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WO 154
Ireitag, den 5 Juli
1895.
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? Kiel, 5. Juli Heute Abend erfolgte
die Abfahrt des Kaisers und der Kaiserin.
Das Kaiserpaar fuhr präcise 11'/- Uhr
am Bahnhöfe vor, begrüßt von dem Hurruh
der hier Harrendenden Menge. Prinz und
Prinzessin Heinrich verabschiedeten sich am
Bahnhöfe von der Kaiserin. Nachdem der
Zug die Bahnhofshalle verlassen, gingen
der Kaiser und Prinz Heinrich über die
Ankunftsseite des Bahnhofs zur Jensenbrücke,
um sich in der Pinasie an Bord der
Hohenzollern zu begeben. Diese warf
12 Uhr von ihrer Boje los und fuhr
dann langsam in See hinaus unter dem
Hurrah der Mannschaften auf den Kriegs-
schisien, welchen die Kaiseryacht vorüber-
fuhr. Bei der Abfahrt der Kaiserin war
nicht salutirt worden und auch bei der Ab-
fahrt der Hohenzollern, vernahm man zu
nächst keinen Salut, erst als die Hohenzollern
mit vem Kaiser an Bord die Außenföhrde
erreicht hatte, klang wie aus weiter
Ferne der Kanonendonner von der Strand
batterie zu Friedrichsort nach Kiel hinüber.
Berlin, 5. Juli. In einer gestern
Abend von etwa 800 Personen besuchten
Versammlung der Töpfer Berlins tvurde
der seit dem 17. Juni dauernde Streik
für beendet erklärt. Die Forderungen
wurden von 85 Arbeitgebern bewilligt,
während 32 Meister sich weigerten, den
verlangten Tarif zu zahlen. Am letzten
Sonnabend sind 4775 Mark Streik-Unter-
stützungsgelder ausbezahlt worden. Die
Versammlung erklärte sich einstimmig für
die Aufhebung des Streiks ; jedoch bleibt
das Streikcomitee bestehen.
Berlin, 5. Juli. Der „Reichsanz."
meldet die Entlassung des bisherigen
deutschen Kosuls in Florenz, E. Kuhfns
aus seinem Amte. — Bekanntlich war
Kuhfns vor einiger Zeit wegen Betrügereien
flüchtig geworden.
Berlin, 4. Juli. Zum Attentatsversuch
gegen den Polizei-Oberst Krause erfährt
der „Berl. Lok -Anz.": Die Nachforschungen
nach dem Thäter lenken sich augenscheinlich
nach einer neuen Seite hin. Es liegt ein
genügend begründeter Verdacht vor, daß
die verhängnißvolle Kiste von einem Mäd
chen in Männerkleidern in Fürstenwalde
bei der Post aufgeliefert worden sei.
Köln, 5. Juli. Der „Köln. Ztg." zu
folge wurde der Belgrader russische Go
sandte, Baron Rosen, der bereits seinen
Urlaub angetreten hatte, vom Fürsten
Lobanow telegraphisch angewiesen, mit
Rücksicht auf die Vorgänge in Macedonien
seinen Urlaub zu unterbrechen und sich
nach Belgrad zurückzubegeben. Darnach
mißt Rußland trotz seiner anscheinenden
Gleichgültigkeit der Vorgänge erhöhte Be
deutung bei.
München, 5. Juli. Nach der „N. Fr.
Volksztg." riß am Freitag Morgen ein
militärischer Fesselballon, in dessen Korbe
ich zwei Offiziere befanden, los. Bis
heute sollen noch keine Nachrichten über
das Schicksal der Luftschiffer eingetroffen
iein. Einer der Offiziere war Premier
lieutenant Marger, der s. Zt. die mili
tärischen Executionen in Fuchsmühl kom-
mandirte.
Ocdcnbnrg, 4. Juli. Infolge des epi
demischen Auftretens des Unterleibstyphus
ist hier die Familie Bruckner, bestehend
aus Vater, Mutter, Tochter und Sohn,
gestorben.
