Full text: Newspaper volume (1895, Bd. 2)

und liegt augenblicklich im Hasen von 
Kopenhagen. Es heißt „Tuen" (Die Taube) 
und ist ein Lustkutter, der früher dem 
Prinzen Waldemar gehörte. Die Kajüten 
der Gräfin sind sehr einfach ausgestattet, 
nur das Schlafzimmer zeigt einigen Luxus; 
vergoldete Möbel und eine prächtige Stuben 
orgel schmücken das Gemach. Die Besatzung 
des Schiffes besteht aus sieben Mann. 
Ueber das Vordertheil ist ein Zelt aus- 
gespannt, und hier hält die Gräfin ihre 
Vorträge şiir die Arbeiter und Fischer. 
Eine solche Versammlung soll in ihrer 
Einfachheit einen ergreifenden Eindruck 
machen. Die Gräfin, eine noch schöne, 
vornehme Erscheinung, in einem schlichten, 
schwarzen Kleide, nimmt vor einem kleinen 
Tische Platz, während die Arbeiter sich um 
sie versammeln. Dann erzählt sie in ein- 
fachen, rührenden Worten von ihrem frühe 
ren glänzenden Leben am Hofe und schil 
dert, wie dieses Leben hohl und leer sei 
und kein wahres Glück gewähren könne. 
Sie habe daher beschlossen, künftig ihr 
Leben den Armen zu widmen, um ihre 
Lage zu verbessern, ihren Gesichtskreis zu 
erweitern und ihnen zu zeigen, daß in 
äußerem Reichthum und Glanz das Glück 
nicht zu finden sei. Dann schließt sie den 
Vortrag mit einem Gebet für die Unglück- 
lichen dieser Erde. Die Arbeiter, die 
ihren Worten mit größter Aufmerksamkeit 
gelauscht haben, drücken ihr die Hand zum 
Abschiede und entfernen sich ruhig. Dann 
kommt eine andere Abtheilung und dieselbe 
Scene wiederholt sich. Oft werden fünf 
solcher Versammlungen täglich gehalten. 
Von Kopenhagen reist die Gräfin mit 
ihrem Schiff nach dem Dorfe Hellebek bei 
Helsingör, wo eine große Fischerbevölkerung 
wohnt. 
Jahres den Rittern des Eisernen 
re uz es und den Besitzern der 
Kriegsdenkmünze von 18 70/71, 
welche an den in dem Erlasse aufgeführten 
15 Schlachten theilgenommen haben, ver 
liehen hat, liegen nunmehr vor. Der 
Eichenlaubschmuck, der bestimmt ist über 
dem Eisernen Kreuz getragen zu werden, 
besteht aus drei aus Silberblech erhaben 
gestanzten, an den Stielen zusammen 
gefaßten Eichenblättern, so zwar, daß das 
mittelste derselben, welches eine erhöht 
herausgearbeitete 25 trägt, voll sichtbar 
ist und die beiden Seitenblätter zum Theil 
überdeckt. Die Ziffern und die Adern des 
Laubes treten in glattem Silber aus der 
übrigen mattgehaltenen Fläche der Eichen 
blatter hervor. Der Schmuck mißt im 
ganzen etwa 25 mm in der Breite, 18 mm 
n der Höhe. Die Spangen, welche auf 
dem Bande der Kriegsdenkmünze getragen 
werden, sind schmale, aus gelbem Metall 
gearbeitete Plättchen mit schräg abfallen 
den Rändern, auf welchen ebenfalls die 
Umfaffungslinien und der erhaben geprägte 
Name der betreffenden Schlacht glänzend 
and, während der Untergrund matt ist. 
