(Fortsetzung folgt.)
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87ster Jahrgang. <---
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1894.
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Morgen -Depeschen.
Konstantinopel. 10. Juli. <B. T.)
Soeben, um 13 Uhr 20 Minuten hat
hier ein heftiges Erdbeben stattge
funden. Drei starke Erdstöße folgten auf
einander. Die Bevölkerung befindet sich
in der größten Aufregung. Man befürchtet
schwere Folgen. Biele Häuser und ein
großer Theil vom Bazar sind eingestürzt
Biele Verwundete und Todte wurden
unter den Trümmern begraben. Es
herrscht eine allgemeine Panik. Alle
Geschäfte sind geschlossen.
Konftantinopel, 12. Juli. Infolge
!des gestrigen furchtbaren Erdbebens sind
alle Straßen der Stadt mit Gebäude
trümmern, Telegraphenstangen und Bergen
von Steinen bedeckt. Zahlreiche Minarets
sind eingestürzt. Der Polizeiminister hat
die Fortschaffung der bei der Katastrophe
mu's Leben gekommenen und Verwundeten
angeordnet.
Hamburg. 12. Juli. Ein furchtbares
Feuer zerstörte vorige Nacht im Frei
hafengebiet die Speicher Nr. 4 und 5 im
Block v. Obgleich das Feuer mit 14
Rohren unter ‘ Wasser gehalten wurde,
wüthete das Feuer bis gegen Vormittag.
Der Schaden beläuft sich auf etwa V/ 2
Millionen Mark.
Leipzig, 11. Juli. Der erste Straf
senat des Reichsgerichts hat beschlossen,
gegen den wegen Landesverraths und Maje
stätsbeleidigung angeklagten Obersekundaner
Szuolz nicht vor dem Reichsgericht zu
Erhandeln, da. wie man annimmt, das
Material für die Anklage des Landesver-
^dths nicht zureichend ist. Die Sache wird
dun vor dem Landgericht in Thorn ver
handelt werden.
Culm, 12. Juli. Der Kassirer L a uter-
:0rn vom Vorschußverein ist plötzlich
in Folge von B lau säuren v er gif tu nng
gestorben. Die noch nicht beendete
Kassenrevision hat ein Defizit, bis jetzt
im Betrage von 141.000 Mark nach
gewiesen.
Innsbruck, 10. Juli. Die aus 25
Wohn- und ebensoviel Wirthschaftsgebäuden
bestehende Fraktion Asch der Gemeinde
A n r a s. Bez. Lienz im Pusterthal, wurde
gestern Nachmittag von einem großen
Brand heimgesucht. Das Feuer wurde
durch zwei spielende Kinder veranlaßt und
Verbreitete sich bei dem herrschenden starken
Winde und dem gänzlichen Wassermangel
^ugemein rasch. Binnen drei Stunden
war die Ortschaft bis auf 4 Häuser und
die Kirche ein Schutthaufen. Die Abge
brannten haben sehr wenig gerettet und
sind auch, wie das hierzulande so häufig
leider der Fall ist, nur gering versichert
Die eine Viertelstunde entfernte Fraktion
Winkel war durch starkes Flugfeuer in
großer Gefahr.
London, 11. Juli. Wie noch zum Un
tergang der dem Erzherzog Ludwig Sal-
vador gehörigen Dacht „Nizz" gemeldet
wird, haben Taucher einige Gemälde ans
dem Innern des Schiffes heraufgefördert.
Der Erzherzog hat demjenigen die ganze
Jacht versprochen, der ihm einen Koffer
mit wichtigen Papieren, welcher sich im
Schiffe befand, wiederschaffen sollte.
Warschau, 11. Juli. Die Stadt Roz-
wadow ist fast vollständig niedergebrannt.
Alle städtischen Gebäude sind eingeäschert.
Belgrad, 11. Juli. Im Argeschen Ge-
birge (Walachai) trat heftiger Schnee
fall und st a r k e r F r 0 st ein. Viele
Thiere und ein Hirte sind erfroren.
