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Mendsburģer
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œd Pvstprvvifirm re., jedoch ohne Bestellgeld.
Jnfcrti-nsproiS: pro Petitzeile 15
Wo. 271.
Aeltrstrs und gelesenstes K!atL im streife Rendsburg.
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87ster Jahrgang.
Sonncrbend, öen 17. Wovembev
Bei Betriebsstörungen
irgend welcher An ist die regelmäßige Lieferung
dieses Blattes vorbehalten.
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werden dem Blatt „Der Landwirth" sow::
Blatt „Mode u. Heim" gratis beigegeben.
3000 Abolmenten.
1894.
Morgen -Depeschen.
Berlin, 17. Novbr. Der „Berl. Lok.
Anz." meldet telegraphisch aus Petersburg!
An dem Sarge des Zaren werden, wie
verlautet, die Offiziere der deutschen Milt
tär-Deputattonen gemeinsam mit den rafft
şchen Offizieren die Ehrenwache halten.
Die Katafalk-Stufen sind buchstäblich mit
Silberkränzen bedeckt und jeden Augenblick
kommen neue hinzu. Der Zudrang des
Publikums spottet jeder Beschreibung.
Berlin, 17. Novbr. An der feierlichen
Weihe des neuen Reichstagsgebäudes wird
auch, wie eine Lokalkorrespoudenz mittheilt,
eine Deputation des österreichischen Reichs
rathes theilnehmen.
Berlin, 17. Novbr. Dem bisherigen
Direktor im Reichspostamte, Wirkt. Geh.
Rath Sachse ist aus Anlaß seines am 1
Oktober d. I. erfolgten Ausscheidens aus
dem Reichsdienste das Bildniß des Kaisers
in Lebensgröße mit eigenhändiger Unter
schrift verliehen worden.
^ Ocdenburg, 17. Nov. Der Sohn des
Erzherzogs Otto, Erzherzog Karl, liegt an
den Masern darnieder.
Belgrad, 17. Sept. Die Bürgerschaft
der Stadt hat beschlossen, am Begräbniß-
tage des Zaren Alexander alle Geschäfte
zu schließen und die Häuser schwarz zu
beflaggen.
London, 17. Nov. Einer „Times"-Mel
dung zufolge hat der chinesische General
Lien mitgetheilt, daß er am 11. November
von den Japanern im Gebirge angegriffen
worden fei, aber sie zurückgeschlagen habe.
Am nächsten Tage hätten die Japaner in
bedeutender Verstärkung einen abermaligen
Angriff gemacht, seien jedoch wieder zurück,
geworfen und verfolgt worden.
Brüssel, 17. Nov. Die Kammer be
sihäftigte sich in der heutigen Nachmittage
Sitzung mit der Wahl in Aloft. Es kam
zu heftigen Debatten. Die Sozialisten be-
antragken gerichtliche Untersuchung, um
Klarheit über den Wahlbetrug zu verbrei
ten. Die Rechte lehnte ohne Ausnahme
den Antrag ab. Zwei klerikale Mandate
wurden hierauf für giltig erklärt. Zwischen
Woeste und Abbs Daens findet Mitte De
zember Slichwahl statt.
Rio de Janeiro, 17. Nov. Zur Deckung
des Defizits im Staatshaushalt hat die
Budgetkommission beschlossen, eine Anleihe
în Höhe von 6 Millionen Pfund Sterling
auszuschreiben, das Papiergeld einzulösen
Einfuhrrechte zu consolidiren, eine Ein-
kommensteuer einzuführen und strenge Er
sparnisse in der Verwaltung vorzunehmen.
Petersburg, 17. Nov. In der techni
schen Hochschule ist gestern eine Revolte
ausgebrochen. Die Schüler verweigerten
kanzler nun ist ein alter Reichskanzler
und wird schon deswegen, hauptsächlich aber
weil er ein ruhiger, liebenswürdiger, vor-
nehmer Herr ist, nicht so im Reichstage
die Eidesleistung und wollten das monar- auftreten wie man es gewohnt ist.
chistische Regime nicht anerkennen. Es - •-
wurden mehrere Verhaftungen vorgenommen
Bosnisch-Brod, 17. Nov In der neu
erbauten Petroleumraffinerie fand eine
Kesselexplosion statt. Sieben Arbeiter
wurden getödtet, zahlreiche verletzt.
