Full text: Newspaper volume (1895, Bd. 2)

mal für den Aufrührer Meyer errichten 
wolle, könne man ebensogut dasselbe für 
den früheren dänischen Offizier, den deut 
schen Generalfeldmarschall Moltke, thun. 
Sollte aber wirklich der Schandfleck auf 
uns ruhen, daß „Deutsche-Meyer" hier ein 
Denkmal erhält, so müsse man bei der 
Enthüllung das „Schleswig-Holstein meer 
umschlungen" singen. So weit kann der 
verblendete Chauvinismus gehen! 
England. 
Ueber den Geschmack darf man 
nicht streiten, und so muß man sich 
auch darauf beschränken, mit gebührendem 
Respekt davon Kenntniß zu nehmen, daß 
die englische A r i st o k r a t i e die Mode 
des Tätowirens immer weiter aus 
gestaltet. Das Fachblatt „Medical Preß 
and Circular" bringt darüber erbauliche 
Mittheilungen. Eine große Anzahl von 
Mitgliedern des Hauses der Lords trägt 
umfangreiche Tätowirungen am Körper. 
Die Einen begnügen sich mit bloßen Buch 
staben, Andere haben Wappen und Waffen 
in den verschiedensten Farben. Selbst ein 
königlicher Prinz trägt eine künstlerisch 
ausgeführte Zeichnung auf seinem Unter- 
arm. Bon einem wohlbekannten Mitglied 
des Unterhauses wird sogar bestimmt ver- 
sichert, daß sowohl er wie seine Gattin und 
fünf Kinder mit eingebrannten Angaben 
ihres Namens, sowie Titels und elbst 
ständiger Adresse versehen seien, damit sie 
bei etwaigen Unglückssällen sofort kenntlich 
seien. 
Frankreich. 
In Südfrankreich hat das Verbot 
der Stiergefechte böses Blut gemacht. 
In Bayonne fanden am Sonntag vor der 
Präfektur und der Mairie heftige Kund 
gebungen gegen das Verbot der Abhaltung 
von Stierkämpfcn statt. Die Gendarmerie 
griff die Menge an und verwundete drei 
Personen unerheblich. 
Ein Schaffner der Paris-Lyon-Mittel 
meerbahn, Namens Th. ist, wie aus Oran 
gemeldet wird, seit Sonntag verschwunden. 
Man vermuthete zuerst, daß er einen Selbst 
mord begangen, als der Generalsteuerein 
nehmer von Oran gestern die Mittheilung 
erhielt, daß eine Summe von 100,000 
Francs, die er am Sonntag nach Macheria 
gesandt hatte, nicht an ihren Bestimmungs 
ort gelangt ist. Man glaubt nunmehr, 
daß der Schaffner sich den Betrag ange- 
eignet hat und damit nach Spanien ge 
flohen ist. 
Belgien. 
Brüssel, 2. Sept. Infolge einer Untere 
suchung über ernste Meutereien in der 
Militärschule, hat der Kriegsminister 
die Entfernung von sechs Zöglingen ver 
fügt. 
Türkei. 
Die letzten Nachrichten aus Makedonien 
lauteten sehr bedenklich. Bei Prilep, 
Kitschew und Serres ist die Anwesenheit 
von Banden festgestellt, welche mit 
Dynamitbomben ausgerüstet sind. 
Letztere wurden auch bei dem Angriff auf 
die Ortschaft Malko Tirnowo im Vilajet 
Adrianopel angewandt, wo man die 
Kaserne und die Regierungsbureaux in die 
Luft sprengte. 
— Kaiser Wilhelm hat den Capitän 
Lieutenant Burski, welcher den Korvetten 
Capitän Mittler im Duell erschoß 
und zu Festungshaft verurtheilt wurde 
begnadig t. 
— Der Kaiser hat, wie dem „L.-A." 
aus Konstantinopel gemeldet wird, dem 
Sultan Abdul Hamid zum Jahrestage 
seiner Thronbesteigung durch ein Telegramm 
seine Glückwünsche ausgesprochen. 
