Full text: Newspaper volume (1894, Bd. 2)

ten Artikel veranlaßt worden. In dem 
Artikel hieß es, daß nach der Ausweisung 
der dänischen Schauspieler aus Hadersleben 
dänische Sportsmänner in diesem Jahre 
an der Regatta in Kiel nicht theilnehmen 
können. Der Verfasser fügte übrigens hin 
zu, daß Politik und Sport nichts mit ein 
ander zu thun haben. 
Frankreich. 
Paris, 27. Juli. Das Schwurgericht 
bejahte in dem Prozeß gegen den Anar 
chisten Me unter alle Schuldfragen, 
billigte ihm aber mildernde Umstände zu 
Meunier wurde zu lebenslänglicher Zwangs 
arbeit verurtheilt. 
Paris, 27. Juli. Im Senate wurde 
heute der Kommissionsbericht über das 
Anarchistengesetz vorgelegt. Nachdem die 
sofortige Berathung beschlossen war, be 
kämpfte Floquet das Gesetz, das allen frei 
heitlichen Prinzipien zuwiderlaufe und ge> 
fährlicher sei, als das jüngst in der Schweiz 
erlassene Anarchistengesetz, da es sich haupv 
sächlich gegen Ueberzeugungen und Preß 
vergehen richte. Nachdem Floqnet wegen 
Unwohlsein seine Rebe abbrechen mußte, be 
kämpfte Beaumanoir ebenfalls den @nt 
Wurf. Die Regierung habe die Autorität 
untergraben,' indem sie die Revolutionäre 
begünstigte. Dupuy erwiderte: Thatkräftig 
sei das Streben der Regierung auf die Be 
şestigung der Republik gerichtet. Solange 
sie am Ruder sei, wolle sie verhindern, 
daß die Republik mit gewissen Doetrinen 
vermengt werde, hinter denen man den 
Cäsar vermuthen könne. Er wolle der 
Demokratie die zwei Worte als Devise 
geben: „Vernunft und Freiheit" (Beifall) 
Arago bezeichnete den Entwurf als wirkungs. 
los gegen die Anarchisten. Er lehne ihn 
ab, weil derselbe die Veröffentlichung der 
Verhandlungen untersage. Der Referent 
Trarieux vertheidigte den Entwurf. Art. 1 
wird darauf ohne Debatte mit großer Ma- 
jorität angenommen. Nach kurzer Be 
rathung werden alle Artikel nacheinander 
angenommen. Das Amendement Vernissae, 
bezweckend die Beschränkung der Zeitdauer 
des Gesetzes, wird mit 198 gegen 95 
Stimmen abgelehnt. Nach einer Erklärung 
Chesnelong's Namens mehrerer Senatoren, 
daß sie die Anarchie verdammen, aber das 
Gesetz weil unwirksam, ablehnen, wird der 
ganze Entwurf mit 205 gegen 34 Stimmen 
angenommen. 
Rußland. 
Am Flusse Jwalo in Finland fand 
jüngst ein Bauer ein 33 Gramm schweres 
Stück Gold. Schon früher hatte er ein 
Stück Gold von 70 Gramm gefunden. 
Wie nun finländische Blätter berichten, hat 
sich jetzt daselbst eine Gesellschaft gebildet 
und die Goldwäscherei in Finland in 
die Hand genommen. Die Ausbeute im 
Jnarschen Kirchspiele im Dorfe Kyro be 
trägt 4 Gramm täglich. 
Großes Aufsehen ruft in Warschau der 
bevorstehende Personenwechsel an allen 
höheren Posten die Verwaltung des 
Weichselgouvernements hervor. 
Oesterreich. 
Wien, 27. Juli. Nach einer Meldung 
der Blätter haben in Maeedonien und 
Altserbien Erdbeben stattgefunden. Auch 
in Varna sollen durch das Erdbeben viele 
Häuser beschädigt und viele Menschenleben 
zu beklagen sein. 