Ak kmmdk ŅMG - Scffien.
Selten hat man einer Eröffnung des
Reichstags mit solcher Spannung entgegen
gesehen wie dieses Mal, und gerade dieses
Mal ist die Eröffnung unter Aufhebung
der bereits publizirten Einberufsordre so
so weit hinaus geschoben worden. Wenn
nicht in den letzten Tagen und Wochen
Außerordentliches vorgefallen wäre, hätte
man mit Spannung der Thronrede ent
gegengesehen wegen der mit Recht erwar
teten Parallelstelle zu derjenigen in der
Königsberger Rede betreffend den Kampf
für Ordnung, Sitte und Gesetz. Aber es
ist in den letzten Wochen und allerletzten
Tagen ungewöhnlich viel, ungewöhnlich
Wichtiges und in ungewöhnlicher Form
vorgefallen, und es ist begreiflich genug,
daß man der Aufklärung des so sehr der
Aufklärung Bedürftigen entgegensieht.
Die Reichsboten, die am 5. Deccniber,
mehrere Wochen später als gewöhnlich,
zusammentreten, werden in einem neuen
Hause mit einem neuen Reichskanzler zu
arbeiten haben. Das neue Haus ist nur
eine Aenßerlichkeit. Aber auch Aeußer-
lichkeiten fallen ins Gewicht, wenn man
bedenkt, daß die hervorragendsten und ge
übtesten Parlanientarier doch in der Regel
ältere Herren find, die sich an die alte
Umgebung gewöhnt haben, und Denen es
als ältere Herren schwer fällt, an eine
neue, wenn auch, vielleicht gerade weil
glänzendere und opulentere Umgebung zu
gewöhnen. In einer ohnehin verkürzten,
ohnehin gewitter- und friktionsschwangeren
Session, wo viel gearbeitet werden soll,
wird sich diese Aeußerlichteit schon unange
nehm fühlbar machen und um so unange
nehmer, als das neue Reichstagsgebäude
etwas mehr abseits von deni fluchenden
Berliner Leben, von dem alten, ivenn auch
nicht vom veralteten Berlin und nament
lich auch weiter entfernt von dem Ab-
geordnetenhause liegt. Der neue Reichs-
Das Alles aber ist noch das Wenigste.
Warum ist der neue Reichskanzler an
Stelle des alten da was wird er wollen?
Auf diese Frage wird man zunächst Ant
wort haben wollen und das um so mehr,
als, wenn auch zunächst nicht im Reiche,
noch andere Dinge vorgegangen sind, die
obschon den Reichstag zunächst nicht an
gehen, ihn doch sehr beunruhigen können
und werden. Wäre nur Graf Caprivi
gegangen und Fürst Hohenlohe gekommen,
die Reichsboten hätten, ganz besonders da
die Hohenlohe'sche Vorlage zur Bekämpfung
der Umsturzparteien im Wesentlichen mit
der Caprivi'schen identisch ist, wohl nicht
allzu viele Worte darüber verloren, da ja
irgend etwas vorgefallen fein konnte, das
die Stellung des Grafen Caprivi beim
Kaiser plötzlich und vollständig unhaltbar
machen konnte und der Kaiser ja das un-
bestrittene Recht hat, den Kanzler zu
ivechseln. Aber es ist nicht nur der Reichs
kanzler und obendrein auf sonderbare
Weise, es sind auch zwei preußische
Minister und zwar gleichfalls auf sonder-
bare Weise entlassen worden. Das geht
die Reichsboten nichts an! Ganz richtig!