Der Schlachtname ist, wie die Abbildung 
zeigt, 
PARIS. 
in 
— Der Kaiser war von dem Unfall 
den die deutsche Marine durch das Kentern 
des Torpedobootes „8 41" erlitten hat 
schwer erschüttert, und in der Besprechung 
die er mit dem stellvertretenden Chef des 
Marinekabinetts, dem Corvettenkapitän von 
Usedom, hatte, gab er diesen Gefühlen 
Ausdruck. Bestimmungsmäßig sollen immer 
zwei Torpedoboote zusammen manövriren 
damit im Falle eines Unglücks Hülfe zur 
Hand ist. In diesem Falle scheint es auch 
so gewesen zu sein, denn sonst hätte wohl 
kaum eine Anzahl Mannschaften und der 
Commandant gerettet werden können. Der 
kommandirende Admiral Knorr widmet den 
Verunglückten einen Nachruf, in dem 
besonders hervorgehoben wird, daß sie bis 
zum letzten Augenblicke ihre Pflicht gethan 
haben. 
— Der Kaiser hat sich von dem Han- 
delsmann Bollgras in Berlin, dem Be- 
sitzer des reparirten Eisernen 
Kreuzes den betreffenden Orden sowie 
die Besitzulkunde einsenden und sich 
näheren Bericht erstatten lassen. Die 
Kugel, welche im Kampfe bei Parigns das 
Eiserne Kreuz zertrümmerte, hat sich V. 
zu einem Berloque verarbeiten lassen. 
Uebrigens erfuhr Kaiser Wilhelm I. im 
Jahre 1874 durch den damaligen Gou 
verneur von Berlin von dem Vorgänge; 
er ließ sich die Kugel uud das Kreuz ein- 
senden; dasselbe wurde in der angedeuteten 
Weise reparirt, das Geschoß jedoch ließ 
der Kaiser in Gold fassen. Sodann wurde 
Vollgraf in einer Audienz zu dem Kaiser 
besohlen, und der Letztere überreichte die 
beiden Gegenstände dem Veteranen mit der 
Bemerkung, er solle nun das Ersatzkreuz 
tragen. Dieses Eiserne Kreuz", so äußerte 
der Kaiser, „ist das einzige, welches in 
dem Kriege beschädigt wurde; tragen Sie 
es noch recht lange und halten Sie es in 
Ehren!" Dann überreichte der Kaiser dem 
V. ein darauf bezügliches Dokument. 
— Die Auszeichnungen, die der Kaiser 
durch den Erlaß vom 18. August dieses 
3 mm hoher Schrift ausgeführt, 
während die Spange 7 mm hoch ist. Die 
Breite derselben ist je nach dem einge 
prägten Namen verschieden. Die Inschrift 
ist — erforderlichen Falles unter Ver 
kleinerung der Buchstaben — in einer 
Zeile zu fertigen und hat sich auf den 
Namen des Orts zu beschränken, an dem 
die Schlacht stattgefunden hat bezw. gegen 
den die Belagerung gerichtet war. Aus 
genommen sind die Spangen für die 
Schlachten an der Hallue und an der 
Lisaine. Auf diesen hat die Inschrift zu 
lauten: 
AN DER HALLUE 
AN DER LISAINE 
Die Befestigung auf dem Bande erfolgt 
mittels Schiebers oder zweier in der Nähe 
der Ränder angelöteten, umzubiegenden 
Nadeln oder in anderer zweckmäßig er 
scheinender Weise. 
Zu den Festlichkeiten, die anläßlich der 
Kaisermanöver in Stettin statt 
finden, wird die Kaiserin gleichzeitig 
mit dem Kaiser hier eintreffen und am 
Provinzialdiner theilnehmen. Die Kaiserin 
kehrt darauf nach dem Neuen Palais in 
Potsdam zurück. 
— Der „Reichsanzeiger" bestätigt, daß 
der hiesige französische Botscha 
ter Herbette Berlin mit Urlaub ver 
läßt. Wie der Hofbericht lautet, begiebt 
sich Herbette zunächst nach Paris, seine 
Rückkehr dürfte erst im Laufe des Monats 
Oktober erfolgen. 
