Dreisilbiges Preis-Rätbsel.
Wenn Du Dir die erste Sylbe baust,
Sorg im Herzen für die andern beiden;
Mußt das Ganze Du im Ersten meiden,
Findest eine Kette Du von Leiden,
Von der beiden letzten Feind umbraust.
Wer zuerst unter Beifügung seiner AI>on»en,e»ke
guittung rbiges Räthsel löst, erdüir ei» tdreiuular
von Kürschner'« VrriFrit gratis. (Die Redaction.)
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KrfchecnL LägLich.
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-Sy 87ster Jahrgang.
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Wo. 297.
Mittwoch, öen 19. December
1894.
Morgen-Depeschen.
Karlsruhe, 19. Dez. Der „Bad.
obachter" erklärt die Meldung, daß
Centrum wegen der Umsturzvorlage
spalten sei, als unzutreffend. Die
treffende Berichtigung, welche, wie
heißt, von Herrn v. Buol-Barenberg
stammt, besagt, daß die Centrumsfraction
einhellig der Ansicht sei, die Borlage nicht
unbedingt ablehnen zu sollen, sondern eine
genauere Fassung und eine Ermäßigung
der Strafbestimmungen anzuregen.
Budapest, 19. Dez. Der „Magyar
Altan" werdet sich in heftigen Schmäh-
artikeln gegen die Dynastie und meint, die
nächste Bischofskonferenz werde die Frage
der Ausschließung des Königs Franz
Joseph aus dem Kirchengebiet infolge seiner
Sanktion der Kirchengesetze zu erwägen
geben.
Petersburg, 19. Dez. Durch kaiser
lichen Ukas sind sämmtliche Berwaltungs.
chefs Rußlands angewiesen worden, die
Versetzung von Beamten aus konfessionellen
oder nationalen Gründen künftighin zu
unterlassen.
London, 19. Dez. Meldungen aus
Peking schildern die dortige Lage als sehr
ernst. Trotz der Versicherung, welche die
chinesische Regierung über die Sicherheit
und den Schutz der ausländischen Gesandt
schäften gegeben hat, befürchtet man Excesse,
weshalb die Legationen entschlossen sind,
trotz des Protestes von Seiten Chinas zu
ihrem Schutze Matrosen von .Tientsin
kommen zu lassen.
Rom, 19. Der Die Abgeordneten der
oppositionellen Parteien begeben sich in
ihre Wahlkreise, wo sie die Bevölkerung
gegen die Regierung aufreizen wollen.
Crispi soll fest entschlossen sein, den Kampf
gegen die Opposition mit aller Energie
zu führen.
ließFMillionen halten an diesem Glauben
auch heute fest und wünschen, daß ihre
Kinder in dem alten bewährten Christus
glauben erzogen und belehrt werden. Da
heißt es doppelt, zur Weihnachtszeit die
Augen aufzumachen und einmal Umschau
zu halten, was eigentlich in unserer Jugend
literatur geboten wird. Heute bemerkt
man vielfach, daß statt der in guten Buch
Handlungen noch ausgestellten und von
diesen verkauften, theilweise vorzüglichen
Jugendschriften unter der Hand Bücher
vertrieben werden, die schon in ihrem oiel
fach knallroth aufgeputzten Gewände auf
den ersten Anblick als „Jugendschristen"
erscheinen, die als aufgestutzter literarischer
Schund den Zweck haben, den Kleinen
ganz andere Begriffe beizubringen, als
das was ihnen unter trefflichen Eltern
und anständigen Lehrern anerzogen wird.
Die hervorstechenden Merkmale, der
neuen Jugendschriften sind platteste, fadeste
Tendenzmache, trostlose, jämmerliche Geistes
öde, freche Verhöhnung des Hohen und
Heiligen, klägliche Stümperei und straf
bare Mißhandlung der deutschen Sprache.
Die alten, herrlichen, deutschen Märchen
oder auch die orientalischen sind hergenom-
men, verhunzt und tendenziös verballhorni-
sirt. Diese Verhunzung ist dann als eige-
nes Geisteserzeugniß auf den Markt ge-
bracht. Die bösen Riesen des alten Mär-
chens heißen jetzt Mammon und Moloch,
die Giftschlange ist die Arbeit; die hoff-
uungsrciche, blaue Blume verwandelt sich in
eine rothe Blume, der Bursche, der aus
zieht, das Glück zu suchen, ist ein vaga-
bondirender Gesell. Alle Märchen und
Fabeln, die sich irgendwie tendenziös zu-
richten lassen, werden dieser Mache unter-
worsen. Dazwischen finden sich hie und
da sogenannte Geschichten aus dem Leben,
h. Erzählungen, bei denen alle christlich
Itiitschk SfiliRiidilsliltMlK
fit lie äugen).
