Full text: Newspaper volume (1895, Bd. 2)

Der Handel war etwa- flauer, doch wurde 
Ser Marklbestand geräumt. Beste Waare 
wurde in Friedrichshsgrn auf Requisition 
der Staatsanwaltschaft zu Haynau der' 
Man schreibt dem „P. L." aus Oedcn 
bürg; Der gewesene Besitzer der Litho 
graphie und Steindruckerei, Herr Ludwig 
Thiering, hat sich entschlossen, sein im 
frequentesten Viertel unserer Stadt ge 
legenes lastenfreies Haus sammt 
Garten im Werthe von 40 000 fl. im 
Wege eines Preiskegelschiebens als 
ersten Preis auszuspielen. Bedingungen 
sind: Jedermann muß mindestens fünf 
Loose, welche zu 25 Schüben berechtigen 
und 2 fl. 50 kr. kosten, kaufen. Der be 
treffende Besitzer solcher Loose ist nicht 
verpflichtet, selbst zu schieben, sondern er 
kann mit dem Schieben die geübtesten so 
genannten „Praterschieber" betrauen. Die 
anderen vier Preise sind: Zweiter Preis 
4000 fl., dritter Preis 3000 fl., vierter 
Preis 2000 fl., fünfter Preis 500 fl. 
demjenigen, der die meisten Loose ge 
kauft hat. 
RutzlĶÄ. 
Ein Offizier des jetzt in Petersburg 
für die ausgerückten Garden den Sommer 
über garnisonirenden 90. russischen In 
santerie-Regiments erschoß in der vorigen 
Woche meuchlings seinen bisherigen besten 
Freund, einen Offizier desselben Regi 
ments. Er war verheirathet und nahm 
seine Frau, gegen die er den Verdacht der 
Untreue hatte, ins Verhör, wobei sie, in 
die Enge getrieben, schließlich ein sträf 
liches Verhältniß mit dem bisherigen besten 
Freunde ihres Gatten eingestand. Ohne 
ein Wort zu sagen, nahm er den geladenen 
Revolver, ging in die Wohnung des 
Freundes, fand ihn schlafend im Bette - 
es war schon spät Abends — und schoß 
ihm, ohne ihn vorher zu wecken, eine 
Kugel durch den Kopf. Der Tod trat 
sofort ein. 
Petersburg, 19. Aug. Wiedas Medicinal 
Departement meldet, sind im Departement 
Wolhynien an Cholera und choleraartigen 
Krankheiten vom 9. bis 15. Juli a. St. 
222 Personen erkrankt, wovon 70 gestorben. 
Von 16. bis 22. Juli a. St. 466 erkrankt, 
166 gestorben. 
Petersburg, 19. Aug. Verschiedene 
Blätter melden: Der hiesige Hofmakler 
Schrötter wurde auf seinem Landgute, 
unweit St. Petersburg, von 7 Personen 
überfallen und schwer verletzt. 
Frsukreisü. 
Paris, 19. Aug. Der „Matin" publicirt 
ein Interview mit dem elsässischen Reichs 
tag-abgeordneten Guerber und dem Mit- 
gliede des Landesausschusses Petri, die 
beide erklärten, eine elsässisch-lothringische 
Frage existire nicht. Guerber sagte, es 
sei eine Utopie, zu glauben, daß Elsaß 
Lothringen zu Frankreich zurückkommen 
könnte. „Deutsche sind und bleiben wir." 
