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Vierteljährlich 2 , frei ins Haus geliefert
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für Auswärtige, durch die Pest bezogen
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mcl. Postprovision rc., jedoch ohne Bestellgeld.
JnsertiouspreiS: pro Pctitzeile 15
Aeltestrs und geleleultes im Kreise Rendsburg.
Anzeigen für die Tagesnummer werden bis 12 Uhr Mittags erbeten.
-î*> 87ster Jahrgang.
Bei Betriebsstörungen
irgend welcher Art ist die regelmäßige Lieferung
dieses Blattes vorbehalten.
Als Beilagen
werden dem Blatt „Der Landwirth" fowre „u-3
Blatt „Mode u. Heim" gratis beigegeben.
3000 Abonnenten.
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Morgen -Depeschen.
Barzin, 37. Nov. Die
Fürstin Bismarck ist heute
Morgen 5 Uhr gestorben.
Berlin, 27. Nov. Der Präsident der
französischen Republik Casimir-Perier hat,
wie dem „B. T." aus Weimar geschrieben
wird, beim dortigen Hofe anfragen lasten,
ob es genehm sei, wenn er, der Präsident,
der Leiche des verstorbenen Erbgroßherzogs
das Geleit geben würde. Der Trauerzug
mit der Leiche des Erbgroßherzogs nimmt
seinen Weg durch Frankreich und wird
morgen früh die französisch-deutsche Grenze
zwischen Belfort und Mühlhausen i. E.
überschreiten.
Berlin, 27. Nov. Aus Wien wird
nunmehr gemeldet, daß die Telephonlinie
nach Berlin am 1. Dezember bestimmt dem
Verkehr übergeben wird, falls nicht noch
inzwischen ganz unvorhergesehene Hindernisse
eintreten. Die Sprech- und Hör-Versuche
haben sowohl in Wien als auch in Berlin
die allerbesten Resultate ergeben.
Rom, 27. Nov. Die Encyclier des
Papstes an die nordamerikanischen Katho
liken wird vier Kapitel enthalten. In
dem ersten derselben wird die Lage der
Katholiken in Amerika besprochen, im
folgenden betraut der Papst die aposto
lische Delegation mit der Aufgabe, die
Streitigkeiten unter den amerikanischen
Katholiken zu schlichten. Der dritte Ar
tikel enthält verschiedene Mittheilungen und
Winke für die Ausdehnung des Katholi-
cismus und für die Vermeidung bezw.
Beilegung aller Konflikte. Die soziale
Frage, die Ehescheidung und die dringende
Nothwendigkeit der Einigkeit werden im
vierten Kapitel der Encyclier behandelt.
Der Passus über die soziale Frage wird
auch europäische Verhältnisse berühren und
ebenso wie die Ausführungen über die
Arbeiterfrage großes Aussehen erregen.
Reggio, 27. Nov. Letzte Nacht kamen
hier zwei Erdstöße vor; in Milazzo
wird fortdauernd ein unterirdisches Rollen
mit leichten Erdstößen verspürt. Infolge
des Regens kehrt die beunruhigte Bevöl
kerung in ihre Wohnungen zurück.
Amsterdam, 26. Nov. Gestern ist hier
ein allgemeiner Bäcker-Strike ausgebro-
chen, der auch heute noch andauert. Der
Mangel an Brot macht sich in der ganzen
Stadt fühlbar. Die Arbeiter verhindern
den Verkauf von Brot und halten die
Wagen an, von denen sie annehmen, daß
sie Brot enthalten. Einige Bäckereibesitzer
verkaufen zwar Brot, das sie unter dem
Schutze der Polizei selbst gebacken haben,
die meisten Bäckereien sind aber geschlossen.
