Full text: Newspaper volume (1895, Bd. 2)

MWWŞ 
Korresp.", welcher nach Erklärungen sucht 
sür die gegenwärtigen Schwankungen der 
Getreidepreise, kommt nach Auszählung all 
der Gründe, welche einen Aufschlag recht 
fertigen würden, zu dem Ergebniß, daß 
erfahrungsgemäß die Spekulation gerade 
jn dem Momente, in welchem der Bauer 
feine Saat zu Markte bringe, die inländi 
schen Vorräthe in stärkerem Maaße heran 
ziehe, um einen Druck auf das inländische 
Getreide auszuüben und so den Bauer zu 
schädigen. Wenn diese Behauptung, welche 
eine Beleidigung des gesummten deut 
schen Getreidehandels enthält, von irgend 
einem Organ des Bundes der Landwirthe 
aufgestellt worden wäre, so würde es nicht 
der Mühe werth sein, sie zu widerlegen 
Die „Nat.-Lib. Korrespondenz" aber müßte 
wissen, daß jede künstliche Be ein- 
flussung der Getreideprerse 
ein Schnitt ins eigene Fleisch 
wäre und daß dieselbe selbst mit den 
größten Geldopfern nicht durchgeführt wer 
den könnte. Hier scheitert alle Kunst an 
der Macht der Verhältnisse. Die Schwank 
ungen der Getreidepreise der letzten Wochen 
erklären sich auf ganz natürliche Weise 
durch eine Unterschätzung der noch vorhan 
denen Bestände und durch eine Ueber 
schätzung des argentinischen Erntedefizits" 
— Einige Vorgänge an der 
Berliner Universität entbehren 
nicht des allgemeinen Interesses. So hat 
vornehmlich die Wahl Adolf W a g n e r's 
große Bedeutung. Wie erinnerlich, war 
dieser Gelehrte wegen seiner volkswirth- 
schastlichen und politischen Richtung die 
Zielscheibe heftiger Angriffe im Parlament 
(durch Frhrn. v. Stumm) und Presse, die 
sogar zu Duellforderung und Beleidigungs- 
klage geführt hoben. Daß der Lehrkörper 
der ersten Universität des Reiches Adolf 
Wagner jetzt zum Rector wählt, ist nicht 
nur eine persönliche Genugthuung für ihn. 
sondern eine Demonstration für die „Srei 
heit der Lehre, und der Wissenschaft." 
Auck ein anderer Fall, von dem die 
„Franks. Ztg." berichtet, gehört in ge 
Hussein Sinne hierher: Der zu Anfang des 
Scwmersemesters vielbesprochene Versuch, 
den Privatdocenten Dr. Leo Arons 
wegen seiner Zugehörigkeit zur social 
demokratischen Partei aus dem Lehrkörper 
der Universität zu entfernen, hat nunmehr 
in den Facultätsberathungen seinen Ab- 
schluß gefunden. Die Facultät hat die 
Remotion von Dr. Arons nicht be 
antragt. 
von Verbindung betrifft, auf wUche Sie an 
gespielt haben, so mag ein Mann zu einer 
solchen wohl durch eine Vereinigung ver- 
hängnißvoller Umstände bestimmt werden 
können, mit reiflicher Ueberlegung aber ver 
möchte ich einen derartigen Plan nicht 
fasten. Ich werde mich daher wohl hüten, 
einen so gefährlichen Boden wieder aufzu 
suchen." 
„Nun. wenn Sie es nicht wollen, Baron," 
sagte Maitland, „so werde ich es thun." 
„Vielleicht werden Sie die Willfährigkeit 
nicht finden, die Sie erwarten, Maitland," 
versetzte Wolfgang empfindlich. 
„Lieber Baron," lachte Maitland „Sie 
haben kein Recht, für diese schöne Waise 
Mitleid zu erwecken, und sich dann selbst 
von ihr abzuwenden mit dem Entschlüsse, 
einen anderen großmüthigen Mann zu ver 
hindern, ihr seine Theilnahme zu bezeigen." 
