Full text: Newspaper volume (1894, Bd. 2)

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Aendsburgcr 
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Aeltestrs und getesenstes Klatl im Kreise Kendsdurg. 
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87ster Jahrgang. 
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3000 Abonnenten. 
Wo. 263. 
Donnerstag, den 8. Wovember 
1804. 
Morgen -Depesche«. 
Berlin, 8. Novbr. Der preußische Ge 
sandte von Kiderlen-Wächter ist, wie die 
„Post" hört, zum Antritt der wegen seines 
Duells mit dem Redakteur des „Kladdera 
datsch", Herrn Polstorff, über ihn ver 
hängten Festungshaft nach Ehrenbreitstein 
abgereist. 
Berlin, 8. Novbr. Gestern begann vor 
dem Schwurgericht des Landgerichts 1 die 
Verhandlung gegen die beiden Anarchisten, 
den Schlosser Schäwe und den Mechaniker 
Dräwe, welche am 13. August zwei Po> 
lizeibeamte in der Kaiserstraße angegriffen 
und mißhandelt haben. Aus Antrag des 
Staatsanwalts beschloß der Gerichtshof 
den Ausschluß der Oeffentlichkeit, weil aus 
der öffentlichen Verhandlung Gefahren für 
die öffentliche Ordnung, insbesondere für 
die Staatssicherheit zu befürchten seien. 
Berlin, 8. Novbr. In einer Unter 
redung, welche ein Berichterstatter des 
„Berliner Lokalanzeiger" mit dem Pro 
fessor Leyden auf dessen Rückreise von Li- 
vadia hatte, erklärte Letzterer, daß die Sek 
tion der Leiche des Zaren in der Nacht 
vom 2 auf den 3. November stattgefunden 
habe. Es sei festgestellt worden, daß die 
Krankheit des Zaren Alexander aus chro 
nischer Nierenentzündung mit beginnender 
Nierenschrumpfung, aus sekundärer Ver- 
größerung des Herzens und sporadischer 
Entzüudungsheerde im linken Lungenflügel 
bestanden habe. Der Magen sei unver 
ändert gefunden worden. Das Gerücht, 
der Zar sei vergiftet worden, bezeichnete 
Professor Leyden als Erfindung, nur aus 
die Frage des Berichterstatters, wie der 
Zar seine Leiden getragen habe, antwortete 
der berühmte Arzt, der Kaiser sei ein Fa 
talist gewesen, er habe sich selbst allzu 
zeitig aufgegeben. Bis zum letzten Augen- 
blick habe er die Pflichten des Regenten 
geübt; er sei wie ein ganzer Mann, wie 
Held gestorben. Zum Schluffe der 
ein 
Unterredung stellte der Geheimrath die 
Nachrichten über eine ernsthafte Erkrankung 
der Kaiserin-Wittwe als nicht zutreffend dar. 
Köln, 8. Nov. Eine der „Köln. Ztg." 
von gut unterrichteter Seite aus Peking 
zugehende Meldung bestätigt, daß der Haß 
auf die Fremden einen bedenklichen Um 
fang annimmt. Alle Ausländer werden 
als Japaner behandelt. Dazu kommt noch, 
daß in Peking die Cholera ausgebrochen 
.st. Sollten die Japaner bis Peking vor> 
Dringen, so würde ein schrecklicher Aufruhr 
"usbrechen, dem die Europäer zum Opfer 
fallen dürften. Die Fremden sehen dem 
kommenden Winter mit Beunruhigung 
entgegen. 
Gieffen, 8. Novbr. In der Betrugs- 
sache gegen den Bankier Schulhof bean 
tragte der Staatsanwalt in 25 Betrugs 
fällen eine Gesammtstrafe von 3 Jahren, 
16 Wochen und 7 Tagen Gefängniß, so 
wie eine Geldstrafe von 3000 Ji. 
Braunschweig, 8. Novbr. Im hiesigen 
Schlachthause ist die Maul- und Klauen 
seuche ausgebrochen. Der Viehabtrieb von 
demselben, sowie die Viehverladung auf 
den hiesigen Bahnhöfen sind für 14 Tage 
verboten. 
