Die Centr umsjunker zeichnet in
einer Erörterung der Kundgebung des
Frhrn. ö. Fechenbach die „Frankenstein-
Münsterbergsche 3tg." zutreffend wie folgt:
„Man frage nur, welchen Antheil die
Bauern au der „Liebesgabe" für die
Großbrenner und an dem letzten „Sechszehn.
Millionen-Gesckenk" an diverse Quadrat-
meileN'Besitzer erhalten haben. Gar manchem,
der sich zum Bauernführer aufschwingen
möchte, ist es lediglich darum zu thun,
die Bauern als Sturmbock für die
Forderungen einiger Großgrundbesitzer
in Pommern und Brandenburg zu benützen
und sie selbst, wenn sie ihre Dienste ge
than haben, leer ausgehen zu lassen." —
Das trifft auf alle junkerlichen Agrarier zu.
— Nach dem Bericht der „Bromberger
Zeitung" sollte der Regierungspräsident
v. Tiedemann die Betheiligung der
königlichen Behörde als solcher an der
dort geplanten Sedanfeier abgelehnt haben,
ebenso wie seinerzeit an der Feier der
Enthüllung des Kaiser Wilhelm-Denkmals.
Hierzu schreibt nun Herr v. Tiedemann:
„Ich muß mich gegen diese völlig unrich
tige Darstellung auf das Lebhafteste ver
wahren. An der Feier der Enthüllung
des Kaiser Wilhelm-Denkmals haben sich
sämmtliche Behörden betheiligt. Sie haben
nur nicht, ebenso wie der kommandirende
General, der Oberpräsident, das Offizier
korps u. f. w. an dem damaligen Festzuge
theilgenommen. Das Gleiche wird bei der
bevorstehenden Sedanfeier geschehen. Meine
Erklärung in der vom Oberbürgermeister
Bräsicke einberusenen Versammlung be
zweckte lediglich, tendenziösen Miß
deutungen dieses Verhaltens vorzubeu
gen und die, wie ich glaube, völlig zu
messenden Gesichtspunkte offen darzulegen,
die das Marschiren von Behörden in
ein:m Festzuge als unangemessen erscheinen
lasi-.n. Im Uebrigen habe ich meine wie
sämmtlicher Regierungsmitglieder Be-
theilignng an dem geplanten Volksfeste
ausdrücklich zugesagt."
Berm, 9. Aug. Nach der „Volks-Ztg."
war zum Rector der Berliner
Universität in erster Linie Geh.
Justizra h Professor Dr. Brummer, event,
der Zoologe Geh. Regierungsrath Professor
Dr. Schulze oder der Nationalökonom
Professor Dr. Schmollcr aufgestellt. Dr.
Adolf Wagners Wahl sei dem geschlossenen
Vorgehen der philosophischen Facultät zu-
zuschreiben.
— Eine conservative Stimme
gegen den Befähigungsnachweis rm
Handwerk. In den Entwürfen zur Or-
ganisation des Handwerks, welche die Re-
gierung der Conferenz von Vertretern der
Jnnunzsverbände, die Ende Juli in Berlin
abgehalten wurde, zur Besprechung und
Begutachtung vorgelegt hat, ist bekanntlich
von einer Einführung des Befähigungs
nachweises Abstand genommen wor-
den. Leider ist bis jetzt immer noch kein
authentischer Bericht über diese Conferenz
erschienen, und so weiß man auch noch
nicht mit Sicherheit, was die Mitglieder
der Conferenz zu der Ausscheidung des
Befähigungsnachweises aus dem Reform-
plane gesagt haben. Nach Aeußerungen,
die man hie und da vernommen hat, ist
bei diesem Punkte eine Opposition ent
standen. Wie es scheint, ist ein großer
Theil der Mitglieder nicht geneigt ge
wesen, auf den Befähigungsnachweis zu
verzichten, und hat sich erst dem Verlangen
der Regierung gefügt, als diese keinen
Zweifel daran ließ, daß sie unter keinen
Umständen in diesem Punkte über ihr
Programm hinausgehen würde.
So haben sich denn die Anhänger des
Befähigungsnachweises mit der Hoffnung
getröstet, daß sie ihre Forderung doch noch
durchsetzen würden, wenn erst die Organi
sation des Handwerks selbst erfolgt wäre.