Chicago, 11. Juli. In Sacramento
haben sich die Arbeiter, nachdem sie sich
gegen die eingerückten Truppen verschanzten,
mit 1500 Flinten und zahlreichen Revol
vern bewaffnet. —• In der Nähe von
New-Iork versuchten die Ausständischen,
einen Eisenbahnzug, mit welchem Truppen
ankamen, zum Entgleisen zu bringen. Unter
der Bevölkerung herrscht ungeheure Auf
regung.
Chicago, 11. Juli. Der Großmeister
der „Ritter der Arbeit" hat den Aus
stand angeordnet. Heute streiken fast
eine Million Arbeiter. Der Aus
stand soll bis zur Regelung der chon den
Arbeitern der Pullmann-Werke aufgestellten
Forderungen dauern. Debs und die
übrigen Führer der Streikenden sind gegen
hohe Cautionen aus der Haft entlassen
Ivorden.
Iokohnum, 12. Juli. (H. C.) Die
japanische Regierung erklärte, daß sie nur
unter den von ihr angegebenen Bedingungen
ihre Truppen aus Korea zurückziehen
würde. Der Krieg mit China gilt
hier als unvermeidlich.
Ausland.
Außereuropäische Gebiete.
Ncwyork, 8. Juli.
Die Verluste
der Eisenbahnen sind riesig. Der
jenige der Panhandle - Gesellschaft beträgt
jetzt schon 1200000 Pfd. Sterl. Hunderte
von Weichen- und Signalthürmen sind zer
stört worden. Lokomotiven haben die Strei
ket.' zertrümmert und meilenweit liegen die
Telegraphendrähte auf der Erde. Die
Waggons wurden vom Pöbel geplündert,
ehe sie in Brand gesteckt wurden. — Die
Verantwortung für die Vorgänge in Chi-
kago ruht bei dem Gouverneur von Illi
nois, Altgeld, und dem Bürgermeister der
Stadt. Der Gouverneur ist seit langer
Zeit für einen gefährlichen Beamten ge
halten worden. Er hat sich offen aus die
Seite der Anarchisten gestellt, welche vor
einigen Jahren Bomben auf die Polizei
schleuderten. Fast das erste, was er als
Gouverneur that, war, mehrere dieser Anar
chisten. die im Gefängniß saßen, zu be
gnadigen. Jetzt sieht sich der Gouverneur
selber gezwungen, die Miliz ausrücken zu
lassen. Der endliche Ausgang des Streikes
ist nicht zweifelhaft. Er muß in die Brüche
gehen. Der Präsident hat beschlossen, alle
Eisenbahnen, die an der Postbeförderung
gehemmt werden, unter nationale Kontrole
zu stellen. Armeeoffiziere haben bereits
die Northern und die Union-Paeific-Bahn
auf der ganzen Linie übernommen.
Chikago, 11. Juli. Von besonderem
Interesse ist die Nachricht, daß der Arbeiter
führer Debs, der eigentliche Leiter des
Chikagoer Ausstandes, verhaftet worden
ist und zwar unter der Anklage der Ver-
schwörung. Wenn sich diese Anklage nun
auch vielleicht später nicht aufrechterhalten
läßt, so ist der Mann doch zunächst un
schädlich gemacht. Demgemäß hat sich auch
die Lage in Chikago gebessert, wogegen es
noch sehr bunt in Kalifornien aussieht.
