SB.
aufzustellen und dieselbe militärisch besetzen
zu lassen. Die Truppen sind dazu bereits
ausgerückt. Die Prinzessin Alix wird nach
der Beisetzung des Zaren nicht ins Aus>
land reisen, sondern sich nach Moskau be-
geben, um einige Zeit bei ihrer Schwester
der Großfürstin Sergius, zu verweilen.
Petersburg, 4. Novbr. Die „Nowojc
SBremja" schreibt: „Kaiser Nikolaus
konnte Rußland keinen größeren Trost ge
währen, als in seinem Manifest zu er
klären, daß er des Vermächtnisses seines
Vaters eingedenk gelobe, stets nur als ein
ziges Ziel vor Augen zu haben das fried
liche Wohlergehen, die Macht und den
Ruhm Rußlands. Dem Herrscher sei keine
leichte Aufgabe zugefallen bei einer so un-
günstigen Lage Rußlands, wie sie zum
ersten Mal während des Laufes dieses
Jahrhunderts mit dem Thronwechsel zu
sammenfalle". Die „Nowosti" äußern sich
ähnlich wie die „Nowoje Wremja", indem
sie den bei dem Thronwechsel herrschenden
äußeren Frieden und die innere Ruhe her
vorheben.
Holland.
Im niederländischen Grenzort Philippine
erschoß der Schiffsknecht van Vaanderen
die Ehefrau des Schiffers Gilson und
jagte sich dann selbst eine Kugel durch den
Kopf.
Belgien.
Gegen die Verwaltung der Kongo
eisend a hn > Gesellschaft herrscht in
weiten Kreisen Belgiens große Entrüstung,
und Brüsseler Blätter geben ihr kräftigen
Ausdruck. Die Verwaltung, deren Sitz
sich in Brüssel befindet, verschweigt alle
unangenehmen Vorfälle, und erst auf
privatem Wege erhält man Nachricht
davon. So erfährt man erst heute, daß
der den Oberbau leitende Chefingenieur
Rasselet am 16. September dem Klima
erlegen und am 9. desselben Monats ein
schwerer Unfall auf der Kongoeisenbahn
vorgekommen ist. Am 9. September ging
der Zug von Matadi nach Kama-Soki ab:
er bestand aus einer Lokomotive „Vive",
auf der sich der. senegalesische Lokomotiv-
führer Sampa, die Ingenieure Trouet und
Grippa und zwei schwarze Heizer befanden,
aus 2 mit Schienen und Metallschwellen
beladenen Güterwagen und aus einem
Personenwagen, in dem zwölf soeben aus
Europa angekommene Belgier Platz ge-
nommen hatten. Zwischen Palabella und
La Mia bei der Brücke von Nain end
gleiste die Lokomotive und stürzte in eine
50 m tiefe Schlucht. Die auf ihr befind
lichen Personen wurden getödtet. Zum
Glück rissen die Berbindungskettcn, so daß
der Personenwagen auf dem Geleise blieb.
Im November 1893 ist dieselbe Lokomo
live an derselben Stelle entgleist, wobei
drei Weiße und 25 Farbige getödtet wurden
— DieneueTabakfabrikatssteuer-
oor läge ist, wie die „N.-L. C." aus
zuverläffigster Quelle hört, den einzelnen
Staaten zugegangen und wird demnächst
an den Bundesrath gelangen. Sie ent
hält gegenüber dem vorjährigen Entwürfe
wesentliche Aenderungen. Zunächst ist der
Mehrerlrag gegen die bisherige Tabaks
steuer nur auf 30—35 Millionen Mark
berechnet, anstatt 45 Millionen, und dem
entsprechend sind die Steuersätze ermäßigt.
Sie betragen in dem neuen Entwürfe für
Cigarren und Cigarretten 25 pCt. statt
33 '/» PCt., für Kau- und Schnupftabake
33 statt 50 pCt., für Rauchtabake 50 statt
66% pCt. Auch ist die Nachsteuer von
9 auf 6 Jt herabgesetzt. Die Inland
steuer fällt wie im früheren Entwürfe
weg. Der Steuersatz für ausländische
Rauchtabake wird in der Höhe des früheren
Entwurfes, 40 Jl von 100 Kilogramm,
beibehalten werden. Bei den Control-
Vorschriften treten wesenliche Erleichterun-
gen für Pflanzer und Händler ein.
Inland.
