völlig überschwemmt. Jede Mahnung an
den Capitain, die Fahrgeschwindigkeit zu
verringern, war vergeblich, er lachte und
spottete über die Höllenangst der Ausflügler.
In wenigen Minuten waren die letzteren
bis auf die Knochen durchnäßt und mußten
in der Kajüte des Schiffshintertheils Zu-
flucht suchen. Capitain Hyatt zeigte sich
eine Zeitlang gleichgültig und ruhig, um
den Passagieren Muth einzuflößen; plötzlich
aber sah er, daß die Lage sich verschlimmere
und ließ durch die schrillen Töne der Si
renen (Nebelhörner) die Gefahr signalisiren.
®er. Dampfer „Algonguin" war erst vor
wenigen Minuten vorübergefahren, ebenso
befanden sich einige Schlepperschiffe nur
eine halbe Seemeile entfernt. Alle eilten
in Folge der Hülferufe des „Nicoll" her-
bei, aber sie kamen gerade in dem Augen
blicke, als das Schiff mit den 70 Personen,
die es an Bord hatte, kippte. In diesem
furchtbaren Augenblicke spielte sich eine
jener Scenen ab, die man leichter sich vor
stellen als schildern kann; wer nicht zu
gleich mit dem Schiffe unterging, war ein
Spielball der Wogen und kämpfte ver
zweifelt mit dem Tode, bis er von einem
der vier Rettungsschiffe aufgenommen wurde.
Beim Namensaufruf fehlten 3 7 Per-
sonen, die sämmtlich zu Grunde gegangen
sein dürften.
Die erste Eisenbahn auf der Insel
Madeira wird demnächst dem Verkehr über
geben werden, welche von der Stadt Funchal
nach den, Gipfel des Teneriffa führt, mit
hin eine Gebirgsbahn, ähnlich wie jene
auf den Rigi, darstellt. Dieselbe hat nach
einer Mittheilung vom Patent- und tech
nischen Bureau von Richard Lüders in
Görlitz, eine Länge von 24 Kilometern
und weist streckenweise eine Steigung von
1: 25 auf.
Türkei.
Konstantmopel, 13. Juli. Ueber die
bisherigen Vernichtungen durch das Erd
beben ist nachstehendes bekannt: Die Zahl
der Todten beträgt nach amtlicher Angabe
110. Die Feststellung der Schäden ist vor-
läufig unmöglich. Ein großer Theil der
öffentlichen Gebäude ist unversehrt, doch
sind mehrere Ministerien beschädigt. Die
Telegrammbureaux sind provisorisch in ein
Theater verlegt worden. In Pera sind
4 Häuser eingestürzt und zahlreiche be
schädigt; auch das Gebäude der Tabakregie
ist stark beschädigt.
Ueber das Erdbeben in Koustantinopcl
wird noch berichtet: Die Menge stürzte
nach dem Bosporus und den dort ankernden
Jnseldampfern, da sie das Wasser für
sicherer hielt als das Land, welches in
kleinen Zwischenräunien unter ihr zitterte.
Wüthende Kämpfe um einen Handbreit
Raum spielten sich bei dieser Gelegenheit
ab. Jeder Stehplatz auf den Schiffen
wurde förmlich von den Anstürmenden dem
Inhaber abgerungen. Man besorgt, daß
das hiesige Erdbeben nur der Ausläufer
von schweren Verheerungen im Innern des
Reiches sei. Man hat jetzt noch keinen
Ueberblick, da die telegraphischen Leitungen
zum größten Theile unterbrochen sind.
Der Erdstoß war so heftig, daß, wenn
derselbe nur wenige Secunden länger an
gehalten hätte, von ganz Konstantinopel
zweifellos nur noch ein großer Trümmer
hausen übrig geblieben wäre.
Pera, 13. Juli. Die Nachrichten aus
den Provinzen lauten heute beruhigender.
Hier fanden heute zwei neue starke
Erdstöße statt, in Folge deren einige
schon beschädigte Mauern und noch etliche
Kaufläden einstürzten. Ein großer Theil
der Bevölkerung lagern von Neuem arst
freiem Felde. Handel und Geschäftsverkehr
ruhen und die tvohlhabendere Bevölkerung
ist zum Theil nach dem Bosperus ab
gereist.
