Full text: Newspaper volume (1895, Bd. 2)

Berlin, 9. Sept. Die Kaiser tage 
in Stet tin nehmen, von anhaltend gutem 
Wetter begünstigt, einen allseitig befriedi 
genden Verlauf. Gestern früh hörten der 
Kaiser und die Kaiserin Gesangsvorträgen 
des Sängerbundes des Stettiner Lehrer- 
Bereins zu. Der Kaiser empfing hierauf 
den Vorstand des Vereins und sprach ihm 
seinen Dank aus. Hierauf folgte der Vor- 
trag einiger Lieder durch die Gesangs 
schule des Fräulein Wilsnach. Die Kaiserin 
dankte der Letzteren, ihr einen Blumen 
strauß überreichend. Die hohe Frau empfing 
dann noch einige Schülerinnen der Augusta- 
Viktoriaschule und nahm eine Blumen 
spende entgegen. Um 10 Uhr fuhr das 
Kaiserpaar, von der zahlreich versammelten 
Volksmenge auss Freudigste begrüßt, zum 
Festgvttesdienst, welcher auf dem Kasernen- 
Hofe des Grenadier - Regiments Nr. 2 
stattfand. Das Frühstück nahm der Kaiser 
bei dem Offizierkorps des Regiments ein 
und kehrte dann zum Schlosse zurück. Die 
Kaiserin begab sich, vom Publikum auf's 
Lebhafteste begrüßt, zum Bahnhof und trat 
um 12 Uhr die Rückfahrt nach der Wild 
park-Station an. — Um 2V 2 Uhr Nach 
mittags kehrte der Kaiser zum Schlosse 
zurück. Um 6 Uhr fuhr derselbe zu dem 
kommandirenden General v. Blomberg 
zum Diner, an welchem unter Anderen 
theilnahmen Prinz Albrecht von Preußen, 
General der Cavallerie Graf v. Waldersee, 
General v. Hahnke, General-Lieutenant 
v. Plessen, der Kriegsminister Bronsart 
v. Schellendorff, der Chef des General 
stabs Graf v. Schliessen, sämmtliche Ge 
nerale des zweiten Armeekorps, der Ober 
Präsident Excellenz v. Puttkamer, sowie 
die Gemahlin und die Töchter des com 
mandirenden Generals v. Blomberg. Die 
Zahl der Gedecke betrug 42. Um 8 3 / 
Uhr Abends kehrte der Kaiser in's Schloß 
zurück. Heute früh 5 Uhr fuhr der Kaiser 
nach Nachtensee, wo er zu Pferde stieg 
um sich in's Manövergelände zu begeben 
und den Kriegsmärschen der dort ver 
sammelten vier Armeekorps beizuwohnen 
Berlin, 9. Sept. Der Kaiser von 
Oesterreich traf heute Vormittag 11 
Uhr mit Gefolge auf der Wildparkstation 
ein. Zum Empfang waren auf dem Bahn 
hof der Kronprinz, der Prinz Eitel Frie 
drich sowie der Kammerherr Graf v. Köller 
der Polizei-Präsident von Potsdam, von 
Balan und die Spitzen der Civil- und 
Militärbehörden, anwesend. Nachdem der 
Kaiser die beiden Kaiserlichen Prinzen mit 
Händeschütteln begrüßt hatte, bestieg Seine 
Majestät mit denselben einen vierspännigen 
offenen Wagen und begab sich nach dem 
Neuen Palais. Im Muschelsaale daselbst 
fand alsbald nach dem Eintreffen des 
Kaisers ein Frühstück zu 28 Gedecken statt, 
an welchem die Kaiserin, der Kaiser Franz 
Josef, der Staatssekretär des Auswärtigen 
Amts, Freiherr und Marschall, der öster 
reichisch-ungarische Botschafter Szögysny- 
Marich und das Gefolge, theilnahmen 
Nach dem Frühstück machten beide Maje 
stäten in offenem vierspännigen Wagen 
eine Spazierfahrt durch den Park nach 
Sanssouci und fuhren sodann nach der 
Wildparkstation, woselbst sich das Gefolge 
bereits eingefunden hatte. Auch der Kron 
prinz und Prinz Eitel Friedrich waren 
anwesend. Der Kaiser Franz Josef ver 
abschiedete sich sehr herzlich von der 
Kaiserin und trat um 3 / 4 l Uhr mittels 
Sonderzuges die Weiterfahrt nach Stettin an. 
