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87ster Jahrgang.
Wontcrg. den 19 Wovember
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Blatt „Mode u. Heim" gratis beigegeben.
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1894.
Morgen-Depeschen.
Berlin, 19. Novbr. Am Montag, den
10. d. M., bleiben die hiesigen königlichen
Theater anläßlich der Beisetzung des Zaren
Alexander III. auf Befehl des Kaisers ge
schlossen.
Berlin, 19. Nov. Die „Nordd. Allg.
Ztg." bezeichnet die Nachricht, der Kaiser
würde am Dienstag zur Vereidigung der
Marinerekruten in Kiel eintreffen, als un
richtig. Die Vereidigung der Marinere
kruten werde erst nach der Rückkehr des
Prinzen Heinrich aus St. Petersburg er
folgen, wo derselbe nicht nur der Beisetzung
des verewigten Zaren, sondern auch der
kurz darauf stattfindenden Vermählung des
Kaisers Nikolaus II. mit der Prinzessin
Alice von Hessen beiwohnen werde.
Berlin, 19. Nov. Wie der „Reichsanz."
schreibt, belaufen sich die auf Grund von
telegraphischen Meldungen bereits bekannt
gegebenen Verluste der südwestafrikanischen
Schutztruppe in den letzten Kämpfen gegen
Hendrik Witbooi. nach der von Major
fl-eutwein eingesandten Verlustliste auf vier-
ökhn Todte, 9 Schwer- und 15 Leichtver
wundete^ Außerdem sind, ohne in Beruh-
rung mit dem Feinde gekommen zu sein,
durch einen Unglücksfall, wahrscheinlich in-
folge von Wassermangel oder an Sonnen
stich auf dem Marsche von der Swachanb-
Mündung nach der Naukluft ein Lieute
nant und zwei Reiter gestorben.
Breslau, 19. Nov. Wie der „Bresl
General-Anz." mittheilt, wurde heute Vor
mittag in Berlin der Mörder der Elsa
Gross festgenommen. Es ist der früher
es Breslau wohnhaft gewesene Kaufmann
Ernst Schwandke. Der Mörder hatte in
Berlin eine Restauration eröffnet, er be-
findet sich bereits auf dem Wege nach
Breslau.
Wien, 19. Nov. Unter der Mannschaft
des in Wiener Neustadt garnisonirenden
vierten Dragoner-Regiments grassirt eine
Bauchtyphus-Epidemie.
Sofia, 19. Nov. Am heutigen Gedenk
tage des Todes des Fürsten Alexander
findet eine von deni deutschen protestanti
schen Gemeindepfarrer geleitete Trauerfeier
in der Rosenmvschee statt. Die Gräfin
Hartenau wohnt der Feier bei.
London, 19. Nov. Wie die „Times"
berichten, wird der Sultan eine Commission
einsetzen, die in Tiflis an Ort und Stelle
Untersuchungen über die blutigen Vor
gangein Armenien vornehmen soll. „Stand
ard" meldet aus Varna: Der britische
Consul wird von dem Gouverneur von
Tiflis beschuldigt, die traurigen Ereignisse
selbst dadurch veranlaßt zu haben, daß er
die Bevölkerung zur Verweigerung der
Steuerzahlung aufreizte.
