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ten Discretion geführt. Die Lösung wird
in ganz kurzer Zeit erfolgen können. Dem
„Soir" zufolge ist der Verhaftete ein Ar
tilleriehauptmann.
Paris, 1. Novbr. Die Hochverraths-
Affaire wird bestätigt. Der Offizier heißt
Alfred Dreyfuß; er stammt aus angesetzt-
ner israelitischer Familie, ist verheirathet
mit der Tochter des Diamantenhändlers
Hadamand und Vater zweier Kinder. Drey
fuß ist wohlhabend. Er bewohnt ein vor-
nehmes Appartement in der Avenue Tro-
cadero, soll aber durch seine Svielleiden-
fchaft zu dem Verbrechen verführt worden
fein. Als Artillerie-Hauptmann gehörte
er dem ersten Bureau des Kriegsministe
riums, daß die Mobilisirung organisirt, an.
Seit vierzehn Tagen ist er im Militär-
Gefängniß in Haft; er soll ein Geständniß
abgelegt haben. Da die Behörden das
Gcheinmiß streng bewahren, so cirkuliren
verschiedene Gerüchte über die Art des
Verbrechen. Er soll an Italien den Mo-
bilisirungsplan des fünfzehnten Armeekorps
und Pläne von der Alpenbefestigung ver
kauft haben. Andere sagen, er habe an
Deutschland und Oesterreich die Namen der
französischen Offiziere verkauft, die in ge
heimer Mission in das Ausland gehen.
Das Kriegsministerium versichert, die ent
wendeten Papiere seien ohne große Be-
deutung. Der Schuldige wird demnächst
vor dem Kriegsgericht erscheinen. Es vcr-
lautet, der Kriegsminister wolle ihn er-
schießen lassen. Der Stand der Gesetz
gebung erlaubt aber nur eine Maximal-
strafe von fünf Jahren Gefängniß.
Oesterreich.
Aus Wien meldet die „Voss. Ztg.":
Durch die Capelle des dritten Infanterie-
Regiments gelangte der „Sang an Ae-
gir" im Saale des Hotel Habsburg, der
aus diesem Anlaß dicht gefüllt war, zur
erstmaligen Aufführung. Das Tonwerk
erntete stürmischen Beifall und mußte
wiederholt werden.
Dänemark.
Eine Bauernfrau auf der Insel Lolland,
deren Mann feine ganze Milch, 30—40,000
Pfd. jährlich, an eine Genossenschafts-
Meierei lieferte, hat im Laufe mehrerer
Jahre, theils von der Abendmilch eine
Tasse von der obersten Schicht abgenommen
um diese als Rahm zu verwerthen, theils
das Mädchen, welches den Milcheimer mit
Wasser ausspülte, veranlaßt, dieses Spül
wasser, ca. einen halben Liter, in den
Transporteimer zu thun. Für diese Be
trügerei, wodurch der Meierei ein Verlust
von ca. 100 Kr. erwachsen, wurde die
Frau zu 14 Tagen Gefängniß verurtheilt,
welches Urtheil vom Höchstengericht bestä
tigt worden ist.
Inland.
— Justizminister v. S ch el li n g scheint,
wie die „Naiionalztg." meint, schon vor
seinem Jubiläum am 12. Dezember vom
Amt zurücktreten zu wollen.
Berlin, 1. Nov. Landwirthschaftsminister
von Heyden wird, falls seine Demission
endgültig angenommen ist, eine Oberpräsi
dentenstelle übernehmen. Als sein Nach
folger wird der bisherige Oberpräsident
von Posen, Herr v. Wilamowitz-Möllendorf
bezeichnet.
Berlin, 1. Nov. Am Sonnabend, den
3. d. M., findet beim Finanzminister Dr.
Miguel ein großes Diner statt, wozu
die Minister und Staatssekretäre geladen
sind.