— An den Kais ermanövern nehmen 
weiter theil: Prinz Victor von Italien 
mit dem Adjutanten Grafen di Robilant 
und Feldmarschall Lord Roberts. 
— Der König von Sachsen hat am 
Montag-Abend Berlin verlassen und sich 
nach Dresden zurückbegeben. Der König 
von Württemberg ist am Dienstag 
nach Stuttgart zurückgekehrt. 
— Der Sedantag ist überall im 
Reiche, begünstigt vom herrlichsten Wetter 
festlich begangen worden. In Berlin 
wahrte den militärischen Charakter der 
Feier die große Herbstparade auf dem 
Tempelhofer Felde. Derselben wohnten 
neben dem Kaiser und anderen Fürstlich 
keiten auch der König von Sachsen und 
der König von Württemberg bei. Die 
Rückkehr vom Paradefeld erwartete eine 
nach Tausenden zählende Menschenmenge 
die durch jubelnde Zurufe ihre Theilnahme 
kundgab. Unter den Linden waren etwa 
30,000 Berliner Schüler und Schülerinnen 
aufgestellt. In sämmtlichen Schulen der 
Der Riese legte bedeutsam den Finger um 
den Mund. 
„Ich habe volles Vertrauen zu Ihnen 
Herr Baron," sagte er, denn ich kenne ge- 
wisse Personen, an denen Sie sehr edel ge 
handelt haben. Aber ich bitte Sie, Niemandem 
zu verrathen, daß Sie mich hier gesehen 
haben. Die Spürhunde sind hinter mir her 
wegen eines kleinen Streiches, den ich vor 
einiger Zeit verübte, und ich gedenke daher 
eine Reise über das Meer zu machen." 
(Fortsetzung folgt.) 
Stadt wurde die Feier durch festliche Akte 
und Prämienvertheilungen begangen. Im 
Berliner Rathhaus gaben die städtischen 
Behörden am Sonntag den Veteranen von 
1870/71 ein festliches Mahl. In den 
Vororten Berlins hielten beispielsweise die 
Kriegervereine festliche Veranstaltungen ab. 
Die Sedanfeier in Berlin bekundete mit 
dem reichen Festschmuck, den die Stadt an 
gelegt hatte, die freudige Antheilnahme der 
Bevölkerung an dem Gedenktag. Aehnlich 
verlief auch sonst die Erinnerungsfeier, die 
nst überall das gleiche Bild bot. Ein eigen 
artiges Schauspiel bot eine Feier in Rüdes 
st eim vor dem Niederwalddenkmal, ander 
ich 3000 Personen, darunter auch die Be 
satzung des vor Caub liegenden Torpedo 
boots 8 55, betheiligten. Den Schluß 
des Festaktes bildete dort eine Parade der 
Kriegervereine. In Süddeutschland ist 
die Erinnerung an Sedan ebenso festlich 
wie in Preußen begangen worden. Die 
bayrische Hauptstadt München trug reichen 
Flaggenschmuck. Am Sonntag-Abend fand 
ein Fackelzug statt, an dem insgesammt 
über 2000 Fackelträger theilnahmen. Bürger 
meister Brunner gedachte der Kriegsthaten 
und schloß mit einem begeistert aufge 
nommenen Hoch auf Kaiser und Reich. 
In Vertretung des Prinzregenten hielt 
Prinz Leopold an den Festzug eine An- 
prache. In der sächsischen Hauptstadt fand 
ebenfalls ein Festzug statt. — Auch die 
Deutschen im Auslande haben sich an 
der Feier betheiligt. Die in London 
ansässigen deutschen Veteranen veranstalteten 
gemeinsam mit dem deutschen Radfahrer- 
klub eine erhebende Gedenkfeier. Es wurde 
beschlossen, Huldigungstelegramme an den 
Kaiser und den König von Sachsen abzu 
senden. — In den meisten Städten der 
Vereinigten Staaten begingen Sonntag 
die Deutschen feierliche Veranstaltungen. 