Aus Wien geht der „Voss. Ztg." die 
Meldung zu: Die Schauspielerin Helene 
Horack vom Stadttheater in Wien ver 
giftete sich vor der Vorstellung mit 
Cyankali. 
Wie polnischen Blättern aus Zakopane 
telegraphirt wird, hat sich im Tatragebirge 
Mittwoch ein gräßliches Unglück ereignet. 
Drei ungarische Touristen wollten mit 
einem Führer die Gerlsdorferspitze, die 
höchste im Tatragebiete, besteigen. An der 
gefährlichsten Stelle riß das Seil und alle 
vier Personen kollerten in den Abgrund 
hinunter. Ueber den Erfolg der sofort 
unternommenen Rettungsaetion liegen noch 
keine Berichte vor. 
In tiefe Betrübniß ist die Familie des 
Eigenthümers Waldow in Kunersdorf ver- 
setzt. Der 13jährige Sohn wollte einen 
Hund in dem See baden, wurde aber von 
dem Thiere, das er an einer Leine hielt 
nach einer tiefen Stelle gezogen. Auf die 
Hilferufe des versinkenden Knaben eilte 
dessen um 4 Jahre älterer Bruder herbei, 
der jedoch selbst des Schwimmens unkundig 
dem bedrängten Bruder keine Hilfe bringen 
konnte, sondern gleichfalls in die Tiefe 
versank. 
Schweiz. 
Aus Bazenheid in der Schweiz wird 
dem „St. Gaöer Tagebl." berichtet: Am 
Sonnabend hatten noch die Arbeiter bis 
zur Feierabendstunde an eiuem Thurmbau 
gearbeitet. Dreißig Minuten später barst 
das Mauerwerk! Laut krachend stürzten 
die Gerüste in die Tiefe. Eine gähnende 
Spalte im verbliebenen Mauerwerk des 
Thurmportals verräth die Ursache des 
Einsturzes. Wie Wände scheiden sich die 
Innen- und Außenseite, der Verband fehlt. 
Bollenmauerwerk ist ohne starke Bindestücke 
aufgeführt, es fehlen die Lager. Die Last 
wurde zu schwer und drückte nach außen. 
Die schiefen Flächen verursachten die Ab 
rutschung. Nirgends entdeckt man scharfe 
Bruchflächen, kein energisches Brechen ist 
zu sehen. Im Sturze wurde die Giebel 
front eingerissen, sowie die Hälfte des 
Flügelbaues rechts vom Mittelbau. 
Inland. 
Berlin, 27. Juli. Der Kaiser wird 
dem Vernehmen nach in den ersten Tagen 
des Monats August, etwa am 5. oder 6., 
zum Besuche in Wilhelmshöhe eintreffen' 
Von dort wird sich der Kaiser nach Eng 
land begeben. — Wilhelmshöhe scheint 
immer mehr der sommerliche Lieblingsauf 
enthalt der kaiserliche Familie zu werden 
— Die „Börsen-Ztg." schreibt: Als 
allein richtig kann mitgetheilt werden, daß 
die Unschuld des Herrn von Kotze 
dargethan worden ist, und daß die Unter 
suchung sich nur noch darauf erstreckt, den 
oder die wirklich Schuldigen herauszufinden 
— Dem Reichstage soll nach Mit 
theilung der „Köln. Ztg." der Reichs 
Haushaltsentwurf gleichzeitig mit 
den bereits jetzt vom Bundesrath fertigge 
stellten Vorlagen, insbesondere der Straf 
Prozeßnovelle, gleich bei der Eröffnung in 
der zweiten Hälfte des Novembers unter 
breitet werden. 
— Infolge der Andeutung der „Münch. 