— Die hochconservative „Pomm. Reichs
post" hört, daß in der nächsten Zeit in
irgend einer Form eine kaiserliche Kund-
gebung das deutsche Volk auf den Ernst
der Lage aufmerksam machen und im Geiste
der Königsberger Rede dringend zur Mit
arbeit ausrasen werde. Muthmaßlich wird
ein bezüglicher Passus in der Thronrede
enthalten sein.
Berlin, 3. Novbr. Wie der „Lokal-Anz."
aus Darmstadt meldet, ist die Prinzessin
Alix gestern in Livadia zur russischen Kirche
übergetreten.
Berlin, 4. Novbr. Graf Caprivi hat
ebenso wie den Beamten des Postressorts
vor seiner Abreise auch den übrigen Staats-
sjekretären und dem Präsilenten des Reichs
Lank-Direktoriums seinen Dank für treue
Mitarbeiterschaft und Unterstützung in herz
Lichen Worten ausgesprochen.
daran denken, Dein Leben mit dem meinen
zu verketten.
„Aber ich dachte, gerade dadurch der Welt
meinen unerschütterlichen Glauben an Dich
zu beweisen," cntgegnete sie, stolz zu ihm
aufblickend.
„Gott sei Dank dafür, meine geliebte Cäcilie."
„Und wenn Du leidest, muß ich doch Deine
Last mit Dir theilen, denn sie wird nicht
halb so schwer sein, wenn wir beide sie
gemeinsam tragen."
„O, meine Geliebte!" erwiderte er, sie
umarmend. „Nie werde ich von Dir lassen;
früher sagte ich bereits einmal, daß nichts
uns von einander scheiden solle, und jetzt
wiederhole ich es."
„Aber —"
„Höre mich an. Es giebt nur eine Mög
lichkeit, mich von diesem Verdacht zu befreien,
und das ist die Entdeckung des Mörders.
Er soll, er muß also entdeckt werden, wer es
auch immer sein mag. Ich werde weder
Tag noch Nacht rasten, bis er entdeckt und
seiner That überführt ist. Dieser Verdacht
droht trennend zwischen uns beide zu treten,
und deshalb muß er schwinden. Denn ohne
Dich, Cäcilie, vermag ich nicht zu leben."
„Der Himmel schenke Dir Erfolg," flüsterte
sie inng.
„Meine ganze Kraft werde ich aufbieten,
diesen Erfolg zu erkämpfen. So lange der
Mörder unentdeckt ist, kann ich Dich nicht
als Gattin fordern, und doch mußt Du die
meine werden, Cäcilie. Nichts — nicht
einmal der Tod kann uns beide trennen."
(Fortsetzung folgt.)
- Ueber das Urtheil in dem D i s-
ziplinarprozeß gegen den Kan z
l e r L e i st hat sich in scharf abfälliger
Weise ein hochgestellter Geistlicher aus
gesprochen. Bei der am vergangenen Mitt
woch in Hannover abgehaltenen Landes
konferenz für innere Mission betonte näm
lich der vom Berliner Zentralausschusse
delegirte Geh. Oberkonsistorialrath Dalton
Berlin mit besonderer Schärfe, daß den
Bestrebungen des Vereins manchmal Schwie
rigkeiten erwüchsen von solchen Seiten, von
denen man es nicht erwartet habe. Mit
Rücksicht aus den Kampf gegen die Unsitt
lichkeit sei es doch ein bedauerliches Vor-
kommniß, daß ein Gericht sich gefunden habe,
welches in unseren Kolonien vorgekom
mene, unerhörte Unsittlichkeiten, durch welche
das deutsche Reich in seinem Ansehen aufs
Schwerste geschädigt werde, nicht als ein
mit den schwersten Strafen zu belegendes
Vergehen behandelt und die Befürchtung
erweckt habe, als solle eine besondere Herren
moral konstruirt werden.
Berlin, 2. Nov. Gegen den Redakteur
des „Vorwärts" war bekanntlich das
Zeugnißzwangsverfahren eingeleitet
worden, um zu ermitteln, aus welche Weise
ein von dem genannten Blatte veröffent
lichter geheimer Erlaß des Niederbarnimer
Landraths in die Hände der Redaktion ge
langt sei. Eine Geldbuße von 50 Mark,
welche vom Amtsgericht behufs Erzwin
gung des Zeugnisses über Herrn Pötzsch
verhängt worden war, wurde auf seine
Beschwerde von der Strafkammer aufge
hoben, und da der Aushebungsbeschluß von
der Staatsanwaltschaft nicht angefochten
wurde, fo hat er die Rechtskraft erlangt.