Ob der allgemeine, von Debs proklamirte
Ansstand, der heute Mittwoch beginnen
soll, zu Stande kommt, läßt sich noch nicht
übersehen, (s. Dep.) Der Bürgermeister gerieth
in Folge der Ausdehnung der Unruhen doch
in Schrecken und bat den Gouverneur um
Absendung von Truppen. Dieser berief
5000 Mann Milizen des Staates Illinois.
Die Zahl der Bundesiruppen beträgt 1200
Mann unter dem Befehl des Generals
Wheeler. Der Mob beherrscht vollständig
die südlichen Vorstädte und wüthete ins
besondere in den Bahnhöfen von Grand
Crossing. Burnside. Kensington. Fordham,
Morgan Park und Hawtborne. wo über
1000 Eisenbahnwagen, einschließlich vieler
Pullmann- Waggons, Signalwächterhäuschen
und Waarenlager verbrannt wurden. Der
Schaden wird auf 3 Mill. Doll, geschätzt.
Gegen Mitternacht marschirte das erste
Illinois-Regiment nach Grand Crossing
und einzelne Kompagnien besetzten mit
Leichtigkeit die übrigen oben erwähnten
Bahnhöfe. Der Mob, welcher meist aus
Fremden bestand, hatte sich eiligst davon
gemacht. Eine kleine Abtheilung Milizen
hatte Salven in die wohl 15000 Köpfe
zählende Menge, welche das Militär mit
Steinen, Ziegeln und dergl. bombardirte,
gefeuert, wobei 25 Personen verwundet
wurden. Die Menge zerstob nach allen
Richtungen. Ein anderer Zusammenstoß
erfolgte in der 47. Straße, wo sich Lieut-
nant Reed mit 36 Mann auf einem Eisen-
bahnzuge befand. Der Anführer der
Menge schlug auf den Lieutnant mit Eisen
bolzen los und der Pöbel begann den Zug
zu stürmen. Daraus gaben die Milizen
Feuer und gingen schließlich mit dem Ba-
jonnet vor. Ein Mann, Namens Burke,
der als Führer der Menge auftrat, wurde
getödtet. Von der Menge schließlich zu
hart bedrängt, fuhren die Milizen unter
einem Hagel von Wurfgeschossen in die
Stadt zurück. Darauf riß der Pöbel das
Geleise auf und zertrümmerte die Waggons.
Schließlich sprengte die Polizei den Haufen
auseinander. Die städtischen Behörden
haben das Anerbieten der Husaren (ein
Privatverein) bei der Aufrechterhaltung der
Ordnung zu helfen, angenommen. Heute
konnten bereits einige Züge unter militäri
schem Schutze abgelassen werden. Der
Präsident der Railway Union hnt in einer
Proklamation dringend vor Gewaltthätig
keiten gewarnt — etwas spät. Die Presse
hat sich einmüthig dahin ausgesrochen, daß
die Ruhestörungen unter allen Umständen
unterdrückt werden müssen. Nach einer
Schätzung der Polizei haben Tausende von
Müssiggängern und Marodeuren an den
Mordbrennereien theilgenommen. Die Zahl
der Streikenden wird auf 60000 und der
durch den Streik verursachte Schaden wird
auf 6 Millionen Dollars geschätzt. Der
Schaden der Panhandle - Gesellschaft allein
beträgt jetzt schon 1200000 Doll. Hun
derte von Weichen- und Signalthürmen
sind zerstört worden. Lokomotiven sind
zertrümmert worden und meilenweit liegen
die Telegraphendrähte auf der Erde. Die
Waggons wurden geplündert, ehe sie in
Brand gesteckt wurden. An vielen Orten
herrscht unter den Familien der Streiken
den große Noth. Heute waren im Ganzen
10000 Soldaten in Chikago auf den
Beinen, um die Eisenbahnen und Regie
rungsgebäude zu beschützen. Die Truppen
hatten Befehl zu schießen, wenn nöthig
und das hat wohl auch der Mob gewußt,
denn Ruhestörungen und Brandstiftungen
haben heute nicht mehr stattgefunden. Dem
Bürgermeister Altgeld ist es sehr unange
nehm, daß die von ihm einberufenen Mi
lizen auf die Menge habe schießen müssen
— er hätte dies viel lieber den Bundes
truppen überlassen.