— In der Privatklagesache des Cere 
monieumeisters v. Kotze gegen den 
Kammerherrn Frhrn. v. Schrader hat 
der Beklagte dem Schöffengericht jetzt eine 
knapp gehaltene Rechtfertigungsschrift zu- 
gestellt. Nach der Lage der Sache ist zu 
erwarten, daß die sensationelle Klage, 
deren Erledigung etwa 20 Zeugen aus 
den höchsten Kreisen vorgeladen werden 
nicht lange nach Schluß der Gerichtsferien 
etwa Ende September, zur Verhandlung 
kommen wird. 
Berlin, 31. Aug. Zum Untergange des 
Torpedobootes „8 41" schreibt man 
der „Nordd. Allg. Ztg." aus Wilhelmshaden 
offenbar aus competentcn Marinekreisen 
Bemerkt mag werden, das; sämmtliche Torpedo 
boote, als sie auslicfen, eine ziemliche Deck 
last in Säcken mitgenommen hatten. Es 
können nur ganz besonders unglückliche Um 
stände zusammengewirkt haben, die das Ken 
tern veranlaßten, und cs darf angenommen 
werden, daß eine lange dwars kommende 
See mit Ursache hierzu gewesen ist. Jeden 
falls ist dieses der erste und einzige Unfall 
dafür?" lächelte Frau von Prachwitz, Felici 
tas zärtlich auf die Stirn küssend. „Und 
verhinderte Deine Geburt nicht eine schreiende 
Ungerechtigkeit gegen Deine Mutter, welcher 
man das ihr gebührende Erbe entziehen 
wollte, um es mir zuzuwenden, die mit der 
Familie nur in entfernterem Grade verwandt 
war?" 
„Ich bin über diese Verhältnisse nicht 
unterrichtet, denn meine Mutter starb, als 
ich noch im kindlichen Alter stand, und mein 
Vater hat sich nie darüber ausgesprochen. 
War denn meine Mutter mit ihren Eltern 
zerfallen?" 
„Nein, denn sie verlor beide sehr früh. 
Das Vermögen stammte vom Großvater 
Deiner Mutter und dieser hatte sie in seinem 
Testanlentc zu meinen Gunsten enterbt " 
„Was mag da wohl zwischen beiden vor 
gekommen sein?" meine Felicitas mit einem 
Seufzer. „Sollte etwa ihre Heirath mit 
meinem Vater gegen den großväterlichen 
Willen geschehen sein?" 
„Ganz im Gegentheil," versetzte die Tante. 
Es war sogar des Großvaters Wunsch, daß 
sie den um viele Jahre älteren Mann hei- 
rathcte, und nur unter dieser Bedingung 
änderte der Großvater sein Testament dahin, 
daß Deine Mutter wenigstens die Nutz 
nießung des Vermögens erhielt, dieses selbst 
aber auf die Kinder, oder, wenn die Ehe 
kinderlos blieb, auf mich übergehen sollte." 
„Immerhin läßt diese Reserve auf einen 
starken Groll gegen meine Mutter schließen, 
bemerkte Felicitas. 
Was die Ursache gewesen sein sonnte, 
weiß ich nicht; als Deine Mutter heirathete, 
war ich noch sehr jung, und sie selbst hat 
sich gegen mich niemals darüber geäußert 
Die beiden Damen wurden in ihrem 
Gespräche durch die Ankunft des Barons 
von Sturen unterbrochen, welcher sie 
einem Spaziergange abholen wollte. 
Natürlich war Wolfgang sehr unangenehm 
überrascht, als er vernahm, daß die Damen, 
statt sich zu der gewohnten Morgenprome 
nade fertig zu machen, an's Einpacken 
ihrer Reisekoffer dachten. Felicitas verschwieg 
ihm ihre Befürchtungen! sie erzählte ihm 
nur von dem Einbruch in Göllnitz, und 
fügte hinzu, daß ihr Vater seine Tochter 
bei sich zu haben wünsche, da seine^ Ge 
sundheit schon seit Jahren nicht die beste sei 
und das Ercigniß ihn angegriffen habe. 
