Full text: Newspaper volume (1895, Bd. 2)

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Wo. 206. 
Mittwoch, den 4. September 
1895. 
Morgen-Depefchen. 
Berlin, 3. Sept. Der Kaiser hat, wie 
die „Post" hört, am Sedantage dem 
Kriegsminister General der Infanterie 
Bronsart von Schellendvrf mit einem 
Huldreichen Schreiben in Anerkennung 
feiner großen Verdienste um dieŞhaltung 
der Schlagfertigkeit und Kriegstüchtigkeit 
der Armee ein erobertes 'französisches 
Geschütz zum Geschenk gemacht. 
Berlin, 3. Sept. Der „Reichsanz."ş 
veröffentlicht den gestrigen Trinkspruch des- 
Kaisers in dem bereits bekannten Worte 
laut. ! 
Berlin, 4. Sept. Das Verbot des 
Ministers von Koller betreffend die sozial, 
demokratischen Protestversammlungen gegen 
die Sedanfeier wird seitens der Gewerk- 
schäften und der Parteileitung zum Gegen- 
stand von Beschwerden .gemacht werden. 
Es steht jetzt schon fest, daß die Angelegen 
heit bei der nächsten Reichstagssession zur 
Sprache gebracht wird. 
Schneidemühl, 4. Sept. Unter A n - 
zeichen v o n V e r g i f tu n g gestor 
ben ist — wie dem „L.-A." gemeldet wird 
— in Friedrichsheim der dortige katholische 
Pfarrer Wodda. Der Geistliche las 
am gestrigen Vormittag noch die Messe 
und bestieg dann die Kanzel, um zu 
predigen. Während der Predigt wurde 
Pfarrer Wodda plötzlich so unwohl, daß 
er von der Kanzel herunter getragen 
werden mußte. Ehe -sein Bewußtsein 
schwand, äußerte er mit schwacher Stimme: 
„Ich bin vergiftet." Es wurde ihm 
sofort Milch gereicht, die er jedoch loieder 
von sich gab. Als der Arzt eintraf, war 
Pfarrer Wodda eine Leiche. Es besteht 
der Verdacht, daß der bei der heiligen 
Handlung verwendete Wein vergiftet 
gewesen. Die Meßgeräthe/ und der Rest 
des Weines wurden in polizeiliche Ver 
wahrung genommen. Die Staatsanwalt- 
schalt ist 'telegraphisch von dem Vorfall 
benachrichtigt worden, welcher .in der 
ganzen Gegend begreiflicher Weise das 
größte Aufsehen erregt. 
Breslau, 4. Sept. Ter „Breslauer 
General-Anzeiger" meldet: „Die Feier des 
Sedanfestes wurde hier die Ursache eines 
furchtbaren Unglückes, welches sich auf der 
Töbraner Straße 43 vor dem Laden des 
Papierhändlers Gärtner ereignete. Herr 
Gärtner besand sich im Besitz einer Gra 
nate; er hegte die Absicht, dieselbe zur 
Verherrlichung des patriotischen Festes.als 
Feuerwerkskörper zu benutzen. In Folge 
von Ueberfüllung mit Pulver explodirte 
die Granate mit donnerartigem Krach in 
der Mitte der schaulustigen Menge. Ein 
berzzerreißendes Jammergeschrei ertönte, 
eine Anzahl Menschen lag schwerverwundet 
in ihrem Blute. Der Fleischermeister 
Georg Lachmann erlitt Wunden am linken 
Arm, sodaß voraussichtlich eine Ampu 
tation nothwendig sein wird. Dem Schul 
knaben Pfrader wurden gleichzeitig die 
beiden Beine aufgerissen. Ein anderer 
Knabe erlitt schwere Verletzungen an Armen 
und Beinen. Einem Mann drang ein 
Granatensplitter in den Leib, sodaß die 
Eingeweide heraustraten. Die Kranken 
wurden in die hiesigen Krankenanstalten 
überführt, drei m ihre Wohnungen, dar 
unter der Fleischermeister Dirnke, welcher 
an der Brust und den Beinen schwer ver 
letzt worden ist. Unter den umher ge 
flogenen Granatsplittern befanden sich 
solche von der Schwere eines Pfundes 
und es ist immerhin zu verwundern, daß 
das Unglück keine größeren Dimensionen 
angenommen hat. Der Papierhändler 
wurde verhaftet. 