Neust. Nachr." über den angeblich nicht 
freiwillig erfolgten Rücktritt Petten 
kofer's fragte ein Mitglied des „Bayr 
Couriers" Pettenkofer aus. Dieser er 
klärte: „An den ganzen dunklen An 
deutungen und Ausstreuungen sei kein 
wahres Wort. Pettenkofer sagte: „Ich 
bin zwar noch ganz gesund und könnte 
vielleicht ein halbes oder ein Jahr mein 
Amt noch versehen. Aber ich sehne mich 
nach der Ruhe. Niemand hat mich ge 
zwangen oder mir den Rücktritt nahe ge 
legt. Ich gehe ganz freiwillig; alles 
Andere ist Geschwätz." 
Berlin, 27. Julft Die Huldigungsfahrt 
von Männern aus der Provinz Posen zum 
Fürsten Bismarck nach Varzin wird vor 
aussichtlich in dem ersten Drittel des Sep 
tembers stattfinden. Die Hin- und Rück- 
mhrt wird an einem Tage ausgeführt 
werden. Dem Vernehmen nach wird dem 
Fürsten Bismarck auch eine künstlerisch 
ausgeführte . Huldigungsadresse überreicht 
werden. Die Huldigungsfahrt soll weder 
die Demonstration irgend einer politischen 
Partei sein, noch irgend eine politische 
Dpitze haben. 
— Zum Commandeur der Schutz- 
truppeist Major a. D. von W e 11 e r n 
ernannt worden. Derselbe war à. la suite 
des 3. bayrischen Chevauxlegers-Regiments 
gestellt und ist am 8’ Juli in die Schutz- 
truppe übernommen worden. 
— Zur Besprechung des Standes des 
Bierkrieges kündigt der „Vorwärts" 
für Freitag Abend 8 Uhr 39 öffentliche 
Gewerkschaftsversammlungen an. Die erste 
dieser erst _ zu morgen angekündigten 39 
Gewerkschaftsversammlungen hat indeß be 
reits heute Nachmittag für die Bäckerei- 
Arbeiter stattgefunden. ' Das Referat hatte 
ein Buchbinder übernommen, der durch 
blicken ließ, daß die sozialdemokratische Partei 
aus der Saalverweigerung die Konsequenzen 
ziehen und eventuell sich eigene Ver- 
fammlungs-Säle bauen oder kaufen 
werde. Die vorgeschlagene Resolution, die 
für alle Versammlungen gleichlautend ist, 
fand einstimmige Annahme. Sie enthält 
den üblichen Protest gegen den brutalen 
Kapitaliflen-Uebermuth und verspricht den 
Opfern des Kampfes materielle und mora 
lische Unterstützung. Sie wendet sich ferner 
gegen die Lokalverweigerer, gegen die Fa 
brikanten, die ihre Arbeiter veranlassen, 
Ringbier zu trinken, gegen die bürgerliche 
Presse, kurz gegen Alles, was nicht auf 
Seiten der Sozialdemokraten steht und 
lchließt mit dem Appell an die Genossen, 
kein Ringbier zu trinken und nur solche 
Wirthschaften zu unterstützen, die boykott 
freies Bier verzapfen und ihre Lokale zu 
Versammlungen hergeben." Unter den 
Referenten der für morgen beabsichtigten 
Versammlungen befinden sich die Herren 
Liebknecht, Singer, Bogtherr, Zadek, Zubeil. 
Aus einer Anzeige des Vereins zur Wahrung 
der Interessen der Gast- und Schankwirthe 
geht übrigens hervor, daß fortgesetzt Mit- 
glieder wegen Schänkens von Ringbier aus 
dem Verein ausgeschlossen werden oder 
'elbst ausscheiden. Für die durch den 
Boykott geschädigten Gastwirthe hat das Poli 
zeipräsidiumKollektengenehmigt, die schon be 
trächtliche Summen ergeben haben sollen. 