Aber der neue preußische LandwirthschaftS-
minister ist ein bekannter Agrarier. Der
neue preußische Minister des Innern ist
ein Manu aus der Schule Puttkamer's,
und preußischer Justizminister sollte
Tessendorf wenigstens werden. Die Namen
der neuen Männer bedeuten ganze Pro
gramme. und man muß um so mehr an
das, was diese Männer bedeuten, denken,
als ja für sie nach dem Berichte ernster
und keineswegs regierungsfeindlicher Blätter
in so ungewöhnlich schroffer Weise Platz
gemacht morden ist. Das geht Alles nichts
den Reichstag an! Formell gewiß nicht.
Aber wenn im Reichstage aller dieser Vor-
gänge, deren Ende übrigens noch nicht ab-
zusehen ist, auch nicht mit einem einzigen
Worte Erwähnung geschähe, würden sie
doch ganz wesentlich den Gang der Ver-
Handlungen in der kommenden Reichstags-
Session beeinflussen. Das wird man bald
genug nierken, gleichviel ob die Umsturz-
bekämpfungs-Vorlage oder der Etat zu
erst an die Reihe konmit. Dabei ist es
noch gar nicht ausgeschlossen, daß nicht
noch der eine oder der andere Staats
sekretär einen Nachfolger erhält, wie we
nigstens schon wiederholt angekündigt
worden ist.
Eine ganze lange Lifte von dem Reichs
tage zugedachten Vorlagen ist schon jetzt
angekündigt. Die Reichstagsregie würde
gut thun, tüchtig den Rothstift walten zu
lassen und alles irgend Entbehrliche zu
streichen. Je mehr gestrichen wird, desto
mehr wird der Reichstag erledigen, wenn
er nicht auch so plötzlich wie die Herren
von Heyden, von Schelling, heimgeschickt
wird. Bis zu dieser eventuellen Katastrophe
wird es laut genug hergehen in dem neuen
Reichstagsgebäude, dessen Sitzungssaal
gleich auf die härteste Probe gestellt werden
wird. Ob eine so gewaltsame Lösung be-
liebt werden wird, ist freilich noch zweifelhaft.
Unzweifelhaft ist nur, daß in der kommen
den Reichstags-Session ungewöhnlich viel
Lärm zu erwarten ist.
Ausland.
Außereuropäische Gebiete.
John Jakob Ast or hegt die Ab
sicht, neben dem jetzigen „Hotel Waldorf"
in 5. Avenue in NewAork ein Hotel zu
bauen, durch welches jenes in den Schatten
gestellt werden soll. Das neue Haus wird
achtzehn Stockwerke hoch, 350 Fuß lang
und 100 Fuß tief sein. Was beim etwai-
gen Ausbruche eines Feuers aus den
Gästen wird, die leichtsinnigerweise dies
Hotel beziehen, ist nach früheren ähnlichen
Vorgängen leicht zu errathen.
Şerbteu.
Bukarest, 16. Nov. Aus Anlaß der
Feier der silbernen Hochzeit des
Königs und der Königin fand gestern
bei Hofe ein festlicher Empfang statt.
Geschützsalut verkündete heute früh den
Beginn der Feierlichkeiten. Um 10 Uhr
Vormittags ward ein Tedeum abgehalten
dem der König und die Königin in großer
Gala beiwohnten. Nach dem Gottesdienst
folgte der Empfang des diplomatischen
Corps, des Primas und des Klerus, sowie
der Vertreter der Behöiden und öffent-
lichen Anstalten. Ueberall herrschte regstes
Leben und fröhliche Stimmung. Das
Königepaar gab iviederholt feiner Be
friedigung über die herzlichen Beweise der
Anhänglichkeit seitens der Bevölkerung
Ausdruck. Im Namen des deutschen
Kaisers, sowie der Mitglieder der Familie
des Königs und der Königin wurden
prachtvolle Geschenke überreicht. — Die
18) Der Detcctiv.
Roman von I. F. Molloy und K. Dietrich.
Vierzehntes Kapitel.
Die Unterbrochene Werbung.