Königsberg i. Pr-, 5. Juli. Die Stadt
Mehlsack wurde von einem furchtbaren
Wirbelsturm, verbunden mit schwerem
Hagelschlag, heimgesucht. Unzählige Fenster
scheiben wurden zertrümmert. Alle Felder
und Gärten der Umgegend sind verwüstet.
Zwei Kinder wurden vom Hagel nieder
geworfen und ertranken in einer Straßen
rinne ; fünf andere Kinder werden vermißt.
Mehrere Personen wurden durch Şercb
fallende Ziegel und Steine verletzt.
Carthaus i. Westpr. 4. Juli. Der seit
1880 hier ansässige Rechtsanwalt und No
tar Busch ist verhaftet worden. Er stellte
sich selbst der Staatsanwaltschaft mit der
Angabe, daß er anitlich ihm anvertraute
Gelder in Höhe von etwa 20000 Mark
unterschlagen habe. Busch wurde in Un
tersuchungshaft genommen.
Beuthen, 3. Juli. Unweit des Leon
schachtes bei Beuthen ist ein junges Mäd
chen ermordet aufgefunden worden. Es
liegt ein Lustmord vor.
Budapest, 4. Juli. Auf einem Marsche
der hiesigen Garnison in das nahegelegene
Sommerlager starb ein Freiwilliger am
Hitzschlag; ein Hauptmann erkrankte lebens
gefährlich. Mehrere Soldaten mußten ins
Hospital geschafft werden.
Brüssel, 5. Juli. Große Erregung
hat in Polizeikreisen die Nachricht hervor-
gerusen, Laß bei dem Attentatsversuch au'
den Berliner Polizeioberst Krause die
Benzinflaschen in belgische Zeitungen ein
gewickelt waren und daß der Revolver
belgisches Fabrikat ist. Die Untersuchung
ist hier eingeleitet worden, um zu erforschen,
ob das geplante Attentat etwa von bel
gischen Anarchisten ausgegangen ist.
Neapel, 5. Juli. Die Bewohner der
in der Nähe des Vesuvs gelegenen Häuier
müssen dieselben verlassen, weil die Lava-
tröme in beunruhigender Weise zugenom
men haben.
Riga, 5. Juli. Eine heftige Explosion
hat hier in einem Feuerwerks-Laboratorium
tattgefunden. Das Haus und ein Neben
gebäude wurden arg beschädigt: die beiden
Dächer flogen in die Luft. Fünf Personen
ind lebensgefährlich verwundet, zwei er
hielten leichte Verletzungen.
Belgrad, 4. Juli. Die Radikalen sind
geneigt, in das neue Kabinet einzutreten;
infolgedessen ist das Zustandekommen des
Ministeriums Simitsch wahrscheinlich. Die
Frage der Conversion wird vorläufig von
der Tagesordnung abgesetzt, zumal die
Karlsbader Abmachungen als gescheitert
zu betrachten sind. Das neue Kabinet
will sich mit einer kleinen Finanzoperation
zur Deckung des Juli-Coupons behelfen.
Der König lehnt eine Stellung der serbi
schen Finanzverwaltnng unter fremde Con
trolle ab.
Belgrad, 4. Juli. Die von Christitsch
gestern eingeweihte Demission des Mini
sterium ist heute vom König angenommen
morden. Simitsch wurde mit der Neubil
dung des Kabinets betraut. Wenn der
Letztere das Kabinet zu Stande bringt,
erfolgt die sofortige Auflösung der Skupsch-
tina. Die Vorlage betreffend die Karls
bader Abmachungen wird zurückgezogen
und Neuwahlen für die Skupschtiua wer
den ausgeschrieben werden. Die neue
Skupschtina wird sich mit der Revision
der Verfassung von 1869 zu beschäftigen
haben.