Der „vorläufige" Verzicht auf den Be
fähigungsnachweis wird auffallender Weise
vom „Reichsboten", der diese Forderung
bisher stets vertreten hat, gebilligt. Wenn
Besorgt fragte sich Wolfgang, welchen
Einfluß ein solcher Mann über ein junges,
unerfahrenes Mädchen, wie Melanie Rettberg,
gewinnen könne.
„Wenn ich wüßte," unterbrach Wolfgang
sein Schweigen, „in wessen Händen sich der
Wechsel befindet, so würde ich ihn sofort
einlösen."
„Und Herr Maitland brauchte nichts von
der ganzen Geschichte zu erfahren," ergänzte
der Pfandleiher lächelnd. „Ich verstehe, ich
verstehe! Aber wer soll wissen, wo der
Wechsel jetzt in der Welt herumfährt? Und
die Zeit bis zum Verfalltage ist knapp."
„Nun, Herr Fricdländcr," sagte Wolfgang
nach kurzem Uebcrlegen, indem er sich zum
Gehen anschickte, „auf alle Fälle ist mir die
von Ihnen erhaltene Auskunft sehr werth-
voll. Ein solcher Dienst läßt sich nicht be
lohnen. Um aber wieder auf die altgriechische
Vase und die antike Dainascenerklinge zurück
zukommen, wovon Sie mir gelegentlich er
zählten, so würden dieselben ein paar fühl
bare Lücken in meiner kleinen Alrerthnms-
sammlung ausfüllen. Schicken Sie mir
diese beiden Gegenstände in mein Hotel und
vergessen Sie nicht, die qmttirtc Rechnung
beizufügen."
Damit empfahl sich der Baron.
(Fortsetzung folgt.)
er auch meint, es werde sich ja später
herausstellen, ob man des Nachweises noch
für alle oder doch für einzelne Handwerke
bedürfe, so scheint er von dem Befähigungs
nachweise selbst doch nicht viel zu halten.
Er meint, da dieser der Fabrik gegenüber
ebenso wenig in Anwendung gebracht
werden könne, wie dem kaufmännischen
Magazinbetriebe, so werde er wahrschein
lich nur den Erfolg hoben, daß die Hand-
werker sich selbst einander das
Leben sauer machen und einander zu
schwächen und zu chicaniren suchen würden.
Die Abgrenzung der Handwerker gegen
einander fei heute, wo sehr viele Hand
werker zur Herstellung ihrer Arbeiten die
Halb- oder Theilfabrikate aus den Fabriken
bezögen, kaum noch möglich, ohne sie selbst
zu schädigen, zumal auch viele Handwerker
sich auf Herstellung von Theilarbeiten für
andere beschränkten und gerade durch diese
Arbeitstheilung ihr Geschäft rentabel er
hielten Der Befähigungsnachweis dürfte
sich deshalb für das Handwerk leicht als
ein zweischneidiges Schwert erweisen,
und es wäre jedenfalls weiser, ihn vor
läufig bei Seite und die wichtige Organi-
sationsfrage in den Vordergrund zu stellen,
da diese dem Handwerk geben solle, was
es vor allem nöthig habe, größeren und
leichteren Credit, bessere Maschinen, billigere
Rohstoffe, besseren Absatz feiner Producte,
größere kaufmännische und gewerbliche
Ausbildung.
Die Wahrnehmung ist erfreulich, daß
man auch an Stellen, wo man früher
entschieden für den Befähigungsnachweis
eintrat, kühler zu urtheilen beginnt und
sich den Gründen nicht verschließt, die von
seinen Gegnern geltend gemacht worden
sind. Fährt man fort, in dieser Weife zu
untersuchen, ob nicht doch vielleicht die
Nachtheile aus der Einführung des Be-
fühigungsnachweises für das Handwerk
größer sind, als die Vortheile, die man
bisher als selbstverständlich vorausgesetzt
hat, so tvird sich ja wohl eine Linie finden
lassen, auf der eine Verständigung mög
lich ist.