In beachtensiverther Weise lassen sich 
in längeren Artikeln die Wiener Blätter 
über die Reise des Kaisers Franz Jose^ 
zu den deutschen Manövern aus. Das 
offiziöse Wiener Fremdenblatt hebt hervor, 
daß der Dreibund in das Bewußtsein der 
Völker übergegangen und Gemeingut der 
Nationen geworden ist, welche unter dessen 
Schutze leben. „Der Dreibund", schreibt 
das Blatt, „bedarf keines äußeren Zeichens, 
daß er in unwandelbarer Festigkeit fort 
besteht. Dessen ungeachtet freuen sich die 
Nationen jedes Ereignisses, das seine Be 
deutung aller Welt offenbart. Solche Er 
eignisse sind die Begegnungen der beiden 
Heere." Das Blatt verweist auf den Be 
such des deutschen Kaisers in Oesterreich 
und auf die ruhmvollen Erinnerungen und 
die Kameradschaft beider Armeen. In 
dieser imposanten Verbrüderung mächtiger 
Heere und Reiche werde man aber auch 
ein überzeugendes Symptom des Welt 
friedens erblicken, als dessen vornehmster 
Hüter der Dreibund erscheint. 
Am Donnerstag findet um 3 Uhr Nach 
mittags im Schlosse zu Stettin ein Ab 
schiedsdiner statt, welchem der Kaiser von 
Oesterreich und der König von Sachsen 
beiwohnen werden. Kaiser Wilhelni wird 
sich am selben Tage Nachmittags 5 Uhr 
auf den Aviso „Grille" begeben und nach 
Swinemünde fahren. Dort wird derselbe 
die „Hohenzollern" besteigen und an deren 
Bord den Flottenmanövern beiwohnen. 
— Bon einer gesetzgeberischen Ak 
tion gegen die Sozialdemokraten 
ist weder in den Reden noch in dem Dank- 
erlaß des Kaisers die Rede, was die 
Germ." zutreffend betont. Der letztere 
gebe vielmehr der zuversichtlichen Hoffnung 
Ausdruck, daß das deutsche Volk sich selbst 
der Sozialdemokraten zu erwehren wissen 
werde. Dazu bedarf es keines Ausnahme- 
gesetzes. Ein solches sei, wie die Ersah- 
rung bei dem früheren Sozialistengesetz 
gelehrt habe, dem Anwachsen der Sozial- 
Demokratie eher förderlich als schädlich. 
Die „Konservative Korrespondenz" 
hat in diesen Tagen alle Diejenigen, welche 
bei Wahlen einen sozialdem okrati- 
chen Kandidaten für „das kleinere 
Uebel" halten, gleichfalls für Hochver- 
räther erklärt und für „eine Rotte von 
Menschen, nicht werth, den Namen Deut- 
cher zu tragen". Nun schreibt aber in 
einem der jetzt veröffentlichten Briefe Frei 
herr v. Hammerstein an einen Freund 
am 27. Februar 1890 zur Bielefelder 
Wahl: „Ich für meine Person hätte nichts 
agegen, wenn Singer hier ge 
wählt würde, einmal Ditfurths wegen 
und zum andern, weil die sozialistische 
Hochfluth nachgerade als das 
inzige Heilmittel erscheint." Es 
l?at eine Zeit gegeben, in welcher in 
Magdeburg der Polizei-Präsident 
bei der Stichwahl aufforderte, für den 
Sozialdemokraten gegen den Fort- 
chriktsmann Büchteman zu stimmen. Mi 
nister v. Puttkamer erklärte im Abge 
ordnetenhause zu den Berliner Stadt 
verordnetenwahlen, daß es keinem Schutz 
mann verübeln würde, wenn derselbe bei 
den Stichwahlen für einen sozial 
demokratischen Kandidaten gegen 
einen freisinnigen seine Stimme abgeben 
würde. 