Paris, 19. Nov. Das „Journal publicirt
heute ein Jnterviev mit dem Kriegsminister
über die Angelegenheit Dreyfuß. Der
Minister jerklärte, es sei zufällig ein
Schriftstück in seine Hände gelangt, welches
nur von einem Offizier herrühren könne,
und welches den Beweis lieferte, daß ein
französischer Offizier einer auswärtigen
Macht Mittheilungen gemacht habe, von
denen er nur im Amte Kenntniß habe
erlangen können. Nachdem er, der Kriegs-
minister, zu der Ueberzeugung gekommen
sei, daß nur Hauptmann Dreyfuß dieser
Offizier sei, habe er diesen sofort verhaften
lassen, was sein? Pflicht gewesen sei, um
zu verhindern, daß Dreyfuß weitere Mit
theilungen an das Ausland mache, ferner
auch, um nach Feststellung seiner Schuld
zu untersuchen, ob noch weitere Verbrechen
vorliegen würden. Es sei mit Recht an-
zunehmen gewesen, daß jenes Papier nicht
das einzige war, welches in den Besitz
frenider Mächte gelangte. Die Worunter-
uchung habe man sehr geheim geführt,
um bei etwaiger Unschuld den Offizier
nicht bloszustellen und eventuell seinen
Mitschuldigen zu entdecken. Durch eine
Indiskretion sei jedoch Alles an das
Tageslicht gekommen. Der Kriegsminister
versicherte schließlich, daß die Untersuchung
vor 8 Tagen nicht beendet sein werde.
Paris, 19. Nov. Der heutige Minister
rath faßte den Beschluß, Anordnungen
dahin treffen zu lassen, daß am Begrab-
nißtage des Zaren beim Ehrendienste in
der russischen Kirche zur Hälfte von Land-
und Marinetruppen Spalier gebildet wird.
Dadurch soll die Betheiligung der gesauiniten
französischen Armee an der Mssischen
Nationaltrauer bethätigt werde*.
ŞlMmà
Außereuropäische Gebiete
Man schreibt aus Algier, daß der be-
rüchtigte Bandit Areski und seine Genossen,
die von 1884 bis 1893 die Bezirke Azaz-
ga, Azeffun und Dscherdschera unsicher
machten und verwüsteten, am 3. Dezember
vor dem Schwurgerichte erscheinen werden.
Die Anklageschrift verzeichnete 33 began
gene oder versuchte Mordthaten, 10 Todt-
schläge, 1 Vatermord, 2 Brandstiftungen
und 11 räuberische Ueberfälle. Man glaubt,
daß der Prozeß die ganze Schwurgerichts
session in Anspruch nehmen lvird. Die
30 Angeklagten werden von 21 Advokaten
vertheidigt werden.
Aus Sansibar wird der „Times" tele
graphirt, daß der frühere Häuptling in
Witu, F u m o Omari, der nach Sansi-
bar gebracht worden war, wieder nach
Witu zurückgeschafft loerden soll, damit ihm
dort der Prozeß gemacht lverden kann.
Die Anklage geht dahin, daß er Waffen
zum Zweck eines Aufstandes gesammelt
habe. Die andern Witu-Rebelleu sitzen in
Sansibar im Gefängniß.
Shauhai, 16. Nov. (R. T.) Meldung des
Reuter'schen Bureaus. Einer Depesche-
aus Tschung-King zufolge ist der Bicekönig
von Sz'-tschwau auf Befehl von Peking
verhaftet worden unter der Anschuldigung
einen Tartaren-General ermordet zu haben,
um große Veruntreuungen zu verdecken.
Aus Nashville in Tennessee wird ge
meldet, daß vor einigen Tagen in dem
dortigen Gerichtsgebäude ein früherer An
gestellter des Gerichtes, George Whitworth,
eingetreten ist und den Richter An
drew Allison auf seinem Richterstuhle
erschossen hat, worauf der Mörder sich
elbst durch einen Schuß in den Mund eine
tödtliche Wunde beibrachte. Der Beweg
grund der That soll ein politischer sein.
Türkei.
Konstantinopel, 17, Nov. Nachrichten
aus Macedonien melden Aufregung unter
der christlichen Bevölkerung 'wegen der
zwangsweisen Einführung der
türkischen Sprache in den 'konsessi-
onellen Schulen. An den russischen Bot-
schafter Nelidow seien aus diesem Anlaß
zahlreiche Gesuche zum Einschreiten er
gangen.
Rußland.