„Ich habe nicht gesagt, daß ich sie ver 
lassen will," entgegnete Wolfgang. „Mein 
nächster Gang führt mich zu meinem ehe 
maligen Vormunde —" 
„Dem Justizrathe Doktor Carus, der sich 
täglich Bulletins über Ihr Befinden kommen 
ließ?" W «W - . 
Wolfgang .nickte. „Ich werde chm die 
Geschichte der jungen Dame erzählen. Er 
ist ein Menschenfreund und wird in dieser 
Sache für mich alles thun, was ich persönlich 
nicht thun kann." 
„Sie handeln edel und gut, Baron, — 
vielleicht nicht so praktisch für das Glück des 
jungen Mädchens, als wenn sie sich für den 
anderen Plan entschieden Hütten, aber alls 
jeden Fall begehen sie keine Handlung, die 
nicht wieder gut gemacht werden kann. Jeder 
muß selbst am Bisten wissen, was ihn am 
glücklichsten macht. Der eine liebt die leiden 
schaftlichen Freuden, auf welche freilich, wie 
wenigstens die Moralisten behaupten, auch 
ebenso große Schmerzen folgen sollen; ein 
anderer zieht die stilleren, bescheidenen Ver 
gnügungen vor, die zwar weniger berauschend, 
aber desto dauernder und über eine größere 
Fläche ausgebreitet sind. „Thun Sie also, 
was Sie für das Beste halten. Was die 
Duellangklegenheit betrifft," fügte Maitland 
hinzu, so werde ich diesen Rittmeister von 
Kvssatz sagen, daß sic jede Entschuldigung 
verweigern. Soll ich auch Ort und Zeit 
bestimmen?" 
„Ja, Maitland, und zwar sobald als 
möglich. Ich schiebe dergleichen Dinge nicht 
gern auf." . 
„Sagen wir also morgen früh," schlug 
Maitland vor. „Im Grünewald, halb sechs 
Uhr. Für cm paar gute Pistolen werde ich 
Sorge tragen, und dann wollen wir mit 
diesem Herrn von Quinna schon fertig 
werden. Es müßte ja mit dem Teufel 
zugehen, wenn ein ehemaliger Husar __ einen 
zitternden Feigling nicht über den Haufen 
schießen sollte." (Fortsetzung folgt.) 
Der Bau der Usambra-Eisen 
bahn in Deutsch-Ost-Afrika schreitet rüstig 
vorwärts. Die Bahn ist jetzt bis Ngomeni, 
einem Dorfe im Digolande, im Betriebe, 
und da der Unterbau bis gegen Muhesa 
in der Nähe von Magila vollendet ist, 
dürfte die Eröffnung der Strecke bis zu 
diesem wichtigen Punkte in der nächsten 
Zeit erfolgen. Damit aber wäre der vor 
läufige Hauptzweck der Bahn, nämlich die 
Verbindung der fruchtbaren Gegenden 
Usambras mit dem Hafen von Tanga, er- 
reicht. Die Bahn ist eine schmalspurige 
mit 1 Meter Spurweite, ihre ganze An 
läge ist durchaus sorgfältig ausgeführt. 
şNach den Gutachten von Sachverständigen 
ist mit Eröffnung der Strecke nach Ngo 
meni die hauptsächlichste Schwierigkeit über 
wunden, und auf Grund der nunmehr ge 
wonnenen Erfahrungen wird die Fortsetzung 
der Arbeit weiter gegen das Innere hin 
verhältnißmäßig leicht sein. Auch was die 
Rentabilität der Bahn anbetrifft, sind die 
Aussichten günstig, denn schon jetzt findet 
auf der verhältnißmäßig ganz unbedeuten 
den Strecke Tanga-Ngomeni ein ständiger 
Personen- und Frachtenverkehr statt. Mit 
der Erreichung von Muhesa werden neue 
blühende Länderstriche erschlossen und der 
Bahn die aufblühenden Plantagengebiete 
von Handel, die Plantage von Lewa und 
die Mission Magila zufallen. Ferner wer- 
den, falls die Verlängerung bis Korogwe 
zur baldigen Ausführung gelangt, damit 
nicht nur neue Plantagenländer erschlossen, 
I sondern auch der Getreideverkehr Useguas 
dahin konzentrirt. 