Pera, 13. Juli. Die Nachrichten, welche
über das Erd beben einlaufen, besagen,
daß Angora furchtbar gelitten hat. Auch
in Koma wurde ein sehr starker Erdstoß
verspürt, der jedoch keinen größeren Schaden
anrichtete. In Ialvwa sind mehrere Häuser
eingestürzt. Einige Personen wurden ge-
tödtet, mehrere verletzt. An der Anatolischen
Eisenbahnlinie wurde das Erdbeben bis
auf 480 Kilometer von Konstantinopel
verspürt. Im Bosporus ist der Schaden
unerheblich. Dagegen haben die Prinzen-
Jnseln sehr gelitten. Auch von den anderen
Inseln werden große Materialschäden und
zahlreiche Verluste an Menschenleben ge
meldet. In San Stefano sind die katholische
Kirche und sämmtliche Häuser der Kapuziner-
Mönche eingestürzt. Unter den Trümmern
sind 5 Frauen begraben. Außerdem fielen
dort noch 6 Menschen dem Erdbeben zum
Opfer. Mehrere Eisenbahnstationen in
der Nähe Konstantinopels sind zerstört.
Nähere Meldungen aus dem Innern des
Landes fehlen noch. Man glaubt, daß
der Mittelpunkt des Erdbebens Brussa ge
wesen sei. Auf Befehl des Sultans ist
die alte Cholerakommission als Commission
zur Unterstützung der durch das Erdbeben
Betroffenen zusammengetreten und vertheilt
Lebensmittel, Kleidungsstücke, Zelte und
Geldunterstützungen.
Maukreich.
Paris, 13. Juli. Casimir Perier
besitzt zwei Eigenschaften, die in unsern
modernen Zeitläuften zu den außergewöhn-
lichen gerechnet werden müssen. Er ist
Nichtraucher und nur in höchst sel
tenen fällen nimmt er eine dargebotene
Cigarrette an, um sie jedoch gleich nach
den ersten Zügen wieder bei Seite zu legen
Außerdem ist Casimir-Perier — und dies
dürfte wenig bekannt sein — Domherr von
St. Johann zum Lateran in Rom. Diese
Würde schreibt sich aus der Zeit Heinrich's
IV. her, wo das französische Staatsober
Haupt das Dvmherrnrecht jener Kirche ge
noß. Heinrich IV. hatte es durch die
Schenkung der Abtei Clerac in der Gas
cogne erworben, und das Domcapitel über-
trug es mit Genehmigung des Papstes au :
alle Herrscher Frankreichs. Zwar hob die
Revolution die Abtei Clerac auf, die Mo-
narchie setzte indeß die dortigen Geistlichen
in Amt und Würden wieder ein. Wenn
daher Casimir-Perier heute nach Rom
kommt, kann er mit Fug und Recht unter
den Domherren von St. Johann Platz
nehmen.
Paris 13. Juli. Der große Mord
Prozeß gegen den Mörder Carnots,
Caserio, ist auf den 23. Juli angesetzt
worden. Die Anklage vertritt Staatsanwalt
Fouchier, dem bereits der Untersuchungsrichter
die Akten übergeben hat. Wie es heißt
soll in geheimer Sitzung verhandelt werden.
Für die Annahme einer Verschwörung hat
sich in der That kein bestimmter Anhalt
ergeben. Caserio bestellte ein italienischen
Vertheidiger. Caserio äußerte den Wächtern
gegenüber, Casimir Perier werde nicht
wagen, das Todesurtheil vollstrecken zu
lassen.
Toulon, 11. Juli. Der durch den
Brand im Arsenal angerichtete Schaden
wird auf sechs Millionen Frcs. ge-
chätzt. Das abgebrannte Magazin ent
fielt 250 000 Kilog. Kerzen, Dynamit,
feine Oele, Kautschuk u. s. w. Da die
zerstörten Gebäude von den Feuerstellen
ziemlich weit entfernt sind, glaubt man
immer mehr an eine verbrecherischen Brand-
legung, über welche eine Untersuchung im
Gange ist.
Wie die Journale melden, wurden ge-
tern in Toulon drei Personen verhaftet,
welche während des Stapellaufs des Pan-
zerschiffes „Carnot" den Versuch machten,
einen neuen Brand in dem Arsenal
zu legen.'
Spanien.
Barcelona, 13. Juli. Heute werden 35,
dieser Tage hier verhaftete Italiener,
größtentheils Anarchisten, an die Grenze
geschafft.