— Ueber die Handwerker-Kon-
f e r e n z, die im Juli in Berlin stattfand,
äußert sich das offizielle Organ des „Baye
rischen und Allgemeinen Deutschen Hand
werkerbundes" folgendermaßen:
„So viel uns bekannt geworden ist, soll
es seine Richtigkeit damit haben, daß die
Regierung bereit ist, die obligatorische
Innung zuzugestehen. Anders aber ver-
hält es sich mit der Förderung des Be
fähigungsnachweises. Hier scheint
uns auf ein Entgegenkommeu der Re
gierung nicht so bald gerechnet
werden zu dürfen, denn der Regierungs
vertreter soll bei Beginn der Verhand
lungen strikte erklärt haben, daß, sobald
die Diskussion auf den Befähigungsnach
weis ausgedehnt würde, er sammt seinen
Kollegen die Berathungen sofort
abbrechen und das Lokal verlassen
würde.
— Ein geheimes Akten st ück
über die Vorbereitungen eines Militär-
d i e n st j u b i I ä u m s ist dem „Vor
wärts" „auf den Schreibtisch geweht".
Das 50jährige Dienstjubiläum des Prinzen
Georg von Sachsen soll am 4. März 1896
von der Armee festlich begangen werden.
Dabei soll ein Armeegeschenk überreicht
werden. Die Offiziere worden ersucht,
ihre Betheiligung an dem Armeegeschenk
bezw. entgegenstehende Ansicht und die
Mittheilung, ob der später festgesetzte Be
trag an das Bezirkskommando einge
sendet werden wird oder ob derselbe
diesseits durch Postnachnahme erhoben
werden kann, vermerken und den abzu
trennenden Abschnitt bis 1. Juli cr. an
das Bezirkskommando Dresden -'Altstadt,
Kl. Schießgasse 4 I. zurückgelangen lassen
zu wollen. — Der „Vorwärts" legt dem
Aktenstück eine an sich durch nichts be
gründete Bedeutung bei.
Berlin, 9. Aug. Hat man jemals auf
dem Gebiet der Mode etwas Ver-
nünftiges entdeckt? Doch! In neuerer
Zeit scheint ein Umschwung allmählich ein-
zutreten. Wie aus geschäftlichen Kreisen
mitgetheilt wird, haben nämlich die Gigerl-
Säcke für Damen, die man Jaketts
nannte und von denen man im Frühjahr
ein großes Geschäft erwartete, ganz und
gar im Stich gelassen. Die verhältniß-
mäßig wenigen Exemplare dieses scheuß
lichen Kleidungsstücke, die verkauft worden
find, sind zumeist in den Besitz von „Damen"
übergegangen, die um jeden Preis auffallen
wollen. Dadurch hat sich in den Mäntel
geschäften ein Ueberstand angehäuft, der
stellenweise sehr groß ist. So hat bei
spielsweise eine hiesige Firma einen Lager
bestand von 3000 Jaketts übrig behalten.
Nun müssen die Restbestände, die nicht
einmal die „Provinz" nimmt, auf dem
Wege der Auktion vernichtet und versteigert
werden. Und noch ein anderer Modekrach
ist eingetreten. Die gefundheitsgefährlichen
Gummi-Gürtel unserer Damen, über
die dieser Tage ausführlich berichtet wurde,
sind jetzt unverkäuflich geworden.
Hoffentlich folgen diesen ersten Zeichen
vernünftigen Beginnens im Modewesen bald
mehrere zur Ehre der deutschen Frauen.
Von den Männern, die die Auswüchse
Ser jeweiligen neuesten Mode zur Schau
tragen, wollen wir gar nicht reden. Sie
mögen das Sprichwort auf sich anwenden,
daß man den Narren am Kleide erkennt.
— Succi hat in Folge seines Hungerns
in der Ausstellung „Italien in Berlin"
seit dem 28. Juli bis letzten Donnerstag
etwa 12 V 2 Pfund an Körpergewicht ab
genommen, und an der eiskalten Hand
fühlt man, daß das Blut im Körper nur
schwach pulsirt. Angeblich um sich zu
erwärmen, hat Succi am Donnerstag-
Abend zu Pferde einen Ritt durch die Aus-
stellung „Italien in Berlin" unternommen.
Der Verbrauch an Eiern betrug
allein in Berlin im Jahre 1894 5 705 783
Schock, d. h. 508 248 Schock mehr als
1893. Der Werth des Verbrauchs repä-
sentirt zum Durchschnittspreise von 2758
Mark eine Summe von 15 736 549,50
Mark gegen 16 445 000,75 Mk. im Vor-
jähre. Bei einer mit 1700 000 Seelen
angenommenen Bevölkerungsziffer betrug
der Verbrauch pro Kopf und Jahr 201,4
gegen 186,7 Stück, also pro Kopf und
Tag 0/552 gegen 0,512 im Vorjahre.
