei. Unter Anknüpfung an die 
letzten Ereignisse und die Bestrebungen, 
das allgemeine Wahlrecht abzuschaffen 
und ein Umsturzgesetz einzuführen, -vies 
Liebknecht auf die Erfolglosigkeit eines 
solchen Kampfes hin. Nicht die Sozial- 
demokraten würden dadurch gestürzt, viel 
eher stürzten Andere. Es folgte darauf 
Bureauwahl; zu Vorsitzenden wurden 
Singer und Seglitz-Fürth gewählt. — 
In der heutigen Vormillagssitzung wurden 
Begrüßungsreden auswärtiger Gäste ge- 
halten und der Rechenschaftsbericht ver- 
lesen. 
Mrrslernd. 
Nutzereuropäische Gebiete. 
In Lorain (Ohio) brach während der 
Grundsteinlegung einer Kirche eine Tribüne 
zusamnien, auf der sich gegen >1000 Zu 
schauer befanden. 5 Personen sollen dabei 
zu Tode gekommen und viele verletzt sein, 
von letzteren 1! tödtlich. 
Das Testament des Eisenbahnkvnigs 
Jay Gould ist am Sonnabend in New- 
York im Hinterlafsenschaftsgericht einge- 
tragen und bestätigt worden. Das Ver 
mögen beläuft sich aus 350 Millionen 
Mark. 
In Havana wird ein Sieg der spani- 
schen Truppen gemeldet. Die Insurgenten 
fochten in einer Anzahl von 3800 Mann 
gegen 1800 Spanier unter General Echague. 
Der Jnsurgentenführer Antonio Maceo 
soll gefallen sein. Wieder einmal — kann 
man hinzusetzen, denn der Tod eines 
Jnsurgentenführers Maceo wurde mindestens 
schon sechsmal gemeldet. 
Nach eingegangenen Depeschen aus 
Havanna hat ein heftiger Sturm die 
Tabakpflanzungen in der Provinz Pinar 
del Rio zerstört; ungefähr 20 Personen 
sind bei dem Sturm umgekommen und 
zahlreiche Häuser zerstört worden. 
Frankreich. 
Paris, 7. Oct. Der Präsident der 
Republik F a u r e empfing heute Nach 
mittag 4 Uhr den Großfürsten Sergius 
und um 5 Uhr den Herzog von Aosta. 
Eine halbe Stunde später erwiderte er rfcie 
Besuche. 
3» Ļongchaiiips fand heute der größte 
und wichtigste Tag der Herbstrennen statt, 
aus dessen Programm der Preis von 
100 000 Franken stand. Das Interesse 
des Publikums war diesmal besonders 
rege; erstens, weil ein deutsches Pferd 
große Aussicht für den Sieg zu haben 
schien, und zweitens, weil neben dem Prä- 
sidenten der Republik die sämmtlichen in 
Paris anwesenden hohen Gäste erschienen 
waren, unter ihnen der König von Portu- 
gal, der Herzog von Aosta, der Großfürst 
Konstantin und der Prinz Nikolaus von 
Griechenland. Auch Fürst Lobanow so 
wie die meisten Mitglieder der diplomati 
schen Corps waren anwesend. Trotzdem 
es den ganzen Tag in Strömen regnete, 
mar doch eine gewaltige Menge versammelt, 
und die Tribünen waren eng besetzt, nur 
von den neuen Herbsttoiletten, die sonst 
bei Gelegenheit dieser glänzenden Ver 
sammlung der eleganten Welt „creirt" zu 
werden pflegen, war wenig zu sehen. 
Gloire de Dijon enttäuschte ihre Anhänger 
vollständig. Noch am Morgen hatten vier 
Pariser Zeitungen dieser Stute den Sieg 
prognostizirt, aber schon als die Abge 
sandte Deutschlands in der Bahn erschien, 
machte ihr kurzer Probegalopp den schlechte 
sten Eindruck. Nach schlechtem Start wurde 
das Feld von zwölf Pferden enggedrängt 
entlassen, erst an der letzten Biegung lösten 
ich Omnium II und die beiden Schickler- 
schen Hengste aus dem Rudel los und 
schossen Kopf an Kops durchs Ziel, wäh- 
rend Gloire de Dijon völlig ausgepumpt 
und als drittletztes Pferd einpassirte. 