Ein Zeichen großer Unerschrockenheit legte
am Sonnabend in Madrid im Circo Price
einer der bekanntesten Barbiere ab, indem
er sich mit dem dort gastirenden Thier
bändiger in den Löwenkäfig begab,
ihn einseifte und dann rasirte ohne sich
durch das Knurren der Raubthiere in seiner
Beschäftigung stören zu lassen.
England.
Boston, 9. Juli. Die Sträflinge
des hiesigen C o r r e k t i o n s h a u s e s meuter
ten heute und weigerten sich, ihre Arbeit
zu verrichten. Die Gefangenen ergriffen
Stühle und Alles, was ihnen sonst in die
Hand kam. Schließlich blieb den Wärtern
nichts übrig, als von der Feuerwaffe Ge
brauch zu machen. Ein Sträfling wurde
verwundet. Darauf besannen sich die Ge
fangenen eines Besseren.
London, 13. Juli. Japan nahm die
Vermittlung Englands indem korea
nischen Konflikt an. Es ist gegrün
dete Hoffnung vorhanden, daß auch China,
dessen Gesandter gestern hier eintraf und
von Lord Kimberley sofort empfangen
wurde, zustimmen wird.
Oesterreich.
Budapest, 12. Juli. Die Polizei Der
haftete einen Arbeiter Namens Georg
Czerni, der sich als Anarchist ent-
puppte. Derselbe steckte kürzlich eine Fabrik
in Brand, was eine Million Schaden uer
ursachte und mehrere Menschenleben kostete
Budapest, 13. Juli. Die bedeutenden
Holzhändler Goldberg und
Z e r k o w i tz sollten gestern unter dem
Verdacht, den ini April ausgebrochenen
Brand auf dem eigenen großen Holzplatz
elbst angelegt zu haben, verhaftet werden.
Als Zerkowitz den Verhaftsbefehlt erhielt,
wurde er v o m S ch l a g e getroffen
und war sofort todt.
Nach Verübung von Betrügereien im
Betrage von 60 000 Gulden war August
Ritter v. Kogerer, ein Sohn des ver
dorbenen Eisenbahndirektors, aus Wien
geflüchtet. Er ist jetzt in Brunnen am
Vierwaldstädtersee verhaftet worden.
Ein Distanzlaufen von Greisen
ist die neueste Blüthe der Sportfexerei.
Salzburger Blätter melden aus Henndorf
vom 8. d.: Bei günstiger Witterung fand
heute Nachmittag das Wettlaufen statt.
Zehn Männer, von denen der jüngste 70,
ber_ älteste 85 Jahre zählt, hatten sich
tapfer eingestellt, um am Wettlaufe sich zu
betheiligen. Ein zahlreiches, aus mehreren
hundert Köpfen bestehendes Publikum hatte
ich auf beiden Seiten der Reichsstraße
aufgestellt, um sich das seltsame Schauspiel
anzusehen. Und wer wollte auch nicht
neugierig sein auf einen Wettlauf solch er
grauter Männer! Eine Böllersalve signali-
irte den Beginn des Wettlaufes. Und
nun stürmten sie die Straße entlang. Alle
einem Ziele zu Allen weit voran der alte
Wallbauer (Landgemeinde Seekirchen), die
anderen Neun hinterdrein. Zwei dieser
Männer erlitten eine gewöhnliche Nieder
läge, da sie nicht mehr nachhumpeln könn
ten, und zwei andere waren schon nahe
dem Ziele, stürzten aber so, daß sie eine
Niederlage im wahren Sinne des Wortes
erlitten und daher auch als preis verlustig
erklärt wurden. Den ersten Preis erhielt
Wallbauer. Nach diesem Wettlaufe ver-
sammelte sich das Zuschauerpublikum um
seine preisgekrönten Häupter beim Backler-
Wirthe, woselbst noch die einen Meter lange
Bratwurst den Zankapfel zweier Wettläufer
bildete.
Inland.
— Der Justizausschuß des Bundes
raths hat in Verbindung mit der nun
mehr durchberathenen Novelle zur Straf
Prozeßordnung und zum Gerichtsverfassungs
gesetz den Beschluß gefaßt, es solle der
Reichskanzler ersucht werden, die Aus
arbeitung eines Gesetzentwurfes über die
Bestrafung unwahrer, nicht eidlicher
Zeugenaussagen in Erwägung zu
nehmen. E Der diesbezügliche Antrag
ist, wie wir mittheilen können, von Sachsen
ausgegangen und unter Zustimmung fast
aller übrigen Staaten, gegen die Stimmen
der Preußischen Vertreter zum Beschluß
erhoben worden.