(Ein Mahnruf an Eltern und Lehrer.)
Für Millionen Deutscher ist das Weih-
nachtsfest noch heute das, was es vor Al-
ters gewesen ist, was ihren Vätern eine
hohe Freude war, was ihren Kindern eine
hohe Freude bleiben soll: die Erinnerungs-
an die Geburt des Erlösers der
Menschheit, in welchem Gott seinen ewigen
Rathschluß zu Fleisch und Blut werden
Denkenden Schurken und Schwächlinge (na
türlich auch Dummköpfe) sind, während
der Held der Erzählung, der davon nichts
wissen will und die „Ergebnisse neuester
Forschung" kennt, als ein Ausbund von
Edelmuth und Herzensgute sich zeigt.
Etwas Jämmerlicheres als die Jugend-
ged ich te, die sich in diesen Büchern finden,
haben wir noch nicht gelesen. Das spottet
jeder Beschreibung. Soll dieses Rade-
brechen, dieses dummdreiste Mißhandeln
unserer Muttersprache etwa „bildend"
Ivirken? Die armen Kleinen, an deren
Ohren solche Verse klingen, müssen alles
Sprach- und Schönheitsgefühl verlieren.
Als Merkwürdigkeit möge erwähnt werden,
daß einer dieser religionsfeindlichen Partei
jugenddichter den melodischen Namen Strze
lewicz sein eigen nennt. Herr Strzelewicz
ist am Ende in der deutschen Sprache ein
Neuling und dies billigt ihm mildernde
Umstände zu. Aber könnte denn diese
Kraft nicht anderweitig besser verwendet
werden, als gerade zum Jugenddichter?
Die christusfeindlichen Elemente rühmen
sich ja oft und gern ihrer besonderen
Bildung. Das müssen wir sagen: Ihre
Jugendschriften sind ein Hohn auf den
Begriff von Bildung. Es werden ja am
Ende viele elende Bücher geschrieben; den
Gipfel der Kläglichkeit zu erreichen, war
diesen „Jugendbildnern" vorbehalten.
Aber die Sache hat noch eine viel
ernstere Seite! Wie soll ein Kind sich
entwickeln, dem in seinen Bilderbüchern
erzählt wird, daß der Lehrer nur das
thue, wofür er bezahlt werde, und nur
das rede, was ihm geheißen sei, daß es
einen Gott (nach dem neuesten Stande der
Wissenschaft natürlich, was auch die Herr
lichen Theologen der Neuzeit bekräftigen)
durchaus nicht geben könne, daß überhaupt
Religion nicht satt mache, daß die Unzu-
friedenheit etwas Schönes und Edles sei?
Wie soll ein Kind, das durch solches Zeug
verdorben und verseucht ist, seinem Lehrer
entgegentreten? Wird nicht die ganze
Wirkung der Schulerziehung dadurch durch-
kreuzt und vernichtet? Muß das Kind
nicht den Lehrer für einen bezahlten,
elenden Lügner halten, wenn es nicht
so klug ist, ihm mehr zu glauben, als
dem Lügenbuche?
Ist es ein Wunder, wenn aus solcher
Saat der Lüge die erschreckende Frucht der
Zuchtlosigkeit emporwächst, der wir jetzt
auf Schritt und Tritt gerade bei den jun
gen Leuten begegnen?
Aber noch weiter! Vor uns liegt unter
Anderm ein Buch, „für die Kleinsten",
das die Aufschrift trägt: „Arm und Reich,
der Arbeit A B C." Das Buch erscheint
angeblich bereits in 2. Auflage. Haupt-
mitarbeiter ist wieder der genannte Strzele-
Witz. Auf dem Titelblatt ist ein dickes
Weib abgebildet, welches die „Wahrheit"
darstellen soll. Dieses Bild nun trägt die
Umschrift: „Lasset die (Kindlein zu
mir kommen!" Ob solcher schnöder
Mißbrauch der Hcilandsworte strafrichter-
lich faßbar ist, wissen wir nicht. Das
aber ist unser Empfinden: Wenn cs das.
nicht ist, dann muß er's werden. Das ist
eine Niederträchtigkeit, die sich kein noch
etwas denkender Mensch gefallen läßt.
Das christliche deutsche Volk
braucht sein ^Heiligstes nicht von
rohen Händen in den Koth ziehen
zu lassen. Ist das der Charakter der
vielgerühmten Freiheit und Gleichheit der
Zukunft, dann wollen wir tausendmal
lieber eine starke Faust, die diesem Unflath
ein Ende macht. Für solche „Freiheit"
danken wir!