In Marseille ist der italienische Drei 
master „Giuseppe Capadona" aus Neapel 
mit einer Bretterladung eingetroffen, an 
dessen Bord sich während der Ueberfahrt 
ein furchtbares Drama abspielte. Eines 
Nachts, als Alles an Bord schlief, hallten 
plötzlich Schreie des Entsetzens und Todes 
röcheln auf dem Deck wieder. Ein 
Matrose, ein Neger von den Philippinen, 
Pablo Oryon, hatte' sich an den Posten 
geschlichen und hinterlistig einen Dolch in 
die Brust eines Matrosen gebohrt. Das 
unglückliche Opfer war ein gewisser Scotto 
di Fasano, der, mitten ins Herz getroffen, 
seinen Geist aushauchte. Indessen hatte 
die Flucht des Mörders alle Matrosen 
aus dem Schlafe geschreckt und man ver 
folgte ihn; aber er hatte von dem ersten 
Moment der' Bestürzung Nutzen gezogen 
und war in die Kabine des Deckvfficiers 
Fatale Pasquale geeilt; auch diesen streckte 
er mit einem Dolchstiche todt nieder. Man 
suchte sich jetzt der Bestie zu bemächtigen, 
die sich wie toll geberdete und noch einen 
Passagier Namens Maggiore Catello und 
einen Matrosen Giordano Alfonso schwer 
verwundete. Trunken von dem vergossenen 
Blute, aber sich wohl bewußt, daß er ver 
loren, flüchtete sich Pablo in die Taue 
des Mastes, wobei er immer noch eine 
drohende Haltung annahm. Ein Matrose 
erbot sich darauf, auf ihn loszugehen und 
ihn niederzuschießen; aber der Capitän 
widersetzte sich diesem Vorgehen; er ordnete 
an, man sollte warten, bis Pablo selbst 
hinuntersteige. Der Mörder verblieb in 
seinem Schlupfwinkel volle vierundzwanzig 
Stunden. Endlich stieg er mit einem 
Messer in der Hand auf das Verdeck hin 
ab, um zu trinken, in der Hoffnung, die 
Wachsamkeit der Mannschaft zu täuschen. 
Aber er tourde sofort umringt und übel 
zugerichtet, da die Wuth der Mannschaft 
gegen ihn aufs Aeußerste gestiegen war. 
den vornehnicn Namen der „Burggraf" 
führte, brachte die Gesundheit des „steifen 
Lehmann" aus, und einige der Gesellen, 
welche sich leise von der „schiefen Laterne" 
und der „Dampfwalze" unterhielten, ver 
kriechen durch gewisse Seitenblicke, daß untrr 
diesen charakteristischen Pseudonymen sich 
zwei der „Damen" verbargen, welche die 
Gesellschaft durch ihre Gegenwart zierten. 
Die Gespräche wurden hier laut, dort leise, 
in einer Sprache geführt, welche der Unein 
geweihte kaum für Deutsch gehalten hätte, 
denn sämmtliche Ausdrücke und Bezeichnungen 
der Handwerker entstammten dem Gauner- 
wörterbnche. 
(Fortsetzung folgt.) 
Schließlich warf er sich in's Meer und 
das Schiff entfernte sich, während Pablo 
sich noch einige Minuten über den Wogen 
hielt, bis diese ihn verschlangen. Der 
Capitain Fariello versichert, daß seiner 
Meinung nach Pablo durch diese Metzelei 
nur seinem wilden Hasse gegen die Weißen 
einen grausigen Ausdruck gegeben hat. 
England. 
London, 19. Aug. Aufsehen erregt hier 
ein Cirkular des Kriegsministeriums an 
die Armenhausbehörden, ob und welche 
Räumlichkeiten sie eventuell für Lazarelhe 
im Falle eines plötzlichen Kriegsausbruchs 
oder einer Invasion Englands gewähren 
könnten. 
Dänemark. 
. , . 19. Aug. Wieder sind 
neue Betrügereien entdeckt! Es ver 
geht fast keine Woche, in der nicht in 
öffentlichen Kassen große Schwindeleien 
vorkommen. Dieses Mal ist es der Bor- 
sitzende einer Versicherungskasse in Prästö 
(Seeland), der sich fast 100 000 Kr. ange 
eignet hat! Er fing an, kleinere Summen 
zu nehmen, und hat die Betrügereien seit 
20 Jahren fortgesetzt, ohne daß die Re 
visoren etwas entdeckten. Er bekleidete 
mehrere Ehrenämter und genoß allgemeines 
Ansehen. Seit ein paar Monaten ist dies 
das siebente Mal, daß in kleineren Pro 
vinzstädten große Unterschlagungen entdeckt 
werden, und man fragt sich unwillkürlich, 
wie das enden soll. 