Der socialistische Führer Z u b e i l in 
Berlin ist von den eigenen Genossen de- 
nunzirt worden, daß er als augenblicklicher 
Biervermittler eine tägliche Tantieme 
von 100 JL von den Brauereien er 
halte, die unter dem Schutz der Sozial 
demokratie stehen. Er erklärt die Angabe 
'ür unwahr, und desgleichen wird vom 
Vorsitzenden der Boykottkommission erklärt, 
daß alle Mitglieder der Kommission ihre 
Thätigkeit zur Beschaffung auswärtigen 
Bieres unentgeltlich ausüben. Da bisher 
in der Presse keine Mittheilungen über 
Provisionszahlungen in der hier angege 
benen Form verbreitet worden sind, so 
kann das Gerücht, gegen das sich Zubeil 
wendet, nur aus dem eigenen Lager stammen. 
— Unter den socialdemokrati- 
chen Ga st Wirthen ist durch den 
Bierboykott eine Spaltung eingetreten. 
In einer Versammlungsanzeige zu der auf 
diesen Donnerstag anberaumten General 
Versammlung des socialdemokratischen „Ber 
eins zur Wahrung der Jntereffen der Gast 
und Schankwirthe Berlins und Umgegend" 
gibt der Vorstand bekannt, daß sechs Mit- 
glieder des Vereins wegen Schänkens von 
Ring- und Boykottbier ausgeschlossen wer 
den, und ein Siebenter aus demselben 
Grunde freiwillig aus dem Verein ausge 
schieden ist. 
Berlin, 27. Juli. Die Morgenblätter 
erwähnten ein Gerücht über ein angeblich 
gestern erfolgtes Attentat. Nach glaub 
würdigen Nachrichten beschränken sich die 
bezüglichen Gerüchte daraus, daß zwei 
16jährige Burschen im Thiergarten eine 
mit Pulver gefüllte Flasche bei sich hatten, 
die sich plötzlich entzündete, wobei ein 
Bursche schwer verletzt wurde. Was sie 
mit dem Pulver beabsichtigten, ist noch 
nicht festgestellt, da der Verletzte nicht ver 
nehmungsfähig und der andere Bursche 
verschwunden ist. 
— Die Oberland esg er ichte 
wllen auf Anordnung des Justizministers 
nach den Gerichtsferien Gutachten darüber 
abgeben, ob und in welchem Umfange sich 
die Erhöhung der revisiblen 
Prozeßsumme empfiehlt. Nach der 
Civilprozeßordnung kann nur bei Prozessen 
mit einem Objekt von über 1500 Mk. die 
Revision bei dem Reichsgericht eingelegt 
werden. Es liegt in der Absicht der 
Regierung, diesen Betrag zu erhöhen an 
geblich auf 3000 Mark. 
— Die „Boss. Ztg." enthält heute folgende 
Berlobungs • Anzeige: Als Verlobte 
empfehlen sich: Franz Emberg, Leipzig, 
Manieh aus Dahomey, Amazone des Königs 
Behanzin, z. Zt. Berlin, Passage-Panop- 
tikum. 
Die Scharfrichterei machte am Mittwoch 
auf dem Schweinemarkt in Rummelsburg 
reiche Ernte. 45 fette Schweine lagen 
an der Ausladerampe todt da. In Folge 
zu engen Ladens waren die Thiere bei der 
Hitze erstickt. Ein einziger Händler hatte 
der „Volksztg." zufolge, 1200 M. Verlust'. 
Ein verhängnisvoller Zusammenstoß 
zwischen Soldaten und Civilisten 
hat am Sonntag-Abend in Rehagen bei 
Klausdorf stattgefunden. Mehrere Sol 
daten des 2. Eisenbahnregiments, das zum 
Zweck größerer Bahn- und Brückenbau- 
Uebungen dort gegenwärtig im Quartier 
liegt, hatten sich in einen Tanzsaal be 
geben, in dem sich auch viele Bauern 
burschen befanden. Mit diesen kamen die 
Soldaten in Folge von Eifersüchteleien 
wegen der Tänzerinnen in Streit, bei dem 
die Soldaten die Seitengewehre gezogen 
haben sollen. Dies aber gab den Bauern- 
burschen Veranlassung, sich auch ihrerseits 
zu bewaffnen. Sie drangen mit Heu- und 
Mistgabeln, dicken Knüppeln u. s. w. ou : 
die Soldaten ein. Ein Unteroffizier wurde 
schwer verletzt; er hatte einen tiefen Stich 
in die Brust erhalten. Der Schwerver 
mundete schleppte sich nach seinem etwa 3 / t 
Stunden weit entfernten Quartier, wo er 
dem Tode nahe anlangte. Er wurde hier 
zwar sofort in ärztliche Behandlung ge 
nommen, jedoch war der inzwischen er 
littene Blutverlust ein so starker gewesen, 
daß er am kommenden Morgen auf dem 
Transport nach dem Garnisonlazareth in 
^empelhvf verstarb. 
