trug österreichische Husarenuniform, der
Kaiser von Oesterreich die Uniform des
Kaiser Franz-Garde-Grenadier-Regiments,
der König von Sachsen die Uniform seines
Garde-Ulanenregiments. Nach herzlicher
Verabschiedung bestieg Kaiser Franz Joseph
den Sonderzug zur Abreise nach Wien.
Nachdem Kaiser Wilhelm und der König
von Sachsen in innigster Weise sich von
einander verabschiedet hatten, reiste letzterer
um 5 y 2 Uhr nach Dresden ab, während
Kaiser Wilhelm sich sofort an Bord der
„Grille" begab und nach Swincmünde
fuhr. Auch der Graf von Turin, die
Prinzen Leopold und Arnulf von Bayern
sowie die Prinzen Albrecht und Friedrich
Leopold von Preußen verlassen Stettin in
den nächsten Tagen.
— Der Erlaß des Kaisers an den
Reichskanzler vom 8. September, so schreibt
man dem „Hamb. Corr." aus Berlin, ist
ebenso wie die Ansprachen vom 2. und 6.
September eine rein persönliche Kundgebung
des Kaisers, die der Gegenzeichnung eines
Ministers entbehrt und bei der der Reichs
kanzlers nur als Vermittler zwischen dem
Kaiser und der Oeffentlichkeit fungirt.
Wollte der Kaiser eine Anregung zu
einem gesetzgeberischen Vorgehen
geben, so würde er sich, wie in früheren
Fällen, direkt an das Staatsmini
sterium wenden.
— Die „Voss. Ztg." theilt über den
Besuch des Kaisers in den Reichslan
den noch mit, daß der Kaiser nach der
Einweihung der neuen evangelischen Kirche
in Kürzel am 17. Oktober von Urville
über Remilly nach Straßburg fährt, um
von dort aus am 18. Oktober der Ent
hüllung des Kaiser Friedrich-Denkmals in
Wörth beizuwohnen. Der Kaiser wird nur
mit kleinem Gefolge reisen und sich von
Straßburg aus nach Karlsruhe begeben.
Berlin, 12. Sept. Der „Reichsanz."
widmet heute dem in Stettin weilenden
Kaiser Franz Joseph äußerst sym
pathische Worte, um dem befreundeten
Monarchen und treuen Bundesgenossen
zu versichern, daß die Anhänglichkeit an
das befreundete Nachbarland im Herzen
aller guten Deutschen unzerstörbar festge
wurzelt ist, und daß die Deutschen im
Reich sich mit ihren Brüdern im öfter-
reichisch-ungarischen Kaiserstaat eins wissen
in der Liebe und Verehrung, die sie den
seltenen Herrschertugenden Franz Joseph's
entgegenbringen. — Auch die „Nordd.
Allg. Ztg." bringt anläßlich der heute er
folgenden Heimreise des österreichischen
Kaisers einen Artikel, in welchem sie sagt,
der Besuch habe allerdings zunächst den
militärischen Uebungen gegolten, aber es
bleibe gewiß nicht ohne Eindruck auf die
gesammte Bevölkerung Deutschlands, wenn
man die herzlichen Beziehungen, die zwi
schen dem befreundeten Monarchen und dem
deutschen Kaiser bestehen, sehe. Das deutsche
Volk und die Volker der habsburgischen
Krone hätten sich längst gewöhnt, das
Bundesverhältniß, dem auch Italien sich
beigesellt, wie etwas Selbstverständliches
zu betrachten. Und darum blicke man
beiderseits mit solchem Vertrauen auf diesen
Bund als den sicheren yort des Friedens
und eine Gewähr fortschreitenden Wirth
schaftlichen Gedeihens. Dem Kaiser Franz
Joseph gebühre der Dank des deutschen
Volkes dafür, daß er im Verein mit
Kaiser Wilhelm den Frieden bis zur Stunde
unerschüttert erhalten hat und weiter zu
wahren gewillt ist.