^ Der Hauptzweck dieses Buches scheint
die Zerstörung des Märchens vom heiligen
Christ zu sein. In Versen und Er
zählungen wird den Kleinen vorgepauckt,
daß es keinen heiligen Christ gebe, ja daß
das Märchen, wie es auch die erleuchteten
Männer unseres Jahrhunderts schon lange
bewiesen, eine grobe Täuscherei sei. O,
die klugen Narren! Glücklich ist das
Kind, welches noch glauben kann! Was
sie deni Kinde in diesem lieblichen, sinnigen
Glauben nehmen, das wissen diese arm
seligen Kleingeister nicht. Frühkluge Kinder
werden frnhmüde Erwachsene. Wie sagte
doch derselbe Heiland, der die Kinder zu
sich kommen hieß, von denen, die einen
von diesen Kleinen ärgern? Einen
Mühlstein um den Hals! Es giebt
nichts Berdammenswertheres, als dem
Kinde die Kindheit zu rauben. Damit
nimmt man ihm einen Schatz, der anhalten
oll für's ganze Leben, auch noch an der
Schwelle des Todes! Und was giebt man
den Kleinen dafür? Oede Gemeinplätze,
grimmige Hassesworte, unverständliches
Phrasengeschwätz I Bummler, Diebe, Hehler
und Vagabunden, die paradieren in
dem ABC-Buch. Arbeit wird als etwas
Ueberflüssiges bezeichnet. Was soll z. B.
ein Kind von dem Verse zum C. denken?
Ein frommer Christ heißt jener Mann,
Der Wucher treibt und beten kann.
Nun ist es ja leider wahr, daß es
Scheinheilige und Augenverdreher auch in
der Welt giebt, die da mit einem Auge
in ihre Tasche schielen und mit dem andern
Auge in die Kirche. Ja, es ist leider
wahr, daß es selbst unter den berufenen
Dienern in allen Kirchengemeinschasten
Hallunken gegeben hat. Das sollte uns
zur Demüthigung führen. Aber ebenso
wahr ist es, daß leider in allen Ständen
und Schichten, in allen politischen Parteien
auch gleicherweise solche Subjekte gegeben
hat. Eine Specialität von Schurken ge-
ra de den christlich Denkenden zuzuschreiben
ist ein greulicher Pharisäismus.
Es ist kein sauberes Stück Arbeit, die
Beschäftigung mit dieser Art von Literatur.
Das Christenthum gegen diese Angriffe
zu vertheidigen ist an sich unnöthig; es
hat schon ganz andere Stürme überwun
den, als die geistesschwachen Maulhelden
und „kühnen Forscher" einer Tagcsweisheit,
die heute besteht und morgen wieder von
einer „neuesten Forschung" noch blitz
blanker als die vorherige, abgelöst wird.
Der im Himmel sitzt, lacht ihrer — aber
er läßt sich nicht spotten! Auch heute
nicht! Die Stunde wird noch manchem
von diesen Lästerern kommen, wo es ihm
in die Ohren gellt: Es giebt doch
einen Gott! Alle Verkehrtheiten in der
Welt, um deretwillen ihr das Dasein oder
die Gerechtigkeit eines Gottes leugnet,
waren Folgen eurer eigenen Schuld!
Und wenn die Lügenpropheten dieser Tage
schon längst im Grabe modern und bleichen,
an welches sie ja allein noch glauben, und
glauben müssen, wenn ihre fadenscheinige
Weisheit längst als erbärmliche Narrheit
sich erwiesen hat, dann werden die Christ
bäume noch zum Himmel empor flammen,
dann wird der „Traum" vom Christkinde
noch Tausende und aber Tausende beseligen,
dann werden Millionen Augen und Herzen
noch sehnend und suchend nach dem Sterne
von Bethlehem schauen. Und dann wird
wie einst, noch einmal der Ruf ertönen:
„Du hast gesiegt, Galiläer!
Außereuropäische Gebiete.
Shanghai, 18. Dec. Nur vier fremde:
Kriegsschiffe ankern vor Tschifu, nach all
gemeiner Anschauung eine ungenügende
Macht im Hinblick auf die zahlreichen, halb
aufrührerischen Soldaten in der Umgebung.