Petersburg, 17. Novbr. Das Befinden
des G r o ß f ü r st e n G e o r g, der erst
jüngst, den russischen Hausgesetzen entspre-
chend, zum Thronfolger Proklamirt wurde,
soll sich nach einer Petersburger Meldung
der „Magdeb. Ztg." in Folge der letzten
Aufregungen sehr verschlimmert haben.
Der Kranke hatte in den letzten Tagen
wiederholt Bluterbrechen, so daß das
Schlimmste befürchtet wird.
Italien.
_ Rom, 17. Nov. Gestern wurden starke
Erbstöße in Catanzaro(Provinz Calabria),
Messina und Reggio verspürt. Depeschen
aus Arci-Reake melden ebenfalls, daß gestern
Der Detect«».
Roman von I. F. Molloy und K. Dietrich
Abend ein sehr heftiger Erdstoß erfolgte,
der auch in der ganzen Provinz verspürt
wurde. Das Erdbeben dauerte 12 Sec.
Ein Theil des oberen Leuchtthurmes stürzte
ein. Der Wächter wurde verletzt. Viele
Häuser erlitten Beschädigungen. Die Gesimse
vieler Kirchen wurden herabgeschleudert.
Eine Person hat das Leben eingebüßt. Die
Panik dauert an.
Belgien.
Brüssel, 18. Nov. Der Sprachen-
streit gestaltet sich immer bedrohlicher.
Im westflandrischen Provinzialrathe in
Brügge erklärte die des Blämischen un-
kundige Minderheit, nicht mehr an den in
flämischer Sprache geführten Verhandlungen
theilnehmen zu können, da sie „keine Heloten"
seien. Und der „Soir" versichert, daß
zwischen allen in französischer Sprache er
scheinenden Zeitungen Belgiens eine Ver
einbarung bevorstehe, in vlämischer Sprache
gehaltene Kammerreden einfach todtzu
schweigen. Das Land geht somit sehr
ernsten Kämpfen entgegen.
Ein neuer großer Canalbau kommt
in Belgien zur Ausführung. Zwischen
der Regierung und der Stadt Gent ist ein
Vertrag zum Abschlüsse gekommen, welcher
die Vertiefung des Canals Gent-Ternenzen
von 6.50 Meter auf 7,80 Meter, die
Ausführung einer großen Schleuse in
Termenzen, wie zweier Brücken in Sluys-
kiel sichert. Der Staat trägt die auf 20
Millionen Frcs. berechneten Kosten, zu
denen die Stadt 4 714 000 Francs bei-
teuert. Sind diese Arbeiten ausgeführt
so können die größten Schiffe nach Gent
gelangen.
England.
London, 17. Nov. Wie dem „B. T."
berichtet wird, haben in Südkorea hef
tige Kämpfe des japanischen Haupt-
manns Suzukis mit den aufständischen
Tonghaks stattgefunden. Am 11. Novem
ber hat ein entscheidendes Gefecht stattge
linden, in dem 186 Rebellen getödtet sein
ollen. Nach einer Meldung des „Times"-
Correspondenteu schwenkt der zur Verthei
digung Mukdens entsandte chinesische Ge-
neral in südwestlicher Richtung zum Ent
satz Port Arthurs ab.
In East Rainton, einer Vorstadt von
London, wurde am 17. ds. ein Vom ben-
attentat gegen den Farmer Thomas
Walker verübt. Eine Bombe hatte man
auf die Schlvelle, eine zweite auf das
Fensterbrett gelegt. Die Erstere explodirte.
Das Haus wurde zum Theil zerstört.
Walker und seine Familie, welche sich in
demselben befanden, entkamen unverletzt.
Der Thäter ist unbekannt.
Monaco.
Aus Monte Carlo wird dem „Jll. W.
Extrabl." unterm 14. November berichtet:
Gestern war im Casino ein „aufgeregter
Tag". Marquis di Rudini, ein Sohn
des italienischen Staatsmannes, gewann eine
Viertelmillion Francs, während Coquelin
der Aeltcre zlveimalhunderttausend Francs
verlor. Coquelin hatte ein neues,unfehlbares^
System, die Bank zu sprengen, erproben
wollen — Klingt etwas sensationell!