Durch die in Berlin mündenden Bahnen
wurden im Jahre 1894 6 598 430 Schock
Eier, oder 469 441 Schock mehr als im
Vorjahre eingeführt. Der Werth der Ein-
fuhr stellt sich aber trotz dieser bedeutend
erhöhten Ziffer wegen des billigen Jahres-
Durchschnittspreises von 2758 Mk. nur
auf 18198 469,94 Mk. gegen 19 392 121,20
Mark im Jahre 1893. Man sieht daraus,
welchen Werth die Hühnerzucht hat.
Berlin, 9. Aug. Zu der Angelegenheit
des Vorstandes der Bielefelder
(Bodelschwingh'schen) Anstalten und
des Anstaltsdirektors Dr. Scholz zu
Bremen, der bekanntlich gegen die in dem
Anstaltshospital zu Bremen wirkenden
Brüder aus den Bielefelder Anstalten
öffentlich schwere Vorwürfe erhoben hat,
erfährt die „Krz.-Ztg." aus zuverlässiger
Quelle, daß bis jetzt von einer öffentlichen
Gerichtsverhandlung nicht die Rede ist,
dagegen hat der Senat von Bremen gegen
Scholz eine Disciplinaruntersuchung einge
leitet, die augenblicklich noch schwebt. Von
ihrem Ergebniß wird es abhängen, ob
eine Gerichtsverhandlung wegen der an
geblichen Mißstände stattfinden wird; man
hält es jedoch nicht für unwahrscheinlich.
Berlin, 8. Aug. Zwei Parteien hatten
sich vor der zweiten Ferienstrafkammer am
Landgericht II beklagt und widerbeklagt.
Der Beklagte war vom Schöffengericht zu
10 Mk. Geldstrafe verurtheilt worden, der
Kläger und Widerbeklagte hatte vor dem
Schöffengericht feine Freisprechung erzielt.
Der Berurtheilte hatte Berufung eingelegt,
der Vorsitzende rieth jedoch eindringlich zur
Einigung und Versöhnung, da die streiten
den Parteien Nachbarn waren. Der Kläger
weigerte sich entschieden, einen günstigen
Vergleich einzugehen, welchen Rechtsanwalt
Morris, als Vertreter des Beklagten, an
bot Der Vorsitzende fragte: „Warum
wollen Sie sich nicht einigen? Nennen
Sie doch Ihre Gründe!" Kläger: „Gründe
habe ich wohl, ich habe mein Recht!" Vor
sitzender: „Und wenn Sie Ihr „Recht"
in Gold fassen lassen, so ist das nicht so
viel werth, als wenn Sie Verträg
lichkeit zeigen gegenüber Ihrem
Nachbar!" Der Kläger bestand auf feinem
Schein und wurde durch richterliches Ur-
theil mit feiner Klage abgewiesen, der Be
klagte wurde abgewiesen, weil die Antrags-
frist nicht gewahrt war, und dem hals-
starrigen Kläger wurden sämmtliche Kosten
beider Instanzen auferlegt.
Eine bedeutende Submission hat die
Eisenbahndirektion zu Berlin aus
geschrieben. Es handelt sich um die
Lieferung von 8355 neuen Güterwagen;
außerdem sind 8014 Rädersätze für Eisen
bahnwagen, 19 445 Spiralfedern und
15 698 Tragfedern zur Lieferung aus
geschrieben. Nach der Einstellung einer
größeren Anzahl neuer Personenwagen
im vorigen Jahre scheint trotz des sich be
ständig geltend machenden Wagenmangels
an Sonn- und Feiertagen, eine Vermehrung
dieser Wagen im laufenden Jahre nicht in
Aussicht genommen zu fein.
Der frühere Kantinenwirth der
Spandauer Gewehrfabrik, spätere
Rentier Schroweg, ist, wie der „A. f. d. H."
erfährt, am Donnerstag in Charlottenburg
plötzlich gestorben. Herr Schroweg, der
indreieinhalb Jahren, während deren
er die Kantine in Verwaltung hatte, über
zweihunderttaufend Mark erworben
haben soll (sollten nicht 20 000 Mk. auch
schon ein erklecklicher Erwerb fein? Red.),
kaufte, als er Spandau feiner Zeit ver
ließ, ein kleines Gut bei Königswuster
hausen ; später siedelte er nach Charlotten
burg über, wo er Hausbesitzer wurde und
von seinen Renten lebte.