— Der „Reichs.-An." schreibt: Die
Erlasse des Unterrichtsministers betr. die
Neugestaltung des höheren
M ä d ch e n s ch u l w e s e n s vom 31. Mai
haben in der Presse fast ausnahmslos eine
reundliche Beurtheilung gefunden. Es
sind indeß hier und da kleine Mißverständ-
niste und Irrthümer unterlaufen. So findet
ich in mehreren Zeitungen angegeben, es
olle fortan das Ordinariat der drei oberen
Classen der öffentlichen höheren Mädchen-
chule ausschließlich in den Händen von
Lehrerinnen liegen, während nur vorge-
chrieben ist, daß in einer der drei oberen
Klassen eine Lehrerin das Ordinariat zu führen
hat. Außerdem scheinen sich jetzt im Amt
stehende Lehrerinnen durch die Einführung der
wissenschaftlichen Prüfungsordnung beun
ruhigt zu fühlen. Zu den von ihnen ge
äußerten Besorgnissen liegt kein Grund
vor, denn es ist klar ausgesprochen, daß
die gegenwärtig bereits in Thätigkeit be-
indlichen Lehrerinnen in den Grenzen der
ihnen zustehenden Befähigung auch in höhere
Stellen befördert werden können. Es
wird z. B. keinem Bedenken unterliegen,
wenn Patronatsbehörden die neugeschaffenen
Oberlehrerinnenstellen an Lehrerinnen ver-
f ' I”—- N/vv/ruumui ver
geben, ohne von ihnen die Ablegung der
'wissenschaftlichen Prüfung zu fordern; erst
Lehrerinnen, die im Jahre 1894 geprüft
werden gegenüber würde eine solche For
derung berechtigt sein.
— Was kein „Freisinniger" je fertig
gebracht . hat, den Fürsten B i s m a r ck
schon bei Lebzeiten persönlich zu ver
höhnen und in den Staub zu zerren, das
bringen jetzt die Antisemiten fertig.
Professor Förster schreibt anläßlich der
„Bcnnigsen-Feier" in seinem Blatte über
den Altreichskanzler: Einen „Staatsmann"
der mit Lasker, Bamberger, Bleichröder,
psülk, Camphausen, Delbrück rc. von einem
Irrthum in den andern tappt und hinter
her die Schuld auf seine „unfähigen (von
ìhw gewählten) Mitarbeiter wälzt, den
lassen sich gutgläubige Zeitgenossen als
„groß" gefallen, die Geschichte nicht
Man mag fest im Kampfe gegen die Bis
marck'sche Politik gestanden haben, sie sach
lich auch mit scharfen Waffen bekämpft
haben^wo man seine Ueberzeugung nicht
zum Opfer bringen konnte, oder wo diese
Politik Miene machte, in Despotie auszu
arten, — die Unnatur, dem Fürsten Bismarck
das zu schmälern, was sein wirkliches
Verdienst war, wird nach Obigem den
Antisemiten vorbehalten bleiben.
Berlin, 12. Juli. In 31 Volksver
sammlungen, von denen die meisten über
füllt waren, weil sie nur in kleinen, den
Sozialdemokraten noch zur Verfügung
stehenden Lokalen stattfinden konnten, haben
diese, >vie bereits telegraphisch geineldet
gleichlautende Resolutionen angenommen,
worin die Schuld für die Fortdauer des
Boykotts auf die Brauereien geschoben,
den Wirthen vorgeworfen wird, daß sie
rafstnirt und wenig ehrenhaft heimlich
boykottirtes Bier ausschänken, und schließ
lich der Boykott gegen sämmtliche Braue
reien des Vereins ausgesprochen wird.
Man braucht die Wirkung dieses Beschlusses
nicht zu überschätzen, denn thatsächlich hat
ich der Boykott von Anfang an nicht nur
auf die 7, sondern auf alle Vereinsbraue
reien erstreckt.