— Ueber Friktionen zwischen dem
Kaiser und dem Grafen Caprivi
berichten jetzt nachträglich die „Hamburger
Nachrichten": „Daß bei der Entlassung
des Grafen Caprivi auch seine Stellung
zur K o l o n i a l p o l i t i k eine nicht un
bedeutende Rolle gespielt hat, darf nun
mehr als sicher betrachtet werden. Gerade
in der letzten Zeit hatte der Kaiser mehr
fach Gelegenheit genommen, dem Reichs
kanzler seinen Willen kundzugeben, daß die
Kolonialpolitik in energischerer Weise als
bisher geführt werde, und hatte diesem
Willen durch Entschlüsse Ausdruck gegeben,
die mit den kolonialpolitischen Ansichten
des Kanzlers nicht in Einklang standen.
Die feste Haltung der Reichsregierung
gegenüber den englisch-neuseeländischen An
maßungen in der Samoafrage, sowie der
erfolgreiche Protest gegen den englisch-kon
golesischen Pachtvertrag sind in erster Linie
auf solche Entschlüsse zurückzuführen,
neuester Zeit war es nun auch die Frage
des Schutzes der deutschen Interessen in
der Delagoabay, bei der sich eine weitge
hende Meinungsverschiedenheit zwischen Kai
ser und Kanzler geltend gemacht hat; und
insbesondere soll die Entsendung des zweiten
Kriegsschiffes nach der Delagoabay von
Caprivi aufs Lebhafteste widerrathen wor
den sein. Dazu kam, daß das in den
„Vielleicht", antwortete der Andere gelassen.
„Dieser Umstand muß Sie doch anstacheln,
zur Ergreifung des Mörders und Aufklärung
des Geheimnisses alles aufzubieten, was in
Ihren Kräften steht."
Hugo antwortete nicht sofort, denn er suchte
sich darüber klar zu werden, ob dieser Mann
ihn für schuldig hielte und ihm nur eine
Falle zu legen suchte.
(Forffetzung folgt.)
letzten Tagen gesprochene Urtheil im Fall
Leist und die Erregung der öffentlichen
Meinung darüber dem Kaiser von Neuem
die Mangelhaftigkeit auch der inneren Ver-
waltung der deutschen Schutzgebiete ins
Gedächtmß zurückgerufen hat. Man er-
innert sich, daß kurz nachdem der Kanzler
den im Reichstage mit seltener Einmüthiq-
keit von allen Parteien aufs Schärfste an-
gegriffenen Bureaukratismus und Milita-
rismus in der Kolonialverwaltung ebenso
wie die am meisten kritisirten Vertreter
dieser Richtungen warm vertheidigt hatte
gerade diese ihrem bisherigen Wirkungs'-
kreise in den Kolonien entzogen wurden
— wie man sagt, auf direkten Befehl des
àsers, der die Ansichten seines Kanzlers
über die Vorzüglichkeit des bureaukratischen
Systems bei der Verwaltung der Kolonien
durchaus nicht theilte.
— Fürst Hohenlohe als Botschaf
Ņaris hatte, wie die „Köln.
Ztg. deni Pariser Berichterstatter der
„minies nacherzählt, manchmal gar kind-
liche Liebhabereien. So betrachtete
er Harun-al-Raschids System als ein un-
sehlbares Mittel zum Regieren; er hi.1t
dafür, daß die in der Nation vorwiegen
den Eindrücke am besten von den Lippen
des gemeinen Volkes gesammelt werden
können. Er mischte sich oft unter die
Menge und suchte nach Vorwänden, um
Gesprächen beiwohnen und sie auffangen
zu können Er begab sich in öffentliche
Versammlungen und ging des Nachts an
^^ŗoschken'tänden spazieren, um den
politischen Plaudereien der Kutscher zuzu-
Horen, so daß die Regierung, in der Be-
es könnte ein Unfall vorkommen.
