>r,c 17»
lmm.
önfeld.
Chaussee
Uhr ge-
rstattung
Sohn.
-r.
se zur
st des
er.
şletzt
!'schon
11II.
e [jalte,
Ihr
bürg.
ig. eng.
haben,
henbl "
saat
ptatz.
Zimmer
isangabe
dsburger
nn
er
. 389. _
bbin be-
lettb aus
let. d. I.
pclu
ibcr
Stuben,
sstige Be-
2<»8.
ig von 2
I in der
>ung
Näheres
eller.
oder 2
ße 23.
n ruhige
tpezier.
:then
sowie ein
lc 85.
rne
uerungs-
127.
n.
str. 19.
etheu
reundliche
Zubehör,
ssee 679.
der
i Stuben,
n. iowie
fe 272.
-lasse).
ş- Gŗscheìnt tàgrrch. c
Màburger
Wochenblatt.
Bezugspreis:
Vierteljährlich 2 Ji.— , frei ins Haus geliefert
M Smswentge. dur» d.e Post be^en fiir hie Tagesmunmer werben bis 12 Uhr Mittags erbeten»
mcl. Postprovision ec., jedoch ohne Bestellgeld. ^ <> v •-» '
Jrksertionsprcis: pro Petitzcilc 15 Ļ
Aeiteäes und gelefenstes Kķatt im Krrrle Peirdsdurg.
lgesnummer werden bis 12 U
-£> 88siev Jahrgang.
Bei BetrirbSDrungen
irgend welcher Art ist die regelmäßige Lieferung
dieses Blattes vorbehalten.
Als Beilagen
werden dem Blatt „Der Landwirth" sowie das
Blatt „Mode und Heim" gratis beigegeben.
3000 Abonnenten.
Wo. 182.
Wrttwoch, öen 7. August
1895.
Morgeu-Depeschen.
Berlin, 7. Aug. Wie der „Bert.
Lok.-Anz." aus Kassel meldet, wird die
Kaiserin mit dem Kronprinzen und Prinz
Eitel Friedrich nur 14 Tage aus Schloß
Wilhelmshöhe weilen. Der Ausenthalt
soll ausschließlich der Erholung gewid
met sein.
Berlin, 7. Aug. Die „Berl. Corresp."
schreibt: Durch Allerhöchste Verordnung
vom 3. d. Mts. werden für die Pro-
vinzen Ostpreußen, Westpreußen, Pommern,
Brandenburg, Posen, Schlesien, Sachsen,
und Schleswig-Holstein und für die Re
gierungsbezirke Kassel und Wiesbaden
auf Grund der gleichzeitig Allerhöchst ge>
nchmiglen Satzungen Landwirthschasts-
kammern errichtet.
Berlin, 7. Aug. Tie kirchliche Feier
des Sedantagcs, welche bekanntlich in
Aussicht genommen war, wird nun that
sächlich am Sonntag, den 1. September,
in der evangelischen Landeskirche der
preußischen Monarchie stattfinden, nachdem
unter den leitenden Behörden eine Verein
barung erfolgt ist.
Berlin, 7. Aug. Dem „Berl. Tagebl."
wird aus Hamburg gemeldet, daß im
Stadtheil Eimsbüttel das zwölfsährige
Kind einer daselbst wohnhaften Familie in
der Nacht vom Sonnabend zu Sonntag
unter choleraähnlichen Symptomen erkrankte,
welche bald den Charakter derjenigen der
cholera asiatica annahmen. Das Kind
starb am Sonntag-Vormittag. Wie fest-
gestellt ist, hatte das Kind ungekochtes
Lettungswasser getrunken. Auch die Ge
schwister wurden von Choleraanfällen heim-
gesucht, jedoch ohne ernstliche Folgen. Wie
das „Beil. Tagebl." erfährt, ist hier beim
Reichsgesundheitsamt über einen in Ham-
bürg beobachteten Cholerafall noch nichts
bekannt geworden.
Berlin, 7. Aug. Die seit dem 5. d. M.
im Generalstreik befindlichen Kisienmacher
hielten heute Nachmittag eine von 400
Personen besuchte Versammlung ab, um
die Lage des Streiks bekannt zu geben.