Trotzdem verlangt neuerdings, wie der
„Vorwärts" mittheilt, die Gerichtskasse von
Pötzsch Zahlung der rechtskräftig aufge-
hobenen Strafe von 50 jl und trotzdem
ist Pötzsch von Neuem als Zeuge in Sachen
wider „Unbekannt" geladen! Gegen den
Beschluß der Strafkammer hat der Land
rath Beschwerde eingelegt, und der Senat
des Kammergerichts hat dieser Beschwerde
obwohl sie erst 17 Tage nach dem Erlaß
des Kammerbeschlusses eingelegt war, statt
gegeben, ohne Herrn Pötzsch Gelegenheit
gegeben zu haben, sich zu äußern. Das
Kammergericht begründet die Aufhebung
des Beschlusses der Strafkammer u. a. da
mit, daß nicht sie, sondern das Kammer
gericht selbst über die Beschwerde Pötzsch
gegen die vom Amtsgericht über ihn ver
hängte Geldstrafe zu entscheiden gehabt
hätte. In der Begründung wird ausdrück
lich gesagt, daß der Beschluß des Kammer-
gerichts erfolgt sei auf die Beschwerde des
Landraths nach vorgängiger schriftlicher
Erklärung des Oberstaatsanwalts. Somit
ist also die Staatsanwaltschaft, die doch
zunächst das Beschwerderecht hat, völlig
übergangen worden. Nicht mit Unrecht
bemerkt der „Vorwärts" hierzu, daß, falls
die Auffassung des Kammergerichts als zu
treffend anerkannt wird, es den Anschein
erwecken könnte, als ob dem Landrath eine
Art Aufsichtsrecht über die von den Rich
tern gefaßten Beschlüsse zugestanden würde.
Posen, 2. Nov. Gestern Abend gerieth
der Rollschaffner Prech mit dem Arbeiter
Radziszewski in Streit, in dessen Verlaufe
Radziszewski Prech mit einem Messer der-
artig in die linke Halsseite stach, daß der
Tod sofort eintrat. Der Thäter wurde
verhaftet.
München, 2. Nov. Zu seinem gestrigen
Namensseste hat der PrinzregentLuit-
oold dem Maler Oberländer den Pro-
essortitel und der Malerin Tira Blau
die Ludwigsmedaille verliehen.
München, 31. Oktbr. Ueber die Un
ruhen in .Wiesau, einem Städtchen
in der nordöstlichen Oberpfalz, erfährt
man, daß die Gemeindeangchörigen im
Prozesse wegen ihres Anspruchs auf un-
entgeltlichen Holzbezug zum Eigenbedarf
auf der Freiherr v. Zoeller'schen Waldung
in erster Instanz unterlagen, in zweiter
legten, in dritter und letzter Instanz jedoch
wieder unterlagen. Als das letzte Urtheil
bekannt wurde, entstand große Aufregung.
Vorgestern zogen 150 Personen mit Axt
und Säge in den Wald und begannen di-
Bäumr zu fällen. Der Bezirksamtcnann
konnte mit der aus den benachbarten Sta
tionen hinzugezogenen Gendarmerie nichts
ausrichten. Die Kreisregierung sendete da
her 50 Mann Militär, das gestern früh
eintraf. Zu gleicher Zeit ist die Bevölker
ung wieder in den Wald gezogen, um das
Holzfälleu fortzusetzen. Der Bezirksamt
mann forderte zum Verlassen des Waldes
auf. Da Niemand Folge leistete, ging
d a s M i l i t ä r v o r. Es gab 2 Todte,
3 schwer Verwundete und mehrere leicht
Verletzte.
Dresden, 1. Nov. Der von den Sozial
demokraten über die hiesige Wald
brauerei verhängte Boycott wurde
aufgehoben. Die Brauerei verpflichtet
sich zwar, ihren Park am 1. Mai nächsten
Jahres und an zwei oder drei Sonntage»
zur Verfügung zu stellen, sowie keinen Ar
beiter wegen seiner Zugehörigkeit zu einer
Organisation zu maßregeln oder zu ent
lassen, doch wahrt sie sich die volle Frei
heit, ihre Arbeiter ohne Rücksicht auf die
Parteistellung anzustellen oder zu entlassen.
Elberfeld, 2. Novbr. Die Polizeiver
waltung hat die aus Oesterreich gebürtigen
Arbeiter Franz Tausch, A. Petrack und
Valentin Fürtner, sowie die Ehefrau des
Erstgenannten ausgewiesen. Die drei Män
ner gehörten einem anarchistischen Klub an.
