Geschäftsordnung des Reichstages, und weil sie
vorhanden, müsse das Strafrecht angerufen werden
Die ganze Debatte hätte man sich' sparen können
wenn man den Thatbestand nüchtern betrachtet,
da müsse man anerkennen, daß es sich um eine
Willensäußerung in Ausübung des M ndats
gehandelt habe; das schließe die Strafverfolgung
ans. Er selbst sei auch in den siebziger Jahren
mindestens ein halbes Dutzend Mal bei einem
Loch sitzen geblieben, und es sei doch keinem
Staatsanwalt eingefallen, ihn wegen Majestäts
beleidigung zu belangen. Die Würde des Reichs
tags sei mehr verletzt worden durch die Herren
aui der Rechten, die am 6. Dezbr. nach jenem
Vorfall „Pfui!" und „Hinaus!" gerufen hätten
Nirgends sei es Sitte, Jemand zu einer Loyalitäts-
Bezeugung zu zwingen; wer sich dazu zwingen
lasse, sei verächtlich in seinen Augen und ver
diene nicht den Namen Mann. Aus der Rechten
säßen allerdings Manche, die in den letzten
Jahren das Hoch auf den Kaiser nicht mit der
Begeisterung wie sonst ausgenommen hätten
(Rute links: Sehr richtig! rechts: Zur Ordnung!)
Präs, von Levetzow erklärt es nicht für zulässig,
Vorwürfe zu machen, die Redner nicht beweisen
und vertreten könne.
Er wisse nicht, durch welche Bestimmung der
Geschäftsordnung man seine Genossen zu zwingen
gedenke. Den^ Ausschuß aus dem Hause strebe
man an, das sei der ganze Zweck des Vorgehens
Das zeige die Rede des Herrn von Bennigsen.
Dieser habe auf ven Treueid seiner Genossen in
den Landtagen hingewiesen. Gewiß hätten sie
den geschworen, und würde er hier eingeführt,
so würden sie ihn auch schwören. (Bewegung
rmd Heiterkeit.)
Herrn von Bennigsen stehe der Vorwurf per
sönlich schlecht an, nachdem er einmal dem
Könige von Hannover, dann dem König von
Preußen Treue geschworen. (Große Unruhe.
Zustimmung links.) Die nationalliberale Kölnische
Zeitung habe außerdem einmal gesagt, Fürst
Bisniarck habe den großen Verdienst, uns Deutsche
zu Vernunftmonarchisten gemacht zu haben. (Sehr
gut! links). Und was war Miguel? Seinerzeit
der größte Kommunist, Atheist und Organisator
vo:i Bauernaufständen. (Lebhafte Zustimmung.)
Man werfe seiner Partei vor, sie wolle Alles
untergraben. Das sage man, während doch seit
Jahren in unserem Staat nichts Festes mehr be
stehe. Alles wackele und Keiner wisse, ob das,
was man heute sehe, morgen noch bestehe. (Sehr
gut! links.) Daß in anderen Ländern schärfere
Disziplinarmittel bestehen, sei richtig, sie kämen
aber außerordentlich feiten zur Anwendung, weil
diese Länder aus einem höheren Niveau ständen.
In Frankreich finde man zum Beispiel garnichts
darin, daß die Monarchisten bei einem Hoch
aus die Republik sitzen blieben. Aber wir
,n Deutschland seien zu den Zeiten des
Tiberius gekommen. Ein Antrag, wie er das
Haus heute beschäftige, würde in anderen Ländern
derart abgewiesen, daß die Minister binnen drei
Stunden ihren Platz verlassen müßten. Aber die
deutsche Bedientennatur lasse sich das gefallen.
(Präsident v. Levetzow rust den Redner wegea
dieser Beleidigung der deutschen Nation zur
Ordnung.) Gegen die Sozialdemokratie rufe
man beständig zur Einigkeit auf, das werde
aber nicht gelingen, denn die Parteien sorgten
schon dafür, daß jede etwas Anderes erstrebe.
