ihren Sohn Ismail, der bei einem al
gerischen Corps steht, wegen Verschwendung
unter gerichtliche Curatel stellen. Man
hatte in der Familie Lesseps so lange auf
großem Fuße gelebt, daß die Söhne sich
nicht leicht an die zur Nothwendigkeit ge
wordene Einschränkung gewöhnen können.
Wie verlautet, wird jedem der Kinder
kaum mehr als ein Einkommen von 6000
Francs zufallen, und dieses erst nach dem
Tode der Gräfin de Lesseps, welche noch
nicht zwanzig Jahre alt war, 'als sie aus
Neigung den 64jährigen Erbauer des
Suezkanals, des „achten Weltwunders"
heirathete.
Belgien.
Böse Zwischenfälle spielten sich am
Montag in Brüssel bei einer Hochzeit
ab. Ein Einwohner der Rue de Flandre
h.,tte mit einer hübschen Arbeiterin der
Straße Rempart des Moines Beziehungen
unterhalten; drei Kinder waren entsprossen.
Vor vier Wochen theilte er der Arbeiterin
mit, daß er sich verheirathen wolle und
sie verlassen müsse. Das Mädchen nahm
sich das Leben und mildthätige Nachbarn
nahmen die Kinder auf, aber sie schwuren
Rache. Am Montag fand die Vermäh
lung des Verführers statt. Hunderte
hatten sich vor dem Rathhause aufgestellt
und empfingen bei der Auffahrt und Ab
fahrt das Brautpaar und die Hochzeits-
gesellschaft mit Zischen, Pfeifen und Ge-
johle. Dasselbe Schauspiel wiederholte
sich, als die Wagen vor der Katharinen
kirche erschienen. Das ganze Viertel war
auf den Beinen. Die Polizei eilte herbei
und hinderte die entrüstete Menge, die
Pferde von den Wagen abzuspannen. Als
aber das Brautpaar und die festlich ge
kleideten Hochzeitsgäste die Kirche verließen,
wurden sie mit Indigo enthaltenden Päck
che» überschüttet und zum Jubel der Menge
erschien die ganze Hochzeitsgesellschaft im
schönsten Blau.
Serbien.
Aus Belgrad schreibt man der „Neuen
Fr. Pr.": Der Kleinhändler Lazar Dam-
janovic berührte aus Unvorsichtigkeit einen
auf der Erde liegenden Leitungsdraht der
elektrischen Beleuchtung und erlitt dadurch
eine solche Erschütterung, daß er die
Sprache und das Gehör vollständig
ein büßte. Der taubstumme Mann hat
nun gegen die betreffende Gesellschaft durch
seinen Advokaten Dr. Duja eine Ent-
schädigungsklage eingebracht, worin er ein
Schmerzensgeld von 50 000 Francs, über
dies eine Leibrente von 6 Francs täglich
und 500 Francs Heilungskosten beansprucht
Oesterreich-Ungarn.
In der Strafanstalt zu Bory bei Pilsen
gerielhen zwei in der Küche beschäftigte
Sträflinge, Bilek und Severa, in Streit
Bilek ergriff ein Küchenmesser, bohrte es
seinem Gegner in das linke Auge und stieß
dem hinzueilenden Sträfling Stana das
Messer in den Leib, daß der Getroffene
alsbald todt zusammenbrach.
Inland.
— Von einer Spannung zwischen dem
Kaiser uud dem König von Wärt
temberg weiß die „Köln. Ztg." zu be
richten. Es soll angeblich bei den letzten
Kaisermanövern eine Meinungsverschieden
heit über militärische Fragen entstanden
sein, in Folge deren der König von Würt
temberg nach Stuttgart zurückreiste. Selbst
die gewechselten Worte bei jener Differenz
seien nicht unbekannt geblieben.
— Nach einen, falschen Gerücht
sollte, falls General-Oberst Lo« zum Ge
neral-Kommandeur der Marken und Gon
verveur von Berlin ernannt werde, Grw
Caprivi Kommandeur des 8. Armee
korps werden. Die „Köln. Bolksztg." er
fährt, daß daran nicht zu denken ist, da
Grai Caprivi — im Unterschied von dem
Grasen Botho Eulenburg — völlig in
U »gnade gefallen sei. Weder der
erste, noch der zweite Reichskanzler würden
jemals wieder in Staatsdienste verwandt
weiden.