Die „Köln. Ztg." erkennt heute die 
ruhigere maßvolle Tonart der „Kreuz-Ztg." 
an und fordert die konservative Partei 
auf, mit Catilinarien, namentlich mit 
Stoecker das Tischtuch zu zerschneiden, da 
mit, wenn auch kein Cartell, immerhin 
doch Beziehungen zwischen den Conferva 
tiven und anderen Parteien auf dem Fuße 
des achtungsvollen Verkehrs sich vollziehen. 
Die Conservativen sollten eine reinliche 
Scheidung vornehmen. Mit der conferva 
tiven Partei ohne Catilinarien seien nor 
male Beziehungen wünschenswertst 
Folgender Brief ist, dem „Konfektionär" 
ufolge, neulich an eine Berliner Firma ge- 
linken Hand dem starken Manne einen 
Stoß versetzte, daß dieser zurücktaumelte. 
„Wir werden uns morgen wiedersehen! 
knirschte Maitland und verließ das Gefängniß 
(Fortsetzung folgt.) 
richtet worden, die einen Kunden kräftig ge 
mahnt hatte: Herren B. & Co., Berlin 
Einliegend empfangen Sic einen Chek von 
2020 M., den Gcgmwerth belieben Sie bei 
der Hauptkasse der Deutschen Bank zu er 
heben und den Betrag zum Ausgleich ihrer 
Fakturen vom 3., 6. und 17. Mai benutzen 
zu wollen. Ich bitte um Empfangs-An 
zeige und empfehle mich hochachtungsvoll 
Karl R. P. S. So würde ich Ihnen ge- 
schrieben haben, wenn ich in der Lage wäre, 
Ihnen zu zahlen. Leider bin ich aber ge 
zwungen, meine Zahlungen einzustellen, und 
offeriere Ihnen einen Akkord von 30 pCt." 
Fühlbarer Wassermangel ist in 
Folge der anhaltenden Trockenheit in einigen 
Dörfern der Mark eingetreten. Nicht nur 
einzelne Brunnen wollen versiegen, auch 
die kleinen Dorfteiche, die in Fällen der 
Feuersgefahr das Löschwasser spenden 
müssen, sind vertrocknet. Da alle Feld 
grüben und Tümpel gleichfalls alle trocken 
ind oder nur noch wenig schmutziges 
Wasser enthalten, leidet das Wild neben 
hochgradiger Jnsectenplage an quälendem 
Durste. Aus weiter Ferne dringen die 
Rehe an den Tegeler See vor, um sich 
durch einen frischen Trunk zu erquicken. 
Gegen große Kornhäuser hat 
sich in Danzig der Beirath der Raiffeisen'' 
schen Genossenschaften ausgesprochen. Vor 
sitzender dieses Beiraths sind Abg. v 
Puttkamer - Plauth und Generalsekretär 
Steinmeyer. Der Beirath erklärt in einer 
Resolution die Errichtung großer Korn 
Häuser an den Haupthandelsplätzen für 
unzweckmäßig. Er will vielmehr den Bau 
kleiner Speicher an den Bahnhöfen mit 
Hilfe der Unterverbände der Raiffeisen'schen 
Genossenschaften in's Auge gefaßt wissen. 
Einer Meldung aus Oberseibcrt zufolge 
verbrannte die Wittwe Boelcing, deren 
Kleider am Herdfeuer sich entzündeten, vor 
den Augen ihres Kindes. Die Frau war 
gichtbrüchig, daher konnte sie sich selbst 
nicht retten. 