Damit schließt die Diskusion.
Aba. v. Bennigsen (persönlich) erklärt, er
habe seinen Treueid dem König von Hannover
bis zum letzten Moment des Bestandes des
hannoverschen Staates gehalten.
, Die Abstimmung über den Kommissionsantrag
ist aus Antrag des Abg. Frhrn. von Manteuffel
eine namentliche.
Der Antrag der Kommision wird mit 168
Kegen 58 Stimmen angenommen. Dagegen
stimmen die Konservativen, die Reichspartei und
Abgeordneter Liebermann von Sonnenberg.
Die Resolution Adt wird gegen die Stimmen
Der Sozialdemokraten und Freisinnigen ebenfalls
angenommen.
Der Krach in Rom.
Rom, 15. Dec. Angesichts der heute
erfolgten Veröffentlichung der Giolittischen
Geheimdokumente über den Banco Romana-
Skandal und die dadurch auf das Aeußerste
gesteigerte Spannung der politischen Situa-
tion hat Ministerpräsident Crispi in der
heutigen Sitzung der italienischen Deputir-
tenkammer nach Voraufgang beispiellos tu-
multuarischer Szenen die Session soeben
geschlossen. So lautet die neueste sen
sationelle Kunde, welche das „Berl. Tgbl."
aus Rom übermittelt. Die an verblüffen
den Enthüllungen so reiche Banca Romana
Affaire ist damit in ihr neuestes Stadium
eingetreten.
Das Fascikel seiner Geheimdokumente,
das der ehemalige Ministerpräsident Gio
litti auf den Tisch des Hauses der ita
licnischen Deputirtenkammer in der offen
kundigen Absicht niedergelegt hat, den
Sturz seines Amtsnachfolgers Crispi her
bciznşûhren, ist der Funke gewesen, der das
Pulverfaß in die Luft gesprengt hat.
In den Documenten Giolitti's hat sich
ein angeblicher Kassenausweis der Banca
Romana über hundertfünftausend
Franken, die Crispi, und über hun
der, vierzigtausend Franken, die
A d r i a n o L e m m i, der Großmeister der
Freiinaurerei, erhalten, und wovon Letzterer
zwanzigtausend Lire an eine gewisse
hochgestellte Dame (die Gemahlin
Ciiepls?) weitergegeben habe.
Hinauf kommen Auszüge aus dem
Kassenbuche des Ger.eralkaffiers der Banca
Roinai a, Lazzaroni. Darin figuriren un-
ter Anderen der frühere Schatzminister
Grimaldi (anläßlich der Diskussion des
Banlgesetzes) mit zwanzigtausend Franken,
der Generaldirektor im Handelsministerium
Monzilli mit siebenundvierzigtausend, der
Bankkommissar Z a m m a r a n o mit fünf-
zehntausend, der Abgeordnete Herzog von
San Donato mit einem verfallenen
Wechsel von zwölftausend Lire, ferner un
genannte Personen (Abgeordnete?) mit fo
lossalen ©ummen, dann eine Anzahl
Abgeordneter und früherer Minister, die
unter verschiedenen Vorwänden Geld
fordern.
Unter den Papieren befindet sich auch
ein Brief von Frau Crispi folgenden In-
alts: „ Seit mein Mann am Staatsruder
h
ist, sind wir finanziell ruinirt, ich bete zur
Madonna, daß sie ihn seiner Familie zu
rückgebe".
Es folgt dann eine Liste von fünfzig
bis sechzig der von der Banca Romana
suboentionirten Zeitungen und Zeit
schriften, darunter der inzwischen einge
gangene „Fracassa", der einmal dreißig
tausend, ein anderes Mal hundert
fünfzig tausend Franken erhielt. Sub
ventionirt wurde auch eine gewisse hochan
gesehene wissenschaftliche RevueRoms.