Berlin, 11. Decbr. Die Morgenblätter
aller Richtungen erklären das Vorgehen
des Staatsanwalts gegen die sozial
demokratischen Abgeordneten für
politisch verfehlt und als einen Eingri :
in die Immunität und erwarten, daß der
Reichstag die Genehmigung versagen wird
schlimmste Angst war jetzt bestätigt, auch sie
würde wie er, heimtückischem Morde zum
Opfer fallen. Ihre letzten Augenblicke am
Erden waren gekommen, und sie stand an der
Schwelle der Ewigkeit. Die Erinnerung an
ihre Vergangenheit stieg vor ihrer Seele auf
in wenigen Secunden entrollte sich das Bild
ihres ganzen Lebens vor ihr, dann erblickte
sic die Verheißung der Zukunft, die Seligkeit
des Jenseits. Nun begann das Bett unter
ihr, die Wände des Zimmers um sie,
schwarzen Umrisse des Mörders vor ihr sich
zu verwirren, zu schwanken und zu ver
schwimmen, bis sie das Gefühl hatte, als ob
sie in einem Wirbelwind erstickender Dämpfe
hinweggerissen würde. Dann überwältigte sie
ein Gefühl der Ohnmacht, ein schweres Ge
wicht drückte auf ihre Sinne, und schnell
versank sie in dunkles Vergessen und völlige
Bewußtlosigkeit.
(Fortsetzung folgt.)
Diese Ansichten kommen mehr oder weniger
bestimmt, aber in der Hauptsache überein
stimmend zum Ausdruck. Nur die „Kreuz-
ztg." schweigt noch. Der „Vorwärts"
agt: der Reichstag habe 1880 einen ähn
lichen Versuch zurückgewiesen, und verweist
auf Art. 27 der Verfassung, wonach der
Reichstag seine Disciplin selbst regelt. Der
Antrag des Staatsanwalts sei ein schwerer
Angriff auf die Rechte des Reichstags; er
werde und müsse von diesem in energisch-
ker, die Möglichkeit einer Wiederholung
derartiger Versuche ausschließenven Weise
zurückgewiesen werden. Die „National-
tg.", weiß, daß die Frage des strafrecht
lichen Vorgehens gegen die sitzengebliebenen
Sozialdemokraten mehrere Tage erwogen
worden ist. Das ist richtig und es hat
ogar Leute gegeben, die der Meinung
waren, die Betreffenden hätten vom Fleck
weg, als auf frischer That ergriffen, ver
haftet werden können. Die „Nationalztg."
agt, die Immunität beziehe sich auf alles,
mas der Abgeordnete in Ausübung seiner
Eigenschaft als solcher spricht. Streitig
könne höchstens sein, ob sie sich auch auf
Handlungen wie das Sitzenbleiben beziehe;
;e erinnert an den Konflikt von 1865,
an den Fall Twesten, wo auch versucht
wurde, die parlamentarische Redefreiheit
zu unterdrücken. Wenn der Staatsanwalt
wegen der Worte Singers die Anklage er
hebe, würde die Regierung dadurch die
größte Thorheit begehen, die gegenwärtig
den Sozialdemokraten gegenüber möglich
wäre; sie würde sich in einen Kampf ein
lassen, in dem die Sozialdemokratie den
Reichstag und die öffentliche Meinung auf
ihrer Seite haben würde. Ob das Vor
gehen der Regierung hinreichend erwogen
ei, werde erst der weitere Verlauf zeigen.