Berlin, 3. Sept. Die sozialdemo 
kratische Presse hat sich bei Bespre 
chung der Sedanfeier grober 
Taktlosigkeiten, sowie gemeiner 
Schmähungen der Feier schuldig ge 
macht. Soweit davon überhaupt in der 
Feststimmung des Volkes Notiz genommen 
worden ist, hat dies Gebühren sicherlich 
der Sozialdemokratie keinen Vortheil ge 
bracht. Es ist dem sozialdemokratischen 
Gencralstab nicht einmal gelungen, die 
eigenen Parteigenossen von der Feier in 
der Oeffentlichkeit auch nur zum größeren 
Theile fern zu halten. Nicht „Krieg und 
Mordkultus", so wird man auch in diesen 
Reihen empfunden haben, ist am Sedan- 
tage gefeiert worden, sondern der Zusam 
menbruch des französischen Cäsarenthums, 
welches sich der deutschen Einigung ent 
gegenstellte, ein militärischer Erfolg, wel 
cher dem Kriege die entscheidende Wendung 
zu Gunsten Deutschlands gab und die 
ersten begründeten Aussichten brachte für 
die Wiedererlangung des Friedens. Die 
Reaktion der Volksstimmung gegen das 
sozialdemokratische Treiben würde sich, so 
schreibt die Freis. Ztg., voraussichtlich in 
einer für die Sozialdemokratie wenig er 
baulichen Weise geltend gemacht haben 
wenn nicht die von der Sozialdemokratie 
zur Erörterung der Sedanseier angesetzten 
Versammlungen verboten worden wären 
Wir wissen nicht, auf Grund welches Ge- 
etzesparagraphen dieses Verbot erfolgt ist. 
Anscheinend hat dasselbe einen generellen 
Charakter über Berlin hinaus. 
Der „Vorwärts" bramarbasirt jetzt da 
mit, daß, da es den Berliner Arbeitern 
unmöglich gemacht worden sei, öffentliche 
Versammlungen zu halten, die sozialdemo 
kratischen Vertrauensmänner Berlins ihren 
ranzösischen Parteifreunden die nachfol 
gende Sympathiekundgebung übermittelt 
hätten: „Am 25. Jahrestag der Schlacht 
von Sedan senden als Protest gegen Krieg 
und Chauvinismus den französischen Ge 
nossen Gruß und Handschlag. Hoch die 
Völkersolidarität!" Französischer Chauvi 
nismus ist es gerade gewesen, der den 
Krieg von 1870 entzündet hat, und die 
Völkersolidarität der Sozialdemokratie er 
wies sich vollkommen ohnmächtig zur 
Niederhaltung jenes Chauvinismus. 
— Die meisten Abendblätter besprechen 
den gestrigen Trinkspruch des Kaisers in 
längeren Ausführungen. Die „Kreuzztg." 