MàŞ. 
Potsdam, 20. Aug. Aus Anlaß des 
Geburtstages des Kaisers Franz 
osef fand in der Jaspis-Gallerie des 
Neuen Palais eine Mittagstafel von 90 
Gedecken statt. Zur Rechten des Kaisers 
saß der österreichisch-ungarische Botschafter 
von Szögyeny, zur Linken der Reichskanzler 
Fürst zu Hohenlohe, dem Kaiser gegenüber 
hatte der Großherzog von Baden Platz 
genommen. Während der Tafel brachte 
der Kaiser einen Trinkspruch auf das Wohl 
des Kaisers Franz Josef aus. 
Potsdam, 18. Aug. Bei der heutigen 
Erinnerungsfeier der Siege bei Metz der 
1. Garde - Infanterie - Brigade hielt der 
Kaiser folgende Ansprache: 
„Bewegten Herzens danke ich Ihnen für 
die schönen Worte, welche den Ausdruck 
der Gefühle aller hier versammelten Ka 
meraden zusammengefaßt haben. Der Boden, 
auf dem wir uns befinden, ist durch die 
historischen Erinnerungen geheiligt. Von 
hier aus entließ Mein hochseliger Groß 
vater die Bataillone des 1. Garderegiments 
bei ihrem Ausmarsch ins Feld, nachdem 
Er ihnen anfeuernde Worte zugerufen 
hatte. Hier versammelte Er das 1. Garde 
regiment, um bei der zehnjährigen, Feier 
als Deutscher Kaiser Seinen Dank und 
Seine Anerkennung dem Regimente für 
seine Leistungen im Kriege kundzugeben. 
Ich will darum Mich kurz fassen, denn 
heute reden die Thaten zu uns. Die großen 
Erfolge, welche unter Kaiser Wilhelms 
Führung die Armee und insbesondere die 
preußischen Garden erfochten, wurzeln doch 
zuletzt in dem, was uns der hochselige 
Herr eingepflanzt hat. Was machte die 
große Kraft unserer Armee aus? Es war 
die unbedingte Hingabe an einen Willen, 
den ihres obersten Kriegsherrn. Unerschüt 
terlich sollen daher für uns die drei Tu 
genden dastehen, die der Verewigte selbst 
als die drei Hauptsäulen Seiner Armee 
bezeichnete: „Die Tapferkeit, das Ehrgefühl 
und der unbedingte Gehorsam". Lassen 
Sie uns diese drei Eigenschaften mit un 
ermüdlicher Arbeit aufrechterhalten und 
kräftigen, dann wird unsere Armee das 
bleiben, wozu sie Kaiser Wilhelm der Große 
geschaffen hat. Sie wird dann die Grund 
tage für den Frieden Europas sein und 
den Spruch des General - Feldmarschalls 
Moltke rechtfertigen: „Wir sind nicht nur 
stark genug, den Frieden Europas zu er 
halten, sondern auch denselben zuerzwingen". 
Mit herzlichem Glückwunsch an die Bri 
gade zu dem heutigen herrlichen Ehrentage, 
den sie in Anwesenheit so vieler braver 
Mitkämpfer des heutigen Tages St. Privat 
feiern kann, erhebe Ich Mein Glas und 
trinke auf das Wohl Meines 1. Garde- 
Regiments, der gesammten Garden und 
Meiner Armee". 