Gloga«, 8. Novbr. Unter choleraver 
dächtigen Erscheinungen sollen 170 Mann 
vom 58. Infanterie-Regiment erkrankt sein. 
Die Michaelis-Kaserne ist vollständig ge- 
sperrt. Professor Fluegge ist zur Unter 
suchung der Defekte hier anwesend. — In 
Folge der in Jaetschau vorgekommenen 
Cholerafälle wurden seitens der Behörden 
die strengsten Maßregeln getroffen. 
Mährisch-Ostrau, 8. Nov. Die fortge 
setzt energische Haltung der Grubenverwal 
tungen übt eine günstige Wirkung auf die 
Strikenden aus. Der 'Ausstand dürfte 
allen Anzeichen nach bald beendet sein. 
London, 8. Nov „Daily News" 
publieiren eine Zuschrift, welche angeblich 
von einem Diplomaten herrührt und in 
welcher es heißt, daß sich England um 
die Sympathie Rußlands bewerben müsse, 
um zwischen beiden Ländern durch gegen- 
festige Zugeständnisse eine engere Ver 
ständigung herbeizuführen. Eine solche 
Politik lasse sich leicht ermöglichen, denn 
England könne sich mit Rußland über 
alle Punkte verständigen. — Die „Daily 
News" schreiben hierzu, die Zeit sei oor 
über, wo die englische Diplomarie sich un> 
begrenztes Mißtrauen gegen Rußland zum 
Prinzip gemacht habe. Ohne daß Rußland 
ein Bündniß mit England einzugehen 
brauche — was nur Gegenverträge zur 
Folge hätte — wäre eine Einigung über 
die einzuschlagenden politischen Wege zur 
Aufrechterhaltung des Friedens von ganz 
unschätzbarem Werthe; auf diese Weise 
könnte für die Menschheit ein segensvoller 
Umschwung herbeigeführt werden. 
Rom, 8. Nov. Cardinal Rampolla ließ 
dem ausgewiesenen Redakteur des „Moni- 
teur de Rome", Böglin, ein Schreiben 
des Papstes zugehen, in welchem an ihn 
die Aufforderung ergeht, auch im Auslande 
mit aller Energie für die katholische Kirche 
einzutreten. Der Papst sei entrüstet über 
das Vorgehen, durch welches der Auswei- 
sungsbefehl gegen Böglin erlassen wurde. 
Lemberg, 8. Novbr. In allen Kirchen 
Galiziens, sowie auf den Friedhöfen wer 
den jetzt Votivkreuze zum Andenken an die 
bei den Greuelthaten in Kroze getödteten 
Katholiken errichtet. 
Petersburg, 8. Novbr. Gestern Abend 
hat in Livadia unter imposanter Feierlich 
keit die Ueberführung der Leiche des Zaren 
Alexanders aus dem Palais nach der 
Kirche stattgefunden. Die Leiche ruht in 
einem goldenen Sarge mit silbernem Rand. 
Auf dem Sarge sind eine kolossale Kaiser 
krone und ein Schwert angebracht. Der 
Kaiser, die Kaiserin-Wittwe, die Großfürsten 
und die Großfürstinnen gaben dem Sarge 
das Geleit. Vor der Kirchenthür über 
nahmen der junge Zar und die Großfürsten 
ven Sarg und trugen ihn in die Kirche, 
woselbst sie ihn auf einen rothsammetnen 
Katafalk niedersetzten. Nachdem der Sarg 
deckel abgenommen, erfolgte die feierliche 
Einsegnung der Leiche. Die Glocken läu 
teten und erhebende Gesänge ertönten. 
Ausland. 
Außereuropäische Gebiete. 
Savannah, 7. Nov. Meldung des Reuter- 
scheu Bureaus: In der vergangenen Nacht 
wurden noch zwei britische Baumwoll- 
dampfer „Conncy Down" und „White- 
field" in Brand gesteckt. Die Stadt 
hat eine Belohnung von je 500 Dollars 
für die Entdeckung der Brandstifter aus- 
gesetzt. 