Zuletzt werden die nothleidenden Wechsel
mehrerer Persönlichkeiten von dem Jahre
1889 an aufgezählt, worunter der später-
hin wegen Betrug ins Zuchthaus geschickte
Abgeordnete Fürst Chiara mit neun
hundertfünfzigtausend Lire figurirt.
In dem letzten Theile der Broschüre
wird der Name der Anfangs erwähnten
Dame (Frau Crispi) wieder mehrfach citirt
und gewisse unbezahlte Wechselschulden von
ihr für Toilette und Badereisen
registrirt.
Unter diesen Umständen kann es nicht
überraschen, daß sich in der gestrigen
Sitzung der italienischen Deputirtenkammer
die Elektrizität, mit der die Atmosphäre in
Rom seit geraumer Zeit geladen war, in
einem furchtbaren Donnerschlage entlud
Schon ehe die Diskussion begann, wir
das Haus mit Deputirten überfüllt, die
erregte Gruppen bildeten. Nach der Er
öffnung der Sitzung verlangten Jmbriani,
Cavallotti, Rudini die sofortige Dis
kussion der Dokumente, worauf Crispi
in größter Erregung in die Worte aus-
brach: „Die heute ausgegebene Druckschrift
ist nichts Anderes als ein Haufen
von Gemeinheit und Lüge". Furcht-
barer Lärm übertönte die Worte des Mi-
nisterpräsidenten, der mit fester Stimme
wiederholte: „Ja, ein Haufen elender
Lügen!!" Während ein neues Getöse
losbricht, ruft der Kammerpräsident
den Ministerpräsidenten Crispi zur Ord
nung. Die Kammer beschließt sodann,
die Diskussion der Dokumente morgen
wieder aufzunehmen, was nun, nachdem
Crispi die Session geschlossen hat, nicht
mehr gut möglich erscheint.
Die Stimmung in Rom ist tieferregt.
Ueberall auf dem Korso bilden sich
Gruppen, welche die in den Blättern ab-
gedruckten Dokumente verschlingen.
Crispi und Rudini, welch Letzterer gleich
falls in den Dokumenten als Stipendiat
Tanlongos aufgeführt worden ist, haben
gegen Giolitti Klage angestrengt.
Giolitti hat also vorläufig gesiegt. Er
hat seinem Gegner Crispi die Durchführung
seiner großen finanziellen und politischen
Reformen auf parlamentarischem Wege un-
möglich gemacht. Er hat ihn zum Bruch
in der Deputirtenkammer getrieben, noch
bevor die parlamentarischen Verhandlungen
eigentlich begonnen hatten und das Budget
unter Dach und Fach gebracht ist. Daß
ein solcher Zustand auch nur für eine
kurze Dauer völlig unhaltbar ist, leuchtet
ein. Was soll aber dann werden? Wird
Crispi im Amte bleiben, oder weichen?
Und, wenn er fällt, wer wird nach ihm
kommen? Man sieht, die nächste Zukunft
Italiens birgt schwierige Räthsel, die der
Lösung harren. — Einzelne Blätter suchen
natürlich alles, alles zu beschönigen.
Aus Rom melden die Morgenblätter:
Giolitti legte gestern seine Ehrenämter als
Verwalter des Mauritius- und Lazarus-
Ordens nieder. Die von Giolitti der
Kammer vorgelegten Documente betr. Frau
Crispi sind von ihm dem entlassenen Haus
meister Crisspi's abgekauft worden.
Mustand.
Außereuropäische Gebiete.
Chicago, 15. Dec. Der Bundesrichker
verurtheilte Debbs, sowie drei andere
Führer des Eisenbahnstrikes vom Juli d.
I. wegen Nichtachtung des gerichtlichen
Befehls, den Zugverkehr nicht zu behindern,
zu 3 Monaten Gefängniß.
England.