Ein trauriges Familiener
e i g n i ß wird aus Schulpfņrta gemeldet.
Ein Arbeiter des dortigen Schulgutes war
früh mit seiner Frau auf die Feldarbeit
gegangen, während die älteren Kinder sich
in der Schule befanden und die kleineren,
ein vierjähriger Junge und ein einjähriges
Mädchen, eingeschlossen zu Hause blieben.
Auf bisher noch unaufgeklärte Weise ge
rieth das Bettchen des Mädchens in Brand;
ehe auf das Hülfegeschrei des Jungen
Hülfe hinzukam, war das kleine Mädchen
todt. Als die vom Felde herbeigeeilten
Eltern von dem Tode ihres Lieblings
hörten, sprang, wie die „Magdeb. Ztg."
berichtet, die Mutter in ihrer Verzweiflung
in den Saalarm, der an den Arbeiterhäu-
'ern vorüberfließt, und fand alsbald in
den hochangeschwollenen Wassern ihren Tod
Straßburg, 1. Nov. Von verschiedenen
Seiten wird es angeregt, dem nunmehrigen
Reichskanzler Fürsten Hohenlohe
eine Ehrung darzubringen als Aus
druck des Dankes und der Verehrung für
eine neunjährige segensreiche Wirksamkeit
als Statthalter. Dieser natürliche und
naheliegende Gedanke wird vermuthlich
Verwirklichung finden durch eine großartige
Ovation der sämmtlichen hiesigen Vereine,
welche veranstaltet werden soll, wenn der
Fürst demnächst nach Straßburg zurückkehren
wird, um sich zu verabschieden.
ÄrovtnrteUrS
Y Fockbek, 3. Nov. Heute Nachmittag
überfiel auf der Chaussee zwischen Fockbek
und Seemühlen ein Strolch den Produkten-
händler Krabbenhöft von hier und ver
setzte ihm mit einem langen dicken Knüttel
mehrere Hiebe über den Kopf, so daß der
Händler, aus mehreren Wunden blutend
besinnungslos zur Erde fiel. Mehrere des
Weges kommende Fuhrleute ergriffen den
Strolch und lieferten ihn an den Gast
wirth Broderius ab, der ihn so lange in
Gewahrsam behielt, bis ein herbeigerufener
Censdarm ihn arretirte. In der Wirth
schaft benahm sich der Landstreicher gegen
einige Gäste äußerst frech, aber kräftige
Fäuste brachten ihn bald zur Ruhe
Hoffentlich wird dieser rohe Bursche für
längere Zeit unschädlich gemacht!
î Rendsburg, 5. Nov. Der schleswig
holsteinische Schriftenverein hielt am Frei
tag-Abend '/26 Uhr unter Vorsitz des
Probsten Treplin eine Generalversamm
lung ab. In derselben wurde der aus
scheidende Vorsitzende Probst Treplin wie
dergewählt, während für Probst Lilie-Horst
der schon vor 3 Jahren eine Wiederwahl
nur auf besonderes Drängen annahm, Pa
stor Mödiug - Bannesdorf auf Fehmarn
gewählt. Die Bestrebungen des Vereins
sind nach dem vorliegenden Jahresbericht
meist von gutem Erfolge gekrönt gewesen
und werden daher auch weiter verfolgt.
Von einer Dechargeertheilung für den
Kassirer wurde Abstand genommen bis zur
nächsten Versammlung, da derselbe nicht
anwesend sein konnte und wegen besonderen
dringlichen Umstände nach Neumünster
reisen mußte, Aufklärungen von ihm aber
gewünscht wurden.
Ģ Rendsburg, 5. Novbr. Heute feiern
der Töpfermeister C. Ehlers und Frau
das Fest ihrer silbernen Hochzeit im Kreise
ihrer Familie. Im nächsten Monat werden
die Eltern der Frau Ehlers ihre goldene
Hochzeit feiern.
X Rendsburg. 5. Nov. In der am Freitag ab
gehaltenen Sitzung unserer städtischen Kollegien,
in der sämmtliche Mitglieder derselben anwesend
waren, wurde zunächst der wiedergewählte Se
nator Hollesen aufs Neue von dem Herrn Bür
germeister verpflichtet. Derselbe sprach zugleich
die Erwartung aus, daß Herr Hollesen auch in
Zukunft wie bisher in selbstloser Weise die Jn-
teregen der Stadt vertreten werde. In diesem
Sinne begrüße er die Wiederwahl des Herrn Se
nators Lollesen mit Freuden. Herr Stadtver
ordnetenvorsteher Pfahler begrüßte den Neuein
geführten Namens des Stadtverordnetenkollegiums
und sprach die Hoffnung aus, daß derselbe dem
Kollegium noch recht lange erhalten bleibe möge.