Maßregeln zu seinem Schutz ergriff. Dann
achte er herzlich, wenn er in den ihm
feindlich gesinnten Blättern von diesen ge-
Heimen Schutzmaßregeln las. Sein Drang
nach Erkenntniß der Volksstimmung machte
aus ihm den eifrigsten Zuhörer. Ueber
einem Gespräch zog er oft ein Notizbuch
hervor, in das er in hieroglyphischen Zei-
chen die Ausdrücke hinwarf, die ihm auf-
gefallen waren; der Tag ging jedoch nie
zu Ende, ohne daß er in Reinschrift ge
bracht hatte, was er auf diese Weise ae-
sammelt hatte. 9
Zwischen einem jungen Ehepaar
welches am Dienstag-Morgen soeben erst
das Standesamt in der Rosenthaler Vor
stadt von Berlin nach stattgehabter Zivil-
trauung verlassen hatte, entstand auf der
Straße ein heftiger Wortwechsel, der als
bald in Thätlichkeiten überging, und
auch die Trauzeugen nahmen an der Prü-
gelei Theil. Die Braut hatte eine schwere
Kopfwunde erlitten und mußte später die
Hilfe eines Heilgehilfen in Anspruch neh-
men, während dem jungen Ehemann von
seinem Schwiegervater die Norderzähne ein-
geschlagen worden sind. Ein Schutzmann
machte der widerlichen Kampsesszene ein
Ende und brachte die ganze saubere Hoch
zeits-Gesellschaft zur nächsten Polizeiwache.
Berlin, 1. Nov. Wie die „Freisinnige
Zeitung" mittheilt, hat der freisinnige Ab
geordnete Eugen Richter, Reichstags
memoiren zu schreiben begonnen. Der An-
fang davon wird in diesen Tagen zur
Erinnerung an das alte Reichstagsgebäude
erscheinen und im Anschluß an die 1892
herausgegebenen Jugenderinnerungen des
Verfassers Schilderungen über die ersten
Sessionen des deutschen Reichstages bis
zum Jahre 1877 enthalten: „Im alten
Reichstagsgebäude, Erinnerungen von Eu
gen Richter." Der Verfasser gehört zu
denjenigen 11 Reichstagsabgeordneten, die
von der ersten Sitzung im alten Reichs
tagsgebäude an bis jetzt ununterbrochen
Mitglieder des Reichstages gewesen sind.
Mainz, 31. Oktbr. In unserer Stadt
mehren sich die Einbrüche und Dieb-
st ä h l e in auffallender Weise, so daß ein
besonderer Wachdienst organisirt
werden mußte.
Am Sonnabend ging in Saargemünd
ein Gewitter nieder. Ein Blitz schlug in
das Offiziercasino ein und zündete an einem
Kronleuchter die Gasflammen an. Großer
Schaden wurde nicht angerichtet.
Aus Lublinitz (Oberschlesien) wird den,
Ratiborer „Anzeiger" folgende köstliche Ge
schichte geschrieben: Die neue Linie von A
nach Z. ist im Betrieb, und der Sekundär
bahnzug durchbraust schleichend Felder und
Forsten . . . Haltestelle X! Der Zug bleibt
stehen. Der Zugführer entsteigt ihn:, um
die dienstlichen Angelegenheiten mit dem
Haltestellenoorsteher abzulvickeln. Ausge
liefertes Stückgut: 26 Sack Kartoffeln,
welche schön aufgestapelt dem Bahnstieg
das Aussehen des Verkehrs verleihen. Das
Zugpersonal, das außer dem Lokomotiv-
ührer und dem Heizer nur aus besagtem
Zugführer besteht, weigert sich entschieden,
die Kartoffeln einzuladen, und der Halte-
tellenvorsteher (einziges Bahnhofspersonal)
lehnt ein gleiches Ansinnen ebenfalls ab.
In demselben Augenblick (Sekundärbahn-
Augenblick gleich 15 Minuten), erscheinen
auf der Bildfläche einige mit Rucksack und
Schaufeln ausgerüstete Bäuerlein des nahen
Dörfchens, denen man es ansieht, daß sie
die „neue Einrichtung", welche sie als
eigens für sie hergestellt betrachten, be
nutzen wollen. Der Haltestellenvorsteher
etzt ihnen in fließendem Wasserpolnisch
auseinander, daß der Herr Zugführer
gleichzeitig als Fahrkartenschalter fungirt.