In der Glasgowcr Gasanstalt ereignete
sich am Donnerstag eine Explosion, welche
sieben Arbeiter schwer verwundete. Es
heißt, daß ein Arbeiter in der Reinigungs
kammer zufällig mit seiner Schaufel einen
Kiesel traf. Es entstand ein Funke, der
das ausströmende Gas in Flammen setzte.
Ob die Erklärung richtig ist, steht dahin.
Inland.
Am Hoftheater in Hannover wurde
während der Tage der Anwesenheit des Kaisers
Verdi's „LaTraviata" mitSignora Prevosti
n der Titelrolle aufgeführt. Nach been
deter Vorstellung wurde die Künstlerin in
die Hofloge befohlen, wo sie der Kaiser
mit freundlichem Händedruck begrüßte und
chr dankte „für den hohen Genuß", den
ie ihm bereitet habe. Im weiteren, fran-
zösch geführten Gespräch erkundigte sich
der Monarch darnach, wie es Signorina
Prevosti in Deutschland gefalle, worauf
ie nur entgegnen konnte, daß sie entzückt
ei jvon der liebenswürdigen und en
thusiastischen Aufnahme, die sie überall ge
linden, daß aber der gestrige Abend, der
ihr die Ehre gebracht, vor Sr. Majestät
aufzutreten, sie in höchstem Maße beglücke.
Der Kaiser berührte in der Unterhaltung
auch die neueren italienischen Componisten
und gab bei Verabschiedung von Signora
Prevosti der Hoffnung Ausdruck, ihr bal-
digst im Opernhause in Berlin wieder zu
begegnen. — Am folgenden Tage wurde
der Künstlerin durch den Intendanten der
Königlichen Schauspiele im Austrag des
Monarchen eine werthvolle Broche zuge
stellt, die den Namenszug des hohen
Gebers in Brillanten, Rubinen und
Smaragden zeigt und von der Kaiserkrone
überragt wird.
Berlin, 14. Dec. Die Kriminalpolizei
glaubt in dem 14jährigen Lehrling Wolfs
heim den Brandstifter ermittelt zu haben,
der die mehrfachen nicht unbedeutenden
Brände in dem Hause Friedrichstraße 204
verursacht hat.
- Zu einer turbulenten Scene gab
heute an der Börse ein im gestrigen
Abendblatt des „Börs.-Couriers" ver-
öffentlichter Artikel des vereidigten Mak
lers Oscar Meyer Anlaß. Der Verfasser
mußte, um lebensgefährlichen Ueberfällen
aus dem Wege zu gehen, in das Jour-
nalisterzimmer flüchten, wo 2 Diener zu
seinem Schutze postirt wurden. Der
Vorstand des Vereins Vereidigter Makler
der Berliner Fondsbörse erläßt heute
folgende Bekanntmachung: „Der in der
Abend-Ausgabe des „Berl. Börs.-Cour."
wiedergegebene Aufsatz des vereidigten
Maklers Oskar Meyer zur Börsenreform
gibt nur die persönlichen Ansichten des
Verfassers wieder, ohne daß die Vereint-
gung der vereidigten Makler bisher Ge-
legenheit hatte, zu den betreffenden Vor
schlägen Stellung zu nehmen.
D Aachen, 14. Dez. Der des Mordes
an der unverehelichten Maria Schiffers aus
Tietz bei Jülich angeklagte p. Küppers
wurde heute, nach viertägiger Verhandlung,
vom hiesigen Schwurgerichte zum Tode
verurtheilt.
In F r e i b e r g i. S. hat eine Massen
vergiftung durch Frühstücksbrödchen statt-
gefunden. Gegen 150 Personen sind
erkrankt, zum Theil schwer; ein Kind ist
angeblich schon gestorben, der Bäcker und
seine Familie selbst sind erkrankt. Durch
eine chemische Privatuntersuchung soll in
den Backwaaren Arsenik nachgewiesen sein.
Ob Fahrlässigkeit oder ein Verbrechen vor
liegt, ist noch nicht bekannt.