Auf sieben britischen Baumwoll- 
d a m p f e r n brach nach Meldungen aus 
Savannah (im Staate Georgia) in der 
Nacht zum Dienstag fast gleichzeitig Feuer 
aus. Man glaubt, vier Tausend Ballen 
seien beschädigt. Zweifellos handelt es 
sich um einen Racheakt, welcher mit den 
jüngsten Schiffsarbeiterunruhen in Ver 
bindung steht. 
Simla, 7. Nov. Nach den neuesten 
Nachrichten aus Kabul war der Emir 
von Afghanistan am 1. Nov. wieder 
vollkommen gesund. 
Liverpool, 8. Nov. Die Behörden von 
Cap Lahou, an der französischen Elfenbein- 
küste, haben den Belagerungszustand über 
die Gegend erklärt. Der französische Dam 
pfer „Capitaine Meinard" traf am 8. v. 
Mts. mit Waffen, Munition und Vorräthen 
in Cap Lahou ein. Es sollte damit eine 
Truppe ausgerüstet werden, um gegen die 
Eingeborenen zu Felde zu ziehen, welche 
gedroht hatten, in die Colonie einzufallen. 
Mexiko, 3. Nov. Bei dem heftigen 
E'r d b e b e n, das die Stadt Mexiko heim 
suchte, sind, soweit bis jetzt bekannt, 13 
Personen gelobtet worden, es scheinen aber 
noch mehr Menschen unter den Trümmern 
der Häuser zu liegen. Die Beschädigungen 
sind ausgedehnt und die größten Gebäude 
haben gelitten. 
Der französische Generalkonsul in Sidney 
und der Gouverneur von Neuealedonien 
haben gemeinschaftlich der französischen 
Regierung empfohlen nach zwei Jahren 
die Deportation von Verbrechern 
nach Neuealedonien einzustellen. Ferner 
haben sie die Errichtung einer neuen 
französisch.australischen Dampfer- 
linie durch die Torresstraße vorgeschlagen. 
Zu der gegenwärtig bestehenden monatlichen 
Verbindung von Sydney aus über Mel 
bourne und Adelaide soll eine andere von 
Brisbane aus durch die Torresstraße 
kommen mit vierzehntägigen Zwischen- 
räumen zwischen beiden. 
Dem „Daily Telegr." zufolge dürfte 
Japan nicht nur die Unabhängigkeit Koreas, 
sondern auch die Abiretung von Formosa 
und 30 oder 40 Millionen Pfund Ster 
ling Kriegsentschädigung beanspruchen. 
Oesterreich. 
Der Fürstin Hohenlohe, so wird 
„Magdeb. Ztg." aus Wien gemeldet, 
w i d er st r e bt e angesichts des hohen Alters 
ihres Gemahls die angebahnte Berufung 
auf den verantwortungsvollen Posten. 
Sie beauftragte daher aus Altaussee, wo 
sie gegenwärtig weilt, den Prinzen Alexander, 
nach Berlin zu reisen, um ihre Bedenken 
Fürsten geltend zu machen. Auf dem 
Bahnhof, wo der Prinz vom Fürsten er 
wartet wurde, äußerte dieser auf die vor 
gebrachte Bitte, seine Gesundheit zu schonen: 
„Ich kann nicht anders." Am 30. Ok 
tober telegraphirte das deutsche Kaiserpaar 
an die Fürstin: ihr Gemahl bringe ein 
Opfer für das ganze Reich. 
Prag, 4. Nov. Sogar in den Bei 
leidskundgebungen beim Tode des Zaren 
geben die j u n g e z e ch i s ch e n Blätter ihrem 
Hasse gegen Deutschland Ausdruck. „Narodni 
Listy." rühmen den Verstorbenen als 
einen slavisch-nationalen Herrscher, dessen 
bedeutendste That sein Bündniß mit Frank 
reich zur Aufrechterhaltung des europäischen 
Gleichgewichtes war. Dieses sein Ver- 
halten werde erst später von der Geschichte 
als eines der wichtigsten politischen Er' 
eignisse unserer Zeit genügend gewürdigt 
werden, als einer Zeit, welche als der 
Beginn einer neuen Aera: die Eman - 
eipation von der Präpotenz des 
kriegerischen Deutichland, gelten 
wird. Ein Verdienst Alexanders HI. sei 
es auch gewesen, daß er das eigene russische 
Volk von dem Unkraute der deutschen 
Colonisation befreit habe, wofür er 
von allen aufrichtigen Slaven gesegnet 
worden sei. Die „aufrichtigen Slaven" 
würden gut thun, nach Rußland auszu- 
wandern, nur haben sie zu befürchten, 
daß man sie dort erst recht als „Unkraut" 
zurückweist. 