Die Mäuler der Bauern, welche bereits
die kurze Tabakspfeife entlassen haben und
zum Vortrag ihres Anliegens geöffnet sind,
bleiben offen stehen, als der Zugführer sie
scharf ins Auge faßt und ihnen vornehm
lich folgendes erklärt: „Ja, Ihr könnt mit
fahren, aber wir müssen erst die 26 Sack
Kartoffeln einladen, eher gehts nicht weiter!"
Die Thür des Packwagens ist bereits ge-
öffnet, und der ausgestreckte Arm des Zug-
führers zeigt unzweideutig den Transport-
weg. Die biederen Bäuerlein, welche
weniger den Sinn der Rede als die sie
begleitende Geste verstanden haben, wagen
unter dem Blick des Zugführers kein Wort
der Erwiderung und mit 26maligcn „Einen
Ruck!" (was übrigens beredtes Zeugniß
davon ablegt, daß jene Gegend bereits von
deutscher Kultur beleckt ist) wird die Ver
ladung besorgt. Fertig! Wieder einen
Augenblick (siehe oben) und der Sekundär
bahnzug schleicht sausend dahin, bergend
die den Schweiß von der Stirn wischenden
Bäuerlein, den sich vergnügt die Hände
reibenden Zugführer und — 26 Sack
Kartoffeln.
Hamburg, 31. Okt. Der preußische Ge-
sandte in Hamburg, v. Kiderlen-Wä ch-
ter, welcher bekanntlich wegen des Duells
der „Kladderadatsch"-Affäre zu 3 Monaten
Festungshaft verurtheilt wurde, wird diese
Strafe demnächst in Ehren breitenstein an-
treten.
Friedrichsruh, 1. Nov. Wie man aus
sicherer Quelle erfährt, wird Fürst Bis-
marck am 6. d. M.. Abends, hier wieder
eintreffen. Die Fürstin hat Anweisung
gegeben, bis dahin sämmtliche Zimmer des
Schlosses gründlich zu durchwärmen.
Brovin, ieļies.
Kiel, 30. Okt. Die st reitenden
Barbiergehülfen haben ihren Klin-
gelbeutel in Bewegung gesetzt und von den
Gewerkschaften milde Gaben erbeten. Alles,
was nur zu den Gewerkschaften gerechnet
werden kann, sowie selbst Haus- und Ge-
schäftsdiener, Lohndiener und Brauerei-
arbeiter haben zur Deckung der Unkosten
des Barbierboycotts sich ihre Groschen ab-
nehmen lassen. „Bon den Barbieren" sind
169,80 Mark eingegangen, d. h. von den-
jenigen Barbieren, vie, um nicht boycottirt
zu werden, die bekannten Forderungen be
willigten und nachher auch noch die Kriegs
kosten bezahlen mußten. Was der Boycott
überhaupt genützt, das erkennt man am
Besten daran, daß über 20 Barbiere die
Forderungen bisher nicht jbewilligt haben
und auch garnicht daran denken, sich den
Forderungen ihrer Gehülfen zu unter
werfen.