Die New - Iorker Arbeiterführer hatten
gestern eine Zusammenkunft, in welcher be
schlossen wurde, eine Massen-Versammlung
abzuhalten, um den Streikern ihre Sym
pathie auszudrücken. Die Redner verur-
theilten natürlich das Vorgehen der Polizei
und beschuldigten sie, dem A u f r u h r
Vorschub zu leisten!
Norwegen.
Bosse, 11. Juli. Der Kaiser und
die Kaiserin haben heute Mittag den
Weg von Stalheim nach Gudvangen zu
Fuß zurückgelegt und sich von Gudvangen
aus an Bord der „Hohenzollern" begeben,
um die Reise nach Bergen fortzusetzen.
Italien
Ein anarchistischer Rachemord ist,
wie die „Gazeta di Venezia" aus Palermo
meldet, in Corleone an einem Mädchen
namens Angela Cardella verübt, weil
zahlreiche Anarchisten in Folge Verrathes
der Cardella verhaftet worden waren. Der
Körper der Cardella wies sieben gräßliche
Stichwunden auf und der Kopf war vom
Rumpfe fast ganz abgetrennt.
Rom, 12. Juli. C r i s p i empfing
heute die 15jährige T 0 ch t e r des bekannten
fizilianischen Abgeordneten und Revoluti
onärs D e f e l i e e. Das Mädchen warf sich,
für ihren eingekerkerten Vater um Gnade
flehend, dem Ministerpräsidenten zu Füßen.
Crispi hob die Bittstellerin auf und tröstete
sie mit herzlichen Worten. Er versprach
der Familie Schutz und finanzielle Unter
stützung. Beim Abschied drückte er dem
Mädchen eine 1000-Franknote in die Hand.
Spanien.
Barcelona, 11. Jul. Im Prozeß über
das Attentat im Liceo-Theater ge
steht Salvador ein, die Bombe geworfen
zu haben, Prat und Alfaro betheuern ihre.
Unschuld, es wird dann zur Zeugenver
nehmung geschritten.
Aus Madrid wird dem „B. B.-C." ge
schrieben : Sonnabend wurde das in einem
herrlichen Garten gelegene Theater Buen
Retiro mit dem Ballet „Coppelia" eröffnet,
Montag wurde das neue Haus wegen
Feuergesährlichkeit polizeilich geschlossen;
m
; usw.
Man sagt.
Roman von E. von Wald-Zcdtwitz.
henbl.
Am nächsten Mittag erschien sic zu allcr
Crstaunen nur als Zuschauerin an: Schloß
teiche, und Lieutenant Mohrbcrg allein wußte
tvarum sie mcht angeschnallt hatte.
Jetzt entdeckte auch Heinz Königshofen die
klunge Dame unter Denen, die auf der Brücke
standen, gerade als Hans sie bat, doch her
unter zu kommen.
nmer.
r. 19.
mcr.
jr».
liethe.
Ì38.
age.
ge.
:t von>
ad hat
>r nach
„Nein, nein, heute nicht, war Anna's
Entscheidung.
„Weshalb will Fräulein von Ehlarn mcht.
„Weiß ich's?" I
Heinz biß sich auf die Lippen. Natürlich,
Hans hatte geplaudert, die junge Dame wußte
um seine Absicht, zur Bühne zu gehen, und
das genügte ihr, um sich von ihm zurückzu
ziehen.
Die wenigen Stunden des Zusammenseins
put Fräulein von Ehlarn hatten genügt, um
bas leicht erregbare Blut des jungen Mannes
'n heftige Wallungen zu versetzten, und so
himmelsstürmend die Hoffnungen waren, welche
îr zuerst an ihr entgegenkommendes Wesen
uiüpfte, so tief schmetterte ihn die heutige Be
obachtung nieder.
Er mochte nicht mehr laufen, schnallte
chißlaunig ab und schlenderte dem selbst jetzt
Un Winter anmuthigen, zum Unterschied von
bem kleinen, sogenannten großen Schloßgarten
»u.