Carmaux, 6. Oct. Der Glasdirektor 
Resseguier klagte gegen den Deputirten 
Jaures und gegen zwei Sozialiftenblätter 
wegen Streikagitation auf 100000 
Francs Schadenersatz. 
Paris, 7. Okt. Der Agent Victor 
Delaitre wurde in seiner Wohnung auf 
deni Faubourg Montmartre erdrosselt auf- 
gesunden. Als Thäter wurde.der Maga 
zineur l'Hermitte verhaftet. Das Motiv 
des Mordes ist in beleidigter Gattenehre 
zu suchen. Nachdem l'Hermitte dem Ent 
führer seiner Gattin scheinbar verziehen 
hatte, schlich er in Delettre's Zimmer und 
erdrosselte ihn, während dieser, eine 
Zeitung lesend, im Fauteuil saß. 
Türkei. 
Nach allen Meldungen aus Koustantiuvpd 
ist die Lage noch sehr bedrohlich. Die 
Massacres gegen die Armenier dauern 
fort. Der Standard-Correspondent tele- 
graphirt, die Lage sei äußerst kritisch, man 
fühle, daß ein Funken jeden Augenblick. 
pcolaiisjrtdjlra'spita. 
4) Roman von B. Riedcl-Ahrens 
eine Feuersbrunst hervorrufen könne. 
Gestern wurde ein Theil der Mauer der 
Kirche in Kara Gumruk eingeriffen, offen 
bar in der Absicht, einzubrechen. Da in 
den Kirchen noch über tausend Armenier 
eingeschlossen sind, läßt sich der Umfang 
der Massacres nicht absehen, wenn einmal 
die der Heiligkeit geweihten Gebäude an 
gegriffen werden. Stündlich strömen neue 
Flüchtlinge in die Kirchen, und die Lage 
ist dadurch fast schlimmer als Anfangs der 
Woche. Die Ankömmlinge bringen jedes 
mal Nachrichten von erneuten Ermordungen 
von Armeniern. In den Dörfern, den 
ganzen Bosporus entlang, geschehen jetzt 
Blutthaten. 123 Leichen wurden von den 
Armeniern zur Beerdigung überwiesen, die 
größere Zahl der Ermordeten wurde jedoch 
in Stücke zerhackt und in den Bosporus 
geworfen. Eine große Menschenmenge 
harrt am Thor der britischen Botschaft, 
wo Patrouillen gehen. Sir Philipp 
Currie bestand bei seiner Unterredung mit 
Kiamil Pascha auf sofortige Annahme des 
Reformplanes der Mächte, mit den den 
Mächten genehmen Modistcationen, und 
dessen Publikation im ganzen Reiche durch 
kaiserlichen Hat. Lord Salisbury sei nicht 
geneigt, von dem in seinen Forderungen 
aufgestellten Prinzip abzugehen. 
Gestern Mittag befanden sich in der 
armenischen Dreifaltigkeitskirche zu Pera 
1200, in der Georgskirche zu Galata 500, 
in der Kathedrale von Kum-Kapu 600 
Flüchtlinge. Einzelne neue Ankömmlinge 
berichten von neuem Gewaltthaten; die 
Prüfung dieser Nachrichten ist bisher jedoch 
noch nicht möglich gewesen. Die Auf 
regung unter der türkischen und der 
armenischen Bevölkerung dauert fort. Daß 
es in Rodosto zu blutigen Vorfällen 
größeren Maßstabes gekominen ist, be- 
stätigt sich. 
Die Unruhen greifen übrigens schon 
weiter auf die türkischen Provinzen über. 
Italien. 
^ Rom, 7. Okt. König Carlos von 
Portugal wird, wie jetzt offiziös genieldet 
wird, gegen den 20. Oktober hier eintreffen 
und als Gast König Humberts dieselben 
Gemächer beivohnen wie Kaiser Wilhelm. 
Er ist der erste katholische regierende Fürst, 
der seit 1870 die Schwelle des Quirinals 
überschreitet. Sein Besuch ist deshalb 
von größter Bedeutung, weil er ein allge- 
mein und stillschweigend anerkanntes Princip 
durchbricht. Im Vatikan wird König 
Carlos nicht empfangen werden. 