Gras von der Pforten lag auf den Decken
nicht weit von Cäciliens Staffelei unter dem
Schalten der weithin sich breitenden Baum
kronen, welche noch voll belaubt waren,
wenngleich das Grün der Blätter sich bereits
fu Braun und Gelb, zu Bernsteinfarbe und
Orange verwandelt hatte. Die Sonne stand
hoch am Himmel, dessen leuchtendes Blau
durch keine Wolke getrübt war, während das
glitzernde Blau des Meeres sich beinahe iin-
bewegt mW wellenlos zu ihren Füßen aus-
bĢ. D.e Luft war so still, daß man
das Zwpen der Vogel m den Bäumen auf
wette Entfernungen her hören konnte und so
klar, daß das doch in ziemlicher Entfernung
aus dem Wasser sich erhebende Capri so
nahe und deutlich erschien, als ob man es
mit den Handen greifen könnte.
Der junge Graf hatte das Gefühl, daß er
an einem so schönen, heiteren Tage ein Fehl
schlagen seiner Hoffnungen kaum zu befürchten
Utnchke, und so begann er denn seine Unter
haltung mit ihr in freundlichem, unbefangenem
niit der ganzen Geschicklichkeit und
Vertreter des deutschen Reiches, Oester
reich.Ungarns, Englands, Italiens und
Bulgariens übergaben Handschreiben ihrer
Souveräne. Der Herzog von Sachsen-
Coburg-Gotha sandte ein Glückwunsch
schreiben durch einen besonderen Abgesandten.
Abends war die Stadt prächtig illuminirt.
Das Königspaar machte im offenen Wagen
eine- Rundfahrt durch die Stadt. Un
zählige Glückwunschtelegramme find aus
dem In- und Auslande eingegangen.
Italien.
Rom, 16. Nov. Gestern wurden sechs
Briganten, die an dem Ueberfalle auf
Tortoli theilgenommen haben, festgenom-
m e n. In einem Gehölz bei der Stadt
fand man einen enthaupteten Briganten-
Leichnam; die Räuber hatten'ihreni todten
Genossen den Kopf abgeschnitten, um oen-
selben unkenntlich zu machen.
Rom, 16. Nov. Das Begräbniß der
vorgestern ermordeten Nonne gestaltete
sich zu einer unvergeßlich großartigen Kund
gebung der Bevölkerung für die Ermordete.
Das Personal sämmtlicher Hospitäler, die
Geistlichen, die Ordens > Kongregationen,
Vereine verschiedener Tendenzen nahmen an
dem Leichenzug Theil. Von den Ministerien,
anderen Aemtern und Privaten waren zahl
reiche Blumenspenden geschickt. Der Unter-
taatssekretär Gcilli, der Präfekt, der Sindaco
und die Senatoren hielten die Enden des
Sargluches. Die Straßen vom Hospital
bis zum Kirchhof waren von der Menschen
menge so dicht besetzt, daß der Zug mehrfach
an der Fortbewegung gehindert war.
Genua, 16. Nov. Durch einen wolken«
b r u ch a rtig en Re gen ist der Eisenbahn
tunnel zwischen Boltri und Arenzano über-
schivemmt w d der Ceruso aus seinen Ufern
getreten. Infolgedessen mußte der Eisen
bahnverkehr zwischen Genua und Boltri
und zwischen Genua und Pontedecimo ein»
gestellt werden. An mehreren Stellen
sind die Magazine und Keller überschwemmt,
auch der Bahnhof in Santa Limbiana ist
überschwemmt. Das Wasser steht einen
Meter hoch. Infolge der Ueberfchwemmung
aller Schuppen ist auf den Ladeplätzen der
Getreideverkchr eingestellt. Verluste an
Menschenleben sind bisher nicht bekannt
geworden.
Rußland.
Petersburg, 16. Nov. Der Stadt-
Hauptmann macht bekannt, daß am Mon-
tag, den 19. d. M., dem Tage der Bei
setzung des Kaisers Alexander, au 42'
Stellen der Stadt etwa 45 500 Arme ge-
sņ^andrheit des vornehmen Mannes, der
ĢJ* Stellung und Bedeutung sicher, das
fein ^ 3utlt Antragen feines Herzens und
Vs( hinüberzuführen beabsichtigt.