Ein allgemeiner Bierboykott
ist, wie wir schon früher erwähnten, be
reits einmal im Jahre 1890 über Berlin
von den Sozialdemokraten verhängt wor
den. Damals trat gerade Abg. Bebel
gegen den Boykott ein und setzte auch die
Aufhebung desselben durch. Damals sagte
Bebels nach dem Bericht des „Vorwärts"
in dessen Nummer vom 21. Juni in einer
Volksversammlung im Friedrichshain Fol
gendes: Man sei glücklich dahin gelangt,
den Fetischdienst so weit zu treiben, daß
eine Volksversammlung als das Aller-
heiligste betrachtet wird, mag dieselbe auch
noch so verkehrte Beschlüsse fassen. Von
dem Augenblick an, wo der Beschluß ge
faßt worden sei, 32 Brauereien zu boy-
kottiren, habe er gewußt, daß er ins Wasser
fallen müsse. Die ökonomische Lage der
Arbeiter sei eine derartige, daß ein sol-
cher Boykott nicht durchführbar
sei. Ein derartiger Krieg könne über-
Haupt nur unternommen werden, wenn die
Gewißheit vorhanden sei, daß die Massen
pariren. Wenn diese Voraussetzung nicht
zutreffe, dann sei ein solches Beginnen
eine große Dummheit. . . . Man
möge nicht beschließen, den Boykott noch
weiter aufrecht zu erhalten, sondern dafür
sorgen, daß man so bald nicht wieder eine
Ohrfeige erhalte! — So Herr Bebel im
Jahre 18 90! Dieser selbe Herr Bebel
hat am 11. Juli 1894 in den Ärminhallen
die Boykottirung dieser selben 32 Brauereien
aufs Wärmste empfohlen.
Die Kommission der S a a l b e s i tz e r
Berlins und Umgegend hat beschlossen da
hin zu wirken, daß den S o z i a l d e m o -
kraten auch s P ä t e r h i n d i e S ä l e
verweigert werden. Der Kom
mission sind, wie vorauszusehen war, auch
von vielen sozialdemokratischen Gastwirthen
Unterstützungsgesuche zugegangen, wie man
nach sorgfältigen Recherchen annimmt, au'
Veranlassung der sozialdemokratischen Boy-
kottkommissson, um Material für den „Vor
wärts" zu sammeln. Es hat sich in diesen
Fällen herausgestellt, daß die Betreffenden,
angeblich durch den Boykott Geschädigten
überhaupt keinen Schaden er
litten haben oder erleiden konnten
Alle anderen Gastwirthe, welche eine Schä
dignng ihres Geschäfts durch den Boykott
nachweisen konnten, haben Unterstützungen
erhalten und erhalten solche noch, falls sie
den erforderlichen Nachweis liefern. Allein
in den letzten Tagen sind von der Saalkom-
mission 53 304 Mark an Unterstützungen
ausgezahlt worden, und in den letzten drei
Tagen allein bei zwei Kommissionsmit
gliedern 70300 Mark freiwillige Beiträge
zu diesem Zweck eingegangen.
Hannover, 13. Juli. Oberpräsident
Bennigsen veröffentlicht im „Hanno
verschen Courier" folgende Danksagung:
Zu meinem Geburtstage habe ich von Nah
und Fern so viele hocherfreuliche und ehren
volle Beweise von Theilnahme, Anerken
nung und Freundschaft erhalten, daß die
Erinnerung daran von mir und meiner
Familie mit unauslöschlicher Dankbarkeit
bewahrt bleiben wird. Zu nieineni auf
richtigsten Bedauern ist es mir bei der
überaus großen Zahl erhaltener Telegramme
und Briefe nicht möglich, Jedem, wie ich
es wünschte, einzeln zu antworten und zu
danken. Ich bitte daher, mir zu gestatten,
dem Gefühle des herzlichsten und lebhaftesten
Dankes hierdurch öffentlich Ausdruck zu
geben.
Danzig, 13. Juli. Nach einer .Kund
gebung der staatlichen Cholera-Com-
mission ist bei drei Flößen in Plehnen-
dorf und einem Flößer in Pickel die
Cholera bacleriologisch nachgewiesen wor
den. In Schilnow und in Christfelde ist
je ein Flößer, im Kreise Graudenz eilt
Schiffer und ein Bühnenarbeiter, in Thorn
ein Knabe choleraverdächtig erkrankt, sowie
ein öjähriges Mädchen unter choleraver-
dächtigen Erscheinungen gestorben.