Budapest, 7. Nov. Bei dem in Hußt 
aus dem Cholerafriedhof erfolgten Zu 
sammenstoß zwischen Bauern und der 
Gendarmerie wurden 60 Personen, da 
runter 20 Frauen, verhaftet. Die Auf 
regung dauert fort. 
Die in der Budapester Garnison auf 
getretenen Erkrankungen an Tra 
choma (egyptische Augenentzündung) ha 
ben gewaltige Dimensionen angenommen. 
Von den eingerückten Rekruten sind 600 
erkrankt, mehrere sind vollständig erblindet. 
Hermannstadt, 7. Nov. Der Corpscom 
mandant Galgoczy stürzte bei einem 
Spazierritt vom Pferde und wurde 
schwer verletzt. Er erlitt anscheinend eine 
Gehirnerschütterung. 
şşrunkreich. 
Paris, 7. Nov. Nach einer 'Meldung 
der „Agence Havas" aus Toulon erhielt 
der Marinepräfekt die Ordre, 5 Trans 
portschiffe, die je 1800 Mann aufnehmen 
können, für Madagaskar bereitzuhalten. 
Paris, 6. Novbr. Bezüglich der Hoch« 
verraths-Angelegenheit des Hauptmanns 
Dreyfus verlautet heute, daß es sich gar 
nicht um die Mittheilung von Plänen 
handelt, sondern bloß um die Mittheilung 
der Namen von Officieren, die mit beson 
ders vertraulichen Aufgaben in das Aus 
land entsendet wurden. Hierbei handelte 
Dreyfus nicht aus Gewinnsucht, sondern 
aus Eifersucht, weil der Kriegsminister 
ihm niemals eine derartige Sendung über 
trug. Bom Kriegsminister wird das 
strengste Stillschweigen bewahrt. Die Un 
tersuchung nimmt ihren Fortgang, und 
man erfährt bis jetzt nur, daß er nicht 
vor Monat December vor ein Kriegsgericht 
gestellt wird. Der „Figaro" theilt mit, 
daß es sich um Documente über die Zu 
sammenziehung des 14. und 15. Armee- 
Der Detecttv. 
Roman von I. F. Molloy und K. Dietrich. 
Achtes Kapitel. 
Eine nächtliche Begegnung. 
Hugo von Markwald lag nach dem Abend 
essen lang ausgestreckt auf seinen, Divan 
rauchend und in Gedanken versunken. 
Cäcilie und sein Onkel waren abgereist, 
und. die Stadt erschien ihm fast wie eine 
Wüste. Auch sein Onkel, der ihn häufig bei 
Tage im Atelier und des Abends in seiner 
Junggesellenwohnung besucht hatte, fehlte ihm 
sehr. Trotzdem fand er für seine Abwesenheit 
Trost in dem Gedanken, daß er ihm häufig 
schreiben und von Cäcilien berichten würde. 
Gillwaldt war gleichfalls auf der Reise. Hugo 
hatte noch eine zweite Unterredung mit ihm 
gehabt, in der beschlossen wurde, daß Gill- 
waldt zuvorderst nach Monte Carlo reisen 
sollte Denn da der erfahrene Kriminalist die 
Spielgewinnstc des Ermordeten als den Anlaß 
des Verbrechens betrachtete, war er entschlossen, 
seine Nachforschungen am Anfangspunkte zu 
beginnen und von dort aus dem Mörder nach 
zuspüren. 