Berlin, 13. Sept. Im Anschluß an
die Erörterungen in der Presse über die
Thronfolge in Oldenburg hält die
„Nat.-Ztg." angesichts der Aussicht, mit
der Zeit in einer Anzahl deutscher Klein
staaten Ausländer regieren zu sehen, die
Erwägung für natürlich, ob hiergegen keine
Vorkehrung möglich sei. Das Blatt meint,
der natürlichste Ausweg wäre wohl, in
denjenigen Staaten, in denen die männliche
Linie nur auf wenigen Augen steht, durch
Abänderung der Verfassung oder des
Hausgesetzes die weiblichen Familienmit
glieder, so weit sie unvermählt oder mit
Deutschen vermählt sind, für erbberechtigt
nach den Männern zu erklären.
— Der deutschen Industrie wird
neuerdings ein ehrendes Zeugniß von
spanischer Seite ausgestellt. Bekanntlich
hat Spanien für seinen cubanischen Feld
zug einen großen Posten Mausergewehre
in Deutschland gekauft. Von dem Befehls-
Haber der spanischen Truppen aus Cuba
dem Marschall Martinenz Campos, erhielt
nun, wie aus Madrid gemeldet wird, der
spanische Kriegsminister einen Bericht, in
welchem sich der Marschall über die Sei
stungen der deutschen Gewehre außerordent
lich befriedigt ausspricht.
— Betreffs der Convertirung der
vierprocentigen Reichs- und preu
ßischen Staatsanleihen in dreiein
halbprocentige wird mitgetheilt, daß die
betreffenden Vorlagen an den Reichstag
und den preußischen Landtag nicht un
mittelbar nach dem voraussichUich im ersten
Drittel des November erfolgenden Zusam
mentritt der Parlamente, sondern erst im
December oder Januar zu erwarten seien
Ein Beschluß der Regierung sei jedoch in
dieser Beziehung noch nicht gefaßt.
Eine weitere Herabsetzung de-
Zinsfußes von 3'/ 2 pCl. aus 3 pCt
scheint übrigens einstweilen nicht in Aus
sicht genommen zu sein, wenigstens heißt
es in einer officiösen Auslassung: „Wir
glauben daher, daß es einstweilen richtig
ist, die goldene Mittelstraße zu wandeln
und zu vermeiden, daß das summum jus
ür den Einen zur summa injuria für den
Anderen wird. Es verschlägt nichts, wenn
wir mit dem äußersten Schritt so lange
warten, bis derselbe mit absoluter Sicher
heit gethan werden kann; die Möglichkeit
kann ja nahe bevorstehen; aber es könnte
auch wieder anders kommen, wie die Er
fahrungen aus früheren Zeiten mehr als
einmal — trotz Entdeckung neuer Gold
felder! — bewiesen haben."
Berlin, 11. Sept. Die „Nordd. Allg.
Ztg." druckt erst heute den vom „Vorwärts"
gebrachten Stöcker'schen Brief ab und
giebt in Anschluß daran eine darauf bezüg
liche Auslassung der „Köln. Ztg." wieder.
Sodann nimmt das offiziöse Blatt das
Wort und sagt, es sei leider unbestreitbar,
daß der früheren Leitung der „Kreuzztg."
jedes Mittel zur Erreichung ihrer Ziele
recht gewesen sei. Dieser Praxis hätte
allerdings nicht selten in gleicher Münze
gedient werden können; aber die Konser
vativen, von der „Kreuzztg." befehdeten
Männer seien der Ansicht gewesen, daß es
keine Lage gebe, die den Gebrauch un
annehmbarer, d. h. nicht ganz loyaler und
ganz reinlicher Mittel rechtfertige. Am
Schlüsse des Artikels führt die „Nordd.
Allg. Ztg." aus, die achtungswerthen
Elemente, von denen die „Köln. Ztg." in
ihrer Auslassung spricht und denen sie ihre
Sympathie bezeugt, wollten keine Förderung
durch Mittel, die auf einem unsauberen
Beet gewachsen seien und die sie irgendwie,
auch nur in der entferntesten Weise, mit
der Sozialdemokratie in Berührung brächte.
Berlin, 12. Sept. Die „Pol. Nachr."