sagt: „Wir dürfen bei dem Kampf, zu 
dem uns der Kaiser ruft, eines nicht ver 
gessen. Es sind nicht sowohl die uto 
pistischen staatlichen, gesellschastlichen und 
wirthschaftlichen Theorien der Sozial 
demokratie, die einen Theil unseres Volkes 
an den Erinnerungstagen der Nation 
fernstehen lassen, als vielmehr seine im 
wahnsinnigen Haß gesteigerte, unserem 
Volke nur zu sehr anhaftende Steigung 
zur einseitigen Kritik alles Bestehenden 
Der kaiserliche Appell an das deutsche 
Volk ist ein Aufruf zur Selbsterkenntniß 
und zur inneren Sammlung." — Die 
„Nat. Ztg." führt aus: „Die Empörung, 
die aus den Worten des Kaisers heraus 
klingt, wird sicherlich von allen denen ge 
theilt, welche von der schlechthin nichts- 
würdigen/ an das frivole Treiben der 
Herren Liebknecht und Genossen nach dem 
Nobiling'schen Attentat erinnernden Hal 
tung sozialdemokratischer Blätter einige 
Kenntniß haben." — Die „Bert. Neuest 
Nachr " betonen, die Ursache der Unfähig 
feit, Mittel und Wege zur Bekämpfung 
der Sozialdemokratie zu schaffen, liege in 
dem Mangel an Initiative von leitender 
Stelle her. Das Volk wolle angeleitet 
und geführt sein; ohne Führer zersplittere 
es seine Kräfte in rathlosen Experimenten 
und verfehle es die rechten Wege. Es sei 
unbedingt geboten, die Bolkskraft für neue 
Gesetze in Thätigkeit zu setzen, welche zur 
Bekämpfung der Sozialdemokratie die er 
forderlichen Handhaben böten. — Die 
„Boff. Ztg." fühlt sich gedrungen, warnend 
ihre Stimme dagegen zu erheben, daß 
man tmederum den Weg neuer Straf 
gesetze zu betreten versuche, so sehr sie 
auch die sozialdemokratischen Ausschreitungen 
urtheile. — Das „Berl. Tagebl." führt 
aus, es liege leider die Gefahr vor, daß 
die kaiserliche Mahnung von Leuten, denen 
es nur um ihre egoistischen Sonder 
bestrebungen zu thun sei, benutzt werde, 
nur für eine Knechtung der freien Meinungs 
äußerung im Reiche Stimmung zu machen. 
„Wir scheinen vor einem ähnlichen Feld 
zuge zu stehen", so schreibt das „Berliner 
Tagebl.", „wie im vorigen Jahre." — 
Die „Post" beschränkt sich heute nur dar 
auf, zu sagen, die scharfe Berurtheilung 
der sozialdemokratischen „Rotte" werde 
hoffentlich dem Volke für alle Zeiten 
unvergeßlich bleiben. — Die „Börsen 
Zeitung" schließt ihren Artikel folgender 
maßen: „Die Regierung wird nun ange- 
ichts der Stellungnahme des Monarchen 
zur dringlichsten Zeitfrage nicht mehr 
zögern dürfen, offen vorzugehen und ein 
Versteckenspiel, wie bei der Umsturzvorlage, 
als verfehlt anzuerkennen. — Der „Reichs 
bote" bezeichnet die ernsten Worte, welche 
der Kaiser gegen das vaterländische Ge 
bahren der Sozialdemokratie richtete, seien 
ein rechtes Wort zur rechten Zeit, das der 
großen Mehrheit der Nation aus dem 
Herzen gesprochen sei. —■ Die „Volks- 
Zeitung" ist der Ansicht, die einzig richtige 
und unbezweifelbare Auslegung der Rede 
des Kaisers werde nur gegeben werden 
können durch die gesetzlichen Maßnahmen 
und Vorschläge, die voraussichtlich an den 
Reichstag gelangen werden, sobald er wie 
der zusammentritt. — Die „Frankfurter 
Zeitung,, leitartikelt über den gestrigen 
Trinkspruch des Kaisers und glaubt, der- 
elbe werde der bereits seit einiger Zeit 
betriebenen Agitation für ein Ausnahme 
gesetz willkommene neue Nahrung geben. 
Die Agitation werde, fürchtet das Blatt, 
die Welt bald mit ihrem Lärm erfüllen 
und könne leicht die Regierung mit sich 
-ortreißen. Geschehe dies und hole man 
das Ausnahmegesetz vom Jahre 1898 aus 
der Versenkung hervor, in welche man es 
1890 unter fast allgemeiner Zustimmung 
des deutschen Volkes verschwinden ließ, 
ei der Regierung eine neue Niederlage 
'icher. 