Posen, 27. Juli. Der gestern beim 
Revolverschießen auf Fort Winiary durch 
Unvorsichtigkeit eines Kameraden schwer 
verwundete Kanonier Neuer vom Feld 
Artillerie-Regiment Nr. 20 ist gestorben 
Zur Prämiirung ganzer bäuer 
licher Wirthschaften hat der land 
wirtschaftliche Provinzialverein 
mr Posen ein Ausschreiben erlassen, das 
auf die technische Vervollkommnung der 
Wirthschaftsführung kleinerer landwirth- 
Ichaftlicher Betriebe hinwirken soll. Als 
Zweck der Prämiirung wird bezeichnet, einer- 
leits durch die Aussicht auf die zu erlangende 
Auszeichnung und den materiellen Werth 
der Prämie, sowie durch die von Seiten 
der Prämiirungskommissionen zu ertheilen 
den Rathschläge, kleinere Landwirthe in 
der Provinz Posen zu einer rationellen 
Wirthschaftsführung anzuregen, an 
dererseits durch die Thätigkeit der Prä 
miirungskommissionen Wirthschaften zu er 
Mitteln, welche für die betreffenden Ver- 
hältnisse mustergiltig sind, durch genaue 
Beschreibung dieser Wirthschaften in allen 
ihren Einzelheiten ein werthvolles historisch, 
statistisches Material zur Beurtheilung 
späterer Aenderungen in der Wirthschafts, 
weise und in den volkswirthschaftlichen 
Verhältnissen zu geben, sowie durch diese 
Beschreibungen von Musterwirthschaften 
anregend und fördernd auf andere kleinere 
Wirthe einzuwirken. Für das nächste Jahr 
werden 6 Konkurrenzen ausgeschrieben. 
Für jede Konkurrenz werden 3 Prämien 
ausgesetzt im Betrage von 300, 200 und 
100 Mk., wobei eine Zusammenlegung 
zweier Prämien durch die Preisrichter nicht 
ausgeschlossen ist. Zur Prämiirung zuge- 
lassen werden die Eigenthümer und Pächter 
von bäuerlichen Wirthschaften, deren Grund 
besitz nicht über 50 Hektar groß, oder bei 
größerem Areal nicht höher als zu 600 
Mark Grundsteuer-Reinertrag eingeschätzt 
ist, die auf ihrem Grundstücke wohnen und 
dasselbe als Hauptgewerbe selbst bewirth 
schaften. Die Prämiirung soll sich auf die 
Wirthschaften in ihrer Gesammtheit er 
strecken. Es sollen also nicht einzelne, 
sondern alle Zweige des Betriebes, durch 
deren Zusammenwirken der Reinertrag 
entsteht, gleichmäßig berücksichtigt und die 
unter diesem Gesichtspunkte relativ beste 
Wirthschaft entsprechend prämiirt werden 
Mit ausschlaggebend ist der Reinertrag. 
Breslau, 27. Juli. Heute Vormittag 
explodirte in den Lagerräumen der 
Oberschlesischen Eisenbahn ein Gas- 
reservoir. Das ausströmende Gas 
setzte den ganzen Raum in Flammen. Ein 
Werkmeister erlitt leichte Brandwunden. 
Danzig, 27. Juli. Nach dem amtlichen 
Cholerabericht kam in Groß-Wolz 
ein Todesfall, und in Graudenz, Thorn 
und Bohnsack je eine Erkrankung vor. 