Es befinden sich im Ausstande über 300
Arbeiter mit 280 Familienangehörigen.
Es wurde mitgetheilt, daß der Streik
günstig stehe und infolge der überall
dringenden Arbeit in höchstens 8 bis 10
Tagen beendigt sein dürfte. Von dem
Vertretern des „Holzarbeiter-Verbandes"
wurde den Ausständigen Unterstützung zu-
gesagt.
Lübeck, 6. Aug. Der Senat wählte den
Chefredakteur der „Lübeckiichen Anzeigen",
Dr. Otto G c i s c, zum Senatssekretär.
Stargnrd (Pommern), 7. Aug. Der
frühere Buchhalter Lubascher der falliten
Bankfirma Abel, welcher gestern in das
Stargarder Untersuchungsgefängniß einge
liefert wurde, hat sich daselbst erhängt.
Es ist dies der dritte Selbstmord in der
Abelschen Konkursangelegenheit.
Braunschweig, 7. Aug. Der Braun
schweiger Bierboykott endete nach fünf»
zehnmonatlicher Dauer mit dem völligen
Siege der Brauereien. Die Boykott
kommission ließ alle Forderungen fallen
und erklärte die endgiltige Aufhebung des
Boykotts.
Homburg a. d. H., 7. Aug. Die Kaiserin
Friedrich ließ heute früh am Denkmal
ihres Gemahls im Kurpark einen großen
Lorbeerkranz mit Trauerschleise und der
Inschrift: „Die Kaiserin Friedrich am
6. August 1895" niederlegen.
Innsbruck, 7. Aug. Heute Nacht er
folgte auf der Brennerbahn zwischen den
Stationen Steinach und Brixen ein Fels
sturz unmittelbar vor dem Herunterfahren
des nach dem Süden gehenden Personen
zuges, dessen Lokomotive nebst einem Ge
päckwagen beschädigt wurde. Verletzt wurde
Niemand. Das Geleise konnte sofort
wieder frei gemacht werden.
Lemberg, 7. Aug. In ganz Ostgalizien
wurde durch ein furchtbares Hagelwetter
in voriger Nacht großer Schaden angerichtet.
Wien, 7. Aug. Ein einflußreicher
macedonischer Führer erklärte einem Corre-
spondenten der „N. F. Pr.", der bis
herige Mißerfolg der Aufständischen habe
keinesfalls die Einstellung der macedonischen
Bewegung zur Folge. Die unterdrückten
Rajahs würden bis zum letzten Augenblick
kämpfen. Rußland habe bisher den Auf
stand nicht unterstützt, dies werde aber
von einer Seite geschehen, an die bisher
Niemand gedacht habe. Die Person des
Fürsten interessire die Macedonier nicht;
sie hielten aber die Aussöhnung Bulgariens
mir Rußland für unerläßlich.
London, 7. Aug. Wie die „Times"
aus Havanna melden, ist die Situation
der Spanier auf Cuba die denkbar lraurigste.
Marschall Martinez Campos ist in der
von 12 000 Insurgenten umzingelten
Stadt Bayamo völlig eingeschlossen. Die
Jnsurgentenführer Gomez und Macco haben
ihre Strcitkräfte vereinigt.
Zur Erinnerung an Wörth
und Spiel) eren!
Frankfurt a. O., 6 Aug. Anläßlich
des Gedenktages von Spicheren fand heute
eine Parade der gesammten Garnison statt,
an der die hiesigen Kriegervereine, sowie
die von Berlin und Fürstenwalde theil-
nahmen. Generallieutcnant Vogel von
Falkenstein hielt eine Ansprache, in der er
aus die ruhmreichen Thaten des Jahres
1870/71 hinwies, hieraauf folgte Parade
marsch. Abends finden Festlichkeiten in
den Kasernen statt. Die Stadt trägt
reichen Flaggenschmuck.