Warschau, 4. Sept. In der Stadt 
Nowy-Dwor herrscht eine furchtbare 
Feuersbruust. Das Rathhaus, das Steuer- 
amt, eine Kirche und die bedeutendsten 
Geschäfte sind bereits ein Raub der 
Flammen geworden. Die Bevölkerung 
kampirt zum größten Theil im Freien. 
Man vermuthet Brandstiftung. 
London, 4. Sept. „Daily Chronicle" 
meldet, in Warschau sei ein großes 
nihilistisches Komplott entdeckt und zahl- 
reiche Verhaftungen vorgenommen, scwie 
eine große Menge Waffen und Munition 
beschlagnahmt worden. 
Wien, 4. Sept. Aus Newyork geht 
dem „Extrablatt" die Meldung von einem 
unweit der Koneg-Jnseln stattgefundenen 
Eisenbahnunglück zu. Ein dicht mit Per 
sonen besetzter Eisenbahnzug stieß mit 
einer Lokomotive zusammen. Etwa hun 
dert Personen wurden verwundet, darunter 
eine ganze Anzahl tödtlich. 
Cilli, 4. Sept. Auf der hiesigen Station 
stieß ein Lastzug mit einem im Rangiren 
begriffenen Zuge zusammen. Biele Waggons 
wurden zertrümmert, .der Zugführer und 
der Bremser verwundet. 
Belgrad, 4. Sept. Die ungarische 
Regierung hat an Serbien die Forderung 
gestellt, den serbischen Generalkonsul in 
Budapest abzuberufen, weil dieser angeb 
lich behauptet hat, in Ungarn seien ver 
seuchte Schweine untergeschoben und für 
serbische ausgegeben worden. 
London, 3. Sept. Wie aus Havanna 
gemeldet wird, hat bei Ramon de las Ia> 
guas ein achtstündiges Gefecht zwischen 350 
spanischen Truppen unter General Canellas 
und 8500 Aufständigen unter Maeeo statt 
gefunden. Von den Spaniern sind todt: 
ein Offizier, 12 Mann; verwundet: 9 
Offiziere, 39 Mann; Canellas ist leicht 
verwundet; von den Ausständigen sind 36 
todt, 80 verwundet. — Dem Reuter'schen 
Bureau wird aus Bombay gemeldet, daß 
in Dhulia im Distrikte Candesh ein blu 
tiger Zusammenstoß zwischen Hindus und 
Mohamedaner stattgefunden hat; fünf Mo 
hamedaner sind getödtet. 
Kopenhagen, 3. Sept. Das Befinden 
des russischen Großfürsten-Thronfolgers hat 
sich verschlimmert, er kann das hiesige 
feuchte Klima nicht vertragen. Daher 
herrscht nun hier eine trübe Stimmung, 
und die Festlichkeiten anläßlich des Heu 
tigen Geburtstages der Königin Olga sind 
abgesagt worden. Der Thronfolger kann 
auch der Geburtstagsfeier seiner Groß 
mutter am Sonnabend nicht beiwohnen, 
denn er reist schon am Donnerstag nach 
dem Kaukasus, von dem Großfürsten Alex 
ander und dessen Gemahlin begleitet. Die 
Zarenwittwe ist sehr gebeugt. 
Capetown, 3. Sept. Unter den alten 
Trümmern von Buluwayo (in der Nähe 
der neu erschlossenen Goldfelder am White- 
watersrand) wurde ein großer Fund antiker 
Goldgeräthschaften gemacht. Ueber 200 
Unzen sind bereits zu Tage gefördert und 
Förderkouzesstonen wurden am Platze meist 
bietend zu je 90 bis 3000 Pfd. Sterling 
verkauft. 
AMland. 
Außereuropäische Gebiete. 
Tanger, 3. Sept. Briefe aus Mazagan 
melden, daß sechs Mauren wegen Mit 
schuld an der Ermordung Rockstroh's 
verhaftet wurden. 