Herr Senator Hollesen dankte den beiden und
gelobte der Stadt, auch in Zukunft nach bestem
vermögen seine Kraft zu weihen.
Das Protokoll der Revision der Stadtkaffe für
den Monat September wurde verlesen und gegen
dasselbe Einwendungen nicht erhoben.
^ Der Antrag auf Löschung eines Reverses wegen
Instandhaltung einer Garteneinfriediqunq wurde
genehmigt.
Zur Berathung und Beschlußfassung über die
Vorschläge der außerordentlichen Finanzkommission
betreffend die fernere Vertheilung des Ausgabe
bedarfs durch Erhebung von Abgaben und Ge
meindesteuern führte der Vorsitzende aus, daß man
betreffs der Lösung dieser Frage Bezug genom
men habe auf die Nachbarstädte, jedoch in erster
Linie auch auf die lokalen Verhältnisse. Eine
Anzahl von indirekten Steuern sei hier bereits
eingeführt, er erinnere nur an die Erbschaftssteuer
an die Abgaben für Tanz- und andere Lustbari
ketten, Hundesteuer. Das Gesetz lasst auch noch
andere Steuern zu und thatsächlich sei man in
einigen Städten auf ganz absonderliche Steuern
verfallen. Eine Uebereinstimmung sei in der
Kommission nicht herbeigeführt worden.- Die Ma
jorität habe beschlossen, einen Zuschlag von 130%
auf Einkommen-, Gewerbe- und Grundsteuer zu
krgrn und einen Zuschlag zur Gebüudesteuer von
180 A, zu erheben. Die Minorität wolle dagegen
Einkommen- und Grundsteuer mit je 140%, die
Gewerbesteuer mit 120% und die Gebäudesteuer
. 160% belasten. Einstimmig sei die Kom-
miiston der Ansicht gewesen, daß der Bedarf nicht
durch die Einführung weiterer indirekter Steuern
zu decken sei. Die weiteren Vorschläge der Kom-
ml,sion gingen dahin, daß auf Grund der vorhin
bezeichneten Norm bei Mehrbedarf eine ent
sprechende Erhöhung, bei Minderbedarf eine ent
sprechende Ermäßigung der Zuschläge eintreten
könne, ohne aber das Verhältniß der Steuerarten
zu einander zu verändern.
Das Einkommen bis zu 650 Mk. solle wie bis
her steuerfrei gelassen werden, das kommunale
Wahlrecht dagegen vom I. April 188» ad von
einem Mindesteinkommen von 800 Mk. abhängig
gemacht werden. Eine Steuerfreiheit solle trotz
dem für die Censiten der zweiten Stufe (650 -bis
900 Mk. nicht eintreten. Endlich schlage die
Kommission noch eine Jmmobilienabgabe von
1 pCt. vor. Zwei Mitglieder der Kommision,
die Herren Rohwer und Koth, wollten der Er
höhung nur daiin zustimmen, wenn auch die
zweite Steuerstufe außer Hebung bliebe. Die
Kreislasten sollen besonders zur Hebung gelangen.
Herr Pfahler bemerkt, daß die letzteren im
nächsten Jahre ca. 50 pCt. der aufzubringenden
Steuer betragen würden, die nach dem vorhin
genannten Modus auszubringenden Steuern sind
auf 135,000 Mk. veranschlagt.
Herr Senator Rohwer hält die Gewerbe- und
Gebäudesteuer zu hoch belastet und zwar zu Guil
len der Einkommensteuer. Zu bedenken sei, daß
den Gebäuden noch --ine Reihe von Nebenlasten
auferlegt seien, wie Straßenpflasterung, Einquar
tierung, Kanalisation, Wasserabgaben usw. Der
Gewerbestand leide bereits so wie so, denselben
müsse man daher nach Kräften schonen. Lediglich
ur die großen Einkommen sei diese Bertheilung
günstig. Die Entlastung der Einkommensteuer
betrage volle 37,000 Mk. Wolle man Gerechtig
keit malten lassen, so müsse der Vertheilungs
modus der Minorität zur Einführung gelangen.