Aber das ist ja reizend von Ihnen, mein 
liebes Fräulein, äußerte die Baronin uu 
gemein (eM)ßft, tucilivenb şi? ^ic blutleeren 
Lippen von zwei Reihen Zähnen zurückzog, 
die viel zu bläulich tadellos waren, um ihre 
eigenen zu sein. _ „Nein, besten Dank ich 
bedarf wirklich nichts und bin ffoh, '„jcht 
länger allein zu sein in diesem gräßlichen 
Orkan, der mich umtobte, als befände ich 
mich hilflos ans einem Wrack mitten in, 
Ozean! Gott, habe ich Angst ausgestanden! Ich 
sah mich schon von einem Dutzend wild aus 
sehender Räuber umringt, die mir den Re 
volvcr aus die Brust hielten, um mein Geld 
oder mein Leben zu fordern." 
Sie lachte laut, und als auch auf Rahels 
edlem Gesichte sich nach diesen! Worten der 
Schimmer eines verklärenden Lächelns zeigte 
•— das ihre Züge merkwürdig verschönte und 
die Baronin entzückte — für diese in ihrer 
unruhevollen, hastenden Weise fort: 
„Also sie wohnen nicht weit von Ravens 
burg entfernt? Aber das ist ja himmlisch! 
Ich dachte schon, cs gäbe drei Meilen im 
Umkreis keine menschenähnliche Wesen, mit 
denen man anständigerweise verkehren konnte. 
Mein Mann ist nämlich ein Barbar, er steckt 
mit dem Arzt unter emer Decke und will 
partout, daß ich mich «ne Zeit lang m dem 
alten romantischen Schloß an der Nordsee 
begrabe, um gesund zu werden. Hahaha! 
Da müssen Sic nun schon gestatten, daß ich 
Sie zuweilen bole, um mich in der gräßlichen 
Langweiligkeit zwischen dm _ Mauern der 
einstigen Königsburg zu zerstreiten, da ich 
sonst verrückt würde. 
Rahel hatte erstaunt den Wortschwall der 
beweglichen Frau zugehört, und deren Art 
und Weise, das gezwungen Lebhafte und Un- 
inatürliche stieß sie ab; doch ließ der Gedanke 
an ihre Krankheit sie den unangenehmen Ein 
druck unterdrücken. 
„Ich werde gern bereit sein, Frau Baronin. 
Schon oft, wenn ich an hellen Tagen das 
alte Schloß im Tannenpark am Meere liegen 
sah, wünschte ich, es einmal näher ansehen 
zu dürfen: es war gar oft der Schauplatz 
meiner stillen Träume und Phantasien." 
„War es das? Hahaha!" wiederholte die 
Baronin sichtlich amüsiert und ihrem Manne, 
der neben Rahel stand, einen vielsagenden, 
belustigten Blick zuwerfend, den Abrecht von 
Ravens jedoch nicht erwiderte. „Um so besser, 
da soll Ihnen bald genug Gelegenheit geboten 
werden, es sich nach Herzenslust anzusehen 
ichon in den nächsten Tagen erscheine ich 
entführt“ Ņagm vor Ihrer Thür und 
M ^ ©te. Haben Sie noch Schwestern?" 
cJ a '. antwortete Rahel, während Stolz 
Ļmn?r7 die" ì--.rm Zügen aufleuchteten. 
Sck n h 3 * CI 3°->re älter ist als ich." 
also abgemacht. “5 
mir (?ii> nirf.t d! Aber nun wollen 
aufhalten. Albrecht, 
gelb für feine bem Manne ein Trink- 
Erichsen?" bemerkte Albrecht ^ " 
„Nein, entschied Rahel bestimmt, SörcnS 
geht ia mit; außerdem fürchte ich „'.ich aar 
mcht! Meute alte Mutter Haide und ich kennen 
einander wohl und haben uns sehr lieb " 
fügte sie mit dem flüchtigen, bezaubernden 
lOefterrsich-Ungarn. 
Budapest, 7. Okt. Der Schwiegervater 
des Ministerpräsidenten Baron Banffy, 
Namens Franz Mathey, durchschnitt sich in 
Deds mit einem Rasirmeffer die Kehle und 
starb nach qualvollen, vielstündigen Leiden. 
Ueber die That einer Wahnsinnigen wird 
aus Wien berichtet: In Saybusch hat 
eine an religiösem Wahnsinn leidende 
junge Fabrikarbeiterin, nachdem sie eine 
Wallfahrt zur Wunderkapelle in Szcyk 
unternommen hatte, auf offenem Felde 
ihre Kleider und Haare mit Petroleum 
getränkt und in Brand gesteckt. Sie starb 
ohne auch nur den geringsten Schmerzens- 
schrei von sich zu geben. 