Amsterdam, 27. Novbr. Heute fanden
hier Zusammenstöße der Polizei mit den
slrikenden Bäckern statt. Die Bäcker
zertrümmerten durch Steinwürse die Fenster
in den fortarbeitenden Bäckereien, plunder-
ten die Brotwagen und warfen das Brot
auf die Straße. 40 von 400 Arbeitgebern,
darunter 5 Brotfabriken, bewilligten die
Forderungen der Sinkenden und ‘ nahmen
heute Abend die Arbeit ioieder auf.
Brüffel, 27. Nov. Ein früherer ruf
sischer Offizier, der in seiner Heimath
wegen politischer Verbrechen zum Tode!
verurtheilt worden war, stellte sich selbst
der hiesigen Polizei und wurde, seinem
Wunsche entsprechend, nach England ge-
bracht.
London, 27. Nov. Einer Privatdepesche
zufolge sind die Verluste der Japaner bei
der Einnahme von Port Arthur 250 Todte
und Verwundete gewesen. Die Chinesen
haben 1100 Todte zu verzeichnen. Die
Japaner erbeuteten 80 Kanonen und große
Mengen von Kriegsmaterial; 10-000
Chinesen wurden gefangen genommen.
London, 27.. Novbr. Einer telegraphi
chen Meldung aus Ehefoo zufolge wüthet
in Port Arthur ein großes Feuer. Die
chinesische Flotte befindet sich in Wei-Hai
Wei. Aus Shanghai kommt die Nach
richt, daß Marschall Qyama Port Arthur
verlassen habe, tvahvscheinlich, um sich der
Armee Iamagatas anzuschließen. Man
steht einem vereinigten Angriff auf Wei-
Hai-Wei entgegen.
Änsiand.
Außereuropäische Gebiete.
Ein von Pont-au-Prince (Haity) einge
laufenes Telegramm meldet, daß wiederum
eine Verschwörung gegen den Prä
s identen Hiippolchte entdeckt wor
den ist. Sein Schwiegersohn soll an der
Verschwörung beiheiligt .sein. Er sollte
verhaftet und dann sofort erschossen wer
den, hat jedoch die Flucht ergriffen.
Washington, 26. Nov. Nach einer De-
pesche des Admirals Carpenter vom Kriegs
schiffe „Baltimore", das sich nach der -Ca-
pitulation Port Arthurs von Tschifu dort-
hin begab, zählten die am Kampfe bethei
ligten Japaner 15,000, die Chinesen 43,000
Mann. Der Verlust der Japaner beträgt
200 Todte und Verwundete, die Chinesen
verloren 2000 Todte. Das Gros der
chinesischen Armee entkam.
Cairo, 2-6. Nov. (Telegramm des Reu
ter'schen Bureau's.) Mt Rücksicht auf
den niedrigen Preis der Baumwolle be-
schloß die Verwaltung der öffentlichen
Schuld aus Antrag von Sir Elwin Pal-
mer, die Erhebung von 260,000 Pfund
Grundsteuer bis zum nächsten Jahre
zu verschieben. Trotzdem wird der
Ueberschuß des laufenden Jahres ein ziem
lich beträchtlicher sein.
Holland.
Haag, 26. Nov. Nach einer amtlichen
Depesche aus Lombok vom 25. d. M
haben sich sämmtliche Hauptchefs der Ba
linesen, mit Ausnahme von 2 Verivandten
des Radjahs, unterworfen. Die Bevölke
rung hat die Waffen ausgeliefert,
rkiußland.
Petersburg, 27. Novbr. Bon den frühe
sten Morgenstunden an war gestern aus
dem Newski - Prospekt bereits eine große
Volksmenge versammelt, die der Auffahrt
zur Hochzeitsfeier beiwohnen wollte. Ein
Truppenspalier zog sich vom Sergius-Pa-
lais bis zum Winterpalast hin und hielt
die Ordnung aufrecht. Die ganze Stadt
trug keinerlei Schmuck oder ' Dekoration.