Herr Senator Hollesen betont, daß Herr Se
nator Rohwer von unrichtigen Voraussetzungen
ausgehe. Das von ihm selbst mit gemachte Ge
setz wolle eine Entlastung der Einkommensteuer
herbeiführen Es müsse auch auf die Vermögens-
'teuer Rücksicht genommen werden und es sei
erner zu bedenken, daß die Gewerbesteuer bis
zu 1500 Mk. Einkommen überhaupt außer Heb
ung bleiben. Die Differenz sei eine minimale
und man darf auch damit rechnen, daß man
durch eine zu hohe Belastung des Einkommens
von vornherein Fremde abschrecke, sich in Rends,
burg niederzulassen, was sonst in Zukunst sich/
geschehen werde.
Herr Senator Rohwer betont nochmals, daß er
eine gerechtere Vertheilung der Steuern wünsche
und daß er gerade den mittleren Handwerkerstand,
der durch diese Vertheilung besonders gedrückt
werde, geschont wissen wolle. Herr Senator Hol
lesen weist darauf hin, daß in anderen Städten
die Realsteuern noch viel schlechter weg kämen.
Bei der Abstimmung wird dieser Punkt nach
dem Antrage der Kommission angenommen.. Ge
gen denselben stimmen von den Stadtverordneten
die Herren Speck, Tams, Bock und Gütlein, vom
Magistrat die Herren Rohwer und v. Cappeln.
Ueber die Erhöhung des Census entspinnt sich
ebenfalls eine längere Debatte. Der Lorsitzende
erklärt, daß der Ausfall der 1. Steuerstufe 3AX>M.
betrage, würde auch die ziveite Stufe steuerfrei
gelassen werden, so würden nochmals 4800 Al.
ausfallen. Wenn diese Summe sich auch ver
schmerzen lasse, so sei zu befürchten, daß dadurch
ein größeres Proletariat geschaffen werde. Herr
Senator Rohwer will Keinem das Wahlrecht neh
men, der städtische Steuern bezahle. Wer Pflichten
habe, müsse auch Rechte haben.. Herr Photograph
Speck ist gegen die Freilassung, der zweiten Stufe,
aber jfür die Erhöhung des Census, es sei ver
kehrt, daß die niedrigste Steuerstufe mit 18 Mk
beginne.
Herr Senator Rohwer erklärt, daß die Stadt
kaffe den Ausfall der zweiten Stufe sehr wvhl
vertragen könne. Die Fiimņzlage der Stadt sei
eine sehr günstige. Die Skeuern würden hier
niednger sein, als in fast allen anderen Städken
der Provinz Als Herr Pfahler von «schulden
spricht, die sich die Stadt ja doch aufgeladen habe,
erklärt Herr Senator Rohwer, daß er seine Ae-
hauptnng in- vollem Umfange aufrecht halte. Herr
Pfahler erklärt hierauf, daß die Stadt dann auch
darnach streben müsse, besser gestellt zu bleiben
als andere Städte und ihre Finanzen nicht ver
schlechtern müsse. Er erblickt keine Gefahr darin
jetzt den Census zu erhöhen. Eine Nothwendig-"
keit hierzu liege allerdings zur Zeit noch nicht vor
man könne aber nicht wissen, wie sich die Sacke
nach 10 oder 20 Jahren gestalten werde ^
Herr Wolfs will nicht, daß in Rendsburg Bürger
zwecken Grades gchchaffen werden und den Een-
srten der Profiten ötuff das Wahlrecht genommen
werde. Er bettet um Ablehnung des Kommissions-
antrages. Bel der Abstimmung wird der Kom-
nnjslonsantrag im Stadtverordnetenkollegium mit
6 gegen i> und im Magistrat mit 3 gegen 3
stimmen angenouiiilkn.
Für den Antrag stimmten die Herren Speck,
Matthiessen, Or. Volbehr, Speck, Thormann,
Pfahler, Paap, Hollesen und der Bürgermeister.
Dagegen stimmten Wolfs, Gütlein, Bock. Tams,
Mohr, Koth, Rohwer, v. Cappeln und Junglüw
Den schließlichen Ausschlag gab der Bürgermeister.
Vorlage des Erläuterungsberichtes betreffend
den Umbau der Gasanstalt reserirt der Bürger
meister, daß nach dem Kostenanschläge des Direk
tor Pichler für das Jahr 1895/96 eine Bau-
umme von 75 000 Mk.. 1896/97 42 000 Mk.
und 1897/98 eine Restsumme von 16000 Mk.
erforderlich würden, im Ganzen demnach 134 500
Mark. Die Gaskommission empfehle den Um
bau, da das Werk an der Grenze der Leistungs-
ähigkeit angelangt sei. Der Stadtv. Tams will
iur so viel bewilligen, als äußerst nothwendig
'ei, da die Zukunft dem elektrischen Lichte ge
höre und dann unnütze Ausgaben gemacht seien.