Oefîerreich-Ungarņ. 
Aus Drbreczin in Ungarn meldet man 
der „Magdb. Ztg." ein gräßliches Ver 
brechen, welches dort entdeckt wurde. Zwei 
Brüder wurden verhaftet, weil sie zwei 
Bären, die >sie herumführten, mit Men 
s che II fl ei sch gefüttert Die beiden 
Unmenschen haben gestanden, vier Knaben 
eingefangen und den Thieren zur Nahrung 
vorgeworfen zu haben. 
Die amerikanischen Fußwanderer 
örner und Kegel, sowie ihr Begleiter 
Stupp, sind aus Köln am 28. v. M. in 
guter Verfassung in Pest angelangt, wo sie 
zwei Tage bleiben werden, um dann nach 
dem Orient zu gehen. 
Wien, 3. Sept. Hiesigen Blättern wird 
aus Wels geschrieben: „Daß Kraut- 
würmer (die Raupen des Kohlweißlings) 
in der Lage sind, einen Eisenbahnzug 
zum Stehen zu bringen, dürfte viel 
leicht nie oder doch nur selten vorkommen. 
Dies war am 28. v. Mts. der Fall. 
Schreiber dieser Zeilen befand sich in dem 
vor 6 Uhr Abends von Aschach abgehenden 
Lokalzuge und war Augenzeuge der Ueber- 
tretnng der Bahnvorschriften, deren sich 
die Krautwürmer, welche, nebenbei gesagt, 
in der Gegend von Haiding, Hartkirchen, 
Eferding und Aschach ebenso wie ander 
wärts der Krautknltur größten Schaden 
verursachen, schuldig gemacht haben. Als 
obiger Zug zwischen der Haltestelle Breit 
wiesen und der Station Haiding sich be 
fand, ebendort, wo die große Steigung be 
steht, wurde der Zug auffallend langsamer 
gehend, die Maschine konnte den Zug 
kaum mehr in Bewegung halten, sie fing 
zu pusten an, als wäre etwas an derselben 
geschehen oder als hätte sie zu wenig 
Wasser, dann noch einmal ein starkes 
Pusten und der Zug stand einen Augen 
blick. Es bedurfte der größten Arbeit der 
Maschine, den Zug wieder in Bewegung 
zn setzen und ihn in die Station einju 
führen. Aus die Frage an das Zug 
personal, was die Ursache des Vorfalles 
sei, wurde auf die leiblichen Ueberreste 
Tausender und Abertausender Krautwürmer 
hingewiesen, welche an der Maschine 
klebten. Die Krautwürmer dürften Abends 
die durch die Sonne erwärmten Schienen 
als Ruhepunkt nach ihrem zerstörenden 
Wirken ausersehen haben. Unmassen von 
Würmern wurden von den Rädern der 
Maschine zerdrückt, wodurch sich eine 
schleimig-fette Maffe bildete, die ein 
Weitergreisen der Räder verhinderte und 
ein Rutschen derselben herbeibrachte." 
Wie aus Brüx gemeldet wird, begannen 
dort am 1. August die behördlichen Er 
hebungen zur Feststellung der Ursachen 
des Schwimmsandeinbruches und 
zur Bestimmung von Sicherheitsvorkehrun- 
gen, welche die Wiederholung jener Kata 
strophe auszuschließen geeignet sind. Sämmt- 
liche Experten einigten sich dahin, daß sowohl 
an der Peripherie des Bruchgebietes als 
auch im Centrum desselben mehrere Boh 
rungen vorgenommen und die Haupt 
brunnen hinsichtlich des Wasserspiegels 
vor und nach der Katastrophe untersucht 
und weiterhin beobachtet werden sollen. 
Behufs Vermeidung weiterer Terrainrut 
schungen wurde angeordnet, daß sämmt 
liche Verbrüche im Stadtgebiete unverzüg- 
lich verstaut würden. Die Verhandlungen 
der Brüxer Kohlenbergbaugesellschaft mit 
den durch die Katņstrophe Geschädigten 
haben bereits in mehreren Fällen zu posi 
tiven Resultaten geführt. 