Eine oft gerügte Spielerei hat 
am Donnerstag denTod eines kleinen 
Mädchens herbeigeführt. Der Berliner 
Polizeibericht meldet: Jn der Gneisenau 
straße fiel ein sünsjähriges Mädchen, als 
es dort neben einem mit Heu beladenen 
Wagen herging und etwas von der Ladung 
herausziehen wollte, vor ein Hinterrad, 
wurde über den Kopf gefahren und auf 
der Stelle getödtet. 
Jn einem Restaurant Unter den Linden 
in Berlin wurden seit einigen Wochen die 
dort aufgestellten Automaten mittels Nach 
schlüssels geöffnet und ihres Geldinhalts 
beraubt. Der Besitzer des Restaurants 
kam nun auf folgenden Gedanken: 
wurde eine sogenannte Hundepatrone ge 
nommen, wie sie die Radfahrer benutzen 
um bei Reisen über Land die lästigen 
Dorfhunde zu verscheuchen. Als nun der 
Automatenräuber mit einem Nachschlüssel 
den Kasten, in welchem sich das Geld be 
fand, öffnete, explodirte die Patrone. Der 
Dieb war durch den Knall so verblüfft, 
daß die Angestellten des Lokales, die den 
Kniff ihres'Wirthes kannten, mit Leichtig 
keit den Spitzbuben fassen konnten. Der 
selbe ist ein 19jähriger elegant gekleideter 
Mann, in dessen Besitz sich ein großes 
Bund Nachschlüssel fand. Eine reichliche 
Tracht Prügel und die Ueberführung nach 
der Polizeiwache war sein vorläufiges 
Schicksal. 
—DieZeitschriftdesAllgemeinenDeutschen 
Sprachvereins theilt folgende amtliche 
S t i l p r o b e n mit: Aus dem „Reichs 
Anzeiger: „In der gestrigen Berathung 
des durch Zuziehung des General-Synodal 
Vorstandes erweiterten Collegiums . des 
evangelischen Oberkirchenraths über die in 
Folge ddr Vorgänge bei dem im Herbst 
F. in Bonn abgehaltenen Ferienkursus 
kirchlichen Kreisen entstandene Beun 
ruhigung gelangte man zu dem Schluffe, 
daß zuvörderst noch die zur Beurtheilung 
erforderlichen thatsächlichen Unterlagen der 
Vervollständigung bedürfen." — Aus dem 
Urtheile eines Königl. Preußischen Amts 
gerichts: „Gegen den Beklagten mußte 
daher die aus dem Urtheilstenor ersichtliche 
Strafe sür den Fall eines Verwagens der 
Verhinderung eines Schloßanbringens 
wegen Vorliegens einer durch seine event 
Handlung begehenden Besitzstörung ausge 
chrochen werden." — Und da aller guten 
Dinge drei, so mag die Musterleistung 
„einer Preußischen Behörde", — sagt das 
Blatt nur, den Namen rücksichtsvoll ver 
schweigend — den Beschluß machen: „Wir 
machen es ihnen daher besonders zur 
Pflicht, die Unterstützungsbedürftigkeit der 
Bewerber so sorgfältig zu prüfen, daß die 
in der nach Anleitung des unserer Rund 
Verfügung vom 31. März 1881 beige 
gebenen Musters aufzustellenden Nach 
Weisung enthaltenen Angaben als unbe- 
dingt zuverlässig, bei Bewilligung und 
Bemessung der Unterstützungen zu Grunde 
gelegt werden können." 