. Ter Gewährsmann des „B. T." hält 
die Nachricht von der Ausweisung 
des Herrn v. N o l t e n in vollem Um- 
äuge aufrecht und weist darauf hin, daß 
in dem Dementi nicht bestritten werde, daß 
ven Offizieren in Königsberg der Verkehr 
mit der Familie des Herrn von Nolten 
tricte untersagt wurde. Im übrigen sei 
es ja keineswegs auffallend, daß man die 
Ausweisung durch die Behauptung zu ver- 
schleiern suche, Herr v. Nolten sei freiwillig 
abgereist oder von seiner Regierung ab 
berufen. 
Das Unglück auf dem Viehmarkt in 
Königsberg während des diesjährigen Jahr- 
Marktes, bei welchem, wie berichtet, ein 
18jähriges Dienstmädchen in wenigen Mi 
nuten, man kann fast sagen, zu Asche ver 
brannte, hat nun noch ein zweites Opfer 
gefordert. Die 4 Jahre alte Tochter des 
Kürschnermeisters Braun, welche bei dem 
ausgebrochenen Feuer in der Bude eben 
alls schwere Brandwunden erlitten hatte 
i't nach schweren Leiden nun auch gestorben. 
Westheim bei Kitzingen ist eine der 
wohlhabendsten Ortschaften in ganz Bayern. 
Sie zählt 226 Einwohner; doch ist die 
Ziffer in langsamer Abnahme begriffen, 
da höchst selten Geburten vorkommen. Vor 
einigen Tagen fand eine Kindtaufe statt 
— seit zwei Jahren die erste. Am Schul- 
unterricht nehmen 22 Kinder theil, eine 
Anzahl, welche wenn der Bevölkerungs- 
rückgang im bisherigen Tempo bleibt, nach 
ieben Jahren auf zwei reduzirt sein wird. 
Die meisten der selbstständigen Einwohner 
sind reiche Bauern, einen Schneider, einen 
Tischler, einen Büttner und einen Schlosser 
giebt es nicht im Orte; von Gewerbsleuten 
ind nur ein Schuhmacher, ein Schmied 
und ein Wagner in Westheim domizilirt. 
Vor einigen Tagen wurde die Hufen 
telle der Frau Wentzel zu Dummersdorf 
im Travemünder Winkel von einem Herrn 
aus Hannover käuflich übernommen; der 
Boden, ca. 128 Tonnen, ist guter Roggen- 
und Gerstenboden, auch sind gute Wiesen 
vorhanden. Der Kaufpreis soll 100 000 
Mark sein, doch hat die Verkäuferin zwei 
Häuser in Hannover in Zahlung genommen. 
Vor einigen Jahren erst wurde die Stelle 
im Zwangsverkauf für ca. 40 000 Mk 
verkauft, freilich ohne Inventar. 
Eine Familien-Tragödie wird aus 
Heidenheim berichtet: Eine junge Frau 
ertränkte sich heute Nachmittag mit ihren 
2 kleinen Kindern, einem Knaben und 
einem Mädchen, im Kanal bei Neubolbeim. 
Als der Mann um 6 Uhr von der Fabrik 
heimkam und die That vernahm, schoß er 
sich eine Kugel in den Kopf. Häusliche 
Zwistigkeiten sollen dem „S. M." zufolge 
die Ursache sein. 
Nach einer Unterschlagung von 
1200 Jt ist seit dem 24. Juli der Lehr 
ling A d o l p h K r u tz s ch aus Kirchheim 
flüchtig und wird jetzt steckbrieflich verfolgt. 
Der Flüchtige ist 1,50 Meter groß, hat 
dunkles Haar und gesunde Gesichtsfarbe. 
Vom Blitz erschlagen wurde am 
Mittwoch ein junges Mädchen, das im 
Garten des Klosters Maria Trost in 
Schönbornslust arbeitete. Bemerkenswerth 
ist, daß wohl in einem anderen Theile der 
Umgebung von Koblenz ein Gewitter war, 
nicht aber bei Schönbornslust, der Blitz 
kam vielmehr aus heiterm Himmel. 