Kisjenoe, 2. Septbr. Erzherzog 
Ladislaus, Sohn des Erzherzogs Jo 
seph, ist auf der Jagd verunglückt. Das 
Jagdgewehr entlud sich Plötzlich und die 
Kugel drang dem Erzherzog in den Schenkel. 
Die Verletzung ist angeblich ziemlich schwer. 
Die zunächst zugezogenen Aerzte aus Arad 
minderten die Schmerzen durch Morphium 
einspritzungen. Heute werden zwei Pro 
fessoren aus Budapest erwartet. Erzherzog 
Joseph und die Erzherzogin Clotilde wer 
den noch heute hier eintreffen. Kaiser 
Franz Joseph, der sofort von dem Unfall 
benachrichtigt worden war, forderte tele 
graphisch einen ausführlichen Bericht. 
Kisjenoe, 3. Sept. Erzherzog La- 
d i s l a u s verbrachte eine unruhige Nacht; 
heute Morgen war kein Fieber vorhanden. 
Dänemark. 
Kopenhagen, 3. Sept. Wie vorauszu 
sehen war, hat die Agitation gegen das 
Denkmal für Dr. Meyer einen 
scharfen politischen Charakter angenommen 
und einen heftigen Streit innerholb der 
Rechten hervorgerufen. Während mehrere 
Politiker, deren Patriotismus Niemand 
verdächtigen kann, wie z. B. der frühere 
Kriegsminister, General Bahnson und der 
Amtmann Bille, den Protest mißbilligen- 
und durch bedeutende Beiträge die Samm 
lung für das Denkmal unterstützt haben, 
setzen andere hervorragende Rechtenmänner 
die Agitation gegen das Denkmal fort und 
behaupten, daß ein Mann, der sich frei- 
willig dem Aufruhre von 1848 angeschlossen 
und noch im Jahre 1850 bei den La- 
zarethen der Insurgenten gedient habe, 
kein Denkmal auf einem öffentlichen Platze 
verdiene. Auch in der Presse wüthet der 
Streit noch immer fort. - Das chauvini- 
stische Organ „Avisen" erklärt heule in 
einem „der Schleswig-Holsteinismus" über- 
schriebenen Artikel, daß der Streit sich in 
Wirklichkeit um die „Verdeutschung Däne- 
marks" drehe. Wenn man hier ein Denk- 
16) 
Plnuik a(Ur Sflili. 
Roman von Gustav Höcker 
„Es sind Umstände vorhanden", antwortete 
sie, „welche es mir unniöglich machen, Ihnen 
meine Hand zu geben, wollke ich auch die 
Kindespflicht gegen meinen Vater vergessen. 
-Oh, Wolfgang!" rief sie unter einem er 
neuten Thränenstrome, „Sie werden mich 
hassen, Sie werden den Tag, wo sie mich 
Hum ersten Male sahen, als den unglücklichsten 
Ihres Lebens verwünschen — und dieser 
Gedanke ist für mich schwerer zu ertragen, 
als alles Andere!" 
Verwirrt und schweigend starre Wolfgang 
sie an. 
„Was meinen Şie damit, Felicitas?" 
fragte er endlich. Oh, denken Sic an die 
Verantwortung, die Sie auf Ihr Haupt 
laden! Bedenken Sie, Felicitas, Sie zer 
stören nicht nur auf immer mein Glück und 
meinen Frieden, sondern Sie treiben mich 
zum Laster, _ zur Sünde, vielleicht zum Ver 
brechen! Şie stürzen mich in jenen Strudel 
der wilden Genußsucht, welcher die einzige 
Zuflucht für hoffnungslose und glaubenslose 
Verzweiflung ist. F^witas! Sie wollen sich 
einem Anderen vermahlen? 
Niemals! niemals!" rief Felicitas heftig. 