Dem bereits in den fünfziger Jahren
stehenden Nachtwächter in dem reichen
Spreewalddorfe Lehde ist jüngst sein Ge
halt erhöht worden. Für 28 H täglich
ist er verpflichtet, während der ganzen
Nacht theils zu Fuß, theils im Kahn, das
Dorf in seiner bedeutenden Länge zu
durchstreifen und zeitweise als Zeichen
seiner Wachsamkeit einen Pfiff ertönen zu
lassen. Die Gehaltserhöhung, um die er
eingekommen war, ist ihm denn auch um
drei Pfennig (!) pro Tag unverweilt
bewilligt worden. Glücklicher Nacht
Wächter von Lehde!
Im nachtwandlerischen Zustand
stieg in der Nacht zum Montag ein Zöa
ling der Präparandenanstalt zu
Nagold im Schlaf ans Fenster und machte,
da er sich offenbar auf dem Turnplätze
wähnte, turnerische Uebungen. Durch einen
grellen Blitz aufgeschreckt, fiel er zum
Fenster hinaus etwa 12 Meter tief herab.
Der Unglückliche hatte den linken Arnr
zweimal gebrochen, einen Rippenbruch und
innere Verletzungen erlitten.
Breslau, 12. Juli. Bei dem hier statt-
indenden allgemeinen deutschen Turnfest
ollen 400 Kellner 14 Tage aus dem
Festplatze Beschäftigung finden; denselben
werden, wie der „Kreuz-Ztg." mitgetheilt
wird, täglich 3 Mark und eine Tantisnie
von 5 Pf. für je 3 Mark Kaffe geboten.
Die Kellnervereinigung kündigt an, daß die
Kellner auf solche „Hungerlöhne" nicht ein
gehen werden, und fordert auf, Zuzug von
auswärts fern zu halten.
Gotha, 10. Juli. Für das neue Ge
bäude der Lebensversicherungsbank
in Gotha hatte der Bildhauer Adolf
Lehn er t in zwei Gruppen gearbeitet,
welche auf die in Dachhöhe stehenden
Plateaus aufgestellt werden sollten. Die
eine Gruppe bildete eine jugendliche Weib-
liche Figur, umgeben von munter spielen-
den Kindern, das Sinnbild des Lebens und
der Freude darstellend, die andere Gruppe
stellte.ebenfalls eine weibliche Figur dar, doch
weinend und in Trauerverschleierung ge-
hüllt, zwei weinende Kinder auf de«
Schooße haltend und an ihre Brust drückend,
das Sinnbild des Todes und der Trauer.
Beide Gruppen, jede über 100 Centner
wiegend, sind je aus einem einzigen Block
eigenartigen französischen Steines herge-
stellt und sollten gestern, nachdem die z».
beiden Seiten des Haupteingangs stehe»
gebliebenen Gerüste nochmals auf ihre
Trag- und Haltbarkeit geprüft und ver-
stärkt worden waren, in die Höhe gebracht
werden. Die Gruppe der „Trauer" war
auch bereits „an die Kette gelegt" und
bis etwa vier Meter hoch gehoben worden
In dieser Schwebe war die Gruppe hän
gen geblieben; heute Morgen gegen 4 Uhr
riß die Kette, die „Trauer" stürzt!
herab und liegt nun in Trümmern
Glücklicher Weise sind andere Beschädigun
gen nicht vorgekommen.
Mühlhansen i. Th., 12. Juli. Auf die
W o h l t h a t der durch freiwillige Spende»
in Aussicht gestellten „L e i n e n r ö ck c“
müssen unsere Polizeibeamten ver
zichten. Die Polizeiverwaltung macht be
kannt, „daß etwa eingehende Gelder, so
wohlmeinend die Absicht der Geber auch
ein mag, eine bestimmungsgemäße Ver
wendung nicht finden können."
Sondershausen, 13. Juli. Der Ober
förster G e r l a ch und seine Frau wurde»
unter dem Verdacht, den Tod ihres Dienst
Mädchens durch Mißhandlungen ver
schuldet zu haben, verhaster.
Ulm, 12. Juli. In dem „anarchisti-
ch e n Eintrag" in ein Polizei-Wacht-
buch hat sich in dem von „Sch. M " mit
getheilten Wortlaut ein Zusatz einge-
Wichen, der im Originale nicht enthalte»
ist; es ist das die den Inspektor M a ck,
einen eifrigen Beamten, betr. Stelle, die
dem Korrespondenten jenes Blattes offenbar
irrthümlich überliefert wurde.