Bacharach, 26. Juli. Der gestrige große 
Brand, der in den Häusern in der Rhein 
mauer entstand, wüthete bis gegen Abend 
14 Häuser liegen in Schutt. Die Feuer 
wehren aus St. Goar, Oberwesel und 
Niederheimbach arbeiteten mit der hiesigen 
Wehr vereint an der Bekämpfung des 
Feuers. 
Limburg a. d. Lahn, 26. Juli. Gestern 
Abend gegen 7 Uhr ging hier ein starkes 
Gewitter mit Hagel nieder. Es fielen 
Hagelkörner in der Größe von Tauben 
eiern. ķ Viele Fenster wurden zertrümmert 
und die so reich gesegnete Ernte an vielen 
Stellen vernichtet. 
Aus Furcht vor Strafe erschoß sich 
in Hagen ein Anstreicherlehrling, der ein 
Dienstmädchen aus Ungeschick durch einen 
Teschingschuß am Arme verletzt hatte. 
Bernburg, 26. Juli. Seit Jahren 
chon sind die Verhandlungen über den 
Erwerb des fiskalischen Krumbholzes seitens 
der Stadt im Gange, ohne daß sie in 
Folge der hohen Forderungen des Staates 
zum Abschluß gelangen konnten. Ganz 
unerwartet hat die Angelegenheit durch die 
Freigebigkeit der Salvaywerke eine Wen 
dung erfahren, die in der Bürgerschaft 
lebhafte Befriedigung hervorgerufen hat. 
Um sich für das bisher gezeigte Entgegen 
kommen dankbar zu beweisen und die Ein 
buße, die die Stadt durch Verlust des 
Annenwerders erfahren hat, einigermaßen 
auszugleichen, stellten die deutschen 
Salvaywerke der Stadt ohne jede 
Gegenleistung die erforderliche 
Summe von 11 6 668 Mark zur Ver 
fügung. Der Gemeinderath hat darauf 
den Ankauf einstimmig genehmigt. Die 
Einkünfte aus den erworbenen Forstlände 
reien sollen gesondert verwaltet und nur 
zur Verschönerung und Erhaltung des 
Krumbholzes und Keffelbusches und für 
weitere Grunderwerbungen verwandt werden. 
Aus dem Lüneburgischen, 26. Juli. 
Ueber einen Vatermord in Woltersdorf 
wird Folgendes geschrieben: Der als Fou- 
ragehändler in weiten Kreisen bekannte 
Anbauer Leip senr. zu Woltersdorf machte 
einem Sohne beim Roggenmähen Aus- 
!tellungen, worauf dieser seine Sense um 
drehte und buchstäblich den Körper seines 
Vaters durchschnitt. Der Tod trat als- 
bald ein. Leip jun., ein jähzorniger und 
dem -rrunke ergebener Mensch, ist dem Ge 
richtsgefängniß in Lüchow zugeführt wor 
den. — Auf dem Felde bei Neusuttorf 
waren am Montag mehrere Arbeiter mit 
Roggenmähen beschäftigt, als ein Gewitter 
kam. Die Männer traten bei den Pflügen 
zusammen, ein Blitzstrahl fuhr herab und 
warf sechs Männer nieder; davon wurden 
zwei sofort getödtet. 
Zwei mit einem Tau fest zusammenge 
bundenen Leichen, eine männliche und eine 
weibliche, wurden bei Neumühlen aus der 
Elbe gezogen. 
Brovirrzieües. 
Neustadt. Beim letzten Gewitter fuhr 
der Blitz in das Mühlengewese zu Benz 
und legte dasselbe in Asche. Auch im Gute 
Kletkamp schlug der Blitz ein und wurde 
hier das Viehhaus ein Raub der Flammen. 