]»pf7 ei ş° ^schickt und gewandt er auch war,
Ile Cäcilie seine Absicht doch schon einige
H 1 ' ehe er zum eigentlichen Antrag gekom-
U)(U '< und rief in plötzlicher Verwirrung
bettendem Ton und flehenden Augen:
„Bitte, sagen Sie nichts weiter, Herr-
Graf. Ich denke, ich muß jetzt zu meiner
Tante zurückkehren."
Aber der innige, bittende Blick ihrer Augen
ermuthigte ihn mehr, als daß er ihn er
schreckte, und niit leidenschaftlicher Erregung
begann er: „Ich brauche nicht zu fürchten,
baß ich irgend etwas unbedachtsam sage,
wenngleich ich ja nicht ganz von der Furcht
frer bin, Ihre Antwort könnte möglicherweise
fo lauten, daß sie mir den tiefsten Schmerz
bereitete. Vielleicht spreche ich zu früh, aber,
meine geliebte Cäcilie
„Herr Graf!"
,,'Jiciii, ich kann nicht länger schweigen.
Ich muß Ihnen sagen —"
Laut und kläglich schrie Cäcilie aus, denn
plötzlich fiel das beinahe vollendete Gemälde
an welchem sie den ganzen Morgen so fleißig
gearbeitet hatte, von der Staffelei und mit
der feuchten Bildseite auf das Gras.
Verwirrt hielt er inne, folgte ihren Blicken
und bemerkte auch recht wohl ihr schuldbe
wußtes Erröthen, dann hob er sorgsam das
Gemälde auf, stellte es wieder auf die Staf-
'clei und sagte:
„Verzeihen Sie meine Ungeschicklichkeit,
niein gnädiges Fräulein."
„Es ist ganz verdorben, klagte sie niit
einem Seufzer des Bedauerns.
„Hallo, Herr Graf!" rief da eine laute
Stimme ganz in der Nähe. Beide wandten
ich erschreckt um und sahen den General aus
der anderen Seite des Grabens stehen. Ver
jünge Graf murmelte einige zornige, aber
unverständliche Worte, während Cäcilie sich
abwandte, um eiligst ihre Malutensilien ein
zupacken.
„Ihre Frau Mutter läßt Sie bitten,
fort nach dem Hotel zurückzukommen,"
richtete der General, nachdem er über den
Graben gesprungen.
Während er dabei die jungen Leute be
trachtete, wurde ihm die Sachlage ziemlich klar.
„Ich soll zu meiner Mutter sofort nach
dem Hotel zurückkommen?" fragte Graf von
der Pforten verwundert, dabei feiner vollen
Erbitterung Raum gebend, daß jene vielleicht
ihre Ansicht, Cäcilie wäre die geeignete Gattin
für ihn, plötzlich geändert haben könnte und
daher in der Hoffnung nach ihm schickte,
seinen Antrag durch eine Unterbrechung noch
rechtzeitig zu verhindern.
„Ja. Sie erhielt soeben eine Depesche von
Haufe, wegen derer sie Rücksprache mit Ihnen
zu nehmen wünschte," erwiderte der General,
dabei rücksichtsvoll sich den Anschein gebend,
als ob er von Cäciliens Verlegenheit und
Verwirrung gar nichts bemerkte, und ihr un
befangen den Rücken zukehrend.
Jetzt fühlte der Gras sich überzeugt, daß
ein Mißtrauen nur zu berechtigt war, denn
eine Mutter hatte sonst nicht die Gewohnheit,
ihn wegen seiner Ansicht oder Meinung über
irgend etwas, was sie betraf, erst noch be-
vnders zu fragen, ehe sie zur Entscheidung
darüber gelangte. Also jetzt würde er auch
noch mit dein Widerstand seiner Mutter zu
kämpfen haben. Doch wenn Cäcilie ihn nur
licbte, sollte nichts feinem Willen hindernd in
den Weg treten.