Gegen 11 y 2 Uhr begab sich die kaiserliche
Familie vom Anitschkow-Palais nach dem
Winterpalais. Militärische Chargen in
Gala-Uniform eröffneten den Zug, dann
dlgte der Zar, welcher Husaren-Uniform
trug, im offenen, vierspännigen Gala-
wagen; ihm zur Seite saß der Großfürst
Michael. Ihnen folgte eine von vier
Schimmeln gezogene Galakutsche mit der
Kaiserin-Wittwe und der Prinzessin-Braut,
In den nächsten Wagen saßen die Prin-
zessin von Wales, die Großfürstin Sergius
und die Prinzessin Heinrich. Die Volks-
mengen brachen bei der Vorbeifahrt der
hohen Herrschaften in stürmischen Jubel
aus. Kanonensalut und Glockengeläute ver
kündeten dann, daß in der Kapelle des
Winterpalais die Vermählung stattfand.
Die Geistlichkeit und die Großwürdenträger
empfingen an der Thür der Kapelle die
Braut und den Zaren. Dem Kaiser folgten
der König von Dänemark, das griechische
Wnigspaar und die Mitglieder der Zaren-
amilie. linier dem vorgeschriebenen Cere-
moniell fand dann der Gottesdienst und
der Ringwechsel statt. Nach Beendigung
-der Feier nahm:das neuvermählte Kaiser-
paar die Glückwünsche der Verwandten,
des diplomatischen Korps und der Minister
entgegen.
Die „Köln. Z." meldet aus Petersburg:
Die Blätter erhielten, wie man vernimmt,
mit Rücksicht auf den Brief des Professors
Sacharjin über die Krankheit Alexander's III.
an die „Moskowskija Wjedomosti", den
Befehl von der Oberpreßverwaltung fortan
nichts mehr über dieses Thema zu bringen.
Petersburg, 26. Novbr. Die Kaiserlich
russische musikalische Gesellschaft eröffnete
eine Subskription zu einem Grabdenkmal
für Anton Rubinstein.
Ein Riesenlager von Eisenerz ist
kürzlich in der Nähe der Stadt Wolsk, bei
Samara (Rußland), entdeckt worden. Ge
genwärtig wurde bei der Station Krasny
Jar an der Tambow-Kamyschin'schen Linie
wieder ein Eisenlager entdeckt, welches nach
Schätzung von Sachverständigen mehr als
100 Millionen Pud Eisen enthält.
Italien.
In Carpineto, der Heim a th des Pa fi
tes, herrscht — wie ein Correspondent
des „B. T." schreibt — großer Wasser
mangel. Zwar hat Leo XIII., der schon
o viel für das kleine Gebirgsnest ausge-
geben, für 200,000 Lire eine großartige
Wasserleitung anlegen lassen, allein dieselbe
versagt ihren Dienst.' So sind nunmehr,
trotz des Papstes Munifizenz, die guten
Mitbürger Seiner Heiligkeit genöthigt,
Jahr aus Jahr ein ju dürsten oder aber
mit Mühe und Noth ins Thal hinabzu
klettern, um einen Krug Trinkwaffer in
das Städtchen zu schaffen.
Rom, 26. Novbr. Fn Folge der Er
Höhung der Kommunalsteuern veran
stalteten in Alatri etwa 600 Bauern eine
Kundgebung gegen die Behörden.
Die Tumultuanten, unter denen sich viele
Frauen befanden, schleuderten Steine gegen
das Gemeindehaus und verletzte» zwei Po-
lizisten. Durch Militär wurde die Ord-
nung wieder hergestellt.
Spanien.