Frau von Prachwitz wollte ohne Felicitas 
nicht hier bleiben. Sie hatte beschlossen 
nach Berlin zurückzukehren, und da mit 
Abreise der Geliebten der Aufenthalt auf 
der Insel auch für den Baron seinen 
Hauvtreiz einbüßen mußte, so begleitete 
die Damen bis Berlin und reiste von dort 
direkt nach seinem schlesischen Gute weiter, 
dem er schon längst einen Besuch schuldig 
war. (Fortsetzung folgt.) 
eit dem Bestehen unserer Torpedoflotte, das 
md 15 Jahre, daß ein Torpedoboot verloren 
gegangen ist, und man darf deshalb keinerlei 
Zweifel an der Vorzüglichkeit des gesammtcn 
Materials, noch an der Tüchtigkeit des Per- 
onals aufkommen lassen. Wenn das ver- 
mglückte Torpedoboot nicht ganz tief liegt, 
ist eine Hebung wahrscheinlich. Der 
Kreuzer „Gefion" und der Aviso „Jagd" 
rnd nach Eintritt ruhigerer Witterung nach 
>er Nordsee abgedampft. — Der „Lok.-Anz." 
chreibt aus Kiel: Auch andere Torpedoboote 
hatten bei demselben Sturm Unfälle. Bon 
3. Division wurden drei Mann über 
Bord geschleudert, darunter der Chef des 
Torpedobootes „8. 58". Letzterer hatte be 
reits 15 Min. im Wasser gelegen und war 
vollständig erschöpft, als er gerettet wurde/ 
Berlin, 2. Sept. Die „Deutsche Sonn 
tags-Post" hört, daß die Forderungen 
ür die Marine nur in ganz be 
-chränktem Umfange vor den nächsten 
Reichstag gebracht würden. Letzterer 
werde sich der Pflicht nicht entziehen 
können, sich klar zu der Frage zu stellen, 
welchem Tempo an den Neubau und 
Ersatz der schon jetzt unbrauchbaren Schiffe 
heranzutreten sei. Nicht kampffähige 
Schiffe der Eventualität eines Kampfes 
auszusetzen, heiße nicht nur mit dem 
Gute, sondern auch mit dem Blute der 
Nation ein sträfliches Spiel treiben. 
— Die bereits erwähnte Note einiger 
Pariser Blätter, welche besagte, daß Ge 
neral M u n i e r als inaktiver Offizier 
amtlich in keiner Weise für seine Hand 
langen verantwortlich gemacht werden 
könne, war, wie aus Paris gemeldet wird, 
aus dem französischen Auswärtigen Amte 
lancirt und hatte den Zweck, eine Be 
chwichtigungscampagne einzuleiten. Wie 
weiter berichtet wird, ist General Munter 
Vorsitzender des Vereins der französischen 
Reserve- und Landwehrosfiziere. Diese Stel 
lung ist so verantwortlich, daß Vorsicht 
Ar Munier ganz besonders geboten war 
und sein Verschulden um so schwerer er 
cheint. Da der General seit 1888 auch 
Großoffizier der Ehrenlegion ist, so wäre 
es wohl Sache dieses Ordens, sich mit 
dem Falle zu befassen. Herr Munier ist 
übrigens, um der ihm allzu unbequem ge 
wordenen Wißbegierde der Reporter und 
Correspondenten sich zu entziehen, aus 
einer Wohnung in Paris gänzlich ver 
chwunden. Ein Gerücht wollte wissen 
daß er sich nach dem Seebade Trouville 
begeben haben sollte, allein auch dort hat 
man ihu bis jetzt noch nicht ausfinden 
können. 