„Wo ist meine Mutter?" fragte er dann
etwas verdrießlich.
„Noch im Hotel. Ich kam in dem Wa
gen, mit dem wir die Ausfahrt beabsichtigten
allein hierher, damit Sie ohne Zeitverlust
nach dem Hotel zurückgelangen könnten."
„Aber werden Excelenz und Fräulein von
Heldberg den Wagen nicht auch zur Rück
fahrt benutzen?"
„Ich möchte lieber zu Fuß gehen, falls
der Herr General nicht zu müde ist."
„Müde — aber mein liebes Kind, halten
Sie mich denn für einen alten Mann?"
antwortete dieser, sich den Anschein lebhafter
Entrüstung gebend.
„Dann muß ich also allein fahren," ent-
gegnete Graf von der Pforten, lüftete feinen
Hut, sprang über den Graben und stieg in
den Wagen, der in nächster Nähe auf dem
Fahrweg hielt.
Seine Gedanken waren in vollster Ver
wirrung, so daß es ihm gar nicht einfiel, sich
darüber zu wundern, weshalb eigentlich der
Wagen geschickt worden war, um ihn zum
Hotel zurückzuholen, ja, daß ihm auch der
einfache, zweifellose Umstand entging, seine
Mutter würde, wenn sie wirklich den Antrag
noch im letzten Augenblick hätte verhindern
wollen, jedenfalls persönlich aus die Scene
erschienen sein, statt ihn blos holen zu lassen.
Er war ganz außer sich über diese uner
hörte Launenhaftigkeit seiner Mutter und fest
cntschloffen, ihr mit aller Entschiedenheit seine
Meinung zu sagen. Im Hotel fand er sie
allein in ihrem Salon, und sie begrüßte ihn
ofort mit der Frage: „Nun, hast Du Deinen
Antrag gemacht?"
„Nein, sie mir wollte heute durchaus keine
Gelegenheit dazu geben."
„Was, sie — sie wollte Dir keine Gele
genheit geben? — Dir?" rief seine Mutter
entrüstet.
.Ich fürchte, sie empfindet nichts für mich
und will mir das klar und unverhohlen zeigen."
„Thorheit! das ist undenkbar. Das Mäd
chen war durch die Ehre, die Du ihr erweist
nur zu überascht und überwältigt."
„Eher umgekehrt, — sie würde dem Mani
eine Ehre erweisen, dem sie ihr Jawort giebt,
— ferbst wenn er ein Prinz wäre. Abei
wünschest Du denn noch immer, daß ich sü
heirathe?"
„Natürlich, — selbstverständlich."
„Weshalb ließest Du mich denn aber so
plötzlich holen?" fragte er verwundert.
„Ich bekam eben eine Depesche von Hause.
Meinen Vater hat ein Schlaganfall getroffen,
und er verlangt auf das dringendste, mich
vor seinem Tode noch zu sehen."
Der arme, alte Herr!"
. Wir müssen sofort abreisen. Ich habe
schon den Wagen bestellt, mit dem wir nach
Castellamare fahren, von wo wir dann mit
dem Abeudzuge nach Neapel weiter können.
Meine Koffer sind bereits gepackt."
„llud ich muß Cäcilie verlassen, ohne ihre
Entscheidung zu hören."
„Mein lieber junge, wir gehen dann auch
nach Berlin, wenn sie und ihre Tante zurück
kommen."
„Aber wer weiß, was inzwischen geschehen
kann, und der Gedanke, sie verlieren zu sollen,
ist mir unerträglich."
Meines Erachtens wird Dir die Abwesen
heit eher von Nutzen sein. Dann wird sie
Deine Gesellschaft vermissen, mit ihren
Gedanken bei Dir weilen und sich schließlich
nach Dir sehnen. Im Frühling wirst Du
re dann mit leichter Mühe gewinnen."
„Wenn ich Dir nur glauben könnte, daß
ich wirklich Hoffnung hegen darf, würde ich
gern warten."
„Ich kenne ein Mädchenherz besser als Du,
mein lieber Junge, und ich sage Dir ganz
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