Kassel, 6. Aug. Die heutige Gedenk
feier eröffnete eine Parade der ganzen
Garnison; die Fahnen und Geschütze
wurden auf dem Friedrichplatze zum ersten
Mal bekränzt. Der Kronprinz und Prinz
Eitel Friedrich sahen der Feier vom
Balkon des Residenzschlosses aus zu. Als
die Prinzen im offenen Wagen nach Schloß
Wilhelmshöhe zurückkehrten, wurden sie
von der Menge jubelnd begrüßt,
f/ Weimar, 6. Aug. In Gegenwart des
Großherzogs, des Herzogs Johann
Albrecht von Mecklenburg > Schwerin mit
Gemahlin, der Prinzen Hermann und
Heinrich sand heute Vormittag zur Feier
des Gedenktages der Schlacht bei Wörth
ein Militär-Gottesdienst vor dem prächtig
geschmückten Kriegerdenkmal statt, an dem
die ganze Garnison, sowie die Veteranen
und Kriegervereine theilnahmen. Der
Großherzog legte einen Lorbeerkranz an
dem Fuße des Denkmals nieder. Nach
dem Gottesdienst nahm der Großherzog
die Parade über die Truppen ab. Zahl
reiche ehemalige Offiziere und Hunderte
von alten Soldaten sind in der mit
Flaggen und Guirlanden reich geschmückten
Stadt eingetroffen.
München, 6. Aug. Am heutigen Ge
denktage der Schlacht bei Wörth wurde in
der dichtgefüllten Basilika vom bayrischen
Veteranenverein eine Trauerseier veran
staltet. Vor dem Hochaltar war, umgeben
von Lorbeerbäumen und Gewehrpyramiden,
ein prächtiger Katafalk errichtet, zu dessen
Seiten Soldaten Ehrenwache hielten. Zu
der Feier waren erschienen der hiesige
Domvikar Xylandcr, der stellvertretende
Stadkcommandant Generalmajor von
Euler-Chelpin, eine Deputation des
Magistrats, eine große Reihe Offiziere
und Soldaten des Feldzugs. Nachdem der
Vorstand des Veteranenvereins am
Katafalk einen prächtigen Lorbecrkranz
mit blauweißer Schleife niedergelegt hatte,
wurde unter Begleitung von Militärmusik
eine feierliche Trauermesse celebrirt. Nach
beendigter Feier begaben sich die Theil-
nehmer nach der Eingangshalle des Rath-
hauses. Dort hielt nach einem von der
Militärmusik gespielten Choral der ehemalige
Feldgeistliche, BenedictinerpaterGronen eine
ergreifende Gedächtnißrede auf die großen
Ereignisse des Krieges, in welcher er den
Opfermuth der bayrischen Truppen betonte
und mit einem Gelübde der Erinnerung
an die militärischen und bürgerlichen
Tugenden sowie mit einer Huldigung für
den Prinz-Regenten und den Kaiser schloß.
Der Vorstand des Veteranenvereins legte
auch hier einen prächtigen Kranz nieder.
Der Beethoven'sche Trauermarsch beendete
die erhebende Feier.
München, 6. Aug. Unter überaus zahl-
reicher Betheiligung legte heute Nachmitag
der bayerische Vertrauensverein an dem
Grabe des Generals von der Tann auf
dem hiesigen nördlichen Friedhose einen
prachtvollen Lorbeerkranz nieder. Dabei
hob Hauptmann Tanera in einer kurzen
Ansprache die Verdienste des Generals von
der Tann um die bayrische Armee hervor.
Nach einem stillen Gebet bewegten sich die
Veteranen im Zuge nach den auf dem
selben befindlichen reichgeschmückten Gräbern
der im Jahre 1870/71 in München ver
storbenen französischen Gefangenen, wo der
erste Sekretär des Vereins, Forgeitz, einen
zweiten prachtvollen Lorbeerkranz mit blau
weißer Schleife niederlegte.
Wörth, 6. Aug. Schon der erste Zug
um 8 Uhr brachte zahlreiche Gäste, meist
Veteranen, viele mit Kranzspenden für die
Gräber der Kameraden. Um 9 Uhr sand
die Einweihung des Denkmals des hessischen
Jäger-Bataillons Nr. 11 bei Morsbronn,
das 1870 dort 5 Offiziere und 64 Mann
verloren hatte, statt. Das Bataillon war
durch aktive und ehemalige Offiziere, Ein-
jährige und Deputationen von Oberjägern
und Jägern vertreten.
Ausland.
Außereuropäische Gebiete.