Madrid, 26. Novbr. Im Dorfe Velez-
Bernaudalla, in der Provinz -Granada, hat
sich vor einigen Tagen ein furchtbares U n >
glück zugetragen. Im Laden eines Krä-
mers Namens Antonio Garcia ent
zündete sich ein Faß Petrole-
um und sechs kleine Kinder, darunter zwei
Söhne des Krämers, ferner die Frau und
die Mutter desselben, die sich im Laden be
fanden, wurden von den Flammen erfaßt
Die Kinder, in Flammen gehüllt, stürzten
hinaus auf die Straße, und die auf ihr
Geschrei herbeigeeilten Nachbarn löschten
zwar die brennenden Kleider derselben so»
fort, die armen Kleinen aber hatten solche
Brandwunden erhalten, daß sie allesammt
wenige Augenblicke danach den Geist auf
gaben. Obgleich im Laden Alles brannte,
stürzte der Krämer, ohne auf die Gefahr
zu achten, in denselben, zog seine Mutter
und seine Frau aus der Gluth und rettete
sie. Er selbst aber ist blind geworden,
denn die Augen sind ihm während des
Rettungsaktes verbrannt. Seine Frau ist
vor Schrecken wahnsinnig geworden.
Oesterreich.
Budapest, 26. Nov. Franz Kossuth hat
heute vor dem Ober-Bürgermeister Kam
mermeyer das Gelöbniß der Treue als
ungarischer Staatsbürger und Unterthan
des Königs abgelegt.
Die deutschen Universitätsstudenten in
Graz haben beschlossen, dem Fürsten
Bismarck zu seinem 80. Geburtstage
ein Ehrengeschenk zu widmen.
England.
Ein jugendlicher Brandstifter, ein
Sohn des früheren Generalpostmeisters Sir
James Fergusson wurde am Sonnabend
in Edinburgh zu 12 Monaten Gefängniß
verurtheilt, weil derselbe im vorigen
Monat die Glenalmond-Schule in Edin
burgh in Brand gesteckt hatte.
London, 26. Novbr. Der aus der Ge-
augenschaft des Mahdi entflohene Pater
Rossiguoli gehörte zu der sogenannten
österreichischen Mission, die aber meist aus
Italienern bestand und nebst einigen ande-
ren Europäern in egyptischen Diensten deni
Mahdi in die Hände fiel. Mehreren der-
-elben ist, wie erinnerlich, die Flucht ge
lungen, so 1885 dem Pater B o n o m i.
Damals war die Behandlung der Gefange
nen infolge ihrer Weigerung zum Islam-
überzutreten, eine äußerst grausame. Dis-
Nonnen wurden mehrfach öffentlich ge
geißelt und gefoltert, bis drei derselben
den Islam annahmen. Darauf verheira--
thete man sie an drei ebenfalls übergetre
tene Griechen, welche, zu ihrer Ehre sei
es gesagt, diese Ehe als rein formell be
trachteten. 1887 waren noch vier Nonnen,,
zwei Priester und zwei Laien in Omdur-
man. Die Priester erwarben sich ihr Brot
am Webstuhl. L u p t o n Bey starb bald
darauf und Neu selb war, stark gefesselt,
in den Salpeterwerken beschäftigt. 1891
geland es Pater Ohrwalder und zwei
der Nonnen unter großen Gefahren und
Der Dctcctiv.
Roman von I. F. Molloy und K. Dietrich.
Dort angelangt nahn, Gillwaldt in einem
bcqucnicn Lehnstuhl vor dem brennenden Ka-
minfeuer Platz und begann: „Ich wünsche
alles von Ihnen zu hören, was Sie nur ir
gend über ihren Herrn erzählen können."
„Ist das nicht ein bißchen viel?" meinte
der Diener, sich in dem Lehnstuhl ihm gegen
über zurücklehnend und sich behaglich aus
streckend.
„Ich verstehe Sie. Sic werden für Ihre
Mühe gut belohnt werden."
»Ich denke weniger an die Mühe," ant
wartete der Diener mit einem schlauen Lä
cheln, dabei die Beine über die Armlehne
seines Stuhles legend. „Das bloße Reden
macht mir nicht viel Mühe, aber ich möchte
nicht gern das in mich gesetzte Vertrauen
täuschen, und das erwarten Sie doch wohl
von mir."