JnlKttd.
— Die neue Königskrone, welche
1889 nach einem Entwurf von Professor
E. Doepier d. I ausgeführt worden ist,
wünscht der Kaiser jetzt bei allen hcral-
bischen und künstlerischen Darstellungen
verwendet zu sehen anstatt der bisherigen
konventionellen Form. Besonders charak
teristisch ist, daß die einzelnen Blätter, die
auf dem Reifen aufliegen, variiren. Ge
füttert ist die Krone mit rothem Sammet,
Bügel und Reifen sind aus massivem Gold;
im Uebrigen herrscht die weiße Farbe vor,
da nur Diamanten und Perlen verwendet
ind, bis auf den großen blauen Saphir
auf der Krone, der wieder ein hübsch ge-
ialtetes Kreuz trägt.
- Die Blättermeldung, daß der Kaiser
eine einaktige Oper komponirt und jn
Romiuten vollendet habe, entbehrt der
Begründung.
Berlin, 19. Nov. Die „Kreuzztg."
empfiehlt dringend, eine Erhöhung der
Biersteuer an Stelle der Tabaksteuer
vorzuschlagen. Mit dem Rücktritt Caprivi's,
der sich persönlich gegen eine Erhöhung
Der Biersteuer engagirt hatte, sei das
Hinderniß für die Regierung beseitigt. —
•Sie „Volksztg." erfährt zuverlässig, daß
die ganze Aktion zur Arganisation des
Handwerks von der Regierung vor
läufig aufgegeben sei. Es solle erst eine
Enquete über die Lage des Handwerks
stattfinden.
- Nach der „Kreuz-Ztg." ist dern
Bundesrath heute der Entwurf eines Ge
setzes zugegangen über Abänderung des
Strafgesetzbuches, des Militärstrafgesetz,
buches und des Gesetzes über die Presse.
Wie es heißt, ist eine umfangreiche Be
gründung beigefügt.
Fünfzehntes Kapitel.
Der Herr im Otternpelz.
Nachdem Gillwuldt die Spur des Mörders
bis zum Oranienplatz verfolgt hatte, ver
mochte er sie nicht wieder zu finden. Hätte
sich die Erde geöffnet und den Menschen
bort verschlungen, so hätte er nicht völliger ver-
lchwunden sein können. Tag und Nacht
buchte der alte Kriminalkommissar über die
Sachlage nach, leise die Flöte spielend und
vergebens auf eine Inspiration aus der
1 anften Weise seines Instrumentes wartend
und rastlos bemüht, irgend einen Plan zu
Seb a tmcbci ' °uf die Spur des
C-djulbtcjcn ļommen könnte
Aber weder seine Musik, „ach fe i„ e Ge-
banlcn zeigten ,hn ngenb einen Ausweg.
Auch lucht ein einziger Anhaltspunkt war
vorhanden, durch den er wieder auf den
Mörder geführt werden konnte.
Eigentlich hätte er gar nicht mehr auf
Erfolg hoffen dürfen, und doch wollte er die
nicht aufgeben. Jakob Jlgner hatte
""ch eingehender Untersuchung die Sachlage
u , nachdem er Hugo von Markwald län-
w-e heimlich hatte beobachten lassen, alle
oeo i ÏEn Nachforschungen als aussichtslos auf-
harru ' Gillwaldt war jedoch bedeutend be-
fvtzt erst recht entschlossen, die
aber^k.'" Ende zu führen.. Während er
ì„,.. ..abwartete, war er keineswegs trage oder
Amn"'6- Dadurch hätte er sich nach sciner
>“«ung jedes Erfolges unwürdig ge
ben, r' Unb şiâ) şàr der glücklichen Wendung,
nützlichen, anscheinend zufälligen Wieder-
auffinden absichtlich entzogen. Deshalb setzte
er beharrlich seine Nachforschungen fort, war
beständig mit gespanntester Aufmerksamkeit
unterwegs und nahm seine Korrespondenz mit
der ausländischen Polizei und seine Nach-
forschuugen mit den Eisenbahnbeaniten und
bei den Bedieusteten des Vereinshauses immer
wieder auf, sobald ihm wieder neue Gedanken-
kombinationen und Möglichkeiten in den Sinn
kamen.