Belgien. 
Bei'St. Auban in Belgien drang ein 
Mann in das Haus des Viehhändlers 
Barthes, ermordete diesen, seine Frau und 
seine Tochter, plünderte das Haus und 
steckte es dann in Brand. Die schrecklich 
verstümmelten Leichen wurden von Nach- 
barn aufgefunden. Der Thäter ist noch 
unbekannt. 
Brüssel, 7. Okt. Bei dem gestern ge 
meldeten schweren Eisenbahnunglück zwischen 
Wavre und Ottiguies durch den Zusammen 
stoß einer Lokomotive mit einem von Rei 
senden vollbesetzten Zuge sind zehn Per- 
so neu getödtet und 40, darunter meh- 
rere schwer, verwundet worden. Der 
frühere Premierminister Beernaert 
befand sich in dem ersten Waggon mit 
sieben Familienangehörigen. Seine Schwä- 
gerin, Frau Mourlon, die Gattin eines 
bekannten Ingenieurs, wurde auf der 
Stelle getödtet, Frau Beernaert leicht 
an der Brust verletzt, der Staatsminister 
selbst nicht verwundet. Zwei Waggons 
rannten ineinander. 
Brüssel 7. Oct. Nach jetziger Fest 
stellung beträgt die Zahl der bei dem 
Eisenbahnunglück von Ottiguies Getödteten 
18, verwundet sind etwa 100 Personen, 
darunter etwa dreißig schwer, von denen 
mehrere den Tag nicht überleben werden. 
Unter den Todten befinden sich ein Arzt 
und ein Vicar, die übrigen sind Kaufleute 
und andere Bewohner der Umgegend. Die 
Entstehung des Unglücks ist folgende: 
Eine von Ottiguies in voller Schnelligkeit 
daherkommende Locomotive fuhr im Bahn. 
Hofe von Mourtry gegen einen in Be. 
wegung befindlichen Zug. Drei Wagen 
suhren buchstäblich einer auf das Dach des 
anderen und zermalmten die Insassen 
fürchterlicher Weise. 
tu 
und 
Lächeln hinzu, das so selten erschien 
, 'S» ,ļ°şş"' Sie mich denn noch einmal 
herzlich sur ihre Güte danken und die Hoff 
nung aussprcchen, Sie recht bald in der 
Ravmsbuig begrüßen zu dürfen" äußerte 
Baron Albrecht, indem er sich ehrfurchtsvoll 
verbeugte. 
Rahel neigte anmutsvoll das Haupt 
der junge Mann stieg ein — noch einmal 
kam die Hand des Barons winkend zum 
Vorschein, dann wurde der Schlag geschloffen 
die Pferde zogen an und bald war das Ge 
fährt im Dunkel der Nacht verschwunden 
„Ein komisches Ding," sagte Juliane 
gähnend, während sic sich fröstelnd in ihre 
Ecke drückte. „Nicht gerade dumm, aber ich 
fürchte, schrecklich überspannt. Das reine 
Madonnengestcht! Man könnte sich wirklich 
einbilden, diese kleine Pastorstochter ans der 
Haide sei wirklich so rein und unschuldig, 
wie sie aussieht, wenn nian die Welt nicht 
besser kennte." 
„Dann, nach einer Pause, als Albrecht 
nichts auf die Aeußerung seiner Frau ent- 
gcgnete: 
„Weißt Du, das Mädel müßte sich pracht 
voll auf der Bühne machen; stelle sic Dir 
als Gretchcn, Jungfrau von Orleans oder 
Waise von Lowood vor; einfach großartig 
- das könnte eine glänzende Karriere werden 
- ich hätte Lust ..." 
„Um Gottes Willen," unterbrach sie 
Albrecht, dem der Gedanke, Rahel Erichsen 
auf irgend einer Bühne als Schauspielerin 
zu sehen, ein gelindes Entsetzen einflößte, un 
gewöhnlich lebhaft, „ich bitte Dich ernsthaft, 
Julie, setze dem Mädchen nicht solche Dinge 
in den Kopf, es hieße grenzenloses Elend 
über sie und ihre Familie bringen." 