Es sei überhaupt mißlich, politische Aktiv-
nen vor Gericht zu führen; eine ernste
Aufforderung an den Reichstag, selbst für
wirksamere Disciplin zu sorgen, wäre vor
zuziehen gewesen. Die „Bolksztg."
meint, daß auch das Sitzenbleiben unter
die Ausübung des parlamentarischen Be
rufes falle, die durch die Immunität ge
schützt ist. In einer Frage von so unge
heurer Tragweite müsse der Reichstag eine
klare unzweideutige Stellung nehmen, möge
die Mehrheit im klebrigen über die Sozial
demokratie denken, was sie wolle. Die
„N e u e st e n Nachrichten" sagen, die
offiziöse Rechtsauslegung werde auf die
Mehrheit des Reichstags keinen Eindruck
machen; keine Partei werde vor den
Wählern die Verantwortung für ein straf
gerichtliches Eingreifen übernehmen wollen,
das einen Bruch der Privilegien des
Reichstags darstelle oder ihm doch ähnlich
-ehe. Die Sozialdemokratie sei als gleich
berechtigte Partei behandelt worden; daraus
müsse man Konsequenzen ziehen, oder andere
Wege beschreiten, die allerdings nur dann
zum Ziele führen würden, wenn es klar
lei, daß sich's um den Kampf, um Sein
oder Nichtsein handle. Die „Vossische
Z t g." erinnert an die schlimmsten Zeiten
des preußischen Konflikts; das jetzige Vor
gehen werde mehr schaden, als jede Ver-
wlgung der Sozialdemokratie, selbst wenn
lie zur Verurteilung führte, zu nützen
vermöchte. Der „B ö r s e n -C o u r i e r"
ist überzeugt, daß weder der Reichstag, die
Konservativen ausgenommen, noch das
Richterkollegium auf den Antrag des Staats
anwalts eingehen werde. Was wolle man
eigentlich? Den Reichstag auflösen? Das
würde den Sozialdemokraten und Extrem-
konservativen erwünscht sein. Das „Tage
blatt" glaubt an ein planvolles Vor
gehen der preußischen und Reichsregierung,
und erörtert die Möglichkeit eines Kon-
kiktes, der schließlich den Sozialdemokraten
zu gute kommen werde Ebenso meint die
antisemitische „Staatsbürgerzeitung",
daß das Vorgehen nur Wasser aus der
Mühle der Sozialdemokraten sei; es wider
spreche auch der Ansicht des Kaisers, der
die Demonstration als nicht gegen seine
Person gerichtet aufgefaßt habe. Die
-,Frs- Ztg." schreibt: Wenn der Reichs
tag den Antrag der Staatsanwaltschaft
ablehnt, so ist es der Staatsanwaltschaft
formell freigestellt, nach Schluß der Reichs
tagssession selbstständig vorzugehen.
Alsdann ist zweierlei möglich: Entweder
findet dieses Vorgehen die Zustimmung
der Gerichte — dann ist Grund vorhanden
zu einem schweren Konflikt zwischen Reichs
tag und Regierung, ebenso wie seiner Zeit
bei dem berüchtigten Obertribunals-Erkennt
niß gegen Twesten und Frentzel; oder die
Gerichte legen den Verfassungsartikel in
anderem Sinne als die Staatsanwaltschaft
aus — so hat das Ansehen der Regierung
eine schwere Niederlage erlitten. Wenn
gar die Gerichte die Auslegung des Ar
tikels 30 seitens der Staatsanwaltschaft
billigen, aber eine Majestätsbeleidigung
nicht als vorhanden anerkennen, so ist die
Niederlage der Regierung noch schwerer.
Unter allen Umständen zieht das Vorgehen
der Staatsanwaltschaft politische, für die
Regierung selbst unberechenbare Konse
quenzen; daß man sich deren Tragweite
nicht nach allen Richtungen klar gemacht
hat, spricht gegen den neuesten Kurs fast
noch schärfer als die Thatsache selbst.
Als einen Irrweg sonder Gleichen
bezeichnet die „Köln. Ztg." die Ueber-
mittelung des Antrags des Staatsanwalts
au den Reichstag. Die Regierung stürze
sich dabei in eine Aktion, aus der bei dem
sichern Widerstände des Reichstags nichts
anderes herauskommen wird als eine nach
allen Richtungen hin schädliche Erregung
und ein erhöhtes Mißtrauen gegen die Ab
sichten der Regierung."
— Im Reichstag ist der Entwurf eines
Heimstätten-Gesetzes für das Deutsche
Reich eingebracht worden. Derselbe, der
wohl noch zu weiteren Erörterungen Anlaß
geben wird, bestimmt in seinen wesentlichen
Theilen: § 1. Jeder Angehörige des
deutschen Reichs hat nach vollendetem 24.