- In gegebener Veranlassung wird 
darauf hingewiesen, daß es für die Ange 
hörigen verstorbener Kriegstheilneh 
mer ein Interesse hat, deren Ehren 
und Dien st zeichen sorgfältig aufzube 
wahren. Es wird zugleich an eine höheren 
Orts erlassene Verfügung erinnert, wonach 
die Betreffenden Denkzeichen überall in 
den Kirchen zum Gedächtniß der verstor 
denen Kampfgenossen aufbewahrt werden 
dürfen. Nachlebende Verwandte sollten 
von dieser Erlauvniß stets Gebrauch ma 
chen, wenn die Gefahr vorliegt, daß an 
dernfalls die betreffenden Ehren- und 
Dienstzeichen verloren gehen könnten. 
Berlin, 3. Sept. Die a m e r i k a n i 
schen Veteranen besichtigten heute 
das Zeughaus, die Museen und das 
Rathhaus; sie speisten im Rathskeller, wo 
jedem eine illustrirte Denkschrift über das 
Rathhaus überreicht und das Krystallglas 
überreicht wurde, aus dem Kaiser Wil 
helm I. im December 1869 bei dem ersten 
Besuche des Rathhauses trank. Heute 
Abend findet eine gesellige Zusammenkunft 
statt. Morgen legen die Amerikaner an 
den Särgen Kaiser Wilhelm's I. im Mau 
soleum zu Charlottenburg, sowie Kaiser 
Friedrich's in der Friedenskirche zu Pots 
dam große Lorbeerkränze mit Atlasschleifen 
und der Inschrift: „Bon den deutschen 
Kriegervereinen Amerikas" nieder. Hieran 
schließt sich die Besichtigung Potsdam. 
Von Leipzig aus gedenken die Veteranen 
den Kyffhäuser zu besuchen. 
„Ein Fleischermeister, zwe 
Semester Jura studirt, sucht Stellung 
in irgend welcher Branche u. s. w 
So konnte man kürzlich, Wiedas „Intelligenz- 
Blatt" mittheilt, im Anzeigentheil einer 
Berliner Zeitung lesen. Jedenfalls hat 
der Herr bei der zur Zeit herrschenden 
Aussichtslosigkeit des akademischen Studiums 
geglaubt, daß beim „Ochsen" auf der 
Universität zu wenig herauskommen lvürde 
und sich daher lieber den Ochsen der 
Fleischerbank und des Viehhofes zugewandt. 
Daß er sich auch darin verrechnet hat, be 
weist seine Anzeige. 
Königsberg i. Pr., 3. Sept. Im Haupt 
gebäude der nordostdeutschen Gewerbe-Aus 
stellung wurde ein Theil des in einem 
Glasschranke ausgestellten ersten Haupt 
gewinnes der Ausstellungslotterie, Gold 
und Brillantgegenstände im Werthe von 
üb-r 6000 Mark, gestohlen. Für Er 
Mittelung der gestohlenen Sachen und des 
Diebes wurden 800 Mark Belohnung aus 
gesetzt. 
Eine Inhaberin des Ordens für 
Nichtkombattanten, die Frau Kiers- 
y, eine Jüdin, starb dieser Tage in 
Bromberg. Den Orden hat sie als Aner- 
kennung für die hingebungsvolle Pflege, 
die sie den verwundeten Kriegern von 
1870/71 angediehen ließ, erhalten. 
Ueber die Ermordung des lischauer 
Gendarmerieposten-Kommandanten 
achtmeisters Breierwird ausGmünd 
berichtet: Breier wurde Donnerstag-Nacht 
auf einem Patrouillengange nachNeu-Bistritz 
von Fischdieben erschossen, die er in dem 
Augenblick betroffen hatte, als sie in dem 
Teich bei deni Dorf Groß-Radischen fischen 
wollten. Als die Diebe die Flucht ergriffen, 
rief ihnen der Wachtmeister nach und gab, 
da sich einer der Diebe nach einem auf dem 
Boden liegenden Gewehr bückte, auf diese 
einen Schuß ab, worauf 2 der Flüchtlinge 
kürzten. Fast gleichzeitig schoß aber auch 
ein Fischräuber aus dem Hinterhalt nach 
dem Wachtmeister, der, das Gewehr im 
Anschlag, leblos auf den Rücken stürzte. 