Am 1. Juli d. I. betrug die Zahl der 
seit dem Inkrafttreten der Jnvaliditäts 
und Altersversicherungs-Gesetzes erhobenen 
Ansprüche auf Bewilligung 
v o n A l t e r s r e n t e bei den 31 Per 
sicherungs-Anstalten und den 9 vorhandenen 
Kasseneinrichtungen 323,646. Bon diesen 
wurden 256,414 Rentenansprüche aner 
kannt und 56,168 zurückgewiesen, 3490 
blieben unerledigt, während die übrigen 
7574 Anträge auf andere Weise ihre Er 
ledigung gefunden haben. Die Zahl der 
während desselben Zeitraumes erhobenen 
Ansprüche auf Invalidenrente 
betrug 183,424. Bon diesen wurden 
128,347 Rentenansprüche anerkannt und 
37,544 zurückgewiesen, 9119 blieben uner 
ledigt, während 8414 Anträge aus andere 
Weise ihre Erledigung gefunden haben. 
Unter den Personen, die in den Genuß 
der Invalidenrente traten, befanden sich 
2578, die bereits vorher eine Altersrente 
bezogen. 
Die Räume des kaiserlichen 
Jagdhauses in Theerbude werden 
gegenwärtig einer Erneuerung unterzogen. 
Zur Vergrößerung des vor dem Jagd 
hause gelegenen Platzes sind durch das 
Hofmarschallamt die Besitzungen zweier 
Häusler angekauft worden. Da die Häusler 
in Theerbude bleiben wollen, aber ander- 
weitig keine Wohnung finden, so wird 
jetzt für sie in norwegischem Stile ein 
Wohnhaus aufgeführt, worin sie bis zu 
ihrem Lebensende Aufnahme finden sollen 
Spandau, 2. Aug. Die kgl. Muni 
st i o n s f a b r i k Hierselbst, die bisher 
durchschnittlich 4000 Arbeiter und Arbeite 
rinnen beschäftigte, entläßt bis zum 
Oktober 900 Personen wegen Mangels 
an Arbeit. 750 Arbeiterinnen und 
150 Arbeiter erhalten die Kündigung. Jn 
jeder Woche kommt ein Bruchtheil an die 
Reihe. 
Eine seltsame Erkrankung de 
Hände und Arme hat sich in einigen 
Gegenden der Mark unter den Land 
l e u t e n gezeigt. Sie besteht in merk 
würdigen, geschwulstartigen Anschwellungen 
an den bezeichneten Gliedern, ohne daß 
die davon Befallenen zunächst wußten, 
wodurch sie sich das Leiden zugezogen. Die 
ärztlichen Untersuchungen haben nun er- 
geben, daß die betreffenden Landleute mit 
Verletzungen an den Händen, wie sie ge- 
rade die ländlichen Arbeiter so leicht und 
häufig zuziehen, auf den Aeckern Kunst 
dünger ausgestreut haben, welcher Chile- 
Salpeter und Kalisalze enthalten hat. Die 
Stoffe, die, wenn sie ins Blut gelangen, 
äußerst gefährlich wirken, sind durch den 
Kunstdünger in die offenen Verletzungen 
eingedrungen und haben an den Händen 
und Armen Entzündungen der Lymph 
gefäße und damit Blutvergiftungen hervor 
gerufen, welche in mehreren Fällen die 
Amputation der erkrankten Gliedmaßen 
nothwendig machten. Es wird daher au: 
Grund dieser Feststellungen von ärztlicher 
Seite dringend gemahnt, mit der geringsten 
Verletzung an den Händen keinen solchen 
Kunstdünger auszustreuen oder mindestens 
nicht mit der Hand zu berühren. 