Rom, 4. Juli. Der König soll die dem
Ministerpräsidenten Crispi zugedachte Rang
erhöhung bei der Ankunft des Herzogs und
der Herzogin von Aosta eintreten lassen
C rispi wird den Titel eines Herzogs oder
Fürsten von Calatafini erhalten.
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Außereuropäische Gebiete.
Aus Washington wird geschrieben: Das
Staatsdepartement hat endlich, nach Jahres
frist, authentische Nachricht über das Schick
sal des verschollenen Zweiradfahrers Lenz
aus Pittsburg erhalten; Lenz hatte eine
Zweiradtour um die Welt unternommen
und seine Spur ging in Kleinasien ver
loren. Die Befürchtungen, welche man
wegen des Schicksals des jungen Ameri
kaners gehegt, haben sich leider bestätigt:
er ist von räuberischen Kurden ermordet
worden.
Auf Anweisung des Generalstatthalters
von Nanking sind die fremden Consuln
hier von dem Taotai Liu ersucht, dafür
Sorge tragen zu wollen, daß in Zukunft
remde Handelsdampser, die einen nicht ge
öffneten Hafen im Sturm als Nothhafen
anlaufen, bezw. um Provision oder Süß-
wasser einzunebmen, zunächst ein Boot
ans Land schicken und den Civil- und
Militärbehörden Anzeige machen, damit
ihnen von diesen der nöthige Schutz ge
währt werden könne. Diese Maßregel soll
verhindern, daß die Küstenbevölkernng durch
den Anblick eines sremden Dampfers un
nöthigerweise in Schrecken gesetzt werde,
und es soll auf diese Weise etwaigen
Collisionen mit den seit Ausbruch des
Krieges an der Meeresküste entlang
tationirten Lagern und der Miliz, die die
remden Flaggen nicht unterscheiden könnten,
vorgebeugt werden.
Mehrere Räuber brachten am Mon
tag einen nach dem Norden fahrenden Zug
der Southern - Pacific - Eisenbahn dadurch
zum Stillstand, daß sie in der Nähe von
Roseburg, im Staate Oregon, Dynamit
auf die Schienen legten. Die
Räuber nahmen den Fahrgästen ihre Werth
achen ab und entfernten sich darauf unter
Mitnahme der eingeschriebenen Postsachen
Unter diesen befand sich auch ein Theil der
für Viktoria in Britisch - Kolumbien be
stimmten Briefe.
Seit mehreren Jahren wüthet in Ost
wie in Südwestafrika die Viehseuche. Das
Eingehen des Viehstandes war neben den
Heuschrecken der Hauptgrund der auch im
ostafrikanischen Schutzgebiet herrschenden
Hungersnoth. Vom Auswärtigen Amt ist
jetzt an den Privatdozenten in Kiel, Dr
S ch n e i d e m ü h l, die Anfrage gerichtet
worden, ob er bereit sei, in Deutsch-Ost
afrika die Rinderkrankheiten festzustellen
und Vorschläge zur Hebung der Viehzucht
abzugeben. Auch in Südwestafrika habe
eine Viehseuche den Bestand an Rindern
stark vermindert.
Welch ungeheurer Reichthum in der
Hand einzelner australischer Squatter ver
einigt ist, beweist der Bankerott eines
Viehzüchters in St. Kilda, der seinen Be
sitz auf 15"/* Millionen Mark bewerthet
unerwartet große Verluste führten seine
Zahlungsunfähigkeit herbei.
Bulgarien.
In Sofia sind die Warnungen der
Mächte nicht unbeachtet geblieben. Die
Erklärung der Pforte, daß sie von den
reundlichsten und besten Gesinnungen gegen
Bulgarien beseelt sei, daß sie eine Ver-
tärkung der Truppen im Vilajet Edirneh
richt beabsichtige und es auch für über-
lüssig halte, Fuad Pascha mit dem Grenz-
Commando zu betrauen, wird von den
Machthabern in Sofia als eine befriedigende
Antwort auf die bulgarische Note angesehen.