Einsam, ruhelos und verstimmt fühlte sich 
ktt Künstler, während er dort auf seinem 
Divan lag und darüber nachdachte, welchen 
Erfolg Gillwaldt wohl haben würde, und wie 
Hugo's ganze Zukunft davon abhinge, 
seine. 
ben 1 Clltl ** en Mörder entdeckte. Hätte er au 
^.-.Nachforschungen theilnehmen können, so 
der / ei şiâ> glücklicher gefühlt haben, denn 
rem °?9fame Fortgang der Angelegenheit er- 
rwan e * n ' höchste Ungeduld und seine eigene 
Unthätigkeit reizte ihn aufs 
> chlte. Allerdings arbeitete er in seinem 
Atelier dafür desto angestrengter, in der Ver 
muthung, daß er größere Geldsummen für 
Gillwaldt bedürfen würde, und unterdessen 
trug er die unvermeidliche Oede seines Lebens, 
so gut er irgend konnte. 
Bor seiner Staffelei während der Tages 
stunden war dies noch halbwegs erträglich, 
aber Abends wurde er rastlos und des Nachts 
vermochte er kaum Schlaf zu finden. Und 
so war es war es auch an diesem Abend, 
bis er schließlich ungeduldig aufsprang und 
auszugehen beschloß, um sich irgendwie zu 
zerstreuen. Aber es war schon halb zehn 
U L . al i° ’ ,u spät, um irgend ein Theater 
zu besuchen, und nach der Gesellschaft von 
Bekannten in, Club oder im Restaurant trug 
er kein $ erlangen. Deshalb entschied er sich 
dafür e,neu längeren Spaziergang zu machen 
obgleich es ziemlich schlechtes Wetter war 
Er war zu allen Zeiten daran gewöhnt sich 
viel im Freien zu bewegen, ganz gleich', ob 
es regnete oder stürmte oder schneite, und 
diese düstere Nacht mit dem wolkenbedeckten 
Himmel paßte so recht zu seiner inneren 
Stimmung. So wandte er sich denn nach 
dem Theil des Tiergartens beim Neuen See, 
dem sogenannten „Seepark", und wanderte 
in dessen völliger Einsamkeit länger als eine 
Stunde umher, bis er endlich gegen elf Uhr 
sich an einer Stelle unmittelbar am Neuen 
See niederließ, wo das Ufer nahe dem 
„Großen Wege" eine kleine hügelartige Er 
hebung bildete, auf welcher verschiedene Ruhe 
bänke im Dunkel der Bäume und die einzelnen 
so weit von einander enffernt standen, daß 
es bei der herrschenden Finsterniß unmöglich 
war zu sehen, ob sich jemand auf einer der 
anderen Bänke befand. Dort saß er still 
und regungslos und blickte auf die düstere 
mit 
Wasserfläche hinaus, ganz beschäftigt 
seinen eigenen trüben Gedanken. 
Wie lange er dort so gesessen haben mochte, 
wußte er nicht, als er plötzlich Schritte und 
Stimmen sich nähern hörte, und zwei Personen 
in eifrigem Gespräch auf der ihm zunächst 
befindlichen Bank Platz nahmen. Wegen der 
dazwischen befindlichen Büsche vermochte er 
sie nicht zu sehen, verstand aber jedes Wort, 
was sie sprachen. 
„Etwa vierzigtausend Mark," sagte die 
erste Stimme, die ziemlich dünn und weibisch 
klang. 
„Eine nette Summe," antwortete die zweite 
Stimme in tieferen Tönen. 
„O, leider bekam ich nicht mehr das Ganze, 
aber soviel hatte er etwa in Ai oute Carlo 
gewonnen." 
Erst der Name Monte Carlo erregte Hugos 
Aufmersamkeit, denn anfangs hatte er wenig 
auf die Unterredung geachtet und eigentlich 
beabsichtigt, sich zu entfernen, da ihm die 
Nähe der Fremden unangenem war. Seine 
Gedanken weilten jetzt eben gleichfalls in 
Monte Carlo, denn dort war ja Gillwaldt 
effrig an der Arbeit, um die Spur des 
Mörders zu finden, und die Erwähnung der 
L-Pielhölle Erweckte sofort sein lebhaftestes 
Interesse. 
„Der Kerl hatte eigentlich maßloses Glück 
gehabt 
„Ja, Narren und Anfängern ist das Glück 
immer günstig. Mit mehr Beharrlichkeit hätte 
er vielleicht die Bank gesprengt." 
„Ging es denn nicht, daß Du ihm sein 
Geld nahmst, ohne ihn —" 
„Nein, er war zu sehr auf seiner Hut. 