Bei dem Brande in Brotterode lag 
inmitten des Flammenmeeres am Markt 
platz zwischen Nachbarhäusern eingebaut 
das Amtsgericht, das, wie die meisten 
Häuser des Fleckens, in Fachwerk errichtet 
jedoch mit Falzziegeln gedeckt war. Ver 
möge dieser feuersicheren Bedachung und 
der' unausgesetzten Thätigkeit einer Feuer 
spritze gelang es, das Gebäude eine ge 
raume Zeit hindurch dem wüthenden 
Elemente streitig zu machen. Schließlich 
zwangen jedoch die Hitze und der Rauch 
der benachbarten brennenden Gebäude die 
Löschmannschaften, zur Rettung des eigenen 
Lebens Spritze und Haus im Stiche lassen, 
worauf beide in kurzer Zeit ein Raub der 
Flammen wnrden. Leider sind hierbei 
die Grundbuchakten und sonstige Urkunden, 
welche in einem gewölbten Raum des 
Amtsgerichts untergebracht waren, zerstört 
worden. Von etwa 100 Bänden Grund- 
büchern konnten nur ungefähr 15 gerettet 
werden, welche noch dazu die Nachbarorte 
betrafen, während die für den abgebrannten 
Ort selbst gänzlich zerstört sind. Vernichtet 
sind ferner eine Anzahl geöffneter Testamente 
und die Standesamtsregister, die in Ab-! 
schrift beim Amtsgericht aufbewahrt werden; 
und da auch die Urschriften im Gemeinde 
hause, ebenso wie die Kirchenhücher den 
Flammen zu Raub fielen, so sind diese 
Urkunden für alle Zeiten unwiederbringlich 
verloren. Jn dem Raume befand sich ein 
feuerfester Geldschrank, die Grundbücher 
wurden in hölzernen Schränken, welche den 
Wänden entlang aufgestellt waren, aufbe- 
wahrt. Während die Grundbücher und 
Urkunden gänzlich zu Asche verbrannt waren, 
hatte sich der Inhalt des Geldschrankes, 
kleinere Baarsummen und Kassenbücher, im 
Feuer tadellos erhalten. 
Wegen angeblich sozialdemokra- 
t i s ch e r Tendenzen ist in Wiesbaden 
das schon in den achtziger Jahren auf- 
geführte Volksstück „ A us g e wi es en " von 
Karl Böttcher verboten worden. 
Jn dem badischen Dörfchen Altlußheim 
in der Nähe von Speyer wurde jüngst 
das Tollste von Fe st bum me lei 
geleistet, was seit langem vorgekommen ist. 
Am letzten Montag beging dort der Turn 
verein in der feierlichsten Weise das Fest 
seiner T r i n k h o r n e i n w e i h u n g ! 
An der Borabendfeier, ohne die es ja bei 
keiner Festlichkeit mehr abgeht, Fackelzug 
durch die Dorfstraßen, am Festlagsmorgen 
Weckruf, daraus Festzug und hernach feier 
liche Uebergabe des T r i n k h o r n S durch 
zwei „Horndamen", wie diese weib 
lichen Ehreuwesen wörtlich benannt wurden. 
Ein Festball beschloß die hehre Feier, bei 
ver es gewiß an ergreifenden, zu Herzen 
gehenden Reven nicht gefehlt haben wird. 
Vier auswärtige Turnvereine waren dabei 
Gäste der Altlußheimer Horubesitzer. Und 
das Alles um ein T r i n k h o r n. 
Aachen, 4. Aug Den beiden iuhastirten 
Alexiauerbrüdern Heinrich 
und Jrenäus, die gleich nach Be 
endigung des Mellageprozesses wegen Mein 
eidsverdachts in Untersuchung gezogen 
worden sind, ist die Anklage zuge 
gangen. Bruder Heinrich wird sich wegen 
wissentlichen Meineids vor dem Schwur 
gericht, Bruder Jrenäus wegen fahrlässigen 
Falscheids vor der Strafkammer zu ver- 
antworten haben. Als Vertheidiger für 
beide Angeklagte ist neben Rechtsanwalt 
Oster von hier Rechtsanwalt Gammersbach 
von Köln, bekannt aus dem Buschoff-Prozeß, 
gewonnen worden. Wie der „F. Z." zu 
plge verlautet, wird die Anstalt Maria 
b e r g von der Provinzialverwaltung nicht 
angekauft, sie ist nur auf vier Jahre ge 
pachtet, doch hat sich die Provinzialver 
waltung das Vorkaufsrecht gesichert. 