Bingen, 10. Juli. Unter Hinweis aus
den reichen Obstsegen dieses Jahres
wrdert das Kreisamt zu der Anschaffunģ
von Obstdörr-Apparaten durch Genossen
schaften oder Gemeinden auf und stellt z»
den Anschaffungskosten einen Zuschuß bis
zu 25 Prozent in Aussicht.
Mannheim, 11. Juli. Ein sehr umfang
reicher Betrugsprozeß wird demnächst
die hiesige Strafkammer beschäftigen. Dew
bekannten Rennfahrer Wilhelm Mechler vo»
Neckarau, der u. A. vor zwei Jahren die
Meisterschaft von Oesterreich auf dem Hoch-
rad gewann, liegen über 80 Betrugsfälle
zur Last, die er als Velozipedhändler zui»
Nachtheil in- und ausländischer Fahrrad-
nbriken verübt hat. Die Anklageschrift '
lmfaßt nicht weniger als 240 Seiten-
Mitangeklagt sind noch einige Fahrrad
händler von,Neckarau. Mechler befindet
ich schon über ein halbes Jahr in Unter
suchungshaft.
Aus Wiesbaden meldet die „Voss. Z.":
Auf den: hiesigen Militärschießplatz er- :
eignete sich gestern während der Schieß
übung der Landwehrmänner ein Unglück,
indem sich ein Geschoß nach hinten entlud.
Zwei verletzte Landwehrmänner wurden
nach dem Garnisonlazareth gefahren; außer
dem wurden ein Offizier und mehrere
Landwehrleute verletzt.
Eine E r d ö l q u e l l e, die täglich 100 -
Hektoliter fast ganz reines Petroleum gibt, I
i dieser Tage im Hagenauer Forst
(Reichsland) entdeckt worden.
Daß die Leitungsdrähte der elek-'r
irischen Straßenbahnen dem Pub
likum gefährlich werden können,»
beweist folgende am 13. Juli vom Polizei- :
amt in Lübeck veröffentlichte Warnung:
„Für die Tage des Volks- und Erinnerungs-
festes, 15. und 16. d. M., ivird den Trägern
von Fahnen und Bannern die größte Aust
merksamkeit darauf empfohlen, daß jede
Berührung der Fahnen und Banner, auchj
selbst solcher ohne metallischer Spitze, mit
den für die elektrische Straßenbahn gespannten
Drähten vermieden wird, weil aus der
Berührung eine erheblich Gefahr für die
Träger entsteht. Ganz besondere Vorsicht ist
bei dem Passiven des Burgthorthurmes zu
beobachten, da in dessen Wölbung der i
Leitungsdraht niedriger als in den Straße»
angebracht ist." — Wir fügen hinzu, daß
auch das sog. Auffeiern von Papierdrachen
ähnliche schlimme Folgen haben kann.
Friedrichsruh, 12. Juli. Der Fürst und
die Fürstin Bismarck sind heute Nachmittag
Uhr 12 Minuten nach Schönhausen ab
gereist.
Hamburg, 12. Juli. Bezüglich des
Hamburger Centralbahnhofs wird
offiziell mitgetheilt, daß gegenwärtig neue,
weniger kostspielige Entwürfe im Bureau
der Altonaer Direktion ausgearbeitet sind,
wonach ein Bau einfacheren Styls herge
stellt werden soll. Die Kosten des bisherigen
Projekts beliefen sich auf 34 Millionen
Mark.
Hamburg, 13. Juli. Die Polizeibe
hörde verbot auf Grund des Hamburger
Versammlungsgesetzes den, sozialistischen
Grundsätzen huldigenden hiesigen Frei
denk e r-J u g e n d b u nd, den bekannten
Verein der seinerzeit die Affaire der frei
denkerischen Confirmationsfeier gehabt hat.
Hamburg, 13. Juli. Der Besitzer eines
großen hiesigen Cigaarrengeschäfts, der sehr
oft bedeutende dierecte Sendungen Importen
bezieht, hatte in der letzten Zeit oft von
Die
Kist
an -
mat
Tac
Hai
rin.
Bei
um
stoh
Gri
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wo,
wer
wor
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Vers
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Kre
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