. Die freundlichen Häuserreihen der kleinen,
Ui einem schmalen Thäte gelegenen Residenz
schmiegten sich, von herrlichen Baumanlagen
Unterbrochen, au die sanft emporsteigenden
Gebirgsflüßchens, welches, in verschiedene Arme
getheilt, die Stadt durchströmte.
Zahlreiche Gärten, durch Hecken von ein
ander getrennt, zogen sich an den Bergen
entlang, Tannengruppen und Obstanlagen er
hoben sich hier und da. Lusthäuschen, meist
einer älteren Geschmacksrichtung entstammend,
viele von ihnen so windschief und baufällig,
daß man glauben konnte, der wilde Wein
und die Kletterrosen, die sich daran empor
rankten, hielten allein ihr morsches Gemäuer
zusammen, erhöhten den malerischen Anblick
der Gegend. Entzückte dieser das Auge des
Beschauers schon jetzt im Winter, wie schön
mußte es hier erst sein, wenn alles im sommcr-
ltchcn Kleide prangte!
N°ch und nach seine unangenehme Stim-
Ņ"g überwindend und sich ganz in die
landschaftlichen Reize vertiefend, blieb Heinz
Königshofen stehen und betrachtete ein auf
halber Bergeshöhe errichtetes geräumiges
Landhaus, glerch ausgezeichnet durch seine
schöne Lage, wie durch seine geschmackvolle
moderne Banart.
Es schien unbewohnt zu sein, wenigstens
ließ der Mangel an Vorhängen darauf
schließen. Nichts Lebendes war zu sehen,
aber jetzt öffnete sich tue Thür, ein Tapezier-
gesclle trat heraus und stürmte die breite
steinerne Freitreppe herurcker
Junge
Du
warte doch
.He
""-Der Gehilfe blieb stehen, sein Gesichts
ausdruck zeigte jedoch deutlich, daß er wenig
Zeit zu verlieren hatte. „Na, was soll s ?
„Wem gehört denn das Haus?
„Wees nich."
„Ist es denn zu vermiethen?"
„Nee." Damit eilte er weiter, wahr
scheinlich, um etwas, was vergessen worden
war, aus der Stadt zu holen. Heinz fand
immer mehr Gefallen an dem hübschen Hause,
trat, da cs doch unbewohnt war, in den
Garten und stieg die Treppe hinauf, um
von der auf dem höchsten Punkte gelegenen
Laube die zweifellos schöne Aussicht zu ge
nießen.
„Herrlich — — prachtvoll!" — Das
ganze Thal mit seinen zahlreichen Wasser-
läufen, seinen Berglehnen und der malerisch
hingegossenen Stadt lag vor ihm. „Hier
— könnte man glücklich sein," entschlüpfte
es Heinz, indem er sein hübsches, großes
tiefblaues Auge über die Schönheit, welche
sich da vor seinen Füßen ausbreitete, gleiten
ließ. Ein halb wehmüthiges halb spöttisches
Lächeln legte sich um seine Lippen. Unwill
kürlich mußte er dabei an Anna von Ehlarn
denken, und ihm war's, als wenn das Glück
von ihrer Person unzertrennlich sei.
Da fiel sein Blick auf den massiven Bau
des Theaters, dessen blaue Schiefern sich
weithin sichtbar von den rothen Ziegeldachun-
gcn der übrigen Häuser abhoben. Seine
eben noch so lachenden Augen nahmen einen
ernsten Ausdruck an. Diese sonnenfunkelnden
Schieferflächen schienen sich plötzlich als
Hinderniß zwischen dieses halb zuthunliche,
halb stolze, mehr absonderliche als schöne
Mädchen und ihm zu stellen.