Aus Württemberg, 4. Aug. Die zum 
großen Theil beendigte Getreideernte 
ist in diesem Jahre so ergiebig gewesen, 
daß man thatsächlich mit der Frucht nich 
weiß, wohin. Bäcker und Getreidehändler 
haben bereits Plakate an ihren Laden 
thüren und Comptoiren angebracht mit 
der Aufschrift „Getreide-Offerten werden 
nicht mehr angenommen." — Dazu ist 
der Import russischen und österreichischen 
Getreides bedeutend und zwar aus dem 
Grunde, weil das deutsche Getreide ohne 
Zusatz fremder Brotfrucht sich nicht als 
hinreichend backfähig erweist. Würde, um 
die inländischen Kornpreise zu heben, ja 
um nur einen einigermaßen acceptablen 
Verkauf möglich zu machen, der Import 
alles ausländischen Getreides verboten 
werden können (was ja nicht möglich ist), 
würden die Bäcker nicht in der Lage 
ein, die gewünschte backfähige und ge 
wohnte Waare herzustellen. Daß unter 
diesen Umständen aber die Getreide ver 
kaufenden Landwirthe leiden, ist nicht 
zu leugnen und unter Umständen ist sogar 
die Existenz derselben fragwürdig. 
Dresden, 2. Aug. Wie im Bericht der 
hiesigen Handelskammer mitgetheilt wird, 
hat sich die im vorigen Jahre innerhalb 
der deutschen Glasindustrie geschlossene 
Konvenrion der Bierseidel- 
a b r i k e n gütlich wieder aufgelöst. Es 
ist dadurch möglich geworden, mit den 
angehäuften Waarenvorräthen, zu aller 
diiigs gedrückten Preisen, aufzuräumen. 
Leipzig, 2. Aug. Die Unsitte der Zu 
sendung anonymer „W i tz k a r t e u" am 
Neujahrstage scheint unausrottbar. Der 
Musiker B., jetzt in Helmstedt, hat für 
einen „Witz" einen Denkzettel in Gestalt 
von 8 Tagen Gefängniß erhalten, 
die ihm auferlegt wurden, weil er seiner 
früheren Braut eine Karte unsittlichen, be 
leidigenden Inhalts zusandte. 
Daß in der Stadt Leipzig gelegentlich 
auch Menschenhandel getrieben worden 
ist, so lesen wir in Leipziger Blättern, 
läßt sich wenigstens durch einen unkundlich 
beglaubigten Fall nachweisen. Im Jahre 
1686 erschien in Leipzig ein ungarischer 
Kaufmann, der gefangene Türken ver 
handelte. Hier wurde er zwei derselben 
los, ein Weib Namens Heuscha, die Gattin 
des türkischen Offiziers Mechmet Chiaußi 
und Tochter Osman Paschas, und einen 
etwa sechsjährigen Knaben, Sohn eines 
Agas in Ofen. Die Frau tauschte ein 
Kaufmann gegen einen Centner Zucker ein, 
während der Knabe von einem anderen 
Kaufmann sür zwanzig Thaler erworben 
wurde. Die Frau brachte bald nachher 
ein Knäblein zur Welt, das in der Nikolai 
kirche, jedoch ohne Wissen und Willen der 
Mutter, die den christlichen Glauben durch 
aus nicht annehmen wollte, getauft und 
Paulus benannt wurde. Bald nachher 
wurde in derselben Kirche auch der äuge 
kaufte Türkenknabe getauft und Christian 
Joseph von Ofen benannt. Seine Tauf- 
pathen waren der Bürgermeister Dr. Adrian 
Sieger, Professor Dr. Born, Jungfer 
Maria Barbara, Tochter des Superinten 
denten Dr. Lehmann, des Rathsherrn Dr. 