Ich rufe Gott zum Zeugen an daß kein 
àweggrmnd ausser Welt m.ch ;e vermögen 
soll, meine Hand emem andern Manne zu 
geben; daß ich Sw, theurer Wolfgang, 
immer lieben werde, lns zur letzten Stunde 
memes Lebens. Dagegen verlange tdj von 
Ihnen nichts, als daß Sre sich bestreben 
sollen, nie hart über Ähre arme L,;-zu ur 
theilen und ihr eme Schuld aufzubürden, 
wo Ihnen ihre Handlungsweise unbegreiflich 
erscheinen mag. Wenn Sie mich (e auf 
richtig und wahrhaft .geliebt haben, Wolf 
gang, so ehren Sic mein Gedächtniß da 
durch, daß Sie standhaft an all' den edlen 
-und hochsinnigen Grundsätzen festhalten, die 
Sie in meinen Auge» mit einer Glorie be 
kleidet haben, welche in meiner Erinnerung 
«an dem Bilde des einzigen Mannes, den 
ich je geliebt, unzertrennlich -ist. Lassen Sic 
mich auch hören, daß Sie glücklich sind, -— 
so glücklich wenigstens, als die Umstände es 
erlauben. Ja. Wolfgang," fügte sie hinzu, 
beide Hände sanft auf seinen Arm legend, 
„glücklich mit einer anderen, die Sie vielleicht 
ebenso innig liebt, wie ich. £>„ Wolfgang, 
Sie sind ganz der Mann, Glück zu geben 
hnd zu empfangen. Tag und Macht will 
>ch zu Gott flehen, daß dies Ihr Laos sein 
möge!" 
Wolfgang barg sein Auge in den Händen, 
um die schrecklich verworrenen Bilder von 
şich abzuwehren, die ihm wie eine Vision 
ferner Zukunft umschwebten. 
„Felicitas," fragte er nach einem taugen 
Schweigen, „wird mir das unübersteigtiche 
Hinderniß, welches uns von einander trennt, 
stets ein Geheimniß bleiben?" 
„Niemals darf nur ein Wort davon über 
meine Lippen kommen," sagte Felicitas feier- 
uch^ „Und nun leben Sie wohl für immer!" 
Lic sprach dies mit leiser, gebrochener 
Ştunme. wie die letzten Worte einer Ster- 
Wolfgang drückte sie mit wildem Un 
gestüm noch einmal an seine Brust. Dann 
erleichterte ein Thränenstrom sein zerfleischtes 
Herz; er küßte sie wieder und immer wieder 
mit einem wahnsinnigen Schmerz, wie ihn 
nur Derjenige -kennt, welcher weiß, was es 
heißt, sich auf.immer von dem Liebsten und 
Theuersten auf der Welt trennen zu müssen. 
Felicitas weinte schweigend. Noch einmal 
flüsterte sie: „Leb' wohl!" Dann riß sie sich 
von ihm los und eilte weg. 
XXX. 
Die Sonne mar hinabgesunken. Von 
Süden her zog eine schwarze Wetterwand 
am Himmel heraus, -in welcher sich weißlich 
graue, schweflige Wollen bargen. Wer um 
diese Zeit unterwegs war, der hätte wohl 
Ursache gehabt, besorgte Blicke nach dem 
finster zusammengeballte!-! Gewölk zu werfen, 
aber der Reiter, welcher auf der einsamen 
Landstraße dahintrabte, kümmerte sich nicht 
darum. 
Das sonst so frische und strahlende Ant 
litz Wolfgang's, dem wir eben auf seinem 
traurigen Heimwege begegnen, war blaß und 
bekümniert, getäuschte Hoffnung und tiefes, 
leidenschaftliches Brüten hatten seiner Stirn 
das Siegel reiferen Lebens aufgedrückt; in 
wenigen Stunden schien er um Jahre 
gealtert. 
Immerzu ritt er durch die einsamen 
Fluren, welche sich tiefer und tiefer in 
Finsterniß hüllten. In langen, schweren 
Stößen, begann der Wind zu heulen. Er 
trieb das ferndrohende Gewölk heran. Der 
Himmel öffnete sich flammend und auf 
Augenblicke blitzte die Landschaft tageshell 
aus der Nacht hervor, der Boden erzitterte 
unter betäubenden Donnerschlägen und in 
dicken Strömen stürzte der Regen herab. 