Am nächsten Tage wurde die Leiche des 
Erschossenen nach Litschau gebracht, woselbst 
das Begräbniß unter großer Theilnahme 
am 24. d. M. stattfand. Am Tage vorher 
wurden bereits sieben von der Diebesbande 
eingeliefert, darunter zwei Verwundete, 
Namens Biedermann und Eggenberger. 
Die radischer Gegend ist wegen der ver 
wegenen Wilddiebe berüchtigt, und es ist 
dies innerhalb kurzer Zeit schon der dritte 
Fall, daß Gendarmen und Jäger überfallen 
wurden. Der erschossene Wachtmeister war 
38 Jahre alt und hinterläßt eine Wittwe 
mit drei Kindern. 
Das Feuer, daß über 250 Personen 
in Roßdorf obdachlos gemacht hat, ist durch 
die unglaubliche Gedankenlosigkeit eines 
15jährigen Burschen ausgekommen, der mit 
einem 4jährigen Kind in einer Scheune 
des Wenzel'schen Gutes spielte und pro 
biren wollte, ob die kurz vorher in Massen 
angefertigten Strohseile brennen würden. 
Die niedergebrannten Gebäude sind bis 
auf zwei versichert, dagegen nur sehr we 
nig Mobiliar. Der Herzog von Meiningen 
hat 2000 Ji für die Abgebrannten hinter 
lassen. Er unterhielt sich mit den Aerm 
ken, die weinend und klagend an den 
Trümmern ihrer Habe standen. Seine 
Abschiedsworte lauteten: „Die Katastrophe 
ist wohl schwer, aber eben so groß wird 
nach einigen Jahren die Freude sein, sie 
überstanden und sich in seinen wohnlichen 
Verhältnissen verbessert zu haben". Wäh 
rend das Schloß des Freiherrn v. Wech 
mar in Flammen aufging, hörte man rasch 
hintereinander zwei heftige Detonationen 
die man sich nicht erklären konnte. Jetzt 
hat man die Lösung des Räthsels: eine 
interessante Erinnerung an den Kampf vom 
4. Juli 1866 ist damit vernichtet worden 
Freiherr v. Wechmar hatte damals zwei 
Granaten aus seinem Parkteich aufgefischt 
die von den Preußen in den Marktflecken 
geschickt, aber in den Teich gefallen und in 
Folge dessen nicht krepirt waren. Die 
beiden Geschosse wurden sorgfältig unent- 
laden aufbewahrt. Durch die Gluth des 
Feuers sind sie nun explodirt: nach 29 
Jahren! Schaden haben die Spreng 
geschosse in dem brennenden Schlosse na 
türlich nicht mehr anrichten können. Die 
vermißten Kinder haben sich bei ihren El 
tern wieder eingefunden. 
Oldenburg, 3. Sept Geleitet von dem 
Erbgroßherzoge traf gestern mittelst Extra 
zuges dieLeiche der Erbgroßherzogin 
auf dem hiesigen Bahnhöfe ein, wo sie 
von dem Großherzoge und dem Herzog 
Georg empfangen und in festlicher Weise 
zur Aufbahrung nach dem Schlosse über 
führt wurde. Die Beisetzung findet 
Donnerstag 10 V 2 Uhr statt. 
Hannover hat bekanntlich für die Vete 
ranen von 1848—1870/71 eine Ehren 
gäbe von 10,000 Mk. bewilligt. Man 
hatte die Zahl derselben auf etwa 300 
aitgenommen, von denen jeder 30 Mk. er 
halten sollte. Jetzt haben sich aber bereits 
über 800 Veteranen, darunter auch Ren 
tiers und Hausbesitzer, zum Empfang dieses 
Ehrengeschenks gemeldet, so daß man nur 
die bedürftigsten von ihnen berückstchttgen 
kann. — Der aus Hannover gebürtige 
Herr Eduard Hemmerde in Hamburg 
hat 300 Mk. zur Vertheilung an 50 ar- 
beitsunfähige Krüppel seiner Vaterstadt 
Hannover aus dem Kriege 1870/71 dem 
Magistrat zur Verfügung gestellt. 