Lebensjahr das Recht zur Errichtung einer
Heimstätte. Diese Errichtung erfolgt durch
Eintragung eines nach Maßgabe dieses Ge
setzes geeigneten Grundstücks in das Heim-
stättenbuch. § 2. Die Größe einer Heim
stätte darf die eines Bauernhofes nicht
übersteigen. Sie muß wenigstens einer
Familie Wohnung gewähren und die Er
zeugung landwirthschaftlicher Produkte er
möglichen. Zubehör einer jeden Heim
stätte sind: 1) Die Wohnung des Heim-
stätten-Eigenthümers, 2) die nothwendigen
Wirthschaftsgebäude, 3) das zum Wirth
schaftsbetriebe unentbehrliche Geräth, Vieh-
und Feld-Jnventar, der vorhandene Dünger
sowie die landwirthschaftlichen Erzeugnisse,
welche zur Fortsetzung der Wirthschaft bis
zur nächsten Ernte unentbehrlich sind. A 3.
Der zur Heimstätte festzulegende Besitz
darf bis zur Hälfte des Werthes, und
zwar nur mit Renten oder mit Annuitäten
verschuldet sein. Die Renten oder Annui
täten müssen durch Amortisation getilgt
werden. Die Errichtung hat die Umwand-
lung der Hypotheken und Grundschulden
des Grundstücks in amortisirbare Renten
oder in Annuitäten zur Voraussetzung.
Höher verschuldeter Besitz kann von den
durch die Landesgesetzgebungen zu errichten
den Landes-Heimstättenbehörden zur Ein
tragung in das Heimstätten-Buch zugelassen
werden, wenn der Besitzer die Verpflichtung
übernimmt, die über die Hälfte des Er
tragswerthes hinausgehenden Hypotheken
und Grundschulden mit 1 Prozent für das
Jahr zu tilgen und die Tilgung nach Er
messen der Landes-Heimstättenbehörden ge
sichert erscheint. Verstärkte Amortisation
ist gestattet. § 4. Mit Bewilligung der
Heimstätten-Behörde können aus begründe
tem Anlaß bis zur Hälfte des Werthes
Rentenschulden oder Annuitäten mit einer
dem Zweck entsprechenden Amortisations
Periode eingetragen werden. Diese Be
willigung muß erfolgen: 1) im Falle einer
Mißernte oder bei sonstigen Unglücksfällen,
2) zu nothwendigen Meliorationen. 3) zur
Abfindung von Miterben. § 5. Die Heim
statte unterliegt der Zwangsvollstreckung
nur in folgenden Fällen: l) wenn die
Forderungen aus der Zeit vor Errichtung
der Heimstätte stammen und nicht 3 Jahre
nach Veröffentlichung der Heimstätten Eigen
Schaft verflossen sind, 2) auch nach Errich
tung wegen rechtskräftiger Ansprüche aus
Lieserungeu nnd Leistungen, welche zur
Einrichtung und znm Ausbau der Heim-
'tätte verbraucht sind, 3) wegen rückstän
diger Renten oder Annuitäten, 4) wegen
gesetzlicher Verpflichtungen, 5) wegen Ver
pflichtungen aus unerlaubten Handlungen
In den Fällen zu 2 und 5 ist als Voll
streckungsmaßregel nur die von der Heim
stätten-Behörde zu vollziehende Zwangs
Verwaltung der Heimstätte zulässig. § 6.
Die Heimstätte ist untheilbar und — vor
behältlich des Nießbrauchsrechts des über
lebenden Ehegatten — durch Erbgang, im
Falle des Vorhandenseins mehrerer Erben
nur auf einen derselben (Anerbe) übertrag
bar. Der Umtausch von Grundstücken
kann mit Genehmigung der Heimstätten
Behörden stattfinden. § 7. Die Ver
äußerung der Heimstätten unter Lebenden
ist nur mit Genehmigung des Ehegatten
und nur an Angehörige des Deutschen
Reiches zulässig. Niemand darf mehr als
eine Heimstätte besitzen.