— Bei einem Gewitter wurde dem
Sohn des Bauernhofsbesitzers Bornfleth in
HohenDrof edow bei Treptow a. d. R.,
welcher seiner Militärpflicht bei dem Garde-
Füsilier-Regiment in Berlin genügt, sich
zur Erntezeu aber in der Heimath auf
Urlaub befand, vom Blitz erschlagen.
Der Soldat und dessen Bruder hatten sich
unter einen Baum gestellt, unter welchem
sie das Verhängniß ereilte. Der Bruder
des Soldaten wurde nur gelähmt.
Wieso es kam, daß einmal ein pre u-
ß i s ch e r Unteroffizier einen
anderengeheirathet hat, erzählt
Pfarrer Zimmermann in Niedergörsdorf
in der eben erschienenen „Darstellung der
Vorgänge in der Schlacht von Dennewitz",
nach den Geschichten der betreffenden Regi
menter: „Unter den tapferen Füsilieren
focht auch ein weiblicher Soldat. Auguste
Krüger, ein Mädchen von 18 Jahren aus
Friedland in Mecklenburg, war bei der
4. Kompagnie eingetreten und hatte sich
bei mancher Gelegenheit durch Unerschrocken
heit ausgezeichnet. In der Schlacht von
Dennewitz wurde sie durch einen Granat-
splitter verwundet, wurde aber auch zum
Unteroffizier befördert und erhielt das
Eiserne Kreuz. Obwohl ihr Geschlecht
erkannt wurde, blieb sie beim Regiment
und wurde wegen ihrer Ehrbarkeit mit
viel Rücksicht behandelt. Später verheira-
thete sie sich an den Unteroffizier Köhler
und lebte als Frau Ober-Steuerkontrolleur
in Lychen."
Posen 9. Aug. Bei dem Branve eines
Familienhauses auf dem Vorwerk Kreuz
krug verunglückten 7 Personen. Drei Per
fönen liegen noch schwer krank darnieder.
Unter dem Verdacht, Brandstiftung verübt
zu haben, wurde der Schäfer Zippel ver
haftet, der in dem abgebrannten Hause
gewohnt hat und dem die Frau, ein Kind
und die alte Schwiegermutter mit ver
brannt sind.
Meerholz (Hessen), 8. Aug. Der
seltene Fall, daß eine Apotheke auf
dem Wege der Zwangsversteigerung
veräußert werden soll, hat sich hierselbst
zugetragen. Laut Bekanntmachung des
hiesigen Amtsgerichts soll das Apotheken,
grundstück zu Meerholz nebst dem darauf
ruhenden Privilegium am 18. Oktober
Vormittags 9 Uhr an der angegebenen
Gerichtsstelle meistbietend verkauft werden.
Eine Herausforderung zum Duell
wurde von dem Ziegeleibefitzer Schillert
in Sonnenburg abgelehnt, die ihm vom
Premierlieutenant Grafen v. Keller zu
gegangen war, weil sich der Letztere durch
ein in einem dortigen Gasthaufe geführtes
Gespräch, welches feine Person betraf, ver-
letzt gefühlt hatte. Schillert wies die
Herausforderung mit der Motivirung
zurück, daß er Familienvater fei. — (Aller
dings hätte Herr Schillert sich auch nicht
dazu verstehen sollen, öffentlich über den
Grafen v. Keller verletzende Reden zu
führen. Auf der Bierbank kann man nur
darüber laut reden, was man selbst er
fahren hat, sonst behält man seine Pfeifen
im Sack. Red.)
Professor Siebenmann in Basel, der die
zu begründende außerordentliche Professur
für Ohren- und Halskrankheiten in Breslau
übernehmen sollte, hat, wie die „Boss.