Hierauf nimmt der Stadtv. Heinr. Speck zur
längeren Ausführung das Wort. Die Gasfach-
inänner sähen in der Anlage von elektrischem
Lichte keine Gefahr für Gaswerke und allerorts
'gehe man mit Vergrößerung der Neubauten der
Gasanstalten vor. “ In Lübeck z. B. sei vor etwa
5- Jahren ein städtisches Elektrizitätswerk mit
einem Kostenaufwand von 960000 Mk. gebaut
und installirt worden; die Gasanstalt hätte da
selbst auch nicht mehr gereicht und jetzt fei daselbst
der Bau eines neuen Gasw-rks zum Kosten
anschläge von reichlich I'/, Millionen Mark in.
der Ausführung.. Elektrisches- Licht habe in vielen
Füllen einen Vorzug, vor anderer Beleuchtungs
art, nur muffe der Consument dabei recht tief
in den Geldbeutel langen. Das Auerlicht sei
für Gaswerke bahnbrechend und- komme weit
billiger als elektrisches- Licht. In dem sehr be-
kännten Restaurant „Zum Franziskaner" in
Berlin, seien durch Auerlicht gegenüber der elek
trischen Beleuchtung, eine Ersparniß von reichlich
8000 Mark in einem« halben Jahre gemacht. Er
könne viele Fälle anführen, wo man elektrisches
Licht aufgegeben. Die Gasanstalten hätten heute
ja nicht allein für Beleuchtung, sondern auch- für
Koch- und Heizzwecke Gas zu liefern und- wir
'eien mit unserem Gaswerk so weit,, daß, wenn
irgend ein Malheur mit einem. Qfen paffire, man
nicht im Stande sei, den Ansprüchen zu genügen;
entweder die öffentliche oder private Beleuchtung
müsse dann eingeschränkt werden.. Cr empfiehlt
dringend die Bausumme zu bewilligen.
Herr Stadtv. Tams bleibt auf seinem Stand
punkt stehen. Herr Stadtv. Bock frägt an, ob
ein neues Wohngebäude für den Direktor mit
in dem Kostenanschläge enthalten sei. Herr
Stadtv. Speck erklärt, daß dasselbe nicht mit
aufgeführt ist. Män könne sich deffen aber nicht
^schließen, da das jetzige Direktionswohnhaus
chon derartig zu Lagerräumen und Comptoir
benützt würde, daß die Wohnung thatsächlich nur
aus zwei Zimmern- bestehe. Später müsse für
emen Maschinisten und eigentlich auch für den
Rohrmeister Wohnung auf dem Gaswerk vor
handen sein. Ebenso sei in dem Kostenanschläge
nicht enthalten die Bausumme für einen neuen
Gasometer und einer neuen. Stationsuhr. Beide
Theile würden, falls der Consum sich so stark
wie im letzten Jahre hebe, auch folgen müssen'
Bei der Abstimmung stimmt nur der Stadtv.
Tams dagegen:
Die Gasanstalt, bedarf für das laufende Iah
einer Summe von- 12500 Mk. zur Anschaffung
von Gasmessern und 4000- Mk. mehr fürsKohlen,
als im Etat vorgesehen.. Beide Ausgaben würden
alsbald den- Einnahmen gegenüber stehen und
werden ohne Debatten genehmigt.
Nach Erledigung noch einiger kleinerer Vor
lagen, wie Verkauf von Bauplätzen an G.-rhurv-
dämm, Lunsverpuchtaugen u. s. w. iv ro der
Schluß der Tagesordnung in« geheimer S-tzung
erledigt.
Generalversammlung
des Vereins für Arbeiterkolouien in
in.
î Rendsburg, 2. November.
Nachdem eine Sitzung des Ausschusses zwecks
Behandlung interner Vereinsangelegenheiten vor
angegangen war, wurde die Generalversammlung,
um 2 Hz Uhr Nachmittag durch den Vorsitzenden,
Herrn Baron von Heintze, eröffnet.