Aus Shanghai wird dem „L.-A." ge
meldet: Laut Mittheilungen der Ueber
lebenden wurde das Blutbad in Whasang
von einer Bande von achtzig Chinesen
verübt. Die Damen baten um ihr Leben
und boten ihre Habe an, doch der An
führer befahl sie niederzumetzeln. Die
Damen wurden mit Schwertern und
Spießen zerhackt, die Kinder aufgespießt;
vier von den überlebenden Kindern
Steward's sind schwer verwundet. Die
chinesischen Behörden erschienen erst, als alle
gemordet oder geflohen waren. In
Kutscheng sind tausend chinesische Soldaten,
womit der Aufruhr hätte unterdrückt
werden können. Die amerikanische
Mission Schaschi bei Henkow ist eben
falls zerstört; die Missionare sind ge
flohen.
Der Staatssekretair im Colonialanite
hat vom Bischof in Futschau ein Telegramm
erhalten, wonach die ermordeten Missionare
Schwestern eines katholischen Ordens
sind.
Hongkong, 6. Aug. Die Leichen der
Opfer des Mordüberfalles bei Kutscheng
kamen in Futschau an und wurden Nachts
beerdigt. Es laufen Gerüchte um von
weiteren Meutereien in der Nähe von
Futschau.
Die wackeren „Väter" der Stadt Chicago
wußten dieser Tage nichts Besseres zu thun,
als eine Verordnung zu erlassen, die
den Radfahrern vorschreibt, wie sie
sich zu kleiden haben. Künftig .sind
alle enganliegenden Strumpfhosen, sowie
Pumphosen den Radfahrern beider Ge
schlechter streng verboten; statt beste»
müssen sie bauschige Hosen tragen, die bis
zum Knöchel reichen, und die Jacke darf
nicht ausgeschnitten sein. Angesagte Renne»
mußten vertagt werden, um den Fahrer»
Zeit zu geben, sich an die gesetzliche»
bauschigen Hosen zu gewöhnen.
New-Aork, 6. Aug. Ein an den Pre
sidenten des hiesigen Polizeiraths Thew
bore Roosevelt adressirtes Packet, welches
eine Höllenmaschine enthielt, wurde
im Postamte zeitig genug entdeckt, um
dessen Absendung zu verhindern. Die
Höllenmaschine bestand aus scharfen Pa
tronen, die mittels eines Zündfadens mit
einem Packet Streichhölzer verbunden
waren, welche durch Sandpapier entzündet
werden sollten. Die rücksichtslosen Maß-
nahmen, welche Roosevelt in seiner Eigen-
schalt als Vorsitzender des Polizeirathes
zur strengen Aussührung der Sonntags-
gesetze getroffen hat, haben viel böses Blut
erregt, und die Absendung der Höllen-
Maschine ist auf die Wuth über sein Vor-
gehen zurückzuführen.
12)
ķi Bmt à êļhà
Roman von Gustav Höcker.
X.
Der Justizraih Carus stand in der Mitte
der vierziger Jahre, welche man als das
kräftigste Mannesalter zu bezeichnen pflegt.
Er war ein ,,self-made man“, denn das
bedeutende Vermögen, welches er besaß, hatte
kr sich durch seine Praxis erworben, die sich
don unbedeutenden Anfängen zu solch aus-
gkdchnlkm Geschäftskreise entwickelt hatte, daß
seine Colleger! ihn beneidcren. Aber wie
keinem Sterblichen ungetrübtes Glück zu
Theil wird, so war auch sein Leben nicht
ohne harte Prüfungen dahingeflossen!
, 2n Kreisen, welche ihm näher standen,
gwg das Gerücht, er habe in jüngeren
fahren ein Mädchen geliebt, welches, einer
höheren Gcftllsckmftssphäre angehörig, von
strengen vorurtheilsvvllen Eltern zu einer
G *J ar f 1 Hb'rarh gezwungen wurde, und die
Wunde, die dieser schmerzliche verzicht in
seinem Gemüthe hinterlassen, sei nie oanz
geheilt worden. Die Ehe, die er ziemlich
spät geschlossen hatte, um sein vereinsamtes
Herz geliebten Kindern öffnen zu können und
seinem wachsenden Hausstande eine Reprä
sentantin zu geben, war keine glückliche
gewesen. Die gehofften Vatcrfreuden sollten
ihm nicht beschieden werden, die Gattin
brachte lange Jahre auf einem schmerzhaften
Krankenlager zu und jetzt war er seil einem
Jahre Wittwcr.