Berlin, 19. Aug. Die heute Vormittag 
auf dem Tempelhofer Felde stattgefundene 
Kriegs-Erinnerungsseier der Kriegervereins- 
Berbände von Berlin und Umgegend nahm 
einen durchaus erhebenden und würdigen 
Verlauf. Es betheiligten sich daran 13,748 
Mann. Der Kaiser hielt bei der Besich 
tigung der Kriegervereine eine Ansprache 
an die Versammelten, in welcher er zu 
nächst seines Großvaters und der Schlachten 
vor 25 Jahren gedachte und sodann den 
Wunsch aussprach, daß der heutige Tag 
mr die versammelten Kameraden ein neuer 
Ausgangspunkt sein möge zum Respekt vor 
dem Gesetze, zur Pflege der Religion und 
zur Pflege der Königstreue. Die Kame 
raden sollten treu zum Throne halten und 
allen Umsturzbestrebungen entgegentreten. 
In besonderer Anerkennung der Verdienste 
habe er, der Kaiser, durch Kabinetsordre 
vom gestrigen Tage befohlen, daß die euer 
r>en Kreuze eine Eichenlaubverzierung in 
Silber mit der eiugravirten Zahl 25 und 
daß die Kriegsdenkmünzen silberne Riegel 
erhielten, auf welchen die Schlachten und 
Gefechte eingravirt werden, welche der In 
haber mitgemacht hat. — Hierauf brachen 
die Versammelten in ein dreifaches Hurrah 
auf den Kaiser aus und Kamerad Wolke 
witz dankte dem Kaiser, daß er den Krie 
gern Gelegenheit gegeben habe, sich dem 
obersten Kriegsherrn vorzustellen. Der 
Kaiser überreichte alsdann den Militär 
Oberpfarrern Wülfing und Vollmar die 
Insignien des Kronen - Ordens 3. Klasse 
Nachdem sich der Monarch mit freuudlicheni 
Gruße nach allen Seiten verabschiedet 
hatte, traten die Kriegervereine ihren Ab 
marsch an. Der Feier hatten kolossale 
Menschenmengen beigewohnt. 
Berlin, 19. Aug. Die „Nordd. Allg 
Zeitung." schreibt: Zu allseitigem Bedauern 
war der große Kanzler des hochseligen 
Kaisers, zu dessen Denkmal gestern der 
Grundstein gelegt wurde, bei seinem hohen 
Alter verhindert, sich an der Feier zu 
betheiligen. Dasselbe Blatt hört, Fürst 
Bismarck habe auf die Einladung der 
Feier der Grundsteinlegung, die der Reichs 
kanzler dem Fürsten im Aufträge des 
Kaisers übersandt hatte, den Reichskanzler 
gebeten, mit Rücksicht auf seinen Zustand 
sein Nichterscheinen bei dem Kaiser zu 
entschuldigen. 
Berlin, 20. Aug. Graf v. C a p r i v i 
erhielt am 16. August auf seinem jetzigen 
Wohnsitz Skyren vom Kaiser sowie dem 
Großherzog von Oldenburg anläßlich des 
Gedenktages der Schlacht von Bionville- 
Mars-la-Tour, an der er als Chef des 
Generalstabes des 10. Armeekorps theil- 
nahm, sehr huldvolle Telegramme. In 
vergangener Woche empfing Graf Caprivi 
den Buch des Staatssekretär v. Boetticher 
und des Chefs der Marine, Adniiral Holl 
mann, die im Namen sämmtlicher Chefs 
der Reichsverwaltung und deren verschiede 
nen Abtheilungen ein kostbares Album 
überreichten. 
Berlin, 20. Aug. In einer vorgestern 
stattgehabten Anarchistenversamnilung kam 
es zu heftigen Auftritten zwischen Anar 
chisten und Sozialdemokraten. Als einer 
der Redner die Worte gebrauchte: „Wer 
weiß, ob Marx und Engels nach fünfzig 
Jahren nicht als Verbrecher an der Mensch 
heit hingestellt werden?" entstand ein furcht 
barer Tumult. Die Versammlung ging 
schließlich ruhig auseinander. 
- Um das Verbot der Zuchthaus 
arbeit in der Strumpswaaren-Fa 
brikation hatten im vorigen Jahre die 
thüringischen Stricker und Strickerinnen 
eine Petition an ven Reichstag gerichtet. 