Darmstadt, 7. Sept. Auf der hessischen 
Ludwigsbahn ereignete sich heute ein 
schweres Unglück. Der nach Bensheim 
abgelassene Arbeiterzug überfuhr den 
Fuhrmann Rothenburger aus Moer- 
felden, der mit einem zweispännigen 
Kartoffel-Fuhrwerk bei der Station Weiter 
stadt das Geleise passirte. Rothenburger 
und die beiden Pferde wurden zermalmt. 
Die Barriere war nicht geschlossen. 
In einen mit Säure gefüllten 
Kessel fiel in Rieder-Ingelheim in der 
chemischen Fabrik von Beringer der Vor 
arbeiter Ferdinand Weitzel. Er verbrannte 
derart, daß er alsbald unter großen Schmerzen 
starb. 
In Niederaula sind dreiWohnHäuser 
und vier g e f ü l l t e S ch e u n e n nieder 
ge dran nt. 
Coburg, 10. Septbr. Gestern Mittag 
fand auf Schloß Rossenau die Verlobung 
der Prinzessin Alexandra von Sachsen- 
Coburg und Gotha mit dem Erbprinzen 
zu Hohenlohe-Langenburg statt. 
Eisennach, 9. Sept. In der Hauptver- 
ammlung des Vereins deutscher 
Revisionsingeneure wurde von 
allen Rednern die Nothwendigkeit betont, 
behufs Verminderung von Unfällen die 
Aufsicht der Schutzvorrichtungen 
in gewerblichen Betrieben ausschließlich 
Beauftragten der Berufsgenossenschaften zu 
übertragen und durch Gesetz zu bestimmen, 
daß bei allen Neuanlagen sogleich die 
nöthigen Schutzvorrichtungen angebracht 
werden. Zum nächstjährigen Versammlungs 
ort wurde Berlin gewählt 
Gelsenkirchen, 8. Sept. Von den 
Tumultuanten, die am Dienstag die 
Front des Block'schen Hauses in der 
Friedrichstraße demolirten, sind bisher 
15 verhaftet und dem Gefängniß über 
liefert worden; sie werden sich wegen 
Landfriedensbruch zu verantworten 
haben. Die Untersuchung hat jetzt ergeben, 
daß der Handstreich wohl vorbereitet war. 
Zahlreiche Flaschen, mit denen nach den 
Fenstern geworfen wurde, enthielten, damit 
möglichst viel Schaden angerichtet werde, 
ätzende Flüssigkeiten. 
In Witten fand in der Nacht zum 
Montag bei Gelegenheit der Kirmesfeier 
eine große Schlägerei zwischen jungen 
Burschen statt. Zwei Arbeiter wurden 
erstochen. 
Neustadt, 8. Sept. Eine hübsche 
Illustration zum bayrischen Partei 
wesen bildet folgender Auszug aus der 
Rede, die der Kandidat des Bundes der 
Landwirthe zur Befürwortung seiner 
Landtagskandidatur hielt: „Früher habe 
er allerdings auf konservativem Stand 
Punkt gestanden. Er stehe auch heute in 
mancher Hinsicht noch auf demselben. . . . 
Selbstverständlich werde er im Land 
tag der liberalen Partei beitreten. 
Das Dorf Eppelheim bei Heidelberg 
wurde am Sonnabend durch eine große 
Feuersbrunst heimgesucht, die mehrere 
Gebäulichkeiten in Asche legte. Auch Vieh 
verbrannte. 
Mit einem Deficit von 60 000 Mk. hat 
die diesjährige Ausstellung der Deutschen 
Landwirthschafts-Gesellschaft in Köln ab 
geschlossen. 
Würzburg, 9. Sept. Einen neuen 
Beürag zum Kapitel „ B a u s ch w i n d e l 
liefert ein Bericht der Handelskammer für 
Untcrfranken und Aschaffenburg. Es ist 
aus ihm ersichtlich, daß in Würzburg 
binnen Jahresfrist fünfzig Häuser zur 
Zwangsversteigerung kamen. Die be 
theiligten Handwerksmeister verloren dabei 
mehr als eine halbe Million Mark 
Von den in Konkurs gerathenen Unter 
nehmern waren etwa zwei Drittel von 
vornherein vollständig vermögenslos 
Einer großen Anzahl mußte außervem die 
persönliche Befähigung zur B auleitung ab 
gesprochen werden. 