Falkner Jungfer Tochter Sibylle und der 
Handelsherr Johann Jacob Keese. Am 
6. September 1688 ließ sich nach langem 
Zureden endlich auch die Türkin Heuscha 
taufen. Sie empfing die Namen Christine 
Sophie. 
Aus der E i s e n b a h n f a h r t irr 
sinnig g e w o r d e n ist ein blühendes, 
junges Mädchen von ungefähr 18 Jahren, 
welches gestern mit dem Hamburger 
Schnellzuge von Hamburg aus auf dem 
Lehrter Bahnhöfe eintraf. Ganz gesund 
hat dasselbe mit ihren Angehörigen Ham 
bürg verlassen; während der Fahrt begann 
die Bedauernswerthe zu singen und die 
mitfahrenden Passagiere zu belustigen. Bei 
der Ankunft Hierselbst tobte das junge 
Mädchen bereits derartig, daß sie mit 
Hilfe einiger Beamten nach dem Bureau 
der Bahnpolizei geschafft werden mußte, 
von wo aus ihre sofortige Ueberführung 
in die neue Charitee erfolgte. 
Der Großherzog hat zum Neubau einer 
Kirche im Dorfe Wustrow die Summe von 
25 000 Mk. bewilligt, von der 12 500 Mk. 
im Sommer 1896 und 12500 Mk. im 
Sommer 1897 zum Bau verwendet werden 
sollen. Die alte Kirche, die wegen Bau- 
fälligkeit schon mit Stützen versehen und 
später geschlossen werden mußte, wird 
voraussichtlich noch in diesen Herbst ab 
gerissen werden. 
Jn Lübeck herrscht im Baugewerbe eine 
solche Stille, daß um den Wiederaufbau 
eines i« der Marlesgkube angebrannten 
Gebäudes sich 50 Meister bewarben. 
Hamburg, 3. Aug. Die Telephonlinie 
Kopenhagen—Hamburg wird in aller 
nächster Zeit fertiggestellt und gleich hinter- 
her dann auch die Linie Kopenhagen-Berlin 
dem öffentlichen Verkehr übergeben werden. 
Die Linie Kopenhagen—Hamburg wird 
!der „D. T." zufolge durch ein Gespräch 
des Königs Christian IX. von Dänemark 
mit dem hiesigen dänischen Generalkonsul, 
Herrn Pontoppidan, und diejenige Kopen- 
Hagen—Berlin durch ein Gespräch des 
dänischen Königs mit Seiner Majestät dem 
deutschen Kaiser, sowie der Minister des 
Auswärtigen der beiden Länder eröffnet 
werden. 
Vor 14 Tagen reiste ein Hamburger 
Geschäftsmann in Geschäftsangelegenheiten 
nach der Schweiz, wo ihm vor einigen 
Tagen ein Telegramm anzeigte, daß seine 
Frau, die er in blühender Gesundheit ver 
lassen hatte, schwer erkrankt sei. Als er 
dann in Hamburg wieder eintraf, fand er 
seine Frau in den letzten Zügen liegend 
und konnte nur noch für immer von ihr 
Abschied nehmen. Der Vorfall erschütterte 
den bedauerswerthen Mann so furchtbar, 
daß er in Geistesstörung verfiel und seine 
Ueberführung ins Krankenhaus nothwendig 
wurde. 
Provinzielles. 
Schleswig-Holstein. Die mit der Berufs 
und Gewerbezählung dieses Sommers er 
zielten Angaben über die Zahl der Be 
völkerung liegen für eine Reihe von 
Städten jetzt vor und lassen die Bewegung 
der Bevölkerung in unserer Heimaths- 
Provinz mit ziemlicher Deutlichkeit er- 
kennen. Ziehen wir die Ergebnisse der 
allgemeinen Volkszählung vom 1. Dezember 
1890 zum Vergleiche mit heran, so ergiebt 
sich folgendes Bild: 