„Wie pathetisch Du immer gleich alles 
nimmst, was man zufällig mal so hinwirft! 
Das kommt natürlich davon, weil Du «r 
das Theater und was damit zusammenhängt, 
einen förmlichen Haß geworfen hast, obgleich 
Du einst andere Anschauungen darüber hegtest," 
setzte sie schärfer hinzu. 
„Das ist richtig, meine Anschauungen haben 
sich seitdem geändert," erwiderte Baron Albrecht 
'uhigcr. „Denn heute bin ich neunundzwanzig 
— damals aber, vor sieben Jahren, als ich 
Dich kennen lernte, kannte ich weder Welt 
noch Menschen, brachte jedem ein vertrauens 
volles Herz entgegen und wußte nichts von 
jenen Schattenseiten, welche der Glanz und 
Flitter der Bühne dem Auge verbirgt, und 
die doch wie ein Pesthauch jedes reine und 
unschuldige Wescn verderben werden, das zu 
fällig dem Moloch in den Rachen fällt." 
„Sehr schmeichelhaft, in der That," sagte 
Julie spitz. „So habe ich also den Umstand, 
Deine Frau geworden zu sein, nur Deiner 
harmlosen Unerfahrenhcit zu danken, trotzdem 
Du damals schwurst, Dich erschießen zu 
wollen, wenn ich Deine Hand ausschlüge. 
Weißt Du noch, cs war an jenem Abend, 
da ich zum ersten Mal als Fatinitza auf 
getreten war und das alte Kameel — der 
verrückte Graf Bohnsdors Streit mit Dir 
beginnen wollte, weil ich Dich bevorzugte." 
„Ich weiß es noch sehr gut, Julie," lenkte 
Albrecht v. Ravens begütigend ein, um einen 
Auftritt zu vermeiden, wie er ihn seit Jahren 
üst täglich durchzukosten hatte. „Im übrigen 
kannst Du überzeugt sein, daß es damals 
meine schwärmerische Liebe und Bewunderung 
war, die mich veranlaßte, Dir meine Land 
zu reichen." 
„Aber heute würdest Du mich nicht mehr 
wählen, heute bereust Du diese Heirat und 
verabscheust mich — denkst Du, ich wüßte 
das nicht?" stieß Julie heftig hervor, halb 
mit, halb gegen ihren Willen getrieben, durch 
solche ewige Reibereien sich selbst zu quälen 
und ihrem Manne das Leben bis zur Un 
erträglichkeit zu verbittern. 
„Ich wüßte nicht, wie ich dazu kommen 
sollte, Dich zu verabscheuen," entgegnete er 
gepreßt. „Dein krankhafter Zustand scheint 
mit Vorliebe solchen Einbildungen nachzugeben, 
weshalb ich sie auch nicht beachte." ' 
„Gieb mir noch ein Glas Wein," bemerkte 
Julie nach längerer Pause. Sie wußte genau 
daß ihrem Gatten mit dieser Bitte ein em 
pfindlicher Schlag versetzt wurde; schon als 
ganz junges Bèädchen hatte sie Geschmack an 
feurigen, süßen Weinen gewonnen, eine 
Gewohnheit, die zunehmend erst nach der 
Trauung von Albrecht bemerkt worden war. 
Denn einmal verheirathet, hatte Julie es nicht 
langer der Mühe werth gehalten, gewisse 
Dinge vor ihm, dem bedeutend Jüngeren, zu 
verbergen, und geradezu Entsetzen hatte ihn 
«griffen, als er zum ersten Male Zeuge ihrer 
bacchantischen Ausgelassenheit — die im 
Hcincn Kreise frei die Zügel schießen ließ, 
gewesen; bei jener Gelegenheit schon hatte 
cine anbetende Liebe einen unheilbaren Riß 
erhalten, und mit wachsender Einsicht war er 
Zn der zermalmenden Erkenntniß gelangt, 
durch seine Heirath einen unseligen, nicht 
wieder gut zu machenden Irrtum begangen 
zu haben. „Doktor Reimers hat Dir den 
schweren Wein streng verboten, Julie; und 
doch trankest Du heute bereits eine ganze 
Flasche." 
„Ich pfeife ans das Verbot des alber 
nen Menschen, der mich für viel kränker 
' Vi-j'-i.» V' ' ff. 1Ü- 
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