In Traunstein durchschnitt der 
Metzgersohn Spatz dem Drechslermeister 
und Waldaufseher Niggl in dessen Werkstatt 
den Hals, so daß Niggl nach einigen 
Augenblicken todt umsank. Die That des 
angeblich irrsinnigen Spatz geschah aus 
Rache, weil Niggl den Hund des Spatz 
erschossen hatte. Der Mörder wurde ver 
haftet. 
Leipzig. Die dauernde Gewer beausstellung 
bildet jetzt zur Michaelismesse einen hervor 
ragenden Anziehungspunkt. Vermöge der 
großen Reichhaltigkeit, we lche in Bezug 
auf die verschiedenartigen t äglich in Betrieb 
gezeigten Motoren vorhanden ist, ergiebt 
die sehr natürlicheThatsache, daß gelegentlich 
des Meßbesuches viele Ankäufe von Motoren 
und anderen Maschinen gemacht werden. 
Beschlagnahmt wurde eine 
Nummer der sozialdemokratischen Magde 
burger „Volksstimme"; der beanstandete 
Artikel ist überschrieben „Merkwürdige 
Ansichten eines Staatsanwalts". Das 
Blatt läßt die Nummer erscheinen ohne 
jenen Artikel; an der Stelle wo dieser sich 
befand, sind zwei Hände, die auf das 
Wort „konfisziert" weisen. 
Hannover, 8. Sept. Der Redakteur 
Friedrich Rauch vom sozialistischen 
Volckswillen" wurde auf Antrag der 
Staatsanwaltschaft wegen M a j e st ä t s 
beleidigung verhaftet. Wegen eines 
Leitartikels, „Ein Kaiserwort", worin die 
vielbesprochene Kaiserrede kritisirt wurde, 
ist die betr. Zeitungsnummer in der 
Druckerei und in den Wirthschaften beschlag 
nahmt worden. 
Ein Riesenkringel gelangte am Freitag 
im Etablissement der Wwe. Groth an der 
Elb-Chaussee in Hamburg zur Berspeisung 
Der Verein Hamburger Bäcker und 
Konditoren hielt nämlich an diesen. Tage 
eine Festlichkeit daselbst ab und lieferte als 
Imbiß zum Kaffee einen für 250 Personen 
ausreichenden Kringel, der etwa 3 Meter 
Länge und V/ 2 Meter Breite hatte. Der 
gewaltige Kringel wurde auf einem Roll 
wagen an seinen Bestimmungsort ge 
bracht. 
Hamburg, 9. Sept. Die Zutrift zum 
heutigen Viehmarkt betrug 2361 Stück 
Der Handel >var unverändert und verblieb 
kein Ueberstand Beste Waare bedang 
63—66 Mk.. geringere 54—60 Mk. T 
Hammelmarkt war flau. Bon den am 
Markt befindlichen 2396 Stück verblieb 
Ueberstand. 
Ein Töpfer in Hamburg verklagte einen 
Tapezierer der einen Nähstein mit grünem 
Sammt überzogen, aber als Polsterung 
lten Harzkäse genommen habe, der bei 
dieser Hitze einen abscheulichen Geruch ver 
breitete. 
Brovirkzieües. 
Altona, 9. Sept. In Sachen des zum 
Tode verurtheilten Breitrück sind weitere 
Schritte von dem in Vertretung des von 
hier abwesenden Rechtsanwalts Dr. Suse 
als Vertheidiger des B. fungirenden 
Rechtsanwalt Dr. Peppler eingeleitet wor- 
den. Auf die Eingabe des Vertheidigers 
an den Justizminister, ihm ein Protokoll 
über die Vernehmung des jetzt im Zucht 
hause zu Celle detinirten Malergesellen 
Bendler, der sich selbst des dem Breitrück 
zur Last gelegten Verbrechens beschuldigt 
haben sollte, zugehen zu lassen, ist dem 
Vertheidiger eine Einsichtnahme der staats 
anwaltlichen Akten gestattet worden. Ueber 
die Bekundungen des Bendler selbst ist 
mitzutheilen, daß derselbe der eigentlichen 
Mordthat nicht sich, sondern einen anderen, 
hier in Berbrecherkreisen angeblich bekannten 
Menschen bezichtigt, jedoch will er mit 
noch zwei anderen, der Behörde bekannten 
Menschen Beihülfe geleistet haben. Es 
ind Nachforschungen nach denselben seitens 
der Staatsanwaltschaft angestellt worden. 