Als ich ihn einmal allein sah, versuchte ich 
eine Annäherung, aber er schüttelte mich kurz 
und entschieden ab. Er wich überhaupt allen 
Fremden vorsichtig aus. Obgleich noch jung, 
war er doch zu schlau, um sich leicht fangen 
zu lassen." 
Jetzt lauschte Hugo mit fieberhafter Er 
regung — noch wagte er nicht zu glauben, 
daß die Beiden von Karl von Foerster sprä 
chen, und doch konnte er sich der Ueberzeugung 
kaum erwehren, daß er dicht vor einer wichti 
gen Entdeckung stände. 
„Abend nach Abend saß er am Spieltisch," 
fuhr die düne schwache Stimme fort, „kalt 
und gelassen, wie ein Eisberg, während er 
sein Gold einscharrte und ich dicht dabei mit 
leeren Taschen und außer Stande, an 
ihn heran zu kommen. So oft ich ihm be 
gegnete, ließ er mich völlig unbeachtet, wollte 
mich um um keinen Preis seine Bekanntschaft 
machen lassen, und doch war ich fest ent 
schlossen, ihn und sein Geld zu fassen, frü 
her oder später, mochte es mich kosten, was 
es wollte." 
„Es hätte Dich leicht Kopf und Kragen 
kosten können," bemerkte die tiefe Stimme. 
„Rede nicht davon, alter Junge, an solche 
unangenehme Möglichkeiten mag ich nicht 
denken. Was braucht so ein reicher Kerl auch 
vierzigtausend Mark, die er nur durch glück- 
lichen Zufall gewonnen? Er hatte genug auch 
ohne das, und der Gedanke brachte mich bei 
nahe zur Verzweiflung. Welches Glück würde 
diese Summe für mich sein, sagte ich zu mir 
selbst, und ich bemühte mich nach Kräften, 
sie dort schon in meine Hände zu bekommen, 
aber er war zu vorsichtig und ging jeden 
Abend vom Spielsaal direkt nach seinem Hotel." 
„Aber hättest Du dort —" 
„Nein, nein. Eigentlich hatte ich nicht die 
Absicht, so weit zu gehen — außer, wenn es 
unbedingt nothwendig wäre. Wäre er weniger 
schlau gewesen, so könnte er jetzt noch am 
Leben sein." 
„Es kostete ziemlich viel Arbeit," meinte 
der andere lachend. 
„Mehr als ich dachte. Aber ich ließ ihn 
nicht fahren. Ich wußte, daß Muth und 
Vorsicht nicht immer geduldiger Schlauheit 
gewachsen sind." 
„Du verlorst ihn also nicht aus den 
Augen?" 
„Nicht eine einzige Stunde. Ohne daß er 
etwas davon ahnte, reiste ich mit ihm in 
demselben Zuge nach Paris, wo ich hoffte, 
ihn etwas weniger vorsichtig zu finden, aber 
darin täuschte ich mich." 
Unzweifelhaft — der Sprechende war Karl 
von Foersters Mörder, und Hugo konnte 
kaum an sich halten, aufzuspringen und den 
Schurken an der Kehle zu packen. Mit 
höchster Willensanstrengung überwand er jedoch 
sein Verlangen und lauschte weiter. 
„Ich stieg in demselben Hotel mit ihm ab 
und bewachte ihn wie eine Katze die Maus. 
Er sah mich wohl, erkannte in mir aber nicht 
denselben Mann wieder, der in Monte Carlo 
vergebens seine Bekanntschaft zu machen 
gesucht hatte." 
"In Deinen Verkleidungen warst Du immer 
sehr geschickt." 
„Jede Nacht versuchte ich, in sein Schlaf 
zimmer zu dringen, fand die Thür aber stets 
verschlossen und verriegelt. Dann fuhr ich 
in demselben Zuge mit ihm nach Berlin, 
und es gelang mir, den letzten Theil der 
Reise mit ihm zusammen allein in demselben 
Coupee zu machen. Ermüdet von der Reise 
schlummerte er ein, — und ich benutzte die 
gute Gelegenheit. Ein in Chloroform getränktes
	        
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