Man wartet augenscheinlich auf den Effect,
den die bulgarische Deputation in St.
Petersburg machen wird. Ist kein An
zeichen wahrzunehmen, daß der Zar sich
für die macedonische Frage erwärmt, dann
wird auch Fürst Ferdinand sich nicht
engagiren und dafür sorgen, daß die
macedonische Liga den glimmenden Brand
nicht zu Heller Flamme anfacht. Wie die
Sachen eigentlich in Macedonien stehen,
ist freilich auch heute noch nicht zu sagen.
In Sofia behauptet man consequent, es
seien nur vereinzelte Schmuggler und
Räuberbanden, die einige Vilajete unsicher
machen, während die oppositionelle bul
garische Presse von Massacres berichtet,
welche von türkischen Truppen beim Vor
gehen gegen die Aufständischen angerichtet
wurde. Der Wunsch, daß die macedonische
Frage durch einen Congreß gelöst werden
möge, ist bisher nur in Belgrad geäußert
worden.
Doctor Buchanan, ein Arzt, welcher
seine Frau durch Gift ums Leben gebracht,
wurde im Staatsgesängniß zu Sing Siua
vermittels Elektrizität hingerichtet.
Der erste Schlag von 1740 Volts Stärke
genügte nicht, um das vollständige Ab
leben herbeizuführen, seine Glieder wurden
versengt und rauchten. Erst der zweite
Schlag führte den Tod herbei.
Serbien.
Belgrad. Die serbische Skupschtina ist
auf Wunsch der Königin Mutter Natalie
nicht nach Nisch, sondern nach Belgrad zu
einer außerordentlichen Session zusammen-
berufen worden, um über die Karls
bader Abmachung zu beschließen.
Erst wenn dieser Beschluß erfolgt, können
die Verträge mit den Banken über das
neue Anlehen von 45 Mill. Francs perfect
werden. Am Sonnabend beginnen die
entscheidenden Verhandlungen in der
Skupschtina. Eigentlich sind alle Parteien
gegen das Abkommen, und die Lage der
Regierung ist daher eine sehr schwierige.
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Roman von Rcinhold Ortmann.
Der Student sah finster vor sich hin. Nach
einer kleinen Pause fragte er ganz unvermittelt:
„Bei dem gestrigen Zusammenstoß mit der
Polizei sind schließlich auch Verhaftungen vor
genommen worden — nicht wahr?"
„Ja, die Zeitungen berichten, daß es ge
lungen sei, einiger Rädelsführer habhaft zu
werden."
„Und man wird diese Männer vor Gericht
stellen? — Glauben Sic, daß sie sehr hart
bestraft werden können?"
„Ich weiß cs nicht, aber ich erinnere mich
allerdings, daß bei einem ähnlichen Anlaß
die Aufwiegler und Anführer wegen Land
friedensbruchs zu mehrjährigem Gefängniß
verurtheilt worden sind.
Arnold Randolfi drehte den Kopf nach
der Wand und schwieg. Erst als er hörte,
daß der Arzt sich anschickte zu gehen, wandte
er ihm sein Gesicht noch einmal zu.
„Giebt es nicht hier in Deutschland ein
Gesetz, Herr Doktor, welches Ihnen vorschreibt
mich anzuzeigen?"
„Vielleicht. Aber ich denke es vor meinem
Gewissen verantworten zu können, wenn ich
das Gesetz übertrete."
„Und dabei halten Sie mich auf dem
Grunde Ihres Herzens für einen jämmerlichen
Feigling, der seine Kameraden im Stich läßt,
wenn cs gilt, die Folgen seiner Handlung zu
wagen."