Die Fischzucht hat im Kreise Uelzen, 
besonders in den letzten 8 Jahren, seitdem 
die Fischerei aus Kreismitteln unterstützt 
wurde, -recht erhebliche Fortschritte 
gemacht. Zur Förderung der Fischzucht 
sind bisher etwa 6000 Mark bewilligt 
worden. 65 Fischteichanlagen mit einem 
Flächeninhalte von insgesammt ca. 110 
Morgen sind neu angelegt worden. 
Eine höchst ergötzliche Geschichte 
wird aus Ottcndorf mitgetheilt. Landleute 
aus der dortigen Gegend hatten den Plan 
gefaßt, die Lübecker Ausstellung zu besuchen 
und wollten hierzu den ihnen am bequemsten 
liegenden Mittagszug, der 12 Uhr 17 
Min. denBahnhof Ottendorf passirt,benutzen. 
Sie verlangen also aus dein Bahnhof 
Ottendors Fahrkarten nach Lübeck zu diesem 
Zuge. Der Bahnhofsvorsteher, welcher 
dort zugleich die Billets ausgiedt. sagt den 
guten Leuten : „Billets kann ich Euch wohl 
verkaufen, ob Ihr aber mit dem Zuge 
kommt, dafür kann ich nicht bürgen, denn 
der Zug ist in dem Fahrplan mit einem a 
bezeichnet und solche Züge halten, wie im 
Fahrplan bemerkt ist, in Ottendors nur, 
wenn jemand a us st eigen will." Die 
Landleute denen dies wohl bekannt ist, er 
widern zuversichtlich: „Das ist ja unsere 
Sache." Mit Spannung erwartet man den 
Zug und richtig, er hält. An dem 
Schmunzeln der Landleute und ihrer Ruhe 
konnte man wohl merken, Hdaß sie das 
gewußt hatten und so war ses auch. Um 
diesen Zug, der nur hält, wenn jemand 
aui dem Bahnhof Ottendors „aussteigen" 
will, benutzen zu können, hatten sie einen 
Knecht nach Eutin gesandt, der sich dort 
ür wenig Groschen ein Billet nach Otten- 
dorf lösen mußte und so den Zug hier 
halten lassen konnte. Vergnügt entstieg 
der Knecht dem Zuge und mit ebenso ver 
gnügten Gesichtern ob ihrer Ueberlistung 
der Bahnverwaltung bestiegen die Landleute 
den Zug und fuhren nach Lübeck. Vielleicht 
kommt aber die Bahnverwaltung durch 
diesen Vorfall dazu, den Zug in Ottendors 
nach Bedarf nicht nur zum „Aussteigen," 
sondern auch zum „Einsteigen" halten 
zu lassen. 
Die Lehrerschaft Hamburgs geht mit 
dem Plane um, ein eigenes Lehrerhaus 
zu gründen. 
Provinzielles. 
? Kiel, 3. Sept. Die 25jährige Jubel- 
eier des Sedantages nahm in Kiel, wo 
Stadt und Hafen, letztere mit den zahl 
reichen Schiffen des Manöver- und Schul 
geschwaders belegt, ihr schönstes Festge- 
wand angelegt hatten, einen sehr hübschen 
Verlauf. Die Marineoffiziere begingen 
den Tag, indem dieselben sich Morgens 
10 Uhr zu einer Regatta und Abends zu 
einem Bierabend in der Marineakademie 
zusammenthaten, woran sich Prinz Heinrich 
betheiligte, Nachdem morgens zahlreiche 
Festgottesdienste stattgefunden hatten, sam- 
weiten sich Nachinittags 5 Uhr die Kampf, 
genossen, Militürvereine, Gesangvereine und 
Turner beim Kriegerdenkmal im Schloß 
garten, wo Se. Maiestät der Kaiser, sowie 
keines hochseligen Großvaters und der ge 
fallenen Krieger durch Rede und Gesang 
gedacht wurde. Nach Niederlegung zahl 
reicher Kränze folgte dann der Marsch 
nach der Nikolaikirche zum Festgottesdienst 
und sodann nach Wriedt's Etablissement 
zu einer erhebenden Volksfeier. 