Der Baron von Sturen wurde von seinem
khemaligm Vormunde aufs liebenswürdigste
empfangen. Unglücklicherweise war er zu
xMer Stunde gekommen, wo der Rechts-
gclehrke sehr . beschäftigt schien. Wolfgang
dankte ihm, wie er es schon brieflich gethan,
noch einnial in den herzlichsten Ausdrücken
für die gewissenhafte und geschickte Ver
waltung seines Vermögens und ebenso für
die lebhafte Theilnahme, mit welcher er sich
täglich nach ihm erkundigt halte, als er an
den Folgen der unglücklichen Eiscnbahnfahrt
schwer verwundet daniederlag.
Es war für Wolfgang nicht leicht, bei der
Kürze der ihm für diese Unterhaltung zu
gemessenen Zeit, einen passenden Uebergang
zu der Angelegenheit zu finden, welcher,
nicht zum kleinsten Theile, sein Besuch galt.
Er fühlte, daß cs paffender gewesen wäre,
diesen Gegenstand im Laufe einer unge
zwungenen Unterhaltung zur Sprache zu
bringen und eben war eine verlegene Pause
eingetreten, als der Justizrath sagte: „Frau
von Prachwitz wird sich ebenfalls sehr gefreut
haben, Sie nach so langen Jahren wieder
zu sehen und Ihnen zu Ihrer Wiederher
stellung Glück wünschen zu dürfen. Ich
würde mid.) eines Verdienstes rühmen, das
ich nicht besitze, wollte ich verschweigen, daß
Frau von Prachwitz es war, welche mir
dm ersten Impuls gab, über Ihr Befinden
tägliche Erkundigungen einzuholen, um die
eingelaufene Nachricht regelmäßig durch ihren
Diener einholen zu lassen."
Wolfgang unterdrückte gewaltsam eine
innere Bewegung, um dem Justizrath seine
Beschämung nicht zu verrathen. Frau von
prachwitz war die intimste Freundin seiner
Mutter gewesen und hatte ihm stets viel
Liebe und Güte erwiesen, wenn er in seiner
Knabcnzeit mit seinen Eltern in Berlin
weilte und halbe Tage bei ihr zubrachte. Wie
ein schwerer Vorwurf fiel es ihm nun auf
die Seele, daß er diese liebenswürdige Dame,
die ihm durch die Erinnerung an seine
Mutter hätte theuer sein müssen, ganz ver
gessen hatte. Seit er ihr vor einigen Jahren
beim Tode ihres Gemahls condolirt, war
sic ihm allmählig aus dem Sinne gekommen.
Es war ihm gegangen, wie den meisten
seiner Altersgenossen. Im Leben des heran
wachsenden Jünglings schlagen neue Inter
essen ihre Wurzeln, das Andenken an die
Heiligthümer des Elternhauses verblaßt, und
die innigen Bande, welche die Eltern mit
andern verknüpften, bestehen für die Kinder
nicht mehr, denn die Pflichten des Herzens
verjähren wie alte Schulden. — Diese Fluth
»on Gedanken und Selbstvorwürfen überhob
ihn aber auch auf ebenso unerwartete als
natürliche Weise der Nothwendigkeit, dm
Justizrath mit Melanie Rettbergs Angelegen
heit bekannt machen zu müssen. War in
Frau von Prachwitz nicht die natürlichste
Beschützerin und Beratherin für das junge
Mädchen gefunden?
Der Wahrheit gemäß gestand Wolfgang
dem Justizrath, daß er Frau von Prachwitz
noch nicht seinen Besuch gemacht habe, aber
soeben im Begriffe stehe, diese Ehrenschuld
abzutragen. Damit verabschiedete er sich von
ihm. In der That wollte er heute noch
die mütterliche Freundin aufsuchen, doch
mußte er zunächst nach seinem Hotel zurück
kehren, da Maitland versprochen hatte, ihm
über das Ergebniß seiner Verabredung mit
Quinnas Secundantcn Botschaft zu schicken
oder diese- persönlich zu überbringen. Wolfgang
war kaum in sein Zimmer eingetreten, als
Maitland selbst erschien.