Dresden, 13. Dec. Das Urtheil des
Schöffengerichts gegen den socialistischen
Redacteur Gradnauer wurde durch die
Strafkammer von 10 auf 5 Monate herab
gesetzt. Gradnauer ist auf freien Fuß gestellt.
Jena, 15. Ddz. Der Rechtsanwalt
Zeise ist unter Verdacht der Untreue
verhaftet.
Ein Akt furchtbarer Rohheit wurde
auf der Eiscnbahnfahrt von Kaiserswaldau
bis Liegnitz von zwei russisch-polnischen
Arbeitern verübt. Dieselben gerieten im
Waggon 4. Klasse mit einem deutschen Ar
beiter aus Neustadt, O.-Schl., in Streit.
Im Verlaufe der Auseinandersetzungen erfaßten
Beide ihren Gegner und warfen ihn, während
ein Dritter inzwischen die Thür geöffnet hatte,
aus dem in voller Fahrt befindlichen Zuge.
Der Arbeiter wurde schwer verletzt aufgefunden.
Auf telegraphische Anfrage faßte man die
beiden Unholde, Namens Czarninka und
Rochus Bochun, und behält sie, da sie als
Ausländer fluchtvcrdächtig sind, in Haft.
Der gemißhandelte Arbeiter heißt Franz
Rex, befindet sich in einem beinahe hoffnungs
losen Zustande im Krankenhause zu Bunzlau
und ist nicht venehmungsfähig.
Karlsruhe, 15. Dec. Der Großher
zog ist von einem Unwohlsein ergriffen,
das eine gastrische Grundlage hat. Zwar
ist sein Befinden, wie die „Karlsr. Ztg."
schreibt, in fortschreitender Besserung be
griffen, der Fürst bedarf indessen noch be
sonderet Schonung und Ruhe und muß
sich für einige Zeit einer von ärztlicher
Seite geregelten Lebensweise unterziehen.
Der Großherzog wird deshalb vorerst die
üblichen Audienztage nicht abhalten können
und es sich versagen müssen, den mehr
fachen Einladungen verschiedenster Art zu
folgen.
Brovivzietles.
Kiel, 13. Dez. In der vergangenen
Woche ist eine wesentliche Veränderung
im Getreidehandel nicht eingetreten und
sind daher Preise unverändert zu notiren
Weizen nach Qual, von 105—125 Jl,
Roggen nach Qual, von JL 110—120,
Gerste nach Qual. Jt 95—100, Hafer
nach Qual, von Jt 95—115.
Der Bezirksausschuß hat bereits die
Anleihe in Höhe von 100 000 Mk. für
den Bahnbau Elmshorn-Barmstedt Ende
October genehmigt. Nach einer Notiz der
in Kiel erscheinenden „Volkszeitung" wird
diese Angelegenheit dahin verdreht, daß
mau überhaupt nicht geneigt sei, höheren
Orts dies zu genehmigen. Wir erfahren
von maßgebender Seite über das Unter
nehmen, daß mit dem Ausbau im Früh-
jähr begonnen wird.
Kreis Rendsburg, 14. Dec. Die in
diesen Tagen in Hohenwestedt unter dem
Vorsitz des Direkors Conradi abgehaltene
Delegirte nversammlung desRends-
burger landwirthschaftlichenKreis-
Vereins beschloß, für die Wiederwahl
des Herrn Hölck als Direktionsmitglied
des landwirthschaftlichen Generalvereins
und für Erweiterung der Maschinenhalle
einzutreten, ferner daß von der Bildung
einer Sektion für Rindvieh mit Rüsicht
auf die bevorstehende Einrichtung der
landwirthschaftskammer vorläufig abzusehen,
daß die Betheiligung der landwirthschaft
lichen Vereine an der geplanten Schles-
wig.Holsteinischen Landes-Ausstellung in
Kiel 1896 nicht, wohl dagegen an der
1897 in Hamburg stattfindenden Aus,
stellung der Deutschen Landwirthschaft an
zustreben, daß der Antrag der Direktion
des General-Vereins auf Veranstaltung
einer Schweine-Ausstellung 1895, sowie
aus Förderung der Zucht von Ziegen und
Milchschafen zu unterstützen sei. Ferner
beschloß man, dem Antrag des Apenrader
landwirthschaftlichen Vereins, aufregierungs
seitige Bekämpfung der Tuberkulose zuzu
stimmen und endlich dahin zu wirken daß
bei Errichtung der Landwirthschaftskammern
die Zahl der Vertreter in den einzelnen
Kreisen von drei auf vier und diejenige
der Vorstandsmitglieder von 4 auf 6 er
höht werde.