— Wie die „Elbinger Ztg " meldet
wird die Angelegenheit der Ober
'euerwerker schon in nächster Zeit ihre
Erledigung finden. Unter den Verhafteten
befinden sich auch zwei Elbinger, von denen
der eine erst 8 Tage bei der Oberfeuer
werkerschule war, als sie verhaftet wurden
Gegen beide liege, so meint das genannte
Blatt, nichts Strafbares vor. Ueberhaupt
dürsten nur etiva 10 Personen bestraft
werden. Während bisher die Oberfeuer
werlerschäler in Einzelhaft gehalten wur
den, können sie sich jetzt dem Vernehmen
nach im Innern der Festung frei bewegen
— Der „Börsen-Courier" will definitiv
wissen, daß die „Norddeutsche All
gemeine Zeitung" ihres offiziösen
Charakters völlig entkleidet sei, und daß
demgemäß die Regierung in keiner Weise
verantwortlich gemacht werden könne für
das, was die „Nordd. Allg. Ztg." schreibe.
Berlin, 12. Dec. Die freie Wirth
schaftliche Vereinigung des Reichs
tags berieth heute den Antrag des Abg
K a n i tz und setzte eine Kommission ein
mit dem Aufträge, die vorliegenden Vor
schläge zu prüfen. Nach Beendigung der
Etatsberathung wird der Antrag des Ersten
Staatsanwalts betreffs Anklageerhebung
gegen sozialdemokratische Abgeordnete wegen
Majestätsbeleidigung und die Zucker-Jnter-
pcllation berathen.
Gleiwitz, 11. Dec. Auf dem Rangir-
Bahnhof brannte ein altes Häuschen nie
der, in dessen Dachstube mehrere Schacht-
Arbeiter schliefen. Zwei von ihnen, die
wahrscheinlich angetrunken waren, beachteten
die Warnung eines sie weckenden Schacht
meisters nicht und verbrannten.
Braunschweig, 8. Dec. Mit einer h ö ch st
amüsanten Beleidigungsklage hatte
ich das hiesige Schöffengericht in seiner
gestrigen Sitzung zu beschäftigen. Kläger
war der Garderobehändler Pistorius,
einer der Hauptredner der hiesigen Sozial
demokraten. Beklagter der ihm „vor der
Höhe" gegenüber wohnende Garderoben-
handler Hermann Lach mann. Da die
Kundenkreise beider vorzugsweise aus Ar
beitern bestehen und beide Geschäfte die-
selben Artikel führen, so entwickelte sich
bald ein wüthender Konkurrenzkampf, den
Lachmann durch Verspottung seines Gegen
über zu seinen Gunsten zu führen ver-
land. Eines Tages stellte er eine lebens
große Figur in seinem Schaufenster
auf, die bis ins Kleinste seinem Konkur-
renten glich, und verursachte dadurch kolossale
Ansammlungen von Menschen vor seinem
Schaufenster, gegen welche die Polizei
wiederholt vorgehen mußte. Natürlich war
der also Verspottete hierüber im höchsten
Grade aufgebracht und seine Erregung
steigerte sich noch, als einige „Verbesserun
gen" an diesem Schaustück vorgenommen
wurden. So erhielt dasselbe einen großen
rothen Shlips und ein Notizbuch, während
an der Figur der Name Pistorius und die
Worte: „Bittet um's Wort!" zu lesen
waren. Später waren dann auf der Brust
die Buchstaben F. K., weiter unten „Für
Wiederverkäufer zu empfehlen!" und ferner
H. P., sowie „Heinrich, mir graut vor
Dir!" zu lesen. In der Folgezeit wurden,
um das Interesse des stets in großen
Ichaaren um das Geschäft versammelten
Publikums rege zu erhalten, weitere kleinere
Aenderungen vorgenommen. Nach dem
auf polizeiliche Anordnung die Inschriften
und die mächtige Cigarre, die durch eine
Schlauchvorrichtung in Brand gehalten
wurde, von der Figur entfernt worden
waren, las man wieder: „Hört, Pst! Das
kann nur ein Bekannter sein! u. s. w. In
der gestrigen Verhandlung suchte sich der
Beklagte, so gut es ging, aus der Affaire
zu ziehen, indem er den Abkürzungen
andere Deutungen beilegte. Der Vor
ätzende maß natürlich den Ausführungen
keinen Glauben bei und wies besonders
darauf hin, daß ja der Kopf eigens vom
Friseur bearbeitet worden sei, um eine
rappante Aehnlichkeit mit dem des Klägers
zu erzielen. Die mühsam unterdrückte
Heiterkeit brach sich aver allgemein Bahn,
als der Beklagte den Kopf der Puppe auf
den Gerichtstisch legte und der Vorsitzende
einen Blick auf den Kopf und auf den
Kläger werfend, erklärte, daß beide sich
durchaus ähnlich sähen und die Art der
Vertheidigung als geradezu lächerlich be
zeichnet werden müsse. Da nun der Be
klagte gleichzeitig eine Widerklage wegen
der während der Puppenkommödie ihm
von dem Gegner an den Kopf geschleuderten
Injurien in Aussicht stellte, so hielt es der
Gerichtsvorsitzende für das Beste, den
Parteien einen Vergleich vorzuschlagen.