Diese Petition, welche auch die Unter 
stützung der selbstständigen Fabrikanten 
fand, ist, wie erst jetzt bekannt wird, von 
der Reichstagskommission mit der Begrün 
dung zurückgewiesen worden, daß die Rege 
lung der Zuchthausarbeit Sache der Ein 
zelstaaten wäre. In Folge dessen wollen 
nunmehr die vereinigten Fabrikanten und 
Arbeiter der Strickereibranche eine um 
fangreiche Agitation gegen die Zuchthaus 
arbeit in Szene setzen und diesbezügliche 
Petitionen an den Reichstag, den Bundes- 
rath und an die Volksvertretungen sämmt 
licher Bundesstaaten absenden. 
Gastwirth geworden nachdem Bei 
spiel vieler Parteigenossen ist nun auch der 
sozialdemokratische Stadtverordnete Schuh 
machermeister Theodor Metzner. Er hat, 
nachdem er schon lange die Schuhmacherei 
an den Nagel gehängt hat, in der Oranien- 
straße in Berlin ein Schanklokal eröffnet. 
— Fahnenflüchtigen Militär 
Personen oder solchen, die sich der Ver 
ätzung der Wehrpflicht schuldig gemacht 
haben, soll der Aufenthalt im Ausland 
erschwert werden, um sie dadurch zur Rück 
kehr zu bewegen; deshalb haben, wie die 
„Nordd. Allg. Ztg." mittheilt, nach Ver 
nehmen mit dem Justizminister der Kriegs 
minister und der Minister des Innern 
unter dem 19. März d. I. angeordnet, 
daß die Gemeindehörden sich der Bekannt 
machung des Aufgebots zum Zweck der 
Eheschließung für die bezeichneten Per 
sonen zu enthalten haben. Etwaigen An 
forderungen wegen Bekanntmachung des 
Eheaufgebots für im Auslande sich auf 
haltende Deutsche ist von den Gemeinde 
behörven daher nur dann zu entsprechen, 
ivenn der Nachweis geliefert wird, daß es 
sich um andere als die bezeichneten Per 
sonen handelt. Daß die Standesbeamten 
sich mit dem Aufgebot überhaupt nur dann 
zu befassen haben, wenn die Ehe von ihnen 
-elbst geschlossen werden soll, ist bekannt; 
daß sie Aufgebot und Eheschließung von 
Militärpersonen des Friedensstandes und 
von vorläufig in die Heimath beurlaubten 
Rekruten und Freiwilligen, die sich der 
Fahnenflucht schuldig machen, nicht vor 
nehmen dürfen, folgt aus der Vorschrift, 
daß die Genannten zur Verheirathung der 
Genehmigung ihrer militärischen Borge- 
etzten bedürfen, diese aber niemals er 
halten, so lange sie nicht zurückgekehrt sind. 
Ein Trupp Zigeuner lagerte letzthin auf 
der Feldmark des Dorfes Staaken bei 
Spandau, wo sie ihre Pferde auf die 
Aecker trieben und mancherlei Schaden 
anrichteten. Der Eigenthümer forderte 
hierfür Ersatz und holte zu seiner Unter- 
stützuug den Gendarmen herbei. Die 
Zrgeuaer wollten aber nichts zahlen und 
erklärten, sie besäßen kein Geld. Als der 
Gendarm nunmehr zur Pfändung eines 
Pferdes schreiten wollte, schleppten Mit 
glieder der Bande zwei völlig nackte 
Kinder herbei und boten diese an Stelle 
des Pferdes als Pfandobjekte an. Der 
Eigenthümer zog jedoch das Pferd vor. 
schließlich bequemten sich die Zigeuner zur 
Zahlung des Schadens 
Wittenberge, 17. Aug. Ein gräßlicher 
Mord geschah heute Nachmittag in den 
Mauern unsrer Stadt. Der Arbeiter 
Timm lockte das 5jährige Töchter 
che n des Herrn Heine in seine Wohnung 
und schnitt ihm den Hals ab. Ob 
er auch Nothzucht an dem Kinde geübt 
hat, wird die gerichtliche Untersuchung fest 
stellen. Bald wurde der Mord entdeckt 
Der Vater des Kindes meldete die ruch 
lose That sofort dem Königlichen Amts 
gericht; das Scheusal wurde verhaftet und 
ins Gefängniß geführt. 