□ Rendsburg, 17. Dec. Zu der Wahl
eines Archidiakonus, welche gestern in der
Altstädter St. Marienkirche abgehalten
wurde, waren nur die Herren Pastor
Liefland-Brügge und Pastor Jacobj-Halle a
d. S. erschienen. Der mit präsentirte
Herr P. Sieveking-Schleswig hatte in letzter
Stunde seine Bewerbung zurückgezogen,
da er in Schleswig bleibt. Die Betheili
gung an der Wahl war eine recht schwache.
Bon ca. 700 Wählern gaben nur 131
ihre Stimme ab. Es erhielt Herr Pastor
Liefland 88, Herr Jacobj 43 Stimmen.
Herr Pastor Liefland ist also gewählt.
— Es fiel allgemein auf, daß es, wie
diesmal geschehen, Bewerbern gesetzlich ge
taktet sei, noch binnen kaum 24 Stunden
vor der Wahl zurückzutreten. Wäre vor
her seitens eines oder mehrerer Gemeinde-
mitglieder Einspruch gegen die Vornahme
der Wahl geschehen, so hätte dieselbe nicht
tatlfinden können, vielmehr wäre sie einem
päteren neuen Termin dann vorbehalten
geblieben. Ferner fiel es auf, daß die
Wähler bei der Wahlhandlung nach dem
Register einzeln aufgerufen werden und
nicht, wie bei den Stadtverordnetenwahlen,
zum Wahltisch treten und so ihre Stimmen
abgeben können. Das letztere Verfahren
würde die Wahlhandlung verkürzen.
iff Rendsburg, 18. Dec. Das Weih
nachtsgeschäft läßt sich in Folge des
schlechten Geschäftsganges in fast allen
Industriezweigen in diesem Jahre recht
lau an; fast sämmtliche Geschäftsleute
klagen, und nur vereinzelt hört man hier
und da den Ausdruck der Zufriedenheit
über das Weihnachtsgeschäft. Leider kommt
für unsere Stadt noch hinzu, daß trotz der
in jeder Beziehung mit großstädtischen
Läden konkurrirenden hiesigen Geschäfte es
immer noch eine Anzahl Einwohner gibt,
die ihren Bedarf an Weihnachtssachen
nicht hier am Ort decken, sondern Aus
wärts. Die Mahnung an das kaufende
Publikum kann deshalb nicht oft genug
wiederholt werden: „Kauft hier am Ort,
unsere Geschäftsleute bieten Euch in Aus
wähl und Qualität dasselbe, wie die Groß
städter, und nur ein unberechtigtes Vorur
theil ist es, zu glauben, daß man in der
Großstadt billiger und besser bedient wird,
als hier!" Warum denn in die Ferne
schweifen, wenn das Gute nahe liegt. Es
geben sich doch auch hier viele Geschäfts
leute die erdenklichste Mühe vorwärts zu
kommen.
A Rendsburg, 17. Dec. Das Königl.