Berlin, 30. Aug. Die „Nat.-Ztg. 
schreibt: „Wie wir zuverlässig erfahre^ 
hat die interessante Thatsache ergeben, daß 
der französische General Munier, mit 
welchem sich die deutsche Presse in der 
jüngsten Zeit wegen seiner Schmähungen 
des deutschen Heeres beschäftigen mußte 
im vergangenen Jahre wegen Verleumdungen 
gerichtlich zu 1000 Frcs. Geldbuße ver- 
urtheilt worden ist. Damit dürfte jedes 
weitere Wort betreffs der neuesten Leistung 
dieses Herrn überflüssig werden, und man 
wird nur noch der Verwunderung Aus 
druck geben können, daß das französische 
Offizierkorps in seinen Reihen, wenn auch 
nur in denen der Reserve, diese Persön 
lichkeit duldet." 
Die Getreide-Speculationen der Firma 
Cohn & Rosenberg in Berlin hat die 
gesammte Presse pro und contra in Be 
wegung und zum Gegenstände eingehender 
Untersuchungen gemacht und ist dabei an 
der Hand der amtlichen Canallisten 
sehr interessanten Ergebnissen gelangt 
Diese eine Getreide-Speculationsfirma 
welche eine kleine Mühle besitzt, hat 
also mehr Roggen und Weizen nach Ber 
lin gebracht, als der gesammte übrige 
Getreidehandel, die Hunderte von Firmen 
von Berlin und Umgegend zusammen ge- 
nommen. Während die übrigen Getreide 
händler, die im Ausland Roggen und 
Weizen gekauft hatten denselben entweder 
„zurückregulirten" oder denselben nach dem 
Auslande, wie z. B. nach Skandinavien 
und Dänemark, zu zeitweilig schon lohnen 
den Preisen, verkauften, verzichtete die 
Firma Cohn & Rosenberg aus diese Ge 
winne, sie zog gewaltsam nach Berlin 
was sie nur greifen konnte, denn ihr 
Zweck war, die Berliner Getreidebörse 
decoutiren. „Wir haben", schreibt 
die „Bank- und Handelszeitung", „hin 
durch zahlenmäßig den Beweis geführt, 
daß eine, nicht einmal zu den ersten des 
Berliner Platzes gehörige Firma an ver 
kün st lichen Ueberfluthung mit 
Getreide die einzige Schuld trägt und er 
warten den Gegenbeweis." — Dadurch ist 
allerdings überzeugend der Beweis geliefert, 
daß nicht immer, wie behauptet wird, die 
sachlichen Verhältnisse durchaus maß 
gebend sind, sondern daß Personen im 
Stande sind, durch plötzliche künstliche 
Maffeneinführung der Waare die Preise 
zu bestimmen und den Verkehr zu hemmen 
Berlin, 31. Aug. Die amerika 
nischen Veteranen sind kurz vor 
Uhr hier eingetroffen. Am Bahnhöfe hatten 
sich Deputationen von 20 Kriegervereinen 
ausgestellt. Bei der Einfahrt inlvnirte die 
Musik „Deutschland, Deutschland über 
Alles", die Fahnen salutirten. Die Be 
teranen wurden von dem Berliner Ans 
chuß lebhaft begrüßt, zwei Ehrendamen 
überreichten Lorberkränze. Das zahlreich 
vor dem Bahnhof angesammelte Publikum 
brachte enthusiastische Ovationen dar. Kurz 
nach 1V 3 Uhr traf der Wagenzug der 
deutsch-amerikanischen Veteranen bei der 
amerikanischen Botschaft ein. Eine De 
putation von etwa 20 Mann begrüßte den 
Botschafter. Der Vorsitzende des Chicagoer 
Militärvereins, Schlenker, meldete die Rück 
kehr der Veteranen nach der alten Hei- 
math zur Theilnahme an der nationalen 
Feier an und versicherte, die Veteranen 
-eien bereit, wenn das Adoptivvaterland 
rufe, für das Sternenbanner zu kämpfen, 
wie für 25 Jahren für die deutsche Tri- 
colore. Der Botschafter erwiderte mit dem 
Wunsche, die Veteranen möchten dem Adop 
tivvaterlande Nord-Amerika dieselben pa 
triotischen Gefühle entgegenbringen wie dem 
Geburtslande Deutschland, und wünschte 
schließlich den Veteranen einen fröhlichen 
Aufenthalt und eine glückliche Rückkehr. 