Ztg." mittheilt, die Berufung nach Bres
lau abgelehnt. Er folgt damit dem Bei
spiele der Professoren Körner in Rostock
und Walb in Bonn. Der wesentlichste
Grund der Ablehnung ist der Umstand,
daß der zu berufende Dozent sich erst das
nothwendige Unterrichtsmaterial be
schaffen soll. Es fehlt bis jetzt in Breslau
eine Universitätsklinik für Ohren- und Hals
leiden. Die Unterrichtsverwaltung glaubte
sich bisher der Fürsorge für eine solche
überhoben, weil der Privatdozent Dr. Gott-
stein, dem der einschlägige Unterricht ob-
lag, . aus eigenen Mitteln eine Poliklinik
unterhielt. Mit Dr. Gottstein's Tod ist
die Unterrichtsgelegenheit für die Universi
tät verloren gegangen und es gilt eine
neue zu schaffen.
Hannover, 9. Aug. Frau Doktor
Sch nutz, die in dem Prozeß gegen den
antisemitischen Abgeordneten L e u ß eine
eigenartige Rolle spielte und wegen Mein
eids verurtheilt wurde, wurde heute b e -
g n a d i g t.
Erfurt, 9. Aug. Wenig zur Nach
ahmung einladend ist ein Ausflug zweier
Erfurter zum Besuch der Schlacht
felder nach der französischen Grenzstadt
Nancy abgelaufen. Tie Beilen wurden
dort von einem Gendarmen angehalten
und, als sie keine Pässe aufweisen konnten,
vor den Maire gebracht. Dieser gab den
beiden Deutschen den „freundschaftlichen"
Rath, schleunigst aus Nancy zu verschwinden,
da cr sonst dem „patriotischen Gefühle"
der Bewohnerschaft keine Zügel anlegen
könne. Die Reifenden befolgten den Rath
und eilten zum Bahnhöfe, wurden aber
unterwegs von dem französischen Jan
hagel mit Schimpfworten bedacht. Die
Ausflügler erreichten jedoch ungefährdet
die deutsche Grenze. Der Vorfall mahnt
indessen für ähnliche Vorhaben zur Vorsicht.
Kleve, 8. Aug. Die falliten Schuhfa
briken Bandle und Janzen und Langer
haben ihren Betrieb eingestellt. Dadurch
int> 300 Arbeiter brodlos geworden. Die
Passiven der Fabriken sind bedeutend.
Lyck, 8. Aug. Ein Liebesdrama,
welches sich vor einigen Tagen hier ab-
Ipielte erregt in unserer Stadt nicht ge
ringes Aufsehen. Der Apotheker N.,
Sohn einer alleinstehenden Wittwe aus
Orteisburg, der als Provisor in der
hiesigen Apotheke thätig war, unterhielt
ein Liebesverhältniß mit einem Fräutein
B., welches vier bei seinen Angehörigen
lebte. Angeblich war es nun zwischen
ven beiden jungen Leuten zum Zwiespalt
gekommen, Iveil N- nicht in der Lage tvar,
einen Hausstand in reichlichen Verhältnissen
führen zu können. Das Mädchen nahm
sich den bevorstehenden Bruch des Ver-
hältnisies sehr zu Herzen; sie machte
wiederholt ihrem Verlobten brieflich Vor
stellungen und sandte ihm schließlich eines
Abends kurz vor Schluß der Apotheke ein
Schreiben, in welchem sie ihm mittheilte,
daß sie in dem Augenblick, in dem sie
dasselbe an ihn absende, Gift genommen
haben würde. Der junge Mann eilte so
fort in die Wohnung des Mädchens und
traf dasselbe zu Bett und bereits schwer
erkrankt an. In feiner Verzweiflung ent
leerte er nunmehr den Inhalt eines
Fläschchens, welches er bei sich führte in
ein Glas mit Wasser, trank dasselbe aus,
erklärte, daß auch er Gift genommen hcà
und verlangte Tinte und Feder, um einen
Abschiedsbrief an seine Mutter zu richten.
Unterdessen waren Aerzte erschienen, auch
der Prinzipal des jungen N. wurde her-
beigeholt. Beide Liebenden hatten zu ihrem
Selbstmordversuch Morphium verwendet.
Das junge Mädchen konnte mit vieler
Mühe gerettet werden; N. verstarb am
andern Morgen.
Köln, 9. Ang. Die Stadtverordneten-
Bersammlung setzte heute das Programm
für die Feier des S e d a n f e st e s fest.