Die Ausländer befürchten jeden Augenblick
Aufstände, die ihr Leben gefährden müßten,
ehe noch eine ausreichende Streitmacht zu
ihrem Schutze landen könnte. — Ein junger
deutscher Offizier, wie man berichtet, der
Neffe des Majors von Hanneken, hat sich
von hier nach Tientsin begeben, um ein
wichtiges, militärisches Kommando in der
Vertheidigung der Hauptstadt zu über
nehmen. — Die Befestigung von Peking
chreitet unter energischen Anstrengungen
rüstig vorwärts; ein französischer Ingenieur
ist mit ver Errichtung zahlreicher Forts
beschäftigt. Die noch übrigen Fracht-
Der Detectiv.
Roman von I. F. Molloy und K. Dietrich.
Das war jedoch sicher, der Dieb des
Schmuckes mußte mit der Villa und de»
Haushaltungsgewohnheiten durchaus vertraut
gewesen sein. Der Dieb wußte, daß die
Brillanten an diesem besonderen Abend von
Frau von Foerster getragen wurden, und
wußte, wo das Schlafzimmer der Dame sich
befand. Den Gedanken, daß cs sich um
emm gewöhnlichen Einbruchsdiebstahl handeln
könnte, hatte Jlgncr längst als unwahrschein-
nch von sich gewiesen, besonders da sich keine
Apur eines gewaltsamen Eindringens in das
w“ u i, şiuden ließ. Jemand im Hause hatte
oie rvyat begangen, aber wer das war, blieb
noch zu entdecken.
Die Vernehmung der Haushälterin, der
Kammer,ungfer der Frau von Foerster, und
d°nn °"ch des Dieners ergab noch keinerlei
Resultate brs der Kommissar zu der Frage
an den Dimer kam: a
„Sie sind also ganz sicher, daß sich außer
den beiden Gästen und den Dienstboten
niemand im Hause befand?"
„Dessen bin ich ganz sicher, Herr Kom-
niissar."
„Wann verließ denn der General das
Haus?"
„Bald nach dem Souper, ich denke, noch
vor zehn Uhr."
„Und wann ging Herr von Markwald?"
„Das weiß ich nicht."
. »Was meinen Sie damit?" rief der Kom
missar.
»Ich ließ ihn nicht aus dem Hause."
Der Kommissar starrte den Diener in
fassungslosem Staunen an und rief dann
heftig:
„Bedenken Sie wohl, was Sie da sagen,
Mensch! Wer sonst ließ denn den Herrn aus
dem Hause?"
„Es war niemand sonst da, der es hätte
thun können, —- er muß das Haus ver
lassen haben, während ich eingeschlafen war.
„Während Sie eingeschlafen waren?"
. "2"' sch. wartete im Speisesaal, weil dort
ein Kaminfeuer brannte, und ich denke,
muß etwa elf Uhr gewesen sein, als ich da
einschlief, vich weiß, ich machte davon auf, als
ich es zwölf schlagen hörte, und da sprang ich
auf und ging nach der Halle hinaus."
„Nun?" fragte Jlgncr eifrig, als der Die
ner verstummte.
„Bald nachdem hörte ich, daß die gnädige
Frau und Ihr Fräulein Nichte den Salon
verließen, und als ich dann nach oben ging,
um die Lampen und Lichter auszulöschen,
fand ich niemand mehr im Salon. Dann
ging ich nach der Halle zurück und sah, daß
Rock und Hut fort waren, daß also Herr
von Markwald, während ich schlief, das Hans
verlassen haben mußte."
Der Kommissar schwieg einige Minuten
nachdenklich. Diese Mittheilung überraschte
und erfreute ihn nicht wenig, weil sie nach
derselben Richtung hindeutete, die sein eigener
Argwohn bereits genommen hatte. „Glauben
Sie vielleicht davon aufgewacht zu sein, daß
Herr von Markwald die Hausthür laut hinter
sich zuschlug?" ftagte er endlich.
„Nein, ich bin sicher, daß ich ein Zu-
schagcn der Hausthür nicht hörte, ganz sicher."
„Würden Sie es gehört haben, während
Sic im Spcisesaal schliefen, falls die Haus
thür laut zugemacht worden wäre?"
„Das kann ich nicht sagen."
„Sie schlafen wohl sehr fest?"
„Ja, das thue ich."
„Als Sie aus dem Salon zurückkamen
und sahen, daß Rock und Hut fort waren,
was thaten Sie da?"
„Ich verschloß die Hausthür, legte die
Riegel und die Kette vor, löschte die Lampe
ans und ging dann zu Bett."
„Hörten Sie denn gar kein Geräusch oder
keine Unruhe während der Nacht im Hause?"
„Nein, ich hörte nichts."
Nachdem der Kommissar dann den Diener
entlassen, fragte er noch die Haushälterin,
ob sie irgend etwas während der Nacht gehört,
und nachdem sie hierauf mit Nein geantwortet,'
ersuchte er sie, ihn nach dem Stockwerk zu
führen, wo sich das Schlafzimmer der Frau
von Foerster befand.