Seeamt in Tönning verhandelte in seiner
letzten Sitzung über den im Hafen von
Wyk erfolgten Seeunfall, betreffend den
Tod des Schiffszimmermanns S. Sörnsen
aus Wyk. Der Spruch des Seeamts lau
tete: Der Schiffer Simon Sörnsen aus
Wyk ist am 19. Oktober 1894 im Hafen
von Wyk todt aufgefunden. Soweit er
mittelt, ist derselbe beim Anlandgehen von
seinem hinter dem Leichter „Heinrich Wil
helm" und dem Ewer „Therese" liegenden
Fahrzeuge „Die Welle" ins Wasser ge-
fallen und ertrunken. Das Seeamt hat
Veranlassung genommen, auszusprechen,
daß es zehr wünschenswerth ist, daß die
Hafenpolizeibeamten berechtigt und ver-
pflichtet werden, darauf zu halten, daß die
am Bollwerk liegenden Seefahrzeuge einen
ordnungsmäßigen Landgang haben.
Was wunzchk sich meine Frau zu Weih
nachten 7 - Eine Nähmaschine. — Bei der
Wahl der zum bevorstehenden Weihnachtsseste
für Frau und Kinder zu kaufenden Geschenke heißt
es für die Mehrzahl aller Familien wieder „das
Nützliche mit dem Angenehmen verbinden" unv fie
so einzurichten, daß sie nicht nur Freude bereiten,
sondern auch für den Beschenkten selbst oder den
allgemeinen Gebrauch im Hause nützlich und
praktisch stud. Ein Geschenk nun, das wie kein
anderes stets die ganz besondere Freude aller
weiblichen Familienmitglieder hervorrufen wird,
ist — die Nähmaschine, dieses heutzutage fü-
jeden Hausstand, groß wie klein, schon geradezu
unentbehrlich gewordene Hausgerüth. Wie viel
Geld erspart die sorgsame 'Hausfrau nicht, indem
sie mit Hülfe der Nähmaschine so vieles für ihre
Lieben und den Hausstand Nöthiges im Lause
selbst anfertigt, anstatt eZ im Laden zu kaufen. 'Bon
den Hemdchen für Baby, von der Wäsche für
Küche und Kammer bis zu der — ach so oft —
des Ausbefferns bedürftigen Kleidung der heran
wachsenden Kinder und ivohl auch noch das eine
oder andere Stück für den Gatten selbst wird
Alles von der emsigen Hausfrau am haltbarsten
und billigsten mit der Nähmaschine im Hause
selbst gemacht. Das für die Nähmaschine'ver
ausgabte Geld trägt goldene Zinsen und in
einem Jahre mag wohl im Hauswesen erspart
werden, was die ganze Maschine kostet.
Ln Vielseitigkeit der Leistungen, Einfachheit
und Dauer der Construktion und Eleganz des
Aeußeren stehen die Original-Singer-Näh-
maschinen des Herrn G Neidlinger, Schleif
mühlenstraße 16/17, von allen unerreicht da. Sie
find in jeder Hinsicht das Best, was auf dem
Gebiete der Nähmaschinenindustrie bisher erzeugt
worden ist, sie sind über den ganzen Erdball
verbreitet, in allen Ländern bekannt, auf allen
Ausstellungen prämiirt. Aus der Ausstellung in
Chicago, wo die Singer Co. 194 ihrer Näh
maschinen für alle erdenklichen Zwecke ausgestellt
hatte, von denen auch nicht zwei einander gleich
waren, sind ihr wieder 54 erste Preise zuerkannt
worden, die höchste Auszeichnung die verliehen
wurde Die Original Singer Nähmaschinen
wurden hierdurch von Neuem als die Beste» der
Welt anerkannt und — das Beste ist immer auch
das Billigste.
Es sei noch darauf hingewiesen, daß die
wöchentlichen und monatlichen Zahlungsraten der
Firma G. Neidlinger neuerdings wesentlich er
mäßigt worden sind. Die Bedingungen sind jetzt so
günstig, daß jeder Familie der Erwerb einer
wiginal Singer Nähmaschine ermöglicht ist.
^ Briefkasten der Redaktion.
»Zur Felsenburg." Er wird gleich hingerichtet.
Die Zusatzstrafe ist nur formell
Berlin, 17. Dezbr. Vor auffallend
chtvach besuchtem Hause (die Abge
ordneten schienen gegen die ausge-
zwungene vorweihnachtliche Bera
thung zu demonstriren) begründete
dee Staatssekretär Nieberding ein-
gehend die Umsturzvorlage, welche nur
den Auswüchsen und Ausschreitungen
entgegentreten, jedoch kein verkapptes
Sozialistengesetz sein soll. Ohne eine
solche Aenderung des gemeinen Rechts
glaubt der Reichskanzler die Berant-
Wörtlichkeit für die Aufrechterhaltung
der Ordnung und Sitte nicht tragen
zu können. Singer zweifelte an der Be-
'chlustfähigteitdes Hauses, dienament-
siche Abstimmung ergab 180 Anwe-
ende. Das Haus ist bis zum 8. Jan
vertagt.
Todesanzeige.
(Statt jeder besonderen Meldung )
Heute Nachmittag 3 Uhr entschlief saust
und ruhig unsere vielgeliebte Mutter,
Schwiegermutter u. Großmutter, die Wittwe
Frau Margaret,« Zeidler,
geb. .4.1iren(l»,
im 85. Lebensjahre. Tief betrauert von
den Ihrigen.
Rendsburg, den 16. Dezember 1894.
Im Namen der Familie:
Paul Todten.
Die Beerdigung findet Mittwoch-Nachm.
2 Uhr, vom Sterbehnuse, vorm Neuthor 717
aus, nach dem Neuwerkcr Kirchhof statt.
Danksagung.
Allen Denen, die meinen lieben Mann und
unseren guten Vater zur letzten Ruhestätte geleiteten,
sowie für die vielfache Theilnahme und Kranz
spende, sagen Allen unsern tiefgefühlten Dauk.
Rendsburg, den 17. November 1894.
Wwe. und Familie
♦ i »
Große
Am Mittwoch, dm 19. December
ds. Js., und falls erforderlich am
Donnerstag, den 20. December d. I.,
Bormittags von 9% Uhr und Nach
mittags von 2'/2 Uhr an, sollen im
„Colosseum" in Rcudsdnrg, im Auf
trage des Konkursverwalters, die znr
Konkursmasse des Tischlermeisters
)errn Brücker in Büdelsoorf ge
lingen Gegenstände, als:
11 Kleiderschränke, 11 Servis
schränke, 1 Silberschrank, 3 Spiegel
schränke, 6 Küchenschränke mit Glas-
thüren, 4 Sopha- und 3 Eßtische,
2 Waschtische, 2 Nähtische, 3 Küchen
tische, 8 Commoden, 1 Wasch-
commode, 22 große Spiegel, 1
Plüsch-Garnitur, bestehend aus
Sopha, Sessel und Stühlen, 166
Stück Wiener Rohr- und andere
Stühle, 2 Lehnstühle, 17 Bett
stellen mit und ohne Matratzen,
25 Stück Gardinenkasten, 9 Hand
koffer, 4 Reisekoffer, 19 Tornister,
6 Bilder, 3 Hobelbänke, Hobel,
eine große Parthie Möbelripse und
-Damaste, eine Parthie Leinen-
und Bettdrillich, 33 Ballen Sprung
federn, 1 Ballen Krollhaare und
eine große Parthie anderes Polster
material, 1 Zupfmaschine und an
dere Sachen mehr
öffentlich an den Meistbietenden
gegen gleich baare Zahlung ver
weigert werden.
Sämmtliche Sachen sind vollständig
neu, Nnßbaum oder Mahagoni, stehen
im Colosseum znr Ansicht und findet
der Verkauf bestimmt statt.
Der Gerichtsvollzieher
Hcwcmanu.