Wegen Unterschlagung und wegen 
Fälschung eines Wechsels über 1900 
Mark ist der Bürgermeister Gruschke 
aus Brätz, der bis vor 1V- Jahren Poli 
zeisekretär in Oels war, in das Meseritzer 
Gefängniß eingeliefert worden. 
Breslau, 18. August. Herr v. Heyde 
brand, der bisherige Landrath von Militsch, 
hat an die Eingesessenen des Kreises ein 
Abschieosschreiben gerichtet, in dem er die 
Gründe angibt, die ihn zur Niederlegung 
seines Amtes bewogen haben. Neben der 
Verwaltung des ererbten Grundbesitzes 
und der Wahrnehmung seiner Pflicht als 
Vertreter des Wahlkreises im Landtage 
vermöge er nicht auch noch den Geschäften 
des landräthlichen Amtes in gebührender 
Weise gerecht zu werden. Herr v. Heyde- 
brand fährt dann fort: „Das Landraths 
amt ist im Laufe der Zeit unter dem 
immer umfangreicheren Apparate der Ge 
setzgebung und Berwaltungsşormen ein 
anderes geworden, als es früher war; es 
fordert bei pflichtmäßiger Wahrnehmung 
die dauernde Kraft eines ganzen Mannes; 
eine Nebenbeschäftigung kann es nicht mehr 
sein." Mehrfach wird in der Presse 
darauf hingewiesen, daß diese Erwägung 
eigentlich auch andere Landräthe zum Ver 
zicht auf das parlamentarische Mandat 
veranlassen müßte, welches sie während der 
Hälfte jedes Jahres der landräthlichen 
Thätigkeit entzieht. 
Eine Hetzjagd fand am Sonntag Vor 
mittag auf dem Wasser in der Gegend von 
Studbenkammer auf Rügen zwischen einer 
Dampfpinasse des „Kaiseradler" 
und einem größeren Steingänger 
boot statt. Vor etwa 8 Tagen war ein 
ahnungslos seines Weges dahergehender 
Matrose auf der Saßnitzer Hafenmvole von 
sechs Personen hinterrücks überfallen und 
mit Messern arg zugerichtet worden. So 
hatte er eine 7 Centimeter tiefe Wunde 
unmittelbar unter der Lunge und außer 
dem »och vier weitere Messerstiche erhalten, 
o daß er sofort zusammenbrach Der Ver 
dacht lenkte sich auf einige auswärtige 
Schiffer, die mit dem Matrosen in einer 
in der Nähe des Hafens gelegenen übel 
berüchtigten Branntweinkneipe kurz vorher 
einen unbedeutenden Streit gehabt und 
nachher verschiedene schwere Drohungen 
gegen denselben ausgestoßen hatten. Die 
Verdachtsmomente verstärkten sich inzwischen 
>o, daß man am Sonntag Morgen zur 
Verhaftung schreiten wollte, zu welchem 
Zwecke sich ein Matrosen-Kommando mit 
chars geladenen Gewehren auf die 
Pinasse des „Kaiseradler" begab, um die 
Verbrecher von ihren eine Stunde vor dem 
Dorfe ankernden Schiffe zu holen. Die- 
elben hatten jedoch schon vorher Wind von 
)er drohenden Gefahr bekommen und sich 
chou aus dem Staube gemacht. Soeben 
wollte wieder ein Boot in See gehen, als 
die Matrosen angedampft kamen und sofort 
die Verfolgung der Flüchtigen aufnahmen. 