Außerdem sollen sich auch nach von Rechts 
anwalt Dr. Peppler angestellten Er 
Mittelungen andere Angaben des Bendler, 
deren Veröffentlichung zur Zeit unthunlich 
theilweise bestätigt haben, weshalb Dr. 
Peppler sofort einen umfangreichen Antrag 
auf Wiederaufnahme des Verfahrens gegen 
Breitrück beim hiesigen Landgericht gestellt 
hat. Vor allem wird beantragt, den 
Bendler, der bisher nur von einem unter 
geordneten Gefängnißbeamten vernommen 
tzin soll, richterlich vernehmen zu lassen. 
In Fischbek wurde das bei dem dortigen 
Torfmoor belegene Wohnhaus „Bockhorn" 
des Anbauers Wriedt ein Raub der 
Flammen. Da die Bewohner beim Aus 
bruch des Feuers nicht anwesend waren, 
o wurde von dem Inventar nichts gerettet. 
Auch kamen zwei Schweine, eine Ziege, 6 
Hühner, ein Hund und eine Katze in den 
Flammen um; nur ein Schwein wurde ge: 
rettet. Man vermuthet Brandstiftung 
Glückstadt. Der Störfang in der Elbe 
und deren Nebenflüssen, dem früher zahl 
reiche Bewohner des diesseitigen Ufer ob 
lagen und der für manchen derselben eine 
Quelle des Wohlstandes gewesen ist, ist 
in - den letzten 10 bis 15 Jahren soweit 
zurückgegangen, daß die Ergebnisse der 
letzten Jahre kaum ausreichen, die Geräth- 
chaften im Stande zu halten. Beispiels 
weise sind in diesem Sommer von 16 
Fischern in Glückstadt und Umgegend nur 
46 Störe, 24 Rogener und 22 Milchener, 
zum Verkaufswerth von 2230 Mk. ge 
angen worden. Eine genügende Er 
klärung für das spärliche Auftreten der 
Störe ist bis jetzt noch nicht gefunden. 
Unter den Fischern ist allgemein die An- 
icht verbreitet, daß die Thiere wegen des 
regen Dampferverkehrs nicht die zum 
Laichen nöthige Ruhe finden und daher 
die Elbe meiden. Der Umstand, daß in 
diesem Jahre in der Eidermündung zahl 
reiche Störe gefangen werden, nachdem seit 
Eröffnung des Kaiser-Wilhelm-Kanals der 
Verkehr von dort abgelenkt ist, scheint 
diese Annahme zu bestätigen. 
Das in Krempe durch Stiftung des 
Herrn Ahsbahs-Paris entstandene Kranken 
haus erfreut sich in Krempe und Umgegend 
großer Beliebtheit. Bei Gründung der 
Anstalt waren 780 Krankentage in Aus 
sicht genommen für die Berechnung, im 
letzten Jahre wuchs indessen die Zahl be 
reits auf über 1900 an. Die Preise sind 
seitens des Verwaltungsrathes nun so ge 
stellt, daß die Stiftungskasse thatsächlich 
zusetzt bei jedem Kranken. Bei großem 
Besuch würde die Kasse das nicht lange 
aushalten können, da aber der Stifter, 
John Asbahs, der in diesen Tagen hier 
auf Besuch weilt, eine Erhöhung des 
Krankengeldes nicht wollte, so hat der 
selbe dem Stift weitere Zuwendungen ge 
macht, welche genügend sind, um die 
Krankengelder-Erhöhung zu umgehen. Die 
noch immer ausstehende Weihe des Stiftes 
hat mit Rücksicht auf die Krankheit der 
Frau Ahsbahs-Paris^ noch wieder hinaus 
geschoben werden müssen. 