— Mit der Kaiser Wilhelm-Ge- 
ä ch t n i ß k i r ch e ist die Zahl der 
evangelischen Kirchen Berlins auf 
ü n f z i g gestiegen. Es ist die zehnte 
Kirche, die unter der Regierung Wilhelms 
eingeweiht wird. Die Zahl der katho 
tischen Kirchen innerhalb des Berliner 
Weichbildes ist in derselben Zeit von sechs 
aus acht gestiegen. 
Eine eigenthümliche Ueberraschung 
wurde einem Regierungsrath und dessen 
Gattin zu Theil, die nach mehrmonatlichem 
Aufenthalt in der Schweiz zurückgekehrt 
md. Sie hatten ihrem Dienstmädchen 
ihre in der Potsdamerstraße in Berlin 
belegene Wohnung allein anvertraut, und 
als sie nun die Treppen nach derselben 
hinaufstiegen, tönte ihnen Gläserklang und 
lautes Sprechen entgegen. Im Vorraum 
owie in den Zimmern lagen zahlreiche 
stemde Garderobenstücke umher und im 
Salon saß eine lustige Gesellschaft an der 
Tafel. Darunter befand sich auch die 
Dienerin des Regierungsraths im 
Brautschmuck. Sie feierte hier die 
Hochzeit mit ihrem langjährigen Ver 
lobten, einem Handwerker, da sie die 
Rückkehr ihrer Herrschaft erst später er 
wartet hatte. Beim Eintreten der Letz 
teren erschrak die Gesellschaft mächtig und 
Alle, auch der junge Ehemann, verdufteten 
-chleunigst. Nur die Dienerin blieb 
zurück und bat unter Thränen um Ver 
zeihung, die ihr auch in Rücksicht auf 
ihre jahrelangen treuen Dienste gewährt 
wurde, doch mußte sie alsbald das Haus 
verlassen. 
Berlin, 29. August. Aus verschmähter 
Liebe hat gestern Abend in der zehnten 
Stunde der 23jährige Schlossergeselle 
Schwarz seine Geliebte, die 17jährige 
Johanna Brun n, durch einen Revolver 
schuß in die Brust g e t ö d t e t und sich 
dann selbst durch einen zweiten Schuß 
entleibt. Schwarz unterhielt mit 
dem hübschen Mädchen seit etwa V« Iah 
ren ein Liebesverhältniß. Das Paar ent 
zweite sich und die Brunn wandte sich 
einem Schlächtergesellen zu Schwarz er 
fuhr hiervon und versuchte durch eine 
Unterredung am gestrigen Abend die 
Brunn, die bei dem Hofschlächtermeister 
F. Nietsch als Verkäuferin beschäftigt, um 
zustimmen. Vor dem Laden des Schläch 
termeisters kam es zu heftigen Aufeinander 
setzungen, in deren Verlauf Schwarz einen 
Revolver hervorzog und dann die oben 
geschilderte That vollzog. 
Potsdam, 31. Aug. Am Geburtshau e 
des verstorbenen Professors v. Helmholtz 
wurde heute eine von der Stadt gestiftete 
Gedenktafel angebracht. Oberbürger 
meister Bvie hielt eine Ansprache. Der Feier 
wohnten die Spitzen der Behörden und 
Professor Vogel bei. 
Bei einem Brande in Brühlsdorf bei 
Bromberg ist in der Nacht zum Sonnabend 
der Vater des Besitzers Pollnack in 
den Flammen umgekommen. Die 
übrigen Bewohner retteten nur das nackte 
Leben. Sämmtliches lebende Inventar tst 
verbrannt. 