Danach soll am 1. September eine fest-
liche Beleuchtung und Beflaggung der
öffentlichen Gebäude und am 2. Septbr.
ein Fest im Gürzenich stattfinden. Die
hier ansässigen Mitkämpfer von 1864,
1866 und 1870 erhalten eine Ehrengabe
von 5 Mk. und außerdem soll Hülfsbe-
dürftigen eine außerordentliche Unterstützung
gewährt werden. Die für die Durchführ
ung des Programms ausgeworfene Summe
von 30 000 Mk. wurde einstimmig be
willigt.
Aus Gelsenkirchen war feit längerer
Zeit der neunjährige Sohn des Bergmanns
Annschewski verschwunden, und alle Nach
forschungen, auch die der Behörden, blieben
erfolglos, bis nunmehr ein Mitschüler
des Verschwundenen als Mörder des
selben entdeckt wurde. Er hat sich seinen
Schulkameraden gegenüber verrathen. Der
kaum zwölfjährige Knabe gestand bei seinem
Verhör, daß er den Annschewski, mit dem
er kurz vorher in Streit gerathen war,
zu dem zwischen Gelsenkirchen und Rott-
hausen sich hinziehenden Tiefthal-Kanal
gelockt, ihn dort aus Rache in das
tiefe Wasser gestoßen und sich
erst von dem Orte seiner Unthat entfernt
habe, als er überzeugt war, daß der
Knabe ertrunken sei. Die Nachforschungen
nach der Leiche des ermordeten Knaben
waren bisher erfolglos.
Auch auf der württembergischen Landes-
universität Tübingen hat nun — zum ersten
Male — eine Dame sich den Doctor-
hut erworben: Gräfin Maria von Linden
hat bei der naturwissenschaftlichen Facultät
eine Abhandlung über die Structur der
Conchylien eingereicht, die von der Facultät
angenommen wurde.
Eine lustige angeblich wahre Kriegs-
erinnerung aus den letzten Julitagen
1870 wird aus der Pfalz mitgetheilt:
Kamen da nach Scheidt hart an der
Grenze zwei französische Offiziere, welche
in das Schulhaus eindrangen und von
dem Lehrer unter anderm gebieterisch
Karten der Pfalz verlangten. Der geäng-
stigte Schulmeister holte die in dem Schul-
zimmer hängende Karte von Palästina
herunter, gab fie den feindlichen Offizieren,
und zufrieden ritten diese Herren von
dannen.
München, 8. Aug. Das Gemeindekolle-
gium hat dem Magistratsbeschlusfe, für die
Sedanfeier 5500 JU zu bewilligen, ein
stimmig ohne Debatte zugestimmt. Die
Feier wird mit einem Festzuge von Vete
ranen, Schützen und Turnvereinen eröffnet,
der sich am Abend unter Fackelbeleuchtung
durch die Ludwigstraße nach der Feldherrn
halle begiebt. Die Ludwigstraße wird
dazu als rin triumptzà wie beim Trup.
peneinzug 1871 geschmückt. Vor der Feld-
Herrnhalle, wo am Armeedenkmal Lorbeer-
kränze niedergelegt werden, gelangt ein
von 1000 Sängern gesungenes patriotisches
Lied zum Vortrag; darauf folgt eine
Ansprache.
Doberan, 7. Aug. Gestern Abend um
6 Uhr ging ein schweres Gewitter
mit starkem Regen über unsere Stadt
nieder. Der Blitz schlug in den auf dem
Kamp gelegenen sog. weißen Tempel,
doch ohne zu zünden. Da um diese Zeit
Conzert auf dem Kamp ist, waren viele
Personen daselbst anwesend. Manche von
ihnen hatten sich vor dem Regen unter
den Tempel geflüchtet. Mehrere kleine
Knaben spielten in der Nähe des Blitz
ableiters, als der Blitz daran hernieder-
mhr. Ein 7jahriger Knabe wurde schwer
verletzt. Ihm wurde das Haar versengt
und er verfiel sofort in Krämpfe. Die
Mutter, die in der Nähe faß, wurde eben-
falls betäubt; beide mußten in einer
Droschke zu Hause gebracht werden. Der
Blitz hatte außerdem den Tempel insofern
beschädigt, als er auf einigen Stellen die
Decke des Saales aufgerissen und an an-
deren Stellen große Holzstücke losgerissen
hatte.
Metz, 8. Aug. Das letzte Unwetter
hat einen größeren Schaden angerichtet,