„Es giebt doch Borurtheile in der soge
nannten Gesellschaft, welche der Einzelne nicht
überwinden kann. Da muß das Ganze einen
Massenanlauf nehmen — ach, ehe cs dahin
kommt — nun ich werde es nicht mehr er
leben. Wenn einmal die ganze jetzt bestehende
Anschauung umgeworfen sein wird, dann wird
auch wohl das sonderbare Borurtheil
überwunden sein, Künstler, in Sonderheit die
darstellenden, als andere, außerhalb der Ge
sellschaft stehenden Menschen zu betrachten."
— , Er sehnte diesen Augenblick brennend
das Schlimmste herbei. Krieg, Revolution
wäre nach seinem Geschmack gewesen.
„Ha — ha — und nur um die Borur-
theilc eines Mädchens zu besiegen und sic
als zahnics Brüutchcn heimzuführen." Alles
erinnerte ihn an Anna. Erst das Theater
— dann die Parkbäume — ja selbst der
kleine gefrorene Tümpel dort unten, dessen
Ausfluß im Sommer eine Mühle trieb,
welche jetzt cisumkrustet der Ruhe pflegte.
War das nicht lächerlich, daß er immer
wieder an das schneidige Fräulein vom Eise
denken mußte? — Hatten ihn ähnliche Ge
danken nicht schon oft bewegt? Aber so ernst
doch wohl nicht? — Er begehrte sie vom
Schicksal wahrlich zu seiner Frau. Komisch!
Wenn er sich jedesmal hätte binden wollen,
wenn sein Herz in schnelleren Pulsen klopfte,
der Großtürke wäre ein Kind gegen ihn ge
wesen! — Die Sache war einfach die, daß
er wieder einmal verliebt war, wie dies schon
unzählig oft der Fall gewesen.
In diesem Augenblick ließ die Sonne den
tiefrothen Sammetpclz einer großen, eleganten
Dame, welche in Begleitung eines vornehm
aussehenden älteren Herrn eben an dem Ein
gang zum Garten des Landhauses stehen
blieb, besonders prunkend erscheinen. Es
funkelte und leuchtete bis hinauf zu ihm,
und er glaubte niemals eine so intensive und
dabei doch eine dem Auge so wohlthuende
rothe Farbe gesehen zu haben, wie die dieses
Mantels. So mitten im Schnee diese Pur
purfläche! Eigenthümlich! Den Anblick würde
er nie vergessen.
Kein Windzug regte sich und die klare, leichte
Winterluft trug den Schall der Stimmen
jener Beiden bis zu ihm hinauf, während er,
von Jenen unbemerkt, noch immer auf der
selben Stelle stand.
„Hier sehen Sie nun das Heim, welches
ich für Sie aussuchte, meine theure, liebe
Freundin," sagte der Herr eben, die darge
botene Hand der fremden Dame ergreifend.
„Wie reizend, wie allerliebst!" entgcgnete
dieselbe. „Wie soll ich Ihnen meine Dank
barkeit beweisen?"
„Wenn Sic sich dort glücklich fühlen,
meine theure Frau Bertha, und mir gestatten,
es recht, recht oft mit Ihnen zu sein, dann
bin ich reich belohnt."
„Gott gebe es, Lorenz, und nun — mit
Gott — mit dem Namen unseres Schöpfers
auf den Lippen, lassen Sic mich den Fuß
zum ersten Mal in meine neue Heimath
setzten."
Der Herr öffnete das eiserne, leicht ver
goldete Pförtchcn, die Dame trat ein, der
Herr folgte und Beide stiegen leichtfüßig die
steinerne Treppe hinauf.
„Heda, Baumann!" rief in diesem Augen
blick der Herr.
„Excellenz! Herr Hofmarschall!" ließ sich
jetzt eine Stimme aus dem Hanse vernehmen.
„Ausschließen! Frau Baronin von Römhild
haben uns überrascht!"
„Ach, was Sic sagen! Gleich, gleich!"
Es dauerte nicht lange, so wurde sie auf
einen reizenden Austritt führende Glasthür
des Landhauses von innen geöffnet, ein älterer
Arbeiter erschien und begrüßte die Herr
schaften.