Eine Feuersbrun st vernichtete 
Herrischwikd im Amtsbezirk Säckingen die 
Eckertjche Besitzung. Sämmtliche Bewohner, 
drei Geschwister, sind dabei ums 
Leben gekommen, wahrscheinlich ver der 
versuchten Rettung des Viehs. Das Vieh 
ist mit verbrannt. 
Die Verhaftung des städtische 
Steuere m psängers Ritter i 
Lauda» wegen Unterschlagung amtlicher 
Gelder hat ein besonderes Interesse, weil 
die Stadt Lauban sich in der unangeneh 
men Lage befindet, zum dritten Mal ihren 
Steuerempfänger dem Gerichte überweisen 
zu müssen. Postawka war der erste 
Vogel als zweiter wurde wegen Unter 
schlagung von 22,000 Mk. im Jahre 1891 
zu sechs Jahren Zuchthaus verurtheilt 
Gleich nach dem Fall Böge! wurde seitens 
der städtischen Behörden eine sehr ein 
gehende Aufsicht des Steuerempfäugers 
angeordnet, und trotzdem diese neuen 
Unterschlagungen. Durch die Kaution des 
Ritter wird der Steuerkasse voraussichtlich 
kein Schaden erwachsen, aber Ritter hat 
bei seinen Unterschlagungen auch Fälschun 
gen verübt, indem er die Zahlung der 
Steuerbeträge zivar auf dem Steuerzettel 
bescheinigte, aber es unterließ, die Journal 
nummer, die den Unterschriften von zwei 
Beamten beigefügt sein soll, anzugeben. 
Auch hat er nach Fälschungen von Unter- 
-chriften Mündelgelder in erheblicher Höhe 
unterschlagen. Ritter bezog 1500 Mark 
Gehalt, das im nächsten Jahre auf 1600 
Mark erhöht werden sollte. 
Für Brotterode sind jetzt im Ganzen 
an Geld etwa 190,000 Mk. eingegangen. 
Davon nimmt der Barackenbau etwa 
90,000 Mark in Anspruch; es sind sechs 
Baracken mit je 10 Wohnungen festgestellt, 
die gemeinsam Centralheizung haben. Bon 
den sieben Lehrern in Brotterode unter 
richten zur Zeit drei am Orte und vier 
in den umliegenden Orten, wo die meisten 
Einwohner aus Brotterode zur Zeit 
wohnen. Die Speisung der Abgebrannten 
erfolgt nicht mehr unentgeltlich, da jetzt 
viel Arbeitsgelegenheit vorhanden. 
Mannheim, 30. Aug. Während des 
gestrigen Abendconcertes im Stadtgarten 
jagte sich der 33 Jahre alte Oberkellner des 
Etablissements, Adolf Preller, eine Revol 
verkugel in die Brust. Der Schwerverletzte 
wurde dem Allgemeinen Krankenhause über 
geben. Als Motiv der That nennt man 
Liebeskummer. 
Saarbnrg, 30. Aug. Heute früh ertrank 
Hauptmann Thielen mit seinem Pferde im 
Rhein-Marnekanal bei Arzweiler. Wie 
Augenzeugen erzählen, hat das Pferd vor 
einem vorüberfahrcnden Schiffe an einer 
Stelle des Leinpfades gescheut, wo nicht 
allein Kies ausgebreitet, sondern auch Kanal- 
schlamm gelagert war. Der Weg auf dem 
Leinpfad dort ist kaum einen halben Meter 
breit. Der Verunglückte kam nach der 
Straßb. Post" im Kanal unter das Pferd 
zu liegen. Andernfalls hätte er sich wohl 
noch retten können. 
Für Dortmund ist die Reichstag s- 
rsatzwahl nunmehr aus den 25. Oktober 
angesetzt worden. 
Für die Reichstagsersatzwahl im ivürtem- 
bergischen Wahlkreise Calw, welche durch 
die Beförderung des Abg. Freiherrn von 
Gültingen zum Landgerichts-Direktor erfor 
derlich geworden ist, haben die Sozialdemo 
kraten P. Ben; aus Stuttgart aufgestellt. 