X. Rendsburg, 2. Nov. Bezüglich des
Baues einer Nebenbahn Kiel-Rends-
bürg -hat der Minister der öffentlichen
Arbeiten der „K. Z." zufolge seiner Be
reitwilligkeit Ausdruck gegeben, den staats
seitigen Bau der Bahn in Erwägung zu
nehmen, sobald die Erfüllung der in dem
Gesetz vom 29. April d. I. im § 1 unter
A und B bezeichneten Bedingungen durch
rechtsverbindliche Beschlüsse von den Inter
essenten übernommen sein Ivird. Im Inter
esse möglichster Beschleunigung soll darauf
hingewirkt werden, daß nur die Kreise
dem Staate gegenüber als Verpflichtete
auftreten. In der Sitzung des Kreis
tages Kiel (Land) am 15. November wird
die Bahnangelegenheit zur Verhandlung
stehen. Der Kreisausschuß empfiehlt mit
Rücksicht auf die Vortheile, welche einem
Theile des Kreises aus der Anlage der
Bahn erwachsen würden, zu beschließen,
daß der Kreistag, soweit der Kreis Kiel
(Land) in Betracht kommt, die von dem
Minister gestellten Bedingungen zu er
füllen, und somit die hierzu erforderlichen
Geldmittel nicht von den Gemeinden nnd
Gutsbezirken aufgebracht werden, durch
Anleihe zu decken bereit ist. Von der
Gesammtlänge der Bahn entfällt voraus
sichtlich 12,7 Kilometer auf den Kreis
Rendsburg und 15,3 Kilometer auf den
Kreis Kiel (Land). Projektirt ist, daß die
Bahn Rendsburg-Kiel bei Osterrönfeld in
die Bahn Neumünster-Rendsburg und an
der Südostecke des Schulensees bei Meimers
dors in die Eisenbahn Altona-Kiel ein-
mündet. Es sind Stationen vorgesehen:
1. bei Osterrönfeld, 2. an der Kreuzung
der Landstraße Nortorf-Eckernförde mit
dem Wege Bredenbeck - Kronsburg bei
Kreuzkathe, 3. zwischen Brandsbek und
Achterwehr östlich der Eider, 4. bei Stein
furth, 5. bei der Einmündung in die
Altona-Kieler Bahn südöstlich des Schulen-
iees bei Meimersdorf, außerdem ist 6. eine
Haltestelle bei Osten selb vorgesehen.
± Rendsburg, 2. Novbr. Die feierliche
Uebergabe der Norder-Eisen bahn
brück e sollte in diesen Tagen geschehen.
Dieselbe ist jedoch wieder auf längere Zeit
hinausgeschoben worden, da noch zuvor
an der Trehvorrichtung eine Aenderung
geschehen soll, um ein leichteres Oeffnen
und Schließen herbeizuführen. Die Arbeit
wird bis zum Winter, wenn die Schiff-
'ahrt geschlossen ist, hinäusgeschoben und
längere Zeit in Anspruch nehmen. An der
Verriegelung hat der hiesige Maschinen
bauer Reich jüngst eine Aenderung vorge-l
nommen. Dieselbe spielt jetzt äußerst leicht.
X Rendsburg, 2. Nov. Das Fest des
G u st a v-A d o l f-V ereins, das gestern
in der Tonhalle stattfand, verlief in sehr
befriedigender Weise. Schon vor Beginn
der Feier war der große Saal überfüllt
so daß noch viele leider umkehren mußten
Nach einer begrüßenden Ansprache des
Herrn Hauptpastors Hansen hielt der Fe t-
redner, Herr Klosterprediger Rendtorff-
Preetz einen Vortrag über die evangelischen
Gemeinden Oesterreich-Ungarns. Drei Bil
der waren es vor allem, die er entrollte,
düster und ernst die beiden ersten, fehlt
doch den Evangelischen dort so gut wie
Alles: Kirche, Schule, Prediger und
Lehrer; freundlicher war das Bild von
dem Alpendorfe Gosau, wo inmitten kathol
Umgebung evang. Leben so herrlich blüht.
Dann forderte der Herr Divisionspfarrer
Dr. T r e p t e zu gemeinsamer Arbeit
auf und bat drei Thesen anzuneh
men : 1) Wir wollen näher die Geschichte
und das Leben unserer Kirche, besonders
das Arbeiten des Gustav-Adolf-Vereins
studiren. Hierzu gehört, daß man gute
Bücher liest und schenkt, und daß man den
„Gustav.Adolf-Boten" (jährlich 80 Pf.)
sich hält. 2) Wir wollen feste Mitglieder
des Vereins werden und heute Abend eine
große Jubiläumskollekte aufbringen, über
die Herr Pastor Rendtorff verfügen soll.