Zwischen Beiden entspann sich nun eine 
Hetzjagd, wobei dem schnellsegelnden Boote 
der starke Sturm vorzüglich zu Statten 
kam, während die Pinasse durch den hohen 
Seegang zeitweise bedeutend an Manövrir- 
ähigkeit gehindert wurde. Jedoch gelang 
es ihr bald, das Fahrzeug einzuholen und 
die beiden Insassen zu verhaften. Den- 
lelbert konnte jedoch nichts nachgewiesen 
werden, und es stellte sich heraus, daß die 
Hauptattentäter bereits nach Danzig ent 
kommen waren. 
Die Papierindustrie beginnt in der 
Provinz Ostpreußen durch die Errichtung 
von Cellulosefabriken Eingang zu 
finden. Die Pmnaucr Aktiengesellschaft 
hat in Pinnau eine Holzstofffabrik einge 
richtet, und noch in diesem Jahre soll in 
Königsberg eine Cellulosefabrik fertiggestellt 
werden. 750000 Festmeter Holz im 
Werthe von 15 Millionen Mark werden 
in ganz Deutschland jährlich zu Cellulose 
im Werthe von 40 Millionen verarbeitet. 
Der Fabrikbesitzer Heinrich Albert in 
Biebrich hat, wie der M. Z. berichtet 
wird, ein Kapital von 100000 Mark an- 
läßlich der Umwandlung seines Etablisse 
ments in eine Aktiengesellschaft zur 
Gründung eines Pensions- und Unter- 
tützungsfonds für die Angestellten der 
Gesellschaft geschenkt. 
Wegen versuchten Mordes verhaftet 
Gerber Hermann Wolf. Derselbe ist 
dringend verdächtig, ein Attentat an Frau 
Fabrikbesitzer Wirbel zu Haynau verübt 
zu haben. Der Dame wurven von einem 
Unbekannten auf offener Straße die Kleider 
und Kopfhaare mit einer ätzenden Flüssig 
keit in Brand gesetzt. Der Verhaftete hat 
früher in der Wirbel'schen Fabrik gear 
beitet, ist aber dort entlassen worden und 
war, angeblich um Arbeit zu suchen, nach 
Friedrichshagen verzogen. Man glaubt, 
bei ihm die Kleider gefunden zu haben, 
welche der Thäter bei Verübung der That 
getragen hat. Fabrikbesitzer Wirbel hatte 
seiner Zeit auf die Ermittelung des 
Thäters eine Belohnung von 800 Mark 
ausgesetzt. Wolf ist bereits in das Ge- 
fängniß zu Haynau eingeliefert worden. 
Bor einigen Wochen wurde, wie be 
reits gemeldet, der Lehrer Schmidt aus 
Freyberg bei Woxfelde in das Gefängniß 
zu Sonnenberg eingeliefert, weil er unter 
dem Verdacht stand, seine Ehefrau umge- 
bracht zu haben. Gestern langte von der 
Königl. Staatsanwaltschaft in Frankfurt 
a. O. die Nachricht ein, daß Sch. auf 
freien Fuß zu setzen sei. 
Köln, 19. Aug. Bei dem gestrigen Rad 
fahren um die Meisterschaft der Welt für 
Herrenfahrer trug Eden Arnheim den Sieg 
davon In dem Weltmeisterschastsfahren 
über 100 Kilometer für Berufsfahrer war 
der Engländer Michael Erster, Luyton- 
Antwerpen Zweiter und Hoffmann-München 
Dritter. 
Magdeburg, 19. Aug. Auf unserem 
Bahnhöfe trafen vor einigen Tagen von 
Hamburg einige 50 ehemalige Europamüüe 
ein, die in New-Aork, weil sie die vorge 
schriebenen Bedingungen nicht erfüllen 
konnten, von der amerikanischen 
Staatsbehörde nicht angenommen 
und wieder nach ihrer Heimath zurück 
geschickt worden waren. Sie wurden, 
wie die M. Z. mittheilt, über Leipzig 
nach Böhmen, Ungarn u. s. w. zurückde- 
fördert. In letzter Zeit sind schon öfter 
derartige Rücktransporte auf unserem 
Bahnhöfe erschienen. 