Ichreiben: „Unter den Vorschlägen, welche
neuerdings vom preußischen Handels
Ministerium den Handwerkern zur Begut
achtung unterbreitet waren, weisen die
jenigen, welche sich auf die Regelung
des Lehrlin gs w esens beziehen, gegen
über der Veröffentlichung des Reichs
anzeigers vom Sommer 1898 die wenigsten
Aenderungen auf. Soweit sie dies aber
thun, sollen die Aenderungen lediglich da
zu dienen, die Garantien zu verstärken,
die für eine möglichst gute Ausbildung des
Lehrlingswesens gefordert werden. Eigent-
lich weist die neue Fassung dieser Vor-
schlüge nur zwei Abweichungen von der
alten auf. Die eine will die Befugniß
zum Halten und zur Anleitung von Lehr
lingen u. A. von dem selbstständigen Be
triebe eines Handwerks innerhalb fün :
Jahren statt der früher geforderten drei,
und die andere will die Entziehung dieser
Befugniß nicht bloß von der Ungeeignet
heit in sittlicher, sondern auch in technischer
Beziehung ausdrücklich abhängig machen
Gegen diese Neuerungen wird sich ebenso
wenig wie gegen den ganzen auf die Re
gelung des Lehrlingswesens bezüglichen
Plan etwas einwenden lassen. Dem Hand
werk wird am ehesten geholfen, wennsein
Nachwuchs möglichst gut ausgebildet wird
Die ausreichende Gewähr für die gehörige
Erziehung des Lehrlings kann aber nur in
einem gereiften Lebensalter des Lehrherrn
und in einem bestimmten Maß von Fach
kenntnissen des Letzteren gefunden werden
Andererseits darf aber auch nicht verkannt
werden, daß mit einer gesetzlichen Regelung
auf diesem Gebiete allein noch nicht eine
vollständige Besserung eintreten würde. In
den letzteren Jahrzehnten hat sich im Hand
werkerstande ein bedauerliches Nachlassen
der Sitte bemerkbar gemacht, daß die
Söhne bei dem Vater in die Lehre treten
und so der Handwerkerstand aus sich selbst
für den Nachwuchs sorgt. Erst wenn diese
Sitte wieder eine größere Ausdehnung er
fährt, wozu ja allerdings bei der Ueber
füllung der gelehrten Berufsarten die beste
Aussicht vorhanden ist, wird das Lehrlings
wesen des Handwerks diejenige Gestaltung
erfahren, welche man ihm wünschen muß
wenn das Handwerk sich aus seiner jetzigen
Lage emporarbeiten soll."
— Abg. v. Vollmar wird seine Kur
und damit seine Zurückgezogenheit von
öffentlicher Thätigkeit ein Jahr ausdehnen
Er läßt jetzt erklären, daß er bezüglich der
Sedanfeier sich völlig auf den Stand
punkt Auer's stelle.
— Die Durchführung des Beschlusses
der Ministerien des Innern und des
Cultus, betreffend die Schließung der
Krankenanstalt zu Mariaberg, soll
wie ein Aachener Correspondent der
„Köln. Ztg." mittheilt, in folgender Weise
erfolgen: 1. soll den Brüdern die selbst
ständige Annahme und Pflege der Kranken
untersagt werden; 2. soll durch den
Staat ein Verwalter eingesetzt werden, der
nach eigenem Ermessen über die Ver
wendung geistlicher und weltlicher Pfleger
entscheiden kann; 3. wird die Provinzial
verwaltung bald Aerzte nach Mariaberg
entsenden, welche bestimmen, ob die von
der Provinzialverwaltung untergebrachten
Kranken und Irren in eine Provinzial
anstalt zu verbringen sind.
Eine Turnriegc verheiratheter
Frauen Hai der „Männer-Turnverein"
in Friedenau ins Leben gerusen. Am
letzten Dienstag hat die 2. Damen-
Abtheilung der Berliner Turngemeinde der
Friedenauer Damen-Turnabtheilung in der
dortigen Turnhalle einen Besuch abge
mattet, wobei die „Riege verheiratheter
Frauen" sich zum ersten Male produzirt hat.
Am Mittwoch beging in aller Stille
das Rentier August Kühne'sche Ehepaar
zu Ren - Weißensee den seltenen Festtag
der eisernen Hochzeit. Der Jubilar
'teht im 88. und die Jubilarin im 84.
Lebensjahre. Beide erfreuen sich in ihrem
hohen Alter einer verhältnißmäßig guten
Gesundheit und großer Rüstigkeit.