/55 Bon der Eider, 3. Sept. Herr In 
spektor Meyer von Rosenkranz, der kürz, 
sich von einem Stier angefallen wurde 
und sich ins Krankenhaus begeben mußte, 
ist, wenn auch noch mit Schmerzen be 
haftet, in seinen Wirkungskreis zurück ge- 
kommen. — Der Kanalbau hat vielen 
Anliegern große Wasierkalamitäten ge- 
bracht. Auf dem Hofe Groß-Nordsee sind 
die früheren Bohrungen nicht ausreichend 
und müssen jetzt aufs Neue Röhrenbrunnen 
gebohrt werden. Dies geschieht im Auf 
trag der Kanalkommission. Die Einwohner 
in Krummwisch dagegen können noch 
immer nicht erreichen, daß ihnen eine Ent 
schädigung für Bohrungen der Röhren 
brunnen gezahlt wird. — Die meisten 
Landleute bringen diese Woche ihr Korn 
unter Dach; die Höfe haben noch eine 
Woche länger zu thun. 
+ Owschlag, 1. Sept. Heute beging 
der Kriegerverein für Groß-Rheide und 
Umgegend in Kropp die 25jährige Wieder- 
kehr des Sedantages. Btorgens 9 Uhr 
Kirchgang, wo Herr Pastor Paulsen die 
Festpredigt hielt. Das Festessen ivurde 
eingenommen beim Gastwirth I. Gosch. 
Um 2 Uhr trat der Verein beim Gast- 
Wirth Sohrt zusammen, marschirte nach 
dem Kirchhofe, um dort das Kriegerdenkmal 
zu schniücken. Hier hielt die Rede Herr 
Pastor Schneider. Nachher fand eine ge-' 
müthliche Zusammenkunft statt, begleitet 
von vielen schönen Reden. — Das unweit 
Sorgwohld belegene Gewese des Land- 
Mannes Hennigsen wurde heule ein Raub 
der Flammen. Die Ursache des Brandes 
soll, wie man hört, ein Schaden des 
Schornsteines gewesen sein. 
A. Husum, 2. Sept. Gestern Abend, 
kurz nach Beginn der Illumination, er 
tönten die Feuersignale. In dem in der 
Wasserrcihe belegenen, dem Goldschmied 
Beuermann gehörenden früheren Pinn- 
schen Gewese, war Feuer entstanden, das 
rasch um sich griff, so daß das Haus bald 
in hellen Flammen stand. Die Bewohner, 
Mehlhändler Andersen und Wäscherin 
Jngwersen, waren beim Ausbruch des 
Brandes nicht im Hause anwesend. Die 
verschlossene Straßenthür mußte erst ein 
geschlagen werden. Das Feuer griff balb 
auf das nebenstehende, dem Gastlvirth 
Jens Jacobsen gehörende, von dem Ar 
beiter Jacob Koch und Wittwe Schlachter 
Hansen bewohnte Haus über. Auch die 
anliegenden Häuser des Kapitäns P. I. 
Lorenz und Gastwirths Beruh. Clausen 
fingen Feuer und wurden ziemlich stark 
beschädigt, während die beiden erstgenannten 
Häuser vollständig niederbrannten. Die 
Ursache des Brandes ist noch nicht mit 
Bestimmtheit ermittelt. Heute Morgen 
noch war die Feuerwehr mit Löscharbeiten 
auf der Brandstätte beschäftigt.
	        
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