Der 6. allgemeine deutsche Bergmann-tag 
wird am 10.—12. September in Hannover 
stattfinden; man hofft, daß zahlreiche Berg 
beamte, sowie Vertreter der Bergindustrie 
und einschlägiger industrieller Werke er 
scheinen werden. Der Bergmannstag beginnt 
mit einer Vorfeier am Montag, den 9. Sept., 
bei welcher die Begrüßung der Gäste statt 
findet. Am Dienstag erfolgt dann nach der 
Eröffnung des „Tages" die Reihe der 
Vortrüge, die auch am Mittwoch noch fort 
gesetzt werden. Der Nachmittag des 11. Sept. 
ist der Besichtigung verschiedener sehens- 
werther Anlagen gewidmet. Am 12. Sept. 
schließlich werden Fahrten nach dem Harz 
gleichfalls zur Besichtigung verschiedener 
Werke unternommen. 
Der Andrang zum Wunderdoktor Ast 
in Radbruch will noch nicht recht nachlassen, 
an einzelnen Tagen treffen noch über 100 
Patienten bei dem alten Schäfer ein. Ast 
schreibt jetzt keine Rezepte mehr, die Heilung 
Suchenden erhalten einen gedruckten Zettel 
und lassen sich auf diesen Zettel hin die 
Medizin in der Apotheke zu Winsen a. d. 
Luhe verabfolgen. 
Der Pastor Da nkwerts in Kirchwistedt, 
der Ende Mai dieses Jahres wegen 
welfischer Agitation bei Gelegenheit 
der Gustav-Adolf-Feier vom Konsistorium 
zu Stade seines Amtes enthoben wurde 
(er erhielt 2 Monate Festungshaft), ist 
ohne Pension entlassen worden. Gegen 
dieses Urtheil hat D. Berufung eingelegt. 
In Warnemünde wurde in diesen Tagen 
die elektrische Straßenbeleuchtung 
in Betrieb gesetzt. 
Ratzeburg, 18. Aug. Die gestrige Er 
innerungsfeier des 9. Jägerbataillons ver 
lief großartig: ßm Forstort Hundebusch 
wurde ein prächtiges Denkmal zu Ehren 
der gefallenen Kameraden enthüllt; zahl- 
reiche kostbare Kränze, darunter auch Ham 
burger, wurden um Denkmal niedergelegt. 
Die Festrede hielt Major von Bose; Graf 
Waldersee sandte ein Fest-Telegramm. 
Lübeck, 19. Aug. Auf der 3. deutschen 
Molkerei-Ausstellung in Lübeck, in 
den Tagen vom 6. bis 11. September 
werden, wie schon früher kurz erwähnt, 
populäre Vorträge über milchwirthschaft- 
liche Themata», insbesondere auch solche 
gehalten werden, welche die städtische Be- 
völkerung interessiren. Als Räumlichkeit 
ür die Vorträge ist das auf dem Aus- 
tellungsplatze befindliche Theater bestimmt 
worden und sind u. A. folgende Vorträge 
in Aussicht genommen worden: 1. Ueber 
das Kleinlebewesen (Bakterien) in der 
Milch ic. von Dr. Krüger in Erwitte 
(Westfalen); 2. Die Milch als Kindernah. 
rungsmittel von Professor Dr. Backhaus 
in Göttingen. Für die Milchwirthe^ ist 
u. A. ein Bortrag vom Gutsbesitzer Her 
der auf Burschen angesetzt, welcher über 
die Mästung von Schweinen mit Milchab- 
ällen sprechen wird und ist dieser Bor 
trag auf die Tagesordnung der Versamm 
lung des deutschen milchwirthschaftlichen 
Vereins gesetzt. 
Hamburg, 19. Aug. Die Zutrift zum 
heutigen Viehmarkt betrug 1801 Stücf.
	        
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