3) Wir wollen fortan für den Verein
Freunde anwerben und Sammlungen aller
Art austellen. Hierbei wurde erwähnt,
auch solche kleine Dinge, wie Korken,
Staniol, Briefmarken, Cigarrenabschnitte,
für den Verein zu sammeln. Nach einem
herzlichen Schlußwort des Herrn Pastor
Heß ging dann die Versammlung ausein
ander. Die Kollekte ergab die große
Summe von 232 Jt. — Die Gesangs
vorträge, welche die hiesige „Liedertafel"
bot, trugen wesentlich dazu bei, die Feier
zu verschönern; besonders gefiel der zweite
Gesang: „Nach dem Sturme fahren wir"
< Rendsburg, 2. Nov. (Zur Hebung
der direkten Staats st euern durch die
Gemeinden.) Nachdem vom 1. April 1895
ab die Einziehung der direkten Staats-
steuern durch die Gemeinden an Stelle der
Königlichen Steuerkassen zu geschehen hat,
werden namentlich die Magistrate der selbst
ständigen Städte schon jetzt mit der dieser
halb erforderlich werdenden Umgestaltung
ihres Kassenwesens vorzugehen haben. Wie
es den Anschein gewinnt, sind von den
Regierungen instruktive Maßnahmen in
dieser Richtung nicht in's Auge gefaßt
worden. Wenigstens verlautet noch nichts
darüber, daß den Gemeinden spezielle Ver-
ligungen über die Form der Erhebung der
Staatssteuern, die ja im Wesentlichen be
reits gesetzlich oder doch durch die Mini
sterial-Anweisung vom 31. August 1894
über die Zu- uud Abgänge, daS Hebe
wesen, das Strafverfahren und die Kosten
bei der Einkommensteuer und Ergänzungs
geregelt worden ist, ertheilt sind. Uebri
gens dürfte sich die neue Organisation ohne
Schwierigkeiten vollziehen und insbesondere
auch im Publikum bald eingelebt haben
Werden diesem doch die bisherigen doppel
ten Wege nach zwei Steuerkassen erspart.
Auf der anderen Seite bedeutet das neue
Verfahren auch für die Organe der Ge
meindeverwaltungen keine erhebliche Mehr
belastung, da es ja zulässig ist, die kom
munale wie staatliche Abgabe auf einem
Zettel auszuschreiben und zu quittiren
Auch die Buchführung wird für beide
Kategorien eine einheitliche sein können.
X Rendsburg, 2. Nov. Am Montag
geht im hiesigen Theater das Stück: „Der
Herr Senator" unter Direction des
Herrn Willy Peters in Scene. Der großen
Jnscenirungs-Kosten wegen kann das Stück
nur ein Mal gegeben werden. Das Stück
ist die sensationellste Neuheit der Saison
und macht die Runde über alle Bühnen
Es steht außer Frage, daß bei der aner
kannten Leistungsfähigkeit des hiesigen resp
Schleswiger Ensembles das Stück eine
große Zugkraft ausüben wird.
X. Rendsburg, 31. Okt. Ein Künstler-
konzert wird uns Montag den 12. No
vember in der „Tonhalle" geboten werden,
auf das wir schon heute aufmerksam machen
möchten. Wir thun dies um so lieber, als
die Konzertgeberin Frau Freudentheil-
Petersen eine hervorragende Schülerin
von Maria G ehler-Hamburg ist. Gleich-
wie der Frau Freudentheil-Petersen geht
auch den mitwirkenden Herren Louis
Brandt und Götze ein guter Ruf vor
auf, so daß ein wahrer Kunstgenuß zu er
warten steht. Ueber das Auftreten dieses
Künstlertrios in Neumünster brachte der
„Holstein. Courier" folgende Mittheilung:
„Das am Sonnabendabend im Bahnhofs-
jotel von Frau Freudentheil veran-
taktete Konzert, unter Mitwirkung der
-Herren L. Brandt, Pianist und O. Götze,
Biolinvirtuos, hat in materieller Hinsicht
einen überaus befriedigenden Verlauf ge
nommen und wird es Niemand bereuen,
ich einen so schönen Genuß vergönnt zu
haben. Frau Freudentheil verfügt über
eine schöne, klangvolle Stimme und auch
die Aussprache läßt nichts zu wünschen
übrig, denn jedes Wort konnte man klar
und deutlich vernehmen. In dem Recita-
tiv und Arie aus der Oper „Figaros Hoch
zeit" von Mozart konnte Frau Freuden-
theil ihr künstlerisches Talent genügend be
weisen und wurde der Konzertsängerin denn
auch der gebührende Beifall zu Theil.