Itzehoe, 7. Septbr. Nachdem am 6. 
Juni cr. die feierliche Einführung der 
19. März cr. zur Aebtissin des hiesigen 
adeligen Convents gewählten Prinzessin 
Marie zu Schleswig - H olstei n 
Glücksburg stattgefunden, wird die Frau 
Aebtissin Mitte Oktober cr. ihren ständigen 
Wohnsitz in Itzehoe nehmen. Die Frau 
Herzogin-Wittwe Adelheid zu Schleswig- 
Holstein-Glücksburg wird ihre Hofhaltung 
auf Schloß Louisenlund bei Schleswig 
aufgeben und zu dem gedachten Zeitpunkte 
ebenfalls nach Itzehoe übersiedeln. Hierorts 
ist man über diesen Wvhnortswechsel zu 
Gunsten Itzehoes auf das höchste erfreu! 
Der miîtelholsteinische Bieueuzuchtverein 
veranstaltet im Verein mit den Nachbar 
vereinen Kiel, Preetz, Bramstedt und dem 
Verein an der Trade am 20. bis 22. 
September d. I. eine bienenwirthschaftliche 
Ausstellung im Conventgarten zu Neu 
münster. 
ş Bordesholm, 10. Sevt. Dem dieser 
Tage hier abgehaltenen Remontemarkt 
waren 120 Pferde, durchweg guter Ware, 
zugeführt. Es wurden von der Kommision, 
15 Thiere angekauft und mit Preisen von 
650 — 1000 Mark bedacht. Auch waren 
viele Händler erschienen, die noch eeinig 
Käufe abschlössen. — Herr Dr. Philipp 
wird unsern Ort verlassen und wieder nach 
Berlin zurückkehren. Als sein Nachfolger 
wird Herr Dr. med. Rendorf aus Kiel be 
zeichnet. 
Die Cantine der Kaiserlichen Werft zu 
Kiel hat auf den benachbarten Höhen ein 
Grundstück von rund 11 Hektar/Größe er- 
worben, welches für die Arbeiter als Park 
eingerichtet, und in dem auch demnächst 
ein Erholungshaus erbaut werden soll. 
Ein Theil ist vorläufig noch in kleinen 
Stücken an Arbeiter verpachtet, eine Fläche 
von 10 000 Quadratmeter als Turn- und 
Spielplatz horizontal eingeebnet. Es ist 
geplant, daß dort in nächster Zeit die 
Lehrlinge der Werft an Sonntagen in 
Jugendspielen ^unterwiesen werden, daß 
aber auch die Schuljugend an Wochentagen 
unter Aufsicht ihrer Lehrer den Platz be- 
nutzen darf. 
? Kiel, 8. Sept. Zu dem heute Nach 
mittag auf der Holzrennbahn am Rondeel 
stattgehabten Herb st- Rad-Wettfahren 
des Rennvereins Xoler-Radfahrer waren 
fast sämmtliche Radfahrer - Vereine der 
Provinz erschienen; auch der Rendsburger 
B.-Cl. von 1894 war vertreten. Ein 
außerordentlich zahlreiches Publikum, dar 
unter viele Auswärtige, schauten den ein 
zelnen Rennen zu; besonders interessant 
gestaltete sich das Wettfahren durch die 
Mitwirkung des Meisterschaftsfahrers von 
Deutschland, Chr. Mew es. Die Bahnlänge 
wechselte zwischen 4000 und 1200 Meter. 