Breslau, 12. Sept. Ein überaus ver
heerendes Gewitter, wie es durch die
hochgradige Hitze der vorangegangenen
Tagen erklärlich erscheint, ist in der Nacht
zum letzten Sonntag und in seiner Fort
setzung an diesem selbst über die schlesischen
Gefilde dahingegangen. Die durch Blitz-
chlag verursachten Brände haben materiellen
Schaden verursacht, der sich auf Hundert-
tausende von Mark beläuft. Zum Glück
ind Menschenleben nach den bisherigen
Nachrichten nicht vernichtet worden. In
nicht weniger als 22 Orten entzündete der
Blitz; im Kreise Glogau allein sind acht
Ortschaften betroffen worden. Dort tobte
das Wetter mit vorherigem Wirbelsturme
Io entsetzlich, wie den diesjährigen Sommer
überhaupt noch nicht. Gegen 50 Stück
Nutzvieh kamen um, Getreide, Heu, Haus
geräth usw. fiel dem Feuer zum Opfer.
Kastei, 12. Sept. Auf der Wiesbadener
Straße erschoß sich gestern Nachmittag
der Gehülfe eines Rechtsanwalts in Wies
baden, der vor Kurzem aus seiner Stelle
entlassen worden war.
Bei dem Brande des gräflich Erbach
ichen Schlosses in Schöuderg bei Bensheim
sind der Dachstuhl und mehrere Zimmer
zerstört worden. Alles Werthvolle wurde
gerettet.
Eine M e s s e r a f f ä r e, die den Tod
zweier Menschen zur Folge hatte, wird
aus dem Saarrevier gemeldet. In Wehr
den an der Saar wurde ein Mann, der
in die Saar gestürzt war, von zwei Brü
dern mit Mühe gerettet. Als Anerkennung
erhielten die Retter von einem Herrn
10 Mk. als Geschenk. Voll Freude wurde
in einer Wirthschaft gezecht, woselbst die
Brüder mit einem Dritten in Streit ge
riethen. In dessen Verlauf zog letzterer
plötzlich ein Messer und versetzte den
Brüdern mehrere Stiche, die den Tod der
beiden zur Folge hatten.
Wiesbaden, 12. Sept. Auf der am 2 t
und 22. September hier stattfindenden
Ausstellung des Collie-Clubs wird der
berühmteste schottische Sch äf er Hund, den
England besitzt, außer Preisbewerb zu
sehen sein; das Thier hat 200 erste und
Spezialpreise gewonnen. Der Hund ist
ein Enkel des vielgenannten Christopher,
der für den fabelhaften Preis von 20000
Mark nach Amerika verkauft wurde.
ls Wiedertäufer ist in diesen Tagen
ein R e s e r v e m a n n in das in Stutt
gart garnisonirende Grenadier-Regiment
Nr. 119 eingetreten, der sich in der Zeit
die zwischen seiner militärischen Dienstzeit
und der jetzigen Uebung liegt, zur Sekte
der Wiedertäufer bekehrt hat. Der Mann
war nicht zu bewegen, ein Gewehr in die
Hand zu nehmen, und weigerte sich auch
vor der ganzen Kompagnie, als er von
seinen Vorgesetzten hierzu aufgefordert
wurde. Einstweilen sitzt er im Militär
arrest, um sich wegen Gehorsamsverweige
rung zu verantworten.
Anläßlich der Feier seines 70. Geburts
tags bestimmte Herr Commerzienrath Max
Kustermann, Besitzer einer großen
Eisengießerei in München, die Summe
von 200000 Mk. zur Errichtung eine
Pensionskasse für seine Beamten und
Bediensteten, sowie für seine zahlreichen
Arbeiter im Gießerei- und Lagerhaus
Mit einem Fonds von 10000 Mk. -wird
eine Pensionskasse für erstgenannte er
richtet, während je 50000 Mk. für eine
Invaliden- und Rentenanstalt der Arbeiter
des Etablissements als Grundstock ausge
worsen sind.