I. Städre von mehr als 10 000 Einwohnern. 
14. Juni 1895 1.Dezbr.1890 
145 678 
92 730 
39 547 
21 704 
21 567 
16 970 
14 341 
13 700 
11 848 
143 249 
69 172 
36 894 
17 539 
20 571 
15 123 
13 195 
12 481 
9 803 
Altona 
Kiel 
Flensburg 
Neumünster 
Wandsbek 
Schleswig 
Rendsburg 
Itzehoe 
Elmshorn 
Wir ersehen durchaus eine allgemeine 
Zunahme der Einwohnerschaft, die am 
rapidesten ist bei Kiel, welches danach die 
100 000 bald erreichen dürfte. Neumänster 
hat Wandsbek überflügelt und hal^ die 
Stelle Wandsbeks als viertgrößte Stadt 
Schleswig-Holsteins eingenommen. Die 
Reihe dieser Städte ist auf elf gestiegen, 
indem Elmshorn die 10 000 über 
schritten hat. 
II. Städte von 5000—10000 Einwohnern. 
14. Juni 1895 I.Dezbr. 1890. 
8576 
7268 
6018 
5537 
5506 
5168 
8397 
6761 
5958 
5311 
5361 
5120 
Da die Angaben der letzten Zählung 
über Heide, Eckernförde und Lauenburg 
nicht vorliegen, ersehen wir nur ein lang 
sames Wachsen der Einwohnerzahlen, das 
sich am stärksten bemerkbar macht bei 
Husum und mit dem lebhaften Handels- 
verkehr, den großen Biehmärkten dieses 
Ortes im Zusammenhang stehen wird. 
III. Städte von unter 5000 Einwohnern. 
14.Juni 1895 I.Dezbr. 1890 
4159 
3789 
3368 
3212 
2716 
2760 
2492 
2337 
iur die 5 
verpflicht« 
wenn dies 
Allgemein 
^-Grundsatz 
Du Dir 
4751 
4200 
3598 
3409 
3071 
2876 
2405 
„„ 2394 
Aus dieser Zusammenstellung, die leider 
wegen der noch ausstehenden Zahlen keine 
vollständige sein kann, ergiebt sich, daß 
nur die einzige Stadt Kappeln in der 
Bevölkerung bemerklich zurückgegangen ist, 
während alle anderen —- Oldesloe sogar 
eine ziemlich bedeutende — Zunahme auf 
zuweisen haben. Ein Kuriosum weist 
unsere Provinz aus in einem Dorf, das 
wir seiner Bevölkerungszahl unter I. 
hätten aufführen müssen, es ist Gaarden 
im Kreise Plön mit 11813 Einwohnern. 
Schleswig-Holstein. In den Zeitungen 
liest man häufig, daß Niemand irgend einer 
Person etwas borgen solle, da die an 
kündigende Person für nichts auskomme. 
Dergleichen Anzeigen, welche Familien- 
zwistigkeiten ans Licht bringen sind leidigen 
Charakters und zumeist überflüssig. Das 
Gesetz sagt schon ob für solche Darlehen 
auszukommen ist oder nicht, das Letztere 
ist so ziemlich die Regel, und an solchen 
Gesetzesbestimmungen ändert keine Zeitungs- 
annonce etwas. Wo auf der einen «eite 
Gegenstände in Betracht kommen, me zu 
der entsprechenden Lebenshaltung gehören, 
da kann sich Niemand den ihm zukommenden 
Verpflichtungen entziehen, mag er inseriren, 
jo viel er will. Noch überflüssiger sind 
die Zeitungsannoncen, in welchem es heißt, 
daß^ die Zahlung einer Schuld nur daun 
erfolge, wenn bis zu einem bestimmten 
Termin die Rechnung präsentirt sei. Das 
ist Schnickschnack und ohne wirksame Kraft. 
die prom: 
ligsten Ei 
. Publikum 
' welche sie 
Altona 
Oder nach 
kaum vo 
'-schoß sich 
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soll ein 
Leiche is 
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