Die Unvorsichtigkeit eines jungen Mannes, ! 
welcher am Sonntag-Abend in Pinneberg 
aus dem fahrenden Schnellzug sprang, hat ļ 
leider zu seinem Tode geführt. Wie die 
nähere Untersuchung des Vorfalles ergeben 
hat, ist er ein Sohn des Landmannes 
Kunstmann in Pinnebergerdorf. Er hatte 
eine Rückfahrtkarte Pinneberg-Altona und 
war am Abend in Altona in den nach 
Kiel gehenden Schnellzug irrthümlich ge 
stiegen. der zuerst in Elmshorn hält, 
worauf ihn der Schaffner, welcher wegen 
großen Andranges die Fahrkarten erst 
nach Abgang von Altona revidiren konnte, 
aufmerksam machte. Als der Zug Pinne 
berg in großer Geschwindigkeit durchfuhr, 
muß sich der junge Mann die Thür des 
Coupees geöffnet haben und beim Ab- 
springen gegen einen Weichenbock gestürzt 
sein. Die Mitreisenden, welche schliefen, 
haben nicht bemerkt, daß der Betreffende 
aus dem Coupee gesprungen ist, auch war 
die Thür beim Eintreffen in Elmshorn 
ordnungsmäßig zugeriegelt. 
In der am 25. Juli im „Bahnhofs- 
Hotel" in Neumünster stattgehabten 
Konferenz der Herren Bürgermeister 
der Städte und Flecken des frü 
heren Herzogthums Holstein führte den 
Borsitz der Herr Geh. Regierungsrath von 
Bischoffshausen aus Schleswig. Die Re- 
ferate und Korreferate betrafen sämmtlich 
das am 1. April 1895 in Kraft tretende 
neueKommunal-Abgaben-Gesetz vom 14. Juli 
1893, resp. die Einführung dieses Gesetzes. 
Die an die Referate sich anschließenden 
Debatten waren nur kurz. Von den ver 
schiedensten Seiten wurde namentlich für 
eine Biersteuer und eine Umsatzsteuer ge 
sprochen, jedoch wurden auch eine Fahrrad- 
'teuer, Klaviersteuer rc. in Vorschlag ge 
bracht. — selbstredend werden die zur 
Erhebung kommenden indirekten Steuern 
überall den örtlichen Verhältnissen angepaßt 
und haben die Vertreter der Städte bezw. 
Flecken an die Königliche Regierung Pläne 
über die gedachte Steuererhebung zur 
Kenntnißnahme und Genehmigung ein- 
zureichen. 
Vom Blitz erschlagen wurde am Montag 
Abend der Landmann Voß in Arpsdorf. 
Voß war mit einem Tagelöhner und einer 
Magd in der Wiese beim Heu-Einbringen 
beschäftigt, als das Gewitter hochkam und 
plötzlich ein Blitz herniederzuckte, der Voß 
voll traf und ihn auf der Stelle tödtete. 
Der Tagelöhner wurde von dem Blitzstrahl 
an einem Beine, die Magd an einem Arme 
gestreift; Beide erlitten geringe Ver 
brennungen, können aber die beschädigten 
Gliedmaßen unbehindert brauchen. Ein vor 
den dicht bei der Wiese haltenden Voß'schen 
Wagen gespannter Schimmel wurde ebenfalls 
vom Blitze gestreift und es wurden dem 
Thiere fast sämmtliche Haare versengt. 
Boß hatte sich erst am Sonntag verlobt. 
Das Landrathsaint des Landkreises Kiel 
wird, wie der „Holst. Cour." hört, nach 
dem erfol gten Rücktritt des Geh. Regierungs 
raths Frhrn. v. Heintze einem Neffen 
desselben, Regierungs-Assessor v. H e i n tz e, 
zunächst kommissarisch übertragen werden. 
Ein Hufner in Zarpen wurde in eine 
Geldstrafe von 500 Mk. genommen, weil 
er als Mitglied der Zarpener Genossen 
schaftsmeierei die eingelieferte Milch mit 
Wasser versetzt hatte.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.