Hannover, 11. Sept. Auf das gestern
an den Kaiser gerichtete Huldigungs
telegramm der 48. Hauptversammlung
des G u st a v - A d o l f > B e r e i n s ist
nachfolgende Antwort eingegangen: Se
Maj. der Kaiser und König haben sich ge
freut, daß die 48. Hauptversammlung des
Gustav-Adolf-Vereins der erinnerungs
reichen Zeit des hochseligen Kaisers
Wilhelms des Großen als des erlauchten
Förderers der deutschen Gustav-Adolf-
Sache in treuer Dankbarkeit gedacht hat
S. M. wollen auch ihrerseits dieses Frie
denswerk evangelischen Glaubens gerne
fördern und lassen der Hauptversammlung
herzlichen Gruß und wärmsten Segens
wunsch anbieten. Auf allerhöchsten Be
fehl v. Lucanus, Geh. Kabinetsrath. —
Nach Beendigung des Festgvttesdienstes in
der Marktkirche wurde die geschäftliche
Sitzung der Hauptversammlung in der
Egidienkirche durch den Vorsitzenden Dr.
Fricke-Lejpzig eröffnet. Dr. Hempel-Leipzig
erstattete den Jahresbericht, der eine fori
schreiiende Entwicklung der Vereinsthülig
feit feststellt. Die Betheiligung an
der Versanimlung war außerordentlich
groß.
Hannover, 12. Sept. Die Haupt-Ver-
ammlung des Gustav-Ädolf-Vereins wählte
-ür die große Liebesgabe im Betrage von
18 688 Mk. die Gemeinde Saarburg
in Lothringen.
Ein Hamburger Schutzmann, der am
Tage nach der Sedanfeier an den Nach
wirkungen berauschender Getränke litt, und
in diesem Zustande glaubte, es sei Feiertag,
verbot einem Kutscher auf den Hohen
Bleichen, welcher dort Selterflaschen ablud,
das Weitertransportiren derselben und
wollte das Fuhriverk desselben zur Polizei
wache führen. Es entstand hierdurch ein
großer Menschenauflauf, wodurch der total
betrunkene Schutzmann von seinem Vor
haben abgehalten wurde. Der Kutscher
hatte inzwischen zwei andere Schutzleute
herbeigeholt, und nachdem dieselben sich
von dem Sachverhalt überzeugt hatten,
beförderten die beiden ihren berauschten
Collegen per Wagen in's Stadthaus.
Provinzielles.
Itzehoe, 12. Sept. Es ist, so schreiben
die „Jtzehoer Nachr.", eine Seltenheit,
daß die einer Künstlerehe entsprossenen
Kinder ausnahmslos ebenso für die Kunst
begabt und ihr ebenso ergeben sind wie die
Eltern, und doch besteht die Familie
Warnke ausschließlich aus Künstlern und
Kunstjüngern. Der Vater, Musikdirektor
in Wesselburen, ist als tüchtiger Geiger in
der Provinz bekannt; derselbe ist mit der
Schwester des berühmten Pianisten Rud.
Niemann verheirathet, die heute noch als
vorzügliche Klavierspielerin gilt. Die dieser
Ehe entsprossenen fünf Söhne haben heute
in der Musikwelt einen guten Stamen.
Der älteste, Christian, ist ebenso bekannt
als tüchtiger Orchesterdirigent wie als be
gabter Komponist für Instrumentalmusik.
Rudolf, der zweite Sohn, ist jahrelang
als erster Kontrabassist in der Kapelle von
Czibulka in Hamburg gewesen. Die nächsten
beiden Söhne, Heinrich und Johannes, sind
Cellisten. Ersterer, einer der bedeutendsten
Schüler von Klengel in Leipzig, ist Hof-
cellist und hatte erst vor kurzer Zeit die
Ehre, vor dem Herzog von Cumberland zu
spielen, Johannes ist Solo-Cellist im
Lübecker Ausstellungs-Orchester. Der jüngste
Sohn, Karl, bildet sich als Orgel- und
Klaviervirtuose aus, und scheint dafür die
selbe Begabung wie sein Onkel Niemann
zu haben. — Die Eltern in Verbindung
mit den Söhnen werden nun Anfang
Oktober hier und in den größeren Städten
der Provinz Konzerte geben, welche der
Musikwelt etwas ganz Eigenartiges bieten
werden. Klassische Konzerte für Geige
Cello und Klavier mit Orchester- oder
Harmoniumbegleitung werden die Haupt
nummern des Programms bilden.