Herr Götze, welcher ein Künstler auf der
Violine ist, zeigte, zu welchen Fertigkeiten
man es auf diesem Instrumente bringen
kann, denn mit Leichtigkeit konnte derselbe
die schwierigsten Stellen überwinden und
erntete in der Sonate (v-moll) von N. W.
Gade wohlverdienten Beifall. Auch die
„Ballade und Polonaise" von Vieuxtemps
wurde in entzückender Weise vorgetragen.
Es würde zu weit führen, alle Nummern
einzeln aufzuführen, denn jede Piece wurde
zur vollsten Zufriedenheit vorgetragen und
werden die Zuhörer in dem Bewußtsein,
einen genußreichen Abend verlebt zu haben,
noch lange sich dessen eine schöne Erinner-
nng sein lassen".
VI. sckntUk kksņņit-êWĶt.
(4. Sitzung.)
Rendsburg, 1. November.
. Das Eingangsgebet sprach heute Propst Peter-
sen-Flensburg. Eingegangen sind verschiedene
Petitionen betreffend die Agende und den Sprach
unterricht in den Schulen Nordschleswigs. Den
ersten Verhandlungsgegenstand bildete der Antrag
des Stadtschulraths Wagner, welcher wie folgt
lautet I
Hochwürdige Synode wolle beschließen, das
Komgl. Konsistcrium zu ersuchen, durch Ver
handlung mit der Königl. Staatsregierung
dahin zu wirken, daß auf dem Wege der Ge
setzgebung
1. der Beginn der Strafmündigkeit bis zum
Schluffe des schulpflichtigen Alters hin-
ausgerllckt wird,
2 die Anwendbarkeit des Gesetzes vom
13. März 1878 betreffend die Unter
bringung verwahrloster Kinder auf alle
noch im schulpflichtigen Alter stehenden
Kinder ausgedehnt wird,
3. die Anwendbarkeit des ebengenannten
Gesetzes auch auf die Fälle ausgedehnt
wird, wo ein Kind, ohne daß ihm eine
strafbare Handlung nachgewiesen wer
den kann, in der Gefahr der Verwahr
losung steht.
In seiner Begründung führt der Antragsteller
aus, daß in den bestehenden gesetzlichen Bestim
mungen eine große Härte liege. Die Gefängniß
strafe wirke auf ein Kind demoralisirend. "Das
Gefängniß sei keine Erziehungsanstalt und solle
auch keine solche sein. Ein Kind, das schon in
der Jugend eine Freiheitsstrafe verbüßt habe, sei
für die menschliche Gesellschaft in der Regel ver
loren. Wo das Elternhaus nicht in der Lage sei.
dle Erziehung ausführen zu können, müsse die
Besserungsanstalt eintreten. Das Gesetz vom 13.
März 1878 müsse auch auf solche Kinder Anwen
dung finden, deren Entsittlichung beim Verbleiben
im Elternhause zu erwarten stehe
Landgerlchtspräsident Jsenbart-Kiel spricht seine
Sympathie zu dem Antrage aus, hat aber seine
Bedenken bezüglich der Altersbestimmung, da die
Grenze der Schulpflicht in den verschiedenen Thei
len und Provinzen des Staates sehr verschieden
ei; er empfehle daher dem Antragsteller ein be-
limmtes Lebensalter zu normiren.
Pastor Harder-Hemmingstedt weist darauf hin,
daß der Ausdruck „Schluß des schulpflichtigen
Alters" nicht klar sei. Bei der Konfirmation sei
die Grenze desselben das 14. resp. 15. Lebensjahr.
Werde aber^die Konfirmation nicht begehrt, so
endige die Schulpflicht erst mit dem 15. resp. 16
Lebensjahr; man müsse also statt „Ende des schul
pflichtigen Alters" Ende des 14. Lebensjahres
setzen.