Dem Jahresbericht pro 1898/94 entnehmen
wir folgende Angaben. In der Organisation,
der Leitung und Verwaltung der Kolonie zu
Rickling ist keine wesentliche Veränderung gegen
1892/93 vorgekommen. Dr.. Wachs zu Hanerau,
der langjährige K rfficer des Vereins war wegen
anhaltender: Kränklichkeit gezwungen, sein Amt
niederzulegen. Dasselbe ist jetzt von Graf Platen
übernommen worden.. Der Vorstand ist um ein
Mitglied vermehrt worden, indem der Vereins-
geistliche als ständiges Mitglied in denselben ein-
* ra *: Der Ausschuß erfuhr einen Zuwachs von
drei Mitgliedeln. Unter der Leitung des sich als
tüchtig erwiesenen Inspektors ließ die Verwaltung
der Anstalt zu Rickling nichts zu wünschen übrig';
umsomehr, da sich, auch die Gehülfen, ivelche von
dem „Rauhen Haus" in Hamburg gestellt wer
den, tüchtig und zuverlässig, find.
Die Frequenz., betrug im letzten Jahre nicht
so viel als im Vorjahr. Besondere Sorgfalt
verwandte man darauf, jene zweifelhaften Ele
mente von der Anstalt fern zu halten, welche
letztere nur für eine kurze Zeit als Unterschlupf
benutzen wollen. Allerdings verursachte diese
Aufgabe bedeutende Schivlerigkeiten. Von jetzt
an werden in Rickling auch solche junge Leute
aufgenommen, die zum ersten Male zur
Correktionsnachhaft verurtheilt sind. Doch ge
schieht dieses nur auf besonderen Antrag. Der
Umgang mit älteren Corrigenden der Anstalt
hat oft schlimme Folgen für den, der zum ersten
Male bestraft wird, und macht den Werth der
Strafe in gar vielen Fällen mindestens illusorisch.
1893/94 wurden in Rickling 319 Kolonisten aus
genommen gegen 326 im Vorjahre. Der Tages-
bestand betrug 120 bis 150. Von drn Auf
genommenen waren 94 aus Schleswig-Holstein
42 aus Hamburg, während die übrigen anderen
Gebieten entstammten. 273 bekannten sich ,u
der evangelischen, 46 zu der katholischen Religion-
ft ""rven zujammen 37750 Arbeitstage qe-
teif.et. Für 5234 Tage wurden außer der Kost
keine Vergütung gewährt, während für außerdem
em Lohn von 10 .bis 50 Pf. gezahlt ist. An
Verpflegungstagen wurden 47 000 gewährt, unter
mesen 606 an Kranke und 3808 an durchreisende
Fremde. Die Kosten der Verpflegung stellen sich
pro Kopf und Tag auf 38 Pf.; diejenigen der
Gesamintverwaltung belaufen sich auf 86 Pf.
Durch Moordammkultur wurden ungefähr 2 ha
Land gewonnen. Hierdurch stieg der Buschwerth
der Anstalt auf 352 800 Mk,- das ist gegen
1892/93 ein Mehr von 4500 Mk. Da der Forst
fiskus der Anstalt im letzten Jahre nicht so viele
Arbeiten zuwandte als sonst, war die Einnahme
der Anstalt etwas niedriger als im Vorjahre.
Die Ernte, welche anfänglich so gut zu werden
versprach, erfuhr zum Schluß durch die Ungunst
der Witterung einen bedeutenden Abbruch. Im
Körnerertrag bleibt der Roggen um ein Drittel,
Gerste und Erbsen aber bleiben gegen das Vor
jahr fast um die Hälfte zurück. Auch der Kar
toffel-, Rüben- und Kohlbau liefert nicht den
Erl.ag des Vorjahres. Geerntet wurden 2000
Centner Kartoffeln, 1200 Centner Rüben und
150 Centner Kohl.
Das Verhalten der Kolonisten war meist durch
aus besriedigend. Zwanzig Personen mußten
aus der Anstalt entfernt werden, weil sie sich
renitent erwiesen, indem sie die ihnen übertra
gen- Arbeit nicht ausführen wollten. An den
hohen christlichen Festen wurden die Feier veran
staltet, die einen großen Eindruck auf die Ko
lonisten machten. Be, dieser Feier wirkte f tetg
auch der Sängerchor und die Musikkapelle mit-
Sehr groß war in diesem Jahre bei der
stalk die Nachfrage nach landwirthschaftlichen Ar
beitern. In vielen Fällen konnte den Wünschen
der Nachfragenden nicht entsprochen werden. Land-
wirthschaftUche Arbeiter sind stets leicht unterzu
bringen. Es ist hier die Mitwirkung" und Unter
stützung aller Vereinsniitglieder dringend er
wünscht. Herr Pastor Rieverts-Neumünster machte
Mittheilungen über die Seelsorge in der Anstalt-
Alle 14 Tage wurde in der Kapelle gepredigt
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