Dieser kam denn auch nach mannigfachen
Schwierigkeiten zu Staude. Hauptbediuguug
desselben war die Erkläruitg des Beklagten,
künftig keine Puppe mehr in seinem Schau
fenster auszustellen.
Haml-urg, 11. Dec. Zu der Bober-
g e r Raubmord- und B r a n d st i s-
t e r > A f f ä r e erfährt der „H. C." aus
authentischer Quelle, daß sich bis jetzt kein
Anhaltspunkt für die Schuld der in dieser
Angelegenheit Verhafteten ergeben hat. Es
wird sich dadurch die Nothwendigkeit gel
tend machen, die Jnhaftirten wieder auf
freien Fuß zu setzen. Als Beweisstück
kann jetzt ausschließlich das Stück Uhrketle
betrachtet werden, das bei der Leiche ge
funden worden ist.
X. Rendsburg, 12. Dec. Wie uns vom
Königl. Eisenbahn-Betriebsamt mitgetheilt
wird, hält vom 15. ds. Mts. an im Be
darfsfälle der Abend-Personenzug auch in
Tingleff um 11 Uhr 54 Min.
Tw Rendsburg, 13. Decbr. Das Roos<
sche Haus in der Thorstraße wurde von
Herrn Sattlermeister Oppermann Hierselbst
gekauft. Als Kaufpreis wird die Summe
von 19000 A genannt.
A Rendsburg, 13. Dec. Die Vor
stellungen in der „Tonhalle" erfreuen sich
nicht immer eines solchen Besuches, wie
es dem Herrn Timm wohl zu wünschen
wäre. Herr Timm ist in jeder Weise be
müht, etwas Gutes zu bieten. Dieses ist
ihm auch jetzt wieder gelungen, durch En-
gagirung des dort auftretenden Künstler-
Ensembles. Der Beifall, welcher gestern
Abend zu wiederholten Malen bei offener
Scene gespendet wurde, darf wohl als
bester Beweis gelten. Der Besuch des
Weihnachtsbazars in der „Tonhalle" kann
somit wirklich empfohlen merden.
Abend-Depesche«.
Berlin, 13. Dez. Die Geschäfts
ordnungskommission lehnte mit 9
gegen 4 Stimmen den Antrag zur
Strafverfolgung Liebknechts ab. Der
Referent Pieschel wird im Plenum
darlegen, dah nach Artikel 27 und
30 der Reichs Verfassung die Mehr-
heit eine Anklage ausgeschlosse n halte.
Ein Antrag der Rechten, die Disci
plinargewalt des Präsidenten auszu
dehnen, wurde ebenfalls abgelehnt,
als über die Aufgabe dieser Eom-
mifsion hinausgehend.
Tuch- und Buxkinstoffe à Mk. 1.75 Pfe.
per Meter
Cheviots und Meltons à Mk. 1.95 Pf?,
per Meter
nadelfertig ca. 140 cm breit, versenden direct
franco Oettinger & Co., Frankfurt a. M.,
Fabrik-Dêpôt.
Modernste Muster bereitwilligst franco.