dieses eine Ziel beschäftigte ihn unab-
aftig und nahm seine Gedanken völlig und
zu allen Zeiten in Anspruch. Nachts träumtc
er regelmäßig davon, und als eines Morgens
einer der Elsenbahnbeamten ihn besuchte und
ihm cm leeres, mit der Bezeichnung Chloro
form etlkcttirtcs Flaschen brachte, welches am
vorhergehenden Tage in dem Moosteppiche
am Abhänge des Eisenbahndammes, etwa
anderthalb Stunden von der Stadt entfernt,
gefunden worden war, hatte er das Em
pfinden, als ob jetzt seine Erwartungen und
Hoffnungen sich erfüllt hätten. Eifrig ergriff
er die Flasche, überzeugt, jetzt den Anfang
der Spur, die ihn sicher auf den Mörder
Ähren mußte, in Händen zu halten. Seine
'rstc Frage war, ob man die Stelle auch
orgfältig abgesucht hätte, in der Vermuthung,
haß sich vielleicht außer der Flasche auch noch
irgend^ etwas anderes, ein Taschentuch, Stock
oder Hut oder sonst etwas dem Mörder Ge
höriges gefunden haben könnte. Ja, die
Stelle war aufs sorgfältigste abgesucht, abcr
nichts als diese Flasche gefunden worden, die
ihrer Lage nach zu urtheilen höchst wahr-
cheinlich von irgend jemand aus dem Fenster
eines vorüberfahrenden Eisenbahnzuges heraus
geworfen war.
Nachdem Gillwaldt den Beamten, reichlich
belohnt und entlassen hatte, stellte er- das
Fläschchen feierlich auf einen Tisch und setzte
sich selber davor, um nachzudenken. Seines
Erachtens hatte dies Fläschchen höchst wahr
scheinlich das Chloroform enthalten, mittelst
dessen Karl von Foerster ermordet worden
war, und dann hatte es der Mörder, um es
los zu sein, an einer einsamen Stelle aus
dem Wagenfenster geschleudert in der Hoffnung,
cs werde zu Splittern zerschellen oder an
dem abgelegenen Orte doch nie gefunden
werden. Aber andererseits konnte es auch
ebensogut irgend einem harmlosen Passagier
gehört haben, welcher, sei cs zur Stillung von
Zahnschmerzen, sei es aus irgcnt welchem
anderen zulässigen Grunde, Cloroform bei
sich gehabt und benutzt hatte. Seine, Gill
waldts, Aufgabe war cs nun, zu entdecken
wcni diese Flasche gehört und wozu ihr In
halt gedient hatte.
Nun hatte er doch endlich etwas Greif
bares in Händen — höchstwrhrscheinlich einen
-talisman, der ihn Schritt für Schritt zu
wichtigen Entdeckungen führen würde. Gleich
beim ersten Anblick hatte er gesehen, daß die
Flasche ein rotes Etikett mit der Firma eines
großen Drogucngcschäfts in der Friedrich-
tiaße trug. In diesem Laden, wo das
Chloroform verkauft war, mußten die Nach-
orschungen beginen, demnach fuhr Gillwaldt
in großer Aufregung dorthin und ersuchte den
Besitzer um eine Besprechung unter vier
Augen.
In einen Hinteren Raum des Laden geführt,
ragte ihn der Geschäftscigenthümer erwartungs
voll: „Nun, womit kann ich Ihnen dienen?
Fehlt Ihnen irgend etwas?"
„Nein, gar nichts," erwiderte Gillwaldt
etwas spöttisch.