„Darüber wollen wir uns unterhalten
wenn die Heilung Ihrer Wunde weiter vor
geschritten sein wird. Sic haben dann noch
Zeit genug, Ihre Entschiießungen zu fassen
Er reichte ihm die Hand, aber die mageren
Finger des Studenten lagen gleichgültig und
ohne Druck in den seinen. Loepold fühlte,
daß cs eine schwere Aufgabe sein würde, daß
Vertrauen dieses jungen Menschen zu gewinnen,
der offenbar in jedem Anhänger der bestehen
den Gesellschaftsordnung einen persönlichen
Feind erblickte. Aber er war nichtsdesto
weniger entschlossen, es zu versuchen, und als
er sich draußen im Vorzimmer van Helene
verabschiedete, wiederholte er ihr noch einmal,
daß sic fortan fest auf seinen Beistand bauen
dürfe.
Schon am fünften Tage nach ihrer heim
lichen Verlobung gab es einen ganz ernst
haften Streit zwischen Julia und dem Doktor.
Sie hatte ihm, als er nach seiner Gewohn
heit Vormittags auf einen Augenblick bei ihr
vorsprach, lachend einen Brief gezeigt, der
zugleich mit einem riesengroßen, kostbaren
Blumenstrauß eine Stunde zuvor bei ihr ab
gegeben worden war und der in den über
schwänglichsten Worten eine förmliche Liebes
erklärung enthielt.
„Ist das nicht köstlich," rief sic ganz un
befangen. „Und der Mensch hat die Naive
tät, mir mitzuteilen, daß er „erster Prokurist
einer Getreidefirma" sei. Ein Buchhalter
oder Kommis! — Ich hätte mir eigentlich
den Spaß machen sollen, ihm zu antworten.
„Ich hoffe, daß Dir nicht im Ernst ein
solcher Gedanke gekommen ist, Julia," erwi-
der junge Arzt mit finsterer Miene. „Es
war eine Unvorsichtigkeit, die Blumen über
Haupt anzunehmen, und ich bitte Dich jeden
falls, sic jetzt fortzuwerfen."
Die Sängerin betrachtete ihn mit erstaun
tem Blick.
„Wie? — Ich sollte ihn fortwerfen —
diesen prächtigen Strauß? — Und nur weil
er von einem Menschen bezahlt wurde, der
zu seinem eigenen Unglück in mich verliebt
ist? — Nein, mein Freund, das wäre Bar
barei. Und Du bist doch nicht am Ende
gar eifersüchtig auf Rosen und Orchideen."
Er hatte ihr vergeblich klar zu machen
gesucht, weshalb sie das Geschenk des zu
dringlichen Unbekannten nicht in ihrem Zimmer
dulden dürfe. Sie war bei ihrer lachenden
Weigerung geblieben, bis er die Beseitigung
der Blumen geradezu als einen Beweis ihrer
Liebe gefordert hatte. Da endlich war das
holde Lächeln, das sie so entzückend kleidete,
von Julia's Gesicht verschwunden, und sie
hatte einen trotzigen, fast herrischen Ton an
geschlagen, der ihn überraschte und erschreckte.
Sic werde niemals einwilligen, die Rolle der
gehorsamen Sklavin zu spielen, hatte sie ihm
zugerufen, und Leopold war in hellen Zorn
fortgestürzt, fest entschlossen, nicht früher zurück
zukehren, als bis sic selber ihn demütig darum
bitten würde.
Aber diese Bitte war nicht erfolgt und er
war trotzdem am nächsten Vormittag wieder
gekommen, weil ihm die Sehnsucht nach ihr
nicht länger Ruhe gelassen. Er hatte die
sorgfältig gepflegten Blumen noch auf der
nämlichen Stelle gefunden, aber er hatte sich
den Anschein gegeben, sie nicht zu sehen und
hatte damit seine erste Niederlage besiegelt.