„Sie haben also Gewissensbedenkcn?"
meinte Gillwaldt, durchaus befriedigt bei dem
Gedanken, daß dieser Mensch keineswegs dumm
wäre und ihm folglich nützlicher iverden
könnte, als er vorher zu hoffen gewagt hatte.
„Gewiß, so ist es," erwiderte der Diener.
Gillwaldt entnahm seinem Portefeuille einen
neuen, schönen, blauen Hundertmarkschein,
entfaltete denselben langsam und bedächtig
Und überreichte ihn stumm dem Diener, dcr
denselben eifrig ergriff und, sobald er sich
überzeugt hatte, daß er echt wäre, mit noch
größerem Eifer fortsteckte.
»Jetzt können Sie mich fragen, was Sic
wollen," rief er dabei höchst befriedigt. „Aber
b'tte, sagen Sic mir erst, was sic sind."
„Ich bin Kriminalkommissar a. D., ich
habe jetzt eben im Aufträge eines Privcstkli-
enten Nachforschungen in einer besonderen
Angelegenheit zu führen. Wester brauchen Sie
nichts zu wissen."
Der Diener fuhr erschreckt -auf und fragte:
„Hat denn Donati irgend etwas ausae-
frcssen?"
„Nichts Schlimmes," antwortete Gillwaldt
leichthin, um ihn wieder zu beruhigen.
. »Ņha, wohl eine Ehescheidunqssache?"
fragte der Diener schlau.
Gillwaldt antwortete mit einem Kopfnicken
nin nef ungeduldig: „So, nun stellen Sie
wester keine unnöthige« Fragen."
Der Dimer sank wieder in seine bequeme
Lage, quer über den Lehnstuhl, und lachte
leise vor sich hm: „Ja, ja, Donati versteht
sich darauf, den Weibern die Köpfe zu ver
drehen."
„Er ist eben erst nach Berlin zurückge-
kommen?"
Ja."
„Aus dem Ausland?"
„Nein, er hat eine längere Gastspielreise
bei verschiedenen Provinzialtheatern gemacht."
„Wann begann er damit?"
„Im August."
„Sind Sie sicher, daß er die ganze Zeit
citdcni von Berlin fort war? Auch in der
Mittc September?"
„Er war die ganze Zeit, auch im Sep
tember von Berlin fort. Nur die beiden cr-
ten Wochen des Oktober, von Anfang bis
Mitte Oktober trat er hier auf, ging dann
aber wieder auf Gastspiele."
„Also in der- ersten Hälfte des Oktobcr
war er in Berlin?"
„Ja gewiß."
Also .am -30. September, als Karl von
Foerfter -ermordet gourde, war Donati irgendwo
in der Provinz ans -Gastspielreisen. Wenn sich
bas bestätigte, -so konnte er wohl lange ge
uug fort gewesen sein, um den Mord zu bc
gehen, aber nicht lange genug, um sein Op
fer in Monte Carlo nachzuspüren und von
dort nach Paris zu folgen. Andrerseits Wäg
er nach der Aussage des Dieners in der
ersten Hälfte des Oktober in Berlin gewesen.
In der Nacht zuni fünfzehnten Oktober hatte
Markwald die Begegnung am Neuen See
gehabt. Wäre cs also doch wohl Harold
Donati gewesen, dem dort der Mörder sein
Verbrechen anvertraut hatte ? Soweit hatte
er dafür noch keinen Beweis oder überhaupt
dafür, daß jener irgendwie mit dem Morde
in Verbindung stände.
„Während der zwei Wochen, die er in
Berlin war,wohnte er vermuthlich hier?"
^ „Ja, wir wohnen hier schon drei Jahre.
Wenn er ans Gastspiele verreist, bleibe ich
hier und bewache die Wohnung. Lohn und
Kostgeld — wissen Sie."
„9c'un, hatte er in den zwei Oktoberwochen
viel Besuch von Fremden hier?"
„Ja, aber keinen solchen, wie Sie meinen,
leine Damen."