„Aber Sie wünschten mit mir unter vier
Augen zu sprechen?"
„Ja, und ich habe Ihnen auch etwas
Wichtiges zu sagen."
„Was denn?" fragte der Mann mit einem
forschenden Blick.
„Ich bin der Kriminalkommissar Gill
waldt -—"
Der Droguist starrte ihn etwas erschreckt
und schuldbewußt an. Es ließ sich nun ein
mal bei seinem Geschäft nicht vermeiden
so meinte er wenigstens —, mancherlei zu
verkaufen, was er eigentlich nicht verkaufen
durste. Hoffentlich würde die Sache nicht
Zu schlimm werden. „Etwas passirt?"
fragte er deshalb in ängstlicher Besorgnis.
„WaS ich Ihnen jetzt sage, müssen Sie
absolut geheim halten."
„Gewiß, Sic können sich unbedingt au :
mich verlassen," antwortete der Andere er
leichtert aufathmend.
„Ich bin mit den Nachforschungen wegen
eines Mordes, der mittelst Chloroform be
gangen wurde, derzeit beschäftigt, und gestern
Morgen wurde an einer Stelle, die cs zweifellos
erscheinen läßt, daß der Mörder sie dort nach
begangener That hinwarf, eine Chloroform
sasche mit Ihrem Etikett gefunden. Hier ist
>e, bitte, wollen Sie mir unverzüglich die
Adresse des Käufers mittheilen?"
„Dazu bin ich leider außer stände," ant
wortete der Droguist, jetzt wieder in ängstlicher
Erregung.
Was? Sie wollen doch nicht behaupten,
daß Sie den Leichtsinn so weit treiben, der
artige, streng verbotene Geschäfte zu machen,
ohne wenigstens den Käufer zu kennen und
ich dessen Adresse zn notiren und auf dcr
Flasche oder der Schachtel einen entsprechenden
Nummervermerk zu machen? Ich rathe Ihnen
dringend, daß Sie Ihr Gedächtniß anstrengen,
sonst werde ich dafür Sorge tragen, daß die
Sache Ihnen schlecht bekommt. Falls Sie
mir jedoch binnen längstens einer Woche die
gewünschte Ankunft bringen, garantiere ich
dafür, ^ daß Ihnen aus diesem Zwischenfall
keinerlei Unannehmlichkeiten erwachsen sollen.
Hat vielleicht einer von ihren Gehülfen die
Flasche verkauft?"
„Nein. Die Gehülfen dürfen so etwas
nicht verkaufen. Es ist zwar bei unserem
Geschäft nicht zu vermeiden, daß wir häufig
die Polizeiverordnungen übertrete», aber wenig-
teus halte ich daran fest, daß ich solche Sachen
nur persönlich verkaufe. Für den Augenblick
i>t es mir absolut unmöglich, mich zu erinnern,
zu wann und an wen ich Chloroform in
letzter Zeit verkaufte — die Flasche ist freilich
von mir, das leugne ich nicht. Aber ich
werde mich nach allen Kräften bemühen,
darauf zu kommen, und hoffentlich ivird es
mir gelingen. Ich gebe Ihnen dann sofort
davon Nachricht."
, „Gut,fl meinte Gillwaldt. „Bekomme ich
die Nachricht, so wird sie mir behülflich sein,
die Spur eines ganz verruchten Schurken zu
indeu und einen unschuldigen Mann von
dem Verdacht des Mordes, der jetzt unbe
gründeterweise auf ihn puht, zu befreien. Es
ist eine eigene Sache um den menschlichen
Geist und die Erinnerung. Wenn man seinen
Gedanken erstmal eine bestimmte Richtung
gegeben hat, dann arbeiten sie unwillkürlich
und unbewußt iveiter, und plötzlich — blitz
artig leuchtet einem die Erinnerung an das
auf, was man bis dahin vergebens gesucht
hat, und so bin ich fest überzeugt, daß, wenn
Sie sich ernstlich Brühe geben, schließlich auch
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