Manches andere kleine Zerwürfniß war
dann gefolgt, und nach Julia's Behauptung
war cs auch in diesen Fällen stets nur die
thörichte Eifersucht Leopolds gewesen, welch
die Mißhelligkeiten herbeigeführt hatte. Denn
'ic nannte ihn eifersüchtig und verspottete ihn
mit ihrem silbernen Lachen, wenn er ihr
irgendwelche Einschränkungen in ihren bis
herigen freien Lebensgewohnheitm zumuthen
wollte. lind immer blieb sie in diesen
Meinungsverschiedenheiten unbestrittene Sie
gerin, wie heftig sich auch zuweilen sein Stolz
gegen die Zugeständnisse aufbäumte, mit denen
er nach jedem Wortwechsel ihre Versöhnung
erkaufen mußte. Er fügte sich, weil er bei
einer geringen Kenntniß des weiblichen Cha
rakters noch immer anbetend zu ihr emporsah
wie zu einem höheren Wesen, und weil er
'ich deshalb nur zu leicht überzeuget ließ, daß
eine gottbegnadete Künstlerin nicht mit den:
kleinlichen Maße spießbürgerlicher Schicklich
keitsbegriffe gemessen werden dürfe. Aber es
blieb doch von jeder dieser Streitigkeiten ein
Stachel in seinem Herzen zurück, ein häßliches
Erinnern, das später durch ein Wort oder
einen Blick Julia's von neuem geweckt werden
konnte und das ihn dann zu ihrem Befremden
selbst in Augenblicken vollsten Einvernehmens
plötzlich verstimmt und schweigsam erscheinen
ließ.
An die Wahrhaftigkeit ihrer Liebe aller
dings glaubte er felsenfest wie an ein Evan
gelium. Auch wenn er sich in seinem
Mannesstolz empfindlich verletzt fühlte, kam
ihm nie ein Zweifel an ihrer Treue; das
Bild, das er von ihr in seinem Herzen er
richtet hatte, trug ja viel mehr göttliche als
menschliche Züge, und er würde darum eher
an einen Einsturz des Himmels geglaubt haben
als an die Möglichkeit, daß Julia nur ein
oberflächliches frevelhaftes Spiel mit ihm
treiben könnte.
Nach wenig Wochen schon war cs dahin
gekommen, daß er ängstlich vermied, nach
dem Spender zu fragen, wenn er irgend eine
neue, prächtige Blumengabe in dem Boudoir
der Sängerin fand. Er suchte jetzt diesen
peinlichen Auseinandersetzungen aus dem Wege
zu gehen, die ihn für Stunden und Tage um
Julia's Zärtlichkeit brachten nnd deren Ende
doch jedesmal nur eine neue Beschämung für
ihn war. Auch die Briefe und Gedichte, die
'ie fast nach jedem Auftreten erhielt, verlangte
er nicht mehr zu sehen. Wenn das Alles
mit ihrem Künstlerinnenberuf nun einmal un
zertrennlich verbunden war, so mochte es
darum sein. Aber es war für die Ruhe
seines Herzens jedenfalls am besten, wenn er
davon so wenig als möglich hörte und sah.
Einmal nur fand er zufällig an einem
mächtigen Blumenkörbe eine Visitenkarte mit
der Aufschrift „Ewald Freiherr von Western
hagen", und der klangvolle Name prägte sich
aus irgend einer unbekannten Ursache seinem
Gedächtniß mit besonderer Schärfe ein. Als
er wenige Tage später dieselbe Visitenkarte
in Julia's kleinem Salon auf dem Tische
liegen sah, konnte er sich, seinen früher ge
faßten Vorsätzen zum Trotz, nicht enthalten,
nach ihrer Herkunft zu fragen. Und es war
ihm, als hätte er flüchtig eine leichte Ver
legenheit auf dem Antlitz der Geliebten wahr
genommen. Aber er mochte sich darin wohl
getäuscht haben, denn ihre Antwort hatte einen
ganz natürlichen, unbefangenen Klang.
„Sie wird vermuthlich noch von dem
Rosengcbinde herrühren, das man mir kürz
lich ins Haus brachte. Ich pflege diese
Karten und Begleitbriefe nicht gerade sorg
fältig aufzubewahren.
Er fragte nicht weiter, obwohl er zum
ersten Male etwas wie eine leise Neigung
wirklichen Mißtrauens gefühlt hatte. Aber