„Ader er hatte vielleicht männliche Freunde
Angenehme Gesellschafter?"
„Gewiß, Lärm genug machen sic, wenn sie
zusammen sind. Sie spielen oder singen oder
deklamieren alle miteinander."
..War irgend jemand darunter sein ganz
besonderer Freund?" fragte Gillwaldt, um
womöglich zu erfahren, wer der Mensch
gewesen, den der Droguist so oft mit Donati
zusammen gesehen hatte.
„Nein, sein intimer Freund, der hier mit
ihm zusammenlebte, reiste im Sommer nach
dem Ausland."
„Wann?" fragte Gillwaldt, in dem
Glauben, jetzt auf der Spur des Mannes
zu sein, der das Chloroform gekauft hatte,
desselben, der im September den Mord
begangen hatte, ungefähr um dieselbe Zeit,
als Donati seine Gastspielreise antrat. „Im
August?"
„Ja."
„Sind Sie dessen auch ganz sicher?" rie-
Gillwaldt triumphierend, denn hier mar ein
neues Glied in der Kette zur Ueberführung
des Schuldigen gewonnen. Der Käufer des
Chloroforms war ins Ausland gereist.
„Ganz sicher."
„Wie hieß er?"
„Reginald Stößer."
„Reginald Stößer?" fragte Gillwaldt, wie
um sich den Nnnicn fest einzuprägen. „Und
er lebte mit in dieser Wohnung?"
„Ja," erwiderte der Diener. „Aber ich
glaube nicht, daß er seinen Antheil an der
Miete oder an den Kosten für den Lebens
unterhalt bezahlte. Denn Donati bezahlte
immer selber die Miete und die Rechnungen
und auch mein Honorar."
„Herr Stößer hatte wohl wenig Geld?"
„Nun, knapp an Geld war er immer,
aber schließlich mußte er doch wohl ein Ein
kommen haben, denn er arbeitete oder that
nichts Besonderes, wodurch er etwas verdient
hätte."
„War er nicht beim Theater?"
„Nein, er versuchte es, hatte aber keinen
Erfolg. Seine Stimme war zu schwach fürs
Theater, wenn sie auch im Zimmer hübsch
genug klang."
Voller Befriedigung beachtete Gillwaldt,
daß Stößer arm und folglich der Versuchung
zugänglich gewesen war. Aber über die Reise
ins Ausland mußte er noch Genaueres wissen
und fragte daher:
„Woher wissen Sie, daß er Berlin verließ?"
„Weil ich ihn von seiner Reise sprechen,
hörte und selber die Adresse ans sein Gepäck
klebte."
„Wohin war das adressiert?"
„Nach Luzern."
„Sind Sie sicher, daß es nicht etwa nach
Nizza oder Monte Carlo war?"
^ „Ganz sicher, er wollte auch noch den
September in der Schweiz bleiben."
„Und that er das?"
„Vermuthlich,"
„Können Sie niir irgend einen Beweis
dafür geben, gaß er dorthin reiste?"
„Ja, einige Tage nach seiner Abreise
brachte ich einen Brief nieines Herrn an ihn
zur Post, welcher nach dem Schweizer Hof
in Luzern adressiert war."
„Brachten Sie später noch irgend welche
weiteren Briefe an ihn zur Post?"
„Nein."
»Nun ist es für mich wichtig, zu erfahren,
wo er im September war. Könnten Sie
mir das nicht sagen?"
„Nein," antwortete der Diener nach kurzem
Nachdenken.
„Ich gebe Ihnen noch einen Hundcrtmark-
chein, wenn Sic mir mit Sicherheit nach
weisen können, wo er int September war."
„Die kleinen Augen des Dieners funkelten
vor Gier, als er dies Anerbieten hörte,
blickten dann aber traurig, während er nieder
geschlagen erwiderte:
„Das kann ich leider nicht, denn ich weiß
nicht mit Gewißheit." 1