? Kiel, 12. Sept. Heute Mittag ken
terte auf der Höhe von „Folkers Garten"
ein Segelboot mit drei Insassen. Das
Boot sank sofort in die Tiefe. Die In
sassen wurden gerettet und zwar einer
durch den zur „Neuen Dampfer-Compag
nie" gehörigen Dampfer „Verein l", die
anderen leiden, nachdem ihnen vom ge
nannten Dampfer aus Schwinimgürtel zu
geworfen waren, von der Mannschaft einer
Marinepinasse. — Ein zweiter Unfall
betraf ein Fischerboot aus Howacht, wel
ches gestern am Spätabend von dem Neu
mühlener „Georg" überrannt wurde und
sogleich sank. Die Insassen des Fischer
bootes wurden von dem in der Nähe der
Unfallstelle beim Seegarten befindlichen
Wilhelminenhöher Fährdampfer aus geret
tet, während das gesunkene Fischecfahrzeug
als verloren zu betrachten ist.
Das bekannte große Kieler Wirthschafts
Etablissement „Die Hoffnung" gelangt im
nächsten Monat im Wege der Zwangs
Vollstreckung zur Versteigerung.
Bei Preetz brannten 6 große Korn
diemen mit 150 Fuder Inhalt nieder
Man vermuthet Brandstiftung. In
Neustadt ist das Haus des Fischers Peh
möller niedergebrannt. — Am Freitag
Morgen kam im Dorfe Orth auf Fehmarn
ein bedeutendes Feuer zum Ausbruch, das
bald sieben, meist alte, kleine, mit Stroh
gedeckte Gebäude in Flammen setzte und
einäscherte. — Auf dem Hofe Curau
wurde eine neu erbaute Scheune init er
heblichen Erntevorräthen eingeäschert.
In Holmühl brannten von dem Gewese
des Tischlers H. Jessen das Wohn- und
Abnahmehaus bis auf den Grund nieder
Der Regierungsassessor Dr. Juzi in
Eckernförde ist der königlichen Regierung
zu Marienwerder an Stelle des Regierungs
assessors von Below zur weiteren dienst
lichen Verwendung überwiesen worden.
î Eckernförde, 12. Sept. Ein hiesiger
Gastwirth beabsichtigt auf seinem südlich
der Stadt befindlichen Lande Arbeiter
wohnungen zu erbauen. — Der Neubau
der Bvrbyer Schule ist dieser Tage gerichtet
Das Gebäude kostet 18 000 Mk. und wird
3 Klassen und 3 Lehrerwohnungen ent
halten. Die Borbyer Schule ist dann
sechsklassig, da sich im Seminar ebenfalls
3 Klassen befinden.
™ Eckernförde, 12. Sept. Das Winter
halbjahr cm der hiesigen Königl. Bau-
gewerkschule beginnt am Montag, den
14. Oktober. — Im C. Fuchs'schen Konkurs
steht den bevorrechtigten Forderungen von
292,45 Mk. und nicht bevorrechtigten
Forderungen von 23321,83 Mk. eine ver-
'ügbare Masse von 3624,63 Mk. gegen
über, die Gläubiger erhalten also nur
10 pCt. — Bei der Ergänzungswahl eines
Gemeinde-Vertreters erhielten Kaufmann
E. Lorenzen 12 Stimmen, Hauptlehrer
Lorenzen 6 Stimmen, ersterer wurde somit
gewählt.
Der „Kaufmann Paul Nissen und Ehe-
stau Katharina Nissen geborene Andresen-
Stiftung" zu Flensburg im Betrage von
100000 Mk. ist die königliche Genehmigung
ertheilt worden.
Der kleine Flecken Augustenburg, mit
leinen etwa 500 Einwohnern ist reich an
alten Leuten. Es wohnen dort nicht
weniger als zwölf Personen im Alter
zwischen 80 und 90 Jahren; darunter be
finden sich drei in ihrem 90. Lebensjahre.
35 weitere Personen haben ein Alter von
70 bis 80 Jahren, und 44 endlich sind
über 60 Jahre alt. Es geht aus diesen
Zahlen zur Genüge hervor, daß das ruhige,
wenig aufreibende Leben in unserem
chönen, friedlichen Augustenburg der Ge
lindheit recht zuträglich ist.