Oben angelangt, zeigte Frau Müller die
Thür des Schlafzimmers und führte ihn dann
den Korridor entlang bis nach der letzten
Thür: „Das hier ist die Thür zum Schlaf
zimmer des gnädigen Fräuleins."
Jlgner warf nur einen Blick darauf und
ragte dann: „Wohin führen denn alle diese
anderen Thüren?"
„Leere Schlafzimmer für Logiergäste," ant
wortete die Haushälterin, schloß die eine
Thür auf und ließ ihn hineinblicken. Dann
kamen sic zur nächsten Thür und der Kommissar
bemerkte, daß die Haushälterin, als sic
mechanisch ihre Hand nach dem Schlüssel
ausstreckte, denselben nicht fand, und als sic
hastig ihre Hand auf die Klinke legte, die
Thür ohne weiteres öffnen konnte. Dieselbe
war also nicht wie die anderen von außen
verschlossen gewesen. Als er in das Zimmer
blickte, sah er genau dieselbe Einrichtung wie
im ersten. Darauf kamen sic nach dem
dritten und vierten Zimmer, welche wieder
von außen fest verschlossen waren, und dann
fragte die Haushälterin: „Jetzt möchten Sie
wohl noch das Schlafzimmer der gnädigen
Frau sehen?"
„Nein," antwortete der Kommissar und
ging nach dem Zimmer zurück, dessen Thür
nicht verschlossen gewesen war, und überzeugte
sich, daß der Schlüssel von innen in der
Thür steckte, nicht von außen, wie bei den
anderen Zimmern.
Dann trat er ein und sah sich sorgfältig
rings um in der Erwartung und Ueber
zeugung, daß er hier voraussichtlich irgend
welcher Spur finden würde.
In der Bettstelle befanden sich Matratze,
Keilkissen und Fiißrolle. An der gegenüber
liegenden Wand stand ein großer Schlafdivan,
der augenscheinlich so eingerichtet war, daß
die obere Halste sich umklappen ließ, während
die innncre als Kasten für Decken und Betten
diente. Die Matratze des Bettes war in
vollkommener Ordnung und zeigte auch nicht
die Spur eines Eindruckes, als ob Jeniand
darauf geruht hätte. Auch auf dem Teppich
der Zimmers, dem Tisch und Waschtisch ließ
sich keine Spur finden, welche auf Benutzung
des Zimnicrs hindeutete. Dann kniete der
Kommissar vor den Schlafsopha nieder, unter-
uchtc sorgfältig den Fußboden unmittelbar
vor demselben, kehrte einige gelbliche Fasern
in seine eine Hand, trat damit ans Fenster
und lächelte befriedigt, als er sah, daß cs
ein kleiner Rest türkischen Tabacks war. Er
altete denselben sorgfältig in ein Stück Papier,
verwahrte dasselbe in seinem Portefeuille und
ging dann nach dem Schlafsopha zurück, dessen
obere Hälfte hoch hebend und mit dem Stcll-
holz in dieser Lage befestigend, Dabei hatte
er das Sopha erst etwas von der Wand
abrücken müssen und hinter demselben ein
Blättchen Zigarettenpapicr erblickt, welches
er eifrig aufnahm und gleichfalls verwahrte.
Dann blickte er in den Sophakastm und sah,
daß derselbe mehrere hastig zusamniengerolltc
und unordentlich hineingeworfene Decken
enthielt.
Bitte, Frau Möller, wollen Sic einmal
herkommen und mir sagen, ob Sie Ihre
wollenen Decken von den Dienstmädchen ge
wöhnlich so verwahren lassen?"
„Nein, Herr Kommissar! Ich selber habe
sie noch vor einer Woche gefaltet und 'ganz
ordentlich und glatt hier hineingelegt."
Der Kommissar nickte befriedigt und
schüttelte dann die Decken aus in der Hoff
nung, noch etwas mehr zu finden, ohne jedoch
seine Erwartung erfüllt zu sehen.
„Wann ist das Zimmer zum letztenmal
benutzt worden?" fragte er dann.
„Das ist über dreiviertel Jahr her, als
ein Universitätsfreund des ermordeten jungen
Herrn zu Besuch hier war."
„Wirklich?" meinte der Kommissar lächelnd.
„Nun, dann kann ich Ihnen sagen, Frau
Müller, daß außerdenr auch noch jemand
anders dies Zimmer benutzt hat und zwar
in der letzten Nacht."
(Fortsetzung folgt.)