Es kamen im Ganzen 9 Rennen zum 
Austrag und zwar: 1. Erstfahren für 
Zweiräder: Sieger Ernst Meyer-Flens 
burg, R.-V. 2. Niederrad-Haupt 
fahren: Erster: Chr. Mewes, Meister- 
schastsfahrer von Deutschland über 10 000 
Meter. 1895/96. 3. Ermunterungs 
fahren für Niederräder: Sieger: 
O. Christiansen-Flensburg. 4. Gau- 
Vorgabefahren für Niederräder: 
Erster: Fritz Erich, Kieler R.-B. v. 1882. 
5. Jugendfahrer für Niederräder: 
Erster: Adolph Warncke, Lübecker B.-Cl. 
Vorwärts". 6. Großes Niederrad- 
Vorgabefahren: Sieger: Chr. Meives, 
Meisterschaftsfahrer von Deutschland. 7. 
Doppelsitz - Niederrad < Vorga be 
fahren: Erstes Paar: Carl Jansen und 
Fritz Erich vom Kieler R.-V. v. 1882. 
Kiel, 3. Sept. Dieser Tage sind vom 
Vorstande für die Ausstellung der Provinz 
Schleswig-Holstein in Kiel 1896 die Pro 
gramme der Provinzial-Gewerbe-Ausstellung 
und der internationalen Schifffahrts-Aus- 
Stellung, sowie auch die Gruppeneintheilungen 
für beide Ausstellungen fertiggestellt worden. 
Die Gewerbe-Ausstellung umfaßt in 21 
Gruppen wohl alles, was bei einer syste- 
malischen Vorführung der gesammten 
gewerblichen Verhältniffe unserer Provinz 
in Betracht kommen kann. Für die inter 
nationale Schifffahrts - Ausstellung ein- 
chließlich Fischerei - Ausstellung, welch' 
letztere bekanntlich als ein Theil der erste 
ren gedacht wird, sind im ganzen 25 
Gruppen vorgesehen. — Gegenwärtig sind 
fast alle Ausschüsse der Ausstellung fleißig 
an der Arbeit. 
_= Kapprin, 10. Sept. Am nächsten 
Sonntag findet im hiesigen „Strandhotel" 
ein Kostüm-Saalfest des hiesigen Radfahrer- 
Vereins statt. Die Kunstfahrer Herren 
Max Winter und Emil Rabe aus Hamburg, 
sowie der Angler Radfahrer-Verein haben 
ihre Mitwirkung zugesagt. Das Fest wird 
sich allem Anscheine nach recht großartig 
gestalten. Das Programm wird wie folgt 
ausgeführt: 2 fthr Empfang der Radfahrer 
im Hotel „Stadt Hamburg", 3 Uhr 
Ordnen des Zuges zur Korsofahrt mit 
Musik durch die Stadt, 4 Uhr Saalfahren, 
8 Uhr Festball. Das Saalfahren wird 
sich sehr mannigfaltig gestalten, und wird 
ein Reigenfahren, ein Hochrad-Duett, ein 
Quadrillefahren und ein Einrad-Solo statt- 
finden. — Die Ernte ist in hiesiger Gegend 
so ziemlich beendigt, nur auf den großen 
Güter befindet sich noch viel Korn auf den 
Feldern. — Gestern fand in hiesiger Kirche 
die Spezial-Visitation durch den Herrn 
Pröpsten Hansen aus Töstrup statt. ' Ge- 
prüft wurde die hiesige Oberknabenklasse und 
die Schule zu Maasholm. 
Ein Eierausfuhrverein bildete sich in 
Christiausfeld (Nordschleswig),_ dem 180 
Mitglieder beitraten. Die Eier werden 
täglich, Donnerstags ausgenommen, von 
dem Kaufmann Jensen-Tyrstrup in Emp- 
fang genommen, um direkt nach London 
versandt zu werden. 
Die Schweineseuche tritt in den Kögen 
und Marschen nördlich von Husum sehr 
stark auf. Auf den Inseln sollen fast 
sämmtliche Schweine durch diese Krankbeit 
hinweggerafft worden sein. 
Am 5. d. Mts. kamen von Husum aus 
131 Eisenbahnwagen-Ladungen Fettvieh 
zur Versendung.
	        
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