„Nun, mein lieber Baron," begann er,
„ich habe alles Nöthige mit dem Rittmeister
von Kofsatz arrangirt. Daß Sie die For
derung annehmen, geht diesen braven Leuten
wider dm Strich; glauben Sie mir, ich
kenne die Burschen durch und durch! Kossatz,
der dm Ton eines Kavaliers vortrefflich an
zunehmen versteht, sollte Sie aus die höflichste
Weise behandeln und sich an der geringsten
Entschuldigung von ihrer Seite genügen
lassen. Dann hätte man mit allen Mitteln
der Courtoisie Ihre Freundschaft zu gewinnen
gesucht, um sich derselben gegen alle Welt
rühmen zu können. Als der Rittmeister von
mir erfuhr, daß ich in Ihrem Aufträge
komme, las ich sogleich in seiner verblüfften
Miene, welch' fein abgekartetes Spiel ihm
und seinem Cumpanc verdorben war. Ich
sagte ihm, daß sie jede Entschuldigung ver
weigern und Herrn von Quinna Satisfaction
geben wollten. Wenn er sich stellt, soll es
mich sehr wundern; obgleich Kossatz, der ein
Mann von Muth ist, ihn möglicher Weise
dazu zwingen wird. Was beabsichtigen Sie
in diesem Falle zu thun, Baron?"
„Ich beabsichtige," erwiderte Wolfgang
entschlossen, „einen verwickelten Knoten zu
lösen, indem ich diesen Quinna niederschießen
werde wie einen tollen Hund.
„Sie haben ganz Recht," stimmte Mait
land bei. „Was Ort und Stunde der Zu
sammenkunft betrifft, so bleibt es bei unserer
Verabredung von heute Vormittag. Halten
Sie sich morgen früh vier Uhr bereit. Ich
hole Sie in meinem Brougham ab und
bringe Sie nach dem Grunewalde."
Nachdem Maitland gegangen war, ge
wann Wolfgang Samnllung, sich alle allen
Erinnerungen an Frau vou Prachwitz ins
Gedächtniß zurückzurufen. Sic war bedeutend
jünger als seine verstorbene Mutter gewesen
und ihr Wesen schwebte ihm ini Lichte
eines milden Ernstes und gütigen Herzens
vor; an ihrer Bereitwilligkeit, ein verlasse
nes Mädchen unter ihren Schutz zu nehmen,
durfte er nicht zweifeln. Und da waren
seine Gedanken wieder bei Melanie Rett-
bcrg angelangt und unwillkürlich drängte sich
ihm die Frage auf, ob er sie liebe und ob
er ihr wohl seine Hand angeboten hätte,
wenn das Bedenken gegen ihren verworfenen
Bruder nicht bestanden hätte? Er mußte
diese Frage verneinen.
Wolfgang gehörte zu jenen Männern,
welche sich von dem Weibe, das sie sich zur
Gattin wünschen, ein ganz bestimmtes Bild
entwerfen. Dieses Bild war aus dem
Rahmen der Träumerei herausgestiegcn; er
hatte es, in Fleisch und Blut verwandelt,
gesehen, aber cs war nicht dasjenige Me
lanie Rettbcrgs, — es war jenes dunkel
äugige Mädchen, welches er zuerst auf
bäumendem Rosse und dann im Tumulte
der Straße im glühenden Fackelscheine er
blickt hatte. Ob die inneren Eigenschaften
seiner Vorstellung ebenfalls entsprachen,
sonnte, er nicht beurtheilen, aber die äußere
Erscheinung glich genau seinem Jdealgebilde.
Bon der Erinnerung an die Unbekannte und
seinem Herzen doch so Bekannte gingen
Wolfgang's Gedanken zu dem Werke über,
welches ihn morgen früh erwartete. Erst
jetzt dachte er daran, daß er selber in dem
Duell fallen konnte. Es war nicht sehr
wahrscheinlich, dennoch lag es nicht außer
dem Bereiche der Möglichkeit und für diesen
Fall mußte er seine Vorkehrungen treffen.
Er nahm daher Papier und Feder zur
Hand, um seine letzten Wünsche niederzu
schreiben.