? Aus Nordschleswig. Bon der dänischen
Presse. Einen ähnlichen Fall wie die
Affaire Meunier in Frankreich, leistet sich
die deutschfeindliche dänische Presse. Sie
tischt nämlich ihren Lesern eine Fabel auf,
die an und für sich so albern klingt, daß
man sofort das Unwahre herausfühlt, die
immerhin aber als Ausdruck dänischer Ge
sinnung gekennzeichnet zu werden verdient.
Gelegentlich des deutsch-dänischen Krieges
im Jahre 1864 sollen nämlich, wie die
dänischen Zeitungen berichten, einige
preußische Offiziere auf einem Hofe in
Jütland einquartirt gewesen sein, die u. A.
die Ordre hatten, mehrere Pferde zu
rauben! Einer von diesen Offizieren hätte
sich gerne in dem Besitze einer sehr hübschen
Meerschaumpfeife gesehen, welche dem
Quartierwirth gehörte. Er gab seinen
Wunsch mehrfach demselben zu erkennen
und gab ihm verschiedentlich zu verstehen,
den werthvollen Hengst des Hofes andern
falls mitnehmen zu wollen. Der Besitzer
desselben wies darauf hin, daß der Offizier
nach ihm gegebener Ordre überhaupt keine
Hengste nehmen dürfe. Nun aber habe
der Offizier energisch entweder die Pfeife
oder den Hengst verlangt. Das habe ge
holfen. Der Hofbesitzer habe von zwei
Uebeln das kleinste gewählt und dem
veutschen Offizier die gewünschte Pfeife
überlassen.
Die Kurliste von Westerland-Sylt weist
bis zum 5. Sept. im Manzen 9314
Personen auf.
Als Kuriosum sei mitgetheilt, daß au
der Sedanfeier in Lügumkloster sich auch
ein früherer französischer Lanzenreiter, der
bei Sedan mit gefangen genommen wurde,
betheiligte, nämlich der Besitzer der Luft
schaukel, Hildebrand.
Im Dorfe Hörup veranstalteten jüngsthin
die Dienstboten der ganzen Ortschaft eine
kleine streikähnliche Feier. Anläßlich des
Jahrmarktes in Langenhorn, waren die
meisten Herrschaften nach dort gereist. Mit
vollständigem Einverständniß vereinigte fick
sämmtliches Gesinde des Dorfes, beides
Knechte und Mägde und veranstalteten eine'
Lustbarkeit. Man beneidete eben die Herr
schaften, denen man das Marktvergnügen
nicht gönnte. Das Vergnügen des Gesindes
erreichte für einige Theilnehmer einen
besonderen Höhepunkt, sodaß man vergaß,
sich am selben Tage wieder in's Quartier
zu begeben. Mehrere Personen nahmen
erst am dritten Tage ihre Arbeit wieder
auf. Die Herrschaften mußten gute Miene
zum bösen Spiel machen, da man mit der
vollen Ernte beschäftigt war, und also eine
Kündigung des Dienstverhältnisses nicht
rathsam erschien.
Hofbesitzer C. Rohlfs in Tiebensee ver
kaufte an einen Berliner Händler 17 fette
Ochsen und zwar, wenn diese 1450 Pfd.
und darunter schwer, für 160 Thlr., wenn
diese jedoch nur '/st Pfd. mehr wiegen,
für 190 Thlr. per Stück. Verkäufer kann
wiegen wann und wo er will. — Hof
besitzer Cl. Rohlfs in Wennemannswisch
verkaufte an denselben Herrn 2 Ochsen
a 500 Mark.
Von Anfang unseres Jahrhunderts bis
auf die Neuzeit hat nach dem „H. W."
in Husum eine Wuth des Umreißens ge
herrscht. Die alte schöne Kirche wurde
entfernt und für sie wahrhaftig kein ge-
schmackvolles Gotteshaus wieder aufgebaut.
Der baumreiche, schattige Schloßgarten
wurde umgewühlt und für ihn ein großer
Grasplatz geschaffen den man stolz
Schloßpark nennt —, als ob man in
dortiger Gegend nicht Gras genug hätte.
Die Pappeln von der Woldsen Straße
nach dem Friedrichsberg, die sicher Nie-
manden im Wege standen, sind verstümmelt
worden, auf den Landstraßen werden die
Bäume — die wenigen, die dort stehen!
— m jedem Jahre verunstaliet, ange
pflanzt wird fast Nichts. — Wenn ein