Der Reiter hielt zuweilen an, um sich in 
der Finsterniß zu orientieren, und dann 
schüttelte er den Kopf, denn mehr und 
mehr gewann er die Ueberzeugung, daß er, 
nur immer mit seinen aualvollen Gedanken 
beschäftigt, des Weges nicht geachtet und 
bei irgend einer àeuznng eine falsche 
Straße eingeschlagen hatte. 
Da tauchte plötzlich im violetten Licht 
eines Blitzstrahls dicht an der Straße ein 
niedriges längliches Gebäude auf. So viel 
Wolfgang in der flüchtigen Beleuchtung 
unterscheiden konnte, war es eine Art 
Schuppen, dessen ihm zugekehrte Seite offen 
lag. Er stieg vom Pferde und führte dasselbe 
in den finsteren Raum. Da erschien plötzlich 
am anderen Ende des Schuppens ein Licht 
streifen und in dem Zwischenraum einer 
sich öffnenden Thür zeigten sich die dunklen 
Umrisse einer menschlichen Gestalt. 
„Bist Du da, Paul?" rief sie in den 
finsteren Raum herein. Wolfgang schritt 
auf die Stelle zu. Allem Anschein nach be 
fand er sich in einer verlassenen, im Verfall 
begriffenen Ziegelscheune; das Licht drang 
aus einem durch eine Thür verwahrten 
Bretterverschlag. Bor Wolfgang stand eine 
alte, wohl fast siebzigjährige Frau mit 
schneeweißem Scheitel, in dürftiger, aber 
sauberer Kleidung. Sie hielt ein Licht in 
der Hand, welches in dem theilweise ab 
gebrochenen Halse einer Flasche steckte. 
„Es ist nicht Paul," sagte Wolfgang, 
indem er der erschrocken zurückweichenden 
Frau in den Verschlag folgte, „ich habe 
mir meinem Pferde hier nur Obdach gegen 
das Unwetter gesucht." 
Die Alte starrte ihm eine geramne Weile 
prachlos ins Gesicht und musterte ihn dann 
von Kopf zu Fuß. 
„Nein, nein," murmelte sic wie im 
Selbstgespräch, „es ist keiner von ihnen; sie 
können die Kleider eines vornehmen Herrn 
anziehen, aber sie sehen doch nie wie ein 
solcher aus. Nein, nein, es ist kein Häscher." 
In diesem Augenblicke öffnete sich die 
Thüre und ein Mann von riesenhohem 
Wüchse trat ein, eine vom Regen triefende 
Decke um die Schultern geschlungen. Mit 
finsterem Blicke betrachtete er Wolfgang. 
„Wer sind Sie und was wollen Sie 
hier?" fragte er in drohendem Tone. 
„Ich suche nur Unterkunft gegen den 
Regen," antwortete Wolfgang, „ich wollte 
nach dem Billenhofe und habe den Weg ver 
loren." 
„Nach dem Villenhose?" griff die alte 
Frau das Wort auf, und trat dicht an 
Wolfgang heran, um ihm abermals ins 
Gesicht zu blicken. „Dann sind Sie wohl ein 
Sohn des Barons von Sturen? Ja, ja, 
Sie sehen ihm sehr ähnlich; auch von ihrer 
Mutter haben Sie etwas, aber Sie gleichen 
mehr Ihrem Vater?" 
„So kennen Sie also meine Eltern?" 
fragte Wolfgang. 
„Ja, ich kannte beide gut; aber es ist 
jetzt zwanzig lange Jahre her, als ich sie 
zuletzt sah. Leben Ihre Eltern noch?" 
„Nein, sie sind beide todt." 
Von dem Antlitz des riesenhaften Mannes 
war, während er dem Gespräche zuhörte, der 
drohende Ausdruck verschwunden. 
„Sie erinnern Sich meiner wohl nicht, 
Herr Baron?" fragte er. „Wir haben uns 
allerdings nur^ein einziges Mal gesehen." 
„Es war in Friedländer's Hinterstübchen," 
sagte Wolfgang, welcher Gestalt und Physi 
ognomie des Mannes schon vorher wieder 
erkannt hatte, „und wenn mein Gedächtniß 
mich nicht täuscht, so ist Ihr Name Rolling."
	        
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