Oberpräsidialrath Hagemann hat formelle Be
denken gegen den Antrag. Thatsache sei, daß die
Jugend immer mehr verwahrlose und diesem Zu
lande dürfe man nicht ruhig zusehen. Er will
größere Vereinigungen gebildet wissen, welche die
Jugend, die Gefahr laufe zu verwahrlosen, bis
zur Militärzeit in Pflege und Aufsicht nehmen.
Die Synode möge sich indeß mit der geschehenen
Anregung begnügen Der Antrag gehe über die
Zuständigkeit der Synode hinaus. ’ Die in Rede
sehende Sache sei keine kirchliche Angelegenheit
und nur mit solchen dürfe sich nach der Kirchen-
und Synodalordnung die Synode befassen. Aus
diesem Grunde bitte er den Antragsteller, seinen
Antrag zurückzuziehen.
Propst Peters-Flensburg ist Vorsteher einer
Rettungsanstalt und fühlt sich daher dem Antrag
eller zu ganz besonderem Danke verpflichtet. Er
1 der entschiedenen Ansicht, daß sich, tue Synode
ehr wohl mit dieser Frage zu beschäftigen habe,
da die Erziehung der Jugend mit unter die Pflich
ten falle, die die Kirche erfüllen muffe.
v. Ruperci theilt aus dem reichen Schatze sei
ner Erfahrungen verschiedene Beispiele mit, welche
die Verivahrlosung der Jugend in einem traurigen
Licht erscheinen hassen Die Erziehung der Kinder
zehöre zum Ressort der Kirchenvorstände. Er
rnde es unbegreiflich, daß die Synode kein Recht
laben jolle, mit Bitten um Beseitigung von Ge-
etzeshärten an die zuständige Behörde zu gehen.
Propst Hollm-Hütten ist auch der Ansicht, daß
die Erziehungsfrage eine kirchliche und die Sy
node daher völlig kompetent sei, den vorliegenden
Antrag anzunehmen und in derselben Weise spricht
'ich auch Pastor Biernatzki-Neumünster aus, der
iesonders auch den letzten Theil des Antrages für
sehr wichtig hält.
Pastor Diekmann drückt seine Zustimmung zu
dem Antrage aus und hält die Synode nicht nur
für berechtigt, sondern sogar für verpflichtet, in
dieser Sache vorzugehen.
I) Kaftan vermißt praktische Vorschläge für
die Ausführung des Antrages. Es sei nicht rich
tig, das Konsistorium zu bitten, mit der Staats
regierung zu vei handeln. Er schlage vor, dem
Antrage die Fassung zu geben: „das Konsistorium
zu e. suchen, durch Verhanvlung mit der Staats
regierung dem Minister der Geistlichen- rc. An
gelegenheiten den Antrag als Bitte der Gesammt-
synode vorzutragen. Ob alle Theile des Antrages
gesetzgeberisch ausführbar wären, sei nicht Sache
der Synode.
Konsistorialrath Soltau wünscht eine redaktio
nelle Aenderung des Antrages, welche sich un
gefähr mit deni Amendement Kaftan decke. Im
Uebrigen stehe es verfassungsgeinäß jedem Preußen
frei, sich mit einer Petition oder Vorstellung an
vie Behörde zu wenden, warum solle dieses einer
Körperschaft wie die Gesammtsynode verboten sein?
Propst Kjer hält es für bedenklich die Straf
mündigkeit weiter hinauszuschieben. Er will den
Punkt 1 des Antrages gestrichen wissen und
bittet den Präsidenten die Punkte einzeln zur
Abstimmung zu bringen.
Oberpräsidialrath Hagemann erklärt, daß er mit
dein Amendement des Generalsuperintendenten
Kaftan dem Antrage zustimmen könne.
Der Antragsteller erklärt sich bereit, den
Eingang seines Antrages, die durch das
Amendement Kaftan bedingte Fassung zu geben
und zieht seine Eingangsfassung zurück. Die
Bestimmung „14. Lebensalter" wird angenommen.
Ein Antrag des Lardgerichtsdirectors Frand,en-
- .;. V
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