Augsburg, 31. Aug. Gestern wurde die 
36. Generalversammlung des „Allgemeinen 
deutschen Genoffenschafts - Verbandes" ge- 
schlossen. Angenommen wurde der Antrag, 
im Reichstage dahin zu wirken, daß geg- 
nerische Bestrebungen gegen die Consum- 
vereine hintangehalten werden, ferner ein 
Antrag, welcher die Hebung des Handwerks 
durch Gründung von Handwerkergenossen, 
-chasten empfiehlt. Hierbei sollen die zu 
gründenden Handwerkergenossenschaften so 
viel wie möglich von den schon bestehenden 
Genossenschaften Deutschlands unterstützt 
iverden. 
Das Denkmal für Schulze-De- 
litzsch ist doch genehmigt worden. Dem 
Anwalt des Genoffenschafts-Berbandes, 
Abg. Schenck, ist, wie wir aus weiteren 
Berichten von dem Genossenschast-stag in 
Augsburg entnehmen, durch das Polizei- 
Präsidium vorläufig mitgetheilt worden, 
daß der Minister des Innern die Auf 
stellung des Denkmals auf dem zuletzt 
vorgeschlagenen Platz in der Köpenicker 
Straße bei der Einmündung der Insel- 
und Jakobstraße genehmigt hat. Es wird 
eine engere Konkurrenz unter hervorragen 
deren Bildhauern ausgeschrieben werden. 
Einen gräßlichen Tod fand der 
Heringshändler Fr. Friedrichsohn aus 
Grcifenhagcn, der mit seinem Kahn in 
Fürstenberg a. O. vor Anker lag und seit 
mehreren Tagen vermißt wurde. Man 
fand seine bereits stark in Verwesung 
übergegange Leiche in der Kajüte vor. 
Der untere Theil des Körpers lag auf 
einem Sopha, während der Kopf aus dem 
Fußboden in Wasser steckte. Neben dem 
Todten lag ein alter, erblindeter Hund. 
Da derselbe nicht ins Freie gelangen 
konnte, so war er, vom Hunger getrieben, 
über seinen todten Herrn hergefallen und 
hatte das eine Bein desselben vollständig 
abgefressen und das Muskelfleisch eines 
Oberarmes verzehrt. Friedrichsohn, der 
dem Trünke ergeben >oar, ist wahrschein- 
sich im berauschten Zustande mit dem 
Oberkörper vom Sopha gerutscht und hat 
so den Tod durch Ertrinken gefunden. 
Der Marktflecken Roßdorf bei Wasungen 
ist bekanntlich zu mehr als einem Drittel 
eingeäschert worden, das Gioßseuer legte 
in kurzer Zeit die beiden großen Güter 
mit ihren sämmtlichen Erntevorräthen, das 
Wechmarsche Schloß, sowie 44 kleinere 
Wohnhäuser mit den dazu gehörigen 
Scheunen und Stallungen in Äsche. Dem 
einen Gutsbesitzer sind gegen 40 Stück 
Hornvieh, darunter zwei gekörte große 
Bullen, und 20 Schweine, einem Pachter 
10 Stück Rindvieh und 25 Schweine theils 
verbrannt, theils erstickt. Ausgekommen 
ist das Feuer in einem alten -schafstall 
des einen Gutes, in welchem kurz vorher 
Strohseile gebunden w«en; „offenbar hat 
dieses Material zum raschen Umsichgreifen 
des Feuers mit beigetragen. Angeblich 
hat ein vierjähriger Knabe mit 
Streichhölzchen gespielt. Ein starker 
Westwind lrug die Flainmen weiter, iodaß 
der ganze nordöstliche Theil des Markr- 
fleckens vernichtet wurde. Außer den 
Gütern sind zumeist Arbeiter betroffen 
wvrdeii, die aus dem Felde iveilten und in
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.