Anzeigen.
odes-Anzeige.
Provinzielles.
11. Dec. In der
Rortorf, ii. Dec. In der gestrigen
Sitzung des Fleckencollegiums wurde 'be-
schlossen, die Herren Gutsinspektor Ehrich-
Farve, Privatier Freytag-Kiel, Hardes
vogt a. D. K link er - Norburg und Hardes
vogt a. D. Reiff-Bredebro der Bürger
schaft als für die hiesige Bürgermeister-
stelle geeignete Bewerber vorgeschlagen.
Herr Reifs ist ein geborener Rendsburger.
Im Ganzen haben sich um die Bürger
meisterstelle 59 Bewvrber gefunden.
HD Vom Westensce, 11. Decbr. Heute
wurde die auf Schloß Emkendorf verstor
bene Frau Gräfin Reventlow-
C r i m i n i l, in hiesiger Kapelle beigesetzt.
Die Leichenrede im Schloß zu Emkendorf
hielt Herr Pastor Karstens aus Westensee.
Mit treffenden Worten zeichnete derselbe
das Lebensbild der Entschlafenen. Das
große Leichengefolge uud die überaus zahl
reiche Kranzspende legten Zeugniß ab von
der Liebe der Gutsangehörigen zu ihrer
Frau Gräfin. Wir rühmen die Einfach
heit der Frau Gräfin in ihrem ganzen
Wesen. Eine Helferin in der Noth, eine
Spenderin reichlicher Gaben, fühlte sie sich
besonders zu den Kindern hingezogen.
Manch' Kindesauge hat sie durch ihr Thun
leuchten gesehen.
fStatt besonderer Meldung.)
Am Mittwoch, den 12. December, Vor
mittags 11 Uhr, verschied nach langer,
schwerer Krankheit mein lieber Mann und
unser guter Vater,
Polizeiwflchtmeister Miltz,
in seinem fast vollendeten 57. Lebensjahre.
Dies zeigen mit der Bitte um stille
Theilnahme hierdurch an
die traueruden Hinterbliebenen.
Rendsburg, den 13. December 1894,
Die Beerdigung findet am Sonntag,
den 16. December, Nachmittags 3'/, Uhr,
vom Sterbehause, Wallstraße 9, aus statt.
Am 12. d. M. verschied hier der
Polizei-Wachtmeister
Herr Miltz.
Wir betrauern in dem Verstorbenen
einen pflichttreuen, rechtschaffenen
und lieben Vorgesetzten und werden
dem von uns Geschiedenen stets ein
ehrenvolles Andenken bewahren.
Die Polizeisergeanteu m
der Stadt Rendsburg. |
Die nächste
Atzung der llnitfiitaiiiiiiion
findet am Montag, den 17. d. Mts.,
Nachmittags 5 Uhr, im Rathhaussaale statt.
Rendsburg, den 8 Decbr. 1894.
Der Magistrat.
Armen-Verwaltnng.
v. Cappeln.
Bekanntmachung.
Zur gefl. Kenntnißahme zeige an, daß
meine Schwester, Frau Magdalene Kühl,
geb. Locht, mir laut Acte des Königl.
Notars Herrn Dr. jur. Ziese <1. d. Rends
burg, den 29. Nov. 1894 General- und
Special Vollmacht ertheilt hat uud er
suche ich, sich in allen Angelegenheiten,
welche Frau Kühl betreffen, an mich
wenden zu wollen.
Ncumünster, den 12. Decbr. 1894.
F. Ģ. H. Locht.
Bekanntmachung.
Es wird hierdurch zur öffentlichen
Kenntniß gebracht,^ daß zufolge Verfügung
des Königlichen Herrn Regierungs-Präsi
denten zu Schleswig am 10. und 23.
ds. Mts. für alle Zweige des Handels-
gewerbes außer den festgesetzten 5 Stunden
noch die Nachmittagsstundeu von 2 bis
7 Nhr als Geschäftszeit zugelassen worden
sind; ein Verkauf von Waaren über 7 Uhr
Abends hinaus ist unstatthaft.
Rendsburg, den 12. Decbr 1894.
Tie